Dimi
18.12.2000, 23:28 |
An Dottore / Tontafel-"Banknote" (von Sonntag) Thread gesperrt |
Lieber Dottore,
vorab bitte ich die verzoegerte Antwort auf Nr. 32037 zu entschuldigen (bin neu hier). Die Tafel habe ich mir angesehen und lese darin folgendes:
1. >>Zalilum schuldet 6 Shekel Silber dem (Gott?) Nanna.
Bis hier ein normales Darlehen. Nanna ist natuerlich ein Mensch (kennst Du einen Gott der Silber verleiht?).
2. >>5 Ar eines Feldes, das Agaya, dem Kaufmann gehoert sind als Sicherheit fuer das Silber verpfaendet. Wenn das Silber zurueckgebracht wird, ist das Feld wieder unbelastet.<<
Entspricht einer Sicherungsurkunde. Das Pfand ist (wie bei einer Hypothek) ein Pfandrecht, das zugehoerige Feld ist im Besitze eines Dritten, des Buergen Agaya.
Das Verhaeltnis zwischen dem Buergen Agaya und dem Darlehensnehmer Zalilum wird hier nicht uebermittelt. Es hat aber sicher eines gegeben, in Frage kaeme ein verwandtschaftliches (waere wohl angegeben), ein freundschaftliches (eher abwegig) und ein geschaeftliches (darauf wiese die Berufsbezeichnung"Kaufmann").
3. >>Bis das Silber zurueck gegeben wird, er (Nanna) behaelt das Recht auf den mtksu (Anteil am Ertrag des Feldes).<<
Zinsregelung. Der Zins ist hier keine Risikopraemie (sofern das Pfand ausreichend hoch ist). Der Grund des Zinses liegt eher im Ausgleich fuer den Gewinn, den Nanna bekaeme, wenn er das Silber nicht verliehe, sondern anderweitig investierte (etwa in ein Feld, das er verpachtet). Die Zinshoehe ist (wie bei einem Genussschein) ertragsabhaengig.
4. >>Zeugen: Sindata; Mannum-girrishu; Sili-Eshtar. Die Siegel der Zeugen werden abgerollt. Monat VII, Jahr. Der (Name?) Tempel.<<
Berurkundung. Der Tempel fungiert hier als amtliche Aufsichtsstelle (wie ein Notariat oder ein Grundbuchamt).
Soviel zur Urkunde.
>>... Bis zur Rueckzahlung kann die Tontafel umlaufen.
Wir haben keinen Anhaltspunkt, dass dies geschah. Es gibt aber Hinweise darauf, dass es nicht geschah: Bei heutigen Hypotheken ist es unueblich. Der Wert (Feld 5 Ar) ist sehr hoch fuer einen Umlauf. Zudem werden solche Tafeln typischerweise in Anhaeufungen gefunden, wie bei einer Lagerstelle.
>>Und nur mit Hilfe dieser Tafel kann der Zins (Feldertrag) kassiert werden. <<
Wir wissen nicht, ob bei der Zinszahlung die Urkunde vorgelegt wurde. Da die Beteiligten sich kannten, war es nicht erforderlich.
>>Uebertragen auf heute waeren das also Banknoten, die verzinslich umliefen, wobei der Zins sich aus den Ertraegen <<
Es ist ein Darlehensurkunde mit Sicherungsurkunde. Bei einer Banknote wird die Bank zum Schuldner, hier ist eindeutig Nanna der Schuldner. Wir haben keinen Hinweis darauf, dass Nanna gewerblicher Verleiher (Bank) war. Selbst wenn er einer gewesen sein sollte, fehlt immer noch jeder Hinweis, dass die Tafel eine umlaufende Darlehensurkunde (Banknote) ist.
>>des Besteuerungsmonopols des Staates ergibt.
Von Staat oder Steuer kein Wort.
>>Dass es sich um einen Tempel handelt ist wahrscheinlich, da die
Tempel als Hinterlegungsstellen von Edelmetall galten.<<
Aus der Urkunde ist kann man nur entnehmen, dass der Tempel (und die Zeugen) fuer die Authentizitaet der Urkunde buergen. Weitere Funktionen des Tempels sind vermutbar, in diesem Zusammenhang waeren es die Verwahrung der Urkunde, die Ueberwachung des Silbertransfers sowie von Quantitaet und Qualitaet, alternativ/zusaetzlich eine Sicherungsverwahrung des Silbers.
