-->Interview mit Hedgefonds-Manager Florian Homm
Frage: Herr Homm, seit rund einem Jahr befinden sich die Börsen wieder in Aufwärtsstimmung. In den jüngsten Tagen endete die Rallye jedoch abrupt. Ist die Party schon vorbei oder befinden wir uns lediglich in einer krafttankenden Verschnaufpause?
Homm: Es gibt noch Leben an der Börse. Wir haben noch ein Potenzialvon zehn bis 15 Prozent nach oben in den wichtigsten Indizes. Dann sinkt das Chance/Risiko-Verhältnis jedoch. Ich wäre dann extrem vorsichtig. In der Leitbörse in Amerika sehen wir dann absolute Höchststände. Wir wären dann stark überteuert und befänden uns in einem Territorium, was vergleichbar ist mit dem März 2000. Ich zumindest sehe da keinen Spielraum mehr. Wir sehen jetzt schon massive Abverkäufe von Insidern. Zudem haben sich in Europa und in den USA schon viele Unternehmen von ihren fairen fundamentalen Bewertung deutlich entfernt. Außerdem, ich darf jetzt gar nicht so böse sein, sind alle Börsenbriefe hyperbullish. Das ist ein Kontra-Indikator. In verschiedenen Einzeltiteln sind durchaus noch 50 Prozent und mehr drin. Wir finden auch noch granatenmäßig interessante Firmen. Aber für den Gesamtmarkt bin ich nicht so bullish. Wir haben keine Impulse mehr von den Steuerentlastungen in den USA. Diese Wachstumskiste ist im zweiten Halbjahr weg. Hier müsste die Wirtschaft genug Eigendynamik haben, um weiterhin die Bewertung zu rechtfertigen. An dieser Stelle bin ich eher verhalten.
Frage: Sie managen drei verschiedene Hedgefonds. Zu welcher Art von Hedgefonds ordnen Sie sich ein und welche Strategien verfolgen Sie?
Homm: Wir haben drei Hedgefonds. Alle sind Long/Short ausgerichtet.Wir machen die ganze Klaviatur. Zum Beispiel Vorzüge und Stämme, Arbitrage, Sondersituationen, Übernahmen, Pleiten und Spiele innerhalb einer Branche, wo wir die eine Aktie stark unterbewertet finden und die andere fair bewertet. Als Beispiel, was wir lange gemacht haben: Short auf Banco Santander und Long auf Banco Bilbao Vizcaya.
Frage: Wie hoch ist Ihr verwaltetes Volumen derzeit? Wie waren die Zuwachsraten im vergangenen Jahr und welche Performance haben Sie in 2003 gezeigt?
Homm: In der Gruppe liegt das Volumen bei rund einer halben Milliarde Euro. Unsere Zuwachsraten waren mit ca. 200 Mio. Euro in 2003 sehr ordentlich. Die Performance für unsere Kunden in unserem Europafonds lag netto seit dem letzten März bei 60 Prozent gegenüber einem Minus von ca. 20 Prozent im EURO STOXX-Index. Unser ARE Fonds (Absolut Return Europe) war im ersten Jahr (2002) der beste Hedgefonds von 300. Mit 28,8 Prozent Plus gegenüber einem Verlust von rund 30 Prozent an den Börsen. In 2003 waren es 21,6 Prozent. Zudem gab es keinen Monat mit Verlust. Wir haben die Volatilität einer Art zehnjährigen Bundesanleihe mit einem 60-prozentigen verbundenen Return. Der zweite ist unser EC-Fonds (European Catalyst Fund) und ist ein bisschen aggressiver. Den Fonds gibt es erst seit fünf Monaten. Der liegt in der Zeit bei rund 25 Prozent Plus gegenüber ca. 14 Prozent in den Indizes. Unseren Dritten und kleinsten Fonds gibt es seit Anfang 2004 und ist ein Germany Fund. Bisher liegt das Kursplus bei 15 Prozent. Die Börsen haben in diesem Zeitraum eher verloren. Alle drei Fonds laufen also extrem gut.
