Popeye
25.07.2004, 12:44 |
Gedanken für @Ricardo Thread gesperrt |
-->Hallo, @Ricardo,
der Vortrag diese Argumentes
“1. Wenn bei Volksentscheiden über Fragen abgestimmt wird, zu denen der einzelne überhaupt nichts sagen kann, weil ihm die Information oder der Sachverstand fehlt, geht`s nur über Stellvertreter. Das ist auch gut so.“ erheitert mich immer wieder - zumindest gemessen an den Verhältnissen in dieser Republik.
Dahinter stehen - meines Erachtens - mehrere falsche Vorstellungen:
1. Gesetze werden nicht vom Bundestag geschrieben. Ich behaupte einmal frech - kein einziger Bundestagsabgeordneter könnte wirklich einen Gesetzestext so schreiben, dass daraus eine exekutierbares Gesetz würde. Auch sitzt der Sachverstand nicht bei den gewählten Volksvertretern - von wenigen punktuellen Ausnahmen abgesehen.
Geschrieben wird ein Gesetz in den damit befassten Ministerien von Beamten (also Dienern des Staates). Diese Beamten haben den Sachverstand Gesetze „zu verfassen“ - klar nach politischen Zielvorstellungen. Den materiellen Sachverstand holen sie sich von niedrigeren Verwaltungsebenen, die mit den täglichen Problemen befasst sind. Gelegentlich wird auch die Ã-ffentlichkeit befragt - sog. öffentliche Anhörungen. Und dann gibt’s natürlich noch die Lobbyisten, die den Gesetzesschreibern mit nicht ganz uneigennützigen Informationen weiterhelfen.
Wenn Du also ernsthaft glauben solltest, dass mit dem Amt auf geheimnisvolle Weise auch der Sachverstand käme, muss ich Dich enttäuschen. Die traurige Wahrheit ist, dass die wenigsten Bundestagsabgeordneten ein Gesetz gelesen haben bevor es zur Abstimmung kommt.
Soviel also zu dem immer wieder vorgetragenen Argument der Bürger könne keine kompetenten Entscheidungen treffen “weil ihm die Information oder der Sachverstand fehlt“.
Im Zeitalter der Elektronik ist es ein Leichtes dem Bürger den Gesetzestext - nebst Begründungen, (die gibt’s nämlich auch für die Abgeordneten gratis dazu) zugänglich zu machen.
Und bitte schieb nun nicht das Argument nach, der Abgeordnete sei aber seinem Gewissen verpflichtet und der Bürger stimme nach dem Geldbeutel ab… bitte nicht!
2. Dein zweites Argument: „Für einen Volksentscheid ist mindestens ein Quorum von 0,5 angesagt. Also eine absolute Mehrheitsentscheidung. Bei reversiblen zur Entscheidung anstehender Fragen ist das deshalb nicht vertretbar, weil man dann solange abstimmen lässt bis das gewünschte Ergebnis erreicht ist. Die Folge: Abstimmungsorgien (übertrieben, aber in der Tendenz)“.
Zunächst einmal ist das eine technische Frage und deshalb hier für mich von untergeordneter Bedeutung.
In diesem Zusammenhang sei nur daran erinnert, dass in einer repräsentativen Demokratie bei einer Wahlbeteiligung von 50 Prozent de facto 26 Prozent der Bevölkerung (indirekt) eine Majorität inthronisieren können.
Im gleichen Atemzug vielleicht noch der Hinweis auf das Gerangel im Bundestag und Bundesrat und vielfachen faulen Kompromissen und Abstimmungsverfahren, wenn es mit den Mehrheiten nicht so richtig stimmt.
Letztlich noch zu Deinem Nachsatz: Denn das Leid derer die dagegen sind, und nicht kompensiert werden können (weil irreversibel), fällt ungleich höher aus als der Gewinn derer die dafür sind.
Wie verhält es sich mit diesem Argument bei repräsentativen Wahlverfahren? Und wie misst man Leid? Darüber hinaus sehe ich bis auf die Todesstrafe wenig politische Entscheidungen, die nicht reversibel wären.
