dottore
06.10.2004, 17:41 |
Wie kommen arabische Silbermünzen auf die Lofoten? Thread gesperrt |
-->Hi,
von der immensen Dichte von Münzhorten, enthaltend römische bis arabische Gepräge, auf der Insel Gotland war hier schon des öfteren die Rede. Dass es sich dabei um Rimessen im sog."Fernhandel" gehandelt haben soll, wobei gern an gotländische Bernsteinexporte (Vieh, Pelze oder gar Getreide u.ä. kommen wohl kaum in Frage) erinnert wird, habe ich noch nie für einleuchtend gehalten. Allein das gotländisch-südschwedische Fundgut, das museal verwahrt und noch längst nicht komplett ediert ist, umfasst mehrere Zehntausend Einzelstücke. Rechnet man die sonstigen europäischen Gepräge dazu ("Otto-Adelheid-Pfennige") landen wir bei Hunderttausenden. Was und in welcher Form das mit dem"Danegeld" bzw."Heregeld" zu tun hat, wobei mehrere Dutzend Tonnen Silber bewegt wurden (ca. 60 Millionen -! - Münzen), soll hier nicht vertieft werden.
Die von den Numismatikern (u.a. Jonsson 1993, The Routes for the Importation of German and English Coins to the Northern Lands in the Viking Age) aufgetischte These, allen Horten mit nichtlokalem Gepräge und demnach Münzbewegungen, lägen zunächst friedliche Handelsaktivitäten zugrunde, wonach dann in Zeiten der"Gefahr" rasch verbuddelt wurde, kann unmöglich stimmen, zumal die Horte in Gegenden lagen, aus denen beim besten Willen nichts"Exportables" ausgemacht werden kann (Finnland, Ostfriesland, Hinterpommern, mehr dazu gleich). Die Hort-Theoretiker bewegen sich da auf kaltem Wasser, nicht mal mehr auf dünnem Eis.
Zwar war der zentral genannte Bernstein (recte: Brennstein, denn er wurde vor Ort verfeuert) zwar sicherlich Tausende von Kilometern weit weg ein begehrtes Schmuckgut. Aber auf dem Antikenmarkt (Gemmen usw.) kommt Bernstein im Gegensatz zu wirklichen Edelsteinen eher selten vor. Aus der byzantinisch-arabischen Welt praktisch überhaupt nicht.
Zur"Handelstheorie" hatte sich auch der große Henri Pirenne geäußert:
"So long as the Mediterranean [had] remained Christian, it was the Oriental navigation that maintained commercial intercourse with the Occident. Syria and Egypt were its two principal centres; and these two wealthy provinces were the very first to fall under the domination of Islam. It would obviously be an error to believe that this domination put an end to all commercial activity.... Commerce... continued, but its direction was changed....
Islam directed... new trade routes, which were opened up by the immensity of its conquests. These new trade routes connected the Caspian Sea with the Baltic, by way of the Volga, and the Scandinavians, whose merchants frequented the shores of the Black Sea, were suddenly compelled to follow the new route. Of this we need no further proof than the many Oriental coins found in Gothland...."
Dass sich große Metall-Bewegungen abgespielt haben, steht außer Frage. Nur waren es wirklich"merchants", die damit zu Gange waren?
Zur Klärung dieser Frage sind Untersuchungen hilfreich, die am Orientalischen Institut der Uni Zürich zum Thema Seidenstraße (also einer der Handelsrouten schlechthin) laufen.
Aus dem <a href"http://www.ori.unizh.ch/research/centralasia/centralasia_info.html">Forschungsbericht</a> darf zitiert werden:
"Wie der Handel in Zentralasien im Einzelnen funktioniert, ist überraschenderweise kaum erforscht, und dies, obwohl die Quellenlage ausgesprochen reich ist. In dieser Untersuchung soll es um das Funktionieren des Handels in Zentralasien gehen, von der muslimischen Eroberung im 7. Jahrhundert bis zur Isolation Zentralasiens durch den safawidischen Iran und den Einbruch des Fernhandels über die Seidenstrasse im 16. Jahrhundert.
Importiert nach Zentralasien werden an Handelsgütern aus der südrussischen und zentralasiatischen Steppe, besonders [b]Sklaven, aus den Waldgebieten Russlands, Osteuropas und Sibiriens Pelze und Honig, aus dem Fernen Osten Seide, Gold und Silber, Gewürze und Medizinalpflanzen, Porzellan und Edelsteine. Exportiert werden in die Wälder Russlands und Osteuropas besonders Münzen und Waffen, und nach China Glaswaren."[/b] (Gleich geht's weiter).
[Was an Südrussland, das seinerseits mit Skandinavien verbunden war, interessiert, sind nicht die Sklaven, die - wie die Ã-senringe (der große runde Gegenstand; gerade einen erworben, der genau um den Hals passt) zeigen (die Abb.en ermöglichen einen Größenvergleich zu den Fibeln (Stecknadeln) im Gewand - in Skandinavien gang und gäbe waren
(Ladezeit dauert...)
- oder Pelze und Honig, die ohnehin zur Erklärung wenig beitragen. Es muss da etwas"Anderes" gewesen sein, eben der oft genug besprochene Zug von Söldnern in die südlichen Gefilde...]
(Hier weiter der Zürich-Text (in Auszügen):
"Es ist zu unterscheidend zwischen Land-Routen mit Strassen, gefährlichen Stellen, Brücken, Furten und Eisübergängen, Karawanserailen und Lagerplätzen einerseits, und Wasser-Routen mit Wasserwegen, Katarakten und Flachstellen, Schleppstrecken über Land, Häfen und Ankerorten andererseits. Wann welche Route gefährlich und/oder einträglich ist, wann welche Route neu aufgeht oder in Vergessenheit gerät, wie Land- und Wasserweg zusammenspielen, ist unbekannt.
Die Rolle der grossen Städte in den Handelsnetzen bleibt zu bestimmen. Sind die grossen Städte zwingende Knotenpunkte des Fernhandels oder können sie umgangen werden? Verbinden sie den Fernhandel auch mit dem regionalen Handel?
[Gute Frage]
Zentralasien hat seine eigene Produktion, unter anderem von Silber, Papier, Seide und Baumwolle. Das Zusammenspiel von erhandelten und produzierten Waren ist vermutlich fein austariert und ändert sich im Lauf der Zeit.
[Bei den"Waren" fehlt leider die Wichtigste...]
