André
14.07.2005, 15:26 |
EU schränkt erneut Souveränität der Verbraucher und der Staaten ein Thread gesperrt |
-->zu 1.
Viele Vitaminpräparate sollen vom Markt verschwinden
Europa beschließt striktere Kontrollen - Rund 200 Präparate werden aus den Regalen verbannt
Vitaminpillen und Mineralstoff-Präparate sollen in Zukunft strenger beurteilt werden. Links
Europäischer Gerichtshof
British Dietetic Association (BDA)
Brüssel - Der Europäische Gerichtshof hat beschlossen, die Vorschriften für den Verkauf von Vitaminen und Mineralstoffen zu verschärfen.
siehe: http://derstandard.at/?url=/?id=2109605
2.)
EuGH erschwert Abschiebung krimineller Ausländer
================================================
Wegen des furchtbaren Terroranschlags in London am
7. Juli sind zwei am gleichen Tag veröffentlichte
Urteile des EuGH zum Aufenthaltsrecht türkischer
Staatsbürger in der EU weitgehend unbeachtet
geblieben. Zu Unrecht, denn der Entscheid aus
Luxemburg wird erhebliche Konsequenzen auch für
die Ausländerpolitik in Deutschland haben.
Nach Meinung der höchsten europäischen Richter
können Türken mit uneingeschränktem Aufenthalts-
recht in der EU auch nach Verbüßung einer mehrjäh-
rigen Haftstrafe nicht einfach abgeschoben werden.
Ein solches Aufenthaltsrecht erwirbt jeder tür-
kische Staatsbürger nach mindestens 4 Jahren
abhängiger Beschäftigung in einem EU-Staat automa-
tisch. Ist diese Voraussetzung erfüllt, leitet
sich daraus auch für seine (volljährigen) Kinder
ein eigenständiges Aufenthaltsrecht ab, und zwar
selbst dann, wenn die nicht selbst auf dem
Arbeitsmarkt aktiv sind.
Mit den jüngsten Entscheidungen des EuGH wird es
nun noch schwieriger, kriminelle türkische Staats-
bürger in ihre Heimat abzuschieben. Davon betrof-
fen ist vor allem Deutschland, wo die mit 2,6 Mil-
lionen Menschen größte türkische Minderheit in
Europa lebt. Ein aktuelles Beispiel ist der Fall
des türkischen Serienstraftäters Muhlis A. ("Meh-
met"), der erst kürzlich von einem Münchener
Gericht wegen räuberischer Erpressung, Körperver-
letzung und Raub, begangen an seinen eigene
Eltern, zu einem Jahr und 6 Monaten Gefängnis ver-
urteilt wurde. Obwohl Bayerns Innenminister Beck-
stein aufgrund der erneuten Verurteilung und des
langen Vorstrafenregisters von"Mehmet" eine
Abschiebung des heute 20jährigen prüfen will, sind
die Chancen für eine erfolgreiche Ausweisungsver-
fügung nach dem europäischen Richterspruch vom
vergangenen Donnerstag gering. Denn Muhlis A. ist
Sohn eines türkischen Arbeitnehmers, der viele
Jahre ordnungsgemäß in Deutschland beschäftigt war
- und genießt allein schon deshalb einen besonde-
ren Abschiebeschutz.
Schuld an der Misere ist das 1964 zwischen der EU
und der Türkei geschlossene Assoziationsankommen,
und darauf aufbauend der Beschluß 1/80 des Asso-
ziationsrates. Mit ihm werden türkische Arbeitneh-
mer und ihre Angehörigen nach einer gewissen
Beschäftigungsdauer in der EU Unionsbürgern prak-
tisch gleichgestellt. Und eine Ausweisung von EU-
Bürgern aus einem anderen Mitgliedsstaat ist nach
einem weiteren Beschluß des EuGH vom April 2004
nur in"Extremfällen" zulässig, dann nämlich, wenn
zum Zeitpunkt der Ausweisung eine"gegenwärtige
Gefahr" für die öffentliche Sicherheit droht. Doch
die im Einzelfall nachzuweisen gelingt nur selten.
