-->...Elliottwellen.
Der Börsenausblick verheißt nichts gutes - Gastkommentar von Michael Margules
Ein Krieg gegen den Irak scheint zwar nur noch wenige Tage entfernt. Doch die Anleger fragen sich schon jetzt, ob sie zumindest an den Märkten das Schlimmste hinter sich haben, insbesondere nach dem Befreiungsschlag der vergangenen Woche. So lautet natürlich momentan - wieder einmal - die unter Börsianern häufigste und spannendste Frage. Nach den in der zweiten Wochenhälfte verbuchten fulminanten Kursgewinnen meldeten sich jedenfalls bereits wieder etliche Beobachter zu Wort, die auf bessere Zeiten setzen.
Hoffnungen wie diese sind nach drei Jahren Bärenmarkt nur zu verständlich. Ob sie allerdings auch der Realität entsprechen, ist fraglich. Aktuell sollte hinter den Gewinnen vom vergangenen Donnerstag und Freitag noch nicht mehr gesehen werden als eine normale technische Erholung auf die zuvor gesehenen schweren Verluste. Apropos Technik respektive technische Aktienanalyse: gemäß der nicht ganz unbekannten Elliott Wave-Theorie sind die langfristigen Abwärtstrends nicht nur unverändert intakt, sondern auch der Ausblick verheißt nichts Gutes.
Elliott-Wellen gewinnen an Bedeutung
Vom Grundrezept abweichend, haben viele „Techniker“ unter den Finanzanalysten den Ehrgeiz, Trendwenden vorherzusagen. Die Wahrscheinlichkeit für Wenden erhöht sich aus technischer Sicht, wenn Kurse sich sogenannten Unterstützungen nähern. Da die Prognose von Trendwenden mit Unterstützungen immer schwieriger wird, erhält ein Werkzeug der Technischen Analyse immer größere Bedeutung: die Theorie der Elliott-Wellen und die Berechnung von Wendepunkten mit Hilfe sogenannter Fibonacci-Retracements (Siehe Elliott Wave und der Goldene Schnitt).
Ein Experte auf diesem Gebiet ist der in Deutschland ansässige Heribert Müller. Der ehemalige Geschäftsführer bei der damaligen Salomon Brothers Kapitalanlagegesellschaft hat die Kursentwicklung des deutschen Aktienmarktes zurückgerechnet bis zum Jahr 1850. Bekanntlich existiert der Dax erst seit 1988, für die vorangehenden Jahre mußte sich Müller mit Vorgängerindizes und Daten des Statistischen Bundesamtes behelfen, was die Genauigkeit und Aussagekraft der nebenstehenden Graphik einschränkt. Dennoch glaubt Müller das Gesetz der Elliott-Wellen bestätigt zu sehen und genaue Prognosen ableiten zu können.
Drei Hauptszenarien
Der seit März 2000 laufende Abwärtstrend endet im Jahr 2018. Bis dahin stürzt der Dax auf 1.806, möglicherweise sogar bis auf 1.026 Punkte. Von 1922 bis 2000 war ein nach der Elliott-Theorie kompletter Aufwärtstrend, der jetzt korrigiert wird. Das prognostizierte zeitliche Ausmaß des Abwärtstrends von 18 Jahren ergibt sich, indem 78 Jahre mit dem Fibonacci-Retracement von 23,6 Prozent multipliziert werden. Das erste Kursziel (Unterstützung) von 2.921 Punkten (61,8-Prozent-Retracement auf den 78 Jahre langen Aufwärtstrend nach Fibonacci) hat der Dax schon durchstoßen. Nächstes Ziel (für die immer noch laufende erste Korrekturwelle (A) ist 1.806 Punkte (76,4-Prozent-Retracement).
Ab 2005 kommt es zu einer Erholung im Abwärtstrend (B-Welle). Müller macht die zeitliche Prognose an den Fibonacci-Zahlen 55 (im Oktober 2004 sind so viele Monate seit März 2000 vergangen) und 5 (im ersten Quartal 2005 jährt sich die Baisse) fest. Die Aufwärtsbewegung könnte den Dax im optimistischen Falle bis auf rund 5.400 Punkte führen (für Technik-Freaks und/oder -profis: den Abstand zwischen März 2000-Hoch und erstem Kursziel multipliziert mit 0,618 und dem ersten Kursziel von 1.800 Punkten hinzuaddiert).
Auf diese Erholung folgt eine letzte Abwärtswelle (C), die im Jahr 2018 endet. Sollte das erste Kursziel von 1.806 im Zuge dieser dritten Abwärtswelle durchstoßen werden (das Durchstoßen dieses Niveaus könnte auch schon in der A-Welle passieren, allerdings misst Müller diesem Risiko eine geringe Wahrscheinlichkeit bei), sagt Müller für den Dax einen Sturz bis auf 1.026 Punkte voraus. Mit Gewichtung vom Februar 2003 ergibt sich dieses Dax-Niveau, wenn alle Aktien des Dax 89 (Fibonacci-Zahl) Prozent ihres historischen Höchststandes verlieren, wie es bereits einige Werte vollzogen haben.
Kann die Baisse bis 2018 andauern?
Die Entscheidung im Irak-Konflikt rückt damit immer näher. Sollte den auf die kriegerische Auseinandersetzung drängenden Amerikanern dabei ein schneller Sieg gelingen, wäre zwar eine erneute Erleichterungsrally denkbar. Doch ein vollständiges und rasantes Umschalten der Börseampeln auf „Grün“ dürfte deswegen aber noch lange nicht angezeigt sein. Dafür sind die konjunkturellen Risiken und die strukturellen Ungleichgewichte einfach immer noch zu groß, ganz abgesehen von einer nach wie vor zu hoch bewerteten Wall Street, nebst den bedenklich anwachsenden Budgetdefiziten der USA mit der daraus resultierenden Dollar-Abschwächung. Gleichzeitig ist es natürlich so, daß beispielsweise der Dax Anfang letzter Woche mit einem zwischenzeitlichen Minus von über 73 Prozent gemessen an seinen alten Rekordständen schon stärker gefallen war als zu Zeiten der Großen Depression 1929. Alleine dieser Vergleich zeigt, dass Finanzmärkte ebenso nach unten wie nach oben zu Übertreibungen neigen.
Das Hauptaugenmerk sollte aktuell aber auf der Frage liegen, woher die (Aktien)Käufer kommen sollen, die eine längerfristige Aufwärtsbewegung tragen. Denn wohl kaum in den letzten Jahrzehnten ist dem Börsengeschehen derart wenig Beachtung geschenkt worden, offensichtlich verdrängt vom Verdrängen der Gedanken an die erlittenen Verluste. Und wenn der Glaube an ein Produkt weg ist, erfordert es zumeist sehr viel Zeit und jahrelange Überzeugungsarbeit, bis der Schaden behoben und das Vertrauen wieder hergestellt ist. So gesehen erscheint die im historischen Kontext als geringfügig einzustufende Baisse-Periode bis 2018 gar nicht mehr so ganz weit weg....
[b]Paßt ja auch zu Kontratieff.
<ul> ~ Hier steht's</ul>
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