Ueber die Organisation der Kaufleute sind wir unzureichend informiert...
Die Kaufleute leisten Abgaben an staatliche Beamte und an Wegelagerer - wobei beide Gruppen den Handel möglichst stark schröpfen, ihn aber nicht ganz lahmlegen wollen. Die Kaufleute sind in jedem Fall sehr verletzlich und wehren sich, indem sie Schutztruppen mitnehmen, Zölle und Wegezölle abgeben, Bargeld durch Zahlungsanweisungen an Geschäftsfreunde ersetzen, besonders gefährliche Strecken und Routen meiden usw."
Kommen wir nun zum Kern. In der neuesten Ausgabe 4/2004 von"Der Anschnitt" zeigt der bedeutende Montan-Archäologe Prof. Gerd Weisgerber (Bergbau-Museum Bochum) in seinem Aufsatz Prähistorischer und historischer Bergbau in Afghanistan auf, was aus dieser Gegend an Schätzen gewonnen wurde (und wie bergbaulich): Edelsteine, Lapislazuli (bekanntestes Produkt), Smaragd, Salmiak, Schwefel, Salz, Asbest, Speckstein, Alabaster usw.
Dazu natürlich auch Silber, das, wie ein bis heute schier unendlicher Strom von Münzen der greko-hellenischen Herrscher und ihrer Nachfolger (dort befand sich auch die größte Silbermine des arabischen Beritts, die hier schon mal vorgestellt worden war) beweist, en masse vorhanden war und gefördert wurde.
Dazu, und das ist der Kern eine Karte samanidischer Silbermüzen zur Wikingerzeit. Über die russische Ebene verstreut sehen wir zahlreiche Anhäufungen von dort gefundenen Einzelmünzen. Die Hortfunde aber beginnen mit Gotland, ziehen sich dann über die dänischen Inseln und Jütland nach Norden, erst in den Oslo-Fjord und dann massiert entlang der norwegischen Küste bis hinauf zu den Lofoten!
Zwar hält die Forschung, z.B. Sebastian Brather, Frühmittelalterliche Dirham-Schatzfunde in Europa. Probleme ihrer wirtschaftsgeschichtlichen Interpretation aus archäologischer Perspektive 1995/96, nach wie vor an der"Handelstheorie" fest (der Rezensent in der"Hansischen Umschau" 1999:"...gibt er den Austauschbeziehungen und Handelsaktivitäten mit der arabischen Welt den Vorrang vor Tributzahlungen, Plünderungszügen, Soldzahlungen u.a." und"dass die Menge des in Nord- und Osteuropa vergrabenen Silbers offenbar ein Indiz geringerer wirtschaftlicher Entwicklung sei."
Nur warum die durchaus kriegstüchtigen und wehrfähigen"Nordmänner" dann das Silber vergraben und nicht wenigstens zu irgendetwas Schönem verarbeitet haben (jeglicher Form der Schmiedekunst waren sie mächtig), bleibt dann rätselhaft. Prof. Weisgerber teilt nämlich mit:
"Das in Silbermünzen zu Hunderttausenden in den Norden geflossene Silber findet sich analytisch nicht im Wikingerschmuck wieder..."
Wen solche allseitigen und kolossalen Ungereimtheiten nicht weiter stören, der mag es halten wie er will.
Für mich ist dagegen immer klarer: Entweder muss die Geschichte des"Handels" (und der Handels"bilanzen") völlig neu geschrieben werden oder man besinnt sich auf ein Faktum der Geschichte, aus dem sie tatsächlich bis heute besteht und seit Jahrtausenden bestanden hat.
Dank fürs Lesen und gern auf Widerspruch, Weiterungen, Ergänzungen, Fragen usw. wartend + Gruß!
|
- Elli -
06.10.2004, 17:51
@ dottore
|
Re: Wie kommen arabische Silbermünzen auf die Lofoten? / drin (Sammlung) (o.Text) |
-->
|
CRASH_GURU
06.10.2004, 18:36
@ dottore
|
Re: Wie kommen arabische Silbermünzen auf die Lofoten? |
-->"Nur warum die durchaus kriegstüchtigen und wehrfähigen"Nordmänner" dann das Silber vergraben und nicht wenigstens zu irgendetwas Schönem verarbeitet haben (jeglicher Form der Schmiedekunst waren sie mächtig), bleibt dann rätselhaft."
Hi,
was ist daran so rätselhaft?
Bombensichere Panzerschränke gabs nicht und irgendwann wird auch der härteste Krieger alt und schwach...
|
dottore
06.10.2004, 18:52
@ CRASH_GURU
|
Re: Ananas-Plantagen ebenda? |
-->>"Nur warum die durchaus kriegstüchtigen und wehrfähigen"Nordmänner" dann das Silber vergraben und nicht wenigstens zu irgendetwas Schönem verarbeitet haben (jeglicher Form der Schmiedekunst waren sie mächtig), bleibt dann rätselhaft."
>Hi,
>was ist daran so rätselhaft?
>Bombensichere Panzerschränke gabs nicht und irgendwann wird auch der härteste Krieger alt und schwach... >
>
Ja klar, sie wurden alt und schwach, bevor das Güldene Zeitalter"höherer wirtschaftlicher Entwicklung" angebrochen war (siehe Zitat davor, worauf sich das"dann" bezieht).
Aber vielleicht hatte ihnen schon damals wer"blühende Lofoten" versprochen - vielleicht sogar Ananas-Plantagen, in die sie dann investiert hätten.
Gruß!
|
LeCoquinus
06.10.2004, 19:59
@ dottore
|
Mann! Laß doch mal die Katze aus dem Sack! |
-->(...)
>Nur warum die durchaus kriegstüchtigen und wehrfähigen"Nordmänner" dann das Silber vergraben und nicht wenigstens zu irgendetwas Schönem verarbeitet haben (jeglicher Form der Schmiedekunst waren sie mächtig), bleibt dann rätselhaft. Prof. Weisgerber teilt nämlich mit:
>"Das in Silbermünzen zu Hunderttausenden in den Norden geflossene Silber findet sich analytisch nicht im Wikingerschmuck wieder..."
>Wen solche allseitigen und kolossalen Ungereimtheiten nicht weiter stören, der mag es halten wie er will.
>Für mich ist dagegen immer klarer: Entweder muss die Geschichte des"Handels" (und der Handels"bilanzen") völlig neu geschrieben werden oder man besinnt sich auf ein Faktum der Geschichte, aus dem sie tatsächlich bis heute besteht und seit Jahrtausenden bestanden hat.
