Dr. Quandt
17.11.2000, 19:40 |
Gedanken zum Wochenausklang Thread gesperrt |
Sehr geehrte Damen und Herren
Einige Gedanken, während ich auf Antworten warte:
Das Geheimnis der Börse liegt für mich in ihrer zum übrigen Weltgeschehen unterschiedlichen Geschwindigkeit. Die Börse summiert alle Tatsachen, Meinungen, Gerüchte, die es überhaupt zum Zeitpunkt X gibt. Insofern hat sie immer recht, weil es keinen gibt, der mehr wissen könnte als sie.
++++
Zum anderen ist die Börse ein Antizipationsmechanismus. Sie ist also immer ihrer Zeit voraus. Ihr Wissen führt zu Entscheidungen der Martteilnehmer, die Zukunft zu deuten. Die Börse ist dabei ein Widerspruch in sich. Wenn nämlich alle alles wissen, wie kann es da noch Käufer und Verkäufer geben, warum irrt sich also grundsätzlich jeder zweite Marktteilnehmer? Denn der Käufer irrt sich, wenn die Aktie anderntags fällt, der Verkäufer, wenn sie steigt.
++++
Es liegt an den unterschiedlichen Geschwindigkeiten, mit denen reagiert, gedacht, gehandelt, gelitten wird. Die Experten nennen das Arbitrage. Es ist das Nutzen von Differenzen. Früher war es die Arbitrage zwischen Orten. Im ersten gedruckten Werk zum Thema Wirtschaft (Chiarini, 1481), liegt die Arbitrage zwischen Siena und Florenz bei 5 Prozent. Und das für eine Strecke von 70 km. Dann gibt es die Arbitrage zwischen Zeiten. Terminkurse weichen von den Kassanotizen ab, was aber nicht diskutiert werden muß, weil die Differenz inzwischen logisch ausgefuchst ist ("Backwardation" usw.).
+++++
Heute geht es um die Arbitrage zwischen der Intelligenz der Marktteilnehmern, Klartext: Ihrer Computer. Sie arbeiten zwar allesamt gleichschnell, aber die programmierten Bewertungen der unterschiedlichen Daten divergieren noch. Wie geht es weiter?
+++++
Otto Liebmann schreibt 1904:"Gesetzt den Fall, es verliefe jedes Geschehen mit genau derselben Geschwindigkeit, so würde gar kein Zeitmaß vorhanden sein. Der Strom des Geschehens wäre dann uferlos."
+++++
Die Geschwindigkeiten der Computer und ihrer Software gleichen sich immer mehr an. Irgendwann wird rund um die Uhr in allem zur Kasse und per Termin gehandelt.
+++++
Die Börse ist auch die Erinnerung an andere Zeiten. Schon im alten Rom gab es Börsen. Gehandelt wurden Anteile an großen Steuerpacht-Compagnien. Cicero weist in seiner Rede über den Oberbefehl des Pompeius auf"partes" hin, die"in illo tempore carrissimae" waren. In jener Zeit vor der Katastrophe, die der große Mithridates den Römern bereitete.
+++++
In der Offenbarung schreibt der Apostel Johannes (12, 12):"Wehe denen, die auf Erden wohnen und auf dem Meer! Denn der Teufel kommt zu Euch herab und hat einen großen Zorn. Denn er weiß, daß er wenig Zeit hat."
+++++
Der Religionshistoriker Benz schreibt, dass allen Heilserwartungen eins gleich sei: Sie würden beinhalten, dass alle in der noch verfügbaren Zeit alles erleben würden, was es überhaupt zu erleben gibt. Und dass die Zeit bis hin zum ersehnten Moment dabei immer schneller abläuft. Erfüllt sich die Heilserwartung nicht, zerstreuen sich die Adepten schnell.
So erscheint mir das große Bild der Börsen, das ich zu sehen vermeine.
Mit freundlichem Gruß
Qu.
