dottore
01.08.2004, 15:42 |
Nochmals zum Beginn von Eigentum und Zins Thread gesperrt |
-->Hi,
vor 10 Jahren gabe es in NY ein interessantes Kolloquium, das sich mit der Frage beschäftigte, ob es so etwas wie privates Eigentum vor dem Eintritt eines"öffentlichen Sektors" in der Geschichte gegeben habe und ob der öffentliche Sektor das dann an sich gezogen habe und dann immer mehr, bis das Gebilde im auto-bürokratischen Sumpf erstickte.
Oder ob der Ã-S das Eigentum als erster hatte und es dann immer weiter abgab und dann mangels eigener Einkünfte daraus ebenfalls verblich, da jene, die es anschließend hatten, verhindern konnten, dass sie etwas von den Erträgen ihres Eigentums abgaben.
Teilnehmer waren hochkarätige Wirtschaftshistoriker, Ã-konomen sowie Assyriologen (als Sammelbegriff für jene Experten, die sich mit den frühesten, anhand von Dokumenten, in immerhin sieben frühen Sprachen, und Ausgrabungen rekonstruierbaren Quellen tagein, tagaus beschäftigen). Gesponsert war die Tagung von der NY University und der Henry George School.
HG, das muss man wissen, war jener Amerikaner, der im 19. Jh. mit seinem Buch"Progress and Poverty" (EA 1879) den damaligen ökonomischen Bestseller schlechthin geschrieben hatte, worin er die Forderung aufstellte, die Bodenrente (Einkommen aus Grundeigentum) der Gemeinschaft und nicht einzelnen"landlords" zukommen zu lassen. Zu HGs Anhänger zählten vor allem eingewanderte Iren, die gerade erst der heimischen Perma-Katastrophe, verursacht durch die englischen landlords, welche die Bevölkerung abkassierten, ins Elend stürzten und zum Verlassen des Landes zwangen. In ähnliche Richtung wie HG argumentierten seit dem 19. Jh. zahlreiche andere"Bodenreformer", wie u.a. Damaschke, Ruhland, Gesell.
Auf diese Debatten einzugehen, ist hier nicht der Platz und auch die Tatsache, dass wir in vorstaatlichen Gesellschaften privates Eigentum, z.T. auch an bestimmten Landstücken kennen (ohne dass dabei der gesamte, einem Stamm zur Verfügung stehende Boden"aufgeteilt" wäre), wie Uwe Wessel ausführlich dargestellt hat, darf zunächst beiseite bleiben.
In dem einleitenden Referat stellt Michael Hudson (NY University; damals 63, was er heute macht und wo, konnte ich nicht eruieren) einige verblüffende Fragestellungen und Ergebnisse heraus:
Zunächst die Fragen:
- Steht privates Unternehmertum am Anfang oder ist es eine Folge der Auflösung von originären Tätigkeiten des Ã-S?
- Bewegt sich die Zivilisation hin zu vermehrter sozialer und öffentlicher Kontrolle oder von ihr weg?
- Führt die Abgabe von Eigentum ("Privatisierung") zu größerer ökonomischer Ungleichheit?
- Falls ja: Führt dies zu mehr Investitionen und effizienter Ressourcen-Nutzung, oder zu immer unproduktiveren Beschäftigungen, schließlich zu Finanzkrise und Stagnation?
Nun einige Ergebnisse:
- Es gibt eine direkte Linie von der Entwicklung in Sumer (4. und 3. Jt. BC), wo - nach wie vor in der Forschung unumstritten - zum ersten Mal privates Bodeneigentum, das nicht nur der Subsistenz der jeweiligen"Besitzer", sondern dem Inkasso von Grundrenten durch Nicht-Bewirtschafter dient sowie der gegen Zins vergebene Kredit aufkommen bis zu den griechisch-römischen Phänomenen gleicher Art und über das Römische Recht bis heute.