>Dank fürs Lesen und gern auf Widerspruch, Weiterungen, Ergänzungen, Fragen usw. wartend + Gruß!
Hochinteressanter Text! Zunächst mal Danke dafür!
Und nu? Zum Schluß wirfst Du uns einen Happen vor die Füße und WIR sollen den verdauen?
Du hast doch bestimmt auch eine eigene Theorie/Erklärung dazu?!
Meine Erklärung wäre die, daß das erbeutete (?) Silber nun mal aus Raubzügen stammt. Tja, wenn ich mir als Nordmann einen Schatz zusammengeraubt habe, dann wird mir auch irgendwann klar, daß ich zu einem Volk voller gewaltsamer und kosmopolitisch agierender Räuber(Piraten) gehöre. Wem kann man da noch trauen? Also unter die Erde damit!
Danke und Gruß
|
bernor
06.10.2004, 21:50
@ dottore
|
Re: Wie kommen arabische Silbermünzen auf die Lofoten? |
-->Hi,
Nur warum die durchaus kriegstüchtigen und wehrfähigen"Nordmänner" dann das Silber vergraben und nicht wenigstens zu irgendetwas Schönem verarbeitet haben (jeglicher Form der Schmiedekunst waren sie mächtig), bleibt dann rätselhaft. Prof. Weisgerber teilt nämlich mit:
"Das in Silbermünzen zu Hunderttausenden in den Norden geflossene Silber findet sich analytisch nicht im Wikingerschmuck wieder..."
Schmuck zeigt man bekanntlich her - vielleicht war das das Problem?
Die"staatliche Einigung" Norwegens, Schwedens, Dänemarks usw., alle so um das Jahr 1000 herum, war ganz sicher keine allgemeine Wohltätigkeitsveranstaltung - da dürfte es vielmehr darum gegangen sein, bei internen Eroberungszügen möglichst viel einzusacken, nachdem außerhalb wohl nicht mehr das Allermeiste zu holen war.
Da mußte eben jeder (nunmehr Ex-)Privatbeutemacher aufpassen wie ein Luchs, um nicht unbedacht zu offenbaren, was er so"an den Füßen" hatte - also ab in die Erde mit dem Zeug...
Der Name Lofoten muß ja irgendwoher kommen;-)
Gruß bernor
|
ITOma
06.10.2004, 22:26
@ dottore
|
Re: Wie kommen arabische Silbermünzen auf die Lofoten? |
-->Vielleicht gab es damals auch schon ein Hawala-System? Dazu braucht man ja größere Mengen Bargeld vor Ort. Das würde erklären, warum das Silber nicht zu Schmuck verarbeitet wurde.
Ein Zusammenbruch des Handels, eine hohe Besteuerung des Silberbesitzes oder gar ein Verbot großer Summen für Privatleute könnte dazu geführt haben, daß die Münzen dann vergraben wurden...
Gruß
ITOma
|
Popeye
07.10.2004, 12:51
@ dottore
|
Wie kommen früh-griechische Münzen ins prä-kolumbianische Amerika? (*) |
-->(Schöner Beitrag, @dottore!)
Niemand weiß es genau. Der deutenden Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Münz- und Hortfunde beweisen stets zumindesten zweierlei. Die Münze kann nicht vor ihrem Prägedatum dorthin gekommen sein wo sie gefunden wurde, und - falls Teil eines Hortes - jemand hat Wertgegenstände vor dem Zugriff unbefugter Dritter verbergen wollen.
Die meisten anderen Interpretationen sind spekulativ: Ob Tauschhandel, Kriegsbeute oder Söldnerlohn - nur durch äußerst glückliche Fundumstände lässt sich genau bestimmen was die Quelle des Reichtums (Hortes) war.
Gab es Vikinger-Söldner? Jawoll, hier z.B sind einige der streitbaren Kämpfer abgebildet -
<center>[img][/img] </center>
die berühmt-berüchtigte Varäger-Garde am Hof von Byzanz. (Das Bild stammt aus der Chronik Synopsis Historion von John Skylitzes.)
Der Begriff ‚Varäger’ soll skandinavischen Ursprungs sein und Teilhaber eines eidlichen Bundes skandinavischer Händler/Plünderer bezeichnen, die sich wechselseitige Unterstützung und Teilung des Gewinns/Beute geschworen hatten.
Tatsache ist, dass der russische Fürst Vladimir von Kiew 987 n. Chr. als militärische Unterstützung ca. 6000 Mann Richtung Byzanz zu dem ziemlich rabiaten Basil II schickte (<a href="http://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/7/74/BasilII.jpg"> hier zu schauen</a>) mit deren Hilfe Basil II zunächst eine Steuerrebellion seiner Landbesitzer niederrang. Im Austausch verlangte der russische Fürst Vladimir die Schwester Basils (Anna) zur Frau.
Aus diesen Hilfstruppen rekrutierte sich später die Elitetruppe der Varäger Garde. Diese gehörte zu den bestbezahlten Truppen der damaligen Zeit und die Mitgliedschaft in der Garde musste erkauft werden.
Die Varäger Garde war etwa 200 Jahre existent und es ist anzunehmen dass viele der ausgedienten Krieger als reiche Männer in die Heimat zurückkamen. Dies dürfte einen vielleicht großen Teil der Horde mit arabischem Einschlag erklären.
Ist dies eine Erklärung für alle Hortfunde oder gar eine Erklärung dafür, dass im Mittelalter (oder davor) kein (Fern-)Handel stattfand. Sicher nicht. (Siehe z. B. den Beitrag von Susan E. Kruse). Hat @dottore aber auch nicht explizit behauptet!
