RK
08.03.2004, 18:26 |
Ist der Kapitalismus parasitär? - Die Menschen kommen mit der Antwort nicht klar Thread gesperrt |
-->http://www.freitag.de/2004/11/04110101.php
Georg Fülberth
Ist der Kapitalismus parasitär?
DIE FRAGE IST BEANTWORTET - Nur werden die Menschen mit der Antwort nicht fertig
Philologie, richtig betrieben, könnte eine nützliche Beschäftigung sein. Interessant wäre zum Beispiel eine Untersuchung, die klärt, wie während des 20. Jahrhunderts in deutscher Sprache vom Kapitalismus geredet oder auch geschwiegen wurde. Hier eine Hypothese: Verklärung wechselte ab mit Ressentiment.
Letzteres findet sich schon beim Erfinder des Begriffs"Kapitalismus" (soweit darunter nicht nur eine Betriebsweise verstanden wurde, sondern eine Gesellschaft): Werner Sombart, 1902. Er konnte diese Ordnung nicht leiden und kritisierte sie zunächst von links, dann von rechts. Erst neigte er dem Marxismus zu, später dem Faschismus. Der Feind blieb der gleiche: der Kapitalismus. Dieser sei eine künstliche Ordnung, zerre die Menschen aus ihren natürlichen und nationalen Bindungen in einen kalten Rationalismus und Universalismus und komme im Übrigen von den Juden. Auch als Wegbereiter der Nazis war Sombart seinem Selbstverständnis nach Sozialist: dem jüdischen Kapitalismus stellte er seinen"Deutschen Sozialismus" entgegen. Dies war massenwirksamer als die kalte Sachlichkeit Max Webers.
Das Ressentiment überdauerte 1945, teilweise wurde es um eine korrekte Erkenntnis ergänzt. "Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden." So stand es im Ahlener Programm der CDU vom 3. Februar 1947. Hier mischte sich einiges: katholische Soziallehre, Taktik, Erfahrung, aber vielleicht auch noch bisschen vom alten Ressentiment. Als dieselbe Partei mit Ludwig Erhard und den Düsseldorfer Leitsätzen von 1949 den Kapitalismus wieder forcierte, verleugnete man ihn zugleich, indem man ihn verklärte. Er hieß jetzt Soziale Marktwirtschaft. Seit ihrem Godesberger Programm von 1959 sahen die Sozialdemokraten das ebenso, sprachen aber zwischendurch immer wieder einmal vom Demokratischen Sozialismus. Der Unterschied zwischen diesem Konstrukt und der Sozialen Marktwirtschaft war zumindest auf dem rechten Flügel der SPD minimal. Beide Male war gemeint: der Kapitalismus ist tot, jetzt haben wir etwas Besseres.
Die Verleugnung durch Verklärung hatte zwei Gründe. Erstens: Die in der DDR regierenden Kommunisten behaupteten, in der Bundesrepublik sei ein Schoß noch fruchtbar, aus dem der Faschismus gekrochen sei. Ihnen war kein Zugeständnis zu machen. Zweitens gab es weiterhin das alte anti-westliche Ressentiment, jetzt höflich versteckt.
Ab 1989 hätte das anders werden können. Stattdessen wurden weiterhin Decknamen benutzt, zum Beispiel "Bürgergesellschaft". Vom Kapitalismus wurde weniger geredet als von den "Märkten". Diese avancierten nun zur Norm - nicht nur für die Wirtschaft, sondern für die gesamte Gesellschaft, auch das Privatleben. Ein Nobelpreisträger, Gary S. Becker, meint beweisen zu können, dass Liebe und Heirat sich aus Kosten-Nutzen-Kalkülen ergeben.
Allerdings gilt der Ist-Zustand als eine schlechte Wirklichkeit, die den Märkten noch lange nicht gerecht wird. So sehen es die Neoliberalen, die Bewegung zur Reinigung des Kapitalismus von Sozialklimbim. Sie wollen einen Zustand von vorgestern: der Kapitalismus der Industriellen Revolution vor 1848. Der gegenwärtige Zustand dieser Gesellschaftsordnung gilt ihnen als parasitär.
Die Gegenseite - zum Beispiel Teile der Gewerkschaften - argumentiert warmherzig, aber ähnlich nostalgisch. Hier beklagt man das angebliche oder tatsächliche Verschwinden der Sozialen Marktwirtschaft. Der produktivitätsorientierte Kapitalismus sei durch die sogenannte Shareholder-Gesellschaft ersetzt.
