dottore
26.05.2000, 10:09 |
Vodafone - es cräshelt schon... Thread gesperrt |
In der FT (UK) heute auf S. 26 ein Beitrag der getitelt ist:
"Ringing the changes in Vodafone's growing debt burden".
Summa: Vodafone geht's Geld aus. Schulden 20 Mrd. Pfund. Operating profits last year (kommen Dienstag) werden mit 2,64 Mrd. erwartet ("less than twice the likely annual interest bill"). Valuable assets seien zwar vorhanden, aber"they require calmer equity markets before any cash can be unlocked." Zwei Flotations wurden bzw. werden becancelt (Pazifik und Verizon). Wenn beim Orange-Verkauf weniger als 20 Mrd. Pfd. einkämen (in cash!), that would leave"a serious hole".
Hoffentlich kann der Hosenträger-Matz Gent das dann stopfen.
d.
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NickLeeson
26.05.2000, 13:39
@ dottore
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Hallo dottore, |
in seiner heutigen Kolumne verweist Bernd Niquet auf die Erkenntnisse der österreichische Schule und versucht so seine Leser schonend auf die Möglichkeit einer klitzekleinen Rezession vorzubereiten.
Bernd Niquet: Stellen wir uns auf die Bären ein!
- Renaissance der neo-österreichischen Schule -
Die Erholungen am Markt werden immer kürzer, und an ein Ende der Kalamitäten ist derzeit noch nicht zu denken. Im Gegenteil. Ich denke, vor einer Wiederaufnahme der Aufwärtsbewegung wird noch der eine oder der andere Schrecken durch die Märkte fegen.
Erinnern Sie sich noch an 1998? Damals glaubten signifikante Kreise der Marktteilnehmer sogar an einen Zusammenbruch des Welt-Finanzsystems. Doch gerade dadurch wurde der Markt wie durch eine Spülung wunderbar bereinigt und konnte anschließend einen enormen Aufschwung nehmen.
Doch was ist diesmal zu erwarten? Ich registriere eine erstaunliche Renaissance der neo-österreichischen Schule. Das hat natürlich nichts mit Jörg Haider zu tun, sondern vielmehr mit Nationalökonomen wie Ludwig von Mises und Friedrich August von Hayek.
Kernaussage der neo-österreichischen Krisentheorie ist die Aussage: What goes up - must go down. Doch der entscheidende Parameter hierfür ist nicht die Geldmengenentwicklung, sondern das Kreditvolumen.
Wir wissen alle natürlich Zweierlei:
(1) Das Kreditvolumen in den USA steigt mit einer astronomischen Wachstumsrate.(2) Die US-Notenbank beobachtet viele Parameter mit Sorge, außer einem: nämlich dem Kreditvolumen.
Das heißt: Haben die Ã-sterreicher Recht, dann wird die Kreditexpansion der Vergangenheit zu einer Kreditkontraktion und damit zu einer Krise führen. Diese Krise jedoch steht nicht auf der Tagesordnung der Fed. Doch damit noch nicht zu Ende, denn: Ist das so, dann ist auch unser Glaube an die Wunderheilungskräfte der Geldpolitik zur Vermeidung eines neuen 1929 ff. ein Irrglaube, da wir nämlich heutzutage unisono der Meinung sind, dass die damaligen Fehler in der Geldpolitik lagen - und damit auch ihre heutige Vermeidung in der Geldpolitik liegt.
Doch ist das Fass der Kreditvergabe erst einmal übergelaufen, würden jetzt die Ã-sterreicher antworten, dann kann auch die Geldpolitik nicht mehr helfen.
Ob ich selbst daran glaube?
Ich werde in der nächsten Woche versuchen, diesen Kontext einmal ausführlicher zu diskutieren. Heute deshalb eine Schnellantwort: Als gelehriger Schüler von Paul C. Martin glaube ich daran natürlich nicht. Denn früher konnte zwar immer etwas passieren. Heute hingegen nicht mehr. Heute wird nämlich jede sich nur fern andeutende Krise nur dazu führen, dass wir plötzlich alle noch reicher werden.
