Toby0909
18.03.2004, 08:17 |
für 100 k arbeitet heute kein Dr. Berufsanfänger mehr???? Thread gesperrt |
-->Morgen.
Mal was in"eigener Sache".
Meine Mutter ist Ärztin am Land und hat vor 30 Jahren mit meinem Vater zusammen ne Praxis aufgemacht.
Und jetzt will sie irgendwann mal aufhören zu arbeiten. Nur will niemand die Praxis weiterführen -"weil man als"Landarzt" so wenig verdient und so viel Arbeit hat."
Dabei setzt man sich doch in ein gemachtes Nest!
Praxis da, Patienten da, bekannt.
Was will man mehr?
Im letzten und vorletzten Jahr hat die Praxis noch 120 k Gewinn abgeworfen. Aber trotzdem will das keiner der"jungen Herren".
Ist das noch normal?
Armes Deutschland.
Vielleicht kennt von euch einer einen Arzt, der ne Praxis im schönen Niederbayern nahes des Bäderdreiecks übernehmen will?
Danke
Toby
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BillyGoatGruff
18.03.2004, 12:49
@ Toby0909
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Re: für 100 k arbeitet heute kein Dr. Berufsanfänger mehr???? |
-->>Praxis da, Patienten da, bekannt.
>Was will man mehr?
>Im letzten und vorletzten Jahr hat die Praxis noch 120 k Gewinn abgeworfen. Aber trotzdem will das keiner der"jungen Herren".
>Ist das noch normal?
Möglicherweise haben die jungen Herren und Damen keine Ahnung. Als ich vor einigen Jahren eine spezialärztliche Praxis auf dem Lande (in CH) eröffnete (allerdings nach 10 Jahren 3.Welt-Einsatz mit geringem Verdienst und ergo Eigenkapital) machte ich die ersten 5 Jahre Verlust, weitere 3 Jahre eine schwarze Null und erst danach Gewinn! Kreditzinsen waren allerdings so bei 9 %.
Zugeben muss ich, dass Praxen in der Stadt halt viel"bequemer" sind, wegen geregeltem Notfalldienst und das Freizeitangebot für die karge Freizeit grösser. Dafür ist auf dem Land die Bevölkerung weniger pinggelig und fordernd als in der Stadt und die Lebensqualität oft besser (fasst null Arbeitsweg), also man schont seine Nerven trotz etwas Mehrbeanspruchung. Dass Ärzte eben wegen der hohen Stressfaktoren im Beruf ungesund leben, eine überdurchschnittlich hohe vorzeitig Todesrate, z.B. auch durch Suizid, haben, darf man bei all dem Geschimpfe über die Ärzteschaft auch einmal laut sagen.
Wartet etwas, die rechte Person kommt schon noch. Gute Lösung ist oft eine stufenweise Übergabe, Besitzerin arbeitet zuerst Teilzeit mit, Goodwill-Zahlung wird je nach Praxiserfolg innerhalb der ersten Jahre nach oben oder unten angepasst, dabei aber inital tief angesetzt, um Bewerber nicht von vornherein abzuschrecken. Das ist nämlich bei Übernahme von Praxen ein grosses Handicap.
Gruss,
BillyGoat
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Herbi, dem Bremser
18.03.2004, 13:52
@ Toby0909
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Re: für 100 k arbeitet heute kein Dr. Berufsanfänger mehr???? |
-->Moin Toby0909,
ein guter Bekannter war"Allgemeinpraktizierender Landarzt" und hat seine Praxis in die nächstgrößere Stadt verlagert.
Die Gründe waren:
- Die Patienten sind mobiler und somit wählerischer geworden,
d. h. sie wechseln leichter den Arzt ihres Vertrauens.
Bezogen auf den Kundenstamm deiner Frau Mama bedeutet dies, dass der Herr Dr. Berufsanfänger sich erst einmal das Vertrauen jedes einzelnen Land-Patienten erarbeiten muß.
Dies ist in städtischen Regionen unpersönlicher: Als Patient kömmt man, geht oder bleibt, so findet jeder Patient die Ärzte seines Vertrauens.
- Der Landarzttag hat oft 25~26 Stunden. Und wehe, man ist bei der kleinsten Wehe nicht sofort zugegen - oft um 3:31.
- Urlaubsabwesenheit wird mit Abwandern der Kundschaft quittiert.
- Ziemlich bald bleibt so etwa die Hälfte der möglichen Kunden"treu", was einer Umsatzhalbierung gleich kömmt.
- Das viele Gequatsche, Große Beratung, sprengt den Rahmen der"pro Quartal zulässigen" Beratungen des Durchschnitts, was heißt, diese Redezeiten werden nicht entlohnt.
Gartenarbeit (am Wochenende) ist verpönt, weil man ja augenblicklich zu einem Notfall gerufen werden könnte und dann keine Zeit verlieren sollte mit dem Sauberkratzen von Fingernägeln -"aber Herr Doktor, wie sehen Sie denn aus".
Und'n Pülleken vom Roten zum Abend oder Wochenende kann man sich auch abschminken wegen der Fahne - und dem Allohol beim Fahren
Mit anderen Worten, in der Stadt da hat's eine Gemeinschaftspraxis, und wenn der eine nicht zugegen, dann hält der andere die Patienten bei Laune.
Gruß
Herbi
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