Last not least: Mein Argument für eine Volksabstimmung bezüglich der EU-Verfassung ist wie folgt:
Das Konstrukt unseres Grundgesetzes sieht vor, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht (Artikel 20,2).
Und nun heißt es im gleichen Artikel weiter- „Sie [die Staatsgewalt] wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
Im Zusammenhang mit der Euro-Einführung wurde Artikel 23 so umgestrickt, dass nun durch Gesetz Bundesrat und Bundestag „Hoheitsrechte“ an die EU übertragen dürfen (damals Währungshoheit).
In meinem Demokratieverständnis war dies eine Ungeheuerlichkeit. Mit meiner Stimme habe ich nämlich meinen Bundestagsabgeordneten treuhänderisch bevollmächtigt meine Rechte (Staatsgewalt) im Rahmen des Grundgesetzes auszuüben. Ich habe ihn aber nicht bevollmächtigt das Grundgesetz dergestalt zu ändern, dass es ihm nun erlaubt ist Hoheitsrechte (Staatsgewalt) an fremde Dritte dauerhaft abzutreten.
Hätte ich ihn dazu bevollmächtigt, könnte das zu dem perversen Ergebnis führen, dass mein Bundestagsabgeordneter/Bundesrat alle mein Rechte nach dem Grundgesetz an einen fremden Dritten - ohne mich zu fragen - abtritt.
Artikel 23 ist eine Missgeburt, die in eklatantem Konflikt zu Artikel 20 steht.
Denn hätte mein Bundestagsabgeordneter/Bundesrat letztendlich alle meine Rechte an einen fremden Dritten abgetreten - wäre Artikel 20,2 inhaltsleer. Dies umso mehr wie die EU immer noch kein demokratisch legitimiertes Vehikel ist, das mir mehr als ein Feigenblatt an Mitspracherecht anbietet.
Langer Rede kurzer Sinn:
Ich will gefragt werden, bevor sich die Rechtsgrundlagen (Grundgesetz) meines Vollmachtsgeschäftes mit meinem Abgeordneten ändern. Es ist nämlich alles was ich (politisch) habe. Es ist schon ungeheuerlich, dass keines der Grundrechte des Grundgesetzes noch in der Fassung von 1949 existiert.
Grundgesetz
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Ricardo
25.07.2004, 14:29
@ Popeye
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Volksentscheide tragen Züge organisierter Anarchie |
-->>Hallo, @Ricardo,
>der Vortrag diese Argumentes
>?1. Wenn bei Volksentscheiden über Fragen abgestimmt wird, zu denen der einzelne überhaupt nichts sagen kann, weil ihm die Information oder der Sachverstand fehlt, geht`s nur über Stellvertreter. Das ist auch gut so.? erheitert mich immer wieder? zumindest gemessen an den Verhältnissen in dieser Republik.
>Dahinter stehen? meines Erachtens? mehrere falsche Vorstellungen:
>1. Gesetze werden nicht vom Bundestag geschrieben. Ich behaupte einmal frech? kein einziger Bundestagsabgeordneter könnte wirklich einen Gesetzestext so schreiben, dass daraus eine exekutierbares Gesetz würde. Auch sitzt der Sachverstand nicht bei den gewählten Volksvertretern? von wenigen punktuellen Ausnahmen abgesehen.
>Geschrieben wird ein Gesetz in den damit befassten Ministerien von Beamten (also Dienern des Staates). Diese Beamten haben den Sachverstand Gesetze?zu verfassen?? klar nach politischen Zielvorstellungen. Den materiellen Sachverstand holen sie sich von niedrigeren Verwaltungsebenen, die mit den täglichen Problemen befasst sind. Gelegentlich wird auch die Ã-ffentlichkeit befragt? sog. öffentliche Anhörungen. Und dann gibt?s natürlich noch die Lobbyisten, die den Gesetzesschreibern mit nicht ganz uneigennützigen Informationen weiterhelfen.
>Wenn Du also ernsthaft glauben solltest, dass mit dem Amt auf geheimnisvolle Weise auch der Sachverstand käme, muss ich Dich enttäuschen. Die traurige Wahrheit ist, dass die wenigsten Bundestagsabgeordneten ein Gesetz gelesen haben bevor es zur Abstimmung kommt.