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Rumpelstilzchen
17.11.2000, 20:26
@ Dr. Quandt
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Re: Gedanken zum Wochenausklang |
>Sehr geehrte Damen und Herren > Einige Gedanken, während ich auf Antworten warte:
Sehr geehrter Herr Dr. Quandt,
> Das Geheimnis der Börse liegt für mich in ihrer zum übrigen Weltgeschehen unterschiedlichen Geschwindigkeit. Die Börse summiert alle Tatsachen, Meinungen, Gerüchte, die es überhaupt zum Zeitpunkt X gibt. Insofern hat sie immer recht, weil es keinen gibt, der mehr wissen könnte als sie.
Ich persönlich halte diese These ("efficient markets") für den größten Unsinn.
Sie ist in etwa so wahr wie die Behauptung, dass Hertha die beste deutsche Fussballmannschaft sei, weil sie Tabellenführer sind.l
>++++ > Zum anderen ist die Börse ein Antizipationsmechanismus. Sie ist also immer ihrer Zeit voraus. Ihr Wissen führt zu Entscheidungen der Martteilnehmer, die Zukunft zu deuten. Die Börse ist dabei ein Widerspruch in sich. Wenn nämlich alle alles wissen, wie kann es da noch Käufer und Verkäufer geben, warum irrt sich also grundsätzlich jeder zweite Marktteilnehmer? Denn der Käufer irrt sich, wenn die Aktie anderntags fällt, der Verkäufer, wenn sie steigt.
>++++
Kauf und Verkauf kommen zustande, weil beide keine Ahnung vom wahren Wert ihrer Aktien haben, aber dennoch davon überzeugt sind, diesen einschätzen zu können.
> Es liegt an den unterschiedlichen Geschwindigkeiten, mit denen reagiert, gedacht, gehandelt, gelitten wird. Die Experten nennen das Arbitrage. Es ist das Nutzen von Differenzen. Früher war es die Arbitrage zwischen Orten. Im ersten gedruckten Werk zum Thema Wirtschaft (Chiarini, 1481), liegt die Arbitrage zwischen Siena und Florenz bei 5 Prozent. Und das für eine Strecke von 70 km. Dann gibt es die Arbitrage zwischen Zeiten. Terminkurse weichen von den Kassanotizen ab, was aber nicht diskutiert werden muß, weil die Differenz inzwischen logisch ausgefuchst ist ("Backwardation" usw.).
>+++++ > Heute geht es um die Arbitrage zwischen der Intelligenz der Marktteilnehmern, Klartext: Ihrer Computer. Sie arbeiten zwar allesamt gleichschnell, aber die programmierten Bewertungen der unterschiedlichen Daten divergieren noch. Wie geht es weiter?
>+++++
Alle Computer sind gleich schnell. Jedenfalls haben sie keinen ausreichenden Geschwindigkeitsvorteil vor der Konkurrenz.
Mit reiner Arbitrage läßt sich heutzutage kein Geld verdienen.
Hat man jemals wirklich an Arbitrage verdienen können?
Ich glaube nicht.
Wer wirklich so gut ausgestattet ist und sich einen Informationsvorsprung erarbeiten kann, kann diesen nur dann effizient zu Geld machen, wenn er ihn nutzt, um die anderen in die Irre zu führen. Die anderen sind nämlich auch nicht blöd.
Beispiel: Nathan Rothschild nach der Schlacht von Waterloo. Wusste wie sie ausgegangen ist. Hat in London trotzdem erst mal verkauft. Als die anderen dann dachten, dass sei ein Zeichen, dass die Schlacht verloren ist und in Panik gerieten, hat er gekauft.
> Otto Liebmann schreibt 1904:"Gesetzt den Fall, es verliefe jedes Geschehen mit genau derselben Geschwindigkeit, so würde gar kein Zeitmaß vorhanden sein. Der Strom des Geschehens wäre dann uferlos."
>+++++
Oops, da muss ich noch nachdenken. Scheint so ein typischer Konfusionssatz zu sein. Man grübelt und grübelt und am Ende kommt raus, dass er gar nichts aussagt.
Wussten Sie, dass an ihren Füssen, die Gravitation höher ist, als an ihrem Kopf und dort nach der Einsteinschen Relativitätstheorie die Zeit deswegen langsamer verläuft? Drüber nachgedacht? Konfus geworden?
Die Geschwindigkeiten der Computer und ihrer Software gleichen sich immer mehr an. Irgendwann wird rund um die Uhr in allem zur Kasse und per Termin gehandelt.