Frage: In Deutschland sind nunmehr auch Hedge-Fonds für Privatanleger zugelassen. Diverse Institute wittern schon jetzt ein großes Geschäft. Haben Sie in Deutschland was spezielles vor oder waren Sie bereits bei Dachfonds-Managern vorstellig?
Homm: Nein, wir haben keine Marketing Abteilung und haben noch nie Werbung gemacht. Die Kunden sind zum Teil mit mir sehr langfristig engagiert. Bei uns kommt das Geld rein, weil wir eine gute Performance haben. Wir überlegen uns aber, ob es nicht Sinn ergibt, mit smarten Dachfonds-Strukturen was zu machen. Uns liegen ein paar Anfragen vor. Schließlich bin ich einer der wenigen Hedgefonds-Manager und vielleicht sogar der erfolgreichste, deutsche Hedge-Fonds Manager. Vielleicht ist es sinnvoll was in Deutschland zu machen. Über Details kann ich aber noch nicht sprechen.
Frage: Kennen Sie Dr. Jan Viebig? Er ist der neue Hedgefonds-Experte der Deutschen Bank Fonds-Tocher und steht nun für absolute Erträge made by DWS. Fürchten Sie die Marktmacht und das Wissen von Dr. Viebig?
Homm: Vom Namen her habe ich ein bisschen was dazu gelesen. Ich wünsche der Deutschen Bank mit dem Herrn Viebig und seinen Bemühungen extrem viel Erfolg. Es hat sich aber statistisch ergeben, dass alle Großbanken, die sich direkt, also mit eigenen Managern und Portfolios in diesem Bereich tummeln, eher versagen. Das Hedge-Fonds Geschäft ist ein extremes Spezialistengeschäft. Es gibt kaum Großkonzerne, die das bewältigen können. Die Marktführer in dem Bereich sind fast alle ausschließlich Spezialisten. Von 100 Fondsmanagern schaffen nur 15 den Index. Von diesen 15 sind eventuell zwei als Hedgefonds-Manager geeignet. Bei den Nostro-Händlern machen vielleicht 20 von 100 sehr gute Gewinne. Nehmen Sie von denen vielleicht acht. Die Chance, dass Sie einen guten Hedgefonds-Manager produzieren liegt bei ca. 5 Prozent. Das Hedgefonds-Geschäft ist total anders als das
ormale Geschäft und auch viel komplexer und schwieriger. Wir arbeiten in der Kaiserdisziplin des Asset-Managements und sie ist wirklich saumäßig schwer. Sie müssen mit beiden Hirnhälften arbeiten und müssen ständig auch schlechte Sachen finden. Die Konkurrenz ist ebenfalls knallhart. Kurz: Ein toughes Geschäft und eine Monsteraufgabe für die Deutsche Bank. Ich bin ja einer der Pioniere des europäischen Hedgefonds-Geschäfts. Begonnen habe ich damit in 1993 und habe in 1995 mein Lehrgeld bezahlt. Und für einen ganz normalen Fondsmanager ist ein Hedgefonds ein Alptraum. Zusätzlich benötigen Sie ein sehr hungriges Team. Aber wie gesagt, ich wünsche Herrn Viebig alles Gute. Die Chancen erfolgreich zu sein, liegen aber nur bei 5 Prozent.
Frage: In Deutschland sind Sie vor allem als Shortseller oder Plattmacher, Kurskiller oder Der Zerleger von Mallorca bekannt. Können Sie sich mit diesen Bezeichnungen anfreunden?
Homm: Ach, ich bin schon so viele Sachen genannt worden. Es ist okay und ist ja auch irgendwo sportlich. Man soll sich auch nicht so ernst nehmen. Wenn ich mir meinen psychologischen Körperbau anschaue, dann sehe ich da noch viele Kampfnarben. Für die Presse ist das natürlich spannender als Fresenius bei 20 Euro zu kaufen oder zu empfehlen. Wir haben zum Beispiel bei INDUS 6 Prozent gekauft. Das Unternehmen hat das niedrigste KGV in Deutschland und die höchste Dividendenrendite. Für viele ist INDUS nicht spannend. Nach meiner Einschätzung kann die Firma in 2004 ihren Ertrag fast verdoppeln. Bei pgam haben wir 10 Prozent des Unternehmens gekauft. Wir haben bei Teleplan ebenfalls ca. 10 Prozent des Unternehmens gekauft. Diese Meldungen sind für das Gros der Presse wahrscheinlich nicht sonderlich spannend. Spannender ist es für die Leute sicherlich, wenn MLP oder eine WCM sich um 90 Prozent im Kurs reduziert. Aber wir müssen nun mal auf beiden Seiten Geld verdienen. Das haben wir in 2002, 2003 und auch dieses Jahr schon bewiesen. Mir ist es eigentlich auch egal, ob der Markt steigt oder fällt. Wir brauchen lediglich knackige Ideen. Kauf oder Leerverkauf.
