Zandow
08.08.2005, 19:31 |
Frage an Experten zu Ur in Chaldäa Thread gesperrt |
-->Hallo Forumsgemeinde,
soeben habe ich ein kleines Büchlein zur antiken Archäologie in Händen (von 1930).
Darin auch zu den Ausgrabungen der Stadt Ur in Chaldäa, der Heimatstadt Abrahams, gelegen am Euphrat, südlich von Bagdad und Babylon, nordwestlich von Basra. Die Ausgrabungen beziehen sich auf die Zeit so um 3600 BC.
Nun meine Frage: Was meint man mit Ur I, Ur II und Ur III?
Handelt es sich dabei um die Schichten? Wenn ja, welchen Zeiten werden diese zugeordnet?
Beste Grüße in die Runde, <font color=#008000>Zandow</font>
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Uwe
08.08.2005, 20:27
@ Zandow
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Re: zu Ur in Chaldäa - vorab-Teilantwort |
-->>Zandow:[i] Nun meine Frage: Was meint man mit Ur I, Ur II und Ur III?[/i]
Hallo, Zandow,
kann es sich hier vielleicht auch um die I. bis III. Dynastie von Ur, die nach der sumerischen Königsliste eingeteilt wird, handeln?
Die dritte Herrscherreihe dauerte danach ca. 108 Jahre und fiel in den Zeitraum 2112-2004 vor Chr. Die Kenntnisse über Ur bzw. seinen Vorläufern reichen bis ca. 2700 v.Chr. (nach"Geschichte Mesopotamiens", Dietz Otto Edzard).
Dieses ist allerdings nicht in Verbindung zu bringen mit Deinen"Ausgrabungsdaten", die in der Mitte des 4.Jtd. liegen. Hingegen sollte Abrahams"Auszug" in das 19Jh. v.Chr gelegt werden, so meine ich einmal in einer Geschichte gelesen zu haben, denn um Geschichte kann es sich hier wohl nicht handeln.
Gruß,
Uwe
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Zandow
09.08.2005, 02:15
@ Uwe
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Keine Kennung |
-->Hallo Uwe,
>kann es sich hier vielleicht auch um die I. bis III. Dynastie von Ur, die nach der sumerischen Königsliste eingeteilt wird, handeln?
Tja, das weiß ich eben nicht. Bisher hab' ich immer über die Bezeichnungen Ur I-III drüberweggelesen und wußte dies nicht zuzuordnen. Königslisten sehe ich eh mit allergrößtem Zweifel.
> Die dritte Herrscherreihe dauerte danach ca. 108 Jahre und fiel in den Zeitraum 2112-2004 vor Chr.
Dazu ein Auszug aus dem Buch:
"Mächtige Tempelruinen, an der Spitze der bergartige Tempelturm, die sogenannte Ziggurat, die in jeder mesopotamischen Stadt den Haupttempel auszeichnete, zahlreiche Privathäuser, vollständige Häuserviertel kamen ans Tageslicht. Viele Tausende von Dokumenten und bildliche Überreste der alten Kulturen sind uns dabei geschenkt worden. In den ältesten und tiefsten Kulturschichten sind buntbemalte tönerne Gefäße von besonderem Interesse. Sie sind neben Geräten und Waffen aus Feuerstein und Kupfer die einzigen Überbleibsel einer alten vorgeschichtlichen Bevölkerung, die sich einstmals von Mesopotamien bis zum zentralen Asien über die Erde verbreitete. Diese Kulturschicht aber war von einer starken Tonschlammschicht, die 3 1/2 m dick war, zugedeckt, überschwemmt worden. Sie war eine Ablagerung der >Sintflut<, von der die Bibel und die mesopotamische Überlieferung berichten, und muß seinerzeit den größten Teil der damaligen Bevölkerung zugrunde gerichtet haben. Auch an einem zweiten Orte im Norden des Landes, in der Stadt Kirsch bei Babylon, die durch englische und amerikanische Ausgrabung freigelegt werden soll, haben Stephen Langdon und Mackay eine ähnliche große Schlammschicht und zwei weitere kleinere darüber gefunden. So erscheint die >Sintflut< nicht mehr als Legende, sondern als Tatsache, als eine ungeheure lokale Überschwemmung im Zweistromlande in der Zeit um 3600 v. Ch."
Danach kamen dann die"Sumerer" (max. Zweifel bei Heinsohn) mit einem schon um ca. 3300 BC vollendetem Schrifttum.
Evtl. meint die Einteilung Ur I-III jene Phasen der Geschichte, also vor und nach der Schwemmschicht.
> Die Kenntnisse über Ur bzw. seinen Vorläufern reichen bis ca. 2700 v.Chr.
