Emerald
13.03.2004, 17:34 |
OT: Gregorian Calendar! Thread gesperrt |
-->
Robert,
You're probably one of the few who noted that the year 2000 was an unusual event in Gregorian calendar history, being a leap year. The leap year rule calls for an intercalary day in every year divisible by 4, except century years, unless the century year is divisible by 400. Thus the year 2000 was only the second century leap year since the Gregorian calendar was instituted in 1582. And I saw no headlines. Not a peep from CNN. I was shocked. Shocked I say, that such an important event received no publicity.
It's obviously a plot by the Jews, who control the media, to gradually phase out the Gregorian calendar and revert to the Julian. If they are successful, Christmas will gradually slide toward Easter, the carnivals of Mardi Gras will be disrupted, the masses will revolt, overthrow the government, and the Jews will take over everything. I have been called a conspiracy nut for simply putting forth these obvious facts, but people just don't realize how much research I've done on this problem. The danger is imminent. It only took a few over 1600 years for the date of the vernal equinox to move from March 21 to March 11. Beware those crafty Jews.
Remember you heard it here first,
Glynn
In reply to:
2004
Equinox - Sat March 20 2004 06:49 Universal time (1:49am EST, 10:49pm Friday, PST)
Full Moon - Mon April 5 2004 11:03 Universal time (7:03am EDT, 4:03am PDT)
Easter Sunday (first Sunday after first full moon after equinox) - Sun April 11 2004
Passover begins - sundown April 5 2004
2005
Equinox - Sunday March 20 2005 12:34 Universal time (7:34am EST 4:34am PST)
Full Moon - Friday March 25 2005 20:58 Universal time (5:58pm EST 2:58pm PST)
Easter Sunday March 27 2005
Passover begins - sundown April 23 2005
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JüKü
13.03.2004, 18:49
@ Emerald
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Re: OT: Gregorian Calendar! / Blöds... |
-->>Robert,
>You're probably one of the few who noted that the year 2000 was an unusual event in Gregorian calendar history, being a leap year. The leap year rule calls for an intercalary day in every year divisible by 4, except century years, unless the century year is divisible by 400. Thus the year 2000 was only the second century leap year since the Gregorian calendar was instituted in 1582. And I saw no headlines. Not a peep from CNN. I was shocked. Shocked I say, that such an important event received no publicity.
So´n Quatsch. Diese Schaltjahrregel ist seit ewigen Zeiten bekannt.
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thomas
13.03.2004, 19:18
@ JüKü
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Freitag der 13, Gregorianischer Kalender, Kuriosität |
-->Klar, der Gregorianische Kalender ist ein alter Hut...
Eine Kuriosität dazu, aus Otto Forster, Analysis 1, Vieweg Studium Verlag:
Aufgabe: Man zeige, dass nach dem Gregorianischen Kalender (Schaltjahr, wenn die Jahreszahl durch 4 teilbar ist, mit Ausnahme der Jahre, die durch 100 aber nicht durch 400 teilbar sind) der 13. eines Monats im langjährigen Durchschnitt HÄUFIGER AUF EINEN FREITAG fällt als auf irgend einen anderren Wochentag. (Hervorhebung von mir) Hinweis: Der Geburtstag von Gauß, der 30 April 1777, war ein Mittwoch.
Ich muss gestehen, dass ich diese Aufgabe damals im Studium nicht gerechnet habe.
Schönen Abend noch...
Thomas
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bernor
13.03.2004, 20:58
@ Emerald
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Re: OT: Gregorian Calendar! - Rechnen müßte man können... (und noch ein Rätsel) |
-->It only took a few over 1600 years for the date of the vernal equinox to move from March 21 to March 11.
...das Jahr nach dem Julianischen Kalender (365,25 d) weicht von der"natürlichen" Jahreslänge (365,2422 d) um 0,078 d pro Jahr ab.
Das macht eine Abweichung (Rückwärtswandern des"vernal equinox" im Kalender) von einem Tag in 128,2 Jahren - also 10 Tage Differenz (bereits) nach 1282 Jahren.
Gruß bernor
PS: Ausgehend von Cäsars Kalenderreform (46 v. Chr.) hätte man 1582 eigentlich 13 Tage korrigieren müssen. (1627 / 128,2 = 12,7 ) - konnte man in Rom auch nicht rechnen? Oder steckt da noch etwas anderes hinter?
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dottore
13.03.2004, 21:49
@ bernor
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Re: Genau um diese Frage geht's bei Illig & Co. |
-->Hi bernor,
>Ausgehend von Cäsars Kalenderreform (46 v. Chr.) hätte man 1582 eigentlich 13 Tage korrigieren müssen. (1627 / 128,2 = 12,7 ) - konnte man in Rom auch nicht rechnen? Oder steckt da noch etwas anderes hinter?