Hier muss wohl etwas gerade gerückt werden. Seit Aktiengesellschaften der vorherrschende Unternehmenstyp sind - also seit dem 19. Jahrhundert - gibt es Shareholder, Aktionäre eben. Neuerdings haben diese teilweise ihre Interessen etwas anders sortiert: nicht Dividenden und langfristige Vermögenssicherung sind vorrangig gewünscht, sondern hohe Kurse und gewinnträchtiger Weiterverkauf - von Papieren oder von ganzen Werken.
Ob das ein grundsätzlicher Wandel ist, lässt sich noch nicht sagen. Die Spekulation ist jedenfalls nichts Neues. Das Heimweh nach dem"Goldenen Zeitalter" des Keynesianismus beschönigt. Produktive Auslastung der Kapazitäten war damals immer auch an die Rüstungsindustrie gebunden. Wo dies anders zu sein schien - in der Bundesrepublik Deutschland während des Korea-Krieges, in Skandinavien und Japan -, wurden die zivilen Lücken genutzt, die die Warfare States ihnen übrig gelassen hatten.
<font color=#FF0000>Ist der jetzige Kapitalismus - gemessen an irgendwelchen Wunschbildern - parasitär? Die Antwort: Im Prinzip ja, aber nicht erst seit heute. Von Anfang an schon beruhte er auf dem arbeitslosen Einkommen von Eigentümern aus der Arbeit anderer. Auch Investitionen in die Produktion sind Spekulationen - nämlich auf einen künftigen Gewinn.</font>
In seiner industriellen Form ist der Kapitalismus nunmehr über 200 Jahre alt, in seiner allgemeinen ein halbes Jahrtausend. Dennoch fällt es den Menschen, nicht nur hierzulande, offenbar schwer, ihn ohne Ressentiment oder Umbenennung wahrzunehmen. Vielleicht ist das nicht nur schlecht - zeigt es doch, dass sie sich noch immer nicht völlig mit ihm arrangieren konnten und dass das vielleicht auch gar nicht geht. Laut Marx stellt sich die Menschheit immer nur Aufgaben, die sie lösen kann. Wird sie mit dem Kapitalismus vorderhand nicht fertig, muss sie sich etwas über ihn einbilden. So entsteht Religion.
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dottore
08.03.2004, 18:57
@ RK
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Re: Doch, kein Problem |
-->Hi,
><font color=#FF0000>Ist der jetzige Kapitalismus - gemessen an irgendwelchen Wunschbildern - parasitär? Die Antwort: Im Prinzip ja, aber nicht erst seit heute. Von Anfang an schon beruhte er auf dem arbeitslosen Einkommen von Eigentümern aus der Arbeit anderer. Auch Investitionen in die Produktion sind Spekulationen - nämlich auf einen künftigen Gewinn.</font>
Und wo kommt der Gewinn her? Denk an Marx:"Wie kann die Kapitalistenklasse ständig 600 Pfund aus der Cirkulation ziehen, wo sie ständig nur 500 hineinwirft...?"
>In seiner industriellen Form ist der Kapitalismus nunmehr über 200 Jahre alt, in seiner allgemeinen ein halbes Jahrtausend.
Ganz falsch. Du solltest Dich mal über Alt-Assyrien informieren - Klasse-Kapitalismus, sogar mit Aktiengesellschaften.
>Dennoch fällt es den Menschen, nicht nur hierzulande, offenbar schwer, ihn ohne Ressentiment oder Umbenennung wahrzunehmen. Vielleicht ist das nicht nur schlecht - zeigt es doch, dass sie sich noch immer nicht völlig mit ihm arrangieren konnten und dass das vielleicht auch gar nicht geht. Laut Marx stellt sich die Menschheit immer nur Aufgaben, die sie lösen kann. Wird sie mit dem Kapitalismus vorderhand nicht fertig, muss sie sich etwas über ihn einbilden. So entsteht Religion.
"Die" Menschheit - watt'n das?
Außerdem: Religion entsteht aus dem Nichtfertigwerden mit dem Kapitalismus? Da müssen wir uns wohl verlesen haben.
Gruß!
Was Kapitalismus ist? Siehe"Der Kapitalismus", schon in den 80er Jahren erschienen. Er ist ein Kettenbriefsystem (= Debitismus = Jagd auf Nachschuldner, um den Vorschuldner nicht untergehen zu lassen, da der ja vom Markt mehr will bzw. haben muss als er an ihn abgegeben hat; siehe Marx), wobei das Schuldenmachen halt nur geht, wenn's besichert ist. Und dafür gibt es Kapital", alias Eigentum.
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RK
08.03.2004, 19:42
@ dottore
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Re: Doch, kein Problem |
-->Von Anfang an schon beruhte er auf dem arbeitslosen Einkommen von Eigentümern aus der Arbeit anderer. Auch Investitionen in die Produktion sind Spekulationen - nämlich auf einen künftigen Gewinn.
