moneymind
17.07.2005, 22:39 |
Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore Thread gesperrt |
-->Hi dottore,
und besten Dank für Deine Einwände (==> http://f17.parsimony.net/forum30434/messages/325259.htm ).
zu Deinem ersten Punkt: der Staat muß nicht nur als Eigentums- und Vollstreckungsgarant, sondern auch als ökonomischer Agent ins Modell eingebaut werden (was im H/S Modell - ähnlich wie im unfertigen Marxschen, das Heinsohns Ausgangspunkt bildete - weitgehend fehlt) --- okay.
Skizze in ein paar begrifflichen brush strokes: einerseits ermöglicht der Staat den geldwirtschaftlichen Prozeß überhaupt erst, indem er die rechtlichen Rahmenbedingungen setzt. Andererseits tut er das, indem dafür auf das eigentlich systemfremde Mittel der „zwangsweisen“ Redistribution (Steuersystem) zurückgreift. Der Staat ermöglicht also einerseits überhaupt erst Geldwirtschaft, andererseits ist er feudales Relikt in einer Gesellschaft der (formell) Freien, das diese Freien zur Sicherung ihrer Freiheit aber brauchen: die Freien zahlen nicht nur deshalb Steuern, weil sie vom Staat böswillig und gegen ihren Willen geknechtet werden, sondern auch deshalb, weil sie die Staatsleistung „Freiheitssicherung per Staatsgewalt“ wünschen (wie wohl generell in stabilen Feudalsystemen die „Beherrschten“ einen realen, eingebildeten oder vielleicht manchmal auch nur eingeredeten Nutzen aus ihrem „Beherrschtsein“ ziehen dürften, ansonsten könnten sich Feudalsysteme ja kaum so lang halten wie sie es vielerorts getan haben).
Berücksichtigt man, daß vor den ersten Eigentums-/Geldwirtschaften Feudalsysteme existiert haben, könnte man den Eigentümerstaat als einen zur Sicherung persönlicher Freiheit umfunktionierten und daher in seiner Reichweite erheblich reduzierten Feudalstaat betrachten; ein zentralisierter Feudalstaat bildet eine historische Voraussetzung für den ersten Eigentümerstaat, da dieser auf eine zentralisierte Verwaltung und einen Machtapparat zurückgreifen können muß, diesen dann aber eben zu neuen Zwecken - Freiheitssicherung - umfunktioniert. Freiheit (von unauflöslichen traditionalen Solidarpflichten) kann also nicht ohne diese sichernde Macht existieren, ist aber gleichzeitig Ergebnis einer antifeudalen Revolution, die den Staatsapparat dann für ihre neuen Zwecke - Sicherung der Freiheit - einsetzt, wobei zwar weiterhin quasi-feudale Abgaben nötig sind, diese aber in einem ganz neuen Zusammenhang (materielle Grundlage der Freiheitssicherung) stehen und daher auch völlig anders ideologisch legitimiert werden: während Feudalherrschaft meist religiös legitimiert war, führen die antifeudalen Revolutionen auch zu einem radikalen Umbruch der sozialen Glaubenssysteme (Welt- und Geschichtsbild etc. -- von einer religiösen Herrschafts- zu einer säkularen Freiheits-Ideologie) zwecks Delegitimierung des alten Feudalstaats/Legitimierung des neuen Eigentümerstaats. Trifft so jedenfalls fürs antike Griechenland und fürs moderne Europa zu.
Auch in einer Demokratie bleibt also der „öffentliche Sektor“ ökonomisch gesehen ein redistributives Herrschafts-/Feudalsystem. Selbst direkte Demokratie würde daran nichts ändern: ob das Volk sich nun von selbsternannten oder selbstgewählten Regierenden beherrschen läßt oder qua direkter Demokratie selbst beherrscht, ist unter rein ökonomischen Gesichtspunkten beides Herrschaft (mit den bekannten Charakteristika wie relativer Ineffizienz etc.) und nicht „Markt“. Da von Anfang an sowohl freiheitliche wie feudale Elemente vorhanden sind und in der politischen Sphäre auch miteinander streiten, bleibt die Sicherung der Freiheit ein ständiger Kampf, der immer in Gefahr ist, von feudalen Handlungsmustern überlagert und verdrängt zu werden. Allerdings unterscheidet sich diese Volksherrschaft auch recht deutlich von der überkommenen, religiös legitimierten Königsherrschaft --- nicht nur ideologisch (neues Welt-, Geschichts-, Gesellschafts- und Herrschaftsbild), sondern auch ökonomisch:
Die Tatsache, daß der Staat seine Abgaben nun nicht in Form von Gütern, sondern in Form von „Geld“ (vollstreckbaren Leistungsversprechen privater Wi-Subjekte) abfordert, unterscheidet den geldwirtschaftlichen Staat von traditionellen Feudalstaaten. Er kann damit auf neue Weise auf den gesellschaftlichen Produktionsprozess einwirken, indem er über Steuern/Abgaben und Subventionen etc. Geldknappheiten mitsteuert (ob nun pro- oder antizyklisch). Drittens jedoch hat er im geldwirtschaftlichen Umfeld auch die Möglichkeit, Schulden zu machen (und damit „Geld“ zu schaffen) - und zwar nicht vollstreckbare Schulden; und v.a. Schulden ohne Termin: es gibt keine bindende Instanz, die einen Termin für einen ausgeglichenen Staatshaushalt setzen und sagen könnte, wann denn den Bürgern nun die Rechnung präsentiert wird. Klar, daß hier die Grundprinzipien einer „reinen“ Eigentümergesellschaft eklatant verletzt werden, was dem Gesamtprozess (im Vergleich zum einfachen bankingtheoretischen Modell mit Nachwächterstaat) eine neue Qualität gibt.
Einerseits ergibt sich für den Staat also die Möglichkeit, unerwünschten geldwirtschaftlichen Paradoxien (wie sich selbst verstärkende Krisen und ihren Folgen, der Tendenz zum Ignorieren von Kranken und Schwachen, die sich im Wettbewerb nicht behaupten können etc.) entgegenzusteuern und in die rein betriebswirtschaftliche Eigentümer-Rationalität wieder traditionale Elemente von „Solidarität“ und „Loyalität“ einzubringen; die Möglichkeit zu antizyklischem Handeln wird wichtig zur Krisenbekämpfung (denn die Privaten verhalten sich aufgrund ihres Vermögenssicherungskalküls eher prozyklisch, beschleunigen also Boom- und Krisentendenzen). Andererseits entsteht so die Gefahr, daß dabei der geldwirtschaftliche Prozess grundsätzlich unterminiert wird --- besonders deshalb, weil die staatlichen Kreditnehmer im Gegensatz zu Privaten nicht mit persönlichem Vermögen für die aufgenommenen Schulden haften und daher dazu tendieren, „Geld“ mit beiden Händen direkt zum Fenster hinauszuwerfen (sprich: endlos Schulden zu machen). Das einen verantwortlichen, effizienten Umgang mit Geld und Ressourcen sichernde Element ist nun mal die Vermögenshaftung in Verbindung mit Zahlungstermin und Geldknappheit; und dieses „Prinzip Verantwortung“ ist für den Staat leider ausgeschaltet. Werden dann die Staatstitel von der Zentralbank als Sicherheit akzeptiert, beginnt ein Prozess der Unterminierung der Eigentumssicherung des Geldes, etc. etc. Daraus läßt sich dann ein schönes, fast schon (wie bei Marx) „dialektisches“ rise&fall-Modell für Geldwirtschaften zimmern (besonders dann, wenn man wie H/S die demographische und familientheoretische Seite des ganzen Prozesses hinzunimmt).
Soweit Übereinstimmung.
Zu Deinem zweiten Punkt (Fremd-Staat): ein Fremd-Staat kann Forderungen präsentieren, die zusätzliche Knappheiten erzeugen, okay; „vollstrecken“ kann er sie natürlich nur per direkter Gewalt, mangels übergeordneten Gewaltmonopols auf zwischenstaatlicher Ebene. Wer an einem Modell der Weltwirtschaft interessiert ist, muß dort zwischenstaatliche Beziehungen (basierend auf Macht statt Recht) einbauen --- ebenfalls Zustimmung. Mein wi-theoretisches Ziel war zunächst in erster Linie entwicklungstheoretisch: geldwirtschaftliche Entwicklungs- und Modernisierungsdynamik zu erklären (um sie da, wo gewünscht, an- oder abstellen zu können). Das funktioniert zunächst auch mit mit bankingtheoretischem Modell + Nachtwächterstaat ganz gut. Daß in rechtsfreien Räumen wie zwischenstaatlichen Beziehungen Formen der Regelung wechselseitiger Beziehungen dominieren, die sich sowohl von zivilen Vertragsbeziehungen wie von verwandtschaftlicher Solidarität und feudalen Schutz-/Abgabenpflichten unterscheiden und wiederum eine eigene Betrachtung benötigen, die im H/S Modell fehlt und in der sicherlich verschiedene Formen von „Macht“ eine große Rolle spielen werden - ebenfalls Zustimmung.
Daß dies das, was wir heute Wirtschaften nennen und durch das bankingtheoretische Modell (plus die erwähnte früher/später-Unterscheidung) beschrieben wird, als „prima causa“ ANGESTOSSEN haben soll, kann ich aber nicht nachvollziehen.
Nein, hier finde ich nach wie vor Heinsohns 84er Modell („Privateigentum, Patriarchat, Geldwirtschaft“) überzeugend, wenn auch in einer mit Bezug auf Geld und Knappheit modifizierten Form: Naturkatastrophen zerstören traditionale Sicherungssysteme, freie Männer wollen ihre Unabhängigkeit auf Dauer stellen und „erfinden“ im Zuge einer antifeudalen Revolution zunächst Freiheit, Eigentum und Vertrag (als zwar unbedingt bindende, aber nur temporäre Verpflichtung, nach dessen Erfüllung die V-Partner wieder in Freiheit und Unabhängkeit voneinander entlassen sind). Damit individualisiertes Existenzrisiko, individueller Sicherheitsvorrat etc. (siehe Heinsohn 1984) --- zunächst Verträge nur über Güter, damit aber Möglichkeit, „Sicherheit“ nicht mehr in Form von Gütern, sondern in Form eines „Titels“, eines später fälligen Anspruchs auf Güter zu halten, der dann wiederum bei Bedarf als „Tauschmittel“ eingesetzt werden kann; dies liefert eine Vorbedingung für „Geld“, ist aber noch kein „Geld“.
Erst später entsteht dann aus dem Bedürfnis starker Gläubiger, „Sicherheit“ bzw. „Leistungsansprüche“ unabhängig von Ansprüchen auf Gütern halten zu können (sie wollen eben zum Fälligkeitstermin nicht „Güter“ als Erfüllung, sondern weiterhin abstrakte Ansprüche auf Leistung), „Geld“ als abstraktes, von Gütermengen entkoppeltes Wertmaß, in dem vollstreckbare Schulden ausgedrückt werden, die ab dann nicht mehr auf Güter, sondern auf später fällige, in einer abstrakten, von Gütermengen entkoppelten Bewertungs- und Recheneinheit denominierte Schulden / Leistungsversprechen lauten (hier - beim Geldbegriff - unterscheidet sich meine Sicht vom H/S-Modell). Diese sind zwar noch mit „Gütereigentum“ gesichert, aber eigentlich Ansprüche auf später fällige ebensolche Leistungsversprechen in Form von Zahlungsversprechen, bei denen nur im „Notfall“ auf das Sicherungseigentum zugegriffen wird.
Es gibt und braucht also keine „Einlösung mit Eigentum“ wie H/S das suggerieren, wohl aber eine Eigentumssicherung, die sich aus dem schuldrechtlichen Prinzip der Vermögenshaftung für vertraglich eingegangene Verpflichtungen ergibt.
Wobei dieses Geld dann zwar die gewünschten Vorteile der der relativen Unabhängigkeit, aber auch unvorhergesehene Paradoxien (Möglichkeit der Knappheit) und neue Abhängigkeiten mit sich bringt: derartiges „Geld“ kann vom Schuldner A eben nicht mehr - wie ein geschuldetes Gut - selbst produziert werden. Sondern er ist darauf angewiesen, daß ein anderer, von ihm unabhängiger freier Eigentümer B „Schulden macht“ und damit eine später fällige Forderung schafft, die es Schuldner A erlaubt, seine Forderung zu erfüllen, womit (unabhängig von irgendwelchen Zinsen) die Möglichkeit der Geldknappheit „zum Termin“ (inclusive der daraus folgenden Zeitknappheit sowie Boom/Bust-Zyklen) in der Welt ist, die zum Wettbewerb um knappes Geld führt, der wiederum die Wirtschaft dynamisiert und Käufermärkte erzeugt, die Innovationen und der Ausdifferenzierung arbeitsteiliger Strukturen Vorschub leisten, wobei letztere neue Abhängigkeiten der weiterhin formell Freien mit sich bringen, etc. etc. --- damit ist betriebswirtschaftliche Rationalität / Eigentümerkalkül in der Welt etc. etc. (eigentliche Dynamisierung also erst, wenn Schulden in abstraktem Wertmaßstab ausgedrückt werden und nicht mehr durch Lieferung von Gütern oder „Einlösung“ irgendwelchen „Eigentums“, sondern durch Lieferung später fälliger, ebenfalls in dieser abstrakten Wert- und Recheneinheit denominierte Schuldtitel erfüllt werden müssen).
Gelddefinition hier also: später fälliges, vollstreckbares und in einer abstrakten Recheneinheit Zahlungsversprechen eines privaten Schuldners; solange noch nicht fällig, kann dieses Zahlungsversprechen als Geld (Wertspeicher und Zahlungsmittel) dienen und jetzt fällige Geldforderungen erfüllen/vernichten, was sich allerdings zum Fälligkeitstermin schlagartig ändert: dann wird aus dem „Geld“ nämlich plötzlich eine „Forderung auf Geld“, die - soll sie erfüllt werden - voraussetzt, daß wiederum (noch) später fällige Forderungen entstanden sind, mit denen sich die jetzt fälligen erfüllen lassen. (Solches „Geld“ entsteht schon beim „Kauf auf Kredit“ nach dem Motto: jetzt haben, später bezahlen).
Dieser Geldbegriff unterscheidet sich sowohl von H/S´ Geldbegriff als auch vom monetärkeynesianischen und vom bankingtheoretischen (bei diesen fehlt die Begründung der Möglichkeit von Geldknappheit durch die Differenzierung jetzt vs. später fällige Forderungen).
Die Unterscheidung zwischen „Geld“ und „Forderungen auf Geld“ anhand der Unterscheidung „jetzt vs. später fällig“ ist dermaßen einfach, daß sie fast schon lächerlich erscheint. Dennoch ermöglicht sie, ZEIT auf der allerelementarsten Modellebene in ein bankingtheoretisch angelegtes Modell einer Geldwirtschaft einzubauen: auf der Ebene der „Forderung“ nämlich, die als „saldenmechanische Grundbeziehung“ damit die „Keimzelle der bürgerlichen Ã-konomie“ oder die „ökonomische Zellenform“ darstellt.
Also nicht Warenform des Arbeitsprodukts sondern Geldform der Forderung = ökonomische Zellenform (schönen Dank an K. Marx für die Analogie „Zellenform“)!!!!
Die so resultierende Möglichkeit der Geldknappheit liefert den Kern der Erklärung nicht nur geldwirtschaftlicher Konjunkturzyklen mit den bekannten Phänomenen, sondern auch geldwirtschaftlicher Entwicklungs- und Modernisierungsdynamik (Innovation, Ausdifferenzierung arbeitsteiliger Strukturen, „Kundenorientierung“ etc. ).
Aus dieser Perspektive wäre also die Kernfrage an die Historie die nach der Entstehung des abstrakten Geldstandards aus den Bedürfnissen der Eigentümer heraus (wäre noch im Detail auszuarbeiten); irgendwelche Formen von „Gütergeld“ interessieren aus dieser Perspektive nicht. Was interessiert, sind Titel - also Verträge - und der abstrakte Geldstandard. Und, wichtiger noch, die Übertragung des Gewaltmonopols der Vollstreckung der (formell, nicht unbedingt real) freiwillig eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen an die (anonyme) Staatsmacht. Diese ist überhaupt erst Vorbedingung dafür, daß Forderungen aus Verträgen - obwohl erst später fällig - bereits als gegenwärtige Vermögenswerte verbucht werden können. Hierin liegt die Kernfrage, die an die historische Forschung zu stellen wäre. Nicht „Eigentum“, sondern Freiheit/Unabhängigkeit von unauflöslichen sozialen Verpflichtungen und Vollstreckbarkeit vertraglicher Forderungen aus Verträgen zwischen Privaten durch die allgemeine (=für alle gleichermaßen maßgebliche/zwingende) Instanz des Staates ist es, nach deren historischem Ursprung sinnvollerweise zunächst gesucht werden muß.
Für die Erstenstehung der „Privatindividuen“ müssen dabei also zunächst einmal traditionale, auf unauflöslichen Hilfs- und Solidar- bzw. Abgabenpflichten beruhende Sicherungssysteme zerstört worden sein. Sobald dann die geldwirtschaftliche Form sozialer Reproduktion einmal etabliert ist, kann sie exportiert und anderswo installiert werden, sei es nun durch Eroberung (zwangsweise Installation von oben) oder „freiwilliges“ Kopieren (heute: nachholende Modernisierung, etwa Südkorea etc.).
Man kann nun natürlich sagen, daß für die Idee eines „Eigentümerstaats“ mit zentraler Verwaltung etc. die vorgängige Existenz eines Feudalstaats mit ähnlich zentralisierter Verwaltungsstruktur nötig war, der dann sozusagen freiheitlich umfunktioniert wurde. Aber diese Vermutung scheint durch die Geschichte ja gedeckt und bringt (soweit ich sehe) keine zusätzlichen Erklärungsleistungen in punkto Dynamik der Geldwirtschaft.
Daher würde mich interessieren: welche zusätzlichen Erklärungsleistungen in Bezug auf geldwirtschaftliche Dynamik bringt Deine neue Machttheorie, die über die (für Dich ja absolut schlüssige) Bankingtheorie hinausgehen? Ist sie für die Erklärung geldwirtschaftlicher Dynamik nicht überflüssig? Der Punkt meiner Begründung von Geldknappheit mit der Unterscheidung jetzt fälliger vs. später fällige (Geld)forderungen war eben, daß sich dieses Problem so ganz ohne Autorität (für die Monetärkeynesianer: Zentralbank) lösen läßt --- in other words, daß eine Autorität dafür nicht notwendig ist, sondern das auch bankingtheoretisch funktioniert, wobei Du mir sogar zugestimmt hast, daß qua Staat lediglich zusätzliche (aber eben nicht primäre) Geldknappheit ins Spiel kommt.
Was ja unter anderem bedeutet: radikalliberale Thesen, man müsse nur den Staat aus der Wirtschaft heraushalten oder gar ganz eliminieren, dann werde der freie Markt schon alles zum besten regeln, gehören ins Reich der ideologischen Fiktion: die Möglichkeit der Geldknappheit und dazugehörige Krisentendenz ist nicht vom Staat produziert (obwohl dieser sie, wie Du sagst, verstärken kann, ihr aber umgekehrt auch entgegenwirken kann). Sondern sie ist marktintern hausgemacht und kann vom Staat pro- oder antizyklisch mitgesteuert werden. Inwieweit dabei steigende Staatsverschuldung saldenmechanisch „notwendig“ ist oder nur Ergebnis unverantwortlicher Kreditexzesse nicht persönlich haftender Politiker darstellt, könnte wohl nur in einer präziseren saldenmechanischen Modellsimulation (ähnlich der von C. Bruun vorgeschlagenen) geklärt werden. Klar ist jedenfalls, daß durch die mangelnde persönliche Haftung der staatlichen Kreditnehmer verantwortungsloses Handeln sehr naheliegt.
Jedenfalls kommt diese Begründung von Geldknappheit ohne Zins aus und deshalb auch ohne die Notwendigkeit permanent steigender Schuldensummen (stellt in diesem Modell lediglich eine Möglichkeit dar).
Was die „prima causa“ angeht: solche Fragen interessieren mich nicht „als solche“, sondern nur insoweit, als sie mich in Bezug auf mein Erkenntnisziel weiterbringen, das nicht in der Historie als solcher, sondern im Verstehen heutiger Abläufe (zwecks zielgerichteter Veränderung) besteht. Wo die Historie dazu beiträgt, great; wo nicht, why bother?
Heinsohns Rekonstruktion ist dabei für mich Paradebeispiel für dafür, wie eine historische „prima causa“ der theoretischen Modellkonstruktion entscheidende Ansatzpunkte liefern kann -- wenn man die Historie aus der Perspektive expliziter theoretischer Fragestellungen/Erkenntnisziele angeht (Lösung der Frage: woher kommen plötzlich die „unabhängigen Privatindividuen“, Antwort: dafür müssen vorgängige kollektive Sicherungssysteme zerstört worden sein - Evidenz zeigt, daß dies durch Naturkatastrophen passierte). Daß H/S dabei neben dem Staat auch das Geldknappheitsproblem -- Mißverhältnis jetzt vs. später fällige Forderungen -- nicht sehen, geschweige denn lösen, und hier z.B. auch berechtigte Kritik der Berliner Monetärkeynesianer ignorieren, steht auf einem anderen Blatt, (ist aber wie gezeigt im Prinzip bankingtheoretisch behebbar - müßte allerdings erst noch im Detail ausgearbeitet werden); es gibt weitere Unstimmigkeiten im H/S-Modell (wie die unbeantwortete Frage nach der Entstehung eines abstrakten, von Gütermengen entkoppelten Geldstandards und ihr Geldbegriff überhaupt, weswegen ich ja den allgemeineren bankingtheoretischen verwende), die neu beleuchtet werden müßten. Ich sehe aber nicht, daß es dafür den Rückgriff auf den Staat als primären Beweger bräuchte.
Was eine mögliche logische „prima causa“ angeht: die scheint mir weniger Ergebnis von Forschung als mehr Ergebnis einer theoretischen Vorentscheidung zu sein, worauf man bei der Modellbildung überhaupt schauen will --- also z.B. bei Marx´ „materialistischem“ Ansatz auf die Verhältnisse, in denen die Menschen die Produktion und Reproduktion ihres materiellen (Über)lebens organisieren (was H/S von Marx übernehmen). Um es mal überspitzt auszudrücken: man kann eine solche „prima causa“ im Prinzip auswählen, wie man will und bekommt dann im Prozess der „empirischen Konkretisierung“ das entsprechende (qua prima causa vorgewählte) theoretische Ergebnis. Frage wäre also demnach: von welcher logischen „prima causa“ gehe ich sinnvollerweise aus (und aus welchen Gründen/mit welchem Ziel). Die abstrakte prima causa selbst ist mehr oder weniger trivial - interessant wird sie erst da, wo man spezifische Formen ihres Funktionierens in konkreten Gesellschaftsformationen untersucht.
Fazit: Eine Theorie des Staats als ökonomischer Agent sollte man, eine allgemeine Machttheorie kann man durchaus ans bankingtheoretische Modell anbauen. Sie ist aber für die Erklärung des Kernphänomens einer Geldwirtschaft - deren Modernisierungsdynamik - überflüssig. Daß „Macht“ und „Gewalt“ auch in einer „freien“ Wirtschaft (qua Vollstreckbarkeit durchs staatliche Gewaltmonopol zum Fälligkeitstermin) eine zentrale Rolle spielen, ohne die die Modernisierungsdynamik nicht denkbar ist, ist dabei unstrittig.
Schönen Dank für die Einwände und Denkanstöße. Ich werde mir dazu bei Gelegenheit online von Dir verfügbare Texte anschauen.
Gruß
moneymind
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Turon
18.07.2005, 01:08
@ moneymind
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Auf die Antwort von dottore bin ich jetzt aber gespannt |
-->und zwar aus einem Grund. Dottore wurde in der Diskussionsrunde sehr oft daran erinnert, daß die Ideale der FDP (die er auch vertritt) ein Betrug an der Menschheit sind (in heutiger Welt, wo wir Europäer uns als"in der Freiheit") lebenden verstehen.
Wenn der Staat also"Friedenssicherung" zwischen Wohlhabenden und Wohlhabenerzeugenden versteht, kann man ihn aus dieser Ecke, wo sich dootore ideologisch/politisch versteckt hat - nicht bekämpfen. Jedenfalls nicht wenn die Institution Staat gänzlich aufgegeben werden soll, ohne jedweden Ersatz.
Mich würde interessieren, welche Macht und welche Mittel eine Macht besitzen muß, um Friedenssicherung global zu betreiben?
Du schreibst ja selbst: die Steuerabgabe führt ja zwangsläufig dazu, daß ein Wettbewerb um die Steuerhöhe entsteht. Ohne regulierende Macht also - müssen alle in etwa die selben Steuern zahlen (prozentuell) - allerdings nicht im Sinne der heutigen Steuern, sondern als Ersatz: Lohn, etc.
Wenn der Staat überflüssig und störend sei - müßte es heute doch eigentlich heißen, daß diejenigen, die die niedrigsten Abgaben leisten (vom Einkommen in Prozent) eigentlich viel mehr zahlen wollen. Daß paßt aber nicht in meinen Kopf.
Irgendwie kann ich die Forderungen des Mittelstandes ja verstehen - runter mit der Abgabenhöhe, runter mit der Lohnhöhe = mehr Sicherheit für eigene Existenz (zumindest in der nächster Periode).
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Schlußfolgerung wäre also, daß die Reichsten zusammen mit der freiheitlich gewählter Partei so oder so eine Koalition bilden. Was ohne Zweifel erst die Entstehung des Kommunismus erst ermöglicht hat.
Dass der Kommunismus von unten entstand (sprich - was mit Gewerkschaften, etc.
zu tun hat) darf man getrost damit als Lüge abstempeln.
Er entstand als die Verbindung zwischen Großkapital und den freiheitlich-liberalen Wohlstandsgedanken. (und wurde für die Urheber das Geschäft überhaupt, solange es andauerte).
Für mich ist das überhaupt der Grund, warum ich nach meinem heutigen Wirtschaftsverständnis niemals eine FDP-ähnliche Partei wählen würde.
Dann schon lieber eine Monarchie - unter der Voraussetzung, daß der Monarch wirklich einen Kopf auf den Hals hat.
