rocca
11.04.2005, 19:23 |
Auch der Neolibpusher Spiegel kömmt an den Tatsachen nicht vorbei Thread gesperrt |
-->Clements Wunderwaffe bleibt stumpf
Von Michael Kröger
Im Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit hat Rot-Grün nach den Vorschlägen von Peter Hartz bereits eine ganze Reihe arbeitsmarktpolitischer Instrumente ausprobiert. Die Bilanz ist durchwachsen. Reguläre Jobs konnten kaum geschaffen werden.
Nürnberg - Schon mit der ersten Stufe der Hartz-Reformen - den Ausbau der Leiharbeit mittels sogenannter Personal-Service-Agenturen (PSA) - hatte die Bundesregierung große Hoffnungen verbunden. Begleitet von großem PR-Getöse hatten die Arbeitsämter 2003 flächendeckend PSAs eingerichtet. Die Idee: Die PSA sollten schwer vermittelbare Arbeitslose bei sich einstellen und diese dann zeitlich befristet an Unternehmen verleihen.
Das Ganze war natürlich nur für den Übergang gedacht. Wenn die Arbeitgeber ihre Leiharbeiter erstmal in Aktion sähen, würden sie viele von ihnen schon einstellen, so die Hoffnung. Bezahlen sollten den Übergang zunächst die Arbeitsämter - in Form von Zuschüssen für jeden Arbeitslosen, den die PSA beschäftigen.
Ursprünglich sollten auf diese Weise jährlich 350.000 sozialversicherungspflichtige Jobs geschaffen werden. Zwei Jahre später lässt sich der Misserfolg jedoch kaum noch wegdiskutieren. Ende März 2005 waren laut Bundesagentur für Arbeit nur knapp 28.000 Menschen in reguläre Beschäftigungsverhältnisse vermittelt worden.
<ul> ~ http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,350301,00.html</ul>
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Turon
11.04.2005, 22:38
@ rocca
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Direkt zwischen die Augen |
-->Ursprünglich sollten auf diese Weise jährlich 350.000 sozialversicherungs- pflichtige Jobs geschaffen werden. Zwei Jahre später lässt sich der Misserfolg jedoch kaum noch wegdiskutieren.
Es war von Anfang an wohl klar, daß der Ausbau von Leiharbeit exakt entgegensetzte irkung haben wird, als damals noch angenommen.
Erstens: die Leiharbeit unterliegt Jahreszyklik. Sobald die Frühlingsarbeiten
einsetzen erholt sich der Arbeitsmarkt in aller Regel, auch ohne Zeitarbeit.
Die Leiharbeitsfirmen verdienen daher tatsächlich nur in Phasen des Drucks, der auf die Firmen erzeugt wird, sobald die Auftragslage steigt - das ist jedenfalls immer im Frühling.
Zweitens: sobald man also die heiße Phase überbrückt, denkt man wieder an Winter und seine mögliche Länge - und verhält sich entsprechend.
In Wahrheit sind daher die Leiharbeitsfirmen eine ganz große Hilfe bei dem Prozess der langfristig angelegter Rationalisierung.
Ende März 2005 waren laut Bundesagentur für Arbeit nur knapp 28.000 Menschen in reguläre Beschäftigungsverhältnisse vermittelt worden.
Imho darf dies als Tatsachenfälschung angesehen werden. Es erscheint mir zwar möglich, daß die 28000 Stellen geschaffen wurden, aber man spricht nicht darüber wieviel am Ende nicht geschaffen wurden. Schließlich genießt der Auftragsgeber (also das leihende Unternehmen) nahezu grenzenlose Beschäftigungsfreiheit. Er macht sich nicht mehr darum Gedanken, daß seine Personalpolitik einen ernstzunehmenden Engpaß darstellt - wenn es ernst wird,
greift er zum Hörer und bestellt eben paar Leute mehr ein, als sonst.
Mich würde ja eigentlich interessieren was unserer dottore dazu sagt. Schließlich hebeln Personenagenturen den debitistischen Charakter des Unternehmers vollständig aus. Geht sein Auftragsvolumen zurück, ist das kein Problem. Man stellt Niemandem ein, entläßt sogar ein paar, und für den Fall der Fälle, daß unvorgesehenerweise das Auftragsvolumen erfreulicher ausfällt, holt man halt par Leute von der PSA und erklärt ihnen - wenn ihr Euch anstrengt, wird unserer Kunde weitere Aufträge geben und ihr habt dann einen"sicheren"
Job.
