RetterderMatrix
28.12.2004, 12:38 |
Der heimliche Betriebswirt: über die Weitsichtigkeit einiger Arbeitnehmer Thread gesperrt |
-->Fundsache von Zingels BWL-Boten:
Der heimliche Betriebswirt: über die Weitsichtigkeit einiger Arbeitnehmer
Gewiß nervt es den Dozenten, wenn in den ersten beiden Stunden
einer Lehrveranstaltung kaum ein sinnvolles Arbeiten möglich ist, weil
alle paar Minuten Leute nachgekleckert kommen. Doch was oberflächlich
betrachtet als Zumutung für Lehrer und Lehrgang erscheint, läßt in
Wirklichkeit tief blicken - tiefer, als es manchen Arbeitgebern lieb
ist.
Besonders Freitag Mittag zu Beginn der Wochenendveranstaltung ist
das mit dem Zuspätkommen ein penetrantes Problem, und das liegt nicht
nur an der Staulage auf den bekanntlich für den Wochenendansturm oft
völlig unzureichenden Straßen: die IHK-Lehrgänge sind teuer, und manche
chronische Zuspätkommer sind Selbstzahler. Das scheint nicht
zusammenzupassen, kennt man das Problem mit der Unpünktlichkeit doch
eher aus Lehrgängen mit manchmal unfreiwilligen Teilnehmern vom
Arbeitsamt. Warum kommen aber Leute zu spät, die viel Geld gezahlt
haben - und das nicht selten aus eigener Tasche?
Es hat eine Weile gedauert, bis ich das Rätsel lösen konnte, denn
man muß die Leute erst persönlich kennenlernen, und was ich dann
erfuhr, läßt manchen Arbeitgeber, den ich kenne aber hier nicht nenne,
in schlechtem Licht erscheinen: so berichteten mir mehrere
Lehrgangsteilnehmer, sie würden es oft nicht rechtzeitig schaffen, weil
sie an Freitagen zu lange arbeiten müßten - und daran könnten sie
nichts ändern, weil ihre Arbeitgeber von der Teilnahme an dem
IHK-Lehrgang nicht wissen dürften.
Da blieb mir erstmal die Kinnlade stecken, was bei mir sonst eher selten ist: ein Arbeitnehmer finanziert gegen den Willen seines Arbeitgebers
eine Fortbildungsveranstaltung für mehrere Tausend Euro, und kommt zu
spät, weil er seinem Boß nicht vermitteln kann, daß er sich
qualifizieren will. So weit ist es also schon gekommen: Arbeitgeber
wünschen keine Fortbildung ihrer Mitarbeiter, weil diese dann
Lohnforderungen stellen oder gar die manchmal inkompetente
Unternehmensführung ihrer Vorgesetzten erkennen könnten. So kurzsichtig
sind wir schon: Der Schröder schwadroniert noch von Milliarden für die Bildung, aber da, wo die Millionen Nutzen stiften sollten, ist Weiterbildung unerwünscht.
Da ist in den Prüfungen von QM und Human Resources die Rede, aber
der Brötchengeber interessiert sich nicht im geringsten für den
Einsatzwillen seines Mitarbeiters: was ein vernichtendes Urteil über
das Management zu sein scheint, hat aber noch eine weitere Dimension,
und die ist auch nicht gerade herzerfrischend. Bildung ist nämlich, wir
wissen es alle, eine Investition in die Zukunft. Nur ein kurzsichtiger
Arbeitgeber unterläßt diese Investition - oder ein besonders
weitsichtiger, genug um zu wissen, daß es bald keine Zukunft mehr gibt,
in die man investieren könnte. In einem Land, in dem die Volkabstimmung
im Kreißsaal ausgetragen wird, können offensichtlich auch die
Unternehmer hinter Maut, Emissionshandel und Steuerpolitik keinen
Lichtblick mehr entdecken. Und da der Aufschwung mit der Bahn kommt,
also gar nicht, wird den Mitarbeitern jegliche Fortbildung auf Kosten
der kurzfristigen Arbeitsleistung verboten - eine taktische Optimierung
mit dem Ziel der baldigen Verlagerung nach Osteuropa oder China: nicht
nur ein vernichtendes Urteil für die Unternehmerschaft also, sondern
noch viel mehr für eine korrupte Führung, die das land zugrunderichtet.
Ja, so weit sind wir schon gekommen: das Lernverhalten der Menschen
ist ein Krisenindikator, ganz wie die Familienplanung eine Art von
Abstimmung. Und die kann bei fast neun Millionen Arbeitslosen schon vor der Energierationierung
kaum sehr positiv ausfallen. Noch scheint es Arbeitnehmer zu geben, die
an ihre persönliche Zukunft glauben, denn sonst würden sie sich nicht
zwei Jahre land die Wochenenden um die Ohren schlagen, sogar noch gegen
den Willen ihres Chefs. Doch wenn der Arbeitgeber keine Zukunft mehr
sieht, haben wir bald alle keine Perspektive mehr. Was die Politik
nicht einsieht ist, daß der Unternehmer der Esel ist, der den ganzen
Karren zieht. Wir müssen das Land wohl erst richtig an die Wand fahren,
um diese Lektion endlich zu lernen!