Gruß von T.
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Amstrand
18.07.2005, 15:04
@ moneymind
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Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore |
-->Das"moderne" Geld als verflüssigtes Eigentum ist ja nicht in Feudalstaaten entstanden, sondern in dezentralen"Freien" Städten Oberitaliens, Flanderns, der Hanse.
Eine interessante Story ist die des Habsburger Super-Kaisers und seiner Verschuldung bis zum gemeinsamen Total-Bankrott bei den Fugger und anderen Augsburger Finanziers.
Wieso war deren Geld mehr wert (und wurde von seinen Söldnern und Gläubigern akzeptiert) als das selbst per Macht emittierte? Wieso konnte er seinen Gläubigern, die ja nominell Untertanen waren, nicht dekretieren ihm seine Schulden zu erlassen?
Macht kommt vom Geld und nicht umgekehrt.
Geld braucht keinesfalls zentrale Staatsgewalt. Es braucht nur Information über den Zustand des verpfändeten Eigentums des evtl. sogar privaten Emittenten.
mfg
Amstrand
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Burning_Heart
18.07.2005, 22:37
@ Amstrand
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Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore |
-->Hallo
Geld braucht Eigentum, Eigentum braucht Macht.
Geld ist bis heute nichts anderes als ein Steuerabgabemittel.
Da es also kein Tauscherleichterungsmittel ist( Geschäfte zum Geld ausgeben, Gesetze oder Kontrakte gibts ohne Macht auch nicht ), sondern diese Funktion nur zum Zufall hat, würde es ohne Macht nicht existieren können.
Die Macht ist der Stamm, Geld ein unbedeutender Ast ziemlich weit oben der ohne Stamm nicht da wäre.
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Amstrand
19.07.2005, 06:50
@ Burning_Heart
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Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore |
-->Hallo,
ich bezweifle diese Theorie sehr.
Wo kommt diese Macht denn her?
Es wird Gemeinwesen geben und gegeben haben, die frei sind von Steuerabgaben und dennoch Geld haben und nutzen.
Außerdem ist es (Geld) multifunktionell und hat mehrere Charaktere. Dieser Fanatismus der eindimensionalen Sichtweise.
Besitz/Eigentum ist der Stamm, Geld ein dicker fundamentaler Ast und Macht ein ebensolcher, aber ein anderer.
Die Macht-Theorie kommt aus dem Buch von Zerlenga, welches ich interessant fand, aber bei genauem Hinlesen (Ezra Pound, Antisemitismen) aus einer sehr rechten Ecke kommt.
nichts für ungut,
Amstrand
>Hallo
>Geld braucht Eigentum, Eigentum braucht Macht.
>Geld ist bis heute nichts anderes als ein Steuerabgabemittel.
>Da es also kein Tauscherleichterungsmittel ist( Geschäfte zum Geld ausgeben, Gesetze oder Kontrakte gibts ohne Macht auch nicht ), sondern diese Funktion nur zum Zufall hat, würde es ohne Macht nicht existieren können.
>Die Macht ist der Stamm, Geld ein unbedeutender Ast ziemlich weit oben der ohne Stamm nicht da wäre.
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Holmes
19.07.2005, 09:47
@ Amstrand
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Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore |
-->Hallo Amstrad,
meines Erachtens hat @dottore diese Theorie aus der Reaktion auf das HS-Modell entwickelt. Heinsohn & Steiger gehen ja genau von diesem Privatgeld aus, welches sich unter Freien durch Kontrakte entsteht. Das klingt auch logisch und nachvollziehbar, hat aber mehrere Schwächen:
1. Kontrakte sind nämlich nichts wert, wenn sie nicht besichert sind, d.h. wenn es keine dritte Instanz gibt, die die Erfüllung von Kontrakten erzwingen kann. D.h. Kontrakte setzen immer eine höhere Macht voraus.
2. In der Geschichte gibt es bisher keine Funde, die ein Privatgeld darstellen. Geld ist immer Abgabengut an die herrschende Macht. Erst kommt die Macht, dann kommt die Abgabe. Wirtschaften mit Geld entsteht erst, nachdem eine Gruppe von Menschen von einer Machtstruktur beherrscht wird. Die Urvölker hatten kein Geld und keine hierarschische Machtstruktur.
3. Eigentum ist ähnlich. Erst wenn es einen Obereigentümer gibt, der Eigentumsrechte an andere zediert, gibt es besichertes Eigentum (Katasteramt etc.). Aber dieses ist niemals frei von den Ansprüchen des Obereigentümers (Grundsteuern etc.). Auch Eigentum erfodert eine Macht, die das Eigentum besichert (Polizei, Gerichte).
Daraus folgt: ohne eine Macht läßt sich unsere heutige Gesellschaft nicht erklären, wäre so nicht entstanden und wird auch ohne Macht verschwinden.
Die Macht besteht letztendlich im bewaffneten Zwang, der früher regelmäßig, heute eher verpönt ist, aber am Ende immer wieder rausgeholt wird.
Frei bleibt nur der, der sich selbst verteidigen kann oder jemanden hat, der dies für einen tut. Kann man das nicht, kommt schnell der nächste und vertreibt einen (siehe z.B. die Geschichte der Urvölker).
Es gibt natürlich nicht nur die Gewaltmacht, sondern auch andere Formen. Die finanzielle Macht ist wahrscheinlich eine recht neue Art (siehe Michael Hudson: Super-Imperialism). Aber auch diese Macht wird mit der größten Armee besichert, die die Welt bisher gesehen hat. QED.
Beste Grüsse,
Holmes
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Amstrand
19.07.2005, 10:54
@ Holmes
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Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore |
-->Hallo Holmes, danke für die Erklärungen,
mir ist klar, dass die Theorie mit der Macht eine Erweiterung von Heinsohn/Steiger sein soll und wohl nach der Lektüre von Zerlenga entstanden ist.
Zum einen denke ich, dass es mehrere Charaktere des Geldes gibt und einiges zu sehr pauschalisiert wird.
Zum anderen gibt es mehrere Formen der Gesellschaftsorgansiation, d.h. der Macht-Organisation.
Wenn es gemäß der Eigentum-Theorie in Feudalgesellschaften kein Geld in dem Sinne gibt, da es keine eindeutigen Eigentums-Rechte gibt (denn alles"gehört" letztendlich dem König, dem Staat, dem Konzern), ist das dort gefundene Geld ein anderes als das durch verpfändetes Eigentum entstandene, nämlich das von einem Herrscher emittierte, nennen wir es"Steuer-Geld".
Selbstverständlich gibt es auch"Tausch-Geld", wie die Zigaretten-Währung in der Nachkriegszeit (keiner der Siegermächte, der Machthaber in der Zeit, hätte Zigaretten als Steuern erhoben, oder?) oder irgendwelche Kauri-Muscheln auf machtfreien Stammes-Organisationen in der Südsee.
Das Geld im Sinne von Heinsohn/Steiger kann nur in Gesellschaften entstehen, wo Freie (Kaufleute, Freibauern, Handwerker) untereinander Verträge schließen, die von der Gemeinschaft (Rat, Gilde, Zunft) durchgesetzt werden.
Der Kaiser hatte in den Freien Reichsstädten so gut wie keine Macht. Das beständigste Geld der Geschichte war das Hamburger Giralgeld. Hamburg ist nur zweimal in der Geschichte erobert worden (von Napoleon und den Tommies) und die Macht hatte immer der Rat der Senatoren, die von den Freien Bürgern gewählt wurden. Da ich die Geschichte meiner Heimatstadt recht gut kenne, habe ich Zweifel an der Theorie der Feudalmacht als Vertragsgarant.
Der Erfolg der Hanse und der Fugger etc. bestand eben gerade auch darin, dass ihr auf Eigentum und Vertragstreue beruhende Geld bei den Söldnern der Feudalherrn beliebter wurde als der vom Wert (!) her recht unsichere Sold hoch-verschuldeter (bei wem? wieso?) Feudalherrn.
Heute haben wir eine Mischgesellschaft, in der das Feudalsystem vorherrscht. Die Idee des Geldes von der Zentralbank ist zwar eine von den erfolgreichen Systemen der Freien Bürger übernommen, die faktische Durchführung heutzutage, wo eben vor allem nicht mehr vorhandenes fiktives Staatseigentum verpfändet wird, macht das Geld zu"Steuer-Geld" und leider nicht viel mehr.
Die Evolution von Gesellschaft und Macht/bzw. Eigentums-Organisation und die Evolution von Finanzmitteln hängen zusammen. Das fande ich gerade bei Heinsohn/Steiger interessant. Dass die Zins-Theorie Mumpitz ist, OK.
Es sehen zwar alle Münzen/Scheine/Kreditkarten gleich aus...
so long
Amstrand
>Hallo Amstrad,
>meines Erachtens hat @dottore diese Theorie aus der Reaktion auf das HS-Modell entwickelt. Heinsohn & Steiger gehen ja genau von diesem Privatgeld aus, welches sich unter Freien durch Kontrakte entsteht. Das klingt auch logisch und nachvollziehbar, hat aber mehrere Schwächen:
>1. Kontrakte sind nämlich nichts wert, wenn sie nicht besichert sind, d.h. wenn es keine dritte Instanz gibt, die die Erfüllung von Kontrakten erzwingen kann. D.h. Kontrakte setzen immer eine höhere Macht voraus.
>2. In der Geschichte gibt es bisher keine Funde, die ein Privatgeld darstellen. Geld ist immer Abgabengut an die herrschende Macht. Erst kommt die Macht, dann kommt die Abgabe. Wirtschaften mit Geld entsteht erst, nachdem eine Gruppe von Menschen von einer Machtstruktur beherrscht wird. Die Urvölker hatten kein Geld und keine hierarschische Machtstruktur.
>3. Eigentum ist ähnlich. Erst wenn es einen Obereigentümer gibt, der Eigentumsrechte an andere zediert, gibt es besichertes Eigentum (Katasteramt etc.). Aber dieses ist niemals frei von den Ansprüchen des Obereigentümers (Grundsteuern etc.). Auch Eigentum erfodert eine Macht, die das Eigentum besichert (Polizei, Gerichte).
>Daraus folgt: ohne eine Macht läßt sich unsere heutige Gesellschaft nicht erklären, wäre so nicht entstanden und wird auch ohne Macht verschwinden.
>Die Macht besteht letztendlich im bewaffneten Zwang, der früher regelmäßig, heute eher verpönt ist, aber am Ende immer wieder rausgeholt wird.
>Frei bleibt nur der, der sich selbst verteidigen kann oder jemanden hat, der dies für einen tut. Kann man das nicht, kommt schnell der nächste und vertreibt einen (siehe z.B. die Geschichte der Urvölker).
>Es gibt natürlich nicht nur die Gewaltmacht, sondern auch andere Formen. Die finanzielle Macht ist wahrscheinlich eine recht neue Art (siehe Michael Hudson: Super-Imperialism). Aber auch diese Macht wird mit der größten Armee besichert, die die Welt bisher gesehen hat. QED.
>Beste Grüsse,
>Holmes
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Holmes
19.07.2005, 12:25
@ Amstrand
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Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore |
-->Hi Amstrand,
den Verweis auf den Banco von Hamburg hat @dottore ja auch schon gebracht. Würde mich interessieren, wie er den in die Machttheorie einbaut.
Ich denke erstmal, dass unbestritten ist, dass Geld über die Abgabe in die menschliche Geschichte eintritt. Kredit und Schuldbücher gab es bei den Kaufleuten schon immer, es geht ja gar nicht anders (aber schon vor dem Abgabengeld-Standard? oder eben erst nachher, aber ohne die physische Verwendung des Abgabengutes). Durch die gegenseitige Verrechnung kann sich das umständliche Besorgen und Hin- und Herreichen des Abgabengutes gespart werden, das Geld ist sicher verwahrt. Das Hamburger Giralgeld war ja quasi eine Erweiterung dieses Schuldverrechnungssystems. e-Gold hat ja ein ähnliches Modell: Geld als Pfandschein auf Depositen.
Im Lichte der Machttheorie ist aber vielleicht auch erklärlich, dass diese Systeme immer wieder attakiert wurden. Denn Geld, welches nicht unter der Kontrolle der Herrscher stand, war immer gefährlich.
Zarlenga's Buch habe ich am Wochenende wieder in den Händen gehabt und es taucht an einigen Stellen schon auf, dass Geld ein Machtmittel ist, aber für Zarlenga geht es meines Erachtens darum zu zeigen, dass Geld keine Ware ist, sondern eine Sache des Gesetzes"nomisma" a la Aristoteles. Der Wert des Geldes also nicht vom Gold abgeleitet (wie die Ã-sterreicher annehmen), sondern"gesetzt" ist.
Sprich: was Geld ist, wird von der herrschenden Macht (ob Diktatur oder demokratie) bestimmt.
>Die Evolution von Gesellschaft und Macht/bzw. Eigentums-Organisation und die Evolution von Finanzmitteln hängen zusammen. Das fande ich gerade bei Heinsohn/Steiger interessant. Dass die Zins-Theorie Mumpitz ist, OK.
Ich sag' mal so: Wenn Geld so gemacht würde, wie HS das denken, DANN könnte man vielleicht den Zins so erklären. Es ist auf jeden Fall eine Bereicherung:-)
Und dass Eigentum eine wichtige Rolle spielt, ist sehr klar geworden.
Ich denke, dass die Machttheorie IMHO einen wesentlichen Grundstein legt, kann aber auch noch nicht alle späteren"Geldformen" nahtlos damit erklären. Aber durch diese Idee ist mir wieder mal die Wichtigkeit des Machtkonzepts ins Bewußtsein getreten. Man ist ja in D schon so gewaltfern, dass man denkt, alles läßt sich mit Reden regeln. Aber in der Tat ist dies eine Sondersituation, von der man nicht weiß, wie lange wir sie noch genießen können. Wer die größere Knarre hat, ist meistens im Vorteil, das sollte man nie vergessen. Und das wird wohl bis zum Ende der Menschheit auch so sein, befürchte ich.
Beste Grüsse,
Holmes
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Amstrand
19.07.2005, 13:04
@ Holmes
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Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore |
-->beste Grüße zurück, werter Holmes,
den Verweis auf den Banco von dottore muss ich mal suchen.
Deinen Ausführungen in Richtung Schuldenverrechnungssystem stimme ich zu.
Es besteht imho ein wesentlicher Unterschied zwischen diesem"Kaufmanns-Geld" und dem Soldgeld von Potentaten, wie auch in der Machtstruktur der super-hierarchy der Feudalgesellschaft und der flat-hierarchy der bürgerlichen Eigentumsgesellschaft. Wobei wir heute eine Mischfornm haben und unter dem Deckmantel der"Demokratie" (was nur in einer Gesellschaft von selbständigen Eigentümern funktionieren kann) das Soldgeld des Feudalstaats wieder eingeführt wurde (per Parlament kaschierte Beamten-Diktatur eben).
Wobei die Angriffe der Feudalherren im Mittelalter eben nicht so erfolgreich waren, wodurch die Überlegenheit des europäischen Wirtschaftens und Denkens ermöglicht wurde. Der Niedergang des Islam wird mit einer stärkeren Kontrolle der Basare eingeleitet worden sein. Der Niedergang Europas heißt"Sozialstaat".
Ich bezweifle, dass"Knarre" und"Geld" einhergehen. Letztendlich hat der Kaiser den Fugger nur durch Bankrotterklärung niedergerungen. Das ist die größte Knarre der Feudalisten: Überschuldung bis zum Gehtnichtmehr. Man sollte ihnen keine Kohle geben.
Ich kann mir sehr wohl eine Gesellschaft vorstellen, in der Eigentümerrechte durch Vernunft gesichert sind. Vielleicht weil jeder bei jedem Anteile hält und bei sich zulässt, inkl. short gehen.
Gruß,
Amstrand
>Hi Amstrand,
>den Verweis auf den Banco von Hamburg hat @dottore ja auch schon gebracht. Würde mich interessieren, wie er den in die Machttheorie einbaut.
>Ich denke erstmal, dass unbestritten ist, dass Geld über die Abgabe in die menschliche Geschichte eintritt. Kredit und Schuldbücher gab es bei den Kaufleuten schon immer, es geht ja gar nicht anders (aber schon vor dem Abgabengeld-Standard? oder eben erst nachher, aber ohne die physische Verwendung des Abgabengutes). Durch die gegenseitige Verrechnung kann sich das umständliche Besorgen und Hin- und Herreichen des Abgabengutes gespart werden, das Geld ist sicher verwahrt. Das Hamburger Giralgeld war ja quasi eine Erweiterung dieses Schuldverrechnungssystems. e-Gold hat ja ein ähnliches Modell: Geld als Pfandschein auf Depositen.
>Im Lichte der Machttheorie ist aber vielleicht auch erklärlich, dass diese Systeme immer wieder attakiert wurden. Denn Geld, welches nicht unter der Kontrolle der Herrscher stand, war immer gefährlich.
>Zarlenga's Buch habe ich am Wochenende wieder in den Händen gehabt und es taucht an einigen Stellen schon auf, dass Geld ein Machtmittel ist, aber für Zarlenga geht es meines Erachtens darum zu zeigen, dass Geld keine Ware ist, sondern eine Sache des Gesetzes"nomisma" a la Aristoteles. Der Wert des Geldes also nicht vom Gold abgeleitet (wie die Ã-sterreicher annehmen), sondern"gesetzt" ist.
>Sprich: was Geld ist, wird von der herrschenden Macht (ob Diktatur oder demokratie) bestimmt.
>>Die Evolution von Gesellschaft und Macht/bzw. Eigentums-Organisation und die Evolution von Finanzmitteln hängen zusammen. Das fande ich gerade bei Heinsohn/Steiger interessant. Dass die Zins-Theorie Mumpitz ist, OK.
>Ich sag' mal so: Wenn Geld so gemacht würde, wie HS das denken, DANN könnte man vielleicht den Zins so erklären. Es ist auf jeden Fall eine Bereicherung:-)
>Und dass Eigentum eine wichtige Rolle spielt, ist sehr klar geworden.
>Ich denke, dass die Machttheorie IMHO einen wesentlichen Grundstein legt, kann aber auch noch nicht alle späteren"Geldformen" nahtlos damit erklären. Aber durch diese Idee ist mir wieder mal die Wichtigkeit des Machtkonzepts ins Bewußtsein getreten. Man ist ja in D schon so gewaltfern, dass man denkt, alles läßt sich mit Reden regeln. Aber in der Tat ist dies eine Sondersituation, von der man nicht weiß, wie lange wir sie noch genießen können. Wer die größere Knarre hat, ist meistens im Vorteil, das sollte man nie vergessen. Und das wird wohl bis zum Ende der Menschheit auch so sein, befürchte ich.
>Beste Grüsse,
>Holmes
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Burning_Heart
19.07.2005, 14:33
@ Amstrand
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Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore |
-->>beste Grüße zurück, werter Holmes,
>den Verweis auf den Banco von dottore muss ich mal suchen.
>Deinen Ausführungen in Richtung Schuldenverrechnungssystem stimme ich zu.
>Es besteht imho ein wesentlicher Unterschied zwischen diesem"Kaufmanns-Geld" und dem Soldgeld von Potentaten, wie auch in der Machtstruktur der super-hierarchy der Feudalgesellschaft und der flat-hierarchy der bürgerlichen Eigentumsgesellschaft. Wobei wir heute eine Mischfornm haben und unter dem Deckmantel der"Demokratie" (was nur in einer Gesellschaft von selbständigen Eigentümern funktionieren kann) das Soldgeld des Feudalstaats wieder eingeführt wurde (per Parlament kaschierte Beamten-Diktatur eben).
Es gab und gibt zwischendurch natürlich auch jede Menge Formen von Freigeld, die nichts mehr mit Steuerzahlungsmittel zu tun hatten, die sich aber nichtmal halbwegs bis zur Spitze durchgesetzt haben. Ein Geld unter einem grösseren Geld sozusagen.
>Wobei die Angriffe der Feudalherren im Mittelalter eben nicht so erfolgreich waren, wodurch die Überlegenheit des europäischen Wirtschaftens und Denkens ermöglicht wurde. Der Niedergang des Islam wird mit einer stärkeren Kontrolle der Basare eingeleitet worden sein. Der Niedergang Europas heißt"Sozialstaat".
Ja, Sozialstaat will allen helfen. So gut ich persönlich das auch finde, es widerspricht der Natur( Ying und Yang ist"gut", nur Ying geht nicht ) und wird im Desaster enden und andere Länder werden uns überholen aber zum Schluß das selbe Schiksal haben.
>Ich bezweifle, dass"Knarre" und"Geld" einhergehen. Letztendlich hat der Kaiser den Fugger nur durch Bankrotterklärung niedergerungen. Das ist die größte Knarre der Feudalisten: Überschuldung bis zum Gehtnichtmehr. Man sollte ihnen keine Kohle geben.
Dein Beispiel ist ungefähr 3000 Jahre zu spät.
Was haben wir wenn wir keine Regierung oder sowas haben?
Richtig Anarchie. Die hatten wir mio. Jahre lang dann kam eben die Macht.
Die hat sich mit Waffengewalt breit gemacht und sich von Unterdrückten bedienen lassen.
Da die Macht ein gewisses Interesse daran hat, das seine Diener effektiv Abgaben anschaffen können, kann man den um Hilfe fragen, wenn es mal Streit um Besitz gibt.
So wurde alles genauestens Festgelegt wem was gehöhrt, wer was gekauft hat und mit Gesetzen und Strafen geregelt.
Das Eigentum war geboren.
Den konnte man nun belasten( vermieten, verkaufen, mehrere Häuser eigentumen... ).
Das erzeugt in Kombination mit täglichem Nahrungs/Wohnungs/Fortpflanzungsbedarf ein starkes Wachstum.
Daher in 3000 Jahren vom Faustkeil zur Atomspaltung.
Das mit den Fuggern sind alles Machtabkömmlinge viele viele Stufen später.
>Ich kann mir sehr wohl eine Gesellschaft vorstellen, in der Eigentümerrechte durch Vernunft gesichert sind. Vielleicht weil jeder bei jedem Anteile hält und bei sich zulässt, inkl. short gehen.
Diese theoretischen Konstruktionen beachten leider die Macht nicht.
Es dauert keine drei Tage, da machen sich irgendwo wieder klitzekleine Machtverhältnisse, Bestechungen, Unterdrückungen breit, die sich ausdehnen und alles wieder kaputt machen.
Dann regelt man das wieder mit Gesetzen aber leider ist der Gesetzeshüter auch bestechlich bzw. man kann seiner Familie drohen usw.
Im Grunde gibt es nur zwei Zustände: Anarchie oder Macht.
Einer von beiden ist instabil.
Gruß
|
Amstrand
19.07.2005, 15:33
@ Burning_Heart
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Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore |
-->hi burning_heart,
das Duell Fugger-Kaiser ist grad mal 6-700 Jahre her..
aber kann"Macht" nicht unterschiedlich organisiert sein?
Kooperativ oder ausbeuterisch
hierarchisch oder flach
autoritär oder demokratisch
Anarchie gibt es doch gar nicht und hat es nie gegeben.
wobei ich weiterhin der Meinung bin, dass erst das Eigentum gesichert wurde und dann die Macht organisiert wurde, um sich vor Nomaden zu schützen.
USA: Eigentümer in Wyoming stecken ihre riesigen Vieh-Ranches ab, sichern ihr Eigentum gegen Stammeskulturen und Nomaden, als Geld gilt alles mögliche, der Staat ist der Rancher, dann kommen Kleinfarmer-Pflanzer aus Osteuropa (Storyline von"Heavens Gate", der eindrucksvolle Film der Ciminos Karriere beendete) und erst viel später das Gesetz und die Einheitswährung. So ist der Ablauf. Der sein Land sichernde Farmer schließt sich mit andren Farmern zusammen zum Schutz gegen Nomaden. Gewinnende Nomaden übernehmen dann mitunter das Ganze und bilden ausbeuterische Feudalstaaten.
Die vereinigten Freibauern in Friesland (Ost-Fr.) z.B. sind autonom gewesen, konnten von der genervten Hanse nicht belangt werden, vom Kaiser schon gar nicht, haben sich dem Christentum als letzte angeschlossen und hatten Selbstverwaltung. Über ihr Geldsystem weiß ich nichts, wäre aber sicher interessant.
Es ist alles etwas komplexer, eines bedingt das andere und zurück (Geld - Macht).
Gruß,
Amstrand
>>beste Grüße zurück, werter Holmes,
>>den Verweis auf den Banco von dottore muss ich mal suchen.
>>Deinen Ausführungen in Richtung Schuldenverrechnungssystem stimme ich zu.
>>Es besteht imho ein wesentlicher Unterschied zwischen diesem"Kaufmanns-Geld" und dem Soldgeld von Potentaten, wie auch in der Machtstruktur der super-hierarchy der Feudalgesellschaft und der flat-hierarchy der bürgerlichen Eigentumsgesellschaft. Wobei wir heute eine Mischfornm haben und unter dem Deckmantel der"Demokratie" (was nur in einer Gesellschaft von selbständigen Eigentümern funktionieren kann) das Soldgeld des Feudalstaats wieder eingeführt wurde (per Parlament kaschierte Beamten-Diktatur eben).
>Es gab und gibt zwischendurch natürlich auch jede Menge Formen von Freigeld, die nichts mehr mit Steuerzahlungsmittel zu tun hatten, die sich aber nichtmal halbwegs bis zur Spitze durchgesetzt haben. Ein Geld unter einem grösseren Geld sozusagen.
>>Wobei die Angriffe der Feudalherren im Mittelalter eben nicht so erfolgreich waren, wodurch die Überlegenheit des europäischen Wirtschaftens und Denkens ermöglicht wurde. Der Niedergang des Islam wird mit einer stärkeren Kontrolle der Basare eingeleitet worden sein. Der Niedergang Europas heißt"Sozialstaat".
>Ja, Sozialstaat will allen helfen. So gut ich persönlich das auch finde, es widerspricht der Natur( Ying und Yang ist"gut", nur Ying geht nicht ) und wird im Desaster enden und andere Länder werden uns überholen aber zum Schluß das selbe Schiksal haben. >
>>Ich bezweifle, dass"Knarre" und"Geld" einhergehen. Letztendlich hat der Kaiser den Fugger nur durch Bankrotterklärung niedergerungen. Das ist die größte Knarre der Feudalisten: Überschuldung bis zum Gehtnichtmehr. Man sollte ihnen keine Kohle geben.