Das Cui bono ist umstritten. Meine Vermutung: Man brauchte eine"Extrazeit", um dort die Urkunden (sämtlich gefälscht) per fingiertem Datum zu platzieren, die der Kirche das zuschanzen konnte, was sie dann als"Eigentum" (immer als hochmütige Schenkung eines [erfundenen] Herrn) ausweisen konnte.
Das Ganze wurde virulent, nicht als es ums Eigentum ging (man"besaß" es schließlich), sondern weil man es rechtsfest, also ohne Einsprüche von dritter Seite weitergeben wollte oder musste bzw. Ansprüche darauf anmelden wollte (Gegenreformation).
Gruß!
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Buche
13.03.2004, 22:17
@ dottore
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Bin jetzt warm...."Alle Urkunden waren also gefälscht"..soso:-) |
-->Jetzt wirds wirklich lustig.
Zum Thema fehlende Tage:
Ich habe mal vor einigen Jahren recherchiert,ob es was mit den Illig-Thesen auf sich haben könnte. Der Illig behauptet, die fehlenden Tage wären ein Indiz, dass 300 Jahre (deutsche) Geschichte"erfunden" wurden. Hätte ja sein können, man muß für alles offen sein......
Ist aber alles Kokolores, denn die Byzantiner liefen die ganze Zeit parallel.
Die Gründe für die fehlenden Tage, liegen wohl in mies durchgeführten dezentralen Kirchenreformen wg Ostern in der Spätantike und im frühen Mittelalter. Damals hat jede Region Ostern nach Gutdünken festgelegt und das hat zu einigem Chaos geführt. Genau weiß man das nicht. Aber die bekannten astronomischen Ereignisse der Antike zeigen, dass die Jahreszählung in der Geschichte stimmt (natürlich, was denn sonst).
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dottore
13.03.2004, 22:52
@ Buche
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Re: Tja, manchmal kommt's halt ganz dumm |
-->>Jetzt wirds wirklich lustig.
Nee, bleibt sanft. Ich habe mir genug gefälschte Urkunden zu Gemüte geführt. Idealfunde im Codex Eberhardi - der Urkundenabschrift-Sammlung. Am besten, wir gehen beide mal eine"echte" Urkunde durch - erbitte Vorschlag.
Außerdem empfehle ich die Lektüre von Faußner (Urkunden- und MA-Profi).
>Zum Thema fehlende Tage:
>Ich habe mal vor einigen Jahren recherchiert,ob es was mit den Illig-Thesen auf sich haben könnte. Der Illig behauptet, die fehlenden Tage wären ein Indiz, dass 300 Jahre (deutsche) Geschichte"erfunden" wurden. Hätte ja sein können, man muß für alles offen sein......
>Ist aber alles Kokolores, denn die Byzantiner liefen die ganze Zeit parallel.
Keineswegs, Gibbon hat für die"dunkle Zeit" so ca. 60 Seiten von insgesamt ca. 6000. Wieso geben die"Quellen" nicht mehr her?
>Die Gründe für die fehlenden Tage, liegen wohl in mies durchgeführten dezentralen Kirchenreformen wg Ostern in der Spätantike und im frühen Mittelalter.
Warum überhaupt der Terz wegen Ostern?
>Damals hat jede Region Ostern nach Gutdünken festgelegt und das hat zu einigem Chaos geführt. Genau weiß man das nicht. Aber die bekannten astronomischen Ereignisse der Antike zeigen, dass die Jahreszählung in der Geschichte stimmt (natürlich, was denn sonst).
Das mag schon sein. Aber ich möchte mal 'ne echte Urkunde aus der berühmten"dunklen Zeit" sehen. Nehmen wir das CV - danach gab's in der Kirche auf der Insel im Staffelsee ca. fünf Mal mehr Bücher als im Bildungshort der Christenheit (Fulda, siehe den Auftrag Karls dorthin! - die hatten noch nicht mal ne komplette Bibel und nix von Bonifatius, ihrem"Gründer" lt. ihrem ersten Bücherverzeichnis - wie kömmt's?).
Gruß!
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bernor
13.03.2004, 23:44
@ dottore
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Wie tatsächlich beurkundet wurde... |
-->Hi dottore,
Das Cui bono ist umstritten. Meine Vermutung: Man brauchte eine"Extrazeit", um dort die Urkunden (sämtlich gefälscht) per fingiertem Datum zu platzieren, die der Kirche das zuschanzen konnte, was sie dann als"Eigentum" (immer als hochmütige Schenkung eines [erfundenen] Herrn) ausweisen konnte.