Ich wünsche Euch was, tauche jetzt wieder mal viel seltener bei Euch auf.
Gruß von T.
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dottore
12.04.2005, 10:27
@ Turon
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Re: Direkt zwischen die Augen |
-->Hi,
>Mich würde ja eigentlich interessieren was unserer dottore dazu sagt. Schließlich hebeln Personenagenturen den debitistischen Charakter des Unternehmers vollständig aus.
Nein. Er muss doch die Leute so oder so bezahlen - und wenn es Tagelöhner wären. Die Kosten muss er anschließend (plus Finanzierungskosten, da er das Geld für die Einstellungen kaum in einer Truhe im Keller liegen hatte) über den Markt wieder reinholen. Der Abnehmer finanziert ihn doch nicht vor - vor dem Kauf der Leistung oder des Produkts.
>Geht sein Auftragsvolumen zurück, ist das kein Problem.
Ja, dann braucht er weniger Betriebsmittel(kredite). Aufträge sind zunächst Aufträge und keine Zahlungen, bestenfalls An-Zahlungen. Im Debitismus müssen schon die Leistungen/Waren das Geld anschaffen (Zandow hatte erst vor kurzem darauf hingewiesen) und nicht umgekehrt, wie manche Träumer am Kamin die Welt so sehen (und verändern) möchten.
>Man stellt Niemandem ein, entläßt sogar ein paar, und für den Fall der Fälle, daß unvorgesehenerweise das Auftragsvolumen erfreulicher ausfällt, holt man halt par Leute von der PSA und erklärt ihnen - wenn ihr Euch anstrengt, wird unserer Kunde weitere Aufträge geben und ihr habt dann einen"sicheren"
>Job.
"Job" ist doch nur ein Tarnwort für daraus erwartete Einzahlungen. Ähnlich"Arbeitsplatz". Ich kann gern heute noch 10.000 Arbeitsplätze"schaffen" und wenn die Leute am Monatsende Geld sehen wollen, sage ich: Wieso? Ihr wolltet doch einen Platz zum Arbeiten haben und den habt ihr auch gehabt. Danke!
Gruß!
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Turon
12.04.2005, 22:23
@ dottore
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dottore - altes Schlitzohr |
-->Hallo dottore:
Du schreibst:
"...Nein. Er muss doch die Leute so oder so bezahlen - und wenn es Tagelöhner wären. Die Kosten muss er anschließend (plus Finanzierungskosten, da er das Geld für die Einstellungen kaum in einer Truhe im Keller liegen hatte) über den Markt wieder reinholen. Der Abnehmer finanziert ihn doch nicht vor - vor dem Kauf der Leistung oder des Produkts....."
Das ist in etwa selbstverständlich: Zahlungstermin ist in der Regel nach der Lieferung. Vorfinanziert wird der Unternehmer also durch die Arbeitsleistung
der beschäftigten, die dann einen Lohn erwarten - und natürlich Bank (wenn man keine Barreserven verfügt), die quasi den ganzes Prozess finanziell erst ermöglicht.
Allerdings so habe ich es nicht gemeint: ich meinte - der debitistische Druck auf Unternehmer wird kleiner, wenn sich seine Fixkosten reduzieren. Er wird dann natürlich Aufträge suchen, aber wenn das Ergebniss dieser Suche aus welchem Grund auch immer zu keinem gewünschten Erfolg führt - reduziert er am Ende auch noch die Auftragsbeschaffungskosten - oder er legt sie wieder um, auf sogenannte freie Verkäufer, die seine Ware verkaufen.
"....Im Debitismus müssen schon die Leistungen/Waren das Geld anschaffen (Zandow hatte erst vor kurzem darauf hingewiesen) und nicht umgekehrt, wie manche Träumer am Kamin die Welt so sehen (und verändern) möchten...."
Das will ich auch nicht in Frage stellen - ich denke dennoch aber, daß die früher sehr ausgeprägte finanzielle Verpflichtungen (die sich aus Tarifvertrag,
Sozialleistungen usw.; mitunter ein Grund waren, warum man immer weiter die nächste Stufe der betrieblicher Entwicklung anstreben mußte. Heute mit Entledigung oder Beseitigung dieses Umstands - hat man das Streben nach dem Break Even anders interpretiert. Es geht auch über Personaleinsparungen,
(wobei natürlich festzuhalten ist, daß diese notwendig waren).