>Dein Beispiel ist ungefähr 3000 Jahre zu spät.
>Was haben wir wenn wir keine Regierung oder sowas haben?
>Richtig Anarchie. Die hatten wir mio. Jahre lang dann kam eben die Macht.
>Die hat sich mit Waffengewalt breit gemacht und sich von Unterdrückten bedienen lassen.
>Da die Macht ein gewisses Interesse daran hat, das seine Diener effektiv Abgaben anschaffen können, kann man den um Hilfe fragen, wenn es mal Streit um Besitz gibt.
>So wurde alles genauestens Festgelegt wem was gehöhrt, wer was gekauft hat und mit Gesetzen und Strafen geregelt.
>Das Eigentum war geboren.
>Den konnte man nun belasten( vermieten, verkaufen, mehrere Häuser eigentumen... ).
>Das erzeugt in Kombination mit täglichem Nahrungs/Wohnungs/Fortpflanzungsbedarf ein starkes Wachstum.
>Daher in 3000 Jahren vom Faustkeil zur Atomspaltung.
>Das mit den Fuggern sind alles Machtabkömmlinge viele viele Stufen später.
>>Ich kann mir sehr wohl eine Gesellschaft vorstellen, in der Eigentümerrechte durch Vernunft gesichert sind. Vielleicht weil jeder bei jedem Anteile hält und bei sich zulässt, inkl. short gehen.
>Diese theoretischen Konstruktionen beachten leider die Macht nicht.
>Es dauert keine drei Tage, da machen sich irgendwo wieder klitzekleine Machtverhältnisse, Bestechungen, Unterdrückungen breit, die sich ausdehnen und alles wieder kaputt machen.
>Dann regelt man das wieder mit Gesetzen aber leider ist der Gesetzeshüter auch bestechlich bzw. man kann seiner Familie drohen usw.
>Im Grunde gibt es nur zwei Zustände: Anarchie oder Macht.
>Einer von beiden ist instabil.
>Gruß
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nereus
19.07.2005, 15:54
@ Burning_Heart
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Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart |
-->Hallo burning heart!
Du schreibst: Was haben wir wenn wir keine Regierung oder sowas haben?
Richtig Anarchie. Die hatten wir mio. Jahre lang dann kam eben die Macht.
Woher weißt Du das denn so genau?
Inwiefern die Stammesgesellschaften anarchisch waren, dürfte erst einmal offenbleiben.
Normalerweise sind die Reibungsverluste in kleinen Sippen-/Familienverbänden geringer.
Macht gab und gibt es dort übrigens auch und diese wird vom Häuptling oder Medizinmann ausgeübt.
Dies kann heute noch in den afrikanischen oder südamerikanischen Urwäldern bestaunt werden, wie immer wieder Forschungsreisen oder Reiseberichte im TV anschaulich wiedergeben.
Darüber hinaus ist die göttliche Macht nicht zu vergessen, die in allen Kulturen der Menschheitsgeschichte eine große Rolle spielte. Die Priester forderten auch Abgaben und waren sozusagen die Verbindungsoffiziere zur Gottheit.
Aus welcher Relevanz oder Substanz sich diese rekrutierte ist sicher ein ganz eigenes Thema, doch übersehen sollte man dies keinesfalls.
Die hat sich mit Waffengewalt breit gemacht und sich von Unterdrückten bedienen lassen.
Da die Macht ein gewisses Interesse daran hat, das seine Diener effektiv Abgaben anschaffen können, kann man den um Hilfe fragen, wenn es mal Streit um Besitz gibt.
Das klingt fast wie aus einem DDR-Geschichtsbuch - so viel Spaß muß sein.
So wurde alles genauestens festgelegt wem was gehört, wer was gekauft hat und mit Gesetzen und Strafen geregelt.
Das gebietet die Logik und nicht die Macht.
Wenn Du eine Rechnung von der Autoreparatur oder im Baumarkt bekommst, möchtest Du auch detailliert die Einzelpositionen nachvollziehen können.
Diese Genauigkeit dient der Transparenz und Absicherung, um spätere Streitigkeiten im Rahmen zu halten. Im Immobilienbereich geht es natürlich um größere Summen und daher ist dieser Aspekt der Datenerfassung besonders wichtig, ganz egal ob das die Eigentumswohnung im 21.Jahrtausend betrifft oder den fruchtbaren Acker in Mesopotamien vor 3.000 Jahren..
Regeln und Strafen gibt es übrigens auch in einer Stammesgesellschaft.
Insofern hat die Macht überhaupt nichts erfunden, sie hat immer nur kopiert.
Das erzeugt in Kombination mit täglichem Nahrungs/Wohnungs/Fortpflanzungsbedarf ein starkes Wachstum. Daher in 3000 Jahren vom Faustkeil zur Atomspaltung.
Das mit den Fuggern sind alles Machtabkömmlinge viele viele Stufen später.
Das habe ich noch nie akzeptiert und werde es auch in 2005 schön bleiben lassen.
Erfindergeist und Genie mögen zwar im fortgeschrittenen Stadium zu Macht und Geld gelangen oder durch diese gefördert werden, aber der fruchtbare Keim der Ideen liegt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht bei der Macht.
Diese macht sich die Errungenschaften allerhöchstens zu Diensten.
mfG
nereus
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Burning_Heart
19.07.2005, 16:47
@ nereus
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Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart |
-->>Hallo burning heart!
Hi
>Du schreibst: Was haben wir wenn wir keine Regierung oder sowas haben?
>Richtig Anarchie. Die hatten wir mio. Jahre lang dann kam eben die Macht.
>Woher weißt Du das denn so genau?
>Inwiefern die Stammesgesellschaften anarchisch waren, dürfte erst einmal offenbleiben.
Auch da gibt es kleinere Formen von Macht. Der Stammesälteste hat am meisten zu sagen, einer der die Leute mit Religion/Woodoo einschüchtert usw.
Ob man das nun Anarchie nennen darf ist Ansichtssache.
Eigentlich bedeutet Anarchie totale Abwesenheit von Macht was hier nicht 100% und auch nirgendwo anders wie etwa im Tierreich gegeben ist.
Hierachie passt hier besser.
>Normalerweise sind die Reibungsverluste in kleinen Sippen-/Familienverbänden geringer.
>Macht gab und gibt es dort übrigens auch und diese wird vom Häuptling oder Medizinmann ausgeübt.
>Dies kann heute noch in den afrikanischen oder südamerikanischen Urwäldern bestaunt werden, wie immer wieder Forschungsreisen oder Reiseberichte im TV anschaulich wiedergeben.
>Darüber hinaus ist die göttliche Macht nicht zu vergessen, die in allen Kulturen der Menschheitsgeschichte eine große Rolle spielte. Die Priester forderten auch Abgaben und waren sozusagen die Verbindungsoffiziere zur Gottheit.
>Aus welcher Relevanz oder Substanz sich diese rekrutierte ist sicher ein ganz eigenes Thema, doch übersehen sollte man dies keinesfalls.
Tue ich nicht. Nur einfach und übersichtlich halten.
> Die hat sich mit Waffengewalt breit gemacht und sich von Unterdrückten bedienen lassen.
>Da die Macht ein gewisses Interesse daran hat, das seine Diener effektiv Abgaben anschaffen können, kann man den um Hilfe fragen, wenn es mal Streit um Besitz gibt.
>Das klingt fast wie aus einem DDR-Geschichtsbuch - so viel Spaß muß sein.
> So wurde alles genauestens festgelegt wem was gehört, wer was gekauft hat und mit Gesetzen und Strafen geregelt.
>Das gebietet die Logik und nicht die Macht.
>Wenn Du eine Rechnung von der Autoreparatur oder im Baumarkt bekommst, möchtest Du auch detailliert die Einzelpositionen nachvollziehen können.
>Diese Genauigkeit dient der Transparenz und Absicherung, um spätere Streitigkeiten im Rahmen zu halten. Im Immobilienbereich geht es natürlich um größere Summen und daher ist dieser Aspekt der Datenerfassung besonders wichtig, ganz egal ob das die Eigentumswohnung im 21.Jahrtausend betrifft oder den fruchtbaren Acker in Mesopotamien vor 3.000 Jahren..
Nein. Gäbe es die Macht nicht, gibt es auch keine Autoreparaturrechnung oder eine Werkstatt oder Autos denn es fehlt das Eigentum.
Willst du nun ein Haus vermieten und der Mieter zahlt nicht, was dann?
Keine Sanktion möglich bzw. nur unter erheblichen Kosten ( ein paar Leute organisieren und den Mieter rausschmeissen + fehlende Mieten eintreiben ).
>Regeln und Strafen gibt es übrigens auch in einer Stammesgesellschaft.
Ja aber nur geringfügig.
Echtes belastbares Eigentum fehlte noch.
Das gibt es eigentlich erst seit einigen hundert Jahren.
>Insofern hat die Macht überhaupt nichts erfunden, sie hat immer nur kopiert.
> Das erzeugt in Kombination mit täglichem Nahrungs/Wohnungs/Fortpflanzungsbedarf ein starkes Wachstum. Daher in 3000 Jahren vom Faustkeil zur Atomspaltung.
>Das mit den Fuggern sind alles Machtabkömmlinge viele viele Stufen später.
>Das habe ich noch nie akzeptiert und werde es auch in 2005 schön bleiben lassen.
>Erfindergeist und Genie mögen zwar im fortgeschrittenen Stadium zu Macht und Geld gelangen oder durch diese gefördert werden, aber der fruchtbare Keim der Ideen liegt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht bei der Macht.
>Diese macht sich die Errungenschaften allerhöchstens zu Diensten.
Richtig. Kreativität ist immer vorhanden.
Du brauchst Nahrung, also überleg wie du da ran kommst.
Alles Uralt. Den missing link, den ich bei dir vermute, ist das Eigentum und seine Eigenschaften.
Eigentum ist Besitz, der durch Machtderivate in Form von Waffe( Macht ) und Justiz ( Durchsetzung der Macht ), zu einem Tool der wesentlich effektiveren Urschuldtilgung umgewandelt wurde.
Musste ich also früher mit der Keule mich, meine Familie, meine Behausung und meinen Acker vor Fremden ständig beschützen, so kann ich heute Immobilien auf der Welt kaufen und keiner kann sie mir wegnehmen, weil dann kommt der grosse Bruder Staat und bestraft.
Dadurch entstand dann der Fortschrittsspike.
>mfG
>nereus
Gruß
|
Burning_Heart
19.07.2005, 17:05
@ Amstrand
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Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - dottore |
-->>hi burning_heart,
Hi
>das Duell Fugger-Kaiser ist grad mal 6-700 Jahre her..
>aber kann"Macht" nicht unterschiedlich organisiert sein?
Ja, da gibt es auch solche Formen von Macht wie im Beispiel unten.
Und das Resultat funktionierte. Die Nomadengruppe hatte es nun mit einer gleichstarken Bauerngruppe zu tun.
>Kooperativ oder ausbeuterisch
Ja aber die Ausbeuterische ist heute die Dominierende.
Mischformen gibts dann auch noch.
>hierarchisch oder flach
>autoritär oder demokratisch
>Anarchie gibt es doch gar nicht und hat es nie gegeben.
Siehe meine Antwort von nereus.
Eigentumslos müsste es heissen.
>wobei ich weiterhin der Meinung bin, dass erst das Eigentum gesichert wurde und dann die Macht organisiert wurde, um sich vor Nomaden zu schützen.
Eigentum kann erst da sein, wenn es eine Macht gibt die das Eigentum aufrecht erhalten kann.
Sonst ist es sofort wieder Besitz.
>USA: Eigentümer in Wyoming stecken ihre riesigen Vieh-Ranches ab, sichern ihr Eigentum gegen Stammeskulturen und Nomaden, als Geld gilt alles mögliche, der Staat ist der Rancher, dann kommen Kleinfarmer-Pflanzer aus Osteuropa (Storyline von"Heavens Gate", der eindrucksvolle Film der Ciminos Karriere beendete) und erst viel später das Gesetz und die Einheitswährung. So ist der Ablauf. Der sein Land sichernde Farmer schließt sich mit andren Farmern zusammen zum Schutz gegen Nomaden. Gewinnende Nomaden übernehmen dann mitunter das Ganze und bilden ausbeuterische Feudalstaaten.
>Die vereinigten Freibauern in Friesland (Ost-Fr.) z.B. sind autonom gewesen, konnten von der genervten Hanse nicht belangt werden, vom Kaiser schon gar nicht, haben sich dem Christentum als letzte angeschlossen und hatten Selbstverwaltung. Über ihr Geldsystem weiß ich nichts, wäre aber sicher interessant.
>Es ist alles etwas komplexer, eines bedingt das andere und zurück (Geld - Macht).
>Gruß,
>Amstrand >
>
>>>beste Grüße zurück, werter Holmes,
>>>den Verweis auf den Banco von dottore muss ich mal suchen.
>>>Deinen Ausführungen in Richtung Schuldenverrechnungssystem stimme ich zu.
>>>Es besteht imho ein wesentlicher Unterschied zwischen diesem"Kaufmanns-Geld" und dem Soldgeld von Potentaten, wie auch in der Machtstruktur der super-hierarchy der Feudalgesellschaft und der flat-hierarchy der bürgerlichen Eigentumsgesellschaft. Wobei wir heute eine Mischfornm haben und unter dem Deckmantel der"Demokratie" (was nur in einer Gesellschaft von selbständigen Eigentümern funktionieren kann) das Soldgeld des Feudalstaats wieder eingeführt wurde (per Parlament kaschierte Beamten-Diktatur eben).
>>Es gab und gibt zwischendurch natürlich auch jede Menge Formen von Freigeld, die nichts mehr mit Steuerzahlungsmittel zu tun hatten, die sich aber nichtmal halbwegs bis zur Spitze durchgesetzt haben. Ein Geld unter einem grösseren Geld sozusagen.
>>>Wobei die Angriffe der Feudalherren im Mittelalter eben nicht so erfolgreich waren, wodurch die Überlegenheit des europäischen Wirtschaftens und Denkens ermöglicht wurde. Der Niedergang des Islam wird mit einer stärkeren Kontrolle der Basare eingeleitet worden sein. Der Niedergang Europas heißt"Sozialstaat".
>>Ja, Sozialstaat will allen helfen. So gut ich persönlich das auch finde, es widerspricht der Natur( Ying und Yang ist"gut", nur Ying geht nicht ) und wird im Desaster enden und andere Länder werden uns überholen aber zum Schluß das selbe Schiksal haben.
>>
>>>Ich bezweifle, dass"Knarre" und"Geld" einhergehen. Letztendlich hat der Kaiser den Fugger nur durch Bankrotterklärung niedergerungen. Das ist die größte Knarre der Feudalisten: Überschuldung bis zum Gehtnichtmehr. Man sollte ihnen keine Kohle geben.
>>Dein Beispiel ist ungefähr 3000 Jahre zu spät.
>>Was haben wir wenn wir keine Regierung oder sowas haben?
>>Richtig Anarchie. Die hatten wir mio. Jahre lang dann kam eben die Macht.
>>Die hat sich mit Waffengewalt breit gemacht und sich von Unterdrückten bedienen lassen.
>>Da die Macht ein gewisses Interesse daran hat, das seine Diener effektiv Abgaben anschaffen können, kann man den um Hilfe fragen, wenn es mal Streit um Besitz gibt.
>>So wurde alles genauestens Festgelegt wem was gehöhrt, wer was gekauft hat und mit Gesetzen und Strafen geregelt.
>>Das Eigentum war geboren.
>>Den konnte man nun belasten( vermieten, verkaufen, mehrere Häuser eigentumen... ).
>>Das erzeugt in Kombination mit täglichem Nahrungs/Wohnungs/Fortpflanzungsbedarf ein starkes Wachstum.
>>Daher in 3000 Jahren vom Faustkeil zur Atomspaltung.
>>Das mit den Fuggern sind alles Machtabkömmlinge viele viele Stufen später.
>>>Ich kann mir sehr wohl eine Gesellschaft vorstellen, in der Eigentümerrechte durch Vernunft gesichert sind. Vielleicht weil jeder bei jedem Anteile hält und bei sich zulässt, inkl. short gehen.
>>Diese theoretischen Konstruktionen beachten leider die Macht nicht.
>>Es dauert keine drei Tage, da machen sich irgendwo wieder klitzekleine Machtverhältnisse, Bestechungen, Unterdrückungen breit, die sich ausdehnen und alles wieder kaputt machen.
>>Dann regelt man das wieder mit Gesetzen aber leider ist der Gesetzeshüter auch bestechlich bzw. man kann seiner Familie drohen usw.
>>Im Grunde gibt es nur zwei Zustände: Anarchie oder Macht.
>>Einer von beiden ist instabil.
>>Gruß
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nereus
19.07.2005, 17:55
@ Burning_Heart
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Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart (2) |
-->Hallo burning heart!
Du schreibst: Gäbe es die Macht nicht, gibt es auch keine Autoreparaturrechnung oder eine Werkstatt oder Autos denn es fehlt das Eigentum.
Nein, das hat mit der Macht (einer staatlich sanktionierten) nicht die Bohne zu tun.
Dann muß ich halt 3 Wochen lang die Autos auf dem Fuhrpark waschen oder denen die Garage fegen, um den entstandenen Aufwand (Kosten) wieder reinzuholen.
Willst du nun ein Haus vermieten und der Mieter zahlt nicht, was dann?
Dann schließe ich den Mieter in seiner Wohnung ein, wie gerade ein aktueller Bericht im SPIEGEL anschaulich zu berichten weiß.
Jedes Privatgeschäft basiert auf Vertrauen, eventuellen Bürgschaften und ohne staatliche Oberaufsicht. Damit will ich sagen, daß auch ohne Staat zwischenmenschliche Transaktionen möglich wären.
Keine Sanktion möglich bzw. nur unter erheblichen Kosten (ein paar Leute organisieren und den Mieter rausschmeissen + fehlende Mieten eintreiben).
Eh die Gerichte in die Pötte kommen, kann der Verlust bis zur Schmerzgrenze angewachsen sein und dann nützt mir ggf. auch ein nachträgliches Urteil zu meinen Gunsten nichts. Möglicherweise würde mein sofortiges Handeln sogar größeren Schaden abwenden.
Den missing link, den ich bei dir vermute, ist das Eigentum und seine Eigenschaften.
Nö, ich denke, das mit dem belastbaren Eigentum habe ich schon verstanden.
Eigentum ist Besitz,..
Nee, Eigentum ist Eigentum und Besitz ist Besitz. [img][/img]
.. der durch Machtderivate in Form von Waffe (Macht) und Justiz ( Durchsetzung der Macht), zu einem Tool der wesentlich effektiveren Urschuldtilgung umgewandelt wurde.
In der DDR hatten wir Volkseigentum und konnten ebenso unsere Urschuld tilgen, allerdings nicht ganz so bunt wie jetzt. Das ist jetzt kein Plädoyer für die Ostzone, sondern nur ein Hinweis.
Die sozialistische Staatsmacht hatte alles Eigentum an sich gerissen bzw. blockiert.
Die Russen sind sogar in den Weltraum geflogen - war das etwa kein Fortschritt?
Musste ich also früher mit der Keule mich, meine Familie, meine Behausung und meinen Acker vor Fremden ständig beschützen, so kann ich heute Immobilien auf der Welt kaufen und keiner kann sie mir wegnehmen, weil dann kommt der grosse Bruder Staat und bestraft.
Dann frage mal in einem chinesischen Restaurant nach dem Staat und seinem Schutz vor dem Schutzgeld. Hier garantieren kleine bösartige Mafias die tagtägliche Existenz der Frühlingsrollen und sieben Kostbarkeiten.
Die Macht und die Waffen spielen hier auch eine Rolle - jedoch keinesfalls die staatliche.
mfG
nereus
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Holmes
19.07.2005, 18:16
@ nereus
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Re: Mieten und Mafia |
-->Hi nereus,
> Willst du nun ein Haus vermieten und der Mieter zahlt nicht, was dann?
>Dann schließe ich den Mieter in seiner Wohnung ein, wie gerade ein aktueller Bericht im SPIEGEL anschaulich zu berichten weiß.
>Jedes Privatgeschäft basiert auf Vertrauen, eventuellen Bürgschaften und ohne staatliche Oberaufsicht. Damit will ich sagen, daß auch ohne Staat zwischenmenschliche Transaktionen möglich wären.
Der wird aber schlechte Chancen haben, von wegen Freiheitsberaubung etc. Von mehreren Bekannten weiß ich, dass sie fast keine Lust mehr haben, zu vermieten, weil es so schwierig ist, die Mieter wieder loszuwerden / Probleme zu lösen etc. Was passiert, wenn es keinen Staat gibt oder der sehr schwach ist, dass die Leute dann eben auf den Ärger verzichten (oder sich woanders professionelle Hilfe holen). Wie auch immer, im Zweifelsfall doch die Gewalt:-)
> Musste ich also früher mit der Keule mich, meine Familie, meine Behausung und meinen Acker vor Fremden ständig beschützen, so kann ich heute Immobilien auf der Welt kaufen und keiner kann sie mir wegnehmen, weil dann kommt der grosse Bruder Staat und bestraft.
>Dann frage mal in einem chinesischen Restaurant nach dem Staat und seinem Schutz vor dem Schutzgeld. Hier garantieren kleine bösartige Mafias die tagtägliche Existenz der Frühlingsrollen und sieben Kostbarkeiten.
>Die Macht und die Waffen spielen hier auch eine Rolle - jedoch keinesfalls die staatliche.
Korrekt, man muß sich eben mit der stärksten Macht gutstellen. Und die staatliche ist es nicht (mehr) überall.
Meine bisherige Schlußfolgerung: es lebt sich gut in einer Rechtsgesellschaft, aber auch die basiert letztlich darauf, wer der Stärkere ist. Und auf diesen großen Bruder muß man gut aufpassen, sonst gehorcht er den Falschen. Aber gerade dies gestaltet sich ausserordentlich schwierig. Das ist das Drama der Geschichte.
Beste Grüsse,
Holmes
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nereus
19.07.2005, 19:59
@ Holmes
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Re: Mieten und Mafia - Holmes |
-->Hallo Holmes!
Du schreibst: Von mehreren Bekannten weiß ich, dass sie fast keine Lust mehr haben, zu vermieten, weil es so schwierig ist, die Mieter wieder loszuwerden / Probleme zu lösen etc.
Das ist jetzt ein schönes Beispiel für die Behinderungen privatwirtschaftlicher Handlungen durch staatlicher Macht und Regulierungswut.
Was passiert, wenn es keinen Staat gibt oder der sehr schwach ist, dass die Leute dann eben auf den Ärger verzichten (oder sich woanders professionelle Hilfe holen). Wie auch immer, im Zweifelsfall doch die Gewalt:-)
Natürlich, das will ich keineswegs bestreiten.
Nur bedarf es dazu nicht eines staatlichen Gewaltmonopols. Die eigene Muskelkraft oder die einiger Freunde löst ggf. das Problem auch.
Meine bisherige Schlußfolgerung: es lebt sich gut in einer Rechtsgesellschaft, aber auch die basiert letztlich darauf, wer der Stärkere ist. Und auf diesen großen Bruder muß man gut aufpassen, sonst gehorcht er den Falschen. Aber gerade dies gestaltet sich ausserordentlich schwierig. Das ist das Drama der Geschichte.
Mit diesem Statement kann ich sehr gut leben, ich sehe das grundsätzlich ähnlich.
Ich begreife den Staat u.a. auch als Instrument einer gemeinschaftlichen Ordnung und reduziere ihn nicht nur auf Abgabeneintreiber oder Militärjunta, auch wenn das in einigen Fällen der Wahrheit sehr nahe käme.
Nur war der Ausgangspunkt des ganzen Disputes ein anderer.
Dort wurde erklärt, das sich angeblich aller Fortschritt und alles Wirtschaften AUSSCHLIESSLICH auf das Gewaltmonopol des Staates mit seinen Abgaben begründet.
Dieser Aussage kann ich nicht folgen und ich erinnere dazu an die früheren Diskussionen mit Galiani und einem sich immer noch standhaft wehrendem Dimi.
Mit Armstad scheint ein weiterer Gegner dieser Theorie an Bord gekommen zu sein.
Es wird sicher dazu noch viele interessante Diskussionen geben.
mfG
nereus
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chiron
19.07.2005, 23:16
@ nereus
|
@nereus |
-->Hallo nereus
Die Diskussion finde ich spannend und deshalb möchte ich auch zu ein paar Ungereimtheiten Fragen stellen:
>Nur bedarf es dazu nicht eines staatlichen Gewaltmonopols. Die eigene Muskelkraft oder die einiger Freunde löst ggf. das Problem auch.
Die eigene Muskelkraft ist doch nach Gesetz nicht erlaubt, selbstverständlich unter der Voraussetzung eines ideal funktionierenden Staates.
Das selbe gilt auch für die Mafia, die du vorher als Begründung zugezogen hast. In einem idealen Staat hat sich auch die Mafia dem Staat (die Obermacht) zu beugen.
Du hast zwar ein paar praktische Beispiele gebracht, aber widerlegen die wirklich die Theorie? In der Theorie ist es doch die Aufgabe, das Gesetz auch durch zu setzen, was zugegebener weise in der Praxis nicht immer funktioniert. Schliesslich ist die Trennung zwischen Politiker und Mafiosi auch nicht so glasklar.
Gruss chiron
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Burning_Heart
20.07.2005, 04:41
@ nereus
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Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart (2) |
-->>Hallo burning heart!
>Du schreibst: Gäbe es die Macht nicht, gibt es auch keine Autoreparaturrechnung oder eine Werkstatt oder Autos denn es fehlt das Eigentum.
>Nein, das hat mit der Macht (einer staatlich sanktionierten) nicht die Bohne zu tun.
Eben doch. Das ist genau der springende Punkt, den manche so schwer verstehen.
Man kann ohne Staat langfristig kein Eigentum belasten.
Das bricht mit der Zeit alles wieder auseinander, denn zuviele brechen einfach die eingegangenen Kontrakte, so das die andere Seite keine Lust mehr hat.
Immer mehr zahlen die Autorechnung nicht und der von der Werkstatt kann nichts dagegen tun. Das Vertrauen schwindet allgemein und die Werkstatt macht bald dicht.