>+++++
Wen interessieren heute noch Kassa-Kurse?
> Die Börse ist auch die Erinnerung an andere Zeiten. Schon im alten Rom gab es Börsen. Gehandelt wurden Anteile an großen Steuerpacht-Compagnien. Cicero weist in seiner Rede über den Oberbefehl des Pompeius auf"partes" hin, die"in illo tempore carrissimae" waren. In jener Zeit vor der Katastrophe, die der große Mithridates den Römern bereitete.
>+++++
Und selbst für die Römer war es wohl schon kalter Kaffee. Auch die alten Griechen hatten wohl schon vor den Römern richtige Spekulationsblasen (so weit ich weiß Grundstückspekulation).
> In der Offenbarung schreibt der Apostel Johannes (12, 12):"Wehe denen, die auf Erden wohnen und auf dem Meer! Denn der Teufel kommt zu Euch herab und hat einen großen Zorn. Denn er weiß, daß er wenig Zeit hat."
>+++++
Dem schliesse ich mich an.
> Der Religionshistoriker Benz schreibt, dass allen Heilserwartungen eins gleich sei: Sie würden beinhalten, dass alle in der noch verfügbaren Zeit alles erleben würden, was es überhaupt zu erleben gibt. Und dass die Zeit bis hin zum ersehnten Moment dabei immer schneller abläuft. Erfüllt sich die Heilserwartung nicht, zerstreuen sich die Adepten schnell.
Die ersten Christen waren auch davon überzeugt, noch zu ihren Lebzeiten die Wiederkehr Christi erleben zu dürfen.
Sie durften nicht.
Die Kirche gibt es heute noch.
"Ihr wisst nicht den Tag, noch die Stunde..."
Ganz so einfach ist es also wohl nicht.
> So erscheint mir das große Bild der Börsen, das ich zu sehen vermeine. > Mit freundlichem Gruß > Qu.
Viele Grüße
R.
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Freddi
17.11.2000, 22:42
@ Dr. Quandt
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Re: Ich denke nicht so kompliziert |
Sehr geehrter Herr Quandt,
Sie haben eine sehr hohe Meinung über den Wissensstand der Börsenteilnehmer.
Jedoch habe ich festgestellt, dass es eher Psychologische Reaktionen auf wiederum Psychologische Reaktionen sind. die das Marktgeschehen antreiben.
Sie bekommen von der Fundamentalanalyse ( is was für den Intellekt ) jede Menge Infos. Frage dabei ist wirken sich die einzelnen Informationen an der Börse aus und wenn ja in welcher Richtung. Wie oft haben wir in letzter Zeit positive Bilanzen vernommen und trotzdem einen Fall der Aktienkurse anschliessend gesehen. Ganz schlaue Reporter pflegen dann zu sagen die guten Ergebnisse sind in den Aktienkursen schon antizipiert worden und man hätte eigentlich mit noch besseren Zahlen gerechnet. Andersrum gibts die Geschichte natürlich auch.
Interessanter ist es da die psychischen Komponenten der Marktteilnehmer zu sehen. Da gibt es den Fond der investieren muss oder beim Nemax Fond Geld an die Kunden auszahlen obwohl da alles fällt und es blödsinnig scheint jetzt zu verkaufen. Dann die Zocker oder die Laien die gerade den Tipp der Finanzzeitung umsetzen wie tausende andere zugleich. Da sind also viele verschiedene Motivationen und der Marktpreis ist nichts anderes als ein Gleichgewichtspreis von Angebot und Nachfrage. Aber das wissen sie ja schon.
Was bestimmt nun unsere Reaktionen. Laut A.Natter verfallen die überwiegende Mehrzahl der von Privatpersonen gekauften Options-Scheine wertlos. Wieso?
Da fällt mir die Szene aus einem Tierfilm ein wie Afrikanische Ureinwohner Affen fangen: Wenn sie ein Affe beobachtet, legen sie etwas funkelndes in eine Kokosnuss die wiederum angebunden ist. Dann verlässt der Fänger das Feld. Der Affe kommt und will den Gegenstand aus der Kokosnuss rausholen. Nur ist die Ã-ffnung so klein dass man mit geschlossener Faust diese nicht mehr rausziehen kann. Bis der Affe kapiert hat dass er loslassen muss, ist der Optionsschein abgelaufen. Oh nein ist der Jäger da und hat den Affen gefangen.