Du magst einwenden, daß das so nicht stimmt, über die Feststellung, daß Leistungen/Waren das Geld anschaffen und wenn die weniger werden dann muß die Wirtschaft auch entsprechend reagieren. Was aber in hpchgezüchteten Systemen ja dazu führt, daß man sich überlegt was man konsumiert, dazu führt das man eigene
Bedürfnisse rationalisiert und all das wiederum führt dazu - das die Wirtschaft
auch weniger Einnahmen zu erwarten hat.
Damit wären wir ja schon genau dort, wo wir ja seit 4 Jahren sind. Dow Jones
mit -10% gegenüber dem Höchststand, Nasdaq mit -50% etwa seit dem Höchststand, Dax etwa -50% seit dem Höchststand und Techdax - den gibt es eigentlich gar nicht mehr.
Die Nachfrage nach Geld ist in heutigen Zeiten höher als die Nachfrage nach Waren. Deswegen inflationieren Staaten halt um den alten Zustand wieder herzustellen.
Damit erwies sich in übrigen ein weiterer Eingriff in den Markt und Marktpsychologie als Griff ins Klo. Man habe über die Massenmedien Geschäfte mit der Angst gemacht, und verlagerte quasi nicht notwendige Investitionen der
Wirtschaft von Zukunft auf das Jahr 2000. Damit hatten wir gleich Einkaufseuphorie, Börseneuphorie und Fusionseuphorie erst hergestellt.
Und seit dem Jahr 2001 spätestens tragen wir für diesen manipulativen Eingriff alle nur erdenkliche Konsequenzen.
"...."Job" ist doch nur ein Tarnwort für daraus erwartete Einzahlungen. Ähnlich"Arbeitsplatz"...."
Du weißt was die Leute wollen, es geht nicht bloß um Job, sondern um Planung der Zukunft - und zwar für alle Beteiligten - Unternehmer, Angestellten und ganz gewiß für den Staat, der von allen Steuern haben will.
Ich muß es doch gar nicht aufzählen. Kein Unternehmer vergrößert sein Unternehmen aus sozialen Erwägungsgründen. Ganz im Gegenteil. Er hofft:
wenn ich die Maschine X kaufe, kann ich damit auf Aufträge von Kunden x,y
zusätzlich hoffen, und dann eventuell schaffe ich paar Arbeitsplätze.
Der einfache Arbeiter will beispielsweise sich weiter bilden. Hierfür
muß er sich Reserven anschaffen, oder Finanzierungssicherheit dieses Vorhabens erlangen. Im prinzip sind also alle"irgendwie" Unternehmer - auch derjenige der
eigentlich Alkoholiker ist, und durch seine Arbeitsleistung an gewünschte Menge
Alkohol kommen will, genauso wie der Drogensüchtige - der an seine Kokain oder was auch immer kommen will.
Die Frage ist aber, wie man als Volkswirtschaft die Prozesse am Ende am besten meistert, um möglichst alle"Wünsche" zu befriedigen.
Sprich: je mehr Gier nach irgendetwas, desto mehr Gier des Staates nach Regulierung. (wobei diese von allen Seiten und Vertretungen sowieso unter Druck gesetzt wird regulierend einzugreifen). Die Wirtschaftslobby fordert Senkungen
der Sozialversicherungskosten, der Arbeitslose Arbeit. Wird der Wunsch der Wirtschaftslobby nicht erfüllt - wird die Parteispende eingefroren, die Arbeitsplätze ins Ausland verlagert. Kriegt der Arbeitslose nicht das was er sich wünscht,"bestraft" er"dominanterweise" die Wirtschaft und Regierung
mit Konsumzurückhaltung.
"... Ich kann gern heute noch 10.000 Arbeitsplätze"schaffen" und wenn die Leute am Monatsende Geld sehen wollen, sage ich: Wieso? Ihr wolltet doch einen Platz zum Arbeiten haben und den habt ihr auch gehabt. Danke!...."
;) Du bist ein Schlitzohr und hervorragender Manipulator dottore.
Tja - es ist ein Jammer, daß die Nachfrage nach dem Wort"Danke" gegen Arbeitsleistung faktisch nicht vorhanden ist. ;) Sonst hätten wir Vollbeschäftigung.
Gruß von T.
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