Popeye
14.05.2004, 22:22 |
Über den Ursprung der Etrusker Thread gesperrt |
-->Seit Hesiod, Herodot, Dionysios von Halikarnassos und Hellanikos wird über die Herkunkt der Etrusker gerätselt.
Hoffnung wurde jüngst in eine genetische Untersuchung der mtDNA gesetzt. Leider ohne den erwünschten Erfolg. Hier das Abstract der Untersuchung. Neue Hoffnung auf Klärung der Herkunftsfrage ruht nun auf einer genetischen Untersuchung der Y-Chromosomen.
Die aus meiner Sicht derzeit plausibelste These, die durch Sprachverwandtschaft und Schrift gestützt wird, ist die Herkunft der Etrusker aus Kleinasien (nämlich der ostgriechischen Insel Lemnos). Aber bei genauem Hinsehen lassen sich auch andere Erklärungen für die Präsenz der Etrusker auf Lemnos finden.
Sonntag (16.Mai) ist übrigens der letzte Tag einer sehenswerten Ausstellung über die Etrusker im Museum für Kunst und Gewerbe am Steintorplatz in Hamburg.
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Uwe
15.05.2004, 17:30
@ Popeye
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Re: Über den Ursprung der Etrusker |
-->Hallo, Popeye,
so recht kann man sich einen derartigen"Erfolg" m.E. auch nicht vorstellen, wenn man von der Möglichkeit der"Volkwerdung" ausgeht, bei der eben eine"einheimische", seßhafte Bevölkerung durch Zuwanderung verändert wird.
Diese Art Veränderungen, die ich meine, könnte vielleicht durchaus derzeit die Mitte Europas erleben, wobei natürlich die Entwicklung in Zeitlängen von einer Vielzahl von Generationen zu beurteilen und zu bewerten ist.
Gruß,
Uwe
P.S.
Leider kann ich nicht mehr als die Zusammenfassung einsehen, das Tor zum vollständigen Beitrag ist über ein Kennwort geschützt.
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bernor
16.05.2004, 00:21
@ Popeye
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Re: Über den Ursprung der Etrusker |
-->Hi,
Hoffnung wurde jüngst in eine genetische Untersuchung der mtDNA gesetzt. Leider ohne den erwünschten Erfolg. Hier das Abstract der Untersuchung. Neue Hoffnung auf Klärung der Herkunftsfrage ruht nun auf einer genetischen Untersuchung der Y-Chromosomen
Es ist zwar denkbar, daß sich nur Männer als Etrusker in Italien niedergelassen haben (diesenfalls Untersuchung der mtDNA zwecklos, weil diese nur mütterlicherseits weitergegeben wird), aber dann bleibt die Frage, wie sich die etruskische Sprache überhaupt über die erste Generation hinaus erhalten hat, da Kinder für gewöhnlich zuerst die Muttersprache, d. h. die Sprache der Mutter (oder der Amme) lernen. Man müßte dann annehmen, daß anschließend die Väter ihre Sprache (als"tote" Herrschafts-/Kult-Sprache) an ihre Kinder weitergegeben haben - bei strengster Erziehung, denn sonst entwickelt sich letztendlich eine Mischsprache, entweder"väterlich" mit"mütterlicher" Beimischung (siehe die Sprache der heutigen Nachkommen der"Bounty"-Meuterer: Englisch mit polynesischem Einschlag) oder umgekehrt (siehe Alt-Französisch nach Vermischung der germanischen Franken mit der unterworfenen galloromanischen Bevölkerung).
Die Etrusker bleiben rätselhaft...
Gruß bernor
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dottore
16.05.2004, 18:22
@ Popeye
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Re: Über den Ursprung der Etrusker |
-->Hi Popeye,
eigentlich, so jedenfalls der große Katalog zur Etruskerausstellung 2000, konkurrieren 3 Theorien:
1. Die orientalische (Lemnos usw.). Vielleicht können wir auch ex Lydien operieren, wobei mir persönlich Lykien am besten gefiele (Buchstabenähnlichkeit auf Münzen sog."lykischer Dynasten"). Nehmen wir Westkleinasien ist wiederum zu fragen, woher sie dorthin gekommen sind. Wie Neumann 1961 nachweist ("Weiterleben hethitischen und luwischen Sprachguts in hellenistischer und römischer Zeit"), haben sich bestimmte Wörter sehr weit nach Westen verbreitet.
