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I N V E S T O R ' S D A I L Y
Der E-Mail-Dienst für Investoren, Ausgabe vom 19. Mai 2004
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* Wahlrallye und Anschlagsgefahr - wie Sie sich am besten
positionieren
* HP überrascht positiv
* Stühlerücken im Mdax und Sdax
* Paris, Las Vegas, Managua
* Reise ins Jahr 1988
* Anhänger des gelben Edelmetalls
* Über den Investor Verlag
* Empfehlen Sie"Investor's Daily" weiter
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Mittwoch, 19. Mai 2004
Wahlrallye und Anschlagsgefahr - wie Sie sich am besten positionieren
von Jochen Steffens
Mich rief gestern ein Kollege an und fragte mich mit ernster Stimme:
Du meinst doch nicht wirklich, dass Kerry absichtlich die Wahl
verlieren will? Ich konnte ihn beruhigen. Nein, das meine ich nicht,
es war natürlich eine scherzhafte Aussage, die lediglich meine
Verwunderung darüber zum Ausdruck bringen sollte, dass Kerry so wenig
die aktuelle für ihn günstige Situation ausnutzt.
Offenbar hat Kerry sich nun aber doch entschlossen wieder ins
Tageslicht der Medien zu treten. So ist heute zu lesen, dass Kerry
sich mit dem unabhängigen Mitbewerber Ralph Nader treffen will. Es
geht um eine Allianz gegen Bush: Dabei ist kaum davon auszugehen, dass
es Kerry gelingen wird, Nader von einer Kandidatur abzubringen.
Immerhin könnte Nader, Kerry bis zu 6 % der Wähler kosten. Auch aus
diesem Grund gehe ich im Moment noch nicht davon aus, dass Kerry die
Wahl gewinnen wird. Vielleicht wenn sein Wahlkampf mehr Biss bekommt.
Zum Wahlkampf ein Gerücht:
Offenbar kaufen die Amis, wie ich berichtet hatte, in Rotterdam und
weltweit Benzin auf und treiben damit den Ã-lpreis an. Offiziell hat
dies etwas mit der Urlaubssaison zu tun. Inoffiziell kursiert das
Gerücht, dass der Wahlkampf für den hohen Ã-lpreis verantwortlich ist.
Vielleicht erinnern Sie sich, ich hatte mal angedacht, welcher
Börsenverlauf für Bush der geeigneteste sei, um die Wahl zu gewinnen.
Der wahlkampftaktisch beste Verlauf wäre, wenn die Kurse bis zur Mitte
des Jahres fallen, sich dann im Sommer stabilisieren. Kurz vor der
Wahl sollte dann eine Rallye die Anleger erfreuen. Wenn gleichzeitig
noch gute Arbeitsmarktdaten und gute Wirtschaftsdaten veröffentlicht
würden, dürfte einer Wiederwahl Bushs nichts im Wege stehen. So die
Theorie.
Eine Tatsache hatte mir an dieser Theorie bisher nicht gefallen: Ich
glaube nicht, dass die US-Regierung in der Lage ist, den Aktienmarkt
derart zu beeinflussen (außer über die Zinsen, aber die befanden sich
nun schon auf Rekordtief). Zumindest nicht über direkte
Interventionen. Aber die US-Regierung, die schließlich auch gute
Verbindungen zur amerikanischen Ã-lindustrie hat, kann die Ã-lpreise
beeinflussen. Das ist relativ einfach durch massiv Ã-lkäufe möglich,
mit der Begründung, die strategischen Reserven der USA auffüllen zu
wollen. Vielleicht erinnern Sie sich, dass ich mich im letzten Jahr
gewundert hatte, warum dieser Reserven derart niedrig waren.
Vielleicht, um Platz zu schaffen, sie in diesem Frühling wieder
aufzufüllen?
Nun stellen wir uns vor, die USA prügeln durch massive Käufe den
Ã-lpreis auf Rekordniveau, damit werden die Reserven aufgefüllt.