Bernd Niquet, Freitag, 26. Mai 2000
Wie so oft spricht Herr Niquet in Rätseln. In seiner Schnellantwort bezieht er sich auf einen gewissen Herrn Martin, dessen Bücher ich, wie ich zu meiner großen Schande eingestehen muß, noch nicht gelesen habe (ich werde es schnellsmöglich nachholen, versprochen). Im"Gegensatz" zu Herrn Niquet bin ich aber von der Richtigkeit der österreichischen Theorien fest überzeugt, so wie wahrscheinlich die meisten hier im Forum. Deswegen meine Frage: wie genau werden wir"plötzlich alle noch reicher"?
viele Grüße, NickLeeson
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Derek
26.05.2000, 14:06
@ NickLeeson
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Re: Hallo dottore, |
Also, nach allem was ich von Paul C. Martin bisher weiß, würde ich vermuten, dass Niquet sich einen Scherz erlaubt. Immerhin ist das Datum der 26.5. um 11 Uhr 11:-)
Ich hätte folgenden Erklärungsansatz für die kommenden Crashs anzubieten:
"Systemimmanentes Marktversagen im kapitalistischen Geldsystem"
http://www.systemfehler.de/marktversagen.htm
<ul> ~ Marktversagen im kapitalistischen Geldsystem</ul>
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JüKü
26.05.2000, 15:10
@ NickLeeson
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Buch von Herrn Martin... |
In seiner Schnellantwort bezieht er sich auf einen gewissen Herrn Martin, dessen Bücher ich, wie ich zu meiner großen Schande eingestehen muß, noch nicht gelesen habe (ich werde es schnellsmöglich nachholen, versprochen).
[b]Weißt du eigentlich, dass unser"Dottore" hier im Forum dieser P.C.M. ist?
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A.M.
26.05.2000, 15:48
@ NickLeeson
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Re: Hallo dottore, |
Ich muß eingestehen, dass mich Niquet mit dieser Aussage heute ebenfalls verwirrt hat (das schafft er bei mir aber öfters).
Vielleicht meint er ja, die Notenbanken würden so oder so ähnlich vorgehen, wie unter folgendem Link beschrieben:
http://skybluemonthly.freeservers.com/thoughts/thboj.htm
Für nächste Woche hat Niquet ja Aufklärung versprochen, für eine Stellungnahme von dottore wäre ich aber ebenfalls dankbar.
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NickLeeson
26.05.2000, 17:22
@ JüKü
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Klar, deswegen frag ich ihn ja...(oT) (owT) |
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dottore
26.05.2000, 17:52
@ NickLeeson
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Niquet, die Ã-sterreicher usw. |
>Ich werde in der nächsten Woche versuchen, diesen Kontext einmal ausführlicher zu diskutieren. Heute deshalb eine Schnellantwort: Als gelehriger Schüler von Paul C. Martin glaube ich daran natürlich nicht. Denn früher konnte zwar immer etwas passieren. Heute hingegen nicht mehr. Heute wird nämlich jede sich nur fern andeutende Krise nur dazu führen, dass wir plötzlich alle noch reicher werden.
>Bernd Niquet, Freitag, 26. Mai 2000[/b]
>Wie so oft spricht Herr Niquet in Rätseln. In seiner Schnellantwort bezieht er sich auf einen gewissen Herrn Martin, dessen Bücher ich, wie ich zu meiner großen Schande eingestehen muß, noch nicht gelesen habe (ich werde es schnellsmöglich nachholen, versprochen). Im"Gegensatz" zu Herrn Niquet bin ich aber von der Richtigkeit der österreichischen Theorien fest überzeugt, so wie wahrscheinlich die meisten hier im Forum. Deswegen meine Frage: wie genau werden wir"plötzlich alle noch reicher"?
