Popeye
23.06.2005, 11:47 |
Fat Tails, multiple Fraktale, Louis Bachelier & Benoit Mandelbrot Thread gesperrt |
-->Ein Buch, das bewusst nicht in meiner Sommerliste auftaucht ist die nun in der Landessprache vorliegende Ăbersetzung des 2004 bei Basic Books erschienenen Gemeinschaftswerkes von Benoit B. Mandelbrot und Richard L. Hudson, The Misbehavior of Markets, A Fractal View of Risk, Ruin, and Reward.
Nein, das Buch ist nicht schlecht, aber ich halte es fĂźr ausgesprochen schlecht und fahrig geschrieben (schnell âzusammengezimmertâ) und das obwohl der Co-Autor Hudson lange Jahre Managing Editor des renommierten Wall Street Journals Europe war. DarĂźber hinaus ist der Anwendungsnutzen des Buches fĂźr den einzelnen Anleger, wenn Ăźberhaupt, marginal.
Worum gehtâs?
Finanzmärkte sind riskant - aber wie riskant?
Die Preise von Finanzinstrumenten sind nicht prognostizierbar, aber ihre Schwankungen lassen sich in mathematischen Formeln erfassen. Preisbewegungen sind von einander unabhängig und alle Informationen sind in den aktuellen Kursen eskomptiert. Daher lässt sich das damit verbundene Kurs-Risiko messen und kontrollieren (Risikomanagement zum Beispiel durch Value at Risk-Methoden). So, oder so etwa ist die Basis der orthodoxen Lehrmeinung, auf die sich die Random Walk- und Efficient Market Hypothesen stßtzen.
Diese Methodik wiederum geht auf eine der vielen tragischen Figuren in der Ă-konomie, Louis Bachelier zurĂźck, der um 1900 die Preisbewegungen franzĂśsischer Anleihen wahrscheinlichkeitstheoretisch untersuchte und zu dem Ergebnis kam, das Preisbewegungen nach oben oder nach unten (prinzipiell) in jedem Zeitraum gleich wahrscheinlich sind (normalverteilte Preisbewegungen).
Mandelbrot und Co. stellen sich gegen diese orthodoxe Sicht - und kommen im Ergebnis zu folgenden Aussagen:
- Finanzinstrumente sind viel riskanter, als uns die Normalverteilung glauben machen will
-
- Kursveränderungen verlaufen häufig diskontinuierlich (gaps)
-
- Buy and Hold-Strategien sind schlechter als Market-Timing-Strategien, weil Kursschwankungen nicht symmetrisch sind.
Also groĂe Neuigkeiten? Zumindest nicht fĂźr die regelmäĂigen Leser dieses Forums, die sich schon 2001/2002 Ăźber diese Entwicklungen informieren konnten. Auch die wichtigsten VerĂśffentlichungen Mandelbrots zu diesem Thema liegen teilweise schon Ăźber 30 Jahre zurĂźck. Statt der Ausgabe von stattlichen ââÂŹ 24,90 fĂźr die Co-Produktion empfehle ich die LektĂźre von Mandelbrots Aufsatz: A Multifractal Walk Down Wall Street auf Elliott Wave International, der alle wesentliche Erkenntnisse des Buches enthält.
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BillyGoatGruff
23.06.2005, 12:18
@ Popeye
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Hervorragender Beitrag, danke! Es zeigt, wie das Forum gewinnen kann, |
-->...wenn Beiträge verlinkt werden! Es ist ein rechter Aufwand, der nicht hoch genug geschätzt werden kann!
Nochmals Danke, und Gruss,
BGG
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Elli (Boardmaster)--
23.06.2005, 13:06
@ BillyGoatGruff
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Re: Hervorragender Beitrag/ Ja, kommt i.d. Sammlung.... + Zusatz.... |
-->>...wenn Beiträge verlinkt werden! Es ist ein rechter Aufwand, der nicht hoch genug geschätzt werden kann!
>Nochmals Danke, und Gruss,
>BGG
Dem Dank schlieĂe ich mich ausdrĂźcklich an!
Hier noch ein Hinweis:
Im September 1999 schrieb ich hier was zum Thema"Risiko": http://www.elliott-waves.com/risk-aversion.htm
Auszug:
The human brain is predisposed
to see order in chaos. We search
for patterns - and causes - in
apparently random data,
particularly if these support our
preconceived point of view.
[img][/img]
The need for statistical caution was highlighted this week
when it emerged that the symmetrical bell-shaped curve,
normally used for probability analysis, is not as widely
applicable as scientists have assumed. In many
situations, ranging from extreme weather to aircraft
turbulence, a differently shaped curve applies. It is not
symmetrical and tails off less steeply than the bell curve
- in other words, rare events occur more frequently.
.........
Um es zu kommentieren: Die Wissenschaft ist zu der Entdeckung gekommen, dass die bisherigen Risikomodelle - auch die Finanzmarktmodelle - die"unwahrscheinlichen" Extremfälle nicht ausreichend abdecken bzw. deutlich unterschätzen. Die sog."tails", das sind die Enden einer Wahrscheinlichkeitsverteilungskurve, mßssen zu"fat tails" werden, will man die Extremfälle besser einkalkulieren.
Vor einigen Tagen hat eine groĂe deutsche Bank angekĂźndigt, dass sie ihre Risikosysteme komplett"Ăźberholen" werde, weil sie die Finanzkrise 1998 (Russland) nicht"vorhergesehen" haben. Viel SpaĂ bei der Entwicklung der neuen Modelle!