- Privates Eigentum und private Zinsnahme treten stets gemeinsam auf. Interessant ist dabei die Haltung der Kirche, die lange Zeit am"Zinsverbot" festgehalten hatte, aber sich zum Eigentum ex cathedra erst abschließend äußerte, nachdem Jesuiten (als Keilschrift-Kundige) unter Leo XIII. im Jahr 1881 auf einem Orientalisten-Kongress privates Eigentum in einem (heute auf 18. Jh. BC datierten) Text entdeckt hatten, wo es um Eigentum an einem Garten und ein Haus ging. Dieser Text hat sich inzwischen als irreführend herausgestellt, da es sich hier um ein Investment-Grundstück und nicht um ein Subsistenz-Grundstück gehandelt hatte.
- Zwischen 2400 und 1600 BC wurde Subsistenz-Land regelmäßig neu verteilt: beim Amtsantritt eines Herrschers oder bei dessen Regierungs-Jubiläen. Auch die misharum-Akte (Schuldenstreichung - die clean slates, die noch bis Catilinas"novae tabulae" eine Rolle spielen) kommen regelmäßig vor. Funde sind nur in Privatarchiven nachweisbar, nicht in den riesigen des Ã-S.
- Sobald die Subsistenz-Land-Halter zu Abgaben genötigt waren, die sie nicht selbst erbringen konnten (Ernte, persönliche Dienste), ergab sich immer die selbe Lage: Das Subsistenz-Land kam über kurz oder lang in die Hände von Großgrundbesitzern, die ihrerseits zu solchen wurden, da sie die Abgabengüter gegen Zins verleihen konnten und bei Nichtleistung schließlich das Land an sie fiel.
- Der Zinssatz war 1/60 pro Monat, was sich aus der Einteilung der beiden Abgabengüter Gerste und Silber ergab (1 Schekel Silber = 1 Bushel Gerste, wobei 1 Schekel = 180 grains, also Körner) und sich der Schekel, die Gewichtseinheit nicht anders teilen ließ - bezogen auf das Jahr mit 360 Tagen. Das"indische" System mit 1, 2, 4, 8, 16, 32, 64 usw. ließ sich nicht auf Monatsbasis umrechnen, da sonst Monate mit 32 Tagen herausgekommen wären. Wie auch immer: Aus 1/60 p.m. ergibt sich doch ein"Jahreszinssatz" von 20 % (12/60), der natürlich nicht zu stemmen war.
- Ausgehend vom Tempel- und Palastsystem (entsprechend voluminöse"Privatbauten" fehlen überall) ergibt sie eine Priorität des Ã-S gegenüber dem privaten.
- Auch Werkstätten usw. finden sich immer entlang des Ã-S und nicht von ihm getrennt als irgendwie auffindbare private Unternehmungen.
- "Royal property was administered at the ruler's discretion, and in this sense may be considered to be the first truly private property" (Kursive im Original).
- Die Land-Zession ("Privatisierung") erfolgte auf vier Arten:
a) An den Herrscher, der es danach als private property und unbelastbar halten konnte.
b) Abgabe dieses Eigentums an Verwandte, Herrschafts-Stabilisatoren (Aristokratie), oder als Tribute an lokale warlords.
c) Beim Kollaps der jeweiligen Herrschaft (Dezentralisierung). Und vor allem:
d) Sobald kleinere Kommunen, die ihrerseits zu Abgaben verpflichtet waren (es"haftete" nicht der einzelne, sondern immer seine"Gemeinde", diese"Steuerhaftung" kennt noch das Römische Recht in extensis), von sich aus Land an jene abgetreten haben, die zuvor als Kreditoren aufgetreten waren, wobei es zur Entgegennahme des Pfandes (Grund) kam oder zu (Not-)Verkäufen, um die Gläubiger mit dem Erlös zu befriedigen.
Als Zwischenergebnis lässt sich einstweilen festhalten:
1. Überschuldungskrisen waren schon vor 5000 Jahren an der Tagesordnung.