>>... oeffnen sich sehr schoene Moeglichkeiten, das Geldraetsel, diesmal auch bezogen auf die Geldentstehung, endlich zu loesen.<<
Das"Geldraetsel" in bezug auf die"Geldentstehung" laesst sich hiermit nicht loesen (und nur hypothetisch der Schritt zur Banknote).
Das Dokument zeigt vielmehr, dass es zu dieser Zeit Schulden, Zinsen, Pfand, Pfandrecht, Buergen, Bargeld (Silber), Zeugen, Urkunden und amtliche Beurkundung schon gab.
Wir muessten also die Zeit davor betrachten, wenn wir etwas ueber die Entstehung dieser Dinge wissen wollen.
Diese Tontaefelchen sind sehr reizvoll. Sie zeigen, was es alles schon gab.
Gruesse, Dimi
<ul> ~ Ist Antwort auf: Aelteste"Banknote" - hier die Uebersetzung: - dottore 17.12.00</ul>
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Tobias
18.12.2000, 23:46
@ Dimi
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Herzlich willkommen - das sind ja tolle Nachrichten! mkT |
Hallo Dimi,
das ist ja sensationell, was Du für Neuigkeiten bringst. Vielen Dank! Aber jetzt bleibt das Geldrätsel wohl weiter offen, oder? Und außerdem frage ich mich schon lange, wo dottore eigentlich buddelt - sieht so aus wie Israel...?
Willkommen im Forum,
Tobias
>Lieber Dottore,
>vorab bitte ich die verzoegerte Antwort auf Nr. 32037 zu entschuldigen (bin neu hier). Die Tafel habe ich mir angesehen und lese darin folgendes:
>1. >>Zalilum schuldet 6 Shekel Silber dem (Gott?) Nanna.
>Bis hier ein normales Darlehen. Nanna ist natuerlich ein Mensch (kennst Du einen Gott der Silber verleiht?).
>2. >>5 Ar eines Feldes, das Agaya, dem Kaufmann gehoert sind als Sicherheit fuer das Silber verpfaendet. Wenn das Silber zurueckgebracht wird, ist das Feld wieder unbelastet.<<
>Entspricht einer Sicherungsurkunde. Das Pfand ist (wie bei einer Hypothek) ein Pfandrecht, das zugehoerige Feld ist im Besitze eines Dritten, des Buergen Agaya.
>Das Verhaeltnis zwischen dem Buergen Agaya und dem Darlehensnehmer Zalilum wird hier nicht uebermittelt. Es hat aber sicher eines gegeben, in Frage kaeme ein verwandtschaftliches (waere wohl angegeben), ein freundschaftliches (eher abwegig) und ein geschaeftliches (darauf wiese die Berufsbezeichnung"Kaufmann").
>3. >>Bis das Silber zurueck gegeben wird, er (Nanna) behaelt das Recht auf den mtksu (Anteil am Ertrag des Feldes).<<
>Zinsregelung. Der Zins ist hier keine Risikopraemie (sofern das Pfand ausreichend hoch ist). Der Grund des Zinses liegt eher im Ausgleich fuer den Gewinn, den Nanna bekaeme, wenn er das Silber nicht verliehe, sondern anderweitig investierte (etwa in ein Feld, das er verpachtet). Die Zinshoehe ist (wie bei einem Genussschein) ertragsabhaengig.
>4. >>Zeugen: Sindata; Mannum-girrishu; Sili-Eshtar. Die Siegel der Zeugen werden abgerollt. Monat VII, Jahr. Der (Name?) Tempel.<<
>Berurkundung. Der Tempel fungiert hier als amtliche Aufsichtsstelle (wie ein Notariat oder ein Grundbuchamt).
>Soviel zur Urkunde.
>>>... Bis zur Rueckzahlung kann die Tontafel umlaufen.