>>>Und wo kommt der Gewinn her? Denk an Marx:"Wie kann die Kapitalistenklasse ständig 600 Pfund aus der Cirkulation ziehen, wo sie ständig nur 500 hineinwirft...?"
SOLL DAS JETZT EINE WIDERLEGUNG DER OBIGEN SÄTZE SEIN? ODER EINE ZUSTIMMUNG?
In seiner industriellen Form ist der Kapitalismus nunmehr über 200 Jahre alt, in seiner allgemeinen ein halbes Jahrtausend.
>>>Ganz falsch. Du solltest Dich mal über Alt-Assyrien informieren - Klasse-Kapitalismus, sogar mit Aktiengesellschaften.
Bitte genauer lesen: INDUSTRIELLE Form des Kapitalismus. Dampfmaschinen und Verbrennungsmotoren in Alt-Assyrien? Echt? Na, das ist ja sensationell!
>>>"Die" Menschheit - watt'n das?
Ein Abstraktum wie z.B. auch Debitismus oder Kapitalismus.
>>>Außerdem: Religion entsteht aus dem Nichtfertigwerden mit dem Kapitalismus?
Da müssen wir uns wohl verlesen haben.
Dass das vom Autor nicht in einem absoluten Kausalsinn gemeint sein kann, bedarf eigentlich keiner Erläuterung, da"Religion" unbestritten lange vor"Kapitalismus" existierte. Es ist dennoch nicht überraschend oder als Argument völlig neu, siehe"Opium des Volkes" (Marx),"Opium für das Volk" (Lenin), und Letzteres wird ja aktuell auch in m.E. zynisch-schamloser Weise als Werbespruch von RTL2 verwendet, wobei die sich zunehmend ausbreitende Verblödung wie ein Spiegel den potentiellen Zuschauern vorgehalten wird.
Übrigens: Man schaue sich die Vervielfachung des Sektenwesen oder quasi-religiöser esoterischer Trends bzw. Gurus und ihrer"gläubigen" Fans in den letzten Jahrzehnten vorwiegend und zunächst im kapital."Westen" an. Der gegenwärtige Kapitalismus ist selbstverständlich ein hervorragender Nährboden für religiöse Fluchten und es kommt den Herrschenden natürlich gerade recht und wird gefördert! Lieber ein Michel, der auf Besserung seiner Lage im Jenseits oder durch (quasi-religiöses) New-Age-Gefasel-Vereinzelung"glaubt", als einer der (vor-)revolutionäre Gedanken hegt und mit anderen auf die Straße geht und politisch agitiert. Gelle!?
Gruß
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Euklid
08.03.2004, 19:46
@ RK
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Re: Doch, kein Problem |
-->Der Satz von dottore ist so glasklar wie EUKLIDS Axiome.
Nochmal:Wenn ein Unternehmer ständig 500 reinwirft in den Automaten,
wie können die Arbeiter dann auf Dauer wieder 600 zu ihm dem Ausbeuter hintragen???
Das geht durch Verschuldung doch nur ganz kurz oder nicht?
Jetzt klar geworden?
Gruß EUKLID
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RK
08.03.2004, 19:53
@ Euklid
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Der Satz war/ist mir schon klar. Aber die 2 vorigen des Verfassers erst recht! (o.Text) |
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Stephan
08.03.2004, 19:57
@ RK
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Die Mutation einer Partei |
-->Weil gerade das"Ahlener Programm" erwähnt wurde. Immer wieder interessant zu lesen...
<h3>Das Ahlener Programm der CDU vom 3. Februar 1947</h3>
Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund auf erfolgen.
Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein. Durch eine gemeinschaftliche Ordnung soll das deutsche Volk eine Wirtschafts- und Sozialverfasssung erhalten, die dem Recht und der Würde des Menschen entspricht, dem geistigen und materiellen Aufbau unseres Volkes dient und den inneren und äußeren Frieden sichert.
In dieser Erkenntnis hat das Parteiprogramm der CDU vom März 1946 folgende Grundsätze aufgestellt:
Ziel aller Wirtschaft ist die Bedarfsdeckung des Volkes.