2. Sie wurden durch durch Schuldenstreichung und/oder Eigentums-Umverteilung geregelt.
3. Herrschaftliches Land (Tempel usw., die immer mehr Land an sich gezogen hatten) waren nicht betroffen.
4. Der"privat wirtschaftende" Sektor entstand, als der Ã-S seinerseits zu Privatisierungen schreiten musste.
5. Sobald sich dieses"Gleichgewicht" nicht mehr aufrecht erhalten ließ, kam es zum dauerhaften Halten von Land, aus dem sich Pfründen oder sonstige arbeitslose Einkommen beziehen ließen.
6. Damit würgte der"voll privatisierte" Sektor allerdings seine eigenen Grundlagen ab: Denn der Ã-S, der das"Funktionieren" dieses Sektors garantierte, verschwand, da er sich seinerseits nicht mehr finanzieren konnte.
Die Parallelen zu heute liegen auf der Hand mit der einen, zusätzlichen Variante: Es werden nicht mehr Pfründen abgetreten, sondern die Abgaben selbst und zwar an jene, welche die Abgaben zu leisten haben. Das ist die nicht mehr zu steigernde Kunst, den Gläubiger zum Schuldner seiner selbst zu machen, ohne dass er es merkt, da er es nicht sofort spürt.
Was"später" ist bzw. kommt, muss ihn zunächst auch nicht interessieren.
Schönen Sonntag noch + Gruß!
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- Elli -
01.08.2004, 16:22
@ dottore
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Re: Nochmals zum Beginn von Eigentum und Zins / Danke, kommt i.d.Sammlung (o.Text) |
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Dieter
01.08.2004, 17:53
@ dottore
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Eifersucht und Eigentum |
-->Eigentum aus einer anderen Sicht, oder doch nicht?
geht man den Ursprüngen von Eigentum auf den Grund, dann stellen sich noch weitere Fragen.
Ist die erfolgreiche Verteidigung von Besitz gegenüber anderen Eigentum? Wobei"andere" Mitglieder der Gruppe, des Stammes, des Volkes oder Nichtmitglieder sein können.
Wäre dann von Gruppeneigentum, Stammeseigentum und Volkseigentum zu sprechen, immer dann wenn es gegenüber anderen verteidigt werden kann mit welchen Mitteln auch immer, sei es durch Gewalt oder Vereinbarungen (Gesetze).
Unabhängig vom geschichtlichen Horizont ist Eigentum immer eine gesellschaftliche Vereinbarung.
Anschließend stellt sich noch die Frage nach der Motivation zur Bildung von Besitz und Eigentum.
In einer Überflußgesellschaft von natürlichen Resourcen von Wasser, Lebensmitteln, Klima wäre die Bildung von Eigentum nicht nötig, vorausgesetzt eine Vorratshaltung wäre unnötig. Derartige Gesellschaftsformen kann man demnach nur in tropischen oder tropisch gemäßigten Klimazonen vorfinden die aber auch gleichzeitig eine mehr als ausreichendes Nahrungsangebot haben müssen ohne Überbevölkerung.
In allen anderen Bereichen ist zum menschlichen Überleben Vorratshaltung nötig und Arbeitsteilung von Vorteil. Mit der Vorratshaltung entsteht das Problem des Eigentums - da hier zumindest zum Ende einer Knappheitsperiode Begehrlichkeiten entstehen, die es gilt von seiten des Besitzenden zu verteidigen.
Insofern stellt in allen Gesellschaften dieses Typus Eigentum eine biologische Notwendigkeit dar, die innerhalb der Gesellschaft mit Regelungen unblutiger geregelt werden kann als mit Gewalt. Demnach sind Vereinbarungen (Gesetze) innerhalb einer Gruppe, Volkes die beste Lösung.
Ein Volk, eine Gruppe kann frei vereinbaren ob es Eigentum auf Boden, Natur, Häuser, Vorräte, Lebenspartner oder Kinder gibt.