>Wir haben keinen Anhaltspunkt, dass dies geschah. Es gibt aber Hinweise darauf, dass es nicht geschah: Bei heutigen Hypotheken ist es unueblich. Der Wert (Feld 5 Ar) ist sehr hoch fuer einen Umlauf. Zudem werden solche Tafeln typischerweise in Anhaeufungen gefunden, wie bei einer Lagerstelle.
>>>Und nur mit Hilfe dieser Tafel kann der Zins (Feldertrag) kassiert werden. <<
>Wir wissen nicht, ob bei der Zinszahlung die Urkunde vorgelegt wurde. Da die Beteiligten sich kannten, war es nicht erforderlich.
>>>Uebertragen auf heute waeren das also Banknoten, die verzinslich umliefen, wobei der Zins sich aus den Ertraegen <<
>Es ist ein Darlehensurkunde mit Sicherungsurkunde. Bei einer Banknote wird die Bank zum Schuldner, hier ist eindeutig Nanna der Schuldner. Wir haben keinen Hinweis darauf, dass Nanna gewerblicher Verleiher (Bank) war. Selbst wenn er einer gewesen sein sollte, fehlt immer noch jeder Hinweis, dass die Tafel eine umlaufende Darlehensurkunde (Banknote) ist.
>>>des Besteuerungsmonopols des Staates ergibt.
>Von Staat oder Steuer kein Wort.
>>>Dass es sich um einen Tempel handelt ist wahrscheinlich, da die
>Tempel als Hinterlegungsstellen von Edelmetall galten.<<
>Aus der Urkunde ist kann man nur entnehmen, dass der Tempel (und die Zeugen) fuer die Authentizitaet der Urkunde buergen. Weitere Funktionen des Tempels sind vermutbar, in diesem Zusammenhang waeren es die Verwahrung der Urkunde, die Ueberwachung des Silbertransfers sowie von Quantitaet und Qualitaet, alternativ/zusaetzlich eine Sicherungsverwahrung des Silbers.
>>>... oeffnen sich sehr schoene Moeglichkeiten, das Geldraetsel, diesmal auch bezogen auf die Geldentstehung, endlich zu loesen.<<
>Das"Geldraetsel" in bezug auf die"Geldentstehung" laesst sich hiermit nicht loesen (und nur hypothetisch der Schritt zur Banknote).
>Das Dokument zeigt vielmehr, dass es zu dieser Zeit Schulden, Zinsen, Pfand, Pfandrecht, Buergen, Bargeld (Silber), Zeugen, Urkunden und amtliche Beurkundung schon gab.
>Wir muessten also die Zeit davor betrachten, wenn wir etwas ueber die Entstehung dieser Dinge wissen wollen.
>Diese Tontaefelchen sind sehr reizvoll. Sie zeigen, was es alles schon gab.
>Gruesse, Dimi
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dottore
19.12.2000, 01:56
@ Dimi
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Re: An Dottore / Tontafel-"Banknote" (von Sonntag) Weiterdrehe! |
>Lieber Dottore,
>vorab bitte ich die verzoegerte Antwort auf Nr. 32037 zu entschuldigen (bin neu hier). Die Tafel habe ich mir angesehen und lese darin folgendes:
>1. >>Zalilum schuldet 6 Shekel Silber dem (Gott?) Nanna.
>Bis hier ein normales Darlehen. Nanna ist natuerlich ein Mensch (kennst Du einen Gott der Silber verleiht?).
Nein kein Gott, aber es könnte der Name des Gottes gewesen sein, dem der Tempel gewidmet war.
>2. >>5 Ar eines Feldes, das Agaya, dem Kaufmann gehoert sind als Sicherheit fuer das Silber verpfaendet. Wenn das Silber zurueckgebracht wird, ist das Feld wieder unbelastet.<<
>Entspricht einer Sicherungsurkunde. Das Pfand ist (wie bei einer Hypothek) ein Pfandrecht, das zugehoerige Feld ist im Besitze eines Dritten, des Buergen Agaya.
Nicht im Besitz, sondern im Eigentum. Das ist der KERN! Siehe Heinsohn/Steiger"Egentum, Zins und Geld".
>Das Verhaeltnis zwischen dem Buergen Agaya und dem Darlehensnehmer Zalilum wird hier nicht uebermittelt. Es hat aber sicher eines gegeben, in Frage kaeme ein verwandtschaftliches (waere wohl angegeben), ein freundschaftliches (eher abwegig) und ein geschaeftliches (darauf wiese die Berufsbezeichnung"Kaufmann").