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Popeye
23.06.2005, 13:21
@ BillyGoatGruff
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@BGG & @ELLI |
-->Zuviel des Lobes...
da kann man nur mit Schiller (Don Carlos) sagen:"...schon 23 Jahre und nichts fĂźr die Unsterblichkeit getan...",
auch wenn mein Alter das des Helden weit Ăźbertrifft...
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Diogenes
23.06.2005, 16:47
@ Popeye
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Re: Fat Tails, multiple Fraktale, Louis Bachelier & Benoit Mandelbrot / Frage |
-->>- Buy and Hold-Strategien sind schlechter als Market-Timing-Strategien, weil Kursschwankungen nicht symmetrisch sind.
Hi Popeye,
Kannst du mir sagen, wovon das Market-Timing abhängig gemacht wurde (wann wird gekauft, wann verkauft?) und wie Buy&Hold gerechnet wurde (man kauft irgendwann und hält fßr x Jahre?)?
Danke & GruĂ
Diogenes
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Popeye
23.06.2005, 17:17
@ Diogenes
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Re: Fat Tails, multiple Fraktale, Louis Bachelier & Benoit Mandelbrot / Frage |
-->>>- Buy and Hold-Strategien sind schlechter als Market-Timing-Strategien, weil Kursschwankungen nicht symmetrisch sind.
>Hi Popeye,
>Kannst du mir sagen, wovon das Market-Timing abhängig gemacht wurde (wann wird gekauft, wann verkauft?) und wie Buy&Hold gerechnet wurde (man kauft irgendwann und hält fßr x Jahre?)?
>Danke & GruĂ
>Diogenes
Hallo, @Diogenes,
mehrfach machen die beiden Autoren in dem Buch, aber auch in anschlieĂenden Interviews (z.B. FAZ vom 4.6.2005, Seite 23) deutlich, dass dies keine Rezeptsammlung ist. Sie kĂśnnen auf der Basis ihrer Beobachtungen (noch) keine Prognosen geben vielmehr ist das Buch darauf gerichtet tatsächliches Marktverhalten/Risikostrukturen zu beschreiben.
Zum weiteren Verständnis nachstehend ein Scan des Kapitels zum Market-Timing.
GrĂźĂe
Seiten 233-35 der fremdländischen Ausgabe
"3. Market"Timing" Matters Greatly. Big Gains and Losses Concentrate into Small Packages of Time.
Concentration is common. Look at a map of gold deposits around the world: You see clusters of gold veinsâin South Africa and Zimbabwe, in the far reaches of Siberia and elsewhere. This is not total chance; millennia of real tectonic forces gradually worked it that way. Understanding concentration is crucial to many businesses, especially insurance. A recent study of tornado damage in Texas, Louisiana, and Mississippi found 90 percent of the claims came from just 5 percent of the insured land area.
In a financial market, volatility is concentrated, too; and it is no mystery why. News eventsâcorporate earnings releases, inflation reports, central bank pronouncementsâhelp drive prices. Orthodox economists often model them as a long series of random events spread out over time. While they can be of varying importance and size, their assumed distribution follows the bell curve so that no single one is preeminent. What sense is this? The terrorist attack on the World Trade Center was, by anyone's reckoning, far and away the most important event in years for world stability and, consequently, for financial markets. It forced the closure of the New York Stock Exchange for an unprecedented five days, and when trading reopened caused a 7.5 percent fall. It was one titanic event, not the sum of many small ones. Big news causes big market action. And that action concentrates in small slices of time.
The data demonstrate this. From 1986 to 2003, the dollar traced a long, bumpy descent against the Japanese yen. But nearly half that decline occurred on just ten out of those 4,695 trading days. Put another way, 46 percent of the damage to dollar investors happened on 0.21 percent of the days. Similar statistics apply in other markets. In the 1980s, fully 40 percent of the positive returns from the Standard & Poor's 500 index came during ten daysâabout 0.5 percent of the time.
What is an investor to do? Brokers often advise their clients to buy and hold. Focus on the average annual increases in stock prices, they say. Do not try to"time the market," seeking the golden moment to buy or sell. But this is wishful thinking. What matters is the particular, not the average. Some of the most successful investors are those who did, in fact, get the timing right. In the space of just two turbulent weeks in 1992, George Soros famously profited about $2 billion by betting against the British pound. Now, very few of us are in that league, but we can in our modest way take cognizance of concentration. Suppose big news has inflated a stock price by 40percent in a week, more than twice its normal volatility. What are the odds that, anytime soon, yet another 40 percent run will occur? Not impossible, of course, but certainly not large. A prudent investor would do as the Wall Street pros: Take a profit.
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Cosa
23.06.2005, 20:35
@ Popeye
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Re: Antwort |
-->>Zuviel des Lobes...
>da kann man nur mit Schiller (Don Carlos) sagen:"...schon 23 Jahre und nichts fĂźr die Unsterblichkeit getan...",
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Puh, mal wirder online nach Monaten und schon ein schlechtes Gewissen ;-) *ggg*
grĂźsse dich und die anderen Foris
Cosa - wieder offline
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Diogenes
23.06.2005, 22:01
@ Popeye
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Herzlichen Dank! (o.Text) |
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- Elli -
23.06.2005, 22:01
@ Cosa
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Danke fĂźr das Lebenszeichen, Cosa! (o.Text) |
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