Diese Vereinbarungen werden je nach äußeren Bedingungen variieren.
Von daher ist die Eigentumsfrage nicht eine Frage ob sie vor oder nach der Installation von Herrschaft aufkam, sondern von ganz anderen Faktoren abhängig, denn Vereinbarungen können ohne und mit Herrschaftsstruktur geschlossen werden.
Und sollte jemand die eigentumslose Gesellschaft fordern, so muß man sich Gedanken darüber machen, ob wir Menschen dafür geeignet sind, oder ob wir schon mißtrauisch werden wenn jemand anders unseren Lebenspartner"beschnuppert".
und natürlich kann es keine Zinsen ohne Eigentum auf Wertbeständiges wie z.B. Boden geben.
Gruß Dieter
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Student
01.08.2004, 18:34
@ dottore
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Re: Nochmals (...) Eigentum und Zins / Der Topf ist mir etwas zu groß |
-->Hi Dottore,
eine schöne Sonntagslektüre, danke.
>Die Parallelen zu heute liegen auf der Hand mit der einen, zusätzlichen Variante: Es werden nicht mehr Pfründen abgetreten, sondern die Abgaben selbst und zwar an jene, welche die Abgaben zu leisten haben. Das ist die nicht mehr zu steigernde Kunst, den Gläubiger zum Schuldner seiner selbst zu machen, ohne dass er es merkt, da er es nicht sofort spürt.
Der Topf mit der Beschriftung"Gläubiger" ist mir dann doch etwas zu groß
geraten, wenn man gleichzeitig"Schuldner (seiner selbst)" draufschreibt.
Dann ist doch die gesamte Bevölkerung darin versammelt. Mir scheint, daß sich
doch gravierende Differenzen innerhalb dieser"Masse" herausbilden: Die einen
schlendern einem 16-Stunden-Tag bei kärglicher Bezahlung entgegen, während
andere eher am Strand entlang schlendern und sich freuen, daß Handel und
Gastronomie rund um die Uhr geöffnet haben.
Aber vielleicht ist diese Aufspaltung in Pluspol und Minuspol nötig, um eine
entsprechende Spannung aufzubauen, damit ein hübscher Funke überspringt, der
der führenden Elite etwas Hitze unterm Allerwertesten beschert.
>Schönen Sonntag noch + Gruß!
Ebenso einen schönen (Rest-)Sonntag und
Lb Gr
der Student
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dottore
01.08.2004, 18:42
@ Dieter
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Re: Eifersucht und Eigentum |
-->Hi Dieter,
>Eigentum aus einer anderen Sicht, oder doch nicht?
Ja. Eigentum ist nur, was andere zwingen kann ohne selbst gezwungen zu werden. Der Staat zahlt keine Steuern. Demnach ist Eigentum zwingend ein Machtderivat.
Hudson hat sich dem Problem entzogen, was dieser Dialog enthüllt (übersetzt):
Frage: Halten Sie einen Titel auf ein Haus für privates Eigentum, auch wenn darauf Steuern liegen?
MH: Im heutigen Sinne Ja.
Frager: Aber da gibt es doch eine öffentliche Verbindlichkeit (public obligation), die an dem Eigentum hängt.
MH: Aber auf keinen Fall eine so große ("as much obligation") wie wir es in der Bronze-Zeit finden.
Die Verbindlichkeit wird"quantifiziert", was ihr nicht die Qualität nimmt, eine Verbindlichkeit zu sein, und somit zweifellos Unsinn ist.
>geht man den Ursprüngen von Eigentum auf den Grund, dann stellen sich noch weitere Fragen.
>Ist die erfolgreiche Verteidigung von Besitz gegenüber anderen Eigentum?