>viele Grüße, NickLeeson
Hi Nick -
mein Freund Niquet hat den Gag auf den Punkt gebracht: Was er vermutet, ist, dass die Staaten dann noch mehr Schulden machen, um vom Haken zu kommen. Und das bedeutet nach den - von Luca Paccioli anno 1492 zum ersten Mal in Druck gegebenen - Regeln der Doppik, alias der doppelten Buchführung, dass im gleichen Umfang Guthaben entstehen. Diese wiederum liegen beim Bürger, der dadurch - oh Wunder - immer reicher wird.
Im übrigen haben die Ã-sterreicher natürlich recht - es geht immer nur um Kreditexpansion und -kontraktion. Ich hatte die große Freude und das große Glück, vor allem von Mises und von Hayek noch persönlich zu treffen. Mises ist für mich der klarer denkende Ã-konom gewesen, Hayek war mehr Philosoph und manchmal umständlich, was sein Werk natürlich keineswegs schmälert.
Martins Buch"Die Krisenschaukel" wird gegen Aufgabe der Adresse gern und selbstverständlich kostenlos verschickt.
Schönsten Gruß zum Wochenende
d.
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Schlangenfuchs
26.05.2000, 18:45
@ dottore
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Aber dann vertrittst du, lieber dottore, ja die Ansicht,... mT |
dass der Jahrtausendszock fröhlich weitergehen kann, indem neue Guthaben kreiert werden, womit neu Aktien etc. gekauft würden und so weiter?
Stehst du derart im Widerspruch zu der Ã-sterreichischen Schule oder sehe ich das nun ganz falsch, obschon ich B. Niquet's Feuilleton genau gelesen habe?
Ich grüsse dich
Schlangenfuchs
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dottore
26.05.2000, 20:30
@ Derek
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Re: Hallo dottore, |
>Ich hätte folgenden Erklärungsansatz für die kommenden Crashs anzubieten:
>"Systemimmanentes Marktversagen im kapitalistischen Geldsystem"
>http://www.systemfehler.de/marktversagen.htm
NEIN - das ist falsch. Und zwar schon vom Ansatz her. Denn es gibt kein Angebot und keine Nachfrage nach Kapital, in dem Sinne, dass das Angebot Kapital"netto" enthält. So wie auf einer Holzauktion eben Holz"netto" angeboten wird. Kapital ist immer zweimal verbucht (sonst wär's ja auch keins), also könnte man zu der"systemfehler"-Analyse auch sagen: Es werden Schulden angeboten und Schulden nachgefragt. Wer aber will schon Schulden haben, wo er sich doch einbildet, etwas"richtig" und"echt" und netto zu kriegen.
Wer sich heute eine Bundesanleihe von seiner Bank andrehen lässt, kauft damit eine Forderung - GEGEN SICH SELBST. Das ist das Problem, das ist der Witz. Und wer das einmal verstanden hat (mir als promoviertem Ã-konomen und Milton-Friedman-Schülers gelang es nur mit Hilfe eines stocksteifnüchternen Dipl.-Ingenieurs endlich dahinter zu kommen), der sieht alles plötzlich klar.
Ich habe mich auch auf den systemfehler-Seiten versucht (sehr angenehme Diskussionen) und es deuten sich Annäherungen an.
Grüsse ins Weekend
d.
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dottore
26.05.2000, 21:23
@ Schlangenfuchs
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Re: Aber dann vertrittst du, lieber dottore, ja die Ansicht,... mT |
>dass der Jahrtausendszock fröhlich weitergehen kann, indem neue Guthaben kreiert werden, womit neu Aktien etc. gekauft würden und so weiter?
>Stehst du derart im Widerspruch zu der Ã-sterreichischen Schule oder sehe ich das nun ganz falsch, obschon ich B. Niquet's Feuilleton genau gelesen habe?
>Ich grüsse dich
>Schlangenfuchs
Lieber Schlangenfuchs -
das"Geld" (alias Guthaben), das (die) dann geschaffen wird (werden) hat (haben) einen völlig anderen Charakter!!
Sie dienen nämlich nur dazu, fällig gestellte Forderungen zu erfüllen. Sie sind nicht das, was das System in Form von Netto-NEU(!!!)-Verschuldung braucht.
