-->Text und Bildmaterial mit freundlicher Genehmigung der ödp ;-) Schön dass da mal eine Partei nicht gleich ins Fegefeuer der Eitelkeiten fällt...
Aus der Präambel der Verfassung:
<font color=blue>"Die Verfassung, die wir haben... heißt Demokratie, weil der Staat nicht auf wenige Bürger, sondern auf die Mehrheit ausgerichtet ist." - Thukydides, II, 37</font>
Vergl. hierzu: SF-39667
<h3>EU-Verfassung entscheidet über die Zukunft der Demokratie</h3>
von Prof. Dr. Klaus Buchner
Elementare demokratische Grundsätze werden aufgegeben
Seit Jahren wird eine Verfassung für die EU gefordert. Jetzt liegt endlich ein Entwurf dafür vor. Er ist nur deshalb noch nicht in Kraft getreten, weil es zwischen Polen und Deutschland Streitigkeiten um die Verteilung der Stimmrechte gab. Der Entwurf selbst soll jedoch nicht mehr geändert werden.
Falls diese Verfassung in Kraft tritt, wird sie in vielfacher Weise unser Leben beeinflussen. Gleich in den ersten Sätzen wird klar, dass wichtige demokratische Grundsätze außer Kraft gesetzt werden. Denn der Entwurf bekennt sich zwar zu den Menschenrechten und Grundfreiheiten (Art. I-7), jedoch nicht zu den demokratischen Grundrechten. Interessant ist, was unter den „Grundfreiheiten“ verstanden wird. Art. I-4 definiert sie als „der freie Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapital-verkehr sowie die Niederlassungsfreiheit“.
Das sind neo-liberale Wirtschaftsregeln für die Globalisierung, aber keine Freiheiten im Sinn der Menschenrechte.
Ein Satz der Art: „Alle Gewalt geht vom Volk aus“ fehlt und wäre auch mit den Bestimmungen dieser Verfassung unvereinbar. Das wird deutlich, wenn man die Strukturen der EU (PDF/ 9 Seiten) betrachtet, die der Verfassungsentwurf beibehalten will:
~ Das EU-Parlament, das von den EU-Bürgern gewählt wird.
~ Der EU-Rat, der aus seinem Präsidenten, den Regierungschefs der Mitgliedsstaaten und dem Präsidenten der EU-Kommission besteht. Der Rats-Präsident wird nicht von den EU-Bürgern, sondern von den Mitgliedern des EU-Rats für jeweils zweieinhalb Jahre gewählt.
~ Der Ministerrat. Jeder Mitgliedsstaat entsendet je einen Minister für jedes Fachge-biet des Ministerrats.
~ Die EU-Kommission, deren Mitglieder von den Regierungen der EU-Staaten aus-gehandelt werden. Ihr Präsident wird vom EU-Rat vorgeschlagen und vom EU-Parlament bestätigt.
~ Der EU-Außenminister der Union. Er wird vom EU-Rat ernannt und vom Präsidenten der Kommission bestätigt.
1. Die Verwaltung ist im wesentlichen Aufgabe der Kommission. Die politischen Grundsätze werden im Europäischen Rat festgelegt. Das EU-Parlament hat nur wenige Kompetenzen: Gesetzesentwürfe können nur auf Vorschlag der Kommission eingebracht werden. Diese Gesetze und der Haushalt können vom EU-Parlament nur gemeinsam mit dem Ministerrat beschlossen werden. Sonst darf das EU-Parlament nur noch Misstrauensanträge gegen die gesamte Kommission einbringen und die Kommission beraten. Die für Demokratien so wesentliche Gewaltenteilung zwischen Gesetzgebung und Politik / Verwaltung fehlt völlig. Die Kommission, die die Gesetze formuliert und die Verwaltung durchführt, wird nicht einmal gewählt, und steht unter dem direkten Einfluss der Wirtschaft. Denn deren Vertreter haben ständigen Zugang zu allen Bereichen der Kommission.
2. Da das EU-Parlament als einzig direkt gewählte Institution sehr wenig Befugnisse hat, schafft die EU-Verfassung einen zentralistischen Staat von entmündigten Bürgern. Es entsteht der Eindruck, dass es nicht um Demokratie geht, sondern um eine problemlose zentrale Verwaltung.