Meine These: Besitz und Eigentum fallen in einer Sache nur zusammen, wenn der Besitz daran das Eigentum daran sichert. Dies ist nur bei der Waffe der Fall. Die Waffe wiederum ermöglicht es, das, was mit ihrer Hilfe besessen wird ("besetzt" wird) zu Eigentum zu erklären. Klassisch: Erobertes Land.
>Wobei"andere" Mitglieder der Gruppe, des Stammes, des Volkes oder Nichtmitglieder sein können.
Es geht nur um die Nichtmitglieder. Die werden von Gruppe/Stamm/Volk"unterworfen", und dann"beherrscht" - was sie dann zur Surplus-Produktion zugunsten der Herrschenden zwingt.
>Wäre dann von Gruppeneigentum, Stammeseigentum und Volkseigentum zu sprechen, immer dann wenn es gegenüber anderen verteidigt werden kann mit welchen Mitteln auch immer, sei es durch Gewalt oder Vereinbarungen (Gesetze).
Nur Gewalt, denn Gesetze ohne aktuellen oder potentiellen Gewalteinsatz sind Wind.
>Unabhängig vom geschichtlichen Horizont ist Eigentum immer eine gesellschaftliche Vereinbarung.
Dazu wieder Hudson (stimme zu):"John Locke's fantasy of private land ownership stemming from a primordial social contract..."
>Anschließend stellt sich noch die Frage nach der Motivation zur Bildung von Besitz und Eigentum.
Zwang ausüben, die berühmte coercive power. Assets, in diesem Fall natürlich nur Eigentum, sind nur solche, sofern sie zwingen können.
>In einer Überflußgesellschaft von natürlichen Resourcen von Wasser, Lebensmitteln, Klima wäre die Bildung von Eigentum nicht nötig, vorausgesetzt eine Vorratshaltung wäre unnötig.
Ja, auch die Vorräte lassen sich gemeinsam bewirtschaften, siehe Stämme. Das problem, das bei den Stämmen von innen heraus keimt, ist natürlich die Vererbbarkeit der Häuptlingsrolle. Ist sie gegeben, kommen wir über die big chiefs (Mesopotamien LU.GAL, von LU = Person, GAL = groß, erste Königsbezeichnung) zu Königen und deren Legitimitätsproblemen, sofern die"Würde" vererbt wurde. Daher mE der bekannte Bezug auf"Gottheiten" (später"Ich, Mumpelputz, von Gottes Gnaden, König von...").
>Derartige Gesellschaftsformen kann man demnach nur in tropischen oder tropisch gemäßigten Klimazonen vorfinden die aber auch gleichzeitig eine mehr als ausreichendes Nahrungsangebot haben müssen ohne Überbevölkerung.
Der"affluent hunter" ist Standard. Die"Sesshaftigkeit" und der Übergang dazu vermutlich nur mit der Refugiums-Theorie zu erklären - also klimatologisch.
>In allen anderen Bereichen ist zum menschlichen Überleben Vorratshaltung nötig und Arbeitsteilung von Vorteil. Mit der Vorratshaltung entsteht das Problem des Eigentums - da hier zumindest zum Ende einer Knappheitsperiode Begehrlichkeiten entstehen, die es gilt von seiten des Besitzenden zu verteidigen.
Eintritt der Metallwaffen in die Geschichte - von Innerasien aus nach Westen. Davor Modelle à la Oaxaca, wie schon breit diskutiert.
>Insofern stellt in allen Gesellschaften dieses Typus Eigentum eine biologische Notwendigkeit dar, die innerhalb der Gesellschaft mit Regelungen unblutiger geregelt werden kann als mit Gewalt. Demnach sind Vereinbarungen (Gesetze) innerhalb einer Gruppe, Volkes die beste Lösung.
Bei nicht belästigten Stämmen vielleicht. Die haben keine Gesetze, aber soziale Ächtung usw. als Sanktion (Wessel ausführlich).
>Ein Volk, eine Gruppe kann frei vereinbaren ob es Eigentum auf Boden, Natur, Häuser, Vorräte, Lebenspartner oder Kinder gibt.