Literatur für die Wissbegierigen:
(*)Jeremiah Epstein, 1980, Pre-Columbian Old World Coins in America: An Examination of the Evidence, Current Anthropology,: 21/1 Seiten 1-20
Rogers, L., Anglo-Saxons and Icelanders at Byzantium with Special Reference to the Icelandic Saga of St. Edward the Confessor', Byzantine Papers, Byzantina Australiensa, Canberra, 1981, Seiten 82-89
Susan E. Kruse, Ingots and Weight Units in Viking Age Silver Hoards, World Archaeology, 20 (1985), Seiten 285-301
Sigfus Blondal, Varangians of Byzantium: An Aspect of Byzantine Military History. Trans. by Benedikt S. Benedikz, Cambridge, 1978
H.R. Ellis Davidson, The Viking Road to Byzantium, London, 1976
[b]Internet</a>
Nestorchronik - Zitatensammlung
Die Heimskringla von Snorri Sturluson
The uses of the Varangian Guard
Who were the Varangians?
und wer nun immer noch nicht genug hat, darf hier fündig werden:
Bibliographie
|
dottore
08.10.2004, 13:43
@ Popeye
|
Re: Erst Krieg & Raub - d a n a c h der Handel! |
-->Hi Popeye,
besten Dank zunächst. Da mir der Aufsatz Epsein (unten) nicht zugänglich ist, wäre ich um Mitteilung verbunden, um welche"früh-griechischen Münzen" essich im prä-kolumbianischen Amerika gehandelt haben soll.
Wir hatten vor kurzem diesen Text betr. Münzen diskutiert. Auszug:
"Further, Fell and others have found scores of ancient coins throughout the New England area. He said, 'After the 4th century B.C. our visitors began to leave behind infallible date markers: those enduring metal discs called coins.' The coins were inscribed with letters indicating they were issued to be used as pay for mercenary Greek and Iberian soldiers in the Carthaginian army.9
Ballinger notes that Carthaginian coins have been found in 11 states in 50 separate sites. Some of these coins are today worth thousands of dollars each, making it unlikely they were 'dropped' by collectors."
Dazu wurden aber nicht karthagische Münzen abgebildet, sondern (etwas runterscrollen) Folles der Konstantinischen Ära, die keineswegs Tausende von Dollar wert sind, sondern bestenfalls 5 Euro in Grabbelkisten.
Wie steht es also wirklich um die Fundlage? Dass die Karthager weit westlich zu Gange waren, wissen wir aus der berühmten Herodotstelle (IV, 196). Dort reisen die Karthager aber nicht mit Münzen los (über die"Säulen des Kerkules" - Gibraltar? - hinaus), sondern mit Waren, um Gold zu ertauschen. Karthagische oder frühgriechische Münzen in Amerika und dort vorkolumbianisch deponiert, wären eine numismatische Weltsensation, die man doch genauer prüfen müsste.
>Niemand weiß es genau. Der deutenden Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.
>Münz- und Hortfunde beweisen stets zumindesten zweierlei. Die Münze kann nicht vor ihrem Prägedatum dorthin gekommen sein wo sie gefunden wurde, und - falls Teil eines Hortes - jemand hat Wertgegenstände vor dem Zugriff unbefugter Dritter verbergen wollen.
Zum Ersten lässt sich sagen: Die Dirhem sind AH-datiert (nach der Hedschra, angeblich 622). Wenn wir den arabischen Raum abschreiten, so finden wir diverse Ungereimtheiten.
1. Die Araber in Spanien (Quelle: der Standard-Corpus von Vives y Escuderos) beginnen zunächst mit Indiktions-Daten zu prägen, setzen also die alte byzantinische"Steuer-Zyklus-Zählung" fort (ausführliches Material in DOC, Byzantine Coins). Die älteste Münze wird auf AH 93"umgerechnet". Die eigentlichen Alandalus-Gepräge beginnen mit AH 102 (= AD 724, also mitten in der"dunklen Zeit"). Warum man über 100 Jahre wartet, um sich auf die Hedschra zu"besinnen", bleibt rätselhaft.
2. Die angeblich älteste Münze (Vives No. 20) mit religiösem Text wird nichts eigens datiert, sondern erscheint quasi aus heiterem Himmel zwischen AH 106 und AH 104. Text selbst ist Sure 112:
"1. Er ist Allah, der Einzige;
2. Allah, der Unabhängige und von allen Angeflehte.
3. Er zeugt nicht und ward nicht gezeugt;
4. Und keiner ist Ihm gleich."
3. Insgesamt kommt Vives nur auf 74 Prägungen mit"religiösem" Bezug und dies bei ca. 2250 Münzen insgesamt. Eine (späte) Prägung Toledo - angeblich im Namen Alfons VIII. (1145-1214 AD) enthält sogar eine Stelle aus dem Evangelium Markus (No. 2019). Auch die bleibt undatiert (die nächste wird mit"1212?" datiert). Fast die gesamte Serie der Münzen zeigt auch ein Kreuz (!) und endet mit Datierung"1255"! Und das in der Hoch-Zeit der Kreuzzüge. Die Schrift ist arabisch.
4. Gehen wir an andere Ende, in den Osten (ich folge hier Gaube Arabosasanidische Numismatik) wird es noch wirrer. Dort beginnen die Araber die Sasaniden-Münzen in herkömmlicher Form und bisherigem Standard mit arabischer Umschrift (das Sasanidenreich unterlag, geschwächt durch Kämpfe mit Byzanz, ca. 650 AD den anstürmenden Arabern) zu prägen. Große Überraschung:Als Prägejahre werden nicht etwa AH-Datierungen genommen, sondern nach der Yazgard-Ära datiert (Yazgard, auch Yazdgird III. startete seine Regierung 631/2 und endete 651) und zwar sowohl nach dem Regierungsantritt (Y-Ära), als auch nach seinem Ende ("Post-Yazgard-Ära"). Das reicht bis 150 bzw. 170 (entsprechend AH 185 und AD 801). Gaube dazu:""Die Frage, warum von der Hedschra-Zählung abweichende Datierungen verwendet wurden, kann nicht klar beantwortet werden."
Also sich erst nach fast 200 Jahren an das mohammedanische Zentraldatum der Hedschra"zu erinnern" erscheint aus Chronologie-Aspekte doch etwas mürbe. Ob da nicht etwas retrospektiv konstruiert wurde? Parallelen zur AD-Datierung liegen auf der Hand. Die angeblich älteste AD-Datierung auf Münzen soll ein dänisches Stück mit der schönen Zahl"1234" sein. Die Schweizer Plappert-Datierungen sind noch ca. 100 Jahre später.
Das mit dem Prägedatum, sofern es sich um AH- oder AD-Datierungen handelt, erscheint mir doch zu windig, um für verlässliche Hortfunde-Datierungen dienen zu können. Und dass die Schriftquellen Chronologien aus dem Blauen heraus fabulieren, ist nur allzu bekannt.