Es sind wie ich meine, fundamentalere Psychische Muster siehe oben die auch die Profis bewegen und nicht so sehr der Verstand. Bei der riesigen Anzahl der Wirtschaftsinfos hat er eh schwer zu schaffen und diesen Infos noch auf alle möglichen Börsenwirkungen zu untersuchen macht auch der beste schlapp.
Also sehe ich die Börse eher als ein Affentheater an, und nicht als vernünftiges kursfindungs System.
Mit freundlichen Grüssen
Freddi
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Baldur der Ketzer
17.11.2000, 22:49
@ Freddi
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Re: Ich denke nicht so kompliziert ------- toller Vergleich:-)))) oT mfg |
>Sehr geehrter Herr Quandt,
>Sie haben eine sehr hohe Meinung über den Wissensstand der Börsenteilnehmer.
>Jedoch habe ich festgestellt, dass es eher Psychologische Reaktionen auf wiederum Psychologische Reaktionen sind. die das Marktgeschehen antreiben.
>Sie bekommen von der Fundamentalanalyse ( is was für den Intellekt ) jede Menge Infos. Frage dabei ist wirken sich die einzelnen Informationen an der Börse aus und wenn ja in welcher Richtung. Wie oft haben wir in letzter Zeit positive Bilanzen vernommen und trotzdem einen Fall der Aktienkurse anschliessend gesehen. Ganz schlaue Reporter pflegen dann zu sagen die guten Ergebnisse sind in den Aktienkursen schon antizipiert worden und man hätte eigentlich mit noch besseren Zahlen gerechnet. Andersrum gibts die Geschichte natürlich auch.
>Interessanter ist es da die psychischen Komponenten der Marktteilnehmer zu sehen. Da gibt es den Fond der investieren muss oder beim Nemax Fond Geld an die Kunden auszahlen obwohl da alles fällt und es blödsinnig scheint jetzt zu verkaufen. Dann die Zocker oder die Laien die gerade den Tipp der Finanzzeitung umsetzen wie tausende andere zugleich. Da sind also viele verschiedene Motivationen und der Marktpreis ist nichts anderes als ein Gleichgewichtspreis von Angebot und Nachfrage. Aber das wissen sie ja schon.
>Was bestimmt nun unsere Reaktionen. Laut A.Natter verfallen die überwiegende Mehrzahl der von Privatpersonen gekauften Options-Scheine wertlos. Wieso?
>Da fällt mir die Szene aus einem Tierfilm ein wie Afrikanische Ureinwohner Affen fangen: Wenn sie ein Affe beobachtet, legen sie etwas funkelndes in eine Kokosnuss die wiederum angebunden ist. Dann verlässt der Fänger das Feld. Der Affe kommt und will den Gegenstand aus der Kokosnuss rausholen. Nur ist die Ã-ffnung so klein dass man mit geschlossener Faust diese nicht mehr rausziehen kann. Bis der Affe kapiert hat dass er loslassen muss, ist der Optionsschein abgelaufen. Oh nein ist der Jäger da und hat den Affen gefangen.
>Es sind wie ich meine, fundamentalere Psychische Muster siehe oben die auch die Profis bewegen und nicht so sehr der Verstand. Bei der riesigen Anzahl der Wirtschaftsinfos hat er eh schwer zu schaffen und diesen Infos noch auf alle möglichen Börsenwirkungen zu untersuchen macht auch der beste schlapp.
>Also sehe ich die Börse eher als ein Affentheater an, und nicht als vernünftiges kursfindungs System.
>Mit freundlichen Grüssen
>Freddi
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nereus
17.11.2000, 22:56
@ Rumpelstilzchen
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Re: Gedanken zum Wochenausklang |
Hallo Rumpelstilzchen!
Ich glaube zu wissen was du mit dem Begriff"Wahrheit" meinst.(Hertha ist die beste Fußballmanschaft??). Aber dann begründe doch mal wie Du Deine Wahrheit messen willst?