>Dann muß ich halt 3 Wochen lang die Autos auf dem Fuhrpark waschen oder denen die Garage fegen, um den entstandenen Aufwand (Kosten) wieder reinzuholen.
Ach geh einfach mit dem reparierten Auto weg ohne zu bezahlen.
Angst vor Polizei und Justiz brauchst du nicht zu haben.
Höchstens vor dem wild gewordenem Werkstattbesitzer, aber der muss dich erstmal finden.
> Willst du nun ein Haus vermieten und der Mieter zahlt nicht, was dann?
>Dann schließe ich den Mieter in seiner Wohnung ein, wie gerade ein aktueller Bericht im SPIEGEL anschaulich zu berichten weiß.
>Jedes Privatgeschäft basiert auf Vertrauen, eventuellen Bürgschaften und ohne staatliche Oberaufsicht. Damit will ich sagen, daß auch ohne Staat zwischenmenschliche Transaktionen möglich wären.
Nur im sehr kleinen Rahmen und unter Bekannten wo das gegenseitige Vertrauen ausreichend hoch ist.
Also Nachbarschaftshilfe und mehr nicht.
> Keine Sanktion möglich bzw. nur unter erheblichen Kosten (ein paar Leute organisieren und den Mieter rausschmeissen + fehlende Mieten eintreiben).
>Eh die Gerichte in die Pötte kommen, kann der Verlust bis zur Schmerzgrenze angewachsen sein und dann nützt mir ggf. auch ein nachträgliches Urteil zu meinen Gunsten nichts. Möglicherweise würde mein sofortiges Handeln sogar größeren Schaden abwenden.
Unter totaler Abwesenheit der Staatsmacht tut dein Mieter einfach das Haus besetzen und du darfst zugucken.
Du bist machtlos den du kannst keine ausreichend effektive Hilfe holen.
Über kurz oder lang stellst du die Vermietungen ein.
Es ist in Deutschland ja beinahe soweit, daß Vermieter aufgeben weil eben der Staat nicht mehr ausreichend zur hilfe kommt. Du hast es oben selbst gesagt.
> Den missing link, den ich bei dir vermute, ist das Eigentum und seine Eigenschaften.
>Nö, ich denke, das mit dem belastbaren Eigentum habe ich schon verstanden.
> Eigentum ist Besitz,..
>Nee, Eigentum ist Eigentum und Besitz ist Besitz. [img][/img]
>.. der durch Machtderivate in Form von Waffe (Macht) und Justiz ( Durchsetzung der Macht), zu einem Tool der wesentlich effektiveren Urschuldtilgung umgewandelt wurde.
>In der DDR hatten wir Volkseigentum und konnten ebenso unsere Urschuld tilgen, allerdings nicht ganz so bunt wie jetzt. Das ist jetzt kein Plädoyer für die Ostzone, sondern nur ein Hinweis.
Urschuld kann man natürlich immer tilgen.
Es reicht aber meistens nur für eine warme Mahlzeit.
Wer richtig Kohle will, tut Eigentum belasten.
Irgend einen Grund wird es schon haben, das Firmen gegründet werden obwohl man Bauer bleiben könnte.
In D kann man leicht zehn Häuser in zehn verschiedenen Städten vermieten dank dem Staat.
Versuch das aber mal in z.b. Afrika.
Da ist bald nur noch eins über, das nämlich, in dem du mit der Schrottflinte sitzt und Hausbesetzer von ihrem tun abhälst.
>Die sozialistische Staatsmacht hatte alles Eigentum an sich gerissen bzw. blockiert.
>Die Russen sind sogar in den Weltraum geflogen - war das etwa kein Fortschritt?
Schönes Beispiel.
1. Die russische Wirtschaft war genau wegen dem Blockieren des Eigentums auch nicht der Rede wert. Paradebeispiel aktuell China.
Die kommen auch plötzlich gewaltig aus dem Quark seit dem Eigentum für alle erlaubt ist. Sogar Rohstoffpreise verdoppelten sich deswegen.
2. Der russische Fortschritt lief ausschliesslich unter der Obhut der Regierung.
Die haben mit viel Geld gute Leute besorgt und das Projekt durchgeführt.
Private Firmen waren da kaum dran beteiligt.
> Musste ich also früher mit der Keule mich, meine Familie, meine Behausung und meinen Acker vor Fremden ständig beschützen, so kann ich heute Immobilien auf der Welt kaufen und keiner kann sie mir wegnehmen, weil dann kommt der grosse Bruder Staat und bestraft.
>Dann frage mal in einem chinesischen Restaurant nach dem Staat und seinem Schutz vor dem Schutzgeld. Hier garantieren kleine bösartige Mafias die tagtägliche Existenz der Frühlingsrollen und sieben Kostbarkeiten.
>Die Macht und die Waffen spielen hier auch eine Rolle - jedoch keinesfalls die staatliche.
Staat und Mafia sind doch das selbe.
Beide beuten aus und sorgen mit Waffen nebenbei für Eigentum.
Also um noch mal auf den Punkt zu kommen.
Menschen denken nur an eigene Profite. Auf dieser Basis kann deshalb keine Wirtschaft entstehen, weil immer einer die Kontrakte bricht.
Macht/Mafia die eigentlich nur Abgaben will ohne zu leisten, hat die Befehlsgewalt und das Geld um Eigentum zu garantieren.
Tut sie das, gibt es Eigentum und damit unnatürlich hohes Wirtschaftswachstum wie bei uns.
Tut sie sich um die Leute, von denen sie Abgaben erzwingen, nicht kümmern, bleibt es beim"Bauern einen Teil der Ernte klauen". Eigentum fehl dann und keiner macht eine Firma auf oder sowas sondern bleibt Bauer.
>mfG
>nereus
Gruß
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nereus
20.07.2005, 09:22
@ chiron
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Re: @nereus - chiron |
-->Hallo chiron!
Du schreibst: Die eigene Muskelkraft ist doch nach Gesetz nicht erlaubt, selbstverständlich unter der Voraussetzung eines ideal funktionierenden Staates.
Das selbe gilt auch für die Mafia, die du vorher als Begründung zugezogen hast. In einem idealen Staat hat sich auch die Mafia dem Staat (die Obermacht) zu beugen.
Nun, es ging ja nicht darum zu erklären, was erlaubt oder verboten sei, sondern woher der Input für wirtschaftliche Entwicklung an sich kommt.
In der diskutierten Theorie wird AUSSCHLIESSLICH auf das Eigentum und das aus der Abgabepflicht resultierende Geld abgestellt und ich habe da einfach meine Zweifel, daß dies die einzige Option für wirtschaftliches Wachstum ist auch wenn diese Voraussetzung einen wirtschaftlichen Drive ohne Zweifel begünstigen.
In den Konzentrationslagern des Dritten Reiches wurden unglaubliche Arbeitsleistungen vollbracht, wie tiefe Bergstollen in Thüringen oder Schlesien heute noch zeigen.
Wenn ich mich recht erinnere, wurde die Strecke der Transsibirischen Eisenbahn ausschließlich von Häftlingen erbaut und die dahin vegetierenden Indios haben mehrere hundert Jahre durch ihre Arbeiten in den Minen Südamerikas die Kassen des spanischen Königs und seiner Untertanen gefüllt.
Damit wir uns richtig verstehen, es geht jetzt nicht um gut oder böse, sondern warum wird geleistet und warum nicht?
Und neben dem Schuldendruck oder der friedlichen Beleihung von Eigentum gibt es auf dieser Welt noch ganz andere Motive „ein wenig in die Gänge zu kommen“.
Die Gewehrmündung im Rücken (Angst) ist sicher das am wenigsten erstrebenswerte - aber funktionieren tut es allemal.
Das Fürsorgemotiv der Hausfrauen (die in Summe Werte in Milliardenhöhe erwirtschaften, aber unbezahlt bleiben) bleibt hierbei ebenso unberücksichtigt, wie zahlreiche persönliche Motive wie Selbsterhaltungstrieb, Erfindergeist, Gefallsucht, Nützlichkeitserwägungen, Strebsamkeit usw.).
Ist Kinderbetreuung etwa keine Leistung oder Wertschöpfung nur weil sie in einer Statistik der Volkswirtschaft nicht auftaucht?
Möglicherweise fließt der Nutzen erst Jahrzehnte später zurück, so wie das auch manche Langfristinvestition einer Firma tut.
Und wie bauen wir eigentlich die Schwarzarbeit in diese ökonomische Bilanz ein?
Die wird nämlich nicht immer nur mit Geld entschädigt.
Du hast zwar ein paar praktische Beispiele gebracht, aber widerlegen die wirklich die Theorie? In der Theorie ist es doch die Aufgabe, das Gesetz auch durch zu setzen, was zugegebener weise in der Praxis nicht immer funktioniert. Schliesslich ist die Trennung zwischen Politiker und Mafiosi auch nicht so glasklar.
Ja, nur stellt die diskutierte Theorie einen Absolutheitsanspruch, bei dem jeder andere Einwand schlagartig vom Tisch gefegt wird.
Wer von der Plattform dieses turmhohen Felsens argumentiert, kann sich dann nicht hinter dem Argument verkriechen, in der Praxis sollen aber alle bitteschön das machen, wie es die Theorie vorschreibt.
Auf die Art und Weise resignierte man 1989 auch in der Ostberliner SED-Führung.
Theoretisch war es alles sooo schön ausgedacht, nur die Menschen haben das nicht verstanden. [img][/img]
mfG
nereus
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chiron
20.07.2005, 09:56
@ nereus
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Re: @nereus - chiron |
-->Hallo nereus
Alle deine Beispiele bestätigen doch die These, dass wir nur unter Zwang leisten, ob Mafia, drittes Reich oder der Dieb, der uns die Knarre an den Kopf hält. Es ist hier immer ein Machtgefälle dafür verantwortlich und der Debitismus fusst auf der Machttheorie. Im häufigsten Fall ist der Staat die höchste Macht für uns alle. Er hält uns auch die Knarre an den Kopf (bildlich gesprochen), denn wenn du nicht leistest, landest du schnell hinter schwedischen Gardinen.
>Nun, es ging ja nicht darum zu erklären, was erlaubt oder verboten sei, sondern woher der Input für wirtschaftliche Entwicklung an sich kommt.
>In der diskutierten Theorie wird AUSSCHLIESSLICH auf das Eigentum und das aus der Abgabepflicht resultierende Geld abgestellt und ich habe da einfach meine Zweifel, daß dies die einzige Option für wirtschaftliches Wachstum ist auch wenn diese Voraussetzung einen wirtschaftlichen Drive ohne Zweifel begünstigen.
Ich würde es den Main-Drive nennen, der das System vorgibt. Alle anderen bedienen sich dieses Systems und richten sich darin ein.
Das >In den Konzentrationslagern des Dritten Reiches wurden unglaubliche Arbeitsleistungen vollbracht, wie tiefe Bergstollen in Thüringen oder Schlesien heute noch zeigen.
>Wenn ich mich recht erinnere, wurde die Strecke der Transsibirischen Eisenbahn ausschließlich von Häftlingen erbaut und die dahin vegetierenden Indios haben mehrere hundert Jahre durch ihre Arbeiten in den Minen Südamerikas die Kassen des spanischen Königs und seiner Untertanen gefüllt.
>Damit wir uns richtig verstehen, es geht jetzt nicht um gut oder böse, sondern warum wird geleistet und warum nicht?
Es ist die Angst vor dem Tod, die uns leisten lässt - Machtgefälle. Aber geniale Ideen kommen so nicht zustande. Der Mächtige - heute der Staat - braucht die Akzeptanz seiner Untertanen, um das Beste aus ihnen heraus zu holen. Tritt er Eigentum ab (Zession), dann leisten wir doch viel fröhlicher und engagierter, als wenn wir ständig den Teufel im Nacken spüren. Je freier ein Volk sich fühlt, desto besser die Leistung und somit auch ein Gewinn im Machtkampf mit anderen Staaten. Die USA ist vorallem dank dem Credo der Freiheit wirtschaftlich so stark geworden.
>Und neben dem Schuldendruck oder der friedlichen Beleihung von Eigentum gibt es auf dieser Welt noch ganz andere Motive „ein wenig in die Gänge zu kommen“.
>Die Gewehrmündung im Rücken (Angst) ist sicher das am wenigsten erstrebenswerte - aber funktionieren tut es allemal.
>Das Fürsorgemotiv der Hausfrauen (die in Summe Werte in Milliardenhöhe erwirtschaften, aber unbezahlt bleiben) bleibt hierbei ebenso unberücksichtigt, wie zahlreiche persönliche Motive wie Selbsterhaltungstrieb, Erfindergeist, Gefallsucht, Nützlichkeitserwägungen, Strebsamkeit usw.).
Letztlich gibt es immer zwei Grundmotive - die Liebe oder die Angst, alles andere sind Derivate. Dass das Wirtschaften auf Macht basiert beweist nur, dass die Angst beim Menschen grösser ist als die Liebe resp. das Vertrauen. Wenn die Angst speziell vor dem Tod weg ist, hat auch die Macht nichts mehr in den Händen.
>Ist Kinderbetreuung etwa keine Leistung oder Wertschöpfung nur weil sie in einer Statistik der Volkswirtschaft nicht auftaucht?
Wenn sie da nicht auftaucht, dann kommt auch kein Geld ins Spiel und darum geht es doch in dieser Diskussion.
>Möglicherweise fließt der Nutzen erst Jahrzehnte später zurück, so wie das auch manche Langfristinvestition einer Firma tut.
Ja, das ist Weitsicht gefragt, schliesslich soll das Geld auch in Zukunft fliessen. Deshalb ist auch der Staat an einer gesunden Familienpolitik interessiert und mischt sich da gerne ein.
>Und wie bauen wir eigentlich die Schwarzarbeit in diese ökonomische Bilanz ein?
>Die wird nämlich nicht immer nur mit Geld entschädigt.
sondern...? Ein Freundschaftsdienst ist keine Schwarzarbeit (das Motiv ist Liebe resp. ein Derivat davon)
>Ja, nur stellt die diskutierte Theorie einen Absolutheitsanspruch, bei dem jeder andere Einwand schlagartig vom Tisch gefegt wird.
Es geht (mir) nicht um die Absolutheit, sondern um die Hierarchie, an der das Pferd aufgezäumt wird.
>Wer von der Plattform dieses turmhohen Felsens argumentiert, kann sich dann nicht hinter dem Argument verkriechen, in der Praxis sollen aber alle bitteschön das machen, wie es die Theorie vorschreibt.
Nein, es geht um das Grundbild resp. um die Basis des Wirtschaftens. Dass es da Nebenschauplätze gibt, die sich nicht an das Gesetz halten, ist klar.
>Auf die Art und Weise resignierte man 1989 auch in der Ostberliner SED-Führung.
>Theoretisch war es alles sooo schön ausgedacht, nur die Menschen haben das nicht verstanden.
Weil das Eigentum fehlte? Beim Eigentum glaubt das Individuum, etwas für sich zu tun und das motiviert ungemein.
Gruss chiron
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nereus
20.07.2005, 17:30
@ chiron
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Re: @nereus - chiron |
-->Hallo chiron!
Du schreibst: Alle deine Beispiele bestätigen doch die These, dass wir nur unter Zwang leisten, ob Mafia, drittes Reich oder der Dieb, der uns die Knarre an den Kopf hält. Es ist hier immer ein Machtgefälle dafür verantwortlich und der Debitismus fusst auf der Machttheorie.
Uno momento!
Das Zwang ein wichtiges Argument ist würde ich niemals bestreiten.
Aber der Zwang durch eine staatliche Diktatur oder eine kriminelle Vereinigung unterscheiden sich letztlich nicht - der Leistende will dem zu erwartenden Ungemach entkommen und da ist es ihm völlig Wurst wer da die MPi im Anschlag hält..
D.h. hier braucht man den Staat nicht zwingend.
Im häufigsten Fall ist der Staat die höchste Macht für uns alle. Er hält uns auch die Knarre an den Kopf (bildlich gesprochen), denn wenn du nicht leistest, landest du schnell hinter schwedischen Gardinen.
Das stimmt auch nur bedingt, denn in der Staatsbürokratie verfangen sich viele Nichtleistende (ich meine Leute die nicht arbeiten wollen) und werden dennoch durchgeschleppt.
In kleineren Gemeinschaften oder Kleinbetrieben dürfte das kaum möglich sein.
Allerdings führt dies jetzt etwas vom Thema weg.
Der Mächtige - heute der Staat - braucht die Akzeptanz seiner Untertanen, um das Beste aus ihnen heraus zu holen. Tritt er Eigentum ab (Zession), dann leisten wir doch viel fröhlicher und engagierter, als wenn wir ständig den Teufel im Nacken spüren. Je freier ein Volk sich fühlt, desto besser die Leistung und somit auch ein Gewinn im Machtkampf mit anderen Staaten.
Ja, aber das verbietet wiederum nicht andere vorstellbare Gemeinschaften oder Motive in den Disput zu bringen, die ebenfalls zu Handel und wirtschaftlicher Tätigkeit fähig sind bzw. führen.
Bei H&S gab es z.B. in der DDR kein Geld.
Nun, die DDR-Mark war zweifellos nicht konvertibel, aber als Binnenwährung wurde die Mark ganz sicher akzeptiert. Damit erfüllte sie zahlreiche Bedingungen für eine Geldfunktion.
Man konnte Kredite aufnehmen, z.B. für den Hausbau und alle geschäftlichen Transaktionen privater und öffentlicher Natur abwickeln.
Theoretisch hätte die DDR-Mark auch konvertibel gemacht werden können und zwar über Nacht.
Dann wäre der Alu-Chip gestern noch kein Geld und heute endlich Geld gewesen.
Unabhängig von den Folgen der Währungsfreigabe (es gibt auch heute „Buschwährungen“ die niemand richtig haben will), leuchtet mir keineswegs ein, daß die Mark der DDR zwar 4 Jahrzehnte für 17 Millionen Menschen Zahlungsmittel aber dennoch kein Geld gewesen sein soll.
So etwas können sich nur Professoren in ihren Büros ausdenken.
Daneben fungierte das Westgeld und auch Westwaren oder seltene Ost-Artikel (Fliesen, Lizenz-Schallplatten usw.) als Tauschmittel oder wurden als Bezahlung angenommen.
Praktischerweise haben die Betroffenen sich nun überhaupt keinen Wirsing um derartige Abstraktionen gemacht. Hauptsache sie bekamen am Ende das was sie wollten.
Die Mannesmann-Röhrenwerke haben bei einer Lieferung in die DDR sogar einmal 10.000 Dresdner Christstollen zähneknirschend angenommen.
Offenbar gab es also auch die Möglichkeit ohne richtiges Geld Geschäfte zu machen.
Wäre das nach der Theorie überhaupt möglich?
Die USA ist vor allem dank dem Credo der Freiheit wirtschaftlich so stark geworden.
Lieber Chiron,
zunächst haben viele der europäischen Einwanderer ca. 10 Millionen Alteigentümer von ihrem Land vertrieben und größtenteils abgeschlachtet. Der amerikanische Erfolg fußt also neben großartigen individuellen Leistungen vor allem auf Vertreibung und Massenmord.
Das laste ich nun keineswegs den heutigen Nachkommen an, aber so viel Wahrheit muß schon sein.
Darüber hinaus haben zwei europäische Großkriege den Amis einen alles entscheidenden Schub nach vorn verpaßt und der größte Schachzug der letzten Jahrhunderte war es freilich, das Onkel Sam durchsetzen konnte, daß seine Währung als weltweite Leitwährung anerkannt wird.
Genialer geht es nun wirklich nicht.
Und die meisten Länder der Welt können nur deshalb so gut mit Washington, weil diese sonst mit einem Überfall oder einem ihnen aufgezwungenen Marionettenregime rechnen müssen.
Letztlich gibt es immer zwei Grundmotive - die Liebe oder die Angst, alles andere sind Derivate.
Da ist wohl etwas dran.
Zur „geldfreien“ Kinderbetreuung antwortest Du: Wenn sie da nicht auftaucht, dann kommt auch kein Geld ins Spiel und darum geht es doch in dieser Diskussion.
Kinderaufzucht kostet sehr wohl Geld, nur bleibt dies in der ökonomischen Betrachtung einfach außen vor. Mutter und Kind leben vom Geld des Ehemanns als einzigster Einnahmequelle, wenn wir mal von etwas staatlichem „Pipapo“ absehen.
Wie wichtig die Mütter und Hausfrauen sind, wird schlagartig klar, wenn diese ihren guten Willen aufgeben würden. Dann müßte der ganze Krempel nämlich plötzlich bezahlt werden und Kindergarten oder Tagesmutter kosten genauso Geld, wie das Essen in der Kantine oder im Restaurant.
sondern...? Ein Freundschaftsdienst ist keine Schwarzarbeit (das Motiv ist Liebe resp. ein Derivat davon)
Nein, ich meinte damit andere unentgeltliche Leistungen wie die Überlassung des Bungalows zu Urlaubszwecken, die Abgabe des alten Autos (das eh verkauft werden sollte) oder ein simples Tauschgeschäft wie die Wegabe eines antiquarischen Stückes, eines seltenen Buches oder die kostenfreie Überlassung eines Teils der demnächst anstehenden Gartenernte.
Das ist sicher nicht die Regel, aber auch nicht völlig aus der Luft gegriffen.
Nein, es geht um das Grundbild resp. um die Basis des Wirtschaftens. Dass es da Nebenschauplätze gibt, die sich nicht an das Gesetz halten, ist klar.
Genau darum geht es und der Debitismus erklärt davon (der Basis) eine ganze Menge und erhellt auch manche trübe Stelle aus der Vergangenheit.
Aber das alle anderen Motive nun plötzlich keine Gültigkeit mehr besitzen sollen, lehne ich kategorisch ab. Das praktische Leben spricht meiner Auffassung nach eine andere Sprache.
mfG
nereus
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nereus
20.07.2005, 17:39
@ Burning_Heart
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Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart (3) |
-->Hallo burning heart!
Du schreibst: Das ist genau der springende Punkt, den manche so schwer verstehen.
Man kann ohne Staat langfristig kein Eigentum belasten.
Ich bin selbständig und habe zur meiner Betriebsführung überhaupt nichts belastet, wobei ich zugeben muß, daß dies in einem Produktionsbetrieb natürlich anders aussieht.
Welches Eigentum belasten denn Steuerberater, Versicherungsmakler, Softwareentwickler, Schriftsteller oder Filmschauspieler? Die verdienen zum Teil eine Menge Kohle, treiben z.T. eine Nachfolgewirtschaft an (Buchhandel /Kinos) und brauchen im Leben keinen Kredit.
Die Autowerkstatt wäre z.B. ein Zwitter, der ohne oder mit Kredit loslegen kann.
Bei einem überzeugenden Konzept leiert der Jungunternehmer einer Bank auch 50.000 aus dem Kreuz und bürgt nur als Person.
Das bricht mit der Zeit alles wieder auseinander, denn zu viele brechen einfach die eingegangenen Kontrakte, so das die andere Seite keine Lust mehr hat.
Immer mehr zahlen die Autorechnung nicht und der von der Werkstatt kann nichts dagegen tun. Das Vertrauen schwindet allgemein und die Werkstatt macht bald dicht.
Das hat etwas mit der allgemeinen sittlichen Reife in einer Gesellschaft zu tun und weniger mit der Staatsform.
Der zwischenmenschliche Umgangston in der freiheitlichen bundesdeutschen Demokratie ist manchmal ätzender als in der Proletendiktatur DDR.
Wahrscheinlich wurden im Osten auch mehr Rechnungen pünktlich bezahlt als heutzutage.
In Norwegen kann man tagelang die Haustür sperrangel weit auflassen und sicher damit rechnen, daß niemand etwas geklaut hat. Hier würde ich dieses Risiko weniger wagen.
Angst vor Polizei und Justiz brauchst du nicht zu haben.
Höchstens vor dem wild gewordenem Werkstattbesitzer, aber der muss dich erstmal finden.
Was glaubst Du denn, wie stark sich die Polizei bei einem Diebstahl auf den Absätzen dreht?
Die nehmen den Vorfall zur Protokoll und legen es auf die Ablage. Wenn Du Glück hast, finden sie den Täter, aber meistens hast Du kein Glück.
Unter totaler Abwesenheit der Staatsmacht tut dein Mieter einfach das Haus besetzen und du darfst zugucken. Du bist machtlos den du kannst keine ausreichend effektive Hilfe holen.
Über kurz oder lang stellst du die Vermietungen ein.
Es ist in Deutschland ja beinahe soweit, daß Vermieter aufgeben weil eben der Staat nicht mehr ausreichend zur hilfe kommt. Du hast es oben selbst gesagt.
Eben, und deswegen haben private Sicherheitsdienste inzwischen Hochkonjunktur.
Kräftige Russen verfolgen säumige Schuldner und für ein ordentliches Handgeld können manche Zahlungsprobleme sehr schnell aus der Welt geschafft werden.
Ich mag nun wirklich keinen Mafia-Staat, aber gewirtschaftet wird doch auch.
Und unsere Ausgangsfrage war, ob Wirtschaft auch anders funktionieren kann.
Urschuld kann man natürlich immer tilgen. Es reicht aber meistens nur für eine warme Mahlzeit. Wer richtig Kohle will, tut Eigentum belasten.
Wer etwas Geld möchte überfällt eine Bank. Wer viel Geld möchte gründet eine. [img][/img]
Irgend einen Grund wird es schon haben, das Firmen gegründet werden obwohl man Bauer bleiben könnte.
Natürlich, aber niemand gründet eine Firma weil er um jeden Preis Eigentum belasten will.
Das der Gründer mit seinem Eigentum schneller zu Geld kommt, steht außer Frage.
Aber wenn die Geschäftsidee ein Trugschluß war, rettet ihn auch das belastete Eigentum nicht mehr. Am Ende ist er beides los - die schöne Idee und seine verpfändete Hütte.
1. Die russische Wirtschaft war genau wegen dem Blockieren des Eigentums auch nicht der Rede wert.
Gegenargument: Die russische Wirtschaft litt vor allem unter dem Aufrüstungszwang des Ost-West-Konfliktes. Deshalb brach man das rote Projekt entnervt ab.
Als jedoch der Kapitalismus Einzug im Riesenreich hielt, da ging es mit der Wirtschaft endgültig den Bach runter und nur einige wenige Perlen entstanden.