Das Zweite (Schutz) versteht sich von selbst, erklärt aber auch nicht, warum es zunächst zur oberirdischen Präsenz der Werte gekommen ist. Schätze sollten sich kaum allzuweit entfernt vom Schatzhalter verborgen haben. Wer segelt schon gern Hunderte von Meilen zu seiner"Bank" auf den Lofoten?
>Die meisten anderen Interpretationen sind spekulativ: Ob Tauschhandel, Kriegsbeute oder Söldnerlohn - nur durch äußerst glückliche Fundumstände lässt sich genau bestimmen was die Quelle des Reichtums (Hortes) war.
Da geben die Fundumstände mehr her als man ahnt. Die meisten Horte lagen - falls nicht"am Mann" (Hof, Haus) - abseits der"üblichen" Handelsrouten, so dass sie wenig"kaufmännische" Bezüge haben. Klassiker ist für mich immer noch der Asyut-Hort (ca. 900 griechische Gepräge), tief im absolut münzfreien Oberägypten.
>Gab es Vikinger-Söldner? Jawoll, hier z.B sind einige der streitbaren Kämpfer abgebildet -
><center>[img][/img] </center>
>die berühmt-berüchtigte Varäger-Garde am Hof von Byzanz. (Das Bild stammt aus der Chronik Synopsis Historion von <a href="http://www.byzantine-ahrb-centre.ac.uk/Projects/Skylitzes.htm">John Skylitzes</a>.)
Eine superbe Abbildung, Danke!
Was mir nach wie vor fehlt, sind handfeste Belege für Vikinger-"Händler". Es ist auch nicht einzusehen, warum jemand mühsam Waren bewegen sollte, um damit andere Waren zu tauschen, wenn eine gute Waffenausrüstung genügt, um an die begehrten Güter zu kommen. Was man"unterwegs" so braucht, wird requiriert - und fertig.
>Der Begriff ‚Varäger’ soll skandinavischen Ursprungs sein und Teilhaber eines eidlichen Bundes skandinavischer Händler/Plünderer bezeichnen, die sich wechselseitige Unterstützung und Teilung des Gewinns/Beute geschworen hatten.
Wozu"handeln", wenn man plündern kann? Die"Handels-Theorie" der Warenbewegungen als zeitlich der"Plünderungs-Theorie" vorangehend, ist offenbar nicht auszurotten. Wer ist so blöd, Güter zu tauschen oder zu kaufen, wenn er sie sich einfach nehmen kann?
Erst wenn man sich im eroberten Gelände sesshaft gemacht und nun dort seinerseits Machterhaltungsprobleme am Hals hat, muss er für das, was er außerdem bzw. von außerhalb, also einem anderen Machtbereich, den man gerade nicht"anfassen" will (das Risiko beschreibt das Kroisos-Schicksal bestens), muss man mit Emissären arbeiten und just so - als"royal agent" - ist der früheste mesopotamische"Handel" entstanden, in Form der tamkarum bzw. DAM.GAR (sumerisch).
Über diese Art"Austausch-Bemühungen" haben wir noch in den Amarna-Briefen 14. Jh. BC, z.B. EA 9 ("schick' mehr Gold!")
>Tatsache ist, dass der russische Fürst Vladimir von Kiew 987 n. Chr. als militärische Unterstützung ca. 6000 Mann Richtung Byzanz zu dem ziemlich rabiaten Basil II schickte (<a href="http://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/7/74/BasilII.jpg"> hier zu schauen</a>) mit deren Hilfe Basil II zunächst eine Steuerrebellion seiner Landbesitzer niederrang. Im Austausch verlangte der russische Fürst Vladimir die Schwester Basils (Anna) zur Frau.
>Aus diesen Hilfstruppen rekrutierte sich später die Elitetruppe der Varäger Garde. Diese gehörte zu den bestbezahlten Truppen der damaligen Zeit und die Mitgliedschaft in der Garde musste erkauft werden.
>Die Varäger Garde war etwa 200 Jahre existent und es ist anzunehmen dass viele der ausgedienten Krieger als reiche Männer in die Heimat zurückkamen. Dies dürfte einen vielleicht großen Teil der Horde mit arabischem Einschlag erklären.
Nochmals Gotland: Im Corpus Nummorum, Teil Gotland, finden wir z.B. im Hort Stora Sojdeby (gefunden 1910) 2310 Münzen, alles schön in einer hölzernen Box. Gewicht ca. 3 Kilo. Darunter alles, was das Herz begehrt: 80 Islam, 6 Byzanz, 1365 Deutsche, 737 Englische, 92 Skandinavische, 13 Irische, die frühesten von 786 (Islam, geht bis 1004/5 durch), die spätesten 1099, die 919 starten. Der Hort lag mitten auf der Insel (Distrikt Fole). Die Jungs waren also ununterbrochen im Ausland zugange. Vermutlich sind sie dann nach England abgedampft (Eroberung 1066) und dort verblieben oder verschollen. Oder die gotländische Verwandtschaft starb halt aus.
Und das sollen Händler gewesen sein? Notabene: ca. 15 km von der Küste entfernt...
>Ist dies eine Erklärung für alle Hortfunde oder gar eine Erklärung dafür, dass im Mittelalter (oder davor) kein (Fern-)Handel stattfand. Sicher nicht. (Siehe z. B. den Beitrag von Susan E. Kruse). Hat @dottore aber auch nicht explizit behauptet!
Der Handel folgt dem Krieger/Räuber/Plünderer und nicht umgekehrt!
Visby, Handelsprivileg durch Heinrich dem Löwen 1161, belegt das aufs Feinste. Die Lübecker (Stadtgründung 1141) usw. haben aus Gotland doch nicht Stockfisch abholen wollen, sondern das dort längst en masse vorhandene (und bekannte) Silber. Die letzten datierbaren Gotland-Schätze datieren aus dem 11. Jh. - und das liegt nun mal vor dem 12. Jh.
Herzlichen Dank für Literatur und Links.
Und schönsten Gruß!
|
Zandow
08.10.2004, 17:29
@ dottore
|
Das plötzliche Ende |
-->Hallo dottore, Hallo Popeye,
riesigen Dank für Eure postings.
