-->UND SO SEH' ICH ES
Zeig mir deine Patientenkarte, und ich sage dir, wie krank du bist!
Wir leben im elektronischen Zeitalter, daher haben wir unsere Brieftaschen und Geldbörsen voller Plastikkarten. Von der Kreditkarte bis zur Rabattkarte ist alles vorhanden, auch eine Krankenkassenchipkarte ist dabei. Eine Karte Marke Ulla Schmidt fehlte uns ja allen! Jetzt soll dieses Manko bald behoben werden. In etwa anderthalb Jahren sollen wir fast alle eine elektronische Gesundheitskarte besitzen.
Die neue Karte soll ein echtes Wunderding sein und seinen Inhaber, den behandelnden Doktores, gläsern präsentieren. Selbstverständlich nur hinsichtlich seiner Gesundheit. Also nichts über seinen zivilen Stand und seine Beziehung zum Finanzamt sowie andere Details aussagen, die amtliche und nichtamtliche Stellen interessieren könnten.
Der Zugang zur Karte soll auch nur denen, die mit der ärztlichen Behandlung zu tun haben, gestattet sein. Sämtliche Daten, Befunde, Diagnosen und Behandlungen sollen in der Karte elektronisch vermerkt werden - aber nur, wenn der Patient einwilligt."Zeig mir deine Patientenkarte, und ich sage dir, wie krank du bist …"
Ein gutes Geschäft soll diese Karte werden. So gut, daß der IT-Riese IBM bereit ist, es vorzufinanzieren, wobei es sich lediglich um schlappe anderthalb bis zwei Milliarden Euro handelt. Für den US-amerikanischen Maschinen-Mogul ein Pappenstiel. IBM selbst bezeichnet die Umstellung auf die elektronische Abwicklung der Gesundheitsversorgung als das größte EDV-Projekt europaweit.
Unsere Gesundheitsministerin ist voller Enthusiasmus. Sie ist überzeugt, daß man in der gesetzlichen Krankenversicherung jährlich eine Milliarde Euro sparen könnte. Das wäre nicht schlecht und hätte die Beiträge bestimmt für eine gewisse Zeit stabil gehalten.
Auch eine der Firmen, die die Karten produzieren könnten, Giesecke & Devrient, ist voller Optimismus und Zuversicht. Auch für sie könnte es ein gutes Geschäft werden, erfolgsgewohnt, wie sie ist, druckt sie doch auch unsere Euro-Banknoten.
Ulla Schmidt zeigt sich eifrig bei der Sache. Auf der CeBIT schwor sie darauf, daß die Karte 2006 in Umlauf kommt. Da aber sind die Kassen und Ärzte mehr als skeptisch. Gerade, weil das Vorhaben so riesig ist, haben sie Angst vor einem Chaos. Die ständige Konferenz der Geschäftsführer der BÄK warnte schon vor zwei Monaten vor einem gewaltigen Tohuwabohu bei der Einführung der Karte.
Die Vorsitzende des Verbands der Angestelltenersatzkassen, Doris Pfeiffer, sagte noch im Februar, daß der in der Gesundheitsreform festgelegte Termin 1. Januar 2006 unrealistisch sei. Der gleichen Meinung ist auch DAK-Chef Herbert Rebscher. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt ermahnt die Krankenkassen, alles zu tun, um den Termin einzuhalten.
Man sagt, daß die Datenschützer noch nicht das letzte Wort zu der Karte gesprochen hätten. Vor allem aber bestehen noch Unstimmigkeiten, wer alles zu diesen Daten Zugang haben soll. Ärzte, Gesundheitsämter, Krankenkassen, Apotheken - vielleicht auch noch Sozialämter und Versorgungsämter sowie andere Versicherungsträger; die Liste könnte noch beliebig verlängert werden, der"Große Bruder" hätte seine Freude…
Ulla Schmidt ist optimistisch, andere weniger. Manche glauben sogar, daß hier ein gleiches Malheur passieren könnte wie bei der Lkw-Maut. Was das ganze noch interessanter machen könnte. Ein Wettbewerb zwischen Ulla Schmidt und Manfred Stolpe: Wer ist schneller, wer ist besser? Wetten könnten bald angenommen werden - meint
Ihr Ironius [img][/img]
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