Popeye
01.06.2004, 17:33 |
Schwindsucht der Macht? Thread gesperrt |
-->In einem schon einmal vorgestellten Buch (Oliver Volckart, Wettbewerb und Wettbewerbsbeschränkungen im vormodernen Deutschland 1000- 1800) beschreibt der Autor (S. 180 ff) den mittelalterlichen Wettbewerb der Regionen um Kapital und Arbeit.
Die Geschichte wiederholt sich. Seit einigen Monaten macht nun (nach Lohndumping) das Stichwort vom Steuerdumping in Deutschland und Frankreich die Runde. Eichel und sein französischer Kollege Sarkozy haben der EU Kommission in der vergangenen Woche ‚verbindliche Mindestsätze’ für die Besteuerung der Unternehmen vorgeschlagen. Daraus wird wohl - schon wegen der erforderlichen Einstimmigkeit - nichts werden.
Die nachstehende Grafik verdeutlicht den Grund der französichen und deutschen Besorgnis:
<center>[img][/img] </center>
Nun ist die nominale Steuerbelastung nicht alles was einen Unternehmer dazu bewegt seinen Standort zu wechseln - qualifizierte Arbeitskräfte, Zugang zu Kapital, Infrastruktur, Transportwege und Kosten spielen mit im Konzert solcher Entscheidungen.
Aber die Versuchungen sind nicht auf die Körperschaftssteuer beschränkt.
- Spitzensteuersätze von 35 Prozent und weniger in gleich sechs der Beitrittsländer bei der Einkommensteuer
- Estland, Lettland und Zypern verzichten auf eine Erbschaftssteuer, Malta begnügt sich mit einer Stempelsteuer von höchstens 5 Prozent
- Die sog. Wegzugsbesteuerung die in einigen EU-Ländern besteht, verstößt laut EuGH gegen den Grundsatz der Niederlassungsfreiheit
- Die stattlichen Investitionsförderungen der EU wandern vermehrt nach Osten ab
All dies sieht nicht danach aus, dass Frankreich und Deutschland angesichts des sich abzeichnenden institutionellen Wettbewerbes, den Etatismus auf die Spitze treiben könnten - Dank der Osterweiterung.
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dottore
01.06.2004, 17:59
@ Popeye
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Re: Dazu Tunesien und die Schweizer Zinssteuer |
-->Hi,
auf den Steuerwettkampf wird's hinauslaufen. Aber Europa steht nicht allein.
Tunesien: Neugründungen zahlen die ersten 10 Jahre überhaupt keine Steuern. Der FinMin: Die zahlen doch Lohnsteuern und das reicht mir erst mal.
Nach 10 Jahren 12 %. Es wird von zahlreichen deutschen Gründungen berichtet, die Arbeiter seien so schlecht nicht (allgemeine Schulpflicht usw.).
Ein Problem hat sich der Staat auch vom Hals geschaffen: Straßenbau. Den erledigt das Militär statt in Kasernen rumzulungern.
Und die Fundamentalisten? Können sich derzeit nur schlecht im Land bewegen - sitzen alle hinter Gittern (prophylaktisch).
Am Mittwoch Treffen der FinMins. Es geht um die Zinssteuer, die ab 1. 1. 05 in Kraft treten soll.
Von der Schweiz gibt es nur eine Zusage, aber keine Volksabstimmung. Wenn nun LUX, AU und B Nein sagen, ist das ganze Steuerpaket vom Tisch. Sagen sie Ja, können die Schweizer (Konkurrenten) die Drei reinlegen, indem sie per Volksabstimmung die Einigung auf"gleichwertige" Regelungen abschmettern.
Gruß!
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VictorX
02.06.2004, 09:57
@ dottore
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Schweizer Zinssteuer |
-->Sollte die EU im Juni im Rahmen des vorgesehenen Außenministertreffens beschließen, dass die Voraussetzungen für das in Krafttreten des Gesetzes über
EU-weiten Kontrollmitteilungen
plus EU-Zinsbesteuerung
gegeben sind (was inzwischen recht wahrscheinlich erscheint, allerdings fehlen noch Übereinkünfte mit Andorra, Liechtenstein, San Marino, den Kanalinseln sowie den Überseegebieten der Niederlande und Großbritannien), dann würde die
Schweiz auch in Zukunft keine Kontrollmitteilungen zulassen, das Bankgeheimnis voll wahren, keine Rechtshilfe leisten (im Gegensatz zu EU-Staaten) und auf
Zinserträge (und nur auf diese) eine 15%ige Zahlstellensteuer einführen.
TIPP
Anlagestrategien nutzen, die via Indexzertifikate eigentlich steuerpflichtige Erträge in Gewinne wandeln. D.h. ab einer Haltefrist von 12 Monaten völlig legal steuerfrei. Oder festverzinsliche Wertpapiere wählen, die vor April 2001 emittiert wurden.
Diese gesamte Gesetzes-Mechanik dient ausschließlich der Installation eines
EU-weiten Kontrollsystems bei allen Banken. Die Kontrollmitteilungen sind die wirkliche Triebfeder. Die legalen Vermeidungsmöglichkeiten für die Zahlstellensteuer sind mit dem oben Gesagten aber bei weitem nicht ausgeschöpft. Die Besteuerungsvorschriften sind löcherig wie ein Schweizer Käse. Sie werden lediglich (unnötigen) zusätzlichen administrativen Verwaltungsaufwand verursachen. Die Finanzminister werden keinen Mehrertrag an Steuern haben!
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