Ein Exportgut ex Skandinavien konnte ich auch noch nicht finden. Letztes Jahr hatte ich in meinen Anmerkungen zu dottores Property-paper schon die Frage nach dem Grund der Münzzahlungen an die Skandinavier gestellt, also, ob diese Münzen bei heidnischen Priestern als Abgabe zu erbringen waren. In den heidnischen Tempeln (am Thingplatz befindlich) sollen sich mannshohe Statuen befunden haben. Und: Sie sollen vergoldet gewesen sein. In der Überlieferung wird nun berichtet, daß die heidnischen Tempel im Zuge der Christianisierung allesamt zerstört wurden. Da man nichts, aber auch gar nichts, in dieser Richtung gefunden hat, stellt sich die Frage nach der Glaubwürdigkeit solcher Berichte, denn irgendwas bleibt immer übrig.
Da die Münzhorte nun mal da sind, müssen die Münzen einen Wert gehabt haben. Dieser Wert kann nur aus dem Zwang zur Abgabe resultieren (über welche Zwischenstufen auch immer). Was mich jetzt an diesem Ablauf noch stört, ist die Hortung. Nirgens konnte ich einen Hinweis auf kurantes Geld irgendeiner Form bei den Vikingern vor ca. 1000 AD finden (außer Strafen,"fine", bei Mord z.B.). Welchen Sinn sahen die chieftains/Priester in der Hortung so vieler Münzen?
>Dass von Afghanistan aus (das jede Menge"begehrenswerter Fernhandelsgüter"
>selbst zuhauf besaß) Handel bis zum Polarkreis betrieben wurde, wo sich die
>entsprechenden"Zahlungsmittel" einer arabischen Dynastie finden, die vor
>allem im 10. Jh. im Schwange war (und sich dort lt. traditioneller
>Geschichtsschreibung vornehmlich mit Hilfe"türkischer Söldner" im Sattel
>hielt), um 1005 AD sang- und klanglos zu verschwinden, kann nur ins Reich der
>Märchen gehören.
Just um diese Zeit hören auch die Münzhorte auf. Dies wird bisher mit dem Verdrängen der"Handelsmacht" der Vikinger durch die entstehende Hanse begründet. Doch die Lösung liegt an anderer Stelle: Das plötzliche Auftreten des Christentums (Chronologieprobleme lassen wir jetzt hier mal beiseite) ist mit dem Gebrauch kuranten (!) Geldes verbunden (Peterspfennig als direkte Abgabe nach Rom!). Statt Hortung wurde nun also das Geld wieder ausgegeben.
Dieser Umbruch (neues Geschäftsmodell!) ging mit der Zentralisierung der Macht zusammen (Entstehung der Königreiche z.B. Norwegen, Schweden, Dänemark). Dabei zwei Zentren: Der König einerseits und der Bischof andererseits, gegenseitig bedingend!
Zum Thema Geschichtsschreibung:
Es ist schon sehr verwunderlich, wenn historische Geschichtsschreiber sehr datailiert über Geschehnisse berichten, die Jahrhunderte zurückliegen. Es ist nicht erkenntlich, auf welche Quellen sie sich dabei bezogen. Lest mal die Kaiserbiographien (von Seneca glaub ich). Woher hat der Autor diese Datailkenntnis. Schriftquellen, auf die er sich bezogen haben könnte, sind nirgendwo belegt.
Dazu ein Beispeil:
Gestern war im TV ein Beitrag, in dem junge Menschen (Abiturienten) nach ihren Erinnerungen an die DDR befragt wurden. Die Kenntnisse waren extrem dünne. Und dies, obwohl heutzutage jede Menge Schriftquellen zu der Zeit vor 15 Jahren vorliegen. Solcherlei Schriftquellen gab es in der Antike nicht! Woher stammt also die erstaunliche Datailkenntnis antiker Historiker????
Bei der Chronologiekritik, insbesondere bei der Kritik der Schriftquellen, stellt sich mir also i.M. die Frage nach dem Wissenstand der Autoren. All die Fälschungen (so aus der Zeit ab 12./13. Jhh. AD) müssen also den Kenntnisstand der damaligen Zeit widerspiegeln. Wobei das größte Rätsel folgendes ist: Viele Funde und Artefakte waren damals (spätes Mittelalter) noch gar nicht bekannt, können also gar keinen Niederschlag in den Schriften gefunden haben. Und doch finden sich Beschreibungen von Dingen, die damals eigentlich vollkommen unbekannt gewesen sein müßten.
Dies läßt für mich nur einen Schluß zu: Die Zeit der Autoren und die Zeit dessen, was sie beschrieben haben, liegen zeitlich sehr eng beieinander!
D.h.: <font color=#FF0000>Spätmittelalter (max. 200 Jahre lang) ist gleich Antike (max. 300 Jahre lang) samt den Überschneidungen!</font>
Das ist natürlich eine sehr unorthodoxe Betrachtungsweise, aber auch die Architekturgeschichte läßt kaum einen anderen Schluß zu (wer hat z.B. wann den Zement erfunden und war diese Technologie über Jahrhunderte auf seltsame Weise verloren gegangen, um dann plötzlich wieder aufzutauchen?).
Dank an Euch beide und Herzliche Grüße, <font color=#008000>Zandow</font>
PS @Popeye: Super Aufsätze! Ich kann sie mir ausdrucken.
Ganz besonders schön: Die Herausarbeitung, daß die Isländer eine klare Klassenstruktur hatten (nix mit"quasi-libertär" oder so) und die Geschichtsschreibung (Sagas) zu berechtigten Fragen und Zweifeln Anlaß geben. Also: Zuerst Archäologie gucken, dann Schriftquellen. Was ich bis jetzt lesen konnte (bin in Englisch a bissl schwach) bestätigt genau meine Ansichten. Meister Friedman muß sich warm anziehen.
|
dottore
08.10.2004, 20:20
@ Zandow
|
Re: Christus 1053? |
-->>Hallo dottore, Hallo Popeye,
>
>riesigen Dank für Eure postings. >
>Ein Exportgut ex Skandinavien konnte ich auch noch nicht finden. Letztes Jahr hatte ich in meinen Anmerkungen zu dottores Property-paper schon die Frage nach dem Grund der Münzzahlungen an die Skandinavier gestellt, also, ob diese Münzen bei heidnischen Priestern als Abgabe zu erbringen waren. In den heidnischen Tempeln (am Thingplatz befindlich) sollen sich mannshohe Statuen befunden haben. Und: Sie sollen vergoldet gewesen sein. In der Überlieferung wird nun berichtet, daß die heidnischen Tempel im Zuge der Christianisierung allesamt zerstört wurden. Da man nichts, aber auch gar nichts, in dieser Richtung gefunden hat, stellt sich die Frage nach der Glaubwürdigkeit solcher Berichte, denn irgendwas bleibt immer übrig.