Linguistik hin und her. Bei der orientalischen Theorie hätten wir es mit einem sehr weiten Weg zu tun und dies vermutlich übers Meer, was doch ziemlich einmalig wäre, sehen wir von den"Seevölkern" oder Wikingern ab, die aber weniger siedeln, sondern plündern wollten.
2. Die rhätische Theorie (zuerst Fréret, Recherches sur l'origine... des différents peuples d'Italie, 1753, dem sogar Niebuhr und Mommsen folgten). Demnach wären sie aus den Alpen gekommen.
3. Die bodenständische Theorie:"A relict of a prehistoric substratum who continued to occupy the same territory." (Briquel im Katalog, 43).
Vielleicht haben wir es mit einer Variante der refugia-Theorie von Schultze zu tun, auf der ich - nach dankenswertem Hinweis plus Übersendung - noch immer kaue, allerdings mit zunehmendem Genuss (auch wenn es die"Erstbesiedlung" auch nicht klärt, immerhin aber das Hin und Her danach). Die Po-Ebene war so uninteressant nicht, und wenn wir Villanova als Scharnier nehmen, würde dies auch die Expansion nach dem italischen Süden erklären. Denn wer wandert schon freiwillig über den Apennin? Die Lemnos-Connection (interessant neben der Schrift auch der Speerspitzen-Vergleich) würde sich dann möglicherweise als späteres Abenteuer entpuppen.
Bei dem genetischen Checking frage ich mich, warum nur gen Osten und nicht auch gen Norden gecheckt wurde/wird.
Besonders rätselhaft ist die Begräbnis-Kultur (man bedenke, dass sogar der Sarkophag Karls des Großen" eindeutig - in der Römerzeit gefertigt - den etruskischen gleicht, vgl. das schöne im Kreis aufgestellte Ensemble in Florenz). Die Urnen-Kultur (ex Kremierung), für die es in HH schöne Beispiel zu sehen gab, kommt eindeutig von Norden.
Insgesamt fehlt mir bei den Etruskern ein nachvollziehbarer Pantheon, von einer Theogonie ist gar nichts da (Texte fehlen, Texte), und so ein Mini-Zeus aus Kestner überzeugt nicht richtig. Dennoch haben sie das Tod- und Jenseits-Problem irgendwie"lustig" gelöst. Die Tomben und alles drum herum machen doch einen fröhlich-bunt-beschwingten Eindruck.
Vielleicht ist auch alles nicht so schlimm, was noch kommt?
Die Etrusker in HH war für mein Gefühl wieder eine Perle in den falschen Trog geworfen. Die Besucher und was für einen unsäglichen Stuss sie dort verzapften. Aber der gute Bucerius wird's mit seinem berühmt-subtilen Humor, den er auf seiner Wolke nicht verloren hat, auch posthum verschmerzen.
Mann, Mann, diese Elb-Hanseaten."Na-aa? Na-aa!" Jeder Laut tut weh.
Danke, vor allem für den Gen-Hinweis (more to come?) + Gruß!
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JoBar
16.05.2004, 19:28
@ Popeye
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Re: Über den Ursprung der Etrusker -- Schon bei Wikipedia geguckt? |
-->http://de.wikipedia.org/wiki/Etrusker da funktionieren auch die Links:)
Auszug:
Herkunft der Etrusker
Die Frage nach der Herkunft der Etrusker ist berechtigt, erweckt jedoch einen falschen Eindruck. Jene Kultur, die wir die etruskische nennen, hat sich nämlich erst auf dem Boden Etruriens aus eingewanderten (Oberschicht, Sprache) und autochthonen (Villanova-Kultur) Elementen entwickelt.
Präziser wäre deshalb die Fragestellung: Woher kam die etruskische Oberschicht und ihre Sprache, die ein wesentlicher Baustein der etruskischen Kultur wurde? Schon im Altertum waren dazu zwei verschiedene Hypothesen bekannt.
Einwanderungstheorie
Die Etrusker stammen aus Kleinasien (Lydien) und sind nach dem Jahr 1000 v. Chr. in das Gebiet der heutigen Toskana ausgewandert. Für diese Annahme sprechen eine enge Sprachverwandtschaft des Etruskischen mit dem Lydischen und die erstaunliche Parallele in der künstlerischen Entwicklung im frühen 1. Jhtsd. (orientalische Phase). Diese Theorie wird von Herodot vertreten
Autochtone Theorie
Die etruskische Kultur entwickelt sich aus den in Mittelitalien ansässigen Stämmen. Die etruskische Sprache ist Teil einer vor-indoeuropäischen Sprache, welche durch die Einwanderung von indoeuropäischen Stämmen (Italiker, Latiner) in der italienischen Halbinsel isoliert wurden. Die kulturelle und künstlerische Blüte erklärt sich durch die Einbindung des toskanischen Raumes in den erblühenden Handel im Mittelmeerraum (Phönizier, Griechen) des frühen 8. Jhdts. Die Nutzung der reichen Erzvorkommen beschleunigt die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung. Diese Theorie wird durch den nahtlosen Übergang der Villanova-Kultur in die etruskische Kultur vor allem in Norden (Bologna - Felsina) unterstützt. Um die Zeitenwende vertritt Dionysios von Halikarnassos diese Theorie.