Die Wirtschaft hat der Entfaltung der schaffenden Kräfte des Volkes des Menschen und der Gemeinschaft zu dienen. Ausgangspunkt aller Wirtschaft ist die Anerkennung der Persönlichkeit. Freiheit der Person auf wirtschaftlichem und Freiheit auf politischem Gebiet hängen eng zusammen. Die Gestaltung und Führung der Wirtschaft darf dem Einzelnen nicht die Freiheit seiner Person nehmen. Daher ist notwendig:
Stärkung der wirtschaftlichen Stellung und Freiheit des Einzelnen, Verhinderung der Zusammenballung wirtschaftlicher Kräfte in der Hand von Einzelpersonen, von Gesellschaften, privaten oder öffentlichen Organisationen, durch die die wirtschaftliche oder politische Freiheit gefährdet werden könnte. Kohle ist das entscheidende Produkt der gesamten deutschen Volkswirtschaft. Wir fordern die Vergesellschaftung der Bergwerke.
Im Verfolg dieser Grundsätze ist nunmehr von der CDU folgendes Programm für die Neuordnung der Wirtschaft beschlossen worden (...)
II. Neue Struktur der deutschen industriellen Wirtschaft.
Die neue Struktur der deutschen Wirtschaft muss davon ausgehen, dass die Zeit der unumschränkten Herrschaft des privaten Kapitalismus vorbei ist. Es muss aber ebenso vermieden werden, dass der private Kapitalismus durch den Staatskapitalismus ersetzt wird, der noch gefährlicher für die politische und wirtschaftliche Freiheit des Einzelnen sein würde. Es muss eine neue Struktur der Wirtschaft gesucht werden, die die Mängel der Vergangenheit vermeidet und die Möglichkeit zu technischem Fortschritt und zur schöpferischen Initiative des Einzelnen lässt.
1. Konzerne und ähnliche wirtschaftliche Gebilde, die nicht technisch, sozial oder wirtschaftlich absolut notwendig sind, sind zu entflechten und in selbstständige Einzelunternehmungen zu überführen. Die technische Entwicklung verlangt bei gewissen Unternehmungen eine bestimmte Mindestgröße, namentlich auch, um gegenüber dem Auslande konkurrenzfähig zu sein. Diese Mindestgröße muss derartigen Unternehmungen unbedingt belassen werden.
2. Unternehmungen monopolartigen Charakters, Unternehmungen, die eine bestimmte Größe überschreiten müssen, verleihen eine wirtschaftliche und damit eine politische Macht, die die Freiheit im Staate gefährden kann. Dieser Gefahr muss dadurch vorgebeugt werden, dass entsprechende Kartellgesetze erlassen werden. Darüber hinaus soll bei diesen Unternehmungen das machtverteilende Prinzip eingeführt werden, damit jede mit dem Gemeinwohl unverträgliche Beherrschung wesentlicher Wirtschaftszweige durch den Staat, Privatpersonen oder Gruppen ausgeschlossen wird.
a) Zu diesem Zweck sollen öffentliche Körperschaften wie Staat, Land, Gemeinde, Gemeindeverbände, ferner Genossenschaften und die im Betrieb tätigen Arbeitnehmer an diesen Unternehmungen beteiligt werden, der dringend notwendigen Unternehmerinitiative ist der erforderliche Spielraum zu belassen.
b) Weiter soll bei solchen Unternehmungen der private Aktienbesitz, der in einer Hand dem Eigentum oder dem Stimmrecht nach vereinigt ist, in der Höhe gesetzlich begrenzt werden.
3. Bergbau. Monopolartigen Charakter haben Kohlenbergwerke schlechthin wegen des von ihnen geförderten, für das gesamte Volk lebenswichtigen Urprodukts. Daher ist die Anwendung der in Ziffer II/2 aufgestellten Grundsätze auf sie vordringlich, sie sind somit zu vergesellschaften. Wenn in besonderen Fällen die Form des Staatsbetriebes zweckmäßiger erscheint, so sollen die vorstehenden Grundsätze der Anwendung dieser Form nicht entgegenstehen. (...)
III. Neugestaltung des Verhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Betriebe.
In den Betrieben, in denen wegen ihrer Größe das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Unternehmer nicht mehr auf einer persönlichen Grundlage beruht, ist ein Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer an den grundlegenden Fragen der wirtschaftlichen Planung und sozialen Gestaltung sicherzustellen. Dies muss zunächst dadurch geschehen, dass die Arbeitnehmer des Betriebes in den Aufsichtsorganen, z.B. im Aufsichtsrat des Unternehmens, die ihnen zustehende Vertretung haben. Zu diesem Zwecke bedarf es einer Reform des Gesellschaftsrechts. Insbesondere ist dem Aufsichtsrat eine stärkere Stellung gegenüber der Verwaltung zu verleihen.