Somit erweist sich die von Politiker in Wahlkampf-
zeiten gerne propagierte Forderung, kriminelle
Ausländer konsequent in ihre Heimatländer abzu-
schieben, vor dem Hintergrund der europarecht-
lichen Realitäten für einen großen Teil der in
Deutschland lebenden Ausländer als eine hohle
Phrase.
Was ist zu tun? - In seiner Rechtsprechung beruft
sich der EuGH auf die bestehenden europäischen
Verträge und speziell auf das bereits erwähnte EU-
Assoziationsabkommen mit der Türkei. Zweck dieses
Abkommens ist es, das Land am Bosporus auf eine
Mitgliedschaft in der EU vorzubereiten und
schrittweise an die Gemeinschaft heranzuführen.
Deshalb genießen türkische Staatsbürger auch in
Deutschland besondere Rechte im Vergleich zu ande-
ren Ausländern. Der BIW vertritt die Auffassung,
daß die Türkei nicht zu Europa gehört und deshalb
auch kein Mitglied der EU werden darf. Folgt man
dieser Argumentation, dann ist auch das EU-Asso-
ziationsabkommen mit der Türkei überflüssig. Es
sollte deshalb im Rahmen einer Neuordnung der
Beziehungen zwischen Brüssel und Ankara baldmög-
lichst gekündigt werden.
Darüber hinaus muß die Ausländerpolitik innerhalb
der EU vollständig in die Hoheit der Mitglieds-
staaten zurückgeführt werden. Denn die Frage, wel-
chen Menschen man die Zuwanderung erlauben will
und wer zu welchen Bedingungen auf Dauer im Land
verbleiben darf, berührt den Kernbestand national-
staatlicher Souveränität - und muß deshalb auch
national geregelt werden. Die schwere Niederlage
der europäischen Zentralisten bei den Volksabstim-
mungen zur EU-Verfassung in Frankreich und den
Niederlanden hat die Chancen einer Stärkung der
Rechte der Mitgliedsstaaten innerhalb der Union
erhöht. Es bleibt zu hoffen, daß im Kontext der
anstehenden Diskussion um die zukünftige Gestalt
der EU auch die Frage der Ausländer- und Zuwande-
rungspolitik auf die Tagesordnung kommt.
|
LenzHannover
19.07.2005, 11:47
@ André
|
@Andre: erschwerte Abschiebung... |
-->Hallo Andre,
gibt es dazu auch eine Quelle (am besten eine"seriöse" für die Nachbarn) und
hat Mehmet (Eltern plädierten dann ja doch für einen Freispruch) nun doch keine Bewährung bekommen - man wollte sich ja noch beraten?
Der Text"abschieben fast unmöglich" noch einmal anbei.
>2.)
>EuGH erschwert Abschiebung krimineller Ausländer
>================================================
>Wegen des furchtbaren Terroranschlags in London am
>7. Juli sind zwei am gleichen Tag veröffentlichte
>Urteile des EuGH zum Aufenthaltsrecht türkischer
>Staatsbürger in der EU weitgehend unbeachtet
>geblieben. Zu Unrecht, denn der Entscheid aus
>Luxemburg wird erhebliche Konsequenzen auch für
>die Ausländerpolitik in Deutschland haben.
>Nach Meinung der höchsten europäischen Richter
>können Türken mit uneingeschränktem Aufenthalts-
>recht in der EU auch nach Verbüßung einer mehrjäh-
>rigen Haftstrafe nicht einfach abgeschoben werden.