Ich bringe nochmal kurz mein Tsatsiki-Syndrom: Mann will mit seiner Maus nach Paris, leiht sich von der Bank DEM 1000,-. Jahr später. Mann will mit neuer Maus wieder nach Paris, Bank sagt aber, 1000 geht zwar nochmal, aber nur noch 900 werden ausgezahlt, weil 100 Zinsen sind. Mann & Maus fahren nach Reims. 5 Jahre später: Mann leiht sich wieder 1000. Bank zahlt aber nur 500 aus, 500 sind Zinsen. Reise in die Lüneburger Heide.
Zehn Jahre später. Mann kriegt noch einmal 1000 DEM Kredit. Aber nur 20 werden cash ausgezahlt, die restlichen 980 sind Zinsen, die gleich"einbehalten" werden.
Mit den 20 DEM gehen Mann & Mausi zum Griechen um die Ecke - Tsastsiki essen. Und Schluss.
Ergo: Jedes Jahr steigen die Schulden um den gleichen Betrag, aber immer weniger wirkt die zusätzliche Verschuldung auch"pushing".
Und just das ist das Problem: Die Notenbanken, Staaten usw. können die
A L T E N
Schulden zwar bedienbar halten, indem sie dafür Liquidität (in Form von anyhow printed money) zur Verfügung stellen. Klartext: Ein Schuldnertausch (übrigens nach BGB zustimmungspflichtig!!!). Ich wundere mich überhaupt, warum noch niemand die"Schuldenerlässe" von Frau Wieczorek-Zeul verklagt hat, denn da wird der Schuldner Bongo-Land durch den Schuldner BRD ersetzt, was aber die Inhaber der deutschen Staatstitel nicht wissen.
A B E R
das wirklich neue Geld fehlt. Und ohne das neue Geld, alias die Netto(!!!!)neuverschuldung geht das Kettenbrief-System KAPITALISMUS leider unter (siehe Paul C. Martin plus Prof. Fredmund Malik HSG St. Gallen, plus Bernd Niquet etc.etc.).
Grüße ins Weekend (and relax, Dow gerade minus 48)
d.
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Derek
27.05.2000, 10:13
@ dottore
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Re: Hallo dottore, |
Hallo dottore,
>Wer sich heute eine Bundesanleihe von seiner Bank andrehen lässt, kauft damit eine Forderung - GEGEN SICH SELBST. Das ist das Problem, das ist der Witz.
Jaja, Besitz von Staatsanleihen sind Forderungen GEGEN SICH SELBST - bzw. gegen sie gesamte steuernzahlende Gesellschaft. Aber die Frage ist doch, wer hier wieviel fordert und bekommt. Die Vermögensverteilung ist so ungleich, dass einige sehr wohl ganz gewaltig an ihren Staatsanleihen verdienen, während 90% in die Röhre gucken - bzw. per saldo DRAUFLEGEN.
Systemfehler wendet sich aber nicht nur gegen Staatsverschuldung - sondern gegen das gesamte Kettenbriefsystem insgesamt. Und da finde ich die Erklärung, warum Zinsen nie unter eine bestimmte Größe fallen können (ohne das es zu einer Deflation kommt) schon sehr bemerkenswert.
>Grüsse ins Weekend
>d.
besten Dank, gleichfalls.
Derek
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dottore
27.05.2000, 11:49
@ Derek
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Re: Hallo dottore, |
>Hallo dottore,
>>Wer sich heute eine Bundesanleihe von seiner Bank andrehen lässt, kauft damit eine Forderung - GEGEN SICH SELBST. Das ist das Problem, das ist der Witz.
>Jaja, Besitz von Staatsanleihen sind Forderungen GEGEN SICH SELBST - bzw. gegen sie gesamte steuernzahlende Gesellschaft. Aber die Frage ist doch, wer hier wieviel fordert und bekommt. Die Vermögensverteilung ist so ungleich, dass einige sehr wohl ganz gewaltig an ihren Staatsanleihen verdienen, während 90% in die Röhre gucken - bzw. per saldo DRAUFLEGEN.