Dr. Quandt schreibt:"Die Börse summiert alle Tatsachen, Meinungen, Gerüchte, die es überhaupt zum Zeitpunkt X gibt. Insofern hat sie immer recht, weil es keinen gibt, der mehr wissen könnte als sie."
In diesem Sinne hat er sicher recht. Dabei geht es ja um die Marktteilnehmer.
Der Außenstehende kann denken was er will. Sobald er am Markt aktiv wird, bringt er seine Meinung ein und beeinflußt somit den Markt, in welche Richtung auch immer.
Es geht ja nicht um die"moralische" Wahrheit. Ich kann Dich da gut verstehen.
Ich kann mich auch selten davon lösen.
Jetzt fragt sicher gleich einer nach der moralischen Wahrheit.
Wenn Ben Johnson 1988 den 100 Meter Lauf gewonnen hat, war er schneller als Carl Lewis. Das er gedopt war, spielt dabei keine Rolle. Er lief nun mal als Erster durch die Ziellinie und damit war er der Schnellste.
Übrigens, wer weiß denn so genau ob nicht"King Carl" auch nachgeholfen hat?
Die Zahnspangen der erwachsenen amerikanischen Sprinter und Sprinterinnen haben mich immer sehr nachdenklich gestimmt.
An der zweiten Aussage kann ich auch nichts"falsches" finden. Außer vielleicht die Sache mit"jeder zweite Marktteilnehmer". Das ist sachlich nicht ganz richtig, denn 10.000 Kleinanlegern (Falschlieger) kann ein Großinvestor (Richtiglieger) gegenüberstehen.
Was ist Deiner Meinung nach der wahre Wert der Aktie?
Die Preisbildung erfolgt nun mal an der Börse. Auch hier kann sich wieder jeder wünschen was er will. Ich glaube auch, daß diese oder jene Aktie über- oder unterbewertet ist, aber leider glauben das die anderen nicht.
Wahrheit ist vielleicht nur in den Naturwissenschaften möglich.
Aber da bin ich mir inzwischen auch nicht mehr so sicher.
Deinem Beispiel mit Rothschild stimme ich jedoch voll zu.
Falsche Adhoc-Meldungen oder Gerüchteküche (hier ist London besonders gut positioniert) spielen eine ganz wichtige Rolle. Und hier kann man die Erwartungen sehr maßgeblich beinflussen.
Ganz wesentlich ist aber noch die Marktgröße. Mit ein paar Milliarden in der Hand kann sicher mehr bewegen als mit ein paar Tausender Scheinen.
mfG
nereus
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Taktiker
17.11.2000, 23:51
@ Rumpelstilzchen
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Eine Anmerkung von mir: |
>Ich persönlich halte diese These ("efficient markets") für den größten Unsinn.
>Sie ist in etwa so wahr wie die Behauptung, dass Hertha die beste deutsche Fussballmannschaft sei, weil sie Tabellenführer sind.
Halt! Ich widerspreche! Hertha IST die beste deutsche Fußballmannschaft! Erstens bin ich ihr Anhänger und zweitens: wenn es eine derzeit bessere gäbe, so müßte sie VOR Hertha stehen. Steht sie aber nicht. Somit IST Hertha geglättet über soundsoviel Spieltage derzeit die beste deutsche Fußballmannschaft.
Herr Dr. Quandt hat irgendwie Recht.
>>++++
>> Zum anderen ist die Börse ein Antizipationsmechanismus. Sie ist also immer ihrer Zeit voraus. Ihr Wissen führt zu Entscheidungen der Martteilnehmer, die Zukunft zu deuten. Die Börse ist dabei ein Widerspruch in sich. Wenn nämlich alle alles wissen, wie kann es da noch Käufer und Verkäufer geben, warum irrt sich also grundsätzlich jeder zweite Marktteilnehmer? Denn der Käufer irrt sich, wenn die Aktie anderntags fällt, der Verkäufer, wenn sie steigt.
>>++++
>Kauf und Verkauf kommen zustande, weil beide keine Ahnung vom wahren Wert ihrer Aktien haben, aber dennoch davon überzeugt sind, diesen einschätzen zu können.