>Ein solches Aufenthaltsrecht erwirbt jeder tür-
>kische Staatsbürger nach mindestens 4 Jahren
>abhängiger Beschäftigung in einem EU-Staat automa-
>tisch. Ist diese Voraussetzung erfüllt, leitet
>sich daraus auch für seine (volljährigen) Kinder
>ein eigenständiges Aufenthaltsrecht ab, und zwar
>selbst dann, wenn die nicht selbst auf dem
>Arbeitsmarkt aktiv sind.
>Mit den jüngsten Entscheidungen des EuGH wird es
>nun noch schwieriger, kriminelle türkische Staats-
>bürger in ihre Heimat abzuschieben. Davon betrof-
>fen ist vor allem Deutschland, wo die mit 2,6 Mil-
>lionen Menschen größte türkische Minderheit in
>Europa lebt. Ein aktuelles Beispiel ist der Fall
>des türkischen Serienstraftäters Muhlis A. ("Meh-
>met"), der erst kürzlich von einem Münchener
>Gericht wegen räuberischer Erpressung, Körperver-
>letzung und Raub, begangen an seinen eigene
>Eltern, zu einem Jahr und 6 Monaten Gefängnis ver-
>urteilt wurde. Obwohl Bayerns Innenminister Beck-
>stein aufgrund der erneuten Verurteilung und des
>langen Vorstrafenregisters von"Mehmet" eine
>Abschiebung des heute 20jährigen prüfen will, sind
>die Chancen für eine erfolgreiche Ausweisungsver-
>fügung nach dem europäischen Richterspruch vom
>vergangenen Donnerstag gering. Denn Muhlis A. ist
>Sohn eines türkischen Arbeitnehmers, der viele
>Jahre ordnungsgemäß in Deutschland beschäftigt war
>- und genießt allein schon deshalb einen besonde-
>ren Abschiebeschutz.
>Schuld an der Misere ist das 1964 zwischen der EU
>und der Türkei geschlossene Assoziationsankommen,
>und darauf aufbauend der Beschluß 1/80 des Asso-
>ziationsrates. Mit ihm werden türkische Arbeitneh-
>mer und ihre Angehörigen nach einer gewissen
>Beschäftigungsdauer in der EU Unionsbürgern prak-
>tisch gleichgestellt. Und eine Ausweisung von EU-
>Bürgern aus einem anderen Mitgliedsstaat ist nach
>einem weiteren Beschluß des EuGH vom April 2004
>nur in"Extremfällen" zulässig, dann nämlich, wenn
>zum Zeitpunkt der Ausweisung eine"gegenwärtige
>Gefahr" für die öffentliche Sicherheit droht. Doch
>die im Einzelfall nachzuweisen gelingt nur selten.
>Somit erweist sich die von Politiker in Wahlkampf-
>zeiten gerne propagierte Forderung, kriminelle
>Ausländer konsequent in ihre Heimatländer abzu-
>schieben, vor dem Hintergrund der europarecht-
>lichen Realitäten für einen großen Teil der in
>Deutschland lebenden Ausländer als eine hohle
>Phrase.
>Was ist zu tun? - In seiner Rechtsprechung beruft
>sich der EuGH auf die bestehenden europäischen
>Verträge und speziell auf das bereits erwähnte EU-
>Assoziationsabkommen mit der Türkei. Zweck dieses
>Abkommens ist es, das Land am Bosporus auf eine
>Mitgliedschaft in der EU vorzubereiten und
>schrittweise an die Gemeinschaft heranzuführen.
>Deshalb genießen türkische Staatsbürger auch in
>Deutschland besondere Rechte im Vergleich zu ande-
>ren Ausländern. Der BIW vertritt die Auffassung,
>daß die Türkei nicht zu Europa gehört und deshalb
>auch kein Mitglied der EU werden darf. Folgt man
>dieser Argumentation, dann ist auch das EU-Asso-
>ziationsabkommen mit der Türkei überflüssig. Es
>sollte deshalb im Rahmen einer Neuordnung der
>Beziehungen zwischen Brüssel und Ankara baldmög-
>lichst gekündigt werden.