Das Ganze wurde virulent, nicht als es ums Eigentum ging (man"besaß" es schließlich), sondern weil man es rechtsfest, also ohne Einsprüche von dritter Seite weitergeben wollte oder musste bzw. Ansprüche darauf anmelden wollte (Gegenreformation).
...kann man am sog. Dekret Placito (Italien) aus dem Jahre 960 erkennen:
Darin wurde die Zugehörigkeit von Ländereien zu Filiallklöstern von Monte Cassino auf der Basis von Zeugenaussagen geregelt (z. B. Zeuge aus Capua, offenbar lateinunkundig):
"Sao ko kelle terre, per kelle fini que ki contene, treta anni le possette parte Sancto Benedicti."
(sinngemäß: Ich weiß, daß die Ländereien, so wie sie hier verzeichnet sind, seit dreißig Jahren den Benediktinern gehören.)
Also:
- keine"Schenkung", nur Bezeugung(en)
- neben Latein ist die Urkunde stellenweise auch in einem romanischen Dialekt (noch kein Altitalienisch, daher kaum fälschbar) abgefaßt
- und weit und breit keine Spur von Karl dem Großen oder ähnlichen Figuren...
Wenigstens eine echte Urkunde. [img][/img]
Gruß + gute Nacht
bernor
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fridolin
14.03.2004, 11:33
@ bernor
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Äquinoktium und Konzil von Nicäa |
-->Die Frage ist doch wohl, was genau korrigiert worden ist.
Länge eines Tropischen Jahres (Erdumlauf von einem Frühlings-Äquinoktium zum nächsten, was für die Jahreszeiten maßgebend ist): ca. 365,2422 d (also mittlere Sonnentage)
Länge des Julianischen Jahres: 365 + 1/4 = 365,25 d (exakt)
Länge des Gregorianischen Jahres: 365 + 1/4 - 1/100 + 1/400 = 365,2425 d (exakt)
Unterschied (Julianisches Jahr - Tropisches Jahr): 0,0078 d/a (eine Null fehlt im vorhergehenden Posting) bzw. ein Tag in 128,2 a.
Festlegung des kirchlichen Osterdatums auf dem Konzil von Nicäa (325) auf den ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling (auch heute noch gültig). Der Frühlingsbeginn im Jahr 325 war aber laut Julianischem Kalender am 21. März http://www.net-lexikon.de/Gregorianischer-Kalender.html
Die Korrektur im Jahre 1582 erfolgt so, daß der Frühlingsbeginn wieder auf den 21. März fallen sollte. Folglich war eine Korrektur der mittlerweile eingetretenen Verschiebung über (1582 - 325) = 1257 Jahre erforderlich, oder von 1257 x 0,0078 = 9,8 Tagen.
Löst das das Problem?
Gruß
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dottore
14.03.2004, 13:31
@ bernor
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Re: Der Urkundenschwindel |
-->Hi bernor,
besten Dank für den Hinweis. Darf ich fragen, in welcher Schrift die Urkunde geschrieben ist? (Ich vermute in der"Benevent").
>"Sao ko kelle terre, per kelle fini que ki contene, treta anni le possette parte Sancto Benedicti."
>(sinngemäß: Ich weiß, daß die Ländereien, so wie sie hier verzeichnet sind, seit dreißig Jahren den Benediktinern gehören.)
>Also:
>- keine"Schenkung", nur Bezeugung(en)
>- neben Latein ist die Urkunde stellenweise auch in einem romanischen Dialekt (noch kein Altitalienisch, daher kaum fälschbar) abgefaßt
>- und weit und breit keine Spur von Karl dem Großen oder ähnlichen Figuren...
>Wenigstens eine echte Urkunde.
Davon kann ausgegangen werden. In diesem Falle unterscheidet sich der Text aus dem 10. Jh. (Hinweis für @Zandow: passt zur Christianisierungs-Datierung weiter nördlich) sehr wohltuend von der üblichen Urkundenlage, die als"gesichert" gilt, wenn auch immer mehr davon als"gefälscht" zurückgezogen werden. Bei KdG sind ca. zwei Drittel bereits als unecht verschwunden, u.a. sein"Gründungsprivileg" für das Kloster Werden vom 26. April 802. Es wird zwar noch auf Ausstellungen gezeigt, zuletzt in"Das Jahrtausend der Mönche 799-1803", Ruhrlandmuseum 1999, allerdings mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass es eine Fälschung ist. Was der Besucher davon halten soll, erschließt sich nicht.