Frage: Sie haben MLP vor kurzem 34 Fragen zugesendet. Wurden diese Fragen zufriedenstellend beantwortet und muss das Unternehmen erneut vor Ihren Attacken zittern?
Homm: Leider wurde nur die Hälfte beantwortet. Das vor kurzem veröffentlichte Zahlenwerk war etwas schwächlich. Das vierte Quartal war sogar äußerst schlapp, was das organische Wachstum angeht, wenn man die Sondereffekte mal raus rechnet. Überhaupt kamen die Zahlen zum größten Teil aus Sondererträgen. Vom Stuhl gehauen haben mich die Zahlen jedenfalls nicht. Die Aktie ist auch von 21 in kurzer Zeit auf unter 15 Euro gefallen. Es gibt eben sehr viel Skepsis und Ermittlungen des Staatsanwaltes. Die Fragen waren mittelprächtig beantwortet. Aber man bemüht sich immerhin mit mir einen Dialog zu finden - und das nicht nur über das BaFin. Lächerlich übrigens, dass eine Firma gleich zum BaFin rennt: Mir hat einer 34 Fragen gestellt, helft mir! So peinlich kann es kommen. Andererseits habe ich denHörer in die Hand genommen und gesagt: Jungs, wenn ihr wollt könnt ihr vorbeikommen und mir erklären, warum Euer Unternehmen bei zehnmal Buchwert und fünfmal Prämien-Einnahmen ein besonders guter Kauf sein soll. Es gibt einen Kurs, wo man die Aktie massiv shorten muss und irgendwo auch ein Niveau, wo man sie kaufen kann. Zittern muss vor mir gar keiner. Auch MLP nicht. Wir haben doch Unternehmen, die wir super finden. Und wenn die Leute Angst haben, dann haben sie vermutlich nicht ausreichend Selbstvertrauen oder haben wirklich Dreck am Stecken.
Frage: In der jüngsten Zeit haben Sie Positionen in COMTRADE aufgebaut. Erwarten Sie eine ähnlich erfolgreiche Entwicklung wie bei Matchnet, die Sie bereits zu Kursen von 1,50 Euro als einer der ersten Institutionellen gekauft haben?
Homm: COMTRADE ist für mich ein massiver Turnaround. Wir haben einen Anteil von 29,5 Prozent an der Firma gekauft. Ich glaube nicht, dass wir wie bei MatchNet einen Versechsfacher sehen. Einen Verdreifacher halte ich für möglich. Das Unternehmen kann in 2004 um die 30 Cent verdienen. 2005 eventuell eine Verdopplung auf circa 60 Cent. Die Belegschaft wurde grob halbiert, der alte Vorstand wurde aussortiert, weil dort nicht alles geordnet oder gut strukturiert geführt worden ist. Der Free-Float hat sich erhöht, die Aktie hat mittlerweile für einen SmallCap eine gute Liquidität. Die ganzen Vergleichsunternehmen, wie zum Beispiel GRENKELEASING, auch ein sehr gutes Unternehmen, sind drei mal höher bewertet. Ich sehe bei COMTRADE, dass sie auch Großaufträge bekommen. Manchmal fühlt man sich auf weiter Flur alleine. Das war bei MatchNet so. Bei COMTRADE ist es ähnlich oder auch bei pgam. Wir graben gerne kleine Juwelen aus. Manchmal auch größere. Wie zum Beispiel INDUS.
Frage: Welche Werte zählen auf der Long- und auf der Short-Seiteaktuell zu Ihren Favoriten?