>Darüber hinaus muß die Ausländerpolitik innerhalb
>der EU vollständig in die Hoheit der Mitglieds-
>staaten zurückgeführt werden. Denn die Frage, wel-
>chen Menschen man die Zuwanderung erlauben will
>und wer zu welchen Bedingungen auf Dauer im Land
>verbleiben darf, berührt den Kernbestand national-
>staatlicher Souveränität - und muß deshalb auch
>national geregelt werden. Die schwere Niederlage
>der europäischen Zentralisten bei den Volksabstim-
>mungen zur EU-Verfassung in Frankreich und den
>Niederlanden hat die Chancen einer Stärkung der
>Rechte der Mitgliedsstaaten innerhalb der Union
>erhöht. Es bleibt zu hoffen, daß im Kontext der
>anstehenden Diskussion um die zukünftige Gestalt
>der EU auch die Frage der Ausländer- und Zuwande-
>rungspolitik auf die Tagesordnung kommt.
[b][/b]
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André
19.07.2005, 14:59
@ LenzHannover
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Re: Erschwerte Abschiebung zurecht. Politiker werden auf ihre bedenkliche |
-->Einbürgerungspolitik und Multikultideutschlandzerstörungspolitik verwiesen.
Verantwortlicher im Sinne des Presserechts:
Jan Timke, c/o Wählervereinigung Bürger in Wut,
Rotdornallee 18 a, D-28717 Bremen. Telefon:
0421/69 49 93 00. Fax: 0421/69 49 93 01.
E-Mail: timke@buerger-in-wut.de.
|
André
19.07.2005, 15:17
@ André
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Re: Bundesverfassungsgericht: EU- Haftbefehlsgesetz nichtig. Volltext |
-->Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -
Pressemitteilung Nr. 64/2005 vom 18. Juli 2005
Zum Urteil vom 18. Juli 2005 - 2 BvR 2236/04 -
Europäisches Haftbefehlsgesetz nichtig
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit Urteil vom 18. Juli 2005 das Europäische Haftbefehlsgesetz für nichtig erklärt. Das Gesetz greife unverhältnismäßig in die Auslieferungsfreiheit (Art. 16 Abs. 2 GG) ein, da der Gesetzgeber die ihm durch den Rahmenbeschluss zum Europäischen Haftbefehl eröffneten Spielräume nicht für eine möglichst grundrechtsschonende Umsetzung des Rahmenbeschlusses in nationales Recht ausgeschöpft habe. Zudem verstoße das Europäische Haftbefehlsgesetz aufgrund der fehlenden Anfechtbarkeit der (Auslieferungs-) Bewilligungsentscheidung gegen die Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG). Solange der Gesetzgeber kein neues Ausführungsgesetz zu Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG erlässt, ist die Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen daher nicht möglich. Damit war die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers, der auf Grund eines Europäischen Haftbefehls zur Strafverfolgung an Spanien ausgeliefert werden soll (Pressemitteilung Nr. 20/2005 vom 24. Februar 2005), erfolgreich. Der Beschluss des Oberlandesgerichts und die Bewilligungsentscheidung der Justizbehörde wurden aufgehoben. Der Richter Broß, der die Entscheidung im Ergebnis mitträgt, der Richter Gerhardt und die Richterin Lübbe-Wolff haben der Entscheidung jeweils eine abweichende Meinung angefügt. Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
1. Das Europäische Haftbefehlsgesetz verstößt gegen Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG (Auslieferungsverbot), weil der Gesetzgeber bei der Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl die Anforderungen des qualifizierten Gesetzesvorbehalts aus Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG nicht erfüllt hat. Grundlage des Verbots der Auslieferung Deutscher ist Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG. Das Grundrecht gewährleistet die besondere Verbindung der Bürger zu der von ihnen getragenen Rechtsordnung. Der Beziehung des Bürgers zu einem freiheitlichen demokratischen Gemeinwesen entspricht es, dass der Bürger von dieser Vereinigung grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden kann. Der