>Soviel also zu dem immer wieder vorgetragenen Argument der Bürger könne keine kompetenten Entscheidungen treffen?weil ihm die Information oder der Sachverstand fehlt?.
>Im Zeitalter der Elektronik ist es ein Leichtes dem Bürger den Gesetzestext? nebst Begründungen, (die gibt?s nämlich auch für die Abgeordneten gratis dazu) zugänglich zu machen.
>Und bitte schieb nun nicht das Argument nach, der Abgeordnete sei aber seinem Gewissen verpflichtet und der Bürger stimme nach dem Geldbeutel ab? bitte nicht!
>2. Dein zweites Argument: ?Für einen Volksentscheid ist mindestens ein Quorum von 0,5 angesagt. Also eine absolute Mehrheitsentscheidung. Bei reversiblen zur Entscheidung anstehender Fragen ist das deshalb nicht vertretbar, weil man dann solange abstimmen lässt bis das gewünschte Ergebnis erreicht ist. Die Folge: Abstimmungsorgien (übertrieben, aber in der Tendenz)?.
>Zunächst einmal ist das eine technische Frage und deshalb hier für mich von untergeordneter Bedeutung.
>In diesem Zusammenhang sei nur daran erinnert, dass in einer repräsentativen Demokratie bei einer Wahlbeteiligung von 50 Prozent de facto 26 Prozent der Bevölkerung (indirekt) eine Majorität inthronisieren können.
>Im gleichen Atemzug vielleicht noch der Hinweis auf das Gerangel im Bundestag und Bundesrat und vielfachen faulen Kompromissen und Abstimmungsverfahren, wenn es mit den Mehrheiten nicht so richtig stimmt.
>Letztlich noch zu Deinem Nachsatz: Denn das Leid derer die dagegen sind, und nicht kompensiert werden können (weil irreversibel), fällt ungleich höher aus als der Gewinn derer die dafür sind.
>Wie verhält es sich mit diesem Argument bei repräsentativen Wahlverfahren? Und wie misst man Leid? Darüber hinaus sehe ich bis auf die Todesstrafe wenig politische Entscheidungen, die nicht reversibel wären.
Hallo Popeye,
ich habe noch so ganz vage die Volksabstimmung zum Ausbau des Mittleren Rings in München von vor ein paar Jahren in Erinnerung. Die Bürger wurden befragt: sind sie für oder gegen den Ausbau. Die Entscheidung fiel ganz knapp aus. Nur ein paar Wähler mehr stimmten für den Ausbau. Eine irreversible Entscheidung, für die fast 50% der Wähler ein nicht unerhebliches"Leid" erfuhren. Sie sind die Verlierer, und wenn man den Folgeschaden mit hinzu rechnet (Schulden), dürften es noch mehr sein. Das ist keine technische Frage!
Andererseits dürfte nur eine kleine Minderheit wirklich über die Folgen - es gibt übrigens auch positive, die mit der infrastrukturellen Entwicklung einhergehen - wirklch informiert, oder sich ganz allgemein im Klaren darüber gewesen sein. Was auch ganz normal ist, denn Ottonormalverbraucher kann das nicht abschätzen. Schon gar nicht wenn es nicht nur um sein eigenes Wohl geht, sondern auch um das Wohl der Gemeinschaft. Er kann auch keine Verantwortung übernehmen, weil er anonym bleibt. Volksentscheide tragen daher Züge der oranisierten Anarchie (Baldur!). Wenn aber, wie in den meisten Fällen, erst im Laufe der Zeit die Folgen (die positiven & negativen) der Wahlentscheidung erst offensichtlich werden, kann bei indirekter Demokratie erneut bewerten werden.
Grüsse
Ricardo
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Popeye
25.07.2004, 14:40
@ Ricardo
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Re: Volksentscheide tragen Züge organisierter Anarchie |
-->Hallo, @Ricardo -
was haben diese Argumente mit dem Thema Volksentscheidung zu tun?