Bei Großbetrieben mit mehrköpfigem Vorstand sollte Betriebsangehörigen, die in langjähriger Betriebszugehörigkeit sich um den Betrieb verdient gemacht haben, Mitwirkung in der Leitung des Unternehmens durch Berufung in den Vorstand gewährt werden. Die Berufung erfolgt auf Vorschlag der Betriebsangehörigen, die dem Aufsichtsrat mindestens drei Vorschläge zu unterbreiten haben.
Dem von der Belegschaft gewählten Vorsitzenden des Betriebsrates ist Gelegenheit zur Mitwirkung in allen Fragen zu geben, welche die sozialen Interessen der Betriebsangehörigen berühren. Darüber hinaus hat die Betriebsleitung in jedem Fall dem Betriebsrat einmal monatlich Bericht über die Lage des Unternehmens zu erstatten, und den Betriebsangehörigen ist ein Anspruch auf Auskunftserteilung in diesen Besprechungen zuzubilligen.
Durch geeignete Maßnahmen soll den Arbeitnehmern eine Beteiligung am Ertrage gesichert werden. Die Formen dieser Beteiligung können verschiedenartig sein und unterliegen besonderer Vereinbarung.
IV. Planung und Lenkung der Wirtschaft
wird auf lange Zeit hinaus in erheblichem Umfange notwendig sein, es ist aber ein Unterschied, ob die Planung und Lenkung im Hinblick auf die Schwierigkeiten der wirtschaftlichen Lage erfolgt oder von Fall zu Fall als notwendig betrachtet wird. Planung und Lenkung wird auch in normalen Zeiten der Wirtschaft in gewissem Umfange notwendig sein, was sich aus unserer Auffassung ergibt, dass die Wirtschaft der Bedarfsdeckung des Volkes zu dienen hat.
Diese Planungs- und Lenkungsaufgaben sollen von Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft in Wirtschaftskammern vorgenommen werden. Ob diese Wirtschaftskammern identisch sein werden mit den Industrie- und Handelskammern, ist eine Frage von sekundärer Bedeutung. Notwendig ist auf jeden Fall, dass die breiten Massen der Arbeitnehmer und Konsumenten an dieser Planung und Lenkung innerhalb der wirtschaftlichen Selbstverwaltung neben den Unternehmern gleichberechtigt teilnehmen. In ihren letzten Entscheidungen unterliegen auch die Selbstverwaltungskörperschaften der parlamentarische Kontrolle.
<ul> ~ Quelle</ul>
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Student
08.03.2004, 20:48
@ dottore
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Re: Doch, kein Problem / Arbeit, Boden und Kapital |
-->Hi Dottore!
>
>><font color=#FF0000>Ist der jetzige Kapitalismus - gemessen an irgendwelchen Wunschbildern - parasitär? Die Antwort: Im Prinzip ja, aber nicht erst seit heute. Von Anfang an schon beruhte er auf dem arbeitslosen Einkommen von Eigentümern aus der Arbeit anderer. Auch Investitionen in die Produktion sind Spekulationen - nämlich auf einen künftigen Gewinn.</font>
>Und wo kommt der Gewinn her? Denk an Marx:"Wie kann die Kapitalistenklasse ständig 600 Pfund aus der Cirkulation ziehen, wo sie ständig nur 500 hineinwirft...?"
Lösungsvorschlag: Die"Kapitalistenklasse" zahlt den Arbeitern 500 Pfund Gold
als Lohn und die Arbeiter, die in der Abteilung Goldmine arbeiten, fördern
in der Abrechnungsperiode 600 Pfund. Falls jetzt einer mäkelt, daß nicht ein
Gewicht gemeint ist: Dann nehmen wir eben ZB-Noten, auf denen steht, daß die
ZB eben diese Noten jederzeit in Gold"umwandelt". ;-)
Ich denke, das Prinzip sollte funktionieren.
>>In seiner industriellen Form ist der Kapitalismus nunmehr über 200 Jahre alt, in seiner allgemeinen ein halbes Jahrtausend.
>Ganz falsch. Du solltest Dich mal über Alt-Assyrien informieren - Klasse-Kapitalismus, sogar mit Aktiengesellschaften.
>>Dennoch fällt es den Menschen, nicht nur hierzulande, offenbar schwer, ihn ohne Ressentiment oder Umbenennung wahrzunehmen. Vielleicht ist das nicht nur schlecht - zeigt es doch, dass sie sich noch immer nicht völlig mit ihm arrangieren konnten und dass das vielleicht auch gar nicht geht. Laut Marx stellt sich die Menschheit immer nur Aufgaben, die sie lösen kann. Wird sie mit dem Kapitalismus vorderhand nicht fertig, muss sie sich etwas über ihn einbilden. So entsteht Religion.
>"Die" Menschheit - watt'n das?