Im 18. Jhdt. wurde vom französischen Gelehrten N. Frèret die Hypothese vertreten, bei den Etruskern handle es sich um indoeuropäische Einwanderer aus dem Norden. Diese Hypothese stützt sich auf das Eindringen der Brandgräberkultur aus dem Norden und interpretiert dies als Teil der frühen Völkerwanderung des späten 2. Jhtsd. (in Verbindung mit der Einwanderung der Hyksos in Ägypten). Diese Theorie ist jedoch eindeutig durch epigrafisches Material widerlegt.
Synthese
Die heutigen Etruskologen fragen nicht mehr nach der Herkunft der Etrusker sondern nach deren Entstehung (Ethnifikation). Dabei geht man von einer alt-meditteranen Volksschicht aus, welche im Früh-Metallikum (bis ca. 1000 v. Chr.) eine sesshafte Bauernkultur entwickelt und in welche fremde Volkselemente sowohl aus dem Osten (mykenische und phönizische Seefahrer) wie aus dem Norden (indoeuropäische Italiker) eindringen. Es entsteht die Villanova-Kultur. Diese Bevölkerung wird durch eine sehr dünne Schicht von Einwanderern aus Kleinasien (Tyrrhener) überlagert. Aus der Vermischung mit der lokalen Bevölkerung entwickelt sich das etruskische Volk.
...
J
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Popeye
17.05.2004, 07:03
@ dottore
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More to come? |
-->Hallo,
beinahe täglich - nicht immer Weltbewegendes z.B.:
(Hervorhebung von mir)
A newer study by Semino et al. [10] has studied two samples of Greeks of size 84 and 59 (Macedonian Greeks). The focus was on two specific haplogroups E and J which are frequent in the Mediterranean region and can be used to detect population movements between Europe, Africa and the Near East. 2.4% of Greeks belong in haplogroup E-M123 and 21.4% in E-M78. Clades of E prevalent in Northern or Sub-Saharan Africa were not found. According to Cruciani et al. [11] most Greeks and other Balkan people belong to a specific cluster α within haplogroup E-M78 that is found in lower frequencies outside the Balkans and marks migrations from the Balkan area. E-M123 and its daughter haplogroup E-M34 originated in the Near East in prehistoric times. As for haplogroup J, most Greeks (22.8% Greeks/14.3% Macedonian Greeks) belong to J-M172 and its subclades which is associated with Neolithic population movements. Only 1.8%/2.2% of Macedonian Greeks/Greeks belonged to haplogroup J-M267 which could potentially (althought not certainly) reflect more recent Near Eastern admixture.
Thus, at present, in a total of seven studies, in which 925 Greek males were tested, one HG16, one HG28, one HG10/HG36, and one haplogroup A chromosomes have been found, for a total of 0.4% possible non-Caucasoid contribution to the modern Greek male gene pool. Additionally, the latest studies [9, 10] with a more refined version of the Y chromosome phylogeny indicate that influences from the Near East and North Africa in historical times are unlikely (perhaps in the order of ~2%). Additionally, Y chromosome haplogroup R1a which is very frequent in Slavic populations (>50%) is found in only around 9.8% of Greeks, and is also found at comparable frequencies further East (10.8% in Iraq; Al-Zahery et al. [12]) indicating that its presence in Greece need not be associated with medieval intrusions by Slavic speakers. The emerging picture of Y chromosome variation in Greece indicates genetic continuity, with slight influences from neighboring Caucasoid regions and virtually no influence from non-Caucasoids.
Future studies with larger samples and more detailed founder analyses will allow us to obtain a better pictures of Y-chromosome variation in Greece, Europe and the world at large. At present, it appears that modern Europeans share many of the haplogroups, while there is also geographic structure in the distribution. With the exception of the Northeast corner of Europe, all other European populations have very small traces of extra-Caucasoid genetic input(a).
uelle
oder hier
und hier
Ich versuche Schritt zu halten - mit unsicherem Ausgang.
Gruß
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