Unter Putin wird das Schiff wieder flott gemacht, sehr zum Ärger der Neocons und der Pflügers und Bütikofers.
In den wilden Neunzigern gab es die am wenigsten restriktiven Gesetze in Rußland und die Freiheiten einiger weniger waren nahezu grenzenlos.
Warum ging es dann trotzdem bergab?
Paradebeispiel aktuell China. Die kommen auch plötzlich gewaltig aus dem Quark seit dem Eigentum für alle erlaubt ist. Sogar Rohstoffpreise verdoppelten sich deswegen.
Das stimmt zweifellos, aber neben dem Eigentum haben sich auch noch ein paar andere Dinge in Fernost geändert.
2. Der russische Fortschritt lief ausschliesslich unter der Obhut der Regierung. Die haben mit viel Geld gute Leute besorgt und das Projekt durchgeführt. Private Firmen waren da kaum dran beteiligt.
Siehe dazu meine Ausführungen oben.
Der Kreml wurde von den Oligarchen an der kurzen Leine geführt.
Ein Großteil der Staatskasse floß in private Schatullen.
Also um noch mal auf den Punkt zu kommen. Menschen denken nur an eigene Profite. Auf dieser Basis kann deshalb keine Wirtschaft entstehen, weil immer einer die Kontrakte bricht.
Ach was. Gerade weil einige Leute an Profite denken oder sich generell profilieren wollen, gründen Sie eine Unternehmung. Das ist der wahre Grund eine Firma aufzubauen.
Säumige Zahler gibt es immer und wer permanent nicht zahlt fliegt auch ohne Staatsanwalt aus dem Wirtschaftskreislauf. Da reichen mitunter schon ein paar Telefonate.
Natürlich macht ein gesetzlicher Rahmen die Dinge überschaubarer oder verlässlicher.
Macht/Mafia die eigentlich nur Abgaben will ohne zu leisten, hat die Befehlsgewalt und das Geld um Eigentum zu garantieren.
Das die Macht überhaupt nicht leistet, halte ich für ein Gerücht.
Selbst Diktaturen müssen den Pöbel irgendwie bei Laune halten.
Tut sie das, gibt es Eigentum und damit unnatürlich hohes Wirtschaftswachstum wie bei uns.
Unnatürlich hohes Wachstum? Du meinst aber jetzt nicht Bundesrepublikanien, oder?
Nach dem Krieg war das Wachstum am stärksten und die Zahlungsmoral am besten, wenn man den Erzählungen der Zeitgenossen trauen darf.
Heute existiert ein gigantisches Rechtskorsett, das Wachstum schwächelt und die Zahlungsmoral ist ziemlich im Eimer.
Das Eigentum und seine Belastbarkeit ist zweifellos eine hervorragende Voraussetzung für Wirtschaftswachstum.
Aber es gibt da auch noch ein paar andere Dinge die notwendig sind und das ohne Eigentum kein Wirtschaften möglich sei, stimmt ganz sicher nicht.
Das Beispiel der Bank aus Bangladesh zeigt, daß die Kreditausleihung mit der Wirtschaftskraft einer Personengruppe beliehen wird, so wie das bei jedem Konsumentenkredit hierzulande auch erfolgt.
Offenbar funktioniert das dort und wenn ich mich recht besinne, verfahren z.B. die Bausparkassen nach einem ähnlichen Prinzip. Eine Gemeinschaft von Sparern, ganz ohne Eigentum, finanziert den Kredit eines Häuslebauers vor.
mfG
nereus
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Holmes
20.07.2005, 19:54
@ nereus
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Re: @nereus - chiron - Holmes |
-->Hallo nereus und chiron,
ich habe gerade etwas den Anschluß verpasst, aber mal sehen, ob ich noch reinkomme:
>D.h. hier braucht man den Staat nicht zwingend.
Nach meinem Verständnis, muss der Machthaber nicht unbedingt Staat im heutigen Sinne sein. Aber der Staat ist heute der oberste Machthaber, er hat letzlich das Gewaltmonopol (Enteignung, Gefängnis, finaler Rettungsschuß etc.)
Natürlich leben wir nicht mehr in der Antike und die geistige Einstellung hat sich gewandelt. Aber andererseits sind die Strukturen immer noch verdammt ähnlich. Das wirklich Erhellende an der Machttheorie ist, dass der Staat überhaupt erstmal als wesentliche Ursache der modernen Gesellschaft erkannt wird. In den meisten wirtschaftlichen Modellen wird der Staat einfach komplett ignoriert, als ob das eine zu vernachlässigende Größe wäre. Das ist ja schon mal kopernikanisch, was der @dottore da behauptet:-)
Und dann den Staat nicht als den finalen Wohltäter, der wir doch irgendwie alle selber sind, sondern als den Oberschurken (naja, es gäbe da auch noch andere Spitzbuben) hinzustellen, das ist ja wirklich unerhört! ;-)
Aber ich muß zugeben, dass die Argumentation auf mich sehr überzeugend wirkt und viele Fragen ins rechte Licht rückt. Die Annahme, dass der wirtschaftliche Fortschritt eben nicht einfach so, von sich aus stattfindet, sondern der Versuch ist, den steigenden Abgaben durch effizientere Produktion zu entkommen, ist doch wirklich logisch. Wieso haben die Aborigines keinen solchen Fortschritt hingekriegt, waren die Urvölker alle zu dumm? Andererseits gab es"Hochkulturen", die wieder untergegangen sind, warum?
Die Machttheorie bietet hier doch eine elegante Erklärung: die Macht zwingt dazu innovativ zu sein, aber führt nach einer Blütezeit durch die inhärente Problematik wieder zum Untergang. Kein ewiger Fortschritt, eher zyklischer Verfall. Ist zwar nicht sehr optimistisch, aber dass muss eine Theorie auch nicht sein. Vielleicht fällt einem was ein, was diesesmal den Ablauf ändert. Aber wenn man ihn nicht also solchen erkennt, wird man das Problem wahrscheinlich wieder nicht lösen.
Was meint Ihr dazu?
Beste Grüsse,
Holmes
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Amstrand
20.07.2005, 20:59
@ Holmes
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Re: @nereus - chiron - Holmes |
-->Hallo Holmes,
deine Theorie ist nicht schlecht, ich würde aber dem Gesetz vom Tendenziellen Fall der Profitrate vom ollen Karl Marx wesentlich eher zuneigen. Es ist eher der Druck bei wachsender Bevölkerung und schwindenden Ressourcen die Ur-Schuld zu begleichen, die zu Innovationsdruck führt. Völker, wie Aborigenes oder Hopis, die einfach ihre Bedürfnisse so runterschrauben, dass die Ur-Schuld eher gering ist, haben evtl. die Zeit für andere Technologien genutzt, eher immateriell meine ich.
Darüber, warum Verträge eingehalten werden, hat sich doch schon Kant Gedanken gemacht. Die hier vertretene ultra-pessimistische Erzwingungs-Theorie durch einen Staat (den es in der machtvollen Version eh nur selten, bzw. neuerdings gab.) unterschätzt die Vernunft doch etwas und das Verständnis, dass Vetragstreue beiden Seiten Vorteile bringt. Und wenn der Verpfänder tatsächlich bankrott geht und nicht vom Land weichen will, wird ihm die soziale Akzeptanz des Dorfes, des Stamms, der Zunft, der Gilde, des Ordens entzogen.
Gruß,
Amstrand
>Hallo nereus und chiron,
>ich habe gerade etwas den Anschluß verpasst, aber mal sehen, ob ich noch reinkomme:
>>D.h. hier braucht man den Staat nicht zwingend.
>Nach meinem Verständnis, muss der Machthaber nicht unbedingt Staat im heutigen Sinne sein. Aber der Staat ist heute der oberste Machthaber, er hat letzlich das Gewaltmonopol (Enteignung, Gefängnis, finaler Rettungsschuß etc.)
>Natürlich leben wir nicht mehr in der Antike und die geistige Einstellung hat sich gewandelt. Aber andererseits sind die Strukturen immer noch verdammt ähnlich. Das wirklich Erhellende an der Machttheorie ist, dass der Staat überhaupt erstmal als wesentliche Ursache der modernen Gesellschaft erkannt wird. In den meisten wirtschaftlichen Modellen wird der Staat einfach komplett ignoriert, als ob das eine zu vernachlässigende Größe wäre. Das ist ja schon mal kopernikanisch, was der @dottore da behauptet:-)
>Und dann den Staat nicht als den finalen Wohltäter, der wir doch irgendwie alle selber sind, sondern als den Oberschurken (naja, es gäbe da auch noch andere Spitzbuben) hinzustellen, das ist ja wirklich unerhört! ;-)
>Aber ich muß zugeben, dass die Argumentation auf mich sehr überzeugend wirkt und viele Fragen ins rechte Licht rückt. Die Annahme, dass der wirtschaftliche Fortschritt eben nicht einfach so, von sich aus stattfindet, sondern der Versuch ist, den steigenden Abgaben durch effizientere Produktion zu entkommen, ist doch wirklich logisch. Wieso haben die Aborigines keinen solchen Fortschritt hingekriegt, waren die Urvölker alle zu dumm? Andererseits gab es"Hochkulturen", die wieder untergegangen sind, warum?
>Die Machttheorie bietet hier doch eine elegante Erklärung: die Macht zwingt dazu innovativ zu sein, aber führt nach einer Blütezeit durch die inhärente Problematik wieder zum Untergang. Kein ewiger Fortschritt, eher zyklischer Verfall. Ist zwar nicht sehr optimistisch, aber dass muss eine Theorie auch nicht sein. Vielleicht fällt einem was ein, was diesesmal den Ablauf ändert. Aber wenn man ihn nicht also solchen erkennt, wird man das Problem wahrscheinlich wieder nicht lösen.
>Was meint Ihr dazu?
>Beste Grüsse,
>Holmes
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chiron
20.07.2005, 21:05
@ Holmes
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Re: @nereus - chiron - Holmes |
-->Danke Holmes, völlig d'accord.
Jetzt können wir zur Sinnfrage übergehen, nachdem die Machtfrage geklärt ist [img][/img], aber dazu braucht es wohl einen neuen Thread und auch ein anderes Forum, sonst sprengt es den Rahmen komplett.
Gruss chiron
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mae
21.07.2005, 00:51
@ Amstrand
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Re: @nereus - chiron - Holmes |
-->>Hallo Holmes,
>deine Theorie ist nicht schlecht, ich würde aber dem Gesetz vom Tendenziellen Fall der Profitrate vom ollen Karl Marx wesentlich eher zuneigen. Es ist eher der Druck bei wachsender Bevölkerung und schwindenden Ressourcen die Ur-Schuld zu begleichen, die zu Innovationsdruck führt. Völker, wie Aborigenes oder Hopis, die einfach ihre Bedürfnisse so runterschrauben, dass die Ur-Schuld eher gering ist, haben evtl. die Zeit für andere Technologien genutzt, eher immateriell meine ich.
>Darüber, warum Verträge eingehalten werden, hat sich doch schon Kant Gedanken gemacht. Die hier vertretene ultra-pessimistische Erzwingungs-Theorie durch einen Staat (den es in der machtvollen Version eh nur selten, bzw. neuerdings gab.) unterschätzt die Vernunft doch etwas und das Verständnis, dass Vetragstreue beiden Seiten Vorteile bringt. Und wenn der Verpfänder tatsächlich bankrott geht und nicht vom Land weichen will, wird ihm die soziale Akzeptanz des Dorfes, des Stamms, der Zunft, der Gilde, des Ordens entzogen.
>Gruß,
>Amstrand >
>
Hallo,
interessant dürfte in diesem Zusammenhang auch die Betrachtung des Prinzips
von"Western Union" sein.
Wie passt das, doch nachweislich hervorragend funktionierende System, zur
Machttheorie.
Oder gibt es da doch noch mehr?
Obwohl sie (die Machttheorie) doch schon sehr überzeugend ist.
Wie kann man das miteinander vereinbaren?
Vielen Dank für die interessante Diskussion
mae
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Burning_Heart
21.07.2005, 04:58
@ nereus
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Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart (3) |
-->>Hallo burning heart!
>Du schreibst: Das ist genau der springende Punkt, den manche so schwer verstehen.
>Man kann ohne Staat langfristig kein Eigentum belasten.
>Ich bin selbständig und habe zur meiner Betriebsführung überhaupt nichts belastet, wobei ich zugeben muß, daß dies in einem Produktionsbetrieb natürlich anders aussieht.
Dann belastest auch du Eigentum.
Ich meine damit nicht Schulden machen sondern du kannst, wenn der Kunde mucken macht, die Macht einschalten, um die Probleme zu regeln.
>Welches Eigentum belasten denn Steuerberater, Versicherungsmakler, Softwareentwickler, Schriftsteller oder Filmschauspieler? Die verdienen zum Teil eine Menge Kohle, treiben z.T. eine Nachfolgewirtschaft an (Buchhandel /Kinos) und brauchen im Leben keinen Kredit.
Alles nicht möglich ohne Eigentum.
Softwareentwickler z.b. haben ein Produkt, welches sie verkaufen wollen. Sie sind darauf angewiesen, daß der Kunde bezahlt und die Software nicht illegal weiter vertreibt. Ohne Polizei und Justiz unmöglich.
>Die Autowerkstatt wäre z.B. ein Zwitter, der ohne oder mit Kredit loslegen kann.
>Bei einem überzeugenden Konzept leiert der Jungunternehmer einer Bank auch 50.000 aus dem Kreuz und bürgt nur als Person.
Banken haben Statistiken, die besagen, das es relativ ungefährlich ist, hier und heute in D unter stabilen wirtschaftlichen Verhältnissen 50,000 Kredit ohne Bürgschaft zu geben, aber dafür Zinsgewinne zu generieren.
Die Ausfallquote ist klein genug um das zu riskieren.
Ohne Staat nicht. Kunde macht sich sofort mit dem Kredit davon, Bank kratzt sich am Kopf.
> Das bricht mit der Zeit alles wieder auseinander, denn zu viele brechen einfach die eingegangenen Kontrakte, so das die andere Seite keine Lust mehr hat.
>Immer mehr zahlen die Autorechnung nicht und der von der Werkstatt kann nichts dagegen tun. Das Vertrauen schwindet allgemein und die Werkstatt macht bald dicht.
>Das hat etwas mit der allgemeinen sittlichen Reife in einer Gesellschaft zu tun und weniger mit der Staatsform.
>Der zwischenmenschliche Umgangston in der freiheitlichen bundesdeutschen Demokratie ist manchmal ätzender als in der Proletendiktatur DDR.
Es scheint so das die Zwischenmenschlichkeit das so gemacht hat, aber der Schein trügt. Der wahre Grund ist die vorhandene Staatsmacht.
>Wahrscheinlich wurden im Osten auch mehr Rechnungen pünktlich bezahlt als heutzutage.
>In Norwegen kann man tagelang die Haustür sperrangel weit auflassen und sicher damit rechnen, daß niemand etwas geklaut hat. Hier würde ich dieses Risiko weniger wagen.
> Angst vor Polizei und Justiz brauchst du nicht zu haben.
>Höchstens vor dem wild gewordenem Werkstattbesitzer, aber der muss dich erstmal finden.
>Was glaubst Du denn, wie stark sich die Polizei bei einem Diebstahl auf den Absätzen dreht?
Wenn das plötzlich sehr viele machen, dann wird den Dieben schon bald der Spaß vergehen.
>Die nehmen den Vorfall zur Protokoll und legen es auf die Ablage. Wenn Du Glück hast, finden sie den Täter, aber meistens hast Du kein Glück.
Richtig, im Einzelfall.
> Unter totaler Abwesenheit der Staatsmacht tut dein Mieter einfach das Haus besetzen und du darfst zugucken. Du bist machtlos den du kannst keine ausreichend effektive Hilfe holen.
>Über kurz oder lang stellst du die Vermietungen ein.
>Es ist in Deutschland ja beinahe soweit, daß Vermieter aufgeben weil eben der Staat nicht mehr ausreichend zur hilfe kommt. Du hast es oben selbst gesagt.
>Eben, und deswegen haben private Sicherheitsdienste inzwischen Hochkonjunktur.
>Kräftige Russen verfolgen säumige Schuldner und für ein ordentliches Handgeld können manche Zahlungsprobleme sehr schnell aus der Welt geschafft werden.
Also braucht es doch eine Macht(Sicherheitsdienst) um Eigentum zu garantieren ;)
>Ich mag nun wirklich keinen Mafia-Staat, aber gewirtschaftet wird doch auch.
>Und unsere Ausgangsfrage war, ob Wirtschaft auch anders funktionieren kann.
Wirtschaft ist, wenn ein Mensch etwas benötigt, dafür arbeitet und dabei Mittel und Wege findet, wie er mit immer weniger Aufwand sein Ziel erreicht.
Hast du eine Macht, egal ob Staat oder Mafia, als grossen Bruder, kannst du viele male besser wirtschaften, als wenn du nur ein paar Freunde als Hilfe hast.
> Urschuld kann man natürlich immer tilgen. Es reicht aber meistens nur für eine warme Mahlzeit. Wer richtig Kohle will, tut Eigentum belasten.
>Wer etwas Geld möchte überfällt eine Bank. Wer viel Geld möchte gründet eine. [img][/img]
> Irgend einen Grund wird es schon haben, das Firmen gegründet werden obwohl man Bauer bleiben könnte.
>Natürlich, aber niemand gründet eine Firma weil er um jeden Preis Eigentum belasten will.
>Das der Gründer mit seinem Eigentum schneller zu Geld kommt, steht außer Frage.
>Aber wenn die Geschäftsidee ein Trugschluß war, rettet ihn auch das belastete Eigentum nicht mehr. Am Ende ist er beides los - die schöne Idee und seine verpfändete Hütte.
Eigentum hat nichts mit Kredit nehmen zu tun. Das kann man machen, aber einfach nur ein Haus in Frankreich kaufen und vermieten oder mit Gewinn weiter verkaufen ist Eigentumsbelastung.
Das Haus steht ganz alleine und trotzdem brauchst du nicht darauf aufpassen.
Das übernimmt die Macht für dich.
Übrigens, Kredit ist nur mit Macht also Eigentum möglich.
> 1. Die russische Wirtschaft war genau wegen dem Blockieren des Eigentums auch nicht der Rede wert.
>Gegenargument: Die russische Wirtschaft litt vor allem unter dem Aufrüstungszwang des Ost-West-Konfliktes. Deshalb brach man das rote Projekt entnervt ab.
>Als jedoch der Kapitalismus Einzug im Riesenreich hielt, da ging es mit der Wirtschaft endgültig den Bach runter und nur einige wenige Perlen entstanden.
>Unter Putin wird das Schiff wieder flott gemacht, sehr zum Ärger der Neocons und der Pflügers und Bütikofers.
Zuerst mal ist Kapitalismus nicht definierbar und damit nicht existent.
Keiner hat bisher geschafft zu erklären, was Kapitalismus ist weil es ihn ja nicht gibt.
Dann kam Dottore und fand heraus, das es tatsächlich ein Phantom ist.
Dann wurde der Debitismustheorie entwickelt und der ist das, was andere falsch Kapitalismus nannten.
Ausserdem ist Russlands Macht korrupt. Der kleine Mann der expandierend mit seinem Laden immer mehr Marktanteile einnimmt und der Konkurenz mit Connections zur Macht die Wurst vom Brot nimmt, ist lebensmüde in so einem Land.
Da schickt die Macht höchst selbst den Killer hin, damit die dicken Schecks weiter zugesteckt werden.
>In den wilden Neunzigern gab es die am wenigsten restriktiven Gesetze in Rußland und die Freiheiten einiger weniger waren nahezu grenzenlos.
>Warum ging es dann trotzdem bergab?
Andere Länder waren effektiver z.b.
Die korrupte Regierung, die Eigentum NICHT garantierte, machte das Land langsam.
> Paradebeispiel aktuell China. Die kommen auch plötzlich gewaltig aus dem Quark seit dem Eigentum für alle erlaubt ist. Sogar Rohstoffpreise verdoppelten sich deswegen.
>Das stimmt zweifellos, aber neben dem Eigentum haben sich auch noch ein paar andere Dinge in Fernost geändert.
> 2. Der russische Fortschritt lief ausschliesslich unter der Obhut der Regierung. Die haben mit viel Geld gute Leute besorgt und das Projekt durchgeführt. Private Firmen waren da kaum dran beteiligt.
>Siehe dazu meine Ausführungen oben.
>Der Kreml wurde von den Oligarchen an der kurzen Leine geführt.
>Ein Großteil der Staatskasse floß in private Schatullen.
> Also um noch mal auf den Punkt zu kommen. Menschen denken nur an eigene Profite. Auf dieser Basis kann deshalb keine Wirtschaft entstehen, weil immer einer die Kontrakte bricht.
>Ach was. Gerade weil einige Leute an Profite denken oder sich generell profilieren wollen, gründen Sie eine Unternehmung. Das ist der wahre Grund eine Firma aufzubauen.
>Säumige Zahler gibt es immer und wer permanent nicht zahlt fliegt auch ohne Staatsanwalt aus dem Wirtschaftskreislauf. Da reichen mitunter schon ein paar Telefonate.
>Natürlich macht ein gesetzlicher Rahmen die Dinge überschaubarer oder verlässlicher.
Tja ich weiß nicht wie ich es dir noch erklären soll, aber ohne Macht kann es keine Unternehmen geben, denn der Kunde wird zu oft die Kontrakte brechen.
> Macht/Mafia die eigentlich nur Abgaben will ohne zu leisten, hat die Befehlsgewalt und das Geld um Eigentum zu garantieren.
>Das die Macht überhaupt nicht leistet, halte ich für ein Gerücht.
>Selbst Diktaturen müssen den Pöbel irgendwie bei Laune halten.
Tu mir das nicht an. Du sagst jetzt auch noch, daß die Macht eine fleisige Institution ist und genau so viel arbeitet wie ihre Untergebenen und alles zum Wohle der Gemeinschaft ist.
> Tut sie das, gibt es Eigentum und damit unnatürlich hohes Wirtschaftswachstum wie bei uns.
>Unnatürlich hohes Wachstum? Du meinst aber jetzt nicht Bundesrepublikanien, oder?
Ich rede von der 1. Welt wo Eigentum per Polizei und Justiz garantiert und durchgesetzt wird.
>Nach dem Krieg war das Wachstum am stärksten und die Zahlungsmoral am besten, wenn man den Erzählungen der Zeitgenossen trauen darf.
>Heute existiert ein gigantisches Rechtskorsett, das Wachstum schwächelt und die Zahlungsmoral ist ziemlich im Eimer.
Ist Eigentum garantiert dann reicht das schon.
Dieser Bürokratiewahnsinn ist übertrieben und bremst nur noch.
Es gibt halt zuviele Leute, die mit Gesetzesentwürfen ihr Geld verdienen.
Ausserdem sind es mittlerweile immer mehr Gesetze, die den Malochern ihren Löhne klauen sollen.
Auch kontraproduktiv.
>Das Eigentum und seine Belastbarkeit ist zweifellos eine hervorragende Voraussetzung für Wirtschaftswachstum.
Es gibt zwei Sorten von Wirtschaft.
Die einfache ohne Macht wo wir ohne Eigentum auf unserem Besitz unsere Urschuld tilgen.
Die fortgeschrittene mit Macht, wo Eigentum belastet werden kann, was für z.b. eine Firmengründung oder Kredite Grundvoraussetzung ist.
Wir haben Schulden und müssen sie tilgen. Dieses debitistische Fundament stellt uns vor die nächste Frage wie?
Besitz, der alle und keinem gehöhrt, benutzen, oder Eigentum den man erwerben und dann belasten kann, nehmen.
>Aber es gibt da auch noch ein paar andere Dinge die notwendig sind und das ohne Eigentum kein Wirtschaften möglich sei, stimmt ganz sicher nicht.
Keines Falls. Siehe einen höher.
Nur, so eine Firma wie Infineon entsteht nicht ohne Eigentum.
Warum sind die in Afrika exkl. Süd alle individuelle Bauern, und warum sind das in EU kaum welche? Antwort: Hier Eigentum, in Afrika nicht. Die müssen ohne Eigentum klar kommen.
>Das Beispiel der Bank aus Bangladesh zeigt, daß die Kreditausleihung mit der Wirtschaftskraft einer Personengruppe beliehen wird, so wie das bei jedem Konsumentenkredit hierzulande auch erfolgt.
>Offenbar funktioniert das dort und wenn ich mich recht besinne, verfahren z.B. die Bausparkassen nach einem ähnlichen Prinzip. Eine Gemeinschaft von Sparern, ganz ohne Eigentum, finanziert den Kredit eines Häuslebauers vor.
>mfG
>nereus
Gruß
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nereus
21.07.2005, 09:26
@ Holmes
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Re: @nereus - chiron - Holmes (2) |
-->Hallo Holmes!
Du schreibst: Nach meinem Verständnis, muss der Machthaber nicht unbedingt Staat im heutigen Sinne sein. Aber der Staat ist heute der oberste Machthaber, er hat letzlich das Gewaltmonopol (Enteignung, Gefängnis, finaler Rettungsschuß etc.)
Damit bin ich vollkommen einverstanden, nur ist diese Erkenntnis relativ banal. Der Stärkste hat die Hosen an und sagt wo es lang geht.
Wozu bedarf es da noch einer separaten Theorie?
Die Kunst der Politik in einer modernen entwickelten Gesellschaft ist es ja gerade diese Unterschiede möglichst zu verbrämen.
Das wirklich Erhellende an der Machttheorie ist, dass der Staat überhaupt erstmal als wesentliche Ursache der modernen Gesellschaft erkannt wird. In den meisten wirtschaftlichen Modellen wird der Staat einfach komplett ignoriert, als ob das eine zu vernachlässigende Größe wäre.
Ich sehe das, ganz ehrlich gesagt, etwas anders.
Das Verträge eingehalten werden müssen oder bei Zahlungsverzug Sanktionen drohen ist doch nun wirklich keine revolutionäre Idee. Welcher Macht die Einhaltung der Regeln obliegen ist hierbei für eine theoretische Betrachtung sekundär. Das könnte die Staatsmacht sein, die Gewalt der Cosa Nostra oder die „Gewalt der menschlichen Vernunft", so wie das z.B. Amstrand in seiner Antwort erläuterte. Auch wenn mir dieses oder jenes am Vertrag nicht paßt, könnte ich doch zum Vertragsabschluß tendieren, da ich mich bei alle anderen Alternativen noch schlechter stelle.