Was Du vorträgst gilt für alle politischen Entscheidungen, die nicht von 100 Prozent der Betroffenen getragen werden - gleichgültig, ob diese Entscheidungen nun via Volksentscheid oder parlamentarischen Entscheid getroffen werden.
Grüße
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Uwe
25.07.2004, 14:55
@ Popeye
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Re: @Popeye: 'Geschäftsbedingungen' bei der Wahl des MdBs |
-->Hallo, Popeye,
so leicht ich Deinen Argumenten im Sinne einer politischen Gewalt, die vom Volk ausgeht, folgen kann, so meine ich jedoch, dass Du mit dem Ansinnen, der bundesrepublikanische Abgeordnete sei"Dein Bevollmächtigter" in staatlichen Belangen, gegen GGArt. 38 antreten mußt (hier aus Deinem Linkhinweis kopiert mit unterstreichung von mir):
Artikel 38 [Wahlrechtsgrundsätze; Rechtsstellung der Abgeordneten]
(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
Das bedeutet, dass Du den Abgeordenten, den du wählst, zwar seiner(?)"Wahlversprechen" wegen wählen magst, dies jedoch keine Vollmachtsgeschäft sein kann, da er jedoch, ist er erst einmal gewählt - wie auch immer Liste/Direktmandat - eigentlich seinem Wähler gegenüber nicht mehr verpflichtet ist, wenn er nicht aus Eigenerwägungen (Ethik, Pflichtgefühl, Wiederwahlinteresse) daran interessiert ist.
Eine gebundene Vollmacht, einen Auftrag, wird also dem Abgeorneten durch Wahl m.E. nicht erteilt, allenfalls eine"Blancovollmacht" (wohl nicht einaml im Vormundschaftsfall so leicht zu erlangen).
Insofern kann es eigentlich auch den Fraktionszwang nach dem GG nicht geben; der"Zwang" entsteht dadurch, dass sich wohl nur mit einem guten Listenplatz ausrechnen kann, auch in der nächsten Wahlperiode wieder für"seinen Bürger" da sein zu können.
"Ceterum censeo potestas partium esse delendam", hier also: Im übrigen bin ich der Meinung, dass die Macht der Parteien zerstört werden muss. Parteien, als Sammelbecken und Arbeitsplattform von Personen mit gleichgerichteten Zielen, dürfen m.E. eben nicht, an der Willensbildung des Volkes per GG-Artikel hervorgehoben beteiligt sein.
Die Umsetzung dieses Wunsches kann jedoch nur mit der Klärung der Frage verbunden werden, wie Wahlkompf finanziert werden, so dass die bessere Perspektive und Idee nicht dadurch nicht vorgebracht wird, weil die finanzelle Unterstützung zur Vorstellung fehlt, um nur ein Themenkomplex anzusprechen, für den ich keine rechte Lösung habe.
Gruß,
Uwe
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Euklid
25.07.2004, 14:57
@ Popeye
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Re: Volksentscheide tragen Züge organisierter Anarchie |
-->Hallo Popeye
ich stimme Dir hier voll zu,da bei einem Volksentscheid 2 Stufen des Entscheides möglich wären.
Wählt die tatsächliche Mehrheit aller Wahlberechtigten mit Ja (Wahlenthaltungen würden grundsätzlich mit Nein gewertet) ist der Entscheid auf jeden Fall anzunehmen.
Hätte man aber unter Ausklammerung der Wahlenthaltungen nur knapp mehr als die 50% ist die Entscheidung an das parlament zurückzugeben da das Volk dann zu faul war ihre Stimme zur Anwendung zu bringen und das Thema offensichtlich nicht so wichtig ist.
Daher verstehe ich auch die Angst vor Volksentscheiden nicht.
Das Volk müßte auch gegen offensichtliche Lügen im Wahlkampf vorgehen können wenn plötzlich wie aus heiterem Himmel bei der Regierungsarbeit ein völlig anderes Programm aus dem Hut gezaubert wird wie gerade geschehen.
Immerhin hat die Regierung noch den Vorteil der Pressearbeit für sich um für ihre Entscheidungen zu werben.