</td></tr>
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Denker
28.12.2004, 13:46
@ RetterderMatrix
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Re: Der heimliche Betriebswirt: über die Weitsichtigkeit einiger Arbeitnehmer |
-->@RetterderMatrix
Diese Sachverhalte sind eigentlich weithin bekannt. Es wird nämlich gerade in Deutschland stillschweigend erwartet, daß die Mitarbeiter viel dümmer sind als der Chef. Interesse an Weiterbildung sollte daher niemals in Bewerbungsgesprächen angegeben werden. Das ist nämlich ein absolutes KO-Kriterium bei der Auswahl.
Genauso verhält es sich mit den Studiennoten und der Studiendauer. Falls man"zu gute Noten" hat sollte, man diese keinesfalls im Lebenslauf erwähnen.
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Dieter
28.12.2004, 14:50
@ Denker
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wie kommt Ihr denn darauf, |
-->Mitarbeiter, die pers. Engagement zur Fortbildung zeigen, werden bevorzugt eingestellt und betrieblich gefördert.
Gut, wenn ein Handwerksgeselle für einen Lehrgang über Chinesiche Kultur und Philosophie Bildungsurlaub beansprucht und die Lehrgangsgebühren vom Arbeitgeber erstattet haben möchte, wird es berechtigterweise Widerspruch geben.
Es kann sich kein Unternehmer leisten, seine wichtigste und vor allem teuerste Resource die seiner Mitarbeiter ungenutzt zu lassen.
Von daher mögen die geschilderten Fälle Einzelfälle großer menschlicher Schwächen sein, aber die Regel ist das nicht.
Die Regel sieht umgekehrt aus, pers. Engagement bei Fortbildung wird positiv gesehen und bewertet!
Gruß Dieter
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Worldwatcher
28.12.2004, 16:27
@ Dieter
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Re: so |
-->Hallo Dieter,
da muss ich wohl vor fast 15 Jahren in der falschen Firma angestellt gewesen sein, ich habe erlebt wie die Geschäftsleitung solange die Vorgesetzen im Mittelbau ausgetauscht haben bis die Wissenspotentiale wirklich umgekehrt waren. Der Vorgesetzte war einer von der Sorte der gegen fachliche und sachliche Argumentation nichts mehr hervorbringen konnte. Jedoch als Strippenzieher im Besprechungen es schaffte alle die was auf dem Kasten hatten zu demoralisieren und zu demontieren. Das war so gesehen ein gewünschter und geduldeter Saboteur. Nun ja auf Grund von ausbleibenden Erfolgen tauschte man auch zyklisch die Figuren in der GF. Jedesmal ging ein Zittern durch die Firma, denn was sind denn die effektivten Massnahmen der neuen Besen in der GF.
Abbau von nichtverstandenen als unnütz betrachtete Resourcen.Erfolg überall klaffen Löcher in den Abläufen die dann wieder durch Notsubventionen gestopft werden mussten.Wenn die Argumente fürs sparen ausgingen wurde wieder mal ein Professor oder Unternehmensberater beauftragt ein Gutachten zu erstellen. Das hält selbst die gesündeste Firma nicht aus.
Der Vorgesetzte hatte den Rang eines Bereichsleiters, mit"Sozialer Auswahl" hat er damals die MA aus ihren Arbeitsverhältnissen getrieben. Die Entlassungspapiere und Zeugnisse waren auf seinem Nivau erstellt. Die Geschäftsleitung lies ihn gewähren, und nachdem er"erfolgreich" ganze Projektlinien ruiniert hatte konnte man seitens der Geschäftsleitung und dem Biertriebsrat getrost dem Abbau der Entwicklungs- und Fertigungsbereiche zustimmen. Als Belohnung wurde dieser Bereichleiter als Abteilungsleiter weiterbeschäftigt, er hat diese Beförderung akzeptiert. Die Biertriebsratsvorsitzende und ehemalig stellvertretende DGB-vorsitzende Hessen sitzt heute als Hinterbänklerin im Bundestag. In den Betriebsräumen der damaligen Firma beschäftigen sich gerade mal ca. 8% der möglichen Arbeitnehmermenge mit ein paar Produktionsaufgaben für Nischenprodukte die auch noch einem extremen Schweinezylus unterliegen. So kann man auch eine altehrwürdige Firma mit Marken die als geschützes Wahrenzeichen gleich hinter Mercedes angesiedelt war ruinieren. Ca. 90% der Arbeitnehmer sind so aus ihren Arbeitsverhältnissen gedrängt worden, 100% haben die, bei Einstellung als Zwangskröte geschluckte Betriebsrentenversicherung, verloren. Sie wurde einfach durch den Biertriebsrat zum Tageswert ausgezahlt.