Schutz deutscher Staatsangehöriger vor Auslieferung kann allerdings nach Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG unter bestimmten Voraussetzungen durch Gesetz eingeschränkt werden. Die Einschränkung des Auslieferungsschutzes ist kein Verzicht auf eine für sich genommen essentielle Staatsaufgabe. Die in der „Dritten Säule“ der Europäischen Union (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen) praktizierte Zusammenarbeit in Form einer begrenzten gegenseitigen Anerkennung ist gerade auch mit Blick auf den Grundsatz der Subsidiarität ein Weg, um die nationale Identität und Staatlichkeit in einem einheitlichen europäischen Rechtsraum zu wahren. Der Gesetzgeber war beim Erlass des Umsetzungsgesetzes zum Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl verpflichtet, das Ziel des Rahmenbeschlusses so umzusetzen, dass die Einschränkung des Grundrechts auf Auslieferungsfreiheit verhältnismäßig ist. Insbesondere hatte er dafür Sorge zu tragen, dass der Eingriff in den Schutzbereich des Art. 16 Abs. 2 GG schonend erfolgt. Mit dem Auslieferungsverbot sollen gerade auch die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes für den von einer Auslieferung betroffenen Deutschen gewahrt werden. Der Grundrechtsberechtigte muss sich darauf verlassen können, dass sein dem jeweils geltenden Recht entsprechendes Verhalten nicht nachträglich als rechtswidrig qualifiziert wird. Das Vertrauen in die eigene Rechtsordnung ist dann in besonderer Weise geschützt, wenn die dem Auslieferungsersuchen zu Grunde liegende Handlung einen maßgeblichen Inlandsbezug hat. Wer als Deutscher im eigenen Rechtsraum eine Tat begeht, muss grundsätzlich nicht mit einer Auslieferung an eine andere Staatsgewalt rechnen. Anders fällt die Beurteilung hingegen aus, wenn die vorgeworfene Tat einen maßgeblichen Auslandsbezug hat. Wer in einer anderen Rechtsordnung handelt, muss damit rechnen, hier auch zur Verantwortung gezogen zu werden.
Diesem Maßstab wird das Europäische Haftbefehlsgesetz nicht gerecht. Es greift unverhältnismäßig in die Auslieferungsfreiheit ein. Der Gesetzgeber hat es versäumt, den grundrechtlich besonders geschützten Belangen deutscher Staatsangehöriger bei der Umsetzung des Rahmenbeschlusses hinreichend Rechnung zu tragen, insbesondere hat er die durch das Rahmenrecht vorgegebenen Spielräume nicht ausgeschöpft. Er hätte eine grundrechtsschonendere Umsetzung wählen können, ohne gegen die bindenden Ziele des Rahmenbeschlusses zu verstoßen. So etwa erlaubt der Rahmenbeschluss den vollstreckenden Justizbehörden, die Vollstreckung des Haftbefehls zu verweigern, wenn er sich auf Straftaten erstreckt, die im Hoheitsgebiet des ersuchten Mitgliedstaates begangen worden sind. Für solche Taten mit maßgeblichem Inlandsbezug hätte der Gesetzgeber die Möglichkeit schaffen müssen, die Auslieferung Deutscher zu verweigern. Darüber hinaus weist das Haftbefehlsgesetz eine Schutzlücke hinsichtlich der Möglichkeit auf, die Auslieferung wegen eines in gleicher Sache im Inland laufenden strafrechtlichen Verfahrens oder deshalb abzulehnen, weil ein inländisches Verfahren eingestellt oder schon die Einleitung abgelehnt worden ist. In diesem Zusammenhang hätte der Gesetzgeber die Regelungen der Strafprozessordnung daraufhin überprüfen müssen, ob Entscheidungen der Staatsanwaltschaft, von einer Strafverfolgung abzusehen, im Hinblick auf eine mögliche Auslieferung gerichtlich überprüfbar sein müssen. Die Defizite der gesetzlichen Regelung werden auch nicht dadurch hinreichend kompensiert, dass die Regelungen des Europäischen Haftbefehlsgesetzes die Verbüßung einer im Ausland verhängten Freiheitsstrafe im Heimatstaat vorsehen. Dies ist zwar grundsätzlich eine Schutzmaßnahme für die eigenen Staatsbürger, aber sie betrifft lediglich die Verbüßung der Strafe und nicht bereits die Strafverfolgung.