KdG hat seine"Urkunden" mit einem Mini-Häkchen unter dem"Karlsmonogramm" gezeichnet, was verwundert und zu absurden Erklärungen führte, dass er zwar lesen, aber nicht schreiben konnte. Dem widerspricht notabene das bekannte"Karlsepos" (Zürich), ebenfalls datiert"um 800", in dem dem Kaiser ausdrücklich die Kenntnis der sieben freien Künste attestiert wird. Wie jemand, der in Grammatik, Dialektik, Rhetorik, Geometrie, Arithmetik, Musik und Astronomie sattelfest sein kann ohne mehr als ein Strichlein zu Pergament bringen zu können, wenn es um die Übertragung von Milliardenwerten, speziell bei Grund und Boden geht (nach heutiger Kaufkraft), erklärt der Mittelalter-Papst Prof. Fried mit dem hübschen Hinweis, dass die Schwerthand des Kaisers von seinen vielen Kriegen"ermattet" gewesen sei.
Jüngst hat Prof. Theo Kölzer (Bonn), der wohl führende Kenner auf frühmittelalterlichen Gebiet von 196 Merowinger-Urkunden, die er in den MGH edierte, u.a. 129 als gefälscht, interpoliert oder zweifelhaft bezeichnet, wonach er schließlich bei 38 unbezweifelbar echten"Originalen" zwischen 625 und 717 landet. Entdeckt zumeist im Kloster St. Denis.
Der Bestand des Erhaltenen soll (Kölzer nach Ganz/Goffart, Charters earlier than 800) weniger als 0,001 % (!) der damals geschriebenen Urkunden umfassen. Damnach kämen wir auf ca. 5 Millionen (!) geschriebener Urkunden die sich irgendwie verflüchtigt haben. Unter Einschluss der Karolingerzeit (größeres Reichsgebiet) wären bis zu 40/50 Millionen Urkunden, eine Tagesproduktion von ca. 300 Stück.
Das ist kaum erklärlich, da diese Urkunden nicht irgendwelche Belanglosigkeiten enthielten, sondern harte wirtschaftliche Fakten (Eigentum, Rechte, deren Übertragungen,"Verleihungen","Privilegien" usw.) und deshalb sorgfältig aufgehoben werden sollten, da man sie schließlich vor Gericht benötigte. Die Werdener Fälschung ist übrigens prompt bei einem früheren Prozess aufgeflogen.
Das mit den Urkunden ist jedoch nur ein Teil des Elends. Einen weiteren präsentieren die Klöster selbst. Für die Zeit um 800 kann mit ca. 500 Klöstern gerechnet werden und einer durchnittlichen Belegung von 30 bis 50 Mönchen. Für Großklöster wie Fulda werden für 751 sogar"400 Brüder" genannt, dazu Novizen und anderes Personal.
Nun wurden die Klöster nach den Regeln Benedikts geführt (Anweisung schon Gregors des Großen um 600). Dass sich in Fulda lt. ältestem Bücherverzeichnis (lt. Fulda selbst zwischen 799 und 817) keine Benediktsregel befindet (auch keinerlei Schrifttum des angeblichen Gründers Bonifatius), sei am Rande erwähnt.
Von allen Benediktsregeln, die es"um 800" gegeben haben muss - je Kloster mindestens eine, die ja den Novizen auch vorgelesen werden musste usw. - hat sich eine einzige erhalten, ein 172 Seiten starkes Ex. aus St. Gallen, datiert 817. Dieses ist komplett und in sehr schöner karolingischer Minuskel und bestens konserviert. Da muss man soch doch fragen, warum sich von den Benediktsregeln der anderen ca. 500 Klöster nichts, nicht mal ein Schnipselchen, versteckt vielleicht in einem Einband erhalten hat. Immerhin sollten wir es mit ca. 80.000 beschriebenen Seiten (hochgerechnet aus dem St. Galler Ex.) zu tun haben.
Doch nun zum größten Elend. Nach den Regeln Benedikts hat jedes Kloster eine Bibliothek zu haben. Die Regeln 9, 38, 48, 53 schreiben"Lesungen" vor.
Dabei ist Regel 48 besonders aufschlussreich:
"Für die Tage der österlichen Bußzeit erhält jeder (Mönch) aus der Bibliothek ein Buch, das er von Anfang bis Ende ganz lesen soll. Diese Bücher werden zu Beginn der österlichen Bußzeit ausgeteilt."
Ob es sich dabei um die Bibel gehandelt hat, bzw. Teilen daraus (sie wurde traditionell in 9 Bücher geteilt), ist strittig. Aus naheliegendem Grund: Es hätte dann - bei analoger Lesbarkeit wie der Benediktsregel - ca. 140.000 einzelne Bibelblätter (bei der Neuner-Teilung) gegeben haben, woraus sich ca. 10 Millionen einzelne beschriebene Zeilen ermitteln ließen. Bei"Vollbibeln" würden wir gar bei ca. 20 Millionen Seiten zu je 30 bis 40 Zeilen landen...