Die SPD war zu faul ihren Wählern und den Bürgern den reinen Wein einzuschenken.
Das gilt natürlich genauso für die CDU.
Die Bürger sind nämlich noch immer nicht bereit den Reformen zu folgen wenn man sie mit basta Stil verkaufen will weil man es versäumt hat darum zu werben und die tatsächlichen Ziele die man ereichen will in ehrlicher Weise zu beschreiben,anstatt von Halbierung der Arbeitslosen zu schwadronieren.
Gruß EUKLID
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Popeye
25.07.2004, 15:11
@ Uwe
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Re: @Popeye: 'Geschäftsbedingungen' bei der Wahl des MdBs |
-->Hallo, Uwe,
Du hast Recht - es ist eine Blanco-Vollmacht, aber eben auf der Geschäftsgrundlage Grundgesetz. Es ist ein Widerspruch in sich, den"Bevollmächtigten" zu berechtigen die"Geschäftsgrundlage Grundgesetz" ohne meine Zustimmung ändern zu dürfen -(Dreiviertemehrheit für Grundgesetzänderungen). Noch brisanter wird es wenn er sich selbst ermächtigt materielle Rechtsinhalte (Staatsgewalt/Hoheitsrechte) an fremde Dritte (EU) abzutreten. Dazu hat nur der das Recht, von dem alle Staatsgewalt ausgeht! - Sonst stimmt das ganze Konzept nicht mehr - falls es das je getan hat.
Grüße
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Popeye
25.07.2004, 15:16
@ Euklid
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Re: Volksentscheide tragen Züge organisierter Anarchie |
-->Hallo, @Euklid - Gute Idee!
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Euklid
25.07.2004, 15:18
@ Uwe
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Re: @Popeye: 'Geschäftsbedingungen' bei der Wahl des MdBs |
-->hallo Uwe
>"Ceterum censeo potestas partium esse delendam", hier also: Im übrigen bin ich der Meinung, dass die Macht der Parteien zerstört werden muss. Parteien, als Sammelbecken und Arbeitsplattform von Personen mit gleichgerichteten Zielen, dürfen m.E. eben nicht, an der Willensbildung des Volkes per GG-Artikel hervorgehoben beteiligt sein.
Du sprichst mir ja aus dem Herzen
Ich fürchte aber daß die Parteien eher uns auseinander nehmen.Man müßte dafür sorgen daß auf jeden Fall die Lobbyisten (sowohl vom BDI als auch von den Gewerkschaften ) eine sinnvolle Regierungsarbeit nicht stören könnten.
Ich habe manchmal aber den Eindruck daß Politikarbeit der fortgesetzte Kampf beider Lobbyistenlager darstellt und sich deshalb für unabhängige politische Arbeit die allen zugute kommt (und darauf kommts mir hauptsächlich an) gar kein Raum mehr findet.
Ich sehe 3 Lobbyistengruppern im Bundestag.
Beamte,Gewerkschaften,Industrielle und Arbeitgeber
Der Rest hat nichts zu melden.
Gruß EUKLID
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Turon
25.07.2004, 15:52
@ Ricardo
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Sorry Ricardo - da habe ich ganz andere Meinung |
-->Anarchie ist dann explizit vorhanden, wenn einer der Ansicht ist über alles nach seinem Maßstab entscheiden zu dürfen, wohlwollend davon auch überzeugt zu sein, daß er der klügste Kopf im Stamm ist. Solche Verteter schreiben auch hier im Forum, nur der einzige Grund warum sie herausragend sind ist irgendein Titel, kann auch erschleimt, oder auch verdient sein.
Volksentscheide - einmal eingeführt werden nachhaltig Bürger dazu zwingen seriöser zu werden und nachzudenken, ob ein Bau einer Autobahn wo die Brücken schon ja stehen (ich sage ja nur: Kassel-Leipzig Autobahn) sinnvoll ist oder nicht.
Natürlich ist es sinnvoll wenn ich auf dem Hin und Rückweg 200 km spare und dabei nicht bloß Geld und Verschleiß des Wagens aber auch Zeit.