Scheint bis so ca. 4000 BC zu gehen. Hab' halt keine Kennung.
> (nach"Geschichte Mesopotamiens", Dietz Otto Edzard).
Oh, sehr schön. Bin immer dankbar für solche Literaturhinweise.
>Dieses ist allerdings nicht in Verbindung zu bringen mit Deinen"Ausgrabungsdaten", die in der Mitte des 4.Jtd. liegen.
Paßt erstmal nicht. Mal schauen, wie's zusammenhängt.
> Hingegen sollte Abrahams"Auszug" in das 19Jh. v.Chr gelegt werden, so meine ich einmal in einer Geschichte gelesen zu haben, denn um Geschichte kann es sich hier wohl nicht handeln.
Nee, glaub' ich auch nicht. Doch einen realen Hintergrund gibt's m.E. doch. Eine Sintflut denkt man sich nicht einfach so aus. Da steckt reales Erleben dahinter. Nur eben nicht in diesen riesigen Zeiträumen. Eher liegt alles in sehr engen Zeitspannen und nicht so ewig zurückliegend (vielleicht nur einige Hundert, statt einiger Tausend Jahre).
Dir einen Dank, besonders für den guten Link.
Herzliche Grüße, <font color=#008000>Zandow</font>
Außentemperatur: 11,6 °C (der Sommer macht Urlaub, im Ausland) [img][/img]
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Uwe
09.08.2005, 06:38
@ Zandow
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Re: Keine Kennung |
-->>Zandow[/b]: [i]Tja, das weiß ich eben nicht. Bisher hab' ich immer über die Bezeichnungen Ur I-III drüberweggelesen und wußte dies nicht zuzuordnen. Königslisten sehe ich eh mit allergrößtem Zweifel.[/i]
Hallo, Zandow,
nun, wenn es in Deiner Lektüre dort eine Einteilung Ur I bis Ur III gibt, dann scheint es sich tatsächlich um Grabungsschichten zu handeln, die mir allerdings so nicht bekannt sind - letzteres bedeutet allerdings nicht allzuviel, warum ich natürlich auch an der Klärung Deiner Frage interessiert bin.
Überschwemmungssituationen waren in diesem Zweistromland, dessen maximale Höhenunterschiede nur Dezi-Meter betragen, nichts ungewöhnliches. bedenkt man zudem, das Ur auch eine Geschichte als küstennahe Stadst hatte (heutiger Golf), so wird deutlich, dass Überschwemmungen einen Prägenden Charakter einnahmen.
Um nochmals auf die Königsliste zurückzukommen, so enthält sie bereits die Hinweise auf die Sintflut, ebenso wie das Gilgames(ch)-Epos. Ursachenzeitpunkt und Enstehungszeiten sowie die Zeitpunkte der uns bekannten Niederschriften (ca. Mitte des 2 Jtd. v.Chr. für Königsliste und Gilgames(ch)-Epos; 1.Jtd. für das AT) dürften auf der Zeitskala weit auseinander liegen.
Gruß,
Uwe
P.S.
- aus:"Völker im Lande Babylon", Henry W.F.Saggs, Verlag: Theiss) farbliche Hervorhebung von mir eingefügt.
Zeittafel (alle Daten v.Chr.)
3500 Späte Uruk-Zeit (3500-3000)
Beginnende Urbanisierung, Uruk wird zur Großstadt; Entwicklung der Schrift, handÂwerkliche Spezialisierung.
3000 Dschemdet Nasr-Zeit (3000-2900)
Weitere Städte entstehen, Prototyp der Zikkurat, erste Keilschrifttafeln in sumerischer Sprache.
2900 Frühdynastische Zeit I (2900-2750)
Erste Stadtstaaten; <font color=red>Sintflut</font>?
2700 Frühdynastische Zeit II (2750-2600)
[i]I. Dynastie von Kisch: Enmebaragesi, Agga und Mesilim (um 2600); heldenhafter König Gilgamesch von Uruk (Zeitgenosse des Agga).
2600 Frühdynastische Zeit IIIa (2600-2500)
<font color=red>Königsgräber von Ur.</font>
2500 Frühdynastische Zeit IIIb (2500-2371)
Dynastien von Lagasch: Urnansche (um 2545), Eanatum (um 2595) und Urukagina (um 2380); Dynastie von Umma: Eugalzagesi (Zeitgenosse Urukaginas).
2400 Akkad-Zeit (von 2371 bis etwa 2200)
Sargon von Akkad (2371-2316), Naramsin (2291-2255), Schar-kali-scharri (2254-2230).