Ein Beispiel:
Die Grenzwerte für die Mobilfunkstrahlung sollten für Europa einheitlich festgelegt werden. Dazu berief das EU-Parlament eine Gruppe von Wissenschaft-lern, die den sehr niedrigen Wert von 0, 000 1 W/m2 vorschlugen. Da aber das EU-Parlament keine Gesetzentwürfe machen darf, konnte es diesen Vorschlag nicht weiter verfolgen. Die Kommission, die unter dem Einfluss der Industrie steht, wollte dagegen die 50 000 bis 100 000 mal höheren deutschen Grenzwerte festlegen. Sofern die Kommission hierzu kein Gesetz, sondern nur eine Verordnung erlässt, kann sie das jederzeit gegen den Willen des Parlaments tun.
3. Unionsrecht bricht grundsätzlich das Recht der Mitgliedsstaaten (Art. I-10) und setzt sogar Teile von deren Verfassungen außer Kraft. Ein Beispiel dafür ist die Verteidigungspolitik: Art. I-40 (3) verpflichtet zur Aufrüstung: „Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern.“ Diese werden zur „Friedenssicherung, Konfliktverhütung und Stärkung der internationalen Sicherheit gemäß den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen“ eingesetzt. Das bedeutet z.B. auch Bundeswehreinsätze zur Terrorismus-Bekämpfung außerhalb Europas im Interesse von Drittstaaten (siehe Irakkrieg) und zur „Krisenbewältigung“ überall in der Welt (beides in Art. III-210) und steht im klaren Widerspruch zum Deutschen Grundgesetz, das praktisch nur reine Verteidigungskriege zulässt (Art. 87a des Grundgesetzes) und Angriffskriege unter Strafe stellt (Art. 26, Abs.1). Bei der Entscheidung über Krieg und Frieden haben weder der Deutsche Bundestag, noch das Europäische Parlament ein Mitspracherecht. Sie wird allein vom Europäischen Ministerrat gefällt; der allerdings in einigen Fällen einstimmig beschließen muss (Art. I-40 (4) und I-39 (7)).
4. Da die Zuständigkeit der Union nicht genau eingeschränkt wird (Art. I-9), greift sie in immer mehr Bereiche ein. So bleiben den nationalen Parlamenten immer weniger Kompetenzen. (Verletzung des Subsidiaritätsprinzips „So viel lokal wie möglich, soviel überregional wie nötig“)
Ein harmloses Beispiel:
Form und Größe der importierten Bananen gehören sicher nicht zu den „ausschließlichen Zuständigkeiten“ der Union (nach Art. I-12). Wenn aber ein EU-Kommissar beschließt, die Eigenschaften von Bananen müssen im Rahmen der „gemeinsamen Handelspolitik“ (Art. I-12 (1)) für die ganze EU einheitlich festgelegt werden, so kann er das tun. Weniger harmlos ist es, wenn die EU wichtige Befugnisse von Regierungen den privaten Konzernen übergibt. Wie das geschehen kann, zeigen die folgenden beiden Punkte:
5. Der EU-Verfassungsentwurf sieht vor, dass internationale Verträge ohne Zustimmung der Mitgliedsstaaten geschlossen werden (Art. I-12 (2)). Dies geschieht auch ohne Zustimmung des EU-Parlaments, aber im direkten Einflussbereich von Wirtschaftsverbänden (z.B. „European Services Forum“). In nächster Zeit betrifft dies beispielsweise den sog. GATS-Vertrag, der u.a. die Ã-ffnung von Bildungseinrichtungen für Privatfirmen festschreibt.
Damit private Anbieter gleiche Chancen haben, dürfen Universitäten nicht mehr bezuschusst werden. Als Folge davon müssen dann Studiengebühren, eventuell auch Schulgeld erhoben werden. Volkshochschulen sind in der bisherigen Form nicht mehr möglich. Zuschüsse zu Krankenhäusern, eine öffentliche Wasserversorgung und Müllabfuhr stehen auf dem Prüfstand, ebenso wie der Ã-ffentliche Nahverkehr.