Spätestens (!) drei bis vier Monate vor der Wahl werden diese Käufe
eingestellt, vielleicht sogar ein Teil der Reserven auf den Markt
geschmissen. Die Folge: Einbrechende Ã-lpreise. Niedrige Ã-lpreise
hätten direkt mehrere positive Auswirkungen: Die Indizes würden eine
Rallye hinlegen, die Benzinpreise würden sehr zur Freude der
Verbraucher sinken, die Firmen könnten ihre Gewinnschätzungen anheben
und eventuell mehr Arbeitnehmer einstellen und zum letzten würde eine
mögliche Inflation eingedämmt. Perfekt.
Nur, es ist natürlich nur ein Gerücht. Fast schon zu genial, um
geplant zu sein. Ob etwas an diesem Gerücht dran ist, werden wir
wahrscheinlich nie erfahren. Aber wir werden erleben, ob die
"Symptome" so eintreten. Wie Sie wissen, gehe ich generell davon aus,
dass wir um den November herum das letzte Hoch für längere Zeit sehen
werden. Sollte an oben genannten Gerücht auch nur ein Körnchen
Wahrheit sein, dann würde es wahrscheinlich sogar Dezember werden.
Dazu ein Hinweis: Die meisten Jahreshochs in den letzten 40 Jahren
wurden im Dezember erreicht. 11 Mal immerhin, also im Schnitt jedes 4.
Jahr erreichte der Dax im Dezember ein Jahreshoch. Weit abgeschlagen
findet sich der Januar an zweiter Stelle mit 6 Monaten. Im Oktober
wurde noch nie in den letzten 40 Jahren ein Hoch ausgebildet.
Der Januar findet sich auf der negativ Seite wieder. Er führt bei den
Jahrstiefs: 12 Mal wurde im Januar ein Jahrestief ausgebildet. Hier
glänzen der Mai, der August und der November mit einer Null bei den
Jahrestiefs.
Damit sind zwei Dinge sind vor der Wahl relevant: Die erhöhte
Wahrscheinlichkeit für Anschläge islamistischer Terroristen und die
erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Rallye. Hier bietet sich folgende
Positionierung an: Auf der einen Seite US-Sicherheitsaktien, die bei
einem Anschlag profitieren würden (hierzu muss man einfach schauen,
welche Aktien bei Anschlägen am sensibelsten reagiert haben), auf der
anderen Seite marktkonforme Aktien, die bei einer Rallye profitieren.
Der Ã-lpreis sinkt heute übrigens deutlich. Vermutungen, dass die Opec
bereits am Wochenende die Förderquoten erhöhen könnten, wirken sich
belastend aus. Das gibt den Märkten etwas Luft, sich zu erholen.
Insofern wurde die Seitwärtsbewegung bisher bestätigt.
Ach ja, und Silber startet gerade zum zweiten Mal einen
Ausbruchsversuch und bildet ein neues higher High - ein gutes Zeichen.
Mittwoch, 19. Mai 2004
HP überrascht positiv
von Jochen Steffens
Der weltweit zweitgrößte Computerhersteller Hewlett-Packard (HP) kann
seinen Nettogewinn im zweiten Quartal von zuvor 659 Mio. Dollar auf
884 Mio. Dollar oder 29 Cent je Aktie steigern. Der Umsatz stieg um
12 % auf 20,1 Mrd. $. Begründet wurde das Ergebnis mit einer
anziehenden Nachfrage nach neuer Hardware. Hier haben sich
insbesondere höhere IT-Investitionen der Unternehmen und die steigende
Nachfrage nach Notebooks positiv ausgewirkt.
Allerdings profitierte HP auch deutlich vom schwachen Dollar.
Bereinigt um Währungseffekte bleibt nur noch ein Umsatzanstieg von
4 %.
Auch der Ausblick erfreute. So hob HP seine Umsatzprognose für die
zweite Jahreshälfte auf 39,7 Mrd. Dollar bis 40,7 Mrd. Dollar an. Die
Gewinnprognose von 74 Cent je Aktie wurde bekräftigt. Die guten Zahlen
von HP beflügelten heute insbesondere die Tech-Werte.