Vereinbarung ohne Sanktion ist Nebbich. Zuerst geht's wirklich nur um den Boden selbst. Kann er andere (z.B. jene, die darauf leben müssen) zwingen oder nicht.
>Diese Vereinbarungen werden je nach äußeren Bedingungen variieren.
>Von daher ist die Eigentumsfrage nicht eine Frage ob sie vor oder nach der Installation von Herrschaft aufkam, sondern von ganz anderen Faktoren abhängig, denn Vereinbarungen können ohne und mit Herrschaftsstruktur geschlossen werden.
Sie kommt als Erzwingungsmöglichkeit Dritten gegenüber erst mit Herrschaft (Waffeneinsatz) auf.
>Und sollte jemand die eigentumslose Gesellschaft fordern, so muß man sich Gedanken darüber machen, ob wir Menschen dafür geeignet sind, oder ob wir schon mißtrauisch werden wenn jemand anders unseren Lebenspartner"beschnuppert".
In Mesopotamien wurde zwar mit Eigentum gewirtschaftet, aber die clean slates (status ex ante) immer wieder hergestellt. Dieses Modell (zirkulär) ging im Laufe der Zeit verloren (heute komplett linear und in der Neueren Geschichte nur noch gewaltsame Lösungen, ohne den mit"selbstverständlicher" Gewalt regierenden König).
>und natürlich kann es keine Zinsen ohne Eigentum auf Wertbeständiges wie z.B. Boden geben.
Und just die gibt's - Bodenzins, Mietzins usw.
Gruß!
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Caspar
01.08.2004, 18:48
@ dottore
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Re: Nochmals zum Beginn von Eigentum und Zins / Michael Hudson |
-->Hallo,
interessanter Artikel, Danke. Zu Hudson habe ich bei der Suche nach Spuren dieses Kolloquiums seine Homepage gefunden, letztmalig aktualisiert im September 2003:
http://iml.umkc.edu/econ/economics/faculty/Hudson/HudsonCV.htm
Der Server steht in der Economics-Abteilung der University of Missouri in Kansas City.
Gruss,
-Caspar
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Dieter
01.08.2004, 21:44
@ dottore
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Machtderivat |
-->Hi dottore,
Eigentum als Machtderivat, da sind wir einer Meinung. Nur in der Auslegung was `Macht´ ist, differieren wir wahrscheinlich.
Macht ausschließlich als Folge von Gewalt (Waffengewalt) zu sehen, ist m.E. zu einseitig.
Wölfe und Hirschbullen kämpfen um Territorien und Fortpflanzungsmöglichkeiten, Menschen auch, aber nicht zwangsläufig sondern nur als Option.
Man wird genügend Beispiele in der Geschichte für Gewaltanwendung finden, bleiben derartige Ereignisse doch besser im Gedächtnis als andere Lösungen, die da wären:
a)Machtausübung durch Glauben, Religion, Ethik, Gottesglauben. Die Drohung funktioniert dann nicht mit physischer Gewalt sondern durch psychischem Druck.
b) Machtausübung durch gesellschaftliche Normen (Übereinkommen). Hier kann Macht durch gesellschaftliche Ächtung oder Ausschluß aus der Gesellschaft ausgeübt werden.
Nehmen wir an, Menschen organisieren sich in der Gesellschaftsentstehungsphase so, daß es den größt möglichen Nutzen für die Gemeinschaft bringt. (Erst später werden sich vermutlich Strukturen verselbständigen und gesellschaftsschädlich wirken).
So eine Gruppe wird auch in Konkurrenz zu anderen Gruppen (Gesellschaften) abwägen, ob mit Gewalt (Krieg) eigene Machtinteressen durchgesetzt werden sollen oder andere Mittel zur Verfügung stehen wie Kooperation, Heirat, Abkommen, Unterwanderung durch neue Glaubensinhalte, usw. Der Mensch dürfte da sehr erfinderisch sein.