6. Der Einfluss der Politik wird gegenüber der Wirtschaft stark eingeschränkt: Sozial- und Umweltstandards, Gesundheits- und Verbraucherschutz werden geopfert: Der GATS-Vertrag, der von der EU ins Auge gefasst wird, sieht vor, „keine unnötigen Hemmnisse“ gegen den freien Warenverkehr aufzubauen. Im Vertrag ist ein „Notwendigkeitstest“ für nationale Gesetze enthalten (Art. XIV, XX). Er besagt, dass bei bestimmten Dienstleistungen weder die „Kernarbeitsnormen“ der internationalen Arbeiterorganisation ILO, noch Einhaltung von Tarif- und Gewerkschaftsverträgen gefordert werden dürfen. Selbstverständlich werden auch Gesetze zum Umwelt- und Verbraucherschutz aufgehoben, soweit sie den Interessen der betroffenen Firmen im Weg stehen.
Die Folgen derartiger Verträge bekommen wir jetzt zu spüren: Die EU, insbesondere die deutsche Ministerin Künast ist vor den USA eingeknickt und lassen den Import genmanipulierter Nahrungsmittel zu. Bisher mussten derartige Verträgen jedoch im Ministerrat von den zuständigen Ministern der Mitgliedsstaaten beschlossen werden. Nach dem Verfassungsentwurf ist das in Zukunft nicht mehr nötig. Die Kommission, die keinerlei demokratische Legitimation hat, bestimmt darüber allein.
7. Die Soziale Marktwirtschaft wird praktisch abgeschafft. Art. I-3 (3) enthält zwar noch die Formulierung „wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft“. Aber in der konkreten Ausgestaltung in Abschnitt III ist das Wort „soziale“ nicht mehr enthalten. Schlimmer noch: In Art. III-69 (1) heißt es: „Die Tätigkeit der Mitgliedsstaaten und der Union im Sinne des Artikels I-3 umfasst nach Maßgabe der Verfassung die Einführung einer Wirtschaftspolitik, die... dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet ist.“ Kein Wort von ökologischer oder sozialer Marktwirtschaft! Was das praktisch bedeutet, wurde oben in 6. an einem Beispiel gezeigt.
Ein weiteres Beispiel:
8. In umständlicher Sprache legt Art. III.55 (1) etwas Ungeheueres fest: „Die Mitgliedsstaaten werden in Bezug auf öffentliche Unternehmen und auf Unternehmen, denen sie besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, keine den Bestimmungen der Verfassung und insbesondere deren Artikel I-4.Absatz 2 und den Artikeln III-55 bis III-58 widersprechende Maß-nahmen treffen oder beibehalten.“ Diese Maßnahmen sind nach III-56 „Beihilfen der Mitgliedsstaaten oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen...“) Das ist ein Anschlag auf die öffentliche Daseinsvorsorge z.B. durch staatliche Schulen, Universitäten, Rundfunk- und Fernsehsender usw., sobald andere „Unternehmen“ als Konkurrenten auftreten, z.B. Schulen ausländischer Bildungskonzerne oder Islamschulen fundamentalistischer Muslims. Dieses Beispiel ist nicht aus der Luft gegriffen. Bei den GATS - Verhandlungen steht unser Schulsystem tatsächlich zur Disposition, d.h. die Bezahlung von Schulen durch den Staat kann verboten werden, wenn andere Schulen als benachteiligte Konkurrenten dagegen klagen. (Bisher bekommen Privatschulen hohe Zuschüsse, falls sie die Lehrpläne und bestimmte Mindeststandards erfüllen. Nach der Verfassung darf - wenn ein Konkurrent auftritt - kein Schulsystem staatliche Gelder bekommen. Dann muss selbst in Grundschulen Alles von den Eltern bezahlt werden.)