Das ist nur ein mickriges Beispiel, wo man dem Volk als Gegener plausibel machen kann warum der Bau sinnvoll ist, oder der Bau nicht sinnvoll ist.
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Aber in Kassel war das Ding beispielsweise von rot-grün gekappt worden, wegen Umweltschutz und die Brücken waren ja schon gebaut. Grüne haben gepunktet weil sie woanders den Schwanz einzogen und die SPD sich durchsetzte.
Ich persönlich finde: wer ernsthaft meint man dürfe den Herren Politikern Entscheidungsbefungnis in Vorab in die Hände legen, der kann auch sich von einen beliebeigen Gauner einer Sekte am Herz operieren lassen.
Da gibt es keinen Unterschied.
Und Anarchie? mein Gott! Was ist denn das schon? Sind wir denn alle zu 95% Punker die im Hannover Autos demolieren? (so wird das ja von der CDU - Hornoochsen immer dargestellt).
Und genau aus dem Grunde haben wir diese Meganiete Merkel, die meint Verbrechensbekämpfung darf man ausbleiben, wenn man damit den Wirtschaftsstandort Deutschland schädigt. Genau aus dem Grunde kann Hartz, 50 Stundenwoche, Bürgerversicherung, einfach so durchgehen.
Denn wenn das Volk zu entscheiden hätte ob wir 60 Stunden arbeiten oder 30 dürfte das Abstimmungsergebnis eher bei 30 liegen, wenn es endlich mal Jemand ansprechen würde was nützt oder nicht.
Volksabstimmung würde die bodenlose Arroganz bestimmter Leute definitiv beseitigen und darum geht es von Anfang an, im Sinne der Geminschaft Politik zu betreiben.
MFG Turon
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Ricardo
25.07.2004, 17:13
@ Popeye
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Re: Volksentscheide tragen Züge organisierter Anarchie |
-->>Hallo, @Ricardo -
>was haben diese Argumente mit dem Thema Volksentscheidung zu tun?
>Was Du vorträgst gilt für alle politischen Entscheidungen, die nicht von 100 Prozent der Betroffenen getragen werden - gleichgültig, ob diese Entscheidungen nun via Volksentscheid oder parlamentarischen Entscheid getroffen werden.
>Grüße
Hallo Popeye,
sicher hat das ganz direkt mit meinem Statement zum Volksentscheid zu tun:
hier meine Antwort:
ich habe noch so ganz vage die Volksabstimmung zum Ausbau des Mittleren Rings in München von vor ein paar Jahren in Erinnerung. Die Bürger wurden befragt: sind sie für oder gegen den Ausbau. Die Entscheidung fiel ganz knapp aus. Nur ein paar Wähler mehr stimmten für den Ausbau. Eine irreversible Entscheidung, für die fast 50% der Wähler ein nicht unerhebliches"Leid" erfuhren. Sie sind die Verlierer, und wenn man den Folgeschaden mit hinzu rechnet (Schulden), dürften es noch mehr sein. Das ist keine technische Frage!
bis hierher beziehe ich mich explizit auf die Problematik bei irreversiblen zur Enscheidungung stehender Fragen. Ein Quorum selbst von 0,5 oder auch 0,75 ist höchst problematisch, weil das Leid ein grösseres ist als bei reversiblen Entscheidungen. Wäre die Abstimmung gegen der Ausbau ausgefallen, wäre es eine reversible Entscheidung, mit den von mir geschilderten"Abstimmungsorgien", eine normale politische Entscheidungsfindung verlagert von den Parlamenten direkt auf die Bürger. Ausserdem sehen Volksentscheide oft ein Quorum von nur 0,25 voraus. Jede bisher vom Parlament getragene Entscheidung kann durch Abstimmung einer Minderheit gekippt werden, ohne dass diese dafür irgendwie Verantwortung tragen (das ist Anarchie). Insgesamt entsteht aber sowohl bei Ablehnung als auch bei Zustimmung ein Schaden(s.u.). Wer ist für die Schäden (mal ganz abgesehen von den Abstimmungskosten selbst) verantworlich?