>Systemfehler wendet sich aber nicht nur gegen Staatsverschuldung - sondern gegen das gesamte Kettenbriefsystem insgesamt. Und da finde ich die Erklärung, warum Zinsen nie unter eine bestimmte Größe fallen können (ohne das es zu einer Deflation kommt) schon sehr bemerkenswert.
>
>>Grüsse ins Weekend
>>d.
>besten Dank, gleichfalls.
>Derek
Nochmal, ganz kurz (ausführlich in"Die Krisenswchaukel"; wird auf Wunsch gern kostenlos verschickt): Im kapitalistischen (arbeitsteiligen, auf Schuldverhältnissen basierenden) Wirtschaftssystem fehlt immer Nachfrage, weil die Kosten zwar Einkommen werden (siehe Kreislauftheorie), aber die in der Zeit, da die Kosten als Einkommen wieder zu den Unternehmen usw. zurückkehren, auflaufenden Zinsen (= Kosten für Zeitablauf) nicht vorhanden sind. Gewinne ebenfalls nicht; siehe Marx (nicht wörtlich):"Wie kann die Kapitalistenklasse ständig 500 Pfd. in die Zirkulation abgeben, aber 600 Pfd. (die 100 sind der 'Mehrwert') daraus abholen..."?
Der Kapitalismus ("Debitismus", da von den Schulden vorangetrieben, i m m e r fehlt Geld) ist und bleibt ein Kettenbriefsystem. Bricht die Nettoneuverschuludng ab, die zur Erhaltung des Systems notwendig ist, gehen alle zeitlich früheren Schuldner unter (= große Wirtschaftskrise, alias deflationäre Depression). Und in diese Richtung marschieren wir jetzt stramm. Der Zins spielt natürlich eine Rolle, aber mit Zinsmanipulationen ist absolut nichts zu erreichen, siehe Japan mit seiner Anti-Deflationspolitik (16 Konjunkturprgramme, Staatsverschuldung = ca. 250 % des BIP, Nullzins bei der Notenbank): Gestern kam die Meldung, dass die Konsumentenpreise um 0,9 Prozent gegen Vorjahr gefallen sind. Wer in Japan also schlau ist wartet mit der neuen Playstation und dem nächsten Pokemon-Schub, bis es automatisch billiger wird, und dieses Warten macht es erst recht billiger. Ausweg aus dieser Einwärts-Spirale? KEINER (das sog. Schwundgeld - oder der Geldabwurf per Hubschrauber wie Prof. Krugman vom MIT vorgeschlagen hat - mal ausgenommen, siehe dazu die ausführlichen Postings auf den systemfehler-Seiten).
In diesem Forum sollten wir uns aber nicht mit diesen Dingen abquälen, sondern uns die first class EW-Analysen anschauen, der Diamant ist schon sehr superb und auf die diversen JüKü-Calls achten (siehe EURO!). Der Weg nach Süden ist sehr lang (Kurse am Ende des Bubble immer unter denen zu seinem Beginn) und da gibt es Spannendes zu erleben. Und nach beiden Seiten ist jede Menge Geld zu verdienen.
Grüße
d.
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Schlangenfuchs
27.05.2000, 14:53
@ dottore
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Danke für die Antwort! Dann sind wir jetzt also beim Tsatsiki angelangt? owT |
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NickLeeson
27.05.2000, 15:26
@ Derek
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Re: Hallo Derek, Hallo dottore, |
Hallo Derek,
die Aussage des folgenden Textes ist weitgehend identisch mit Deinem Einwand, lediglich etwas ausführlicher. Ich hatte das ganze bereits gestern formuliert, konnte es dann aber aufgrund technischer Schwierigkeiten nicht ins Forum stellen.