2. Durch den Ausschluss des Rechtsweges gegen die Bewilligung einer Auslieferung in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union verstößt das Europäische Haftbefehlsgesetz gegen Art. 19 Abs. 4 GG (Rechtsweggarantie).
Das Europäische Haftbefehlsgesetz übernimmt teilweise die im Rahmenbeschluss vorgesehenen Gründe, aus denen die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls abgelehnt werden kann. Dabei hat sich der deutsche Gesetzgeber im Wesentlichen für eine Ermessenslösung entschieden. Die Ergänzung des Bewilligungsverfahrens um benannte Ablehnungsgründe führt dazu, dass die Bewilligungsbehörde bei Auslieferungen in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht mehr nur über außen- und allgemeinpolitische Aspekte des Auslieferungsersuchens entscheidet, sondern in einen Abwägungsprozess eintreten muss, der insbesondere die Strafverfolgung im Heimatstaat zum Gegenstand hat. Die Anreicherung des Bewilligungsverfahrens um weitere ermessensgebundene Tatbestände bewirkt eine qualitative Veränderung der Bewilligung. Die zu treffende Abwägungsentscheidung dient dem Schutz der Grundrechte des Verfolgten und darf richterlicher Prüfung nicht entzogen werden.
3. Das Europäische Haftbefehlsgesetz ist nichtig. Der Gesetzgeber wird die Gründe für die Unzulässigkeit der Auslieferung Deutscher neu zu fassen haben und die Einzelfallentscheidung über die Auslieferung als abwägenden Vorgang der Rechtsanwendung ausgestalten. Des Weiteren sind Änderungen bei der Ausgestaltung der Bewilligungsentscheidung und ihres Verhältnisses zur Zulässigkeit notwendig. Solange der Gesetzgeber kein neues Ausführungsgesetz zu Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG erlässt, ist die Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht möglich. Im Übrigen können Auslieferungen auf der Grundlage des Gesetzes über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Europäischen Haftbefehlsgesetzes erfolgen.
Zum Sondervotum des Richters Broß
Richter Broß folgt der Senatsmehrheit im Ergebnis, nicht aber in der Begründung. Das Europäische Haftbefehlsgesetz sei bereits deshalb nichtig, weil es nicht dem Subsidiaritätsprinzip (Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG) Rechnung trage. Eine Auslieferung deutscher Staatsangehöriger komme nur insoweit in Betracht, als eine Verwirklichung des staatlichen Strafverfolgungsanspruchs im Inland aus tatsächlichen Gründen im konkreten Einzelfall zum Scheitern verurteilt wäre. Nur dann sei der Weg für eine Aufgabenwahrnehmung durch die nächsthöhere Ebene - die Mitgliedstaaten der Europäischen Union - frei. Der Senat verkenne die Bedeutung und Tragweite des Grundsatzes der Subsidiarität und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, wenn er es für statthaft erachtet, bei Straftaten mit maßgeblichem Auslandsbezug eine Auslieferung deutscher Staatsangehöriger ohne jede materielle Einschränkung vorzusehen. Das Vertrauen des Verfolgten in die eigene Rechtsordnung sei gerade auch dann in besonderer Weise geschützt, wenn die dem Auslieferungsersuchen zu Grunde liegende Handlung maßgeblichen Auslandsbezug aufweist. Vor allem hier müssten sich die Schutzpflicht des Staates und der Grundsatz der Subsidiarität beweisen - nicht erst bei Straftaten mit maßgeblichem Inlandsbezug.