Guter Hinweis. Lässt sich wohl nur bei vergleichbaren Tafeln ermitteln.
>3. >>Bis das Silber zurueck gegeben wird, er (Nanna) behaelt das Recht auf den mtksu (Anteil am Ertrag des Feldes).<<
>Zinsregelung. Der Zins ist hier keine Risikopraemie (sofern das Pfand ausreichend hoch ist). Der Grund des Zinses liegt eher im Ausgleich fuer den Gewinn, den Nanna bekaeme, wenn er das Silber nicht verliehe, sondern anderweitig investierte (etwa in ein Feld, das er verpachtet). Die Zinshoehe ist (wie bei einem Genussschein) ertragsabhaengig.
Sehr richtig. Es existiert keine Risikoprämie, jedenfalls keine sinnvoll kalkulierbare (Totalüberschwemmung mal außen vor).
>4. >>Zeugen: Sindata; Mannum-girrishu; Sili-Eshtar. Die Siegel der Zeugen werden abgerollt. Monat VII, Jahr. Der (Name?) Tempel.<<
>Berurkundung. Der Tempel fungiert hier als amtliche Aufsichtsstelle (wie ein Notariat oder ein Grundbuchamt).
Das ist nicht nötig, da die Siegel ausreichen. Jeder hatte damals sein eigenes Siegel, es sind wunderschöne kleine Kunstwerke (bringe welche zum EWTREFF mit und es gibt zahllose Kontrakte, die nur einfach gesiegelt sind.
>Soviel zur Urkunde.
>>>... Bis zur Rueckzahlung kann die Tontafel umlaufen.
>Wir haben keinen Anhaltspunkt, dass dies geschah. Es gibt aber Hinweise darauf, dass es nicht geschah: Bei heutigen Hypotheken ist es unueblich. Der Wert (Feld 5 Ar) ist sehr hoch fuer einen Umlauf. Zudem werden solche Tafeln typischerweise in Anhaeufungen gefunden, wie bei einer Lagerstelle.
Anderes Beispiel: Einzelmünzfunde sind extrem selten. (Münzen erscheinen erst Jahrhunderte später). Man findet fast immer nur Horte. Warum also nicht auch bei Tontafeln, zumal sie so handlich waren, dass sie jederzeit mitgenommen werden konnten (Vorder- und Rückseite mit Keilschrift beschrieben)? Man hätte es auch in eine einzige große Tontafel (wie Buchhaltung) tun können. Einseitig beschriftet!
>>>Und nur mit Hilfe dieser Tafel kann der Zins (Feldertrag) kassiert werden. <<
>Wir wissen nicht, ob bei der Zinszahlung die Urkunde vorgelegt wurde. Da die Beteiligten sich kannten, war es nicht erforderlich.
Der Witz ist eben das Nichtkennen. Oder wer kennt schon die Unterschriften auf unseren Banknoten? Die hängen nirgends aus - im Gegensatz zu den Unterschriften der Banker, die im Kassenraum zu besichtigen sind.
>>>Uebertragen auf heute waeren das also Banknoten, die verzinslich umliefen, wobei der Zins sich aus den Ertraegen <<
>Es ist ein Darlehensurkunde mit Sicherungsurkunde. Bei einer Banknote wird die Bank zum Schuldner, hier ist eindeutig Nanna der Schuldner. Wir haben keinen Hinweis darauf, dass Nanna gewerblicher Verleiher (Bank) war. Selbst wenn er einer gewesen sein sollte, fehlt immer noch jeder Hinweis, dass die Tafel eine umlaufende Darlehensurkunde (Banknote) ist.
Den Hinweis subsumiere ich aufgrund der Tatsache des Formats des Täfelchens. Sonst hätte - wie gesagt - auch eine Buchhaltung in der kontenführenden Stelle genügt. Diese Täfelchen sind handtellergroß - warum wohl? Sie waren für einfachen Transport und schnelle Übereignung gedacht. (Es gibt auch riesige Tontafeln, wie wir sie aus den großen Sammlungen z. B. Berlin kennen).