Wer sich heute eine Bundesanleihe von seiner Bank andrehen lässt, kauft damit eine Forderung - GEGEN SICH SELBST. Das ist das Problem, das ist der Witz. Und wer das einmal verstanden hat (mir als promoviertem Ã-konomen und Milton-Friedman-Schülers gelang es nur mit Hilfe eines stocksteifnüchternen Dipl.-Ingenieurs endlich dahinter zu kommen), der sieht alles plötzlich klar.
Lieber dottore,
im Prinzip stimme ich den von Dir geschilderten Auswirkungen des"Tsatsiki-Syndroms" voll zu. Mit der obigen Formulierung"Wer sich heute eine Bundesanleihe von seiner Bank andrehen lässt" habe ich jedoch gewisse Probleme, da sie beim Leser den Eindruck erwecken könnte, der Kauf von Bundesanleihen wäre ein schlechtes Investment. Dies bedarf, wie ich glaube, der Klarstellung.
Im Aggregat betrachtet, führt die Staatsverschuldung in letzter Konsequenz zur Selbstverrentung:"...sind die (Staats)Schulden erst einmal hoch genug, so daß die jährliche Zinslast die Höhe des Bruttosozialprodukts erreicht hat, kann die gesamte Nation von den Zinsen leben und niemand muß mehr arbeiten." Diese Aussage ist an Prägnanz nicht zu überbieten. Es lohnt sich jedoch, ein wenig mehr ins Detail zu gehen. Man muß bedenken, daß das Vermögen, und somit auch die Schuldtitel des Staates, in unserer Gesellschaft nicht gleichmäßig verteilt sind. Im Folgenden wollen wir annehmen, daß die jährlichen Zinszahlungen noch aus dem regulären Steueraufkommen, und nicht über neue Kredite bezahlt werden (no Ponzi scheme!), d.h. der Beitrag den jeder einzelne Bürger zu den Zinszahlungen leistet ist proportional zu seiner persönlichen Steuerschuld (meines Wissens zur Zeit etwa 25 % davon). Wir können die Gesellschaft nun in drei Gruppen aufteilen:
A) Personen ohne Kapitalvermögen die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, also ohne jegliches Einkommen sind
B) Personen mit geringem Kapitalvermögen, deren Einkommen überwiegend aus Erwerbstätigkeit stammt
C) Personen mit hohem Kapitalvermögen, deren Einkommen überwiegend aus Zinseinkünften stammt
Im deutschen Sozialstaat werden die Mitglieder der Gruppe A vom Staat durch Sozialhilfe und ähnliches alimentiert, wodurch sie zu Nettoempfängern werden. Bei den Mitglieder der Gruppe C sind die jährlichen Zinseinkünfte höher als ihre Steuerschulden, womit auch sie zu den Nettoempfängern zählen. Als einziger Nettozahler verbleibt somit die Gruppe B, also die breite Schicht der Arbeiter und Angestellten.
Man könnte nun argumentieren, daß es im Prinzip keinen Unterschied zwischen Aktien und Bundesanleihen gibt, denn auch bei der AG muß die Dividende des Aktionärs von den Arbeitern und Angestellten erwirtschaftet werden. Das ist aber falsch. Es ist meine Entscheidung, ob ich für ein Unternehmen arbeite und wenn ja, dann kann ich meinen Lohn frei aushandeln. Sind die Löhne im Verhältnis zu den Unternehmensgewinnen zu niedrig, wird schnell die Konkurrenz kommen und mir ein besseres Angebot machen. Oder ich streike. Der Wettbewerb sorgt also dafür, daß der Unternehmensgewinn stets in einem vernünftigen Verhältnis zu den Löhnen der Mitarbeiter steht. Bei einer Geldanlage in Aktien ist mein Profit also automatisch nach oben begrenzt. Bei Steuern hingegen existiert kein solcher Regelungsmechanismus, die Bürger haben keine (legale) Möglichkeit, sich gegen zu hohe Abgaben zur Wehr zu setzen. Besitze ich Bundesanleihen, so habe ich also die gesamte Nation im Würgegriff, niemand kann mir entkommen! Aber es kommt noch besser: hat ein Unternehmen erst einmal eine gewisse Größe erreicht, wird weiteres Wachstum zunehmend schwieriger und die Wachstumsrate verlangsamt sich zwangsläufig. Bei Staatsschulden ist das genau umgekehrt: je höher die Schulden eines Staates sind, desto höher ist der Zinssatz den er zahlen muß, um zusätzliche Kredite zu bekommen. Je größer die Schulden, desto schneller das Wachstum.