Weiterbildung ist bei Unternehmern offensichtlich sowieso suspekt,jedenfalls wenn es eine ist die er nicht zu 100% nutzen kann, wobei speziell bei den heute so beliebten Personalreferenten vermutlich die notwendige praktische Erfahrung
fehlt überhaupt zu erkennen wie derartige Bildungsbausteine in den Betriebsabläufen überhaupt genutzt werden können. Leute die aus der Praxis konnen und auf Grund von langjährigen Erfahrung den Überblick übers Ganze haben sind nicht gewollt, die direkten Vorgesetzten scheuen sich solche Leute zu akzeptieren,denn soeine Person könnte ja gefährlich werden.
Ich bin jedenfalls froh heute nicht mehr in einem solchen Zwangsjackenverhältnis zu sein, sicher ich muss schon sehr sparen um über die Runden zu kommen, aber auch die Freiheit hat halt ihren Preis.
Wenn ich von Zeit zu Zeit mal in Betrieben unterwegs bin und kurz gehaltene Informationsgespräche mit den dort arbeitenden MA's führe kann ich immer öfters feststellen das die Leute die unsinnigsten Anordnungen kritiklos ausführen egal was es den Betrieb kostet. Ich nenne das mal Schuss ins eigene Knie bei voller Dummheit der Führung. Sie wissen es nicht besser und meinen mit Einschüchterung durch die Kündigungspeitsche die MA's im Griff zu haben. Ich bezeichne dies als kontrollierte Verrottung und Verwesung. Naja wenn mans dann mal weiter analysiert so findet man die Fortsetzung solcher"Führungsregeln" bei HARTz wieder. Obs was mit den Aus- und Weiterbildungen von Führungskräften in Bad Harzburg zu tun hat kann ich nicht sagen, jedoch scheint gerade Führungsnowhow noch stark unterentwickelt an Maßstäben des vergangenen Jahrhunderts festzuhalten.
Aber nicht nur die Arbeitgeber fürchten selbstorganisierte Weiterbildung, nein die Arbeitslosenverwaltung steht hier der Bildungsfurcht der Wirtschaft kaum nach. Mit der Arbeitslosenverwaltung habe ich erlebt das die eine für meine berufliche Chancen wichtige Weiterbildungsmasnahme Teil2 nicht mehr bewilligt haben, mit der Begründung: Ja die Maßnahme ist zeitlich zu kurz, aber eine andere Bildungsmasnahme aus ihrem Schrottangebot die mehr als das doppelte kostete haben sie problemlos genehmigt. Ergebnis: keinen anerkannten Abschluss in der ersten Ausbildung, das Wissen ist zwar vorhanden, aber die Referenz fehlt. Das Wissen der zweiten Maßnahme ist inzwischen veraltet die Zertifikate sind sehr dekorativ aber für die Toilette. Auch war das Wissen welches die zweite Maßnahme vermittelte wurde nie von den Arbeitgebern nachgefragt.[img][/img]
soviel zur destruktiven Wirkung der Arbeitslosenverwaltung.
Inzwischen kann ich meine Kenntnisse und Fähigkeiten in die verschiedensten Projekte weltweit einbringen, nur hier in Deutschland ist der Arbeitsmarkt wie vernagelt.
Die Unternehmen stellen heute keinen mehr ein der den Durchblick hat, denn mit jugendlicher Naivität kann ich leider nicht mehr dienen nach über 30 Jahren und etlichen nachweisbaren Sanierungserfolgen bei notleidenen Produktionen und Produkten verliert man die Naivität. Nur wenn man eine solche Tätigkeit erfolgreich ausüben will ist man gezwungen breitbandiges Wissen zu haben, denn bei einer solchen Aufgabe muss man sowohl technisch als auch betriebswirtschaftlich und kaufmännisch fit sein.
Als Ausrede bei Bewrbungsabsagen bekommt man dann Überqualifikation und das Alter als Argument vor die Füsse geworfen.
Soviel zu den Erfahrungen mit dem deutschen Arbeitsmarkt
Gruss Ww
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LOMITAS
28.12.2004, 16:28
@ Dieter
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Re: wie kommt Ihr denn darauf, |
-->>>Die Regel sieht umgekehrt aus, pers. Engagement bei Fortbildung wird positiv gesehen und bewertet!
>Gruß Dieter
Hallo Dieter,
nichts wird positiv bewertet und Engagment gleich gar nicht. Du kriegs dein Gehalt oder Bezug und damit hat es sich.
Alles andere is mumpitz
LOMITAS
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kingsolomon
28.12.2004, 16:44
@ Dieter
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Re: exakt! Die Damen/Herren von der"Unternehmensberatung" China AG |
-->werden den Laden hier auf Vordermann bringen, eher früher als später. Warum
sich also aufregen?!
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Dieter
28.12.2004, 17:15
@ LOMITAS
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im öffentl. Dienst vielleicht oder der Großindustrie, |
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