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Mittwoch, 19. Mai 2004
Stühlerücken im Mdax und Sdax
von Jochen Steffens
Nach der Mehrheitsübernahme durch den US-Finanzinvestor Blackstone
verlässt Celanese am 21. Juni den Mdax. Für Celanese wird die
Kapitalanlage-Gesellschaft MPC in den Mdax einziehen.
Neu in den SDax werden Matchnet und Centrotec aufgenommen. Die Aktie
des Baumarktes Hornbach verlässt den Sdax.
Mittwoch, 19. Mai 2004
Paris, Las Vegas, Managua
von unserem Korrespondenten Addison Wiggin
Wir haben heute Morgen eine kurze Nachricht von Bill Bonner erhalten.
Er befindet sich gerade mitten im tiefen tropischen Urwald von
Nicaragua. Er sagt, dass er dort keine Kommunikationsmöglichkeiten hat
und deshalb keinen Text für den heutigen Investor's Daily verfassen
kann.
Sollen wir ihm vergeben?
Nun... er war jetzt innerhalb von wenigen Tagen in Paris, Las Vegas
und Managua. Vielleicht könnte er mich dazu überreden, dass ich ihm
etwas Nachdenken und Erholung gönne... und ihm wünsche, dass er den
kostenlosen Alkohol an Bord der Flugzeuge genießt.
In der Zwischenzeit möchte ich Ihnen Tom Dyson vorstellen. Er wird für
uns als weiterer Korrespondent aus den USA, genauer gesagt aus
Baltimore, tätig sein. Als ich ihn zuerst traf, da berechnete er
gerade für Salomon Smith Barney in London die Tagesgewinne von
Anleihenhändlern. Aber wenige Tage Arbeit für den Investor's Daily
haben bereits seinen Abenteuersinn geschärft. Letzten Samstag
kletterte er an einer Regenrinne hoch, um einen Blick in ein
verlassenes Gebäude zu werfen (wo H.L. Mencken gewohnt haben soll).
Aber das ist noch nicht die Pointe... denn was er dann drinnen
gesehen hat... siehe nächster Beitrag!
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Mittwoch, 19. Mai 2004
Reise ins Jahr 1988
von unserem neuen Korrespondenten Tom Dyson, der durch die Zeit
gereist ist, sich aber immer noch in Baltimore befindet...
"Soweit ich weiß, hat noch niemand in dieser Welt... jemals dadurch
Geld verloren, dass er die Intelligenz der großen Massen der einfachen
Leute unterschätzt hat." (H.L. Mencken)
Hier in Baltimore wird Henry Louis Mencken als einer der größten und
einflussreichsten Journalisten, politischen Kommentatoren, Kritiker
und Autoren der jüngsten Vergangenheit bezeichnet. Mencken lebte bis
zu seinem Tod im Jahr 1956 als Kolumnist der Baltimore Sun in
Baltimore. Letzten Samstag zog ich los, um sein Haus zu besuchen.
Dieses Haus aus dem frühen 19. Jahrhundert ist jetzt heruntergekommen.
Von außen sieht dieses große Gebäude vernachlässigt und unordentlich
aus. Das passt allerdings auch perfekt in diesen Stadtteil, denn da
sehen alle Gebäude so aus. Ich habe durch die großen Fenster in ein
leeres Zimmer geblickt - das vielleicht einmal der Empfangsraum für
Gäste war, oder die Bibliothek. Meine Neugier war erweckt - durch
Verfall und Staub -, und ich musste einfach mehr sehen.
Ich bahnte meinen Weg durch einen Dschungel aus Efeu im Hintergarten
des Hauses. Das Efeu hatte jedes Fenster und die gesamte Rückwand des
Hauses bedeckt. Ich zog mich an einer Regenrinne hoch, auf eine
rostige Feuerleiter. Diese kletterte ich dann vorsichtig hoch - denn
das Eisen war rostig, und die Leiter machte nicht mehr den stabilsten
Eindruck. Eine Stufe brach durch und fiel auf den Boden - als ich mich
gerade auf der Höhe des dritten Stockwerks befand.