Es versteht sich von selbst, daß, je weniger den Erwerbstätigen von ihrem Lohn verbleibt, desto geringer ist die Nachfrage nach den im Lande produzierten Gütern. Schließlich werde ich, der ich ja bereits im Überfluß lebe, meine Konsumausgaben wohl kaum erhöhen, nur weil ich durch die steigenden Zinseinkünfte aus meinen Staatspapieren immer reicher werde. Da viele Produkte nun keine Abnehmer mehr finden, müssen die am wenigsten rentablen Betriebe schließen und ihre ehemaligen Arbeitnehmer kommen, sofern sie nicht zur Gruppe C gehören, von B nach A. Die Gruppe A wächst also auf Kosten von B, was sich in zweierlei Hinsicht positiv auswirkt: 1) da die Sozialausgaben steigen während das Steueraufkommen sinkt, muß der Staat neue Schulden machen, was mir ein paar nette Zusatzeinkünfte bescheren wird... 2) diejenigen, die so dumm waren ihr Kapital in Aktien anzulegen, und bislang durch den unseligen Wettbewerb an der erfolgreichen Durchsetzung ihrer legitimen Profitinteressen gehindert wurden, kommen nun auch zum Zug. Schließlich verhindert das Überangebot an Arbeitskräften jetzt endlich die Durchsetzung übertriebener Lohnforderungen (zumindest dann, wenn wir das Problem der Globalisierung einmal außen vor lassen).
Wir sehen also, es sind nicht die Aktien, sondern die Bundesanleihen, die das größere Potential besitzen.
Zum Glück für uns alle scheinen das bisher nur sehr wenige verstanden zu haben. Bitte sorgt dafür, daß das auch weiterhin so bleibt und sagt es nicht weiter. Niemandem.
viele Grüße, NickLeeson
PS: Ach so, wie sind die Staatsschulden eigentlich entstanden? Ich glaube, angefangen hat es mit Programmen zur Belebung der Konjunktur --- ihr wißt schon, um Arbeitsplätze zu sichern und so... Und danach dann, weil die Arbeitslosigkeit unverständlicherweise immer weiter zunahm und die steigenden Sozialausgaben ja irgendwie finanziert werden mußten. Schließlich soll niemand sagen können, bei uns ginge es nicht"sozial gerecht" zu. Was immer das heißen mag...
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NickLeeson
27.05.2000, 17:20
@ dottore
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Re: Hallo dottore... |
Hallo dottore,
in Deiner Antwort auf Dereks (und meinen) Einwand schreibst Du
Der Kapitalismus ("Debitismus", da von den Schulden vorangetrieben, i m m e r fehlt Geld) ist und bleibt ein Kettenbriefsystem. Bricht die Nettoneuverschuludng ab, die zur Erhaltung des Systems notwendig ist, gehen alle zeitlich früheren Schuldner unter (= große Wirtschaftskrise, alias deflationäre Depression).
Auch hier hab' ich wieder was dran auszusetzen: Das klingt mir alles viel zu negativ. Ein Kettenbrief (oder Pyramidenschema) ist für mich Betrugsschema, bei dem eine Umverteilung von unten (der Basis der Pyramide) nach oben (im Idealfall zu mir) stattfindet. Oder habe ich da etwas verwechselt? Der Kapitalismus (Debitismus) ist nach meinem Verständnis aber etwas sehr positives, von dem letzlich alle Teilnehmer profitieren.