>> Es liegt an den unterschiedlichen Geschwindigkeiten, mit denen reagiert, gedacht, gehandelt, gelitten wird. Die Experten nennen das Arbitrage. Es ist das Nutzen von Differenzen. Früher war es die Arbitrage zwischen Orten. Im ersten gedruckten Werk zum Thema Wirtschaft (Chiarini, 1481), liegt die Arbitrage zwischen Siena und Florenz bei 5 Prozent. Und das für eine Strecke von 70 km. Dann gibt es die Arbitrage zwischen Zeiten. Terminkurse weichen von den Kassanotizen ab, was aber nicht diskutiert werden muß, weil die Differenz inzwischen logisch ausgefuchst ist ("Backwardation" usw.).
>>+++++
>> Heute geht es um die Arbitrage zwischen der Intelligenz der Marktteilnehmern, Klartext: Ihrer Computer. Sie arbeiten zwar allesamt gleichschnell, aber die programmierten Bewertungen der unterschiedlichen Daten divergieren noch. Wie geht es weiter?
>>+++++
>Alle Computer sind gleich schnell. Jedenfalls haben sie keinen ausreichenden Geschwindigkeitsvorteil vor der Konkurrenz.
>Mit reiner Arbitrage läßt sich heutzutage kein Geld verdienen.
>Hat man jemals wirklich an Arbitrage verdienen können?
>Ich glaube nicht.
>Wer wirklich so gut ausgestattet ist und sich einen Informationsvorsprung erarbeiten kann, kann diesen nur dann effizient zu Geld machen, wenn er ihn nutzt, um die anderen in die Irre zu führen. Die anderen sind nämlich auch nicht blöd.
>Beispiel: Nathan Rothschild nach der Schlacht von Waterloo. Wusste wie sie ausgegangen ist. Hat in London trotzdem erst mal verkauft. Als die anderen dann dachten, dass sei ein Zeichen, dass die Schlacht verloren ist und in Panik gerieten, hat er gekauft.
>> Otto Liebmann schreibt 1904:"Gesetzt den Fall, es verliefe jedes Geschehen mit genau derselben Geschwindigkeit, so würde gar kein Zeitmaß vorhanden sein. Der Strom des Geschehens wäre dann uferlos."
>>+++++
>Oops, da muss ich noch nachdenken. Scheint so ein typischer Konfusionssatz zu sein. Man grübelt und grübelt und am Ende kommt raus, dass er gar nichts aussagt.
>Wussten Sie, dass an ihren Füssen, die Gravitation höher ist, als an ihrem Kopf und dort nach der Einsteinschen Relativitätstheorie die Zeit deswegen langsamer verläuft? Drüber nachgedacht? Konfus geworden?
>Die Geschwindigkeiten der Computer und ihrer Software gleichen sich immer mehr an. Irgendwann wird rund um die Uhr in allem zur Kasse und per Termin gehandelt.
>>+++++
>Wen interessieren heute noch Kassa-Kurse?
>> Die Börse ist auch die Erinnerung an andere Zeiten. Schon im alten Rom gab es Börsen. Gehandelt wurden Anteile an großen Steuerpacht-Compagnien. Cicero weist in seiner Rede über den Oberbefehl des Pompeius auf"partes" hin, die"in illo tempore carrissimae" waren. In jener Zeit vor der Katastrophe, die der große Mithridates den Römern bereitete.
>>+++++
>Und selbst für die Römer war es wohl schon kalter Kaffee. Auch die alten Griechen hatten wohl schon vor den Römern richtige Spekulationsblasen (so weit ich weiß Grundstückspekulation).
>> In der Offenbarung schreibt der Apostel Johannes (12, 12):"Wehe denen, die auf Erden wohnen und auf dem Meer! Denn der Teufel kommt zu Euch herab und hat einen großen Zorn. Denn er weiß, daß er wenig Zeit hat."
>>+++++
>Dem schliesse ich mich an.
>> Der Religionshistoriker Benz schreibt, dass allen Heilserwartungen eins gleich sei: Sie würden beinhalten, dass alle in der noch verfügbaren Zeit alles erleben würden, was es überhaupt zu erleben gibt. Und dass die Zeit bis hin zum ersehnten Moment dabei immer schneller abläuft. Erfüllt sich die Heilserwartung nicht, zerstreuen sich die Adepten schnell.