Hi Zandow,
doch es wird gefunden! Dazu darf ich auf die berühmten "Goldhüte" oder auch hier aufmerksamen machen, z.B. hier:
Wie sich das mit entsprechendem Silber verhalten hat, weiß ich nicht. Allerdings wurden meines Wissens komischerweise keine Goldmünzen in den Wikinger-Horten gefunden, obwohl die Freunde Tausende von Kilometern weit weg, durchaus auch Gold geprägt hatten, zu den Samaniden ist schon ein Stück gezeigt worden.
>Da die Münzhorte nun mal da sind, müssen die Münzen einen Wert gehabt haben. Dieser Wert kann nur aus dem Zwang zur Abgabe resultieren (über welche Zwischenstufen auch immer). Was mich jetzt an diesem Ablauf noch stört, ist die Hortung. Nirgens konnte ich einen Hinweis auf kurantes Geld irgendeiner Form bei den Vikingern vor ca. 1000 AD finden (außer Strafen,"fine", bei Mord z.B.). Welchen Sinn sahen die chieftains/Priester in der Hortung so vieler Münzen?
Ein Rätsel, in der Tat! Vielleicht war Gold so eine Art"Signal-Metall": Wer es hatte und zeigen konnte, durfte über Silber und dessen"Kuranz" befinden. Die römischen Steuern mussten in Gold geliefert werden (galt sozusagen als"Ewig-Eigentum" der Herrscher). Bei dessen Wiederverausgabung mussten die Zinsiten es dann zunächst"in kleinere Einheiten teilen", um überhaupt an der Besteuerungs-"Basis" wirtschaften zu können. Und wer entsprechend viel davon zusammengeklaubt hatte, war dann wieder in Besitz des kaiserlichen STZM.
Andererseits gibt's natürlich auch reine Goldmünzen-Horte - z.B. langobardischen Gepräges.
>>Dass von Afghanistan aus (das jede Menge"begehrenswerter Fernhandelsgüter"
>>selbst zuhauf besaß) Handel bis zum Polarkreis betrieben wurde, wo sich die
>>entsprechenden"Zahlungsmittel" einer arabischen Dynastie finden, die vor
>>allem im 10. Jh. im Schwange war (und sich dort lt. traditioneller
>>Geschichtsschreibung vornehmlich mit Hilfe"türkischer Söldner" im Sattel
>>hielt), um 1005 AD sang- und klanglos zu verschwinden, kann nur ins Reich der
>>Märchen gehören.
>Just um diese Zeit hören auch die Münzhorte auf. Dies wird bisher mit dem Verdrängen der"Handelsmacht" der Vikinger durch die entstehende Hanse begründet.
Ja, das halte ich auch für Quatsch.
>Doch die Lösung liegt an anderer Stelle: Das plötzliche Auftreten des Christentums (Chronologieprobleme lassen wir jetzt hier mal beiseite) ist mit dem Gebrauch kuranten (!) Geldes verbunden (Peterspfennig als direkte Abgabe nach Rom!). Statt Hortung wurde nun also das Geld wieder ausgegeben.
Die Wiederausgabe setzt eine Wiedereinnahme voraus, siehe schon das babylonische Tempelschatz/Tempelbank-Modell. Dort wurde das Silber geschickterweise verliehen - also wie bei einer modernen ZB.
>Dieser Umbruch (neues Geschäftsmodell!) ging mit der Zentralisierung der Macht zusammen (Entstehung der Königreiche z.B. Norwegen, Schweden, Dänemark). Dabei zwei Zentren: Der König einerseits und der Bischof andererseits, gegenseitig bedingend!
Das Legitimations-Problem ("Salbung" usw.) wurde so gelöst. Bonifatius"salbt" Pippin. Der Bischof von Rom"krönt" Karl den Großen.
>Zum Thema Geschichtsschreibung:
>Es ist schon sehr verwunderlich, wenn historische Geschichtsschreiber sehr datailiert über Geschehnisse berichten, die Jahrhunderte zurückliegen. Es ist nicht erkenntlich, auf welche Quellen sie sich dabei bezogen. Lest mal die Kaiserbiographien (von Seneca glaub ich).
Sueton (angebl. 70 - 140, Datierung, um alles glaubwürdiger zu machen, weil"näher" dran). Sein Latein ist schlichtesten Zuschnitts, man vergleiche dazu Sallust (86-34 BC).
>Woher hat der Autor diese Datailkenntnis. Schriftquellen, auf die er sich bezogen haben könnte, sind nirgendwo belegt.
Angeblich per"Zugang zu den Archiven". Ich vermute mal (Christogramm-Problematik): Da wurden anhand von Münzbildern (hatte mal eine Reihe hier reingestellt) Stories gestrickt, z.B. bei einer Dame der kaiserlichen Familie, die ein X P auf einen Militär-Schild pinselt, sie sei eben besonders christlich gewesen. Herrscher, bei denen das X P fehlt, waren"böse" Christenverfolger, man denke an Julian Apostata.
>Dazu ein Beispeil:
>Gestern war im TV ein Beitrag, in dem junge Menschen (Abiturienten) nach ihren Erinnerungen an die DDR befragt wurden. Die Kenntnisse waren extrem dünne. Und dies, obwohl heutzutage jede Menge Schriftquellen zu der Zeit vor 15 Jahren vorliegen. Solcherlei Schriftquellen gab es in der Antike nicht! Woher stammt also die erstaunliche Datailkenntnis antiker Historiker????
Man hat die Münzen in eine Reihe gelegt und so lange hin und hergeschoben, bis eine"Reihenfolge" plausibel erschien, so hat es schon Wroth mit den Byzantinern im BM gemacht. Dazu wurden dann noch Epigraphica (Inschriften aller Art) zur Hilfe genommen.
Große Überraschung, wenn"neue" Namen auftauchen, noch dazu aus dunklen Quellen. In den 1930ern (?) tauchten"in der Schweiz" auf einmal Zehntausende von Byzantinern auf.
>Bei der Chronologiekritik, insbesondere bei der Kritik der Schriftquellen, stellt sich mir also i.M. die Frage nach dem Wissenstand der Autoren. All die Fälschungen (so aus der Zeit ab 12./13. Jhh. AD) müssen also den Kenntnisstand der damaligen Zeit widerspiegeln. Wobei das größte Rätsel folgendes ist: Viele Funde und Artefakte waren damals (spätes Mittelalter) noch gar nicht bekannt, können also gar keinen Niederschlag in den Schriften gefunden haben. Und doch finden sich Beschreibungen von Dingen, die damals eigentlich vollkommen unbekannt gewesen sein müßten.