Und dann den Staat nicht als den finalen Wohltäter, der wir doch irgendwie alle selber sind, sondern als den Oberschurken (naja, es gäbe da auch noch andere Spitzbuben) hinzustellen, das ist ja wirklich unerhört! ;-)
Aha, wir alle sind der Staat.
Mit diesem Argument wurden einem hier früher immer rhetorisch der Hosenboden versohlt.
Das Du das bislang ungestraft schreiben durftest wundert mich schon, obwohl ich das immer ähnlich gesehen habe - das Forum ist wohl inzwischen etwas schläfrig geworden. [img][/img]
Wenn WIR also den Staat darstellen, dann heben wir uns in der Machttheorie selbst auf die Anklagebank. Dottore hat das früher mehrfach geschrieben. Der Staat machte dieses oder jenes (z.B. Anleihen plazieren) und der Bürger hatte mal wieder nicht aufgepaßt.
Nach dieser Logik müssen wir nicht den Staat hinterfragen sondern unser alltägliches Handeln.
Dann ist die ganze Schreiberei über die Institutionen doch auch nur Augenwischerei, um die Verantwortung des eigenen Versagens auf andere zu übertragen.
Fallen wir alle also gerechterweise beim großen Gongschlag gleichzeitig nach vorn in‘s Schwert?
Wir haben ja eh nichts anderes verdient?
Aber ich muß zugeben, dass die Argumentation auf mich sehr überzeugend wirkt und viele Fragen ins rechte Licht rückt.
Nein, diese Argumentation ist ziemlich gefährlich, da sie letzten Ende das Gemeinwesen zerstören soll. Zuerst ideologisch und dann ganz praktisch.
Mit einer ähnlichen tunnelblickartigen Rhetorik wurde ich vor 25 Jahren gespeist. Damals waren es die bösen Kapitalisten, die Ausbeuter, die allen das letzte Hemd wegnehmen. Jetzt ist es der böse Staat, der uns alle zum Untergang verurteilt.
Der Staat wird durch seine Menschen und deren Handlungen repräsentiert, also läuft die Staatsanklage sowieso ins Leere.
Da war der Wanderprediger vor 2.000 Jahren schon etwas weiter, der redete den Menschen ins Gewissen.
Die Annahme, dass der wirtschaftliche Fortschritt eben nicht einfach so, von sich aus stattfindet, sondern der Versuch ist, den steigenden Abgaben durch effizientere Produktion zu entkommen, ist doch wirklich logisch.
Das ist für mich überhaupt nicht logisch.
Hatten James Watt, Charles Lindbergh, Thomas Edison usw. bzw. die Firmen, die deren Ideen zur Massenware umsetzten, etwa alle übermäßige Steuerschulden?
Steuern werden ja überhaupt erst eingezogen, wenn etwas mehr als das Überlebensnotwendige verdient wird. Dann könnte man sich von vornherein auf die faule Haut legen und der Staat würde dummerweise in’s Leere greifen.
Schon hier paßt die Logik hinten und vorne nicht.
Was also treibt den Bill Gates oder die Gebrüder Albrecht seit Jahren an? Das Finanzamt in Seattle oder in Mühlheim an der Ruhr?
Die wollen einfach mehr Kohle verdienen, die Konkurrenz in Schach halten oder gar plattmachen bzw. sich selbst verwirklichen. Das ist kein Vorwurf an große Unternehmer - es ist nur eine pragmatische Feststellung.
Das Steuern eine weitere Komponente sind, einen Zahn zuzulegen, kann ich sehr wohl bestätigen, aber diese als Hauptmotiv (als Urmotor schlechthin) zu definieren.. na, lassen wir das.
Wer wirklich Steuern sparen will, geht schwarzarbeiten, bescheißt das FA und fälscht Rechnungen oder legt sich einen vorzüglichen Steuerberater zu.
Interessanterweise läuft es immer dann am besten mit der Wirtschaft, wenn die Steuern niedrig sind.
Wie vereinbart sich das mit der Innovationskraft der Abgaben?
Wieso haben die Aborigines keinen solchen Fortschritt hingekriegt, waren die Urvölker alle zu dumm? Andererseits gab es"Hochkulturen", die wieder untergegangen sind, warum?
Das ist ne gute Frage.
Möglicherweise kamen und kommen einige Naturvölker mit ihrer Situation gut zurecht.
Eventuelle Finanzkatastrophen der Inkas oder Mayas halte ich allerdings auch für vorstellbar
Der wirklich große Wurf von dottore waren seine Theorien in den Büchern „Der Kapitalismus" oder „Aufwärtes ohne Ende". Die Geld-Schulden-Problematik einem breiten Publikum nahezubringen, und das auch noch auf eine wirklich spritzige Art, ist sein großer Verdienst.
Spätestens beim Gewaltmetall Gold konnte ich dem Meister nicht mehr richtig folgen.
Bei der Geldenstehung kann ich mich noch nicht so recht entscheiden, einiges spricht dafür, anderes dagegen.
mfG
nereus
|
Holmes
21.07.2005, 14:23
@ nereus
|
Re: @nereus - chiron - Holmes (2) |
-->Hallo nereus,
danke für die umfangreiche Stellungnahme. Hier meine Kommentare:
Dass der Mächtigste am Drücker ist, ist ja klar. Was mich an der Machttheorie anpricht, ist ihr Erklärungsansatz für GELD. Der gute @dottore ist ja in seinen Ansätzen immer weiter zurückgegangen. Am Anfang hat er sich über die Staatsverschuldung aufgeregt und gezeigt, dass das so nicht weitergehen kann. Dann hat er im"Kapitalismus" und Aufwärts ohne Ende" das Funktionieren der Wirtschaft erklärt. Den Debitismus als Ansatz"Schuld = Ursache" finde ich immer noch unheimlich treffend. Konsequenterweise dann die Frage: stimmt das HS-Modell mit der"freiwilligen" Leihe? Die Römer als Revolutionäre, die gegen den Feudalstaat aufbegehren und so eine freie Gesellschaft errichten (die komischerweise dann doch wieder in ein Imperium umklappt)? Aber wozu dann noch Sklaven und unterjochte Provinzen?
Dann der Blick in die Geschichte und die Frage, ab wann es wozu Geld gibt. Und die Entdeckung, dass Geld nicht als Erfüllungsgut der freien, sondern als abstrakte Abgabe der Untertanen in die Geschichte eintritt. Die Ableitung des Geldes aus der Abgabe und nicht aus privaten Kontrakten, DAS ist die essentielle Aussage der Machttheorie.
These: Der Debitismus erklärt das Wesen des Wirtschaftens, die Machttheorie erklärt das Wesen des Geldes.
Die Machttheorie erklärt, woher die"Schuld" kommt, Steuern zu zahlen und damit der Druck auf ein Gemeinwesen, mehr zu produzieren, als es selbst braucht. Wirtschaftswachstum passiert nicht"von selbst", sondern ist durch das ständige Wechselspiel der Macht und dem Rest bedingt.
Du hast völlig recht, dass die Wirtschaft nicht besser läuft, je höher die Steuern sind. Das ist auch meines Erachtens keine Behauptung der Machttheorie. Die MT behauptet, dass Wirtschaften nur dort stattfindet, wo es überhaupt einen"Staat" gibt: Kein Staat/Machthaber > keine Abgaben > kein Druck > kein Wirtschaften, sondern nur Produzieren für die Subsistenz.
Diese These findet sich in der Geschichte scheinbar wunderbar bestätigt.
Wo der Staat aber versucht, alles zu übernehmen, scheitert er (Sozialismus, Diktaturen) weil:
1. er das Chaos gar nicht steuern kann (zentrale Planung)
2. wenn der Druck zu gross ist (im Extremfall Sklaverei), keiner mehr tut als notwendig,
>Das Verträge eingehalten werden müssen oder bei Zahlungsverzug Sanktionen drohen ist doch nun wirklich keine revolutionäre Idee. Welcher Macht die Einhaltung der Regeln obliegen ist hierbei für eine theoretische Betrachtung sekundär. Das könnte die Staatsmacht sein, die Gewalt der Cosa Nostra oder die „Gewalt der menschlichen Vernunft", so wie das z.B. Amstrand in seiner Antwort erläuterte. Auch wenn mir dieses oder jenes am Vertrag nicht paßt, könnte ich doch zum Vertragsabschluß tendieren, da ich mich bei alle anderen Alternativen noch schlechter stelle.
Wenn man einen Vertrag nicht durchsetzen kann, ist er nichts wert. Ich glaube nicht an die"Gewalt der menschlichen Vernunft", wo hat die denn jemals jemanden"gezwungen"? Im Zweifelsfall muss man UNO-Soldaten schicken, nur mit Moralapellen läßt sich kein Diktator beeindrucken. Das gleiche gilt im Kleinen genauso:"Verklagen sie mich doch!" Im familiären und freundschaftlichen Kreis hat man ja selbst die"Macht", demjenigen durch Entzug von zukünftigen Leistungen zu bestrafen (keine Geschenke, Hilfeleistung, Beachtung). Aber bei Fremden? Bei Kunden? Ohne den großen Bruder (oder das Russen-Inkasso) geht nichts, wenn's hart auf hart kommt.
Also: ohne eine Gewalt, die über den Parteien steht (früher der Ältestenrat?), gibt es keine Kontrakte. In ähnlicherweise ist es ja mit Scheidungen. Der Ehevertrag wird ja gerade deswegen geschlossen, weil im Streitfall eben keine Einigung mehr möglich ist. Gerade wenn man sie braucht, ist die Vernunft nicht da ;-)
> Und dann den Staat nicht als den finalen Wohltäter, der wir doch irgendwie alle selber sind, sondern als den Oberschurken (naja, es gäbe da auch noch andere Spitzbuben) hinzustellen, das ist ja wirklich unerhört! ;-)
>Aha, wir alle sind der Staat.
>Mit diesem Argument wurden einem hier früher immer rhetorisch der Hosenboden versohlt.
>Das Du das bislang ungestraft schreiben durftest wundert mich schon, obwohl ich das immer ähnlich gesehen habe - das Forum ist wohl inzwischen etwas schläfrig geworden. [img][/img]
DAS ist ein spanndender Punkt, wahrscheinlich der Knackpunkt. Der Staat ist ja nun keine reale Person, die man anfassen kann, sondern eine juristische Person. Deswegen kann man nicht drauf zeigen und sagen: DA ist er, der Staat, haltet ihn!
Was ich damit meine, ist die Machtstruktur und die sie repräsentierenden Personen. Früher war das wahrscheinlich deutlicher: die Macht, das waren die Jungs mit den Waffen, die das Dorf überfallen haben und jetzt die Herrscher sind. Da offene Gewalt immer ein bißchen zu deutlich ist, hat man sich ein paar nette Geschichten einfallen lassen, von wegen Gottes Gnaden, göttliche Abstammung etc. Das ging natürlich viel besser. Man mußte nicht immer jemanden umbringen und die Kontrolle der permanenten Überwachung"Gott sieht alles" ist genial. In der modernsten Form, der Demokratie, glaubt ja sogar jeder selbst, dass er der Souverän sei. In den Medien wird über den Wählerwillen gesprochen etc. Dabei ist in der Tat der Einfluss des Einzelnen nur in homöopatischen Dosen vorhanden: ein Kreuz alle vier Jahre. Dazu die neue Entwicklung mit Europa, bei der kein gewähltes Parlament, sondern eine Kommission die wesentlichen Entscheidungen trifft. Kontrolle durch den Bürger?
Wenn man es sich also genau anguckt, dann sind wir als Bürger zwar verantwortlich (müssen die Show bezahlen und dafür geradestehen), aber die Einflussmöglichkeiten sind extrem begrenzt. Wenn ich das mit der Situation als Kunde vergleiche:"ich kaufe oder kaufe nicht und ich weiss vorher, was es kostet", dann wird einem erst klar, wie teuer die ganze Geschichte ist.
Ich habe früher gedacht, das wird schon alles richtig sein, was der Staat macht, dass sind ja alles gute Menschen, der Staat ist ja quasi gemeinnützig ("Der Staat ist für uns alle da"). Aber wenn man sich die Struktur mal anguckt, sieht man, dass es wieder nur wenige sind, die daraus Gewinn ziehen und die Mehrheit ausbeuten. Dabei ist es wahrscheinlich nicht so, dass"denen" klar ist, was sie den Menschen antun, in dem sie ihr Geld verschwenden. Denn heutzutage wird ja viel Geld nicht mehr direkt in die eigene Tasche gesteckt, sondern dafür ausgegeben, um an der Macht zu bleiben (Schmiergelder, Subventionen,"Sozial-Klimbim"). Dann kann man schön erzählen, dass man ja was"gemacht"hat, dass die Regierung dies und das fördere. Und alle sind zufrieden, aber keiner fragt sich, ob es nicht günstiger gewesen wäre, das Geld direkt für diese Zwecke auszugeben, anstatt es durch einen komplexen Verwaltungsapparat zu schleusen und am Ende sogar noch unfähige Mitarbeiter über die Verwendung entscheiden zu lassen. Man lese das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler.
Natürlich sind private Firmen nicht automatisch besser und ehrlicher. Aber die wird man leichter los, wenn sie Fehler gemacht haben. Eine unfähige Verwaltung wird sich mit allen Mitteln wehren, die Fehler einzugestehen und alles im Sande verlaufen lassen (ich habe über eine Wirtschaftsanwältin schon interessante Sachen über die BaFin gehört). Aufgrund der Hoheitlichkeit ist es fast unmöglich, hier die Verantwortung zu zeigen und zu sanktionieren.
Ich denke also, dass wir uns mit diesen Strukturen keinen Gefallen getan haben und wirklich versuchen sollten, alternative Konzepte zu entwickeln. Es scheint zumindest klar, dass immer, wenn diese Strukturen entstehen, daraus bestimmte Probleme entstehen und dieses zwangsläufig zusammenhängt.
Die Frage ist, ob wir eine Welt ohne Macht oder mit weniger Macht überhaupt hinkriegen. und wie Strukturen aussehen müssten, die keine Zwangs- und Abgabensysteme sind, sondern sich durch die freiwillige Zahlung der Bürger finanzieren.
Gibts da Ideen? (Ohne wieder ein Urvolk zu werden? ;-)
Beste Grüsse,
Holmes
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Amstrand
21.07.2005, 16:27
@ Holmes
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Re: @nereus - chiron - Holmes (2) |
-->Hallo,
Holmes: Die Frage ist, ob wir eine Welt ohne Macht oder mit weniger Macht überhaupt hinkriegen. und wie Strukturen aussehen müssten, die keine Zwangs- und Abgabensysteme sind, sondern sich durch die freiwillige Zahlung der Bürger finanzieren.
Gibts da Ideen? (Ohne wieder ein Urvolk zu werden? ;-)
Ich denke, dass ein Utopie-Staat auf der Basis von Eigentümern entstehen kann und letztendlich wird, bei der jeder an potenziell jedem Anteile halten kann (und short gehen kann) und an dem eigenen Eigentum Anteile zulässt. So entstht ein selbstorganisierendes System, über Derivat-Märkte geregelt.
Bei der Diskussion über Macht kommt imo zu kurz, das auf Eigentum basierende Gesellschaften von der Machtorganisation her anders sind als feudalistische Staaten. Dass auch kommunistische Parteistaaten feudal sind, war ein Eye-Opener für mich bei Heinsohn/Steiger. Das trifft auch für multinationale Großkonzerne zu, sozuagen laterale Feudalismen, die Vorstände verhalten sich auch wie Louis 14. Mit dem Eigentum, meist in Städten, entstand die bürgerliche Gesellschaft mit Gewaltenteilung. Das Eigentum bedingt eine neue Machtorganisation, nicht umgekehrt, bzw. es wechselbedingt sich. Das Sold-Geld des Feudalherrn (man bekommt grad soviel, dass man überlebt, bei Laune bleibt) ist etwas anderes als das Geld aus Kredit auf verpfändetem Eigentum und etwas ganz anderes als Kauri-Muscheln oder Zigarettenwährungen.
Der heutige Geldschein ist sowohl als auch. Er ist hervorgegangen aus einer Kreditierung. Dadurch dass die Staatsschuld das System räuberisch unterläuft wird es teilweise und immer mehr zu Soldgeld und irgendwann können wir es nur noch tauschen oder verbrennen. Ob es Edelmetall-Deckungen gibt ist völlig unerheblich und nur eine Verschleierungstaktik.
Dass das älteste gefundene Geld Abgabewährung war, sagt nichts aus. Das Tauschgeld zuvor, ist eben in Schmuck verwandelt, geraucht oder gegessen worden. Der Potentat kam dann auf eine für ihn gute Idee....Er hat aber nicht das Geld erfunden, weil er an der Macht war, sondern er war an der Macht, weil er besser tauschen konnte, i.e. mehr Ressourcen hatte.
Amstrand
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dottore
21.07.2005, 18:24
@ Amstrand
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Re: Eigentümer- oder Feudalgesellschaft? |
-->Hi Amstrand,
bist Du ganz sicher, dass wir heute
a) in einer freien Eigentümergesellschaft à la H/S leben und nicht
b) nach wie vor im Feudalismus (wenn auch in einer subtileren Form, die - wie Du ausführst - sich sogar schon wieder in Richtung auf den platten Feudalismus zurückentwickelt)?
Vielleicht könntest Du dies anhand einiger heutiger Erscheinungen klarer machen. Ich werde gern versuchen, herauszufinden, ob es in den"heutigen" Staaten etwas gibt, was es in den"Feudalstaaten" nicht ebenfalls schon gegeben hätte.
Du schreibst:"Bei der Diskussion über Macht kommt imo zu kurz, dass auf Eigentum basierende Gesellschaften von der Machtorganisation her anders sind als feudalistische Staaten."
Dem ist nicht zu widersprechen. Aber dass irgendeine Machtorganisation Macht und Machtausübung selbst nicht aus der Welt geschafft hat, dürfte auch unwidersprochen bleiben."Andere" Organisationen (Organisationsformen) desselben Tatbestandes verändern diesen wohl nicht.
Noch einiges:
>Ich denke, dass ein Utopie-Staat auf der Basis von Eigentümern entstehen kann und letztendlich wird, bei der jeder an potenziell jedem Anteile halten kann (und short gehen kann) und an dem eigenen Eigentum Anteile zulässt. So entstht ein selbstorganisierendes System, über Derivat-Märkte geregelt.
Staat und freie (!) Eigentümer schließen sich aus.
>Mit dem Eigentum, meist in Städten, entstand die bürgerliche Gesellschaft mit Gewaltenteilung.
Die gabs auch außerhalb der Städte. Außerdem waren die Städte nicht etwa"frei", sondern entweder Organisationen (Freie und Hansestadt) oder dem Reich ("Freie Reichsstadt") und/oder dem Kaiser verpflichtet und mussten entsprechende Beträge abführen.
>Der heutige Geldschein ist sowohl als auch. Er ist hervorgegangen aus einer Kreditierung. Dadurch dass die Staatsschuld das System räuberisch unterläuft
Der Staat als juristische Person unterläuft. Die JP ist eine der großen Errungenschaften des Machtsystems, allerdings ebenfalls schon viele Tausend Jahre alt, beginnend mit den allerersten Tempeln.
>Dass das älteste gefundene Geld Abgabewährung war, sagt nichts aus.
Das ist nicht der Punkt. Sondern, dass er im Rahmen des Machterhaltungssystems kursant gemacht wurde.
>Das Tauschgeld zuvor, ist eben in Schmuck verwandelt, geraucht oder gegessen worden.
Und war deshalb nicht kursant.
>Der Potentat kam dann auf eine für ihn gute Idee....Er hat aber nicht das Geld erfunden, weil er an der Macht war,
Er hat es erfunden, weil er hoffen konnte, damit an der Macht zu bleiben. Nachts fällt einem Vieles ein - und Potentaten schlafen schlecht.
>sondern er war an der Macht, weil er besser tauschen konnte, i.e. mehr Ressourcen hatte.
Er kam an die Macht, weil er die besseren Waffen hatte. Und wer die Waffe hat, tauscht nicht, sondern fordert ab. Es ist doch heute noch so, dass ich nicht etwa mit den Steuern etwas tausche, sondern gezwungen werde, sie abzuführen. Und der heutige Souverän tauscht auch nicht, sondern bestimmt, was abzuführen ist.
Dass der Souverän nicht das Volk ist - auch klar: Sonst würde es bestimmen, was abzuführen ist und wofür es auszugeben ist (Etatrecht).
Aber schaumermal, wie wir zusammenkommen.
Dank + Gruß!
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nereus
21.07.2005, 18:24
@ Holmes
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Re: @nereus - chiron - Holmes (3) |
-->Hallo Holmes!
Ich will versuchen mich diesmal etwas kürzer zu fassen.
Du schreibst: Die MT behauptet, dass Wirtschaften nur dort stattfindet, wo es überhaupt einen"Staat" gibt: Kein Staat/Machthaber > keine Abgaben > kein Druck > kein Wirtschaften, sondern nur Produzieren für die Subsistenz. Diese These findet sich in der Geschichte scheinbar wunderbar bestätigt.
Ich rede offenbar in einen schalldichten Raum hinein
Das glaubst Du doch nicht wirklich?
Natürlich müssen alle anfallenden Steuerarten bei der betrieblichen Kalkulation berücksichtigt werden und als vor einigen Wochen für 2,5 Jahre die Gewerbesteuer herein flatterte, bekam ich kurzzeitig heftige Atemnot.
Steuern werden scheinbar immer dann fällig gestellt, wenn es mal nicht sonderlich gut läuft.
Aber das die Abgaben die Initialzündung für die Wirtschaft sein soll ist völlig unglaubwürdig.
Wo der Staat aber versucht, alles zu übernehmen, scheitert er (Sozialismus, Diktaturen) weil:
1. er das Chaos gar nicht steuern kann (zentrale Planung)
Nee, das hat im Sozialismus deshalb nicht funktioniert, weil dort die Firmen keine Gewinne erwirtschaften konnten bzw. diese sofort an den Staatshaushalt abführen mußten.
Die Gleichmacherei hat den Reiz für außerordentliches Engagement genommen.
Vermieter wurden mit absurd niedrigen Mieteinnahmen in den Konkurs getrieben.
Es hat sich also einfach nicht gelohnt - die Mehrarbeit oder die guten Ideen.
Wenn man einen Vertrag nicht durchsetzen kann, ist er nichts wert. Ich glaube nicht an die"Gewalt der menschlichen Vernunft", wo hat die denn jemals jemanden"gezwungen"?
Was glaubst Du denn was passiert wenn ein Kunde seine Rechnung nicht bezahlt?
Das funktioniert nur einmal, da später bei diesem nur noch gegen Vorkasse gearbeitet wird oder überhaupt nicht mehr.
Selbstverständlich basieren die meisten Verträge auf Vernunft und sicher auch auf Bauernschläue.
Jeder versucht möglichst gut zurecht zu kommen, aber als Betrug würde ich das noch nicht bezeichnen.
Ich schließe nicht aus, daß auch in der freien Wirtschaft eine Menge krimineller Energie existiert, aber das nur wegen der Polizei und dem FA überhaupt Verträge zustande kommen, halte ich für ein Gerücht.
In ähnlicherweise ist es ja mit Scheidungen. Der Ehevertrag wird ja gerade deswegen geschlossen, weil im Streitfall eben keine Einigung mehr möglich ist. Gerade wenn man sie braucht, ist die Vernunft nicht da ;-)
Sehr schönes Beispiel!
Der Ehevertrag ist ein Derivat des absurden bundesdeutschen Scheidungsrechtes.
Weil die Männer in den allermeisten Fällen die Doofen sind und nicht nur für das Kind zahlen, sondern für die Olle auch noch mit, obwohl die bei einem gutverdienenden Macker lebt - natürlich nicht offiziell.
Es ist die Vorsorge des einmal gehörnten Ehemannes vor einem zweiten finanziellen Desaster.
Früher war das wahrscheinlich deutlicher: die Macht, das waren die Jungs mit den Waffen, die das Dorf überfallen haben und jetzt die Herrscher sind. Da offene Gewalt immer ein bißchen zu deutlich ist, hat man sich ein paar nette Geschichten einfallen lassen, von wegen Gottes Gnaden, göttliche Abstammung etc.
Das wäre jetzt ein völlig neues Thema.
Möglicherweise ist die göttliche Abkunft gewisser Machthaber nicht so märchen- und lachhaft, wie das heute von den Aufgeklärten des 21.Jahrtausends immer dargestellt wird.
Glaubt Du ernsthaft, daß alle Zeugnisse der Vergangenheit (mündliche und schriftliche Überlieferungen bzw. Bauwerke, Zeichnungen usw.) lediglich auf einem riesenhaften Hokuspokus resultieren?
Ich will das aber jetzt nicht vertiefen, das bringt sowieso nicht viel.
Ich denke also, dass wir uns mit diesen Strukturen keinen Gefallen getan haben und wirklich versuchen sollten, alternative Konzepte zu entwickeln. Es scheint zumindest klar, dass immer, wenn diese Strukturen entstehen, daraus bestimmte Probleme entstehen und dieses zwangsläufig zusammenhängt.
So ist das Leben. Jeder will etwas anderes und davon möglichst viel
Die Frage ist, ob wir eine Welt ohne Macht oder mit weniger Macht überhaupt hinkriegen. und wie Strukturen aussehen müssten, die keine Zwangs- und Abgabensysteme sind, sondern sich durch die freiwillige Zahlung der Bürger finanzieren.
Diese Freiwilligkeit halte ich für eine Utopie und sie macht auch wenig Sinn.
Gibts da Ideen? (Ohne wieder ein Urvolk zu werden? ;-)
Ich habe erst einmal keine - leider.
mfG
nereus
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Burning_Heart
21.07.2005, 19:57
@ nereus
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Re: @nereus - chiron - Holmes (3) |
-->>Hallo Holmes!
Misch mich mal ein.
>Ich will versuchen mich diesmal etwas kürzer zu fassen.