>Außerdem: Religion entsteht aus dem Nichtfertigwerden mit dem Kapitalismus? Da müssen wir uns wohl verlesen haben.
>Gruß!
>Was Kapitalismus ist? Siehe"Der Kapitalismus", schon in den 80er Jahren erschienen. Er ist ein Kettenbriefsystem (= Debitismus = Jagd auf Nachschuldner, um den Vorschuldner nicht untergehen zu lassen, da der ja vom Markt mehr will bzw. haben muss als er an ihn abgegeben hat; siehe Marx), wobei das Schuldenmachen halt nur geht, wenn's besichert ist. Und dafür gibt es Kapital", alias Eigentum.
Der Kapitalismus ist aber kein"reines" Kettenbriefsystem. Es wird auch munter
produziert. Bitte, dies nicht völlig ausblenden. Nur eines, das darf die
"Kapitalistenklasse" nicht produzieren (lassen): ZB-Noten. Z.Zt. ist dies
mindestens so.
Es gehen auch reihenweise Schuldner unter (man munkelt von Rekordzahlen der
Konkurse); da werden die entsprechenden Forderungen halt ausgebucht und dann
geht es weiter.
Nur einer ziert sich, Insolvenz anzumelden. Unser aller Papa, der Staat.
Aber er wird schon noch fallen.
Zum Kapital noch kurz: Nach Marx ist das alles"geronnene" Arbeit, also"Boden"
durch Arbeit umgewandelt, alias Maschinen und dergleichen, während er alles
Naturbelassene als"Boden" laufen läßt. Deswegen ja auch Arbeit, Boden und
Kapital als seine Produktionsfaktoren. Dir alles geläufig, ich erwähne es nur,
weil eben nicht alles Eigentum"Kapital" ist.
Lb Gr
der Student
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Clarius
08.03.2004, 20:49
@ dottore
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Re: Doch, kein Problem |
-->>Hi, >
>><font color=#FF0000>Ist der jetzige Kapitalismus - gemessen an irgendwelchen Wunschbildern - parasitär? Die Antwort: Im Prinzip ja, aber nicht erst seit heute. Von Anfang an schon beruhte er auf dem arbeitslosen Einkommen von Eigentümern aus der Arbeit anderer. Auch Investitionen in die Produktion sind Spekulationen - nämlich auf einen künftigen Gewinn.</font>
>Und wo kommt der Gewinn her? Denk an Marx:"Wie kann die Kapitalistenklasse ständig 600 Pfund aus der Cirkulation ziehen, wo sie ständig nur 500 hineinwirft...?"
Hmm, _fast_ richtig, nur etwas zu statisch - zu linear, sozusagen! ;-)
>>In seiner industriellen Form ist der Kapitalismus nunmehr über 200 Jahre alt, in seiner allgemeinen ein halbes Jahrtausend.
>Ganz falsch. Du solltest Dich mal über Alt-Assyrien informieren - Klasse-Kapitalismus, sogar mit Aktiengesellschaften.
Das haut mich um, denn es bestätigt eine meiner lanjährigen Vermutungen! Ich bitte inständig und höflichst um Quellen der Weisheit! [img][/img]
>>Dennoch fällt es den Menschen, nicht nur hierzulande, offenbar schwer, ihn ohne Ressentiment oder Umbenennung wahrzunehmen. Vielleicht ist das nicht nur schlecht - zeigt es doch, dass sie sich noch immer nicht völlig mit ihm arrangieren konnten und dass das vielleicht auch gar nicht geht. Laut Marx stellt sich die Menschheit immer nur Aufgaben, die sie lösen kann. Wird sie mit dem Kapitalismus vorderhand nicht fertig, muss sie sich etwas über ihn einbilden. So entsteht Religion.
>"Die" Menschheit - watt'n das?
>Außerdem: Religion entsteht aus dem Nichtfertigwerden mit dem Kapitalismus? Da müssen wir uns wohl verlesen haben.
>Gruß!
>Was Kapitalismus ist? Siehe"Der Kapitalismus", schon in den 80er Jahren erschienen. Er ist ein Kettenbriefsystem (= Debitismus = Jagd auf Nachschuldner, um den Vorschuldner nicht untergehen zu lassen, da der ja vom Markt mehr will bzw. haben muss als er an ihn abgegeben hat; siehe Marx), wobei das Schuldenmachen halt nur geht, wenn's besichert ist. Und dafür gibt es Kapital", alias Eigentum.
Alles gut und schön, aber bitte auch den exponentiellen Charakter entsprechend würdigen!