Als ich das Efeu zur Seite drückte, da hatte ich ein Fenster
freigelegt - und ich war nicht fähig, zu widerstehen. Ich kletterte
hindurch und landete in einem Badezimmer, in dem der Putz von den
Wänden bröckelte. Die nächsten zwei Stunden ging ich durch ein
Netzwerk von Korridoren, Treppen, Räumen und Türen, ohne Spuren
menschlicher Anwesenheit zu entdecken. Es gab nichts dort, außer
Ratten, Erinnerungen und Geistern... und eine Ausgabe des Barron's
Magazins, Datum 17. Oktober 1988. Die lag auf einem Schrank, dessen
Farbe verblasst war.
"Glückwunsch zum Jahrestag... was jetzt?" stand auf der Titelseite.
Das bezog sich auf den Jahrestag des großen Crashs von 1987. An diesem
17. Oktober 1987 hatte der Dow Jones 508 Punkte verloren, er fiel auf
ein Intraday-Tief von 1.616 Zählern und beendete den Handelstag mit
einem Minus von 23 %. Im April 2000 hatte der Dow Jones sein Topp
erreicht, bei 11.600 Punkten. Wenn man zum Tiefpunkt 1 Dollar
investiert hätte, dann hätte man beim Topp 7,18 Dollar gehabt. Das
wären 13,1 % Plus pro Jahr gewesen, ohne Berücksichtigung der
Inflation.
Aber das Barron's Magazin verwies auch auf den Einfluss der Inflation.
1988 kostete eine Ausgabe des Barron's Magazins 2 Dollar. Heute kostet
es 4 Dollar. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen
Preissteigerung von 4,7 %. Deshalb hat der Dow Jones laut meinen
einfältigen Berechnungen nicht 13,1 % Plus pro Jahr gemacht, sondern
8,4 %.
Im Nachhinein betrachtet war der 20. Oktober 1987 eine fantastische
Kaufgelegenheit. Genauso wie auch noch ein Jahr später der 18. Oktober
1988 ein guter Kaufzeitpunkt gewesen wäre. Denn für den Rest der
1980er und in den 1990ern stiegen die Aktienkurse fast ohne Pause.
Aber die Investoren konnten das natürlich nicht wissen. Sie hatten
dieselben Befürchtungen, die wir jetzt haben. Sogar Star-Investoren
wie Richard Russell waren skeptisch:
"Russell glaubt, dass sich die Aktien immer noch in der ersten Phase
eines Bärenmarktes befinden", konnte ich im Barron's Magazin des
Jahres 1988 lesen.
Wird Richard Russell auch noch 2019 auf der Bärenseite stehen?
Erwarten die Investoren zu viel in Bezug auf die erwarteten Renditen,
die man mit Aktien erzielen kann? Hat Henry Mencken die Intelligenz
der Investoren unterschätzt? Das wird uns nur die Zeit sagen
können...
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Mittwoch, 19. Mai 2004
Anhänger des gelben Edelmetalls
von unserem Korrespondenten Addison Wiggin in Baltimore
*** Die britische Polizei hat einen Goldraub verhindert - es ging um
140 Millionen Dollar.
Der Goldtransport wurde am Flughafen Heathrow von einer Gang
überfallen. Es ging um Goldmünzen und 70 Millionen Dollar Bargeld.
"Die Gang bedrohte die Angestellten mit zumindest einem Gewehr,
Messern, Knüppeln, Hockeyschlägern und Holzklötzen...", berichtete
BBC News.
Sie schafften es, ihre Beute in einen Lieferwagen zu verstauen und
wegzufahren. Aber als sie fuhren, da feuerte die Polizei besondere
Kugeln los, die die Reifen des Lieferwagens platzen ließen. Ein
Polizist wurde verletzt. Die Goldanhänger sind verhaftet worden.
*** Hier in Baltimore habe ich noch keine Goldanhänger getroffen.
Niemand scheint an Gold interessiert zu sein. Stattdessen sind meine
Nachbarn und Mitbürger umso mehr an Dollarscheinen von zweifelhaftem
Wert interessiert... und der Wert wird jede Minute zweifelhafter.
Ich habe den Euro bevorzugt, als ich in Europa war. Aber andererseits
- beides sind schließlich Papierwährungen. Alles, das manipuliert
werden kann, wird manipuliert, das ist meine Meinung.
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