>Du schreibst: Die MT behauptet, dass Wirtschaften nur dort stattfindet, wo es überhaupt einen"Staat" gibt: Kein Staat/Machthaber > keine Abgaben > kein Druck > kein Wirtschaften, sondern nur Produzieren für die Subsistenz. Diese These findet sich in der Geschichte scheinbar wunderbar bestätigt.
>Ich rede offenbar in einen schalldichten Raum hinein
Da muß ich nereus ausnahmsweise mal Recht geben.
Zwangsabgaben erhöhen wohl die perönlichen Schulden und erzeugen so mehr kreativen Drive, aber der alleinige Grund ist es nicht.
Da wirkt die Urschuld wesentlich stärker als die Zwangsabgaben, um die uns die Macht erleichtert.
Wirtschaft gibt es genau so ohne Zwangsabgaben. Ich glaube sogar im gleichen Maße wie mit Abgaben. Zuviel Energie wird nämlich für das Vermeiden von Abgabezahlungen verbraten, welche man sinnvoller verwenden könnte. Vermutlich hebt dieses Problem das Plus an Drive mehr oder weniger wieder auf.
Der Grund warum Firmen gegründet werden, basiert daher auch hauptsächlich auf zwei Grundpfeilern. Urschulden + die Möglichkeit Eigentum zu belasten.
> Gibts da Ideen? (Ohne wieder ein Urvolk zu werden? ;-)
>Ich habe erst einmal keine - leider.
Der Mensch ist das Problem. Er ist zu schlau geworden, hat so die ganze Erde eingenommen und missbraucht alles Dümmere und Schwächere.
Das er schon fast alle regulierenden Krankheiten besiegt hat, lässt das Happy End erahnen.
Mit Planwirtschaft kriegen wir das jedenfalls nicht in den Griff.
>mfG
>nereus
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Holmes
21.07.2005, 21:18
@ nereus
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Re: @nereus - chiron - Holmes (3) |
-->>Hallo Holmes!
>Ich will versuchen mich diesmal etwas kürzer zu fassen.
>Du schreibst: Die MT behauptet, dass Wirtschaften nur dort stattfindet, wo es überhaupt einen"Staat" gibt: Kein Staat/Machthaber > keine Abgaben > kein Druck > kein Wirtschaften, sondern nur Produzieren für die Subsistenz. Diese These findet sich in der Geschichte scheinbar wunderbar bestätigt.
>Ich rede offenbar in einen schalldichten Raum hinein
>Das glaubst Du doch nicht wirklich?
Hi nereus,
die Frage, auf welche die MT eine Antwort gibt, ist: Warum haben die Menschen überhaupt mit Wirtschaften angefangen? Produziert im Sinne von etwas gejagt, etwas gesammelt, etwas angepflanzt haben sie immer, aber wann hat das mit dem GELD angefangen?
Und die Antwort ist nicht: weil das mit dem Geld alles viel besser geht, weil viel leichter tauschen und so.
In Amerika ist der gängige Spruch, warum man mit dem Job nicht aufhört:"Um die Miete zu bezahlen". Historisch richtig wäre der Spruch, warum die Leute aufs Feld gehen, obwohl sie schon genug haben, um sich selbst zu ernähren:"Um die Abgaben zu bezahlen".
Es gibt eine interessante Frau, Heidemarie Schwermer, die das sogenannte"Sterntaler-Experiment" durchführt, ein Leben ohne Geld. Auf ihrer Homepage schreibt zum Thema Steuern:
"Trotzdem beschäftigt mich die Frage der Steuern sehr. Da ich mich nicht als Aussteigerin aus dem Staat verstehe sondern eher als Um- oder noch besser Einsteigerin in eine neue Struktur, denke ich über meine Möglichkeiten nach. Vor einigen Jahren schrieb ich dem Bürgermeister von Dortmund einen Brief, in dem ich ihm anbot, Steuern auf meine Art zu zahlen, nämlich indem ich SozialhilfeempfängerInnen berate, Projekte anbiete, Mut mache, Impulse gebe.In der kurzen Antwort bekam ich einen Hinweis auf das Ehrenamt, was ganz und gar nicht dem Prinzip von Gib und Nimm entspricht."
Tja, die Gute hat heutzutage Glück, dass der Herrscher offenkundig so nachsichtig ist. Früher wäre das ganz anders gewesen (=Schuldknechtschaft).
Ihr Verhalten zeigt aber offenkundig, dass auch sie nicht verstanden hat, wie das System funktioniert. Wäre es so, dass wir wirklich unsere Steuern abarbeiten müssten (und die Schulden), dann würden wir erst richtig merken, was uns diese Struktur wirklich kostet. Und dann gäbe es einen Aufstand!
Aber durch die ganzen indirekten Steuern, das Geld, was einem nicht genommen wird, sondern was man gar nicht erst bekommt (ich bin Angestellter), fällt es einem gar nicht so auf.
Du hast ja völlig recht, dass man nicht nur arbeitet, um die Steuern zu bezahlen, wir sind keine sinnleeren Sklaven. Und Spass machen darf es schon. Aber das sind doch recht moderne Ansichten. In der bisherigen Geschichte war Arbeit Mühsal, die Bauern arme Säcke, selbst die Reichen hatten eigentlich einen recht miesen Lebensstandard zu heute (Goethe wäre auf eine Sozialwohnung best8immt neidisch gewesen: warmes, fliessendes Wasser, Heizung, Fernseher, elektrisches Licht, wow!). Aber das ist zu einem großen Teil des Verdienst der modernen Sklavenvölker, der Maschinen. Ohne Kohle, Ã-l und Strom sähe die Welt heute wesentlich trüber aus. Erst diese Quellen haben den Wohlstand geschaffen, an dem wir uns erfreuen. Ohne diese Energien würden wir wohl ziemlich schnell ins Mittelalter zurückfallen.
Ich möchte ja auch gerne diese Welt erhalten und verbessern, aber man muss eben auch sehen, welche Bürden aus der Vergangenheit man mitgenommen hat. Und die Frage der Macht und wie diese Struktur momentan agiert, ist dabei ziemlich wesentlich. Dottores Modelle sind eine wesentliche Bereicherung der Denkwerkzeuge und mahnen zur Anerkennung.
Beste Grüsse,
Holmes
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Amstrand
21.07.2005, 21:46
@ dottore
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Re: Eigentümer- oder Feudalgesellschaft? |
-->n'abend dottore,
Antworten im Text
>Hi Amstrand,
>bist Du ganz sicher, dass wir heute
>a) in einer freien Eigentümergesellschaft à la H/S leben und nicht
>b) nach wie vor im Feudalismus (wenn auch in einer subtileren Form, die - wie Du ausführst - sich sogar schon wieder in Richtung auf den platten Feudalismus zurückentwickelt)?
>Vielleicht könntest Du dies anhand einiger heutiger Erscheinungen klarer machen. Ich werde gern versuchen, herauszufinden, ob es in den"heutigen" Staaten etwas gibt, was es in den"Feudalstaaten" nicht ebenfalls schon gegeben hätte.
Ich denke, dass ein Feudalherr kaum von sich aus Eigentumsrechte gewähren wird oder auch nur auf die Idee käme, so dass diese Rechte in Räumen von geringer feudaler Macht geschaffen wurden. Es bestehen also schon seit einiger Zeit Mischformen. Die Feudalmacht hat sich zwar"raffiniert" in eine königsfreie Version gewandelt (in der die Untertanen, Söldner und Leibeigenen meinen die Macht zu haben), aber bürgerliche Eigentumsrechte bestehen ja (noch), bzw. wie immer kann der Feudale (Potentat wie Untertan) mit der Kohle nicht umgehen und braucht Teilnehmer der überlegenen Ordnung (Eigentümer), von denen er sich was leihen kann.
>Du schreibst:"Bei der Diskussion über Macht kommt imo zu kurz, dass auf Eigentum basierende Gesellschaften von der Machtorganisation her anders sind als feudalistische Staaten."
>Dem ist nicht zu widersprechen. Aber dass irgendeine Machtorganisation Macht und Machtausübung selbst nicht aus der Welt geschafft hat, dürfte auch unwidersprochen bleiben."Andere" Organisationen (Organisationsformen) desselben Tatbestandes verändern diesen wohl nicht.
Zweifellos. Es gibt in sozialen Beziehungen immer eine Form der Macht. Und eine Wechselwirkung Eigentumsrechte - Macht und somit Geld - Macht.
>Noch einiges:
>>Ich denke, dass ein Utopie-Staat auf der Basis von Eigentümern entstehen kann und letztendlich wird, bei der jeder an potenziell jedem Anteile halten kann (und short gehen kann) und an dem eigenen Eigentum Anteile zulässt. So entstht ein selbstorganisierendes System, über Derivat-Märkte geregelt.
>Staat und freie (!) Eigentümer schließen sich aus.
Ich würde sagen: Feudalstaat und freie Eigentümer schließen sich aus. Die freien Eigentümer können doch eine soziale Machtordnung mit flacher Hierarchie, einen bürgerliche Rechtsstaat, begründen. Gemeinschaftliche Investitionen werden quasi karitativ finanziert.
>>Mit dem Eigentum, meist in Städten, entstand die bürgerliche Gesellschaft mit Gewaltenteilung.
>Die gabs auch außerhalb der Städte. Außerdem waren die Städte nicht etwa"frei", sondern entweder Organisationen (Freie und Hansestadt) oder dem Reich ("Freie Reichsstadt") und/oder dem Kaiser verpflichtet und mussten entsprechende Beträge abführen.
Ja, aber bevor sie organisiert waren, waren sie erst einmal nur Frei. Der Hansebund war ja freiwillig. Und, so weit ich weiß, hat Hamburg z.B. nie Abgaben geleistet. Der Dänenkönig hat die Stadt mal belagert, um etwas zu bekommen, war aber erfolglos.
>>Der heutige Geldschein ist sowohl als auch. Er ist hervorgegangen aus einer Kreditierung. Dadurch dass die Staatsschuld das System räuberisch unterläuft
>Der Staat als juristische Person unterläuft. Die JP ist eine der großen Errungenschaften des Machtsystems, allerdings ebenfalls schon viele Tausend Jahre alt, beginnend mit den allerersten Tempeln.
Priesterschaft als paralleles Feudalsystem?
>>Dass das älteste gefundene Geld Abgabewährung war, sagt nichts aus.
>Das ist nicht der Punkt. Sondern, dass er im Rahmen des Machterhaltungssystems kursant gemacht wurde.
OK, kursierende Abgaben, kursierender Sold. Verstehe.
>>Das Tauschgeld zuvor, ist eben in Schmuck verwandelt, geraucht oder gegessen worden.
>Und war deshalb nicht kursant.
??? Da brauche ich nähere Erklärung. Wieso waren die Muscheln nicht kursant?
>>Der Potentat kam dann auf eine für ihn gute Idee....Er hat aber nicht das Geld erfunden, weil er an der Macht war,
>Er hat es erfunden, weil er hoffen konnte, damit an der Macht zu bleiben. Nachts fällt einem Vieles ein - und Potentaten schlafen schlecht.
>>sondern er war an der Macht, weil er besser tauschen konnte, i.e. mehr Ressourcen hatte.
>Er kam an die Macht, weil er die besseren Waffen hatte. Und wer die Waffe hat, tauscht nicht, sondern fordert ab.
Wo hatte er die Waffen her? Wie ist er an bessere Waffen gekommen? Womit hat er sie bezahlt?
Ich bin sehr der Meinung, dass es in der Stammeswelt Tauschgeld gegeben haben muss und dem Mega-Häuptling, der zum Feudalherrscher über mehrere Stämme wurde, seine Söldnerkrieger gesagt haben:"Gib uns diese Muscheln, Metallplatten, Zigaretten, für die wir bei den Mägden angehimmelt werden!"
Die brauchte er dann immer mehr und musste von seinen Folks und den Besiegten Abgaben einfordern.
>Es ist doch heute noch so, dass ich nicht etwa mit den Steuern etwas tausche, sondern gezwungen werde, sie abzuführen. Und der heutige Souverän tauscht auch nicht, sondern bestimmt, was abzuführen ist.
>Dass der Souverän nicht das Volk ist - auch klar: Sonst würde es bestimmen, was abzuführen ist und wofür es auszugeben ist (Etatrecht).
>Aber schaumermal, wie wir zusammenkommen.
>Dank + Gruß!
Ja, gerne. Ich schätze dich ja sehr und bin zum einen nur der Meinung, dass Geld mehrere Charaktere hat (Tausch, Sold, verpfändetes Eigentum) und zum anderen, dass eher evolvierende Eigentums-Verhältnisse zu Veränderungen der Machtorganisation führen als umgekehrt. Wir sind da ja noch mittendrin in der Schlacht, Großkonzerne sind für mich die dritte Version der Feudalmacht, aber last not least sind dann alle Saurier an ihrer Größe und der damit verbundenen Ur-Schuld eingegangen und die Erde wird wie ein riesiges Auen-Land sein, oder lieber noch: wie eine mittelalterliche Hansestadt plus sanitäre Anlagen. Und plus Derivatmärkte, mit der alles gehedged werden kann. Das dauert aber noch. Bzw.: die bevorstehende Staatsbankrotts-Krise wird die Motivation steigern.
so long, danke
Amstrand
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nereus
21.07.2005, 22:11
@ Burning_Heart
|
Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart (4) |
-->Hallo burning heart!
Du schreibst: Dann belastest auch du Eigentum. Ich meine damit nicht Schulden machen sondern du kannst, wenn der Kunde mucken macht, die Macht einschalten, um die Probleme zu regeln.
Inwiefern würde ich in diesem angenommen Fall denn Eigentum belasten?
Zunächst würde ich den Kunden höflichst auffordern zu zahlen.
Bleibt er bockig, würde ich in aller Ruhe mein Angebot oder andere schriftliche Vereinbarungen nochmals studieren. Im dümmsten Fall habe ich leichtfertig etwas versprochen, oder unterlassen etwas auszuschließen, woraus diese elendige Mistgurke mir jetzt einen Strick dreht.
Habe ich jedoch alles richtig gemacht (aus meiner naiven Weltsicht) dann wird ein Termin beim RA vereinbart. In einem kostengünstigen Vorgespräch kann man die Aussichten abklären.
Habe ich reelle Chancen auf Erfolg dann wird prozessiert und dann gehe ich auch gerne in Vorkasse.
Sieht es schlecht aus, dann lasse ich es bleiben, heule heimlich ins Kissen über meine grenzenlose Blödheit und beschuldige insgeheim das EW-Forum, weil ich dort so viel Zeit verplempert habe und deshalb nicht sorgfältig genug gearbeitet habe.
Eigentum hat nichts mit Kredit nehmen zu tun. Das kann man machen, aber einfach nur ein Haus in Frankreich kaufen und vermieten oder mit Gewinn weiter verkaufen ist Eigentumsbelastung.
Bitte? Wenn ich ein Haus verkaufe, dann belaste ich Eigentum?
Da gibt es nichts mehr zu belasten, die Hütte ist dann weg. Der Käufer könnte dies eventuell tun.
Mein Haus kann ich nur so lange beleihen wie ich Eigentümer bin, falls ich Kohle brauche.
Die Bank nimmt dann das Haus als Sicherheit. So etwas nenne ich Eigentumsbelastung und ich denke die Bank sieht das ebenso.
Übrigens, Kredit ist nur mit Macht also Eigentum möglich.
Fast jede Woche flattern mir die Konsumentenkreditangebote irgendwelcher Banken in’s Haus.
Die wollen mir unbedingt 5 oder 10.000 Euros an den Hals hängen - ich will aber nicht.
Eigentum soll ich dafür nicht beleihen. Die wollen mich offenbar selbst beleihen, bzw. meine Arbeitskraft.
Wie erklärt man sich dieses Geschäftsgebahren?
Zuerst mal ist Kapitalismus nicht definierbar und damit nicht existent.
Keiner hat bisher geschafft zu erklären, was Kapitalismus ist weil es ihn ja nicht gibt.
Da ist aber jetzt sehr mutig. Schau doch bitte mal in’s Lexikon.
Im alten DDR-Lexikon steht u.a.: Gesellschaftsform, die auf dem Privateigentum an Produktionsmitteln und der Ausbeutung der Lohnarbeiter beruht.
Im jetzt gültigen Lexikon steht es u.a. ähnlich, allerdings nicht so hart: .. Privateigentum an Produktionsmitteln, Risiko, Eigenverantwortung, Gewinnstreben..
Lügen die jetzt beide?
Tja ich weiß nicht wie ich es dir noch erklären soll, aber ohne Macht kann es keine Unternehmen geben, denn der Kunde wird zu oft die Kontrakte brechen.
Ich wiederhole nochmals meine Frage. Du wohnst nicht zufällig am Fuße des Ätna?
Was haben denn hier manche nur für ein negatives Menschenbild - überall nur Lug und Betrug.
Tu mir das nicht an. Du sagst jetzt auch noch, daß die Macht eine fleißige Institution ist und genau so viel arbeitet wie ihre Untergebenen und alles zum Wohle der Gemeinschaft ist.
Das kann man so pauschal nicht sagen. Es gibt diese und jene, manche sind gut und manche nicht und bei anderen weiß man bis zum Ende nicht so genau, welches Prädikat sie eigentlich verdienen.
mfG
nereus
|
Burning_Heart
22.07.2005, 00:00
@ nereus
|
Re: Geldknappheit, Staat und Modernisieurng - burning heart (4) |
-->>Hallo burning heart!
>Du schreibst: Dann belastest auch du Eigentum. Ich meine damit nicht Schulden machen sondern du kannst, wenn der Kunde mucken macht, die Macht einschalten, um die Probleme zu regeln.
>Inwiefern würde ich in diesem angenommen Fall denn Eigentum belasten?
Du vertraust darauf, daß du die Macht zur Hilfe holen kannst, wenn der Kunde den Kontrakt brechen will, also z.b. sich ohne Bezahlung aus dem Staub macht.
Dein Produkt und deine Idee ist daher zum Eigentum umgewandelt worden.
>Zunächst würde ich den Kunden höflichst auffordern zu zahlen.
>Bleibt er bockig, würde ich in aller Ruhe mein Angebot oder andere schriftliche Vereinbarungen nochmals studieren. Im dümmsten Fall habe ich leichtfertig etwas versprochen, oder unterlassen etwas auszuschließen, woraus diese elendige Mistgurke mir jetzt einen Strick dreht.
>Habe ich jedoch alles richtig gemacht (aus meiner naiven Weltsicht) dann wird ein Termin beim RA vereinbart. In einem kostengünstigen Vorgespräch kann man die Aussichten abklären.
>Habe ich reelle Chancen auf Erfolg dann wird prozessiert und dann gehe ich auch gerne in Vorkasse.
>Sieht es schlecht aus, dann lasse ich es bleiben, heule heimlich ins Kissen über meine grenzenlose Blödheit und beschuldige insgeheim das EW-Forum, weil ich dort so viel Zeit verplempert habe und deshalb nicht sorgfältig genug gearbeitet habe.
> Eigentum hat nichts mit Kredit nehmen zu tun. Das kann man machen, aber einfach nur ein Haus in Frankreich kaufen und vermieten oder mit Gewinn weiter verkaufen ist Eigentumsbelastung.
>Bitte? Wenn ich ein Haus verkaufe, dann belaste ich Eigentum?
>Da gibt es nichts mehr zu belasten, die Hütte ist dann weg. Der Käufer könnte dies eventuell tun.
>Mein Haus kann ich nur so lange beleihen wie ich Eigentümer bin, falls ich Kohle brauche.
>Die Bank nimmt dann das Haus als Sicherheit. So etwas nenne ich Eigentumsbelastung und ich denke die Bank sieht das ebenso.
> Übrigens, Kredit ist nur mit Macht also Eigentum möglich.
>Fast jede Woche flattern mir die Konsumentenkreditangebote irgendwelcher Banken in’s Haus.
>Die wollen mir unbedingt 5 oder 10.000 Euros an den Hals hängen - ich will aber nicht.
>Eigentum soll ich dafür nicht beleihen. Die wollen mich offenbar selbst beleihen, bzw. meine Arbeitskraft.
>Wie erklärt man sich dieses Geschäftsgebahren?
> Zuerst mal ist Kapitalismus nicht definierbar und damit nicht existent.
>Keiner hat bisher geschafft zu erklären, was Kapitalismus ist weil es ihn ja nicht gibt.
>Da ist aber jetzt sehr mutig. Schau doch bitte mal in’s Lexikon.
>Im alten DDR-Lexikon steht u.a.: Gesellschaftsform, die auf dem Privateigentum an Produktionsmitteln und der Ausbeutung der Lohnarbeiter beruht.
>Im jetzt gültigen Lexikon steht es u.a. ähnlich, allerdings nicht so hart: .. Privateigentum an Produktionsmitteln, Risiko, Eigenverantwortung, Gewinnstreben..
>Lügen die jetzt beide?
Ich meinte eine saubere von A-Z Erklärung in der Art Wieso, Weshalb, Warum.
Habe ich noch nicht gesehen, auch keine halbwegs richtige. Und die Bücherschreiber sind die Schlimmsten, Nobelpreise wurden und werden für Schwachsinn vergeben.
> Tja ich weiß nicht wie ich es dir noch erklären soll, aber ohne Macht kann es keine Unternehmen geben, denn der Kunde wird zu oft die Kontrakte brechen.
>Ich wiederhole nochmals meine Frage. Du wohnst nicht zufällig am Fuße des Ätna?
>Was haben denn hier manche nur für ein negatives Menschenbild - überall nur Lug und Betrug.
Du siehst das hier und jetzt als Standardform an. Tatsächlich ist es eine temporäre Ausnahme, daß Menschen so gut miteinander können.
Im Normalfall nimmt sich jeder was er braucht und der Stärkere gewinnt.
Die Religion hat bei uns dann auch noch einen Einfluß, von wegen wenn du dies und das machst kommst du in die Hölle oder Himmel.
In Eigentumslosen Gegenden hat Religion gar keine Chance auf die Bevölkerung einzuwirken.
> Tu mir das nicht an. Du sagst jetzt auch noch, daß die Macht eine fleißige Institution ist und genau so viel arbeitet wie ihre Untergebenen und alles zum Wohle der Gemeinschaft ist.
>Das kann man so pauschal nicht sagen. Es gibt diese und jene, manche sind gut und manche nicht und bei anderen weiß man bis zum Ende nicht so genau, welches Prädikat sie eigentlich verdienen.
Macht ist andere für sich arbeiten zu lassen. Die Politik von heute ist das im Kern immer noch. Da liegt ihr Entwicklungsursprung. Der Rest ist Tarnung und Bedienung von Komplexen.
>mfG
>nereus
Gruß
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nereus
22.07.2005, 08:57
@ Holmes
|
Re: @nereus - chiron - Holmes (4) |
-->Hallo Holmes!
Du schreibst: In Amerika ist der gängige Spruch, warum man mit dem Job nicht aufhört:"Um die Miete zu bezahlen". Historisch richtig wäre der Spruch, warum die Leute aufs Feld gehen, obwohl sie schon genug haben, um sich selbst zu ernähren:"Um die Abgaben zu bezahlen".
Ja, da ist schon etwas dran. Nur vom Essen allein lebt es sich schlecht.
Also braucht man z.B. eine Wohnung und die kostet Geld. Wer nicht selbst bauen kann oder will, mietet eben eine und dafür muß man Miete bezahlen.
Das wäre eine Aus- (nicht Abg-) gabe die notwendigerweise in die Lebensplanung eingebaut werden sollte. Und da man nicht immer nackig durch die Wohnung laufen möchte, vor allem im Winter, erlegt man einen Feldhasen und bindet sich dessen Fell als Schurz um oder man strickt etwas selbst, läßt gegen Bezahlung stricken oder kauft sich einfach was zum anziehen.
Eine leere Wohnung ist etwas dürftig und die Sitzgelegenheiten aus Gemüsekartons vom Discounter waren auch noch nie sonderlich stabil, also bewegen sich die meisten Leute in Richtung Möbelhaus.
Herrschaftszeiten, wir müssen doch jetzt nicht alle lebensnotwendigen oder das Leben angenehm machenden Alltäglichkeiten durchgehen, oder?
Schau Dich doch mal in Deiner Wohnung um und schau Dir mal eine Wohnung oder besser einen Wohnpalast bei den Millionären an, wobei ich jetzt mal unterstelle, daß Du Normalverdiener bist.
Warum ist die Regenbogenpresse denn voll mit den Geschichten der Reichen.
Weil die Massen von einem schönen und sorgenfreien Leben träumen und das ist nun einmal mit einem hohen Einkommen am ehesten zu erzielen. Deshalb spielen die Leute auch Lotto.
Wie kommst Du denn nur immer wieder auf diesen Abgabenwahn?
Natürlich müssen auch Steuern gezahlt werden, aber die meisten Steuern sind nichts anderes als versteckte Kosten, die im Fall einer Privatisierung der staatlichen Institution auch gezahlt werden müßten.
In der Privatschule wird dann Schulgeld fällig oder glaubst Du die Lehrer unterrichten aus reiner Nächstenliebe Deine Kinder?
An allen Straßen wird dann Wegezoll erhoben oder denkst Du die Straßenbaufirmen sind charitative Einrichtungen?
Die Kosten für Theater, Museum oder Freibad verdreifachen sich und alles was sonst noch staatlich finanziert wird, wirst DU dann AUCH BEZAHLEN müssen.
Übrigens haben große und kleine Unternehmen auch einen Verwaltungsapparat den wir im Produktkauf mitbezahlen
Es gibt eine interessante Frau, Heidemarie Schwermer, die das sogenannte"Sterntaler-Experiment" durchführt, ein Leben ohne Geld...
.. Ihr Verhalten zeigt aber offenkundig, dass auch sie nicht verstanden hat, wie das System funktioniert.
Diese Frau hat das System sehr gut verstanden, denn sie spürt unterschwellig, daß sie die gleichen Wege, Bürgersteige und Straßen wie wir benutzt, welche aus Steuermitteln finanziert werden.
Oder schwebt die Dame etwa durch Dortmund? Dann sollte sie besser gleich nach Wuppertal ziehen.
mfG
nereus
|
chiron
22.07.2005, 09:30
@ nereus
|
Re: @nereus - chiron - Holmes (5) |
-->Hallo nereus
Diese Diskussion scheint mir ein wenig aus dem Ruder zu laufen. Selbstverständlich lässt sich nicht alles mit der höchsten irdischen Macht ergo dem Staat erklären. Ich dachte, hier geht es darum, dass das Geld kein Tauschmittel, sondern ein Abgabemittel ist und dass ein Eigentum ohne einen Beschützer nicht denkbar ist.