>Die ersten Christen waren auch davon überzeugt, noch zu ihren Lebzeiten die Wiederkehr Christi erleben zu dürfen.
>Sie durften nicht.
>Die Kirche gibt es heute noch.
>"Ihr wisst nicht den Tag, noch die Stunde..."
>Ganz so einfach ist es also wohl nicht.
>> So erscheint mir das große Bild der Börsen, das ich zu sehen vermeine.
>> Mit freundlichem Gruß
>> Qu.
>Viele Grüße
>R.
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Georg
18.11.2000, 00:57
@ nereus
|
Re: Zahnspangen.. erwachsene Sprinter *lach* |
>Hallo Rumpelstilzchen!
>Ich glaube zu wissen was du mit dem Begriff"Wahrheit" meinst.(Hertha ist die beste Fußballmanschaft??). Aber dann begründe doch mal wie Du Deine Wahrheit messen willst?
>Dr. Quandt schreibt:"Die Börse summiert alle Tatsachen, Meinungen, Gerüchte, die es überhaupt zum Zeitpunkt X gibt. Insofern hat sie immer recht, weil es keinen gibt, der mehr wissen könnte als sie."
>In diesem Sinne hat er sicher recht. Dabei geht es ja um die Marktteilnehmer.
>Der Außenstehende kann denken was er will. Sobald er am Markt aktiv wird, bringt er seine Meinung ein und beeinflußt somit den Markt, in welche Richtung auch immer.
>Es geht ja nicht um die"moralische" Wahrheit. Ich kann Dich da gut verstehen.
>Ich kann mich auch selten davon lösen.
>Jetzt fragt sicher gleich einer nach der moralischen Wahrheit.
>Wenn Ben Johnson 1988 den 100 Meter Lauf gewonnen hat, war er schneller als Carl Lewis. Das er gedopt war, spielt dabei keine Rolle. Er lief nun mal als Erster durch die Ziellinie und damit war er der Schnellste.
>Übrigens, wer weiß denn so genau ob nicht"King Carl" auch nachgeholfen hat?
>Die Zahnspangen der erwachsenen amerikanischen Sprinter und Sprinterinnen haben mich immer sehr nachdenklich gestimmt.
>An der zweiten Aussage kann ich auch nichts"falsches" finden. Außer vielleicht die Sache mit"jeder zweite Marktteilnehmer". Das ist sachlich nicht ganz richtig, denn 10.000 Kleinanlegern (Falschlieger) kann ein Großinvestor (Richtiglieger) gegenüberstehen.
>Was ist Deiner Meinung nach der wahre Wert der Aktie?
>Die Preisbildung erfolgt nun mal an der Börse. Auch hier kann sich wieder jeder wünschen was er will. Ich glaube auch, daß diese oder jene Aktie über- oder unterbewertet ist, aber leider glauben das die anderen nicht.
>Wahrheit ist vielleicht nur in den Naturwissenschaften möglich.
>Aber da bin ich mir inzwischen auch nicht mehr so sicher.
>Deinem Beispiel mit Rothschild stimme ich jedoch voll zu.
>Falsche Adhoc-Meldungen oder Gerüchteküche (hier ist London besonders gut positioniert) spielen eine ganz wichtige Rolle. Und hier kann man die Erwartungen sehr maßgeblich beinflussen.
>Ganz wesentlich ist aber noch die Marktgröße. Mit ein paar Milliarden in der Hand kann sicher mehr bewegen als mit ein paar Tausender Scheinen.
>mfG
>nereus
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nereus
18.11.2000, 10:03
@ Georg
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Re: Zahnspangen.. erwachsene Sprinter *lach* |
Hallo Georg!
Ich schrieb:"Die Zahnspangen der erwachsenen amerikanischen Sprinter und Sprinterinnen haben mich immer sehr nachdenklich gestimmt."
Du antwortest:"Zahnspangen.. erwachsene Sprinter *lach*"
Dürfte ich um ein wenig Erläuterung bitten.
Hast Du Dich über die Zahnspangen auch gewundert und deshalb"lach"?
Oder lachst Du über einen anderen Zusammenhang.
mfG
nereus
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