Andererseits dürfte nur eine kleine Minderheit wirklich über die Folgen - es gibt übrigens auch positive, die mit der infrastrukturellen Entwicklung einhergehen - wirklch informiert, oder sich ganz allgemein im Klaren darüber gewesen sein. Was auch ganz normal ist, denn Ottonormalverbraucher kann das nicht abschätzen. Schon gar nicht wenn es nicht nur um sein eigenes Wohl geht, sondern auch um das Wohl der Gemeinschaft. Er kann auch keine Verantwortung übernehmen, weil er anonym bleibt. Volksentscheide tragen daher Züge der oranisierten Anarchie (Baldur!). Wenn aber, wie in den meisten Fällen, erst im Laufe der Zeit die Folgen (die positiven & negativen) der Wahlentscheidung erst offensichtlich werden, kann bei indirekter Demokratie erneut bewerten werden.
der Unterschied zwischen politischen Entscheidungen und Volksentscheiden liegt darin, dass man bei politischen Entscheidungen Verantwortungsträger zur Rechenschaft ziehen kann. Selbst wenn sie nur mit einfacher Mehrheit gewählt wurden (Quorum <0,5). Und wenn sie nur abgewählt werden.
Grüsse
Ricardo
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Euklid
25.07.2004, 17:24
@ Ricardo
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Re: Volksentscheide tragen Züge organisierter Anarchie |
-->Hallo Ricardo zum letzten Satz.
Wer badet denn den Mist aus den der Herr Abgeordnete mit seinem Rücktritt plus Abfindungsregelung plus evtl Pension angerichtet hat?
Wenn Du gesagt hättest daß die Abgeordneten mit ihrem Privatvermögen für das haften was sie anrichten brauchen wir auch keinen Volksentscheid.
Und dann stimme ich auch einer höheren Bezahlung von Abgeordneten zu.
Daran sollte das dann nicht scheitern.
Wer voll in der Haftung steht muß auch ordentlich verdienen.Das ist bei jedem vollhaftenden Unternehmer so.
Bei Schrimppf und Schlumpf schon nicht mehr.
Daher vertragen die sich auch so gut mit unseren Politikern und haben immer ein Lächeln für die Kameras übrig [img][/img]
Gruß EUKLID
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Popeye
25.07.2004, 17:26
@ Ricardo
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Re: Volksentscheide tragen Züge organisierter Anarchie |
-->Hallo, @Ricardo -
Ich verstehe offenbar nicht was Dein Argument ist.
Glaubst Du eine parlamentarische Entscheidung wäre anders ausgegangen? Und wo wäre der Unterschied wenn sie genau so ausgegangen wäre?
Wie anderswo ausgeführt kann auch eine parlamentarische Mehrheit de facto eine Minderheit sein.
Ich versteh also offenbar Deine Argumentationskette nicht - lesen kann ich.
Ganz besonders interessant finde ich Deinen Glauben „dass man bei politischen Entscheidungen Verantwortungsträger zur Rechenschaft ziehen kann“. Da bitte ich doch herzlich um leicht verständliche Angaben über die Verfahrenswege und Paragraphen. Danke!
Grüße
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bernor
26.07.2004, 01:15
@ Ricardo
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Re: Volksentscheide tragen Züge organisierter Anarchie - ach, wie schrecklich... |
-->...dann schau doch mal nach Liechtenstein...
Da läuft es mit den Volksentscheidungen - auch in Finanzangelegenheiten! - so:
Ablehnung: Die Sache ist erledigt.
Zustimmung: Der Fürst, als nicht wähl-, höchstens absetzbarer Gegenpol zu den"organisierten Anarchisten", kann das"Begehren", wie jedes andere Gesetz auch, scheitern lassen, indem er dieses innerhalb der von der Verfassung vorgegebenen Frist nicht unterschreibt - damit sind beide Seiten, Fürst und Wahlbürger, von vornherein eher an"gemäßigten", sprich vernünftigen, als an"chaotischen" Entscheidungen interessiert.
Vielleicht kann Dich wenigstens dieses Modell beruhigen.
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