2200 Zeit der Gutäer
Bergvolk der Gutäer etabliert sich in den Städten Babyloniens, daneben unabhängige Stadtstaaten, u. a. Lagasch, Umma, Uruk; Gudea von Lagasch und Utuchengal von Uruk (2123-2113).
2100 <font color=red>[b]III. Dynastie von Ur (2113-2006)[/b]</font>
Urnammu (2113-2096), Schulgi (2095-2048), Amarsin (2047-2039), Schusin (2038-2030), Ibbisin (2029-2006).
2000 Isin-Larsa-Zeit (2017-1817)
Mit der I. Dynastie von Isin beginnt die altbaÂbylonische Zeit, die bis zum Ende der I. DyÂnastie von Babylon andauert. Könige von Isin: Ischbierra (2017-1985), Lipit-Ischtar (1934-1924); Könige von Larsa: Naplanum (2025-2005), Gurgunum (1932-1906), Rimsin (1822-1763).
1900 I. Dynastie von Babylon (1894-1595)
Könige von Babylon: Sumu-abum (1894-1881), Hammurapi (1792-1750), Samsuiluna (1749-1712), Ammisaduqa (1646-1626). Parallel entÂsteht in Assyrien ebenfalls ein Königreich: Ischme-Dagan (1781-1742), Schamschi-Adad (1815-1782). In Mari (Syrien), das anfänglich von Assur abhängig war, übernimmt Zimrilim (1782-1759) die Herrschaft.
1600 Zeit der Kassiten (um 1570-1157)
1595 plündert der Hethiterkönig Murschili I. (um 1530) Babylon und die Meerlanddynastie herrscht für kurze Zeit in der babylonischen Hauptstadt. Danach übernehmen die KassiÂten die Macht in Babylonien bis 1157.
1500 Im Nordwesten werden die Churriter stärker und machen die Assyrer zu ihrem Vasallen.
1300 Assyrien befreit sich von der mitannischen Vorherrschaft und wird stärker als Ba-bylonien. Assur-uballit I. (1365-1330) setzt Ku-rigalzu II. (1345-1324) auf den babylonischen Thron; Grenzkonflikte zwischen Adad-narari I. (1307-1275) und Nazimaruttasch (1307-1282); Tukulti-Ninurta I. (1244-1208) besiegt Kaschti-liasch IV. (1232-1225) und übernimmt für sieÂben Jahre die Herrschaft in Babylon. Enlil-nadin-achi (1159-1157) unterliegt den Elamiern, Zusammenbruch des Kassitenreichs.
1200 II. Dynastie von Isin (1156-1025) Nebukadnezar I. (1124-1103) besiegt die Ela-mier, sein Bruder Marduk-nadin-ache (1098-1081) wird von dem assyrischen König Tiglat-pileser I. (1114-1076) bedrängt; Niedergang der Macht Babyloniens.
900 Chaldäer und Neuassyrer
Chaldäische Fürsten auf dem babylonischer Thron, danach wird Babylonien Teil de; neuassyrischen Reichs. Salmanassar III (858-824) schließt einen Staatsvertrag mit Ba bylonien, Tiglatpileser III. (745-727) über nimmt die Herrschaft in Babylon.
700 Der reiche Chaldäerfürst Merodach baladan (721-710 v. Chr.) kommt an die Mach und verbündet sich mit Elam. Feldzug Sar gons II. von Assyrien (722-705) gegen die Ela mier; 689 Eroberung und Zerstörung Baby Ions durch Sanherib (705-681).
600 Spätbabylonische Dynastie (626-539;
Nabopolassar (626-605) erobert mit den Me dem Ninive; Wiederaufbau Babylons durcr Nebukadnezar II. (604-562); wirtschaftlich» Schwierigkeiten und religiöser Wahn Nabo nids (555-539). 539 erobert der Perserkönij Kyros II. (559-529) Babylon.[/i]
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Uwe
09.08.2005, 08:44
@ Uwe
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Re: @Zandow (abseits vom Börsenforumsthemenschwerpunkt)... |
-->Hallo, Zandow,
der Vergleich der"Königsliste" mit den Daten der Zeittafel (Quellen siehe meine vorherigen Beiträge) ergibt folgende Zuordnung:
>- aus:"Völker im Lande Babylon", Henry W.F.Saggs, Verlag: Theiss) farbliche
>Zeittafel (alle Daten v.Chr.)
>3500 Späte Uruk-Zeit (3500-3000)
>Beginnende Urbanisierung, Uruk wird zur Großstadt; Entwicklung der Schrift, handÂwerkliche Spezialisierung.
>3000 Dschemdet Nasr-Zeit (3000-2900)
>Weitere Städte entstehen, Prototyp der Zikkurat, erste Keilschrifttafeln in sumerischer Sprache.