>>>des Besteuerungsmonopols des Staates ergibt.
>Von Staat oder Steuer kein Wort.
Nein, war auch nicht beabsichtigt. Missverständnis?
>>>Dass es sich um einen Tempel handelt ist wahrscheinlich, da die
>Tempel als Hinterlegungsstellen von Edelmetall galten.<<
>Aus der Urkunde ist kann man nur entnehmen, dass der Tempel (und die Zeugen) fuer die Authentizitaet der Urkunde buergen. Weitere Funktionen des Tempels sind vermutbar, in diesem Zusammenhang waeren es die Verwahrung der Urkunde, die Ueberwachung des Silbertransfers sowie von Quantitaet und Qualitaet, alternativ/zusaetzlich eine Sicherungsverwahrung des Silbers.
Nein, das Silber ist bereits verliehen. Daher kann es keine Debatte um Quantität oder Qualität gegeben haben. Die Tatsache, dass es eine zusätzliche Zugriffsmöglichkeit gibt (ausser beim Erstschuldner auch noch beim Feld-Eigentümer) macht die Sache erst für Dritte akzeptabel. Denn was hätten sie davon, in einen einfachen Leihkontrakt einzutreten?
>>>... oeffnen sich sehr schoene Moeglichkeiten, das Geldraetsel, diesmal auch bezogen auf die Geldentstehung, endlich zu loesen.<<
>Das"Geldraetsel" in bezug auf die"Geldentstehung" laesst sich hiermit nicht loesen (und nur hypothetisch der Schritt zur Banknote).
Doch, das ist die Lösung des Geldrätsels. Geld ist, was Dritte akzeptieren, da sie sich sich nicht nur an den ursprünglichen Kontrakt halten können, sondern überdies unmittelbar in das Eigentum vollstrecken können - jedenfalls in dem Sinne, dass sie beliebig lang die Erträge des Feldes genießen dürfen - bis eben die Schuld getilgt ist.
>Das Dokument zeigt vielmehr, dass es zu dieser Zeit Schulden, Zinsen, Pfand, Pfandrecht, Buergen, Bargeld (Silber), Zeugen, Urkunden und amtliche Beurkundung schon gab.
Das stimmt völlig und zeigt, dass die Entstehung von Geld (also von Dritten akzeptierter Forderung) unmittelbar mit der Entstehung von Eigentum (und dem daraus fließenden Zins) zusammenhängt.
>Wir muessten also die Zeit davor betrachten, wenn wir etwas ueber die Entstehung dieser Dinge wissen wollen.
Auch das wird geschehen. Andere Täfelchen haben nur einfache Kontrakte über verliehenes Silber zum Inhalt. Aber es sind bilaterale Kontrakte und sie haben nichts mit Geld in dem Sinne zu tun, dass es auch für Dritte, Vierte usw."gilt". Alles wird auf dem EWTREFF gezeigt werden.
>Diese Tontaefelchen sind sehr reizvoll. Sie zeigen, was es alles schon gab.
>Gruesse, Dimi
Danke Dimi, wir werden es weiter diskutieren. Nichts ist faszinierender als Geschichte. Schon allein deshalb, weil sie sich immer wiederholt.
Lieben Gruß
d.
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Dimi
19.12.2000, 12:42
@ dottore
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Re: An Dottore / Tontafel-"Banknote" (von Sonntag) Weiterdrehe! |
Danke fuer die Antwort. Die erste Frage duerfte sein, ob Forderungen so uebertragen wurden, dass man vom Beginn einer Entwicklung zu Noten sprechen kann. Massgeblich ist nur die umlaufartige Uebertragung und ihre Art, nicht die Uebertragungsmoeglichkeit. Dass es generell den Uebertrag von Forderungen gegeben haben duerfte, steht hier wohl nicht zur Debatte, dazu ist der zugehoerige Geschaeftsvorgang zu naheliegend.
Wurde unsere Tafel uebertragen? Wurden vergleichbare Tafeln im Sinne des Beginns einer Entwicklung zu Noten uebertragen? Dazu:
- Das Endprodukt, eine babylonische Note, ist nicht belegt.