Die Phantasie kennt keine Grenzen. Der Urkundenschwindel vor 1000 ist nachgerade kolossal.
>Dies läßt für mich nur einen Schluß zu: Die Zeit der Autoren und die Zeit dessen, was sie beschrieben haben, liegen zeitlich sehr eng beieinander!
>D.h.: <font color=#FF0000>Spätmittelalter (max. 200 Jahre lang) ist gleich Antike (max. 300 Jahre lang) samt den Überschneidungen!</font>
Heiß umkämpftes Terrain, vgl. die Page"Christus 1053" und die Fomenko-Debatte. Die Duplizierung ist nachgerade historiographischer Standard.
>Das ist natürlich eine sehr unorthodoxe Betrachtungsweise, aber auch die Architekturgeschichte läßt kaum einen anderen Schluß zu (wer hat z.B. wann den Zement erfunden und war diese Technologie über Jahrhunderte auf seltsame Weise verloren gegangen, um dann plötzlich wieder aufzutauchen?).
Nicht nur das. Noch und noch wurde etwas"wieder" erfunden, incl. Glas.
Gruß! |
Euklid
08.10.2004, 21:03
@ dottore
|
Einfach grandios was unser dottore da ausgräbt;-)) |
-->http://www.schifferstadt.de/www/
Ein Danke für die unermüdlichen Geister die hier forschen.
Das ist mit Sicherheit spannender als Infla oder Defla;-))
Ein persönliches Danke an Dich dottore.
Gruß Euklid
|
JoBar
08.10.2004, 21:07
@ Zandow
|
Re: plötzliches Ende - und jahrtausende spätere Wiederentdeckung ;) |
-->>Das ist natürlich eine sehr unorthodoxe Betrachtungsweise, aber auch die Architekturgeschichte läßt kaum einen anderen Schluß zu (wer hat z.B. wann den Zement erfunden und war diese Technologie über Jahrhunderte auf seltsame Weise verloren gegangen, um dann plötzlich wieder aufzutauchen?).
dazu ein ( vermutlich erlogener *fiesgrins*) Pressebericht:>/b>
[b]"Vorchristlicher" Wirkstoff gegen Malaria entdeckt
Erreger sind nicht resistent
Nairobi - Altes Wissen gegen eine Krankheit, an der pro Jahr weltweit mehr als zwei Millionen Menschen sterben: Archäologen haben in einem chinesischen Grab ein auf das zweite Jahrhundert vor Christus datiertes"Rezept" gegen Malaria entdeckt, nun wird der damals aus Pflanzen gewonnene Wirkstoff wieder verwendet und nach Angaben kenianischer Mediziner mit erstaunlichen Erfolgen in einer Kombinationstherapie eingesetzt.
Großer Vorteil des Wirkstoffs Artemisinin gegenüber den zuletzt verwendeten Mitteln zur Behandlung von Malaria: Die Erreger sind dagegen nicht resistent."Studien in China und Vietnam haben bestätigt, dass es sich bei Artemisinin um einen hoch wirksames Präparat mit fast hundertprozentiger Ansprechrate handelt",
...
http://derstandard.at/?url=/?id=1817090
Für den ungläubigen Thom... äh Zandow [img][/img]
J
|
JoBar
08.10.2004, 21:44
@ Zandow
|
Re: Eins noch |
-->>Bei der Chronologiekritik, insbesondere bei der Kritik der Schriftquellen, stellt sich mir also i.M. die Frage nach dem Wissenstand der Autoren. All die Fälschungen (so aus der Zeit ab 12./13. Jhh. AD) müssen also den Kenntnisstand der damaligen Zeit widerspiegeln. Wobei das größte Rätsel folgendes ist: Viele Funde und Artefakte waren damals (spätes Mittelalter) noch gar nicht bekannt, können also gar keinen Niederschlag in den Schriften gefunden haben. Und doch finden sich Beschreibungen von Dingen, die damals eigentlich vollkommen unbekannt gewesen sein müßten.
>Dies läßt für mich nur einen Schluß zu: Die Zeit der Autoren und die Zeit dessen, was sie beschrieben haben, liegen zeitlich sehr eng beieinander!
D.h.: Spätmittelalter (max. 200 Jahre lang) ist gleich Antike (max. 300 Jahre lang) samt den Überschneidungen!
>Das ist natürlich eine sehr unorthodoxe Betrachtungsweise, aber auch die Architekturgeschichte läßt kaum einen anderen Schluß zu (wer hat z.B. wann den Zement erfunden und war diese Technologie über Jahrhunderte auf seltsame Weise verloren gegangen, um dann plötzlich wieder aufzutauchen?).
[b]Mein lieber Zandow,
das hier http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/serie_buch/383928.html gilt auch für Herrn Zandow! Lege doch nicht einfach Deine heutigen Maßstäbe bei Bewertungen als das Maß aller Dinge an.
Deine obigen Schlußfolgerungen könnten nämlich schlichte Kurz-Schlüsse sein! Als Mensch des 21. Jahrhundert gehst Du"selbstverständlich" davon aus, daß Überlieferungen ausschließlich schriftlich erfolgen müssen. Vielleicht hast Du aber auch von den indischen Veden gehört? Rate mal wie die seit über 5 Jahrtausenden(!) überliefert werden?
Mündlich.
Die meisten modernen PISA-Europäer haben mit dem auswendigen Vortrag von Schillers"Glocke" enorme Probleme. Im indischen Kulturkreis beherrscht man es abertausende von Versen von Generation zu Generation mündlich zu überliefern.
Sogar hier in Europa konnte man im Mittelalter ohne schriftliche Aufzeichnungen dokumentieren. Vielleicht hast Du auch schon davon gehört, daß anläßlich von wichtigen Vereinbarungen einem ahnungslosem Kind so ein heftige Ohrfeige verpaßt wurde, daß es sie sein Leben lang nicht vergaß - ebenso wie den"Anlaß" dafür.
Noch einmal: Bevor Du Deine heutigen Maßstäbe anlegst und verkündest"was damals war" kläre doch bitte erst einmal ab, ob Du damit auch kongruent zu der damaligen Zeit bist.
JAT [img][/img]
J
|