Homm: Auf der Short-Seite muss ich vorsichtig sein. Sonst krieg ich gleich einen Klagebrief von irgendwelchen Firmen, die mir schon drohen, bevor ich den Namen überhaupt in den Mund genommen habe. Außerdem möchten wir nicht erzählen, dass wir short gehen, wenn die Position noch nicht komplett abgeschlossen ist. Wir sind auf jeden Fall an zwei signifikanten Short-Ideen dran. Warten Sie ab. Sie brauchen schließlich für das nächste Interview Stoff. Bis dahin halte ich mich zurück.
Long gefällt mir pgam sehr gut. Das KGV liegt bei 3,8 für 2005 beiWachstumsraten von 30 Prozent. Zudem ist die Firma ein Übernahmekandidat. pgam ist zwar ein Autozulieferer. Aber sie machen 80 Prozent ihrer Gewinne mit der Ausrüstung von Panzerfahrzeugen und Personenkraftwagen.
Sehr gut gefällt mir auch MWG Biotech. Aber leider versteht die Unternehmensführung sehr wenig vom Kapitalmarkt. Operativ hat das Management den Laden gut saniert. Weniger positiv ist, dass der Vorstand keine Aktien des Unternehmens hält. Wahrscheinlich sitzt die Firma aber auf einer Goldmine. Nehmen Sie zum Beispiel Illumina aus den USA. Die werden mit dem sechsfachen Buchwert und dem zehnfachen Umsatz bewertet. Und unsere traurige MWG Biotech, wo das Management sehr stolz darauf ist, dass sich die Aktie jetzt endlich erholt hat, wird gerade mal mit dem 1,4-fachen Buchwert und knapp 1,5-fachen Umsatz bewertet. Da ist derartig viel Musik drin. Und es gibt Gerüchte, dass hier extrem hohes Auftragspotenzial besteht. Ich denke, da ist auch was dran. Mir gefällt das konservative Vorgehen des Managements bezüglich der Zahlen. Nur das Verständnis für den Kapitalmarkt ist nicht ausgreift.
Frage: Wie viel Geld muss ein Anleger mitbringen, um in Ihre Fonds investieren zu können?
Homm: Die Deutschen dürfen ja leider nur in Hedgefonds investieren,die im Dachfonds-Format sind. Im Ausland lebende Menschen können ab einem Betrag von 100.000 Euro bei uns investieren.
Frage: Was treibt den Mensch Florian Homm an, der sich nach 20 Jahren Börse eigentlich nichts mehr beweisen müsste, immer noch täglich wie ein Hamster im Laufrad der Kapitalmärkte zu sprinten?
Homm: Das ist wirklich eine nette Frage. Ich habe 14 große Auszeichnungen gewonnen. Von bester US-Manager, bester Europa-Manager, bester Mischfonds-Manager bis zu bester Hedgefonds-Manager. Was mich wirklich bewegt ist, dass dieser Antritt jeden Morgen einen wach hält. Wenn man ein bisschen Anspruch darauf legt, dass man noch fit ist, sollte man dies nicht nur mit dem Körper, sondern auch mit den Gehirnzellen so halten. Man stellt sich besonders der Konkurrenz und man lebt dadurch intensiver. Aber ich selbst mache nicht mehr so viele Firmen wie früher, da ich noch eine Familie habe.
Herr Homm, wir bedanken uns für das ausführliche Gespräch und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.
Quelle: TradeCentre Börsenbrief
Florian Homm machte seinen MBA an der Harvard University und gründetebereits mit 18 Jahren seine erste Investment-Company. Nach seinem Abschluss an der Harvard Business School trat er als Analyst Fidelity bei. Nach Zwischenstation bei Julius Bär wurde er 1992 Managing Partner der Tweedy Brown Europe GmbH. Gegen Ende 1993 gründete Homm die Value Management & Research AG, die 1998 an der FSE gelistet wurde und im Jahr 2000 eine Marktkapitalisierung von fast 500 Mio. Euro aufwies. Der mit mehreren Investment Awards ausgezeichnete Homm ist u.a. auch im Who is who in Europa aufgeführt. 2001 gründete er zusammen mit Ulrich Angersbach die FM Fund Management Limited.
|