>2900 Frühdynastische Zeit I (2900-2750)
>Erste Stadtstaaten; <font color=red>Sintflut</font>?
>2700 Frühdynastische Zeit II (2750-2600)
>I. Dynastie von Kisch: Enmebaragesi, Agga und Mesilim (um 2600); heldenhafter König Gilgamesch von Uruk (Zeitgenosse des Agga).
aus der Königsliste:
...
Enme(n)barag(a)esia, der die Waffen des Landes Elam plündertea, wurde König; er regierte 900 Jahre.
Akaa, der Sohn des Enmen(n)baragesi, regierte 625 Jahre.
23 Könige regierten dort 24510 Jahre, 3 Monate, 4431/2 Tage.
Kisch wurde (mit) der Waffe geschlagen,....
aus der Königsliste (Ur I?)
... Unug wurde (mit) der Waffe geschlagen, sein Königtum wurde nach Ur gebracht.
In Ur wurde Mesannepada König; er regierte 80 Jahre.
A'annepada, der Sohn des Mesannepada, regierte... Jahre.
Meskiagnunna, der Sohn des Mesannepada, wurde König; er regierte 36 Jahre.
Elulu regierte 25 Jahre.
Balulu regierte 36 Jahre.
Vier Könige 4regierten dort 171[177] Jahre.
Ur wurde (mit) der Waffe geschlagen, [sein] Kö[nig]tum [wurde] 6[nach] Awana [gebracht].....
aus der Königsliste (Ur II?)
... [Unug wurde (mit) der Waffe geschlagen,]
[sein Königtum] wurde [nach Ur] gebracht.
[In]Ur wurde [Lugalkini]schedudu [König]; er regierte [... Jahre].
[Lugal]kisalsi, [der Sohn des Lu]gal[kinischedu]du, regierte [... Jahre].
[...-]gi 9regierte [...] Jahre.
0Kaku, [der Sohn des...-]gi, 12[re]gierte [...] Jahre.
[Vier] Königea regierten dort [116] Jahre.
[Ur wurde (mit) der Waffe geschlagen], [sein Königtum] wurde nach Adaba gebracht.....
>2600 Frühdynastische Zeit IIIa (2600-2500)
><font color=red>Königsgräber von Ur.</font>
>2500 Frühdynastische Zeit IIIb (2500-2371)
>Dynastien von Lagasch: Urnansche (um 2545), Eanatum (um 2595) und Urukagina (um 2380); Dynastie von Umma: Eugalzagesi (Zeitgenosse Urukaginas).
>2400 Akkad-Zeit (von 2371 bis etwa 2200)
>Sargon von Akkad (2371-2316), Naramsin (2291-2255), Schar-kali-scharri (2254-2230).
aus der Königsliste:
... Unug wurde (mit) der Waffe geschlagen; sein Königtum wurde nach Akkade gebracht.
In Akkade wurde Scharrukin - sein [Pfleg]evatera (war) ein Gärtner - (er), der Mundschenk des Urzababa, der König von Akkade, der Akkade erbaut hat, König; er regierte 56 Jahre.
Rimusch, der Sohn Scharrukins, regierte 9 Jahre.
Manischteschua, der ältere Bruder des Rimusch, der Sohn Scharrukins, regierte 15 Jahre.
Naram[suen], der Sohn Ma[n]ischte[schus], regierte [37] Jahre. Scharkalischarri, der Sohn Naramsuens, regierte 25 Jahre.
Wer war es, der König? Wer war es, der Nicht-Königa? I(r)gigi (war) König, Nanum (war) König, Imi (war) König, Ilulu (war) König. Diese vier (waren) König; sie regierten 3 Jahre,
Dudu regierte 21 Jahre,
Schudurul, der Sohn des Dudu, regierte 15 Jahre.
Elf Könige regierten dort 181 Jahre. Akkade wurde (mit) der Waffe geschlagen,...
>2200 Zeit der Gutäer
>Bergvolk der Gutäer etabliert sich in den Städten Babyloniens, daneben unabhängige Stadtstaaten, u. a. Lagasch, Umma, Uruk; Gudea von Lagasch und Utuchengal von Uruk (2123-2113).
aus der Königsliste:
... Unug wurde (mit) der Waffe geschlagen, sein Königtum wurde zum Heere von Gutiuma gebracht.
Das Heer von Gutium hatte keinen König, (sondern) regierte selbst 5 Jahrea....
>2100 <font color=red>[b]III. Dynastie von Ur (2113-2006)[/b]</font>
>Urnammu (2113-2096), Schulgi (2095-2048), Amarsin (2047-2039), Schusin (2038-2030), Ibbisin (2029-2006).
aus der Königsliste (