Gewalt und Krieg ist dabei das direkteste und gleichzeitig primitivste Mittel, primitiv auch deshalb weil es die eigene Existenz gefährdet.
Und so sehe ich Eigentum zwar als Machtderivat aber nicht in Abhängigkeit zum Staat, sondern der Staat ansich ist ebenfalls ein Machtderivat der Gesellschaft, zumindest in seiner Entstehung.
Gruß Dieter
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dottore
02.08.2004, 09:52
@ Caspar
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Re: Besten Dank! (o.Text) |
-->
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Zandow
02.08.2004, 16:11
@ Caspar
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@Caspar & dottore: Papers? |
-->Hallo Caspar, Hallo dottore,
sind die papers von diesem Kolloquium noch irgendwo online zu bekommen?
Herzliche Grüße in die Runde, <font color=#008000>Zandow</font>
Noch zwei Fragen @ dottore:
A)Bernbeck nimmt in seiner Untersuchung ("Die Auflösung der häuslichen Produktionsweise") eine Einordnung der Dörfer in eine relative Chronologie anhand von Keramik und Architektur vor. Diese relative Chronologie müßte sich doch bis in unsere heutige Zeit fortsetzen lassen, immer so Stück für Stück.
B)Liegt eine ähnliche Untersuchung, wie sie Bernbeck für Mesopotamien gemacht hat, für Europa in deutscher Sprache vor? B. erwähnt nur eine amerikanischen Autor mit einer solchen Arbeit.
Beste Grüße, Z.
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dottore
02.08.2004, 16:32
@ Zandow
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Re: @Caspar & dottore: Papers? |
-->>Hallo Caspar, Hallo dottore,
>
>sind die papers von diesem Kolloquium noch irgendwo online zu bekommen?
Hab nur ne schlechte Kopie aus"Privatization".
>Noch zwei Fragen @ dottore:
>A)Bernbeck nimmt in seiner Untersuchung ("Die Auflösung der häuslichen Produktionsweise") eine Einordnung der Dörfer in eine relative Chronologie anhand von Keramik und Architektur vor.
Ja.
>Diese relative Chronologie müßte sich doch bis in unsere heutige Zeit fortsetzen lassen, immer so Stück für Stück.
Nein. Keine Strata mehr, die aussagefähig wären. Dendro fällt flach, außerdem das C-14-Problem. Obendrein scheinen da Schichten hinzugedichtet zu sein. Hellenismus direkt über Ur-III oder so.
>B)Liegt eine ähnliche Untersuchung, wie sie Bernbeck für Mesopotamien gemacht hat, für Europa in deutscher Sprache vor? B. erwähnt nur eine amerikanischen Autor mit einer solchen Arbeit.
Meines Wissens nicht.
Gruß!
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Zandow
02.08.2004, 17:00
@ dottore
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Schade, schade, schade,.... |
-->Hi dottore,
<font color=#0000FF>>>Diese relative Chronologie müßte sich doch bis in unsere heutige Zeit fortsetzen lassen, immer so Stück für Stück.
>Nein. Keine Strata mehr, die aussagefähig wären. Dendro fällt flach, außerdem das C-14-Problem. Obendrein scheinen da Schichten hinzugedichtet zu sein. Hellenismus direkt über Ur-III oder so.
</font>
Tja, sehr schade das. Um so bedauerlicher ist, daß das Wenige, das uns die Archäologie zu bieten hat, in der Schulwissenschaft so fehlinterpretiert wird.
Zum Glück gibt's dieses Forum hier.
Übrigens läuft grade eine Ausstellung, in der die Himmelsscheibe von Nebra zu sehen ist. Sollte man sich nicht entgehen lassen.
Und in Mainz (Dommuseum) eine Ausstellung zu den Kreuzzügen.
Eine schöne Woche wünschend, <font color=#008000>Zandow</font>
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