- Eine Standardisierung (Nominalwert, z.B. auf 1 Shekel lautend) fehlt. Ganz im Gegenteil, es gibt eine enorme Vertragsvielfalt auf diesen Tafeln, Schuldvertraege, Ehe- und Scheidungsvertraege, Erbschaftsvertraege, Geschaeftsvertraege. Die Werte, ihre Form und der Zins schwanken ebenso, 6 Shekel Silber, 3 Kilo Silber + 2 Tonnen Getreide, fester Zins, ertragsabhaengiger Zins usw.. Eine Standardisierung ist aber im Zuge eines beginnenden Umlaufs zu erwarten und andernorts belegt.
- Der Schluss von der Groesse der Tafeln (kleines Format) auf die Ursache (handliche Uebertragung) waere nur zwingend, wenn alle anderen Ursachen ausgeschlossen werden koennten. Dies ist nicht der Fall. Ein naheliegender Grund waere z.B., dass fuer jeden Vorgang eine eigene (folglich kleine) Tafel verwendet wurde (auch heute erhaelt jeder Vertrag eine Urkunde). (Das mit den Rueckseiten ist mir neu. Was steht auf diesen?)
- Zwar werden Muenzen auch in grossen Horten gefunden, aber oft auch in kleinen Horten und einzeln, z.B. von Bauern (die diese natuerlich nicht publizieren). Tontafeln treten hingegen in Grossfunden auf, selten (nie?) einzeln. Ich sehe hier sehr wohl einen Verteilungsunterschied, und vermute den Grund im unterschiedlichen Gebrauch (Umlauf vs. zentraler Lagerung).
- Das Material, man spricht von ungebranntem Ton (gebrannte Exemplare entstanden durch Immobilienbraende), weist gegen einen Umlauf, da eine Verfaelschung (aus 6 kann man z.B. eine 60 machen) viel zu einfach waere.
- Aus der Existenz von Siegeln kann nicht geschlossen werden, dass es keine amtliche Beurkundungs- und Hinterlegungsstelle gab. Der Nutzen einer solchen Stelle ist z.B., dass der Glaeubiger nicht bestohlen werden konnte. Auch heute gibt es eine Vielfalt an (halb-)amtlichen Hinterlegungsstellen (Notariate, Grundbuchaemter, Kassenvereine, Handelsregister usw.).
- Quantitaet und Qualitaet: Seit wann ist es den Leuten egal, ob sie 3 Kilo Silber oder 1 Kilo silberfarben bemalter Bronze bekommen? Ein Leihvorgang aendert daran nichts, denn zu Beginn und Ende des Leihvorgangs steht die (rechtliche oder faktische) Uebergabe des Silbers.
Zwischen der Moeglichkeit, dass im Einzelfall eine Forderung uebertragen wurde, und dem Umlauf der zugehoerigen Dokumente (Tafeln) im (auch nur anfaenglichen) Notensinne liegt ein Schritt, der hier nicht vorliegt. Vielmehr weist das Taefelchen alle Merkmale einer amtlich beurkundeten und verwahrten Hypothek auf.
Ich habe versucht, mich auf das unmittelbare zu beschraenken, aber der Beitrag ist dennoch etwas lang geworden...
Gruss, Dimi
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Dimi
19.12.2000, 12:43
@ Tobias
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Re: Herzlich willkommen - das sind ja tolle Nachrichten! mkT |
Hallo Tobias,
danke fuer den Willkommensgruss.
Es viele weitere Quellen (historische ueber viele Voelker, Fundstuecke, voelkerkundliches). Kein Grund zur Bange, auch wenn manches unbeantwortet bleiben wird.
Gruss, Dimi
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dottore
19.12.2000, 15:03
@ Dimi
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Re: Super, Dimi und vielen Dank; ich komme später darauf zurück. |
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dottore
07.06.2001, 16:03
@ Dimi
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Banknoten werden auch alle drei Monate"erneuert" (wenn auch nicht physisch) |
Sorry, Dimi,
da hatte ich schon wieder was vergessen.
>Die erste Frage duerfte sein, ob Forderungen so uebertragen wurden, dass man vom Beginn einer Entwicklung zu Noten sprechen kann. Massgeblich ist nur die umlaufartige Uebertragung und ihre Art, nicht die Uebertragungsmoeglichkeit. Dass es generell den Uebertrag von Forderungen gegeben haben duerfte, steht hier wohl nicht zur Debatte, dazu ist der zugehoerige Geschaeftsvorgang zu naheliegend.