Zum Sondervotum der Richterin Lübbe-Wolff
Die Richterin Lübbe-Wolff teilt die Auffassung der Senatsmehrheit, dass das Europäische Haftbefehlsgesetz den Grundrechten potentiell Betroffener nicht hinreichend Rechnung trägt, folgt aber Teilen der Begründung und dem Rechtsfolgenausspruch nicht. Um Verfassungsverstöße auszuschließen, hätte die Feststellung genügt, dass für bestimmte näher bezeichnete Fälle Auslieferungen auf der Grundlage des Gesetzes bis zum Inkrafttreten einer verfassungskonformen Neuregelung nicht zulässig sind. Mit der Nichtigerklärung des Gesetzes werde dagegen die Auslieferung aufgrund eines Europäischen Haftbefehls auch in verfassungsrechtlich völlig unproblematischen Fällen ausgeschlossen - beispielsweise sogar die Auslieferung von Staatsangehörigen des ersuchenden Staates wegen in diesem Staat begangener Taten. Die Bundesrepublik Deutschland werde so zu Verstößen gegen das Unionsrecht gezwungen, die ohne Verfassungsverstoß hätten vermieden werden können. Auf der Grundlage des gebotenen engeren Rechtsfolgenausspruchs müsste auch die nun fällige erneute Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht notwendigerweise zugunsten des Beschwerdeführers ausfallen. Denn ob der Fall des Beschwerdeführers zu einer der Fallgruppen gehöre, für die die Regelungen des Europäischen Haftbefehlsgesetzes unzureichend sind, sei bislang nicht geklärt.
Zum Sondervotum des Richters Gerhardt
Nach Auffassung des Richters Gerhardt wäre die Verfassungsbeschwerde zurückzuweisen gewesen. Die Nichtigerklärung des Europäischen Haftbefehlsgesetzes stehe mit dem verfassungs- und unionsrechtlichen Gebot, Verletzungen des Vertrags über die Europäische Union möglichst zu vermeiden, nicht im Einklang. Der Senat setze sich in Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, der in seinem Pupino-Urteil vom 16. Juni 2005 den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen auch und gerade für die Umsetzung von Rahmenbeschlüssen hervorgehoben habe. Die mit dem Auslieferungsverbot des Grundgesetzes verfolgten Schutzziele würden durch den Rahmenbeschluss und das Europäische Haftbefehlsgesetz erreicht. Der für die Auslegung des Rahmenbeschlusses zuständige Europäische Gerichtshof werde der Durchsetzung einer exzessiven Strafgesetzgebung eines Mitgliedsstaates entgegentreten. Das Europäische Haftbefehlsgesetz ermögliche es, die Auslieferung in den Fällen abzulehnen, in denen die Durchführung eines Strafverfahrens im Ausland den Betroffenen unverhältnismäßig belaste. Auch wenn die verfassungsrechtlich gebotene Verhältnismäßigkeitsprüfung im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt sei, bestehe nach der entsprechenden Klarstellung durch das Bundesverfassungsgericht kein Anlass für die Annahme, dass Behörden und Gerichte ihre selbstverständliche Pflicht zur Beachtung dieses Gebots missachteten.
Ein Rechtsschutzdefizit liege nicht vor. Urteil vom 18. Juli 2005 - 2 BvR 2236 /04 - Karlsruhe, den 18. Juli 2005
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LenzHannover
21.07.2005, 12:18
@ André
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Rein ironisch / bitter könnte man die Frage stellen: |
-->War ich vor dem Urteil mit einer türkischen Staatsbürgerschaft eventuell besser geschützt?
Wobei ich sicher keine Lust gehabt hätte in der Türkei zum Militär gehen zu müssen [img][/img].
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