Der Beschützer gab uns die Möglichkeit langfristig zu planen. Dadurch verloren wir die Angst, wie wir den nächsten Tag überleben sollten und der Geist konnte sich kreativeren Dingen widmen.
Die Frage aber ist natürlich, warum sich nicht alle an diese staatlichen Regeln halten, denn dann bräuchte es weder Polizei noch Militär, welche das Eigentum durchsetzt - höchstens einen Friedensrichter in zweifelhaften Fällen. Dass der Staat seinen Ursprung auf Gewaltübertretung gründete, wie das Dottore immer wieder zitiert, heisst für mich noch lange nicht, dass dies auch heute noch so sein muss. In einem demokratischen Staat, in dem die Mehrheit die Gesetze macht und sich alle diesen Mehrheits-Gesetzen unterwerfen, braucht es ergo keinen Beschützer.
Für solch ein Model fehlt aber noch der passende Mensch. Wir sind einfach noch nicht so weit. Der Grund dafür besteht aus einem Mangeldenken. Wir glauben, immer mehr haben zu müssen, um glücklich zu sein und dieses Mehr holen wir uns gerne beim anderen. So lange es Gier (Derivat der Angst, nicht genug zu haben) gibt, wird es so weiter gehen wie bisher. Sollte aber irgendwann die Kreativität (Derivat der Liebe - das Vertrauen in das eigene Erschaffen dessen, was man braucht)vollständig die Gier abgelöst haben, dann erst kann der Staat das sein, was wir von ihm wünschen.
Gruss chiron
|
moneymind
22.07.2005, 11:02
@ Amstrand
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Re: @nereus - chiron - Holmes (2) |
-->Hallo Amstrand,
Du schreibst:
"Bei der Diskussion über Macht kommt imo zu kurz, das auf Eigentum basierende Gesellschaften von der Machtorganisation her anders sind als feudalistische Staaten."
Das sehe ich ganz ähnlich: auch in auf Eigentum basierenden Gesellschaften gibt es natürlich verschiedene Formen von Macht. Die Macht des Gläubigers über die versprochene Leistung des Schuldners, für deren Vollstreckung er das Gewaltmonopol des Staats in Anspruch nehmen kann, ist eine davon. Die Macht des „Staates“, Steuern zu erheben und Gesetze zu erlassen, eine andere. Erstere ist spezifisch für auf Eigentum basierende Gesellschaften. Letztere stellt für mich unter ökonomischen Gesichtspunkten ein Feudalsystem in einer „freien“ Eigentumsgesellschaft dar.
Eine dritte, für Eigentumsgesellschaften spezifische Form von"Macht" besteht in der Macht, die Kunden (freie Eigentümer) gegenüber Unternehmern ausüben können, indem sie zwischen verschiedenen Wettbewerbern wählen --- auch das fehlt in reinen Feudalsystemen.
Es gibt also eine „Kontinuität der Macht“ in dem Sinn, daß es verschiedene Formen von Macht und Zwang in allen Gesellschaftsformen zu geben scheint. Aber diese Gemeinsamkeit erklärt noch nicht die konkreten Formen oder Ausprägungen, in der diese „Macht“ in unterschiedlichen Gesellschaftsformen erscheint. Dottore betont die Gemeinsamkeit. Das ist okay, kann aber meiner Meinung nach bestenfalls ein erster Schritt sein; denn dann müssen wir differenzieren und die verschiedenen konkreten Machtformen unterscheiden.
Natürlich ist ein Unternehmer nicht völlig frei, so wie sich vielleicht ein Anarchist sich das vorstellen mag. Unternehmer unterliegen einer Reihe von Handlungszwängen, unter anderem dem der Kundenorientierung. Er muß sich bemühen, die Bedürfnisse seiner Kunden besser zu erfüllen als seine Wettbewerber. Insofern haben seine Kunden „Macht“ über ihn. Aber ist diese Macht dieselbe, die der Staat mit seinen Steuergesetzen über ihn ausübt?
Nein, ich bin der Meinung, eine Großtheorie (der Macht, oder of anything else) kann bestenfalls ein Anfang sein - dann kommt es darauf an, eine feinere Unterscheidungsfähigkeit zu entwickeln.
Du schreibst weiter:
"Dass auch kommunistische Parteistaaten feudal sind, war ein Eye-Opener für mich bei Heinsohn/Steiger."
Für mich auch - überraschend war das für mich zunächst mal deshalb, weil diese Staaten sich ja mit einer Freiheitsideologie (der der bürgerlichen Aufklärung) geschmückt haben. Ã-konomisch betrachtet macht es aber Sinn, Realsozialismen als feudale Systeme zu sehen: Von oben geplante Produktion, Umverteilung, Zwang durch Sanktion von oben und nicht durch die Entscheidung von Kunden.
Du schreibst weiter:
"Das trifft auch für multinationale Großkonzerne zu, sozuagen laterale Feudalismen, die Vorstände verhalten sich auch wie Louis 14."
Auch das sehe ich ähnlich. Die internen Hierarchien in größeren Unternehmen haben mehr mit Feudalsystemen gemeinsam als mit der Freiheit des Marktes. Insofern gibt auch in Eigentumsgesellschaften es nicht nur beim Steuersystem, sondern auch unternehmensintern"Herrschaft". Trotzdem bringen Eigentum, Vertragsfreiheit und Markt immer noch mehr persönliche Freiheiten mit sich als"komplette","reine" Feudalsysteme wie z.B. der Realsozialismus.
"Mit dem Eigentum, meist in Städten, entstand die bürgerliche Gesellschaft mit Gewaltenteilung. Das Eigentum bedingt eine neue Machtorganisation."
Ja - „die Macht“ wird zwar nicht beseitigt, macht aber einen entscheidenden Funktionswechsel durch und wird in ganz andere Kanäle geleitet, mit ganz neuen Ergebnissen (Produktivitätsdynamik, technischer Fortschritt, freies Unternehmertum etc.).
Gruß
moneymind
|
moneymind
22.07.2005, 11:12
@ dottore
|
Re: Eigentümer- oder Feudalgesellschaft? |
-->Hallo dottore,
Du fragst Amstrand:
„bist Du ganz sicher, dass wir heute
a) in einer freien Eigentümergesellschaft à la H/S leben und nicht
b) nach wie vor im Feudalismus (wenn auch in einer subtileren Form, die - wie Du ausführst - sich sogar schon wieder in Richtung auf den platten Feudalismus zurückentwickelt)?“
Ich würde darauf antworten: weder noch.
zu a) H/S vergessen den Staat als ökonomischen Akteur. Bei einer Staatsquote von über 50% ist es jedoch offensichtlich, daß wir 50% Sozialismus/Feudalismus haben und nicht 100% Markt. Über die Rolle des Staates habe ich aus Deinem „Kapitalismus“-Buch weit mehr gelernt als von H/S!
zu b) noch gibt es glücklicherweise Eigentum, Vertragsfreiheit und Markt, aber sie sind eben ständig in Gefahr.
Die Frage „Eigentümer- oder Feudalgesellschaft“ scheint mir zu undifferenziert. Wir leben in einer Mischgesellschaft, und eine Eigentümergesellschaft braucht als Grundlage einen Staat, der wohl immer auch feudale Elemente enthalten wird (Steuererhebungen etc.), deren Ausdehnung die freien deshalb ständig bekämpfen müssen. Die Freiheit ist immer in Gefahr und insofern eine fragile Angelegenheit. Außerdem ist sie durch vielfältige Zwänge nicht nur staatlicher Art (Steuern, Gesetze etc.) eingeschränkt (Wettbewerb, Kundenmacht etc.). Dennoch ermöglicht sie einen Grad persönlicher Freiheit, der soweit ich sehe über Feudalsysteme hinausgeht und den ich nicht missen möchte.
Es ist leicht, diese Freiheiten für selbstverständlich zu nehmen. Sobald man sie nicht mehr hat und wirklich in einem Feudalsystem lebt, weiß man vielleicht besser, daß die Freiheit der Eigentümergesellschaft sich von der durch Überwachung gekennzeichneten Atmosphäre eines Feudalsystems doch recht deutlich unterscheidet.
Du schreibst weiter:
„Ich werde gern versuchen, herauszufinden, ob es in den"heutigen" Staaten etwas gibt, was es in den"Feudalstaaten" nicht ebenfalls schon gegeben hätte.“
Freie Unternehmer z.B.? Kontinuierliche Innovation + technischen Fortschritt? Persönliche Konsumfreiheit für alle? Enorme Produktvielfalt? Ständiges „Warenüberangebot“ für Konsumenten (dank knappen Geldes) statt „knapper Güter“ (DDR-Bürger mußten bis zu 17 Jahre auf einen Trabant warten, auch wenn sie tausendmal sofort einen Golf wollten).
Du schreibst weiter:
"Staat und freie (!) Eigentümer schließen sich aus."
?!? Freie Eigentümer sind doch ohne Eigentum und Vertragssicherheit garantierenden Staat gar nicht denkbar -- ohne den haben wir Wildwest-Anarchie mit Selbstjustiz. Ich denke, daß wir hier vielleicht näher klären sollten, was jeder von uns unter „Freiheit“ genau versteht. Es ist ja ein recht vager Begriff, den man vielfältig interpretieren kann und insofern ein Boden, auf dem Mißverständnisse leicht gedeihen.
Ã-konomisch gesehen verstehe ich unter Freiheit zunächst mal einfach Vertragsfreiheit. Ich kann mit beliebigen anderen freien Eigentümer Verträge beliebigen Inhalts schließen. Gesetzlich geregelt ist lediglich die Form, in der das stattfindet (Schuldrecht etc.). Die Vertragsinhalte kann im Prinzip ich frei bestimmen. Daß es in der Praxis trotzdem vielfältige inhaltliche Restriktionen gibt, die meine diesbezügliche Freiheit einschränken (z.B. meine Zahlungsfähigkeit, meine Kreditwürdigkeit, meine Fähigkeiten, die Bedürfnisse meiner Kunden etc.) ist dabei unbestritten. Trotzdem bleiben mir mehr Freiheiten übrig als z.B. im Realsozialismus.
Du schreibst zum Souverän noch:
„Er kam an die Macht, weil er die besseren Waffen hatte. Und wer die Waffe hat, tauscht nicht, sondern fordert ab. Es ist doch heute noch so, dass ich nicht etwa mit den Steuern etwas tausche, sondern gezwungen werde, sie abzuführen.“
Wie geht diese Vorstellung („Macht durch Waffengewalt“) zusammen mit der Tatsache, daß fast alle Feudalsysteme religiös legitimiert und begründet wurden und werden? Ist „Macht“ nur Waffengewalt? Was ist mit rhetorischer Macht --- begrifflicher Deutungsmacht also?
Mir scheint die Vorstellung „Macht=Zwang“ einzuschließen, daß die „Beherrschten“ davon nichts hätten, sondern nur geknechtet werden. Mir scheint plausibler, daß die „Beherrschten“ sich solange mit der „Macht“ ihrer Feudalherren (relativ) wohlfühlten, wie sie selbst „etwas davon hatten“ oder „damit leben konnten“. Zu Revolutionen kam es dann unter historischen Ausnahmebedingungen.
Was die Entstehung feudaler Herrschaft angeht, möchte ich hier noch auf Heinsohns Sicht dazu hinweisen (Buch: „Die Erfindung der Götter“, Zusammenfassung hier: http://www.kronia.com/library/journals/sacrfice.txt ).
Diese Theorie der Entstehung feudaler Herrschaft erscheint mir trotz aller Schwächen im Detail im Großen und Ganzen aus verschiedenen Gründen bisher plausibler als Deine Theorie der Macht nur durch Waffengewalt. Unter anderem deshalb, weil sie verständlich macht, warum Feudalherrschaft fast immer religiös legitimiert wurde und wird.
Andererseits: zur Waffengewalt hat Heinsohn in seiner Herrschaftstheorie ebensowenig zu sagen wie in seiner ökonomischen Theorie zum Staat. Ich bin deshalb weiterhin an beiden Blickwinkeln/Perspektiven interessiert.
Danke für die Anregungen,
und Gruß
moneymind
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Holmes
22.07.2005, 11:35
@ nereus
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Re: @nereus - chiron - Holmes (4) |
-->Hallo nereus,
an Deinen Kommentaren sehe ich, dass ich mich noch nicht klar ausdrücke bzw. nicht den Punkt rüberbringe, auf den es mir ankommt.
Die Grundfrage ist meines Erachtens: Warum benutzen wir Geld? Warum brauchen wir Geld?
Das Sterntaler-Experiment soll zeigen, dass man auch ohne Geld leben kann. Die Behauptung von dottore ist (und ich denke das auch), dass ein Leben ohne Geld von Staats wegen nicht möglich ist. Wenn alle Sterntaler-Menschen werden, würde der Staat verschwinden müssen. Der Staat braucht Geld/GZ, um zu existieren, die Unternehmer nicht.
Geld ist das Mittel zur Machtausübung und im internationalen Maßstab haben die USA es hier eindeutig zur Meisterschaft gebracht. Mit dem Dollar beherrschen sie die Welt und lassen die anderen Nationen ihren Tribut bezahlen (Währungsreserven). Wenn die sich dann für das viele Geld mal was von den Amis kaufen wollen, wird das nicht gestattet (Unocal).
Das Problem mit den Geldreformern ist ja unter anderem, dass die denken, sie könnten mal eben eine eigene Währung einführen und dann wäre alles ganz anders. Und der Staat sollte sich doch freuen, dass es jetzt so ein tolles neues Geld gibt! Wenn dottore recht hat, dann ist völlig klar, warum solche Aktionen niemals etwas werden können, weil der Staat darauf angewiesen ist, zu bestimmen, was Geld ist und niemanden da reinlassen will/kann.
Um nochmal zum Abgabenwahn zurückzukommen: die gute Sterntalerfrau hat eben (noch?) Glück, dass sie heute lebt, in einer früheren Gesellschaft hätte sie bei Nichtzahlung des Tributes etwas ganz anderes erleben können. Stellen wir uns jetzt vor, dass würden alle so machen? Wovon würde dann ein Schröder bezahlt? Wie sollte der Staat über seine Verhältnisse leben können, wenn nur getauscht wird?
Das für Leistungen bezahlt werden muss, ist ja klar, aber doch bitte nur für solche, die ich will und nicht solche, die mir aufgezwungen werden. Über die ganzen staatssubventionierten Aktionen (Schule, Uni, Theater etc.) gibt es ja auch sehr kritische Ansichten.
Ein kritischer Punkt dabei ist, dass staatlich gesicherte Institutionen kein unternehmerisches Risiko zu fürchten haben, es wird ja immer bezahlt. Wenn das Bürgerhaus ein bißchen teurer wird, na und? Wenn die neue Software ein bißchen teuer wird, na und? Das wissen dann auch die Firmen und lassen es gerade beim öffentlichen Bauen auch drauf ankommen. Das Ding muss fertig werden, koste es was es wolle!
Wenn ein privater Unternehmer Verluste macht, ist es sein Problem, wenn der Staat Verluste macht, ist es unser aller Problem. Wenn der Staat auch noch Garantien für private Unternehmungen macht, dann ist das auch wieder unser aller Problem. Stichwort"moral hazard": durch die staatlichen Garantien von IWF etc. werden Kredite an schlechte Schuldner vergeben, die bei Gewinn den Investoren Vergnügen bereiten, bei Verlust auch. Egal, was passiert, die Staaten bezahlen, toll.
Der Staat ist ein sehr gefährliches Gebilde, an dem sich alle möglichen Interessengruppen zu schaffen machen, um die Allgemeinheit zu linken.
Ich denke, diese Struktur zu analysieren und ihre Probleme aufzuzeigen, ist die Voraussetzung für eine Weiterentwicklung. Das jetzige System ist auf Untergang bzw. nachfolgende Diktatur programmiert: die USA sind schon (wieder mal) am weitesten.
> Dottores Modelle sind eine wesentliche Bereicherung der Denkwerkzeuge und mahnen zur Anerkennung.
>Ich habe seine Bücher schon vor 15 Jahren gelesen und war ziemlich begeistert.
>Nur hat er jetzt eine Richtung eingeschlagen, der ich nicht mehr folgen kann.
>Einigen anderen Teilnehmern (siehe Diskussionen der letzten Wochen) scheint es ähnlich zu gehen, aber möglicherweise kommt die Erleuchtung noch.. und wenn nicht, dann bleiben wir eben dumm. [img][/img]
Ich habe gestern abend nochmal das"Gewaltmetall Gold" gelesen. Das macht doch alles Sinn, baut aufeinander auf und erklärt IMHO sehr einsichtig, wie das System entstanden sein könnte. Wo siehst Du da Probleme?
Beste Grüsse,
Holmes
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Fremdwort
22.07.2005, 18:12
@ dottore
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Re: Eigentümer- oder Feudalgesellschaft? |
-->Hallo dottore.
>Vielleicht könntest Du dies anhand einiger heutiger Erscheinungen klarer machen. Ich werde gern versuchen, herauszufinden, ob es in den"heutigen" Staaten etwas gibt, was es in den"Feudalstaaten" nicht ebenfalls schon gegeben hätte.
Was es nicht gab, war das Privateigentum in diesem bürgerlichen Sinne. Frei veräußerbares Eigentum. Feudalismus war eine Ständegesellschaft in der die Nase zählte und nicht das Eigentum.
Ebenso gab es nicht die von den Produktionsmitteln befreiten"Proletarier". Im Feudalismus war annähernd jeder arbeitende noch Eigentümer seiner PM, mit wenigen Ausnahmen.
Ebenso gab es kein Kapital. Wenn die Wirtschaft nicht funktionierte, wurden neue Münzen geprägt und die alten eingesammelt. Der König hatte das Machtwort.
Gruß
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freeman
22.07.2005, 20:35
@ Fremdwort
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Re: Eigentümer- oder Feudalgesellschaft? |
-->Bin zwar nicht gemeint, kann aber nicht widerstehen:
>Hallo dottore.
>>Vielleicht könntest Du dies anhand einiger heutiger Erscheinungen klarer machen. Ich werde gern versuchen, herauszufinden, ob es in den"heutigen" Staaten etwas gibt, was es in den"Feudalstaaten" nicht ebenfalls schon gegeben hätte.
>Was es nicht gab, war das Privateigentum in diesem bürgerlichen Sinne. Frei veräußerbares Eigentum. Feudalismus war eine Ständegesellschaft in der die Nase zählte und nicht das Eigentum.
Stände weiss ich nicht so recht, das ist mehr so ne Monopolsache, aber Eigentumsproblematik auf jeden Fall (Lat. feudum=Lehen)
>Ebenso gab es nicht die von den Produktionsmitteln befreiten"Proletarier". Im Feudalismus war annähernd jeder arbeitende noch Eigentümer seiner PM, mit wenigen Ausnahmen.
eben nicht - eher Besitzer.
>Ebenso gab es kein Kapital. Wenn die Wirtschaft nicht funktionierte, wurden neue Münzen geprägt und die alten eingesammelt. Der König hatte das Machtwort.
Inwieweit Manufakturen Kapital hatten kann man sich streiten. Ohne bürgerliches Recht, wohl kaum so richtig. Kredite gab es auf jeden Fall schon, aber mehr so für den König. Völlig richtig. Hat aber dottore versucht darzulegen (Zinnß)
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Fremdwort
22.07.2005, 21:12
@ freeman
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Re: Eigentümer- oder Feudalgesellschaft? |
-->>Bin zwar nicht gemeint, kann aber nicht widerstehen:
>>Hallo dottore.
>>>Vielleicht könntest Du dies anhand einiger heutiger Erscheinungen klarer machen. Ich werde gern versuchen, herauszufinden, ob es in den"heutigen" Staaten etwas gibt, was es in den"Feudalstaaten" nicht ebenfalls schon gegeben hätte.
>>Was es nicht gab, war das Privateigentum in diesem bürgerlichen Sinne. Frei veräußerbares Eigentum. Feudalismus war eine Ständegesellschaft in der die Nase zählte und nicht das Eigentum.
>Stände weiss ich nicht so recht, das ist mehr so ne Monopolsache, aber Eigentumsproblematik auf jeden Fall (Lat. feudum=Lehen)
Das war eben KEIN typisch bürgerliches Eigentum! Es war nicht frei veräußerbar sondern wurde in erster Linie"zugeteilt" und vererbt. Reine Nasenpolitik, keine Freizügigkeit.
Ein Frondienstler hätte nie land erwerben können.
Ansonsten d´accord.
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freeman
22.07.2005, 21:55
@ Fremdwort
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Re: Eigentümer- oder Feudalgesellschaft? |
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>>Stände weiss ich nicht so recht, das ist mehr so ne Monopolsache, aber Eigentumsproblematik auf jeden Fall (Lat. feudum=Lehen)
>Das war eben KEIN typisch bürgerliches Eigentum! Es war nicht frei veräußerbar sondern wurde in erster Linie"zugeteilt" und vererbt. Reine Nasenpolitik, keine Freizügigkeit.
>Ein Frondienstler hätte nie land erwerben können.
>Ansonsten d´accord.
sag ich doch feudum=Lehen."Geliehen". Feudalismus ist somit die gesellschaft der Leiher - nicht der Beliehenen wie heute:-). [img][/img]
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Amstrand
23.07.2005, 15:01
@ moneymind
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danke, volle Zustimmung |
-->Danke für die Klarstellungen und Erweiterungen, moneymind, volle Zustimmung. Es wäre im Detail herauszuarbeiten, inwieweit eine neue Geld-Idee oder eine neue Macht-Idee einander bedingen.
Wie ich schon mal gepostet habe, musste der Kaiser Maximilian 1., einer der mächtigsten Feudalherrn der europäischen Geschichte, sich bis zum Gehtnichtmehr bei den Fuggers verschulden. Es bestanden in Europa immer mehrere Machtsysteme, bzw. Gesellschaftsorganisationsformen parallel und eine war ökonomisch stärker als die andere und damit letztendlich mächtiger.
Gruß,
Amstrand
>Hallo Amstrand,
>Du schreibst:
>"Bei der Diskussion über Macht kommt imo zu kurz, das auf Eigentum basierende Gesellschaften von der Machtorganisation her anders sind als feudalistische Staaten."
>Das sehe ich ganz ähnlich: auch in auf Eigentum basierenden Gesellschaften gibt es natürlich verschiedene Formen von Macht. Die Macht des Gläubigers über die versprochene Leistung des Schuldners, für deren Vollstreckung er das Gewaltmonopol des Staats in Anspruch nehmen kann, ist eine davon. Die Macht des „Staates“, Steuern zu erheben und Gesetze zu erlassen, eine andere. Erstere ist spezifisch für auf Eigentum basierende Gesellschaften. Letztere stellt für mich unter ökonomischen Gesichtspunkten ein Feudalsystem in einer „freien“ Eigentumsgesellschaft dar.
>Eine dritte, für Eigentumsgesellschaften spezifische Form von"Macht" besteht in der Macht, die Kunden (freie Eigentümer) gegenüber Unternehmern ausüben können, indem sie zwischen verschiedenen Wettbewerbern wählen --- auch das fehlt in reinen Feudalsystemen.
>Es gibt also eine „Kontinuität der Macht“ in dem Sinn, daß es verschiedene Formen von Macht und Zwang in allen Gesellschaftsformen zu geben scheint. Aber diese Gemeinsamkeit erklärt noch nicht die konkreten Formen oder Ausprägungen, in der diese „Macht“ in unterschiedlichen Gesellschaftsformen erscheint. Dottore betont die Gemeinsamkeit. Das ist okay, kann aber meiner Meinung nach bestenfalls ein erster Schritt sein; denn dann müssen wir differenzieren und die verschiedenen konkreten Machtformen unterscheiden.
>Natürlich ist ein Unternehmer nicht völlig frei, so wie sich vielleicht ein Anarchist sich das vorstellen mag. Unternehmer unterliegen einer Reihe von Handlungszwängen, unter anderem dem der Kundenorientierung. Er muß sich bemühen, die Bedürfnisse seiner Kunden besser zu erfüllen als seine Wettbewerber. Insofern haben seine Kunden „Macht“ über ihn. Aber ist diese Macht dieselbe, die der Staat mit seinen Steuergesetzen über ihn ausübt?
>Nein, ich bin der Meinung, eine Großtheorie (der Macht, oder of anything else) kann bestenfalls ein Anfang sein - dann kommt es darauf an, eine feinere Unterscheidungsfähigkeit zu entwickeln.
>Du schreibst weiter:
>"Dass auch kommunistische Parteistaaten feudal sind, war ein Eye-Opener für mich bei Heinsohn/Steiger."
>Für mich auch - überraschend war das für mich zunächst mal deshalb, weil diese Staaten sich ja mit einer Freiheitsideologie (der der bürgerlichen Aufklärung) geschmückt haben. Ã-konomisch betrachtet macht es aber Sinn, Realsozialismen als feudale Systeme zu sehen: Von oben geplante Produktion, Umverteilung, Zwang durch Sanktion von oben und nicht durch die Entscheidung von Kunden.
>Du schreibst weiter:
>"Das trifft auch für multinationale Großkonzerne zu, sozuagen laterale Feudalismen, die Vorstände verhalten sich auch wie Louis 14."
>Auch das sehe ich ähnlich. Die internen Hierarchien in größeren Unternehmen haben mehr mit Feudalsystemen gemeinsam als mit der Freiheit des Marktes. Insofern gibt auch in Eigentumsgesellschaften es nicht nur beim Steuersystem, sondern auch unternehmensintern"Herrschaft". Trotzdem bringen Eigentum, Vertragsfreiheit und Markt immer noch mehr persönliche Freiheiten mit sich als"komplette","reine" Feudalsysteme wie z.B. der Realsozialismus.
>"Mit dem Eigentum, meist in Städten, entstand die bürgerliche Gesellschaft mit Gewaltenteilung. Das Eigentum bedingt eine neue Machtorganisation."
>Ja - „die Macht“ wird zwar nicht beseitigt, macht aber einen entscheidenden Funktionswechsel durch und wird in ganz andere Kanäle geleitet, mit ganz neuen Ergebnissen (Produktivitätsdynamik, technischer Fortschritt, freies Unternehmertum etc.).
>Gruß
>moneymind
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