Bei den großvolumigen Bänden der"Kirchenväter" kommen kaum andere Größenordnungen heraus. Wer einmal in einem Theologischen Seminar die Edition von Migné (Patrologie) hat bestauen dürfen, verfällt in tiefste Schwermut ob der laufenden Regalmeter, die dort auf ihn warten. Ein unbestreitbarer Klassiker wie Augustinus"De civitate dei" hat 22 Kapitel.
Woher die vielen Schreiber gekommen sein mögen, ist das nächste Rätsel. Es sind diverse Professbücher erhalten, in denen sich die angehenden Mönche schriftlich zu allem Möglichen verpflichten (Gehorsam,"Stabilität" - offenbar des Gelübdes usw.) Die Eintragungen in den Professbüchern sind, sofern sie einzelnen Personen zuzuordnen sind, von zum Teil kaum entzifferbarer Schrift, oft steht auch nur ein"+ ego adalbt" o.ä., so dass sie als Schreiber dieser gigantischen Textmengen kaum in Frage kommen. Zudem lassen sich selbst bei intensivem Schriftenvergleich (und dies bei einer relativ"sauberen" Schrift, die wir heute noch in der heute üblichen"Antiqua" finden) keine eindeutigen Beziehungen zwischen den Professen und den angeblich von ihnen später geschriebenen Büchern bzw. Urkunden feststellen. Die Literatur spricht deshalb vorsichtig von"Ähnlichkeiten" bzw."Berührungspunkten", was Null-Aussagen sind.
Zudem ist der sog."älteste Bibliothekskatalog" von St. Gallen, der auf 884/888 datiert wird, gänzlich dubios. Es erscheinen die Titel dort mit einem "De..." (also"Über..."), obwohl die Bibliotheken ihre Bestände noch bis in 13. Jh. hinein niemals als mit einem"Titel" versehen angaben, sondern mit einem "Incipit..." (Hier beginnt...). Dazu wurde dann das erste Wort des zweiten Blattes oder das erste Wort des vorletzten Blattes hinzugefügt, um den Band auch einwandfrei identifizieren zu können. Dies erforderte schon die Kostbarkeit des Buches. Der älteste Buchpreis, den wir kennen, ein Avarroes (415 Blatt) um 1250 kostete über den Goldpreis auf heute umgerechnet mehr als 1000 Euro.
Schließlich ist lt. Neddermeyer 1997 die Handschriftenproduktion zwischen 740 und 770 gänzlich zum Erliegen gekommen. Handschriften aus späterer Zeit, siehe nochmals das Bücherverzeichnis von Fulda"um 800" zeigen, dass selbst die Schreiber solcher Schriften nicht imstande waren, wichtige Wörter korrekt zu schreiben (epistola, apostolus, dialogi usw.).
789 hatte KdG das Kloster Fulda (Besitzungen vom Bodensee bis zur Nordsee) in seiner "Epistola de litteris colendis" eindringlich gebeten, seine"Bildungspolitik" zu unterstützen. Allerdings fehlte dort so ziemlich alles: die komplette Hl. Schrift, die Benediktsregeln, Heiligenviten, usw. Auch von antiken Schriftstellern ist weit und breit nichts zu sehen. Die erscheinen dafür ganz woanders und das schlagartig, nämlich im vierten (!) St. Galler Verzeichnis von 1070, wo dann 70 Autoren von Cicero bis Vitruv aus dem Nichts auftauchen (ähnlich Reichenau und Lorsch). Eine Rekonstruktion der Salzburger Bestände fürs 8./9. Jh. enthält gerade drei antike Klassiker-Fragmente, davon zwei Medizintexte.
Kurzum: Wer Märchen liebt und gerne lacht, sollte sich in das Gebiet"frühmittelalterlicher" Urkunden und Handschriften versenken. Er lernt dann u.a. dass Herrscher an gerade gegründete Klöster Gebiete verschenkten, die nicht etwa in der Nachbarschaft, sondern Hunderte von Kilometern entfernt gelegen waren, dass in Deutschland der Feigenanbau gepflegt wurde, dass die bösen Sarazenen"Mauren" genannt wurden, dass es einen Terenz-Text"Incipit eunuchus" (der Ärmste) gegeben hat und dass man sich auch mit der Paulus-Apokalypse beschäftigte, die den Apostel sogar über Gottvater selbst stellt.