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dottore
09.03.2004, 10:24
@ Clarius
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Re: e^t = Phänomen von Zwangsabgabenwirtschaften, nicht des"Kapitalismus" |
-->>>Hi,
>>
>>><font color=#FF0000>Ist der jetzige Kapitalismus - gemessen an irgendwelchen Wunschbildern - parasitär? Die Antwort: Im Prinzip ja, aber nicht erst seit heute. Von Anfang an schon beruhte er auf dem arbeitslosen Einkommen von Eigentümern aus der Arbeit anderer. Auch Investitionen in die Produktion sind Spekulationen - nämlich auf einen künftigen Gewinn.</font>
>>Und wo kommt der Gewinn her? Denk an Marx:"Wie kann die Kapitalistenklasse ständig 600 Pfund aus der Cirkulation ziehen, wo sie ständig nur 500 hineinwirft...?"
>Hmm, _fast_ richtig, nur etwas zu statisch - zu linear, sozusagen! ;-)
Marx hat auch was zum Zinseszins gesagt, keine Bange:"Das Geld hat Lieb im Leib..." usw.
Der Zins hat mit Kapitalismus a priori nichts zu tun, da er stets eine Zwangsabgabe bzw. ein Derivat davon ist. Theoretisch ließe sich auch ein K. denken, der ausschließlich mit Gewinnerwartung arbeitet und ohne jegliche monetäre Fremdfinanzierung. Sobald eine"moneta" im Spiel ist, haben wir eine Abgabenwirtschaft. Und die Moneten sind Abgabenbedienungsmittel.
>>>In seiner industriellen Form ist der Kapitalismus nunmehr über 200 Jahre alt, in seiner allgemeinen ein halbes Jahrtausend.
>>Ganz falsch. Du solltest Dich mal über Alt-Assyrien informieren - Klasse-Kapitalismus, sogar mit Aktiengesellschaften.
>Das haut mich um, denn es bestätigt eine meiner lanjährigen Vermutungen! Ich bitte inständig und höflichst um Quellen der Weisheit! [img][/img]
Vgl. Dercksen et al. (Old Assyrian Copper Trade oder seinen MOS-Sammelband von 1999 über Ancient Trade usw.). Der Mann ist einer der besten Experten dazu.
>>Was Kapitalismus ist? Siehe"Der Kapitalismus", schon in den 80er Jahren erschienen. Er ist ein Kettenbriefsystem (= Debitismus = Jagd auf Nachschuldner, um den Vorschuldner nicht untergehen zu lassen, da der ja vom Markt mehr will bzw. haben muss als er an ihn abgegeben hat; siehe Marx), wobei das Schuldenmachen halt nur geht, wenn's besichert ist. Und dafür gibt es Kapital", alias Eigentum.
>Alles gut und schön, aber bitte auch den exponentiellen Charakter entsprechend würdigen!
Exponentiell geht's nur zu, wenn Machtsysteme vorhanden sind. Steuern (der gute alte"Zinnß"), Steuerzahlungsmittel ("Geld"), das Ziehen auf Steuern ("Staatsschulden") - das ist der Quell aus dem der Exponentialismus sprudelt. Ohne Staat nix mit e^t.
Sobald sich ein Markt für das Steuerzahlungsmittel entwickelt (heute: Geld- und Kapital"markt"), haben wir automatisch den Zinseszins und damit das Exponentielle. Die Debatte dazu beginnt auch prompt im 18. Jh., als die"Zinsen" aus"Kapitalien" (= Steuerzahlungsmitteln) berechnet wurden - und zwar für den Vorfälligkeitsfall."Kapital" war damals ausschließlich monetär, d.h. basierte auf Forderungen gegenüber Stellen, die ihrerseits"zins"- (abgabeneintreibungs)-berechtigt waren. Diese Debatte hat damals die größten mathematischen Geister beschäftigt, von Leibniz angefangen.
Gruß!
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dottore
09.03.2004, 14:42
@ RK
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Re: Doch, kein Problem |
-->>Von Anfang an schon beruhte er auf dem arbeitslosen Einkommen von Eigentümern aus der Arbeit anderer. Auch Investitionen in die Produktion sind Spekulationen - nämlich auf einen künftigen Gewinn.
>>>>Und wo kommt der Gewinn her? Denk an Marx:"Wie kann die Kapitalistenklasse ständig 600 Pfund aus der Cirkulation ziehen, wo sie ständig nur 500 hineinwirft...?"
>SOLL DAS JETZT EINE WIDERLEGUNG DER OBIGEN SÄTZE SEIN? ODER EINE ZUSTIMMUNG?