Ja.
>Wurde unsere Tafel uebertragen? Wurden vergleichbare Tafeln im Sinne des Beginns einer Entwicklung zu Noten uebertragen?
Ob sich Noten entwickelt haben, weiß ich nicht. Ich vermute, es wurden immer wieder neue Schuldurkunden ausgestellt, was auf das selbe hinausläuft. Auch unsere heutigen Banknoten laufen ja nur physisch länger um als ihre Laufzeit (gg. Drei-Monatspapiere) ist.
Nehmen wir an, die ZB würde alle 3 Monate gegen die neuen ihr dann eingereichten Papiere auch jeweils neue Banknoten ausgeben, was ja kein drucktechnisches Problem wäre, hätten wir dann so etwas wie es mir für Babylon denkbar erscheint: Läuft die Schuld, die auf einer Tafel dokumentiert ist ab und wird sie prolongiert, erscheint die nächste Tafel.
>Dazu:
>- Das Endprodukt, eine babylonische Note, ist nicht belegt.
Die muss nicht belegt sein, wenn ich - siehe eben - eine Schuld (sofern sie nicht überhaupt verschwindet) immer wieder durch neue, entsprechend festgehaltene und besicherte Kreditvorgänge fortsetze.
>- Eine Standardisierung (Nominalwert, z.B. auf 1 Shekel lautend) fehlt. Ganz im Gegenteil, es gibt eine enorme Vertragsvielfalt auf diesen Tafeln, Schuldvertraege, Ehe- und Scheidungsvertraege, Erbschaftsvertraege, Geschaeftsvertraege. Die Werte, ihre Form und der Zins schwanken ebenso, 6 Shekel Silber, 3 Kilo Silber + 2 Tonnen Getreide, fester Zins, ertragsabhaengiger Zins usw.. Eine Standardisierung ist aber im Zuge eines beginnenden Umlaufs zu erwarten und andernorts belegt.
Es geht hier nicht um die Vertragsvielfalt, sondern nur um die besicherten Schuldverträge. Dabei sind diese Verträge, da privat vereinbart, nicht standardisiert, weil sie nicht standardisiert sein müssen. Auch heute kann jeder Zins vereinbart werden (die Variablität der Zinssätze ist ziemlich groß - vom 0-Satz der BoJ bis zu den 16 %, die ein US-Kreditkartenzieher bezahlen muss; von Exoten zu schweigen).
Standard muss nicht sein, da jeder, der einen Kontrakt schließt (und evtl. durch Neukontrakt - s. oben - in diesen eintritt) sich nur auf diesen Kontrakt mit seinem konkreten Inhalt stürzen muss. Was aber ganz sicher Fall war, bleibt die neue Qualität der Schuldverhältnisse, indem ein bürgender Dritter dazu kommt.
>- Der Schluss von der Groesse der Tafeln (kleines Format) auf die Ursache (handliche Uebertragung) waere nur zwingend, wenn alle anderen Ursachen ausgeschlossen werden koennten. Dies ist nicht der Fall. Ein naheliegender Grund waere z.B., dass fuer jeden Vorgang eine eigene (folglich kleine) Tafel verwendet wurde (auch heute erhaelt jeder Vertrag eine Urkunde). (Das mit den Rueckseiten ist mir neu. Was steht auf diesen?)
Es gibt Tafeln in allen möglichen Größen, bis kniehoch habe ich schon gesehen. Die Handlichkeit der Schuldkontrakte plus Bürgen ergibt sich aus dem wenigen Text, der für diesen simplen Vorgang benötigt wird (Schuld, Inhalt der Schuld, Gläubiger/Schuldner, Bürge, Laufzeit, Zins, sofern vereinbart, Zeugen). Auf den Rückseiten wird der Text fortgesetzt, oft wurde einfach rumdum geschrieben.
Ich habe jetzt eine Tafel entdeckt, auf der sogar (mit Hilfe einer darauf abgerollten anderen Tafel bzw. eines Siegels) ein Standardtext festgehalten wurde. In diesem Fall das Versprechen des Einsatzes von Arbeitskräften mit genau definierter Arbeitsleistung.