Viel Vergnügen + schönen Sonntags-Gruß!
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bernor
14.03.2004, 21:50
@ dottore
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Re: Der Urkundenschwindel |
-->Hi Dottore,
schönen Dank für die Ergänzung in Deinem Posting.
besten Dank für den Hinweis. Darf ich fragen, in welcher Schrift die Urkunde geschrieben ist? (Ich vermute in der"Benevent").
Damit kann ich leider nicht dienen - Zitat war aus Carl Vossen: Mutter Latein und ihre Töchter, ohne Urkundenabbildung.
Dafür habe ich, hinsichtlich Urkunden & Phantomzeit, noch etwas anderes entdeckt:
(Meineke/Schwerdt: Einführung in das Althochdeutsche, Seite 224)
"Im alem. Sprachgebiet zeigt sich die 2. Lautverschiebung... in der gesprochenen Sprache früher als in der kodifizierten Sprache, was eine Untersuchung der Vorakte der St. Galler Urkunden... zeigt. Diese der Urkundenreinschrift vorausgehenden Notizen, die den Inhalt des Rechtsgeschäfts skizzieren, orientieren sich stärker als die Urkunden an der gesprochenen Sprache. Die Vorakte... sind in der lautlichen Entwicklung der Urkundensprache teilweise um zwei Jahrhunderte voraus, da die Vorakte aus dem 8. und 9. Jh. schon jene Lauterscheinungen zeigen, die in der übrigen Überlieferung das Spätalthochdeutsche das 10. und 11. Jh. charakterisieren."
Ich denke, das spricht für sich.
Gruß + gute Nacht
bernor
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Uwe
14.03.2004, 22:00
@ bernor
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Re: Der Urkundenschwindel |
-->>Damit kann ich leider nicht dienen - Zitat war aus Carl Vossen: Mutter Latein und ihre Töchter, ohne Urkundenabbildung.
<center>[img][/img] </center>
DIE ABTEI MONTECASSINO Das Museum
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bernor
14.03.2004, 22:13
@ Uwe
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Danke! (o.Text) |
-->
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dottore
15.03.2004, 10:29
@ Uwe
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Re: Der Urkundenschwindel |
-->>>Damit kann ich leider nicht dienen - Zitat war aus Carl Vossen: Mutter Latein und ihre Töchter, ohne Urkundenabbildung.
><center> DIE ABTEI MONTECASSINO Das Museum
Danke für die Abbildung. Wir haben es mit einer klassischen"insularen" Minuskel zu tun. Ein Beispiel (man beahcte die Unterlängen, vor allem das sehr schön passende"p"):
[img]" alt="[image]" style="margin: 5px 0px 5px 0px" />
In dieser Schrift ist auch das Fuldaer erst Bücherverzeichnis.
Diese unterscheidet sich deutlich von der berühmten"karolingischen Minuskel:
Was erneut die Frage aufwirft, wie es in Süditalien (Monte Cassino gehörte zum Einzugsgebiet der Herzogtums von Benevent) zugegangen ist. Möglich: Alles lief dort erst im 11. Jh. ab, im Rahmen der weit ausgreifenden Eroberungen der Normannnen, die offenbar auf Inseln spezialisiert waren (England, Sizilien).
Im St. Galler Verzeichnis tauchen auch"libri scottice scripti" (also in der insularen Schrift) auf, die aber komplett zur Makulaturpergament zerschnitten wurden, vermutlich, weil sie niemand lesen konnte oder wollte bzw. kaufen.
Die These von Zandow mit der sog. Christianisierung ab 10. Jh. erhält damit eine interessante südliche Flanke.
Der ganz Klosterurkunden-Schwindel muss also erheblich später angesetzt werden. Interessant auch der Hinweis in dem Link von Uwe, dass die älteste (?) dort vorhandene Benediktsregel in Monte Cassino von 1317 ist.
Gruß!
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Uwe
16.03.2004, 01:29
@ dottore
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Re: kein Börsenthema: Der Urkundenschwindel |
-->Hallo, dottore!
Sicher weiß ich nur, dass ich nicht annähernd die Zeit haben werde, mich in die spannende Materie der Schriften und Urkunden einzuarbeiten. Daher hoffe ich auf Antworten auf meine Fragen, die ich als ein laienhafter"Forscher" auf diesem Gebiet stelle, wobei ich all die um Nachsicht bitte, die erkennen, dass das Thema, vom Forumsthema abweicht und dennoch von mir hier (kurzfristig) angeschnitten wird.