Weder noch. Marx hat schlau erkannt, dass der Gewinn, den er so hübsch"Mehrwert" nennt, nur zu realisieren ist, wenn jemand anderer als die ausbeutende Kapitalistenklasse und die ausgebeuteten Arbeiter die fehlenden 100 herbeischafft. Wie inzwischen bewiesen, muss es sich um die sogenannte Entität des"Nachschuldners" handeln: es muss jemand sein (Unternehmer, Arbeitnehmer, Staat, Ausland), der die fehlenden 100 herbeischafft - in strenger Reihenfolge: 500 sind Kosten und ergo in der Cirkulation vorhanden, 100"Mehrwert" (gewünscht, kalkuliert), 100 vom Nachschuldner gestemmt, dann an die Kapitalistenklasse übertragen, so dass diese schließlich auf 600 kommt.
Was da oben als"Spekulation" bezeichnet wird, ist nichts anderes als die Erwartung oder Hoffnung dessen, der einen"Gewinn" machen will darauf, dass jemand zeitlich später (!) diese Hoffnung/Erwartung auch erfüllt. Erscheint dieser nicht, lassen sich weder Gewinn noch"Mehrwert" realisieren.
>In seiner industriellen Form ist der Kapitalismus nunmehr über 200 Jahre alt, in seiner allgemeinen ein halbes Jahrtausend. >
>>>>Ganz falsch. Du solltest Dich mal über Alt-Assyrien informieren - Klasse-Kapitalismus, sogar mit Aktiengesellschaften.
>Bitte genauer lesen: INDUSTRIELLE Form des Kapitalismus. Dampfmaschinen und Verbrennungsmotoren in Alt-Assyrien? Echt? Na, das ist ja sensationell!
Was steht da? Da steht:"In seiner allgemeinen (Form)... ein halbes Jahrtausend alt" - was kompletter Unfug ist. Übrigens: Auch die ollen Griechen und Römer waren in puncto Kapitalismus allerbestens drauf. Man muss halt nur den Dreh raus haben.
>
>>>>"Die" Menschheit - watt'n das?
>Ein Abstraktum wie z.B. auch Debitismus oder Kapitalismus.
Debitismus/Kapitalismus ist die Erklärung eines ganz bestimmten wirtschaftlichen Ablaufs, den es natürlich nicht überall und immer gab (siehe die schönen Alternativen Haus"wirtschaft", Stammes"wirtschaft" oder Feudalismus). Allerdings gab's den Kapitalismus/Debitismus in lupenreiner Form (Eigentum, Zins, Geld, Termin, Fälligkeit, Sanktion usw.) bereits in Alt-Assyrien, usw.
>>>>Außerdem: Religion entsteht aus dem Nichtfertigwerden mit dem Kapitalismus?
>Da müssen wir uns wohl verlesen haben.
>Dass das vom Autor nicht in einem absoluten Kausalsinn gemeint sein kann, bedarf eigentlich keiner Erläuterung, da"Religion" unbestritten lange vor"Kapitalismus" existierte.
Warum schreibt es denn der Autor so wie er es schreibt?
>Es ist dennoch nicht überraschend oder als Argument völlig neu, siehe"Opium des Volkes" (Marx),"Opium für das Volk" (Lenin), und Letzteres wird ja aktuell auch in m.E. zynisch-schamloser Weise als Werbespruch von RTL2 verwendet, wobei die sich zunehmend ausbreitende Verblödung wie ein Spiegel den potentiellen Zuschauern vorgehalten wird.
Wenigstens sind die Marxisten offenbar noch nicht verblödet, was ungemein tröstet.
>Übrigens: Man schaue sich die Vervielfachung des Sektenwesen oder quasi-religiöser esoterischer Trends bzw. Gurus und ihrer"gläubigen" Fans in den letzten Jahrzehnten vorwiegend und zunächst im kapital."Westen" an.
Tja, die Hoffnung stirbt zuletzt.
>Der gegenwärtige Kapitalismus
Gegenwärtig haben wir eine Abart einer pervertierten Staatswirtschaft und sind vom Kapitalismus etwa in der feinen, klassischen Form meilenweit entfernt.
>ist selbstverständlich ein hervorragender Nährboden für religiöse Fluchten und es kommt den Herrschenden natürlich gerade recht und wird gefördert!
>Lieber ein Michel, der auf Besserung seiner Lage im Jenseits oder durch (quasi-religiöses) New-Age-Gefasel-Vereinzelung"glaubt", als einer der (vor-)revolutionäre Gedanken hegt und mit anderen auf die Straße geht und politisch agitiert. Gelle!?
Dann geh' mal schön auf die Straße, aber lass' das arme Kapital in Ruhe. Das kann nichts dafür, dass es so funktioniert wie es noch immer versucht, zu funktionieren. Wie wär's mit Antistaats-Agitprop?
Gruß!
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