Standardierung gibt es also durchaus! Ich stelle die Tafel demnächst hier rein.
>- Zwar werden Muenzen auch in grossen Horten gefunden, aber oft auch in kleinen Horten und einzeln, z.B. von Bauern (die diese natuerlich nicht publizieren). Tontafeln treten hingegen in Grossfunden auf, selten (nie?) einzeln. Ich sehe hier sehr wohl einen Verteilungsunterschied, und vermute den Grund im unterschiedlichen Gebrauch (Umlauf vs. zentraler Lagerung).
Das stimmt. Ich kenne ein paar Ausgräber sehr gut (;-)) und die führen das auf das konzentrierte Graben in städtischen Siedlungen (Zentren) zurück. Ganz sicher gab es Archive, vielleicht auch für Duplikate (heutiger Notar fertigt auch mehrere Fassungen aus).
Es kann aber gut sein, dass sich Tafeln auch in der freien Wüste/Steppe finden. Was drauf steht? Wer weiß? Wer sollte da was finden, wo doch nicht beackert wird. Die Einzelmünzfunde sind schon extrem selten und fast immer Ackerfunde.
>- Das Material, man spricht von ungebranntem Ton (gebrannte Exemplare entstanden durch Immobilienbraende), weist gegen einen Umlauf, da eine Verfaelschung (aus 6 kann man z.B. eine 60 machen) viel zu einfach waere.
Nach der Literatur (z.B."Sie schrieben auf Ton", Autor und Buch habe ich gerade nicht zur Hand) war es nach der Härtung des Tons (Sonne) praktisch unmöglich, die Tafeln zu fälschen.
>- Aus der Existenz von Siegeln kann nicht geschlossen werden, dass es keine amtliche Beurkundungs- und Hinterlegungsstelle gab. Der Nutzen einer solchen Stelle ist z.B., dass der Glaeubiger nicht bestohlen werden konnte. Auch heute gibt es eine Vielfalt an (halb-)amtlichen Hinterlegungsstellen (Notariate, Grundbuchaemter, Kassenvereine, Handelsregister usw.).
Stimmt bis auf die"amtliche Beurkundung". Die musste gleichzeitig mit den anderen Siegelabrollungen geschehen. Eine Nachsiegelung war faktisch nicht möglich (Material schon fest). Mit der Hinterlegungsstelle rechne ich auch.
Aber das ist nun ganz und gar nichts Neues! Seit dem europäischen MA gab es z.B. nicht nur die jeweiligen Schuldurkunden, sondern selbstverständlich auch öffentliche Schuldbücher, wo die Schulden eingetragen, und nach Erledigung gestrichen wurden. Diese Schuldbücher (ich kann gern ein Beispiel dafür reinstellen, muss aber erst suchen) waren sozusagen die"Letztsicherheit". Kursiert aber haben (d.h. natürlich zediert wurden) die Kredite/Schulden in Form von direkten Zertifikaten.("Noten")
>- Quantitaet und Qualitaet: Seit wann ist es den Leuten egal, ob sie 3 Kilo Silber oder 1 Kilo silberfarben bemalter Bronze bekommen? Ein Leihvorgang aendert daran nichts, denn zu Beginn und Ende des Leihvorgangs steht die (rechtliche oder faktische) Uebergabe des Silbers.
Ja. Löst aber nicht die Frage, woher das Silber ursprünglich gekommen ist. Es kann ja nicht immer nur geliehen und verliehen worden sein.
>Zwischen der Moeglichkeit, dass im Einzelfall eine Forderung uebertragen wurde, und dem Umlauf der zugehoerigen Dokumente (Tafeln) im (auch nur anfaenglichen) Notensinne liegt ein Schritt, der hier nicht vorliegt. Vielmehr weist das Taefelchen alle Merkmale einer amtlich beurkundeten und verwahrten Hypothek auf.
Bei einer Hypothek ist der Eigentümer der Schuldner. Hier aber bürgt ein Eigentümer mir seiner Sache für die Schuld eines anderen. Das ist etwas ganz anderes.
Gruß und nochmals sorry,
d.
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