9. Der 1957 abgeschlossene Euratomvertrag gilt weiter und wird sogar im EU-Verfassungsentwurf ausdrücklich bestätigt (Protokoll zur Änderung des Euratom-Vertrags in Abschnitt IV). Dort heißt es: „... Unter Hinweis darauf, dass die Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft weiterhin volle rechtliche Wirkung entfalten müssen,...“ Das bedeutet, dass sogar Länder, die dem Euratomvertrag nicht beigetreten sind und selbst keine Atomkraftwerke betreiben (z.B. Ã-sterreich), auch in Zukunft über ihre EU-Beiträge AKWs in Osteuropa subventionieren müssen.
Aus diesen Gründen lehnt die ödp den vorliegenden Verfassungsentwurf ab. Sie fordert, dass eine so weitreichende Einschränkung demokratischer Rechte nur nach einer Volksabstimmung erfolgen darf. 92,4% der Deutschen sprechen sich für diese Volksabstimmung aus. Aber 90% der Bundestagsabgeordneten sind dagegen. Denn bei einer Volksabstimmung nach einer fairen Information der Bevölkerung hätte diese Verfassung kaum eine Chance.
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Prof. Dr. Klaus Buchner ist Bundesvorsitzender der ödp und Spitzenkandidat für die Europawahl am 13. Juni 2004
Bisher berichtet die Presse über diese Missstände kaum. lediglich die Friedenswerkstatt Linz" und die Informationsstelle Militarisierung sind Ausnahmen in der deutschsprachigen Presselandschaft.
Am 13. Juni ist Europawahl. Nicht wählen zu gehen ist eine Sache. Einer kleinen Partei, wie z.B. den Unabhänigen Kandidaten oder der ödp die Stimme zu geben ist auch eine Möglichkeit des Protests. Gegen ein zentralistisch regiertes Europa, bei dem die Nationen und die Bürger vor allem eines sollen: Kaufen ohne nachzudenken!
gruss!
<ul> ~ Verfassungsentwurf Europa.pdf</ul>
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-->Hi,
zu diesem darf doch Einiges angemerkt werden:
>Aus der Präambel der Verfassung:
><font color=blue>"Die Verfassung, die wir haben... heißt Demokratie, weil der Staat nicht auf wenige Bürger, sondern auf die Mehrheit ausgerichtet ist." - Thukydides, II, 37</font>
Das steht zwar dort, stammt aber nicht von Thukydides, sondern aus der berühmten Gefallenenrede des Perikles, in der er das übliche Pro-Patria-Larifari ablaicht.
Dieser Perikles ist so unumstritten auch nicht, vgl.:
Plutarch (Perikles, 14 f.) über den"großen" attischen"Staatsmann":
"Als Thukydides und die Redner seiner Partei Perikles verschrien, er verschleudere das Staatsvermögen und zerrütte die Finanzen, richtete er in einer Versammlung die Frage an das Volk, ob es die Ausgaben hoch finde.
"Ja", lautete die Antwort,"außerordentlich hoch."
"Nun gut", erwiderte Perikles,"so sollen die Kosten nicht auf euch fallen, sondern auf mich, und auf die Bauten werde ich meinen eigenen Namen setzen lassen!"
[Woher hatte er die Kohle wohl?]
Nach diesen Worten erhob die Menge ein lautes Geschrei, er solle das Geld aus dem Staatsschatz nehmen [ja, sowas gab's damals tatsächlich], unbedenklich und ohne zu sparen.
(...)
(Wenig später) aber nahm Perikles Athen samt allem, was zum Staat der Athener gehörte in seine Hände: die Einkünfte, das Heer und die Flotte, die Inseln und das Meer, das Reich, welches Griechen wie Barbaren weithin umfaßte, und die durch Untertanenvölker, befreundete Könige und verbündete Fürsten wohlgesicherte Herrschaft.
Allein, von diesem Augenblick an war er nicht mehr derselbe, er war nicht mehr so schnell bereit, sich dem Willen der Masse zu fügen und ihren Launen nachzugeben wie ein Schiff dem Winde, sondern wandte sich von der schwächlichen, in manchen Stücken gar zu nachgiebigen Art der Volksführung ab wie von einer allzu weichen und zärtlichen Melodie und zog die Saiten an zu einem aristokratischen und königlichen Regiment.
Na, da haben die Herrschaften ja genau den richtigen"Demokratie"-Souffleur erwischt - määäärchenhaft!
Und Gruß!
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