Nehmen wir an, ein Unternehmen nimmt bei mir einen Kredit auf, um ein neues Produkt zu entwickeln. Nehmen wir weiter an, die Entwicklung konnte nach einem Jahr erfolgreich abgeschlossen werden. Nun kommt es darauf an, ob das neue Produkt auch einen"Wert" darstellt, was genau dann gegeben ist, wenn es für die übrigen Mitglieder der Gemeinschaft von Nutzen ist. In diesem Fall kann der neu entstandene"Wert" beliehen werden (Neuverschuldung) und das Unternehmen kann beides, Prinzipal und Zinsen zurückzahlen.
Sollte sich jedoch herausstellen, daß die Gemeinschaft kein Interesse an dem neuen Produkt hat, so können auch keine neuen Schulden gemacht werden und ich werde meine Investition wohl nicht mehr wiedersehen (Deflation). Für mich persönlich ist das zwar ärgerlich, vielleicht sogar tragisch. Für die Gemeinschaft insgesamt aber von großem Vorteil. Denn zum einen wird das Unternehmen auf diese Weise daran gehindert, weiterhin wertvolle Resourcen für unsinnige Projekte zu verschwenden, zum andern werde ich als Kapitalist beim nächsten Mal (sofern es für mich noch ein nächstes Mal geben sollte) besser nachdenken bevor ich mein Kapital investiere. Es handelt sich also genaugenommen um eine Erziehung zum Gemeinsinn. Ein erfolgreicher Kapitalist ist jemand, der die Bedürfnisse seiner Mitmenschen richtig erkennt und dafür sorgt, daß sie befriedigt werden.
Was passiert, wenn man die notwendige Deflation künstlich unterdrückt, wird uns zur Zeit in Japan drastisch vor Augen geführt.
Gestern kam die Meldung, dass die Konsumentenpreise um 0,9 Prozent gegen Vorjahr gefallen sind. Wer in Japan also schlau ist wartet mit der neuen Playstation und dem nächsten Pokemon-Schub, bis es automatisch billiger wird, und dieses Warten macht es erst recht billiger.
Auch die oft vorgebrachte Ansicht, man könne durch Inflation den Konsum stimulieren, halte ich für kompletten Blödsinn. Nur weil mein Geld immer weniger Wert wird, werde ich es doch nicht für irgendwelchen nutzlosen Schnickschnack aus dem Fenster werfen. Stattdessen werde ich nach einer Ware suchen, von der ich mir eine höhere Wertstabilität erwarte (Immobilien, Aktien,Gold? etc).
Das beste Gegenbeispiel sind für mich aber immer noch die Computer: wenn diese Theorie richtig wäre, hätte nie auch nur ein einziger Computer je verkauft werden dürfen. Pustekuchen! Ich brauche hier und heute einen schnelleren Rechner, nicht erst morgen oder gar übermorgen. Daß die Rechner in einem Jahr noch viel schneller und billiger sein werden weiß ich auch, allein, der zusätzliche Nutzwert der mir dadurch entsteht, daß ich den heute teuer gekauften Rechner sofort (und nicht erst in einem Jahr) produktiv einsetzen kann, macht den Preisunterschied mehr als wett.
viele Grüße und ein schönes Wochenende, NickLeeson
PS: die systemfehler- und geldcrash-Seiten habe ich mir vor längerer Zeit schon mal angeschaut. Allerdings waren die dort vorgebrachten Argumente gegen den Debitismus für mich nicht nachvollziehbar. Jetzt bin ich schon sehr gespannt auf Dein Buch.
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NickLeeson
27.05.2000, 18:05
@ NickLeeson
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Nachtrag |
Nachtrag
Im dem vorangegangenen Beitrag schreibe ich:
die systemfehler- und geldcrash-Seiten habe ich mir vor längerer Zeit schon mal angeschaut. Allerdings waren die dort vorgebrachten Argumente gegen den Debitismus für mich nicht nachvollziehbar.
Ich habe noch 'mal nachgeschaut und muß mich korrigieren:
die systemfehler- und geldcrash-Seiten habe ich mir vor längerer Zeit schon mal angeschaut. Die dort vorgebrachten Einwände gegen das kapitalistische System sind unsinnig und lassen sich leicht widerlegen.
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