-->was bewegt...
...den Weihnachtsmann?
Er hat studiert, ist Bauingenieur und Vater von fünf Kindern. Die Krise seiner Branche hat ihn hart getroffen. Jetzt tritt er in einem noblen Hamburger Stadtteil auf, um seine Familie durchzubringen. Und er vertraut darauf, dass alles wieder besser wird - irgendwann
Von Ulrike Meyer-Timpe
Nicht weit von der Alster, im Hamburger Nobelviertel Pöseldorf, ist Weihnachten ganz besonders schön. Unter den Christbäumen werden sich in den Stadtvillen die Geschenke türmen, das Angebot der umliegenden Läden ist allzu verlockend. Dort, vor Designer-Stores und Antiquitätengeschäften, ist schon im Advent der Weihnachtsmann unterwegs. »Hohohoho!«, rufen ihm die Passanten zu. »Hohohoho«, erwidert er und greift in seinen Jutesack. Hier ein paar besonders leckere Kekse, dort ein Paket Bio-Hartweizennudeln (»Für höchsten Pasta-Genuss«), ein Restaurant-Gutschein über fünf Euro oder einer für eine Latte Macchiato. Eine nette Geste, doch die lächelnden Menschen brauchen die Nudeln eigentlich nicht. Und wer weiß, ob sie den Gutschein je einlösen werden.
Für alle vier Samstage vor Weihnachten engagierten die Pöseldorfer Geschäftsleute den Mann im roten Mantel. »Ich habe das große Los gezogen«, sagt Andreas Zerger und meint das genau so. Er ist einer der 110 Weihnachtsmänner in der Kartei der Hamburger Agentur für Arbeit. Ein jeder von ihnen besucht Heiligabend zehn Familien, um dort für Festtagsstimmung zu sorgen. Die wenigen Aufträge für die Adventszeit wurden der Gerechtigkeit halber verlost. Darunter war dieses Jahr nur ein einziger Job über mehrere Tage: das »große Los« in Pöseldorf.
Drei Jahre ist es her, dass sich Andreas Zerger mit seiner Frau und den fünf Kindern zum Familienrat zusammensetzte: Ist es in Ordnung, wenn der Vater Heiligabend für fremde Kinder den Weihnachtsmann spielt und deshalb erst spät zur eigenen Feier stößt? Alle hatten Verständnis. Denn es gibt 35 Euro pro Auftritt, macht 350 Euro für die geopferten Stunden an Heiligabend. »Das ist dann unser Budget für Weihnachtsgeschenke«, sagt der große, schlanke Mann mit dem grau durchwirkten Haar.
Dass er sich einmal Heiligabend verdingen würde, um seinen Kindern Geschenke kaufen zu können, das hatte sich der 48-Jährige so nicht ausgemalt - damals, 1978, als der gebürtige Bayer in Niedersachsen zu studieren begann. Bauingenieur mit Schwerpunkt Wasserwirtschaft wollte er werden.
Den ersten Job zu finden war 1981 kein Problem. Beim Wasser- und Schifffahrtsamt in Lauenburg war Zerger verantwortlich für den ordnungsgemäßen Betrieb der Elbe, von Hamburg bis hin zur DDR-Grenze. Allerdings: Die Arbeit machte wenig Spaß. Es gab nur die bestehende Schifffahrtsstraße zu verwalten, nichts Neues zu planen, zu bauen. »Das entsprach so gar nicht meinen Vorstellungen, zumal es viel zu wenig zu tun gab«, sagt er. »Außerdem war die Art, wie die Arbeit in einer Behörde organisiert ist, für mein Naturell einfach zu unflexibel.« Trotzdem blieb er zwei Jahre. Dann wechselte er in die Privatwirtschaft.
War es ein Fehler, die Lebensstellung beim Staat aufzugeben? Nein, sagt Martina Zerger mit Nachdruck. Die mädchenhafte 42-Jährige mit dem strahlenden Lächeln blickt kurz von ihrer Bastelarbeit auf, selbst gefertigte Sterne sollen das lang gestreckte Wohnzimmer mit Gartenblick schmücken. Sie lernte ihren späteren Mann zu jener Zeit kennen: »Dort in der Behörde wäre er eingegangen.«
.....................
weiter hier
<ul> ~ was bewegt......den Weihnachtsmann?</ul>
|