Wenn Du, dottore, darauf hinweist, das es sich hier
[img]" alt="[image]" style="margin: 5px 0px 5px 0px" />
so meine ich, dass in dem Prüfstück, die in dem Vergleichsexemplar so charakteristische dreiecksförmige Weitungen der Oberlängen fehlen. Diese Weitungen der Oberlänge ist ja typisch für die"insularen" Minuskeln (irische Regionalschrift; irische Halbunziale?).
Sie sind auch noch, wenn auch nicht mehr in dieser starken Ausprägung, wie in dem von Dir vorgestellten Beispiel, im Reichenauer Schulheft vermutlich aus dem 9.Jh. zu entdecken.
Diese"insularen" Minuskeln fanden durch die Klostergründungen eine weite Verbreitung in Europa und wurden.
Daher meine Frage: Habe ich einen unzulässigen Vergleich angestellt, denn die vorkarolingischen Minuskel datieren vom 6. bis zum Beginn des 9.Jh., wo sie von den karolingischen Minuskeln, die zu diesem Zeitpunkt in nahezu vollendeter Prägung vorhanden waren, ersetzt wurden. Nur der irische"Zweig" der insularen Minuskel blieb erhalten.
Doch allgemein zu Dokumentenfälschungen, die sich ja auf Ereignisse der"Nichtzeit" (8./9.Jh.) beziehen, stellt sich mir die Frage - unabhängig davon, dass es bestimmt"Betrügereien" durch Fälschung von Urkunden gegeben hat -, ob nicht bei einer Vielzahl von Dokumenten, für die spätere Entstehungszeiten angegeben werden können, als es die Dokumenteninhalte vermuten lassen, Abschriften vermutet werden können? Denn durch den Wechsel von den vorkarolingischen Schriften zu den karolingischen Minuskeln, wurde es immer problematischer, die alten Dokumente, in so unterschiedlichen Schriftarten, noch lesen zu können, unabhängig von anderen Gründen, wie vielleicht die Beständigkeit des Trägermaterials.
Wie viel werden heute noch Informationen in (regionaler) Sütterlin-Schrift lesen können? Werden unsere Bits und Bytes noch in 100 Jahren lesbar sein, wenn sie nicht ständig umkopiert werden?
Wie also wird bei Dokumenten zwischen"legaler" Abschrift und gefälschtem Schriftstück unterschieden, wo der Sachverhalt nicht gegengeprüft werden kann? Denn allein aus der Diskrepanz zwischen dem Zeitpunkt des (vermeintlichen) Geschehens des dokumentierten Ereignis und der Entstehungszeit des Dokuments, kann ja noch nichts endgeültiges geschlossen werden, ja sogar der"Anfangsveracht" wird geschwächt, wenn man mein obiges Argument gelten läßt.
Danke für die gewidmete Aufmerksamk und Gruß,
Uwe
http://www.uni-bamberg.de/ggeo/hilfswissenschaften/hilfswiss/schriftarten.html#natschr
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dottore
16.03.2004, 13:41
@ Uwe
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Re: kein Börsenthema: Der Urkundenschwindel |
-->Hi Uwe,
>Wenn Du, dottore, darauf hinweist, das es sich hier >
> [img]" alt="[image]" style="margin: 5px 0px 5px 0px" />
>so meine ich, dass in dem Prüfstück, die in dem Vergleichsexemplar so charakteristische dreiecksförmige Weitungen der Oberlängen fehlen. Diese Weitungen der Oberlänge ist ja typisch für die"insularen" Minuskeln (irische Regionalschrift; irische Halbunziale?).
Ja, die fehlen. Die Oberlängen gehören eigentlich dazu. Es kann auch sein, dass zwei Zeilen gewählt wurden, wo die gerade fehlen. In diesem Text (wohl selbe Quelle?):
>Sie sind auch noch, wenn auch nicht mehr in dieser starken Ausprägung, wie in dem von Dir vorgestellten Beispiel, im Reichenauer Schulheft vermutlich aus dem 9.Jh. zu entdecken.
>Diese"insularen" Minuskeln fanden durch die Klostergründungen eine weite Verbreitung in Europa...
Ja. So jedenfalls offizieller Forschungsstand. Allerdings ist nicht klar, warum die St. Galler sowohl Bücher in der Antiqua und der Insularen hatten und die Letzteren (obwohl sie vermutlich"heilige" Texte enthielten) dann zu Makulatur machten. Zu lesen war die Schrift ohne Probleme.
>
>Daher meine Frage: Habe ich einen unzulässigen Vergleich angestellt, denn die vorkarolingischen Minuskel datieren vom 6. bis zum Beginn des 9.Jh., wo sie von den karolingischen Minuskeln, die zu diesem Zeitpunkt in nahezu vollendeter Prägung vorhanden waren, ersetzt wurden. Nur der irische"Zweig" der insularen Minuskel blieb erhalten.
Das Problem ist: Warum wurde die klassisch einfache karolingische Minuskel ab dem 9. Jh. allmählich quasi wieder vergessen und von den Humanisten im 13./14. Jh. wieder"neu entdeckt"? Es ist und bleibt die klassische"Antiqua.
In dem berühmten Alphabettraktat"um 800" (Diez B 66, heute in Berlin, ediert 1973) lese wir als Schrifttypen:
"Coequaria et antiquaria manus et Virgilica manus, qua nunc Romani utunter, et epistolaris; cui adjacet Schottica manus et Britthanica manus"
Die Coequaria ist die zeitgenössische, die antiquaria (alte) lässt sich nicht ermitteln, vermutlich ist es die klassische Antiqua, die Virgilica ist jene, in der Virgiltexte überliefert sind (existiert), die epistorais ist die Briefschrift und die beiden restlichen eben die"insularen".
Lt. eine Text aus Corbie (angebl. 9. Jh.) haben wir nur vier Arten: Antiquaria, Virgiliaca, iactiaca, coequaria. Dabei fehlt also die Insulare.
Meine Deutung dazu: Die Antiquaria ist die Antica, die Virgiliaca wie oben, die Iactiaca lässt sich nicht deuten (ist auch in der Literatur offen), die coequaria muss eine normale Kursive oder Textschrift ("Gotica" usw.) gewesen sein.
>Doch allgemein zu Dokumentenfälschungen, die sich ja auf Ereignisse der"Nichtzeit" (8./9.Jh.) beziehen, stellt sich mir die Frage - unabhängig davon, dass es bestimmt"Betrügereien" durch Fälschung von Urkunden gegeben hat -, ob nicht bei einer Vielzahl von Dokumenten, für die spätere Entstehungszeiten angegeben werden können, als es die Dokumenteninhalte vermuten lassen, Abschriften vermutet werden können?
Die Dokumente sind zumeist präzise datiert. Es gibt freilich Abschriften, auch für den"internen" Gebrauch, die umfangreichste ist der Codex Eberhardi
Er schenkte es dem Hl. Bonifatius - und wo sind die Zeugen? Das"tradere" (übertragen) war eben so einfach nicht.
>Denn durch den Wechsel von den vorkarolingischen Schriften
Welche? Das ist eben das Problem. An Papyri hatte damals niemand denken können, da diese in Ägypten (muslimisch) lagen und erst in der Neuzeit gefunden wurden.
>zu den karolingischen Minuskeln, wurde es immer problematischer, die alten Dokumente, in so unterschiedlichen Schriftarten, noch lesen zu können, unabhängig von anderen Gründen, wie vielleicht die Beständigkeit des Trägermaterials.
Pergament? Noch dazu in den Klöstern (als"Berechtigten) wohl verwahrt?
>Wie viel werden heute noch Informationen in (regionaler) Sütterlin-Schrift lesen können? Werden unsere Bits und Bytes noch in 100 Jahren lesbar sein, wenn sie nicht ständig umkopiert werden?
>Wie also wird bei Dokumenten zwischen"legaler" Abschrift und gefälschtem Schriftstück unterschieden, wo der Sachverhalt nicht gegengeprüft werden kann?
Doch der kann überprüft werden. So erhält Fulda Land, das ihm nie gehört hat (zahlreiche Beispiele), und das auch nicht weiter"tradiert" wurde. Wie hätte es auch?
>Denn allein aus der Diskrepanz zwischen dem Zeitpunkt des (vermeintlichen) Geschehens des dokumentierten Ereignis und der Entstehungszeit des Dokuments, kann ja noch nichts endgeültiges geschlossen werden, ja sogar der"Anfangsveracht" wird geschwächt, wenn man mein obiges Argument gelten läßt.
Das genau ist der Punkt! Man hat"später" Dokumente ausgefertigt und diese möglichst weit"zurück" datiert und einem möglichst"hohen" und ergo indisputablen Herrn zugeschrieben (am besten eben KdG und ähnlichen, sagenhaften Herrschern), um einen rechtsfesten Titel zu haben."Gutes Recht muss alt sein" - war die Devise. In Nonantola (Oberitalien) habe ich zwei Urkunden von KdG gefunden, die exakt die selbe Schenkung beinhalten: Einmal als Schenkung und dann nochmals als Bestätigung derselben. Die Stücke wollen sie schon seit Jahren ins Web stellen, aber bis heute steht dort nur gequollener Text, vgl.:
Letzter Absatz, schwer zu lesen
Danke für Dein Interesse, die unermüdliche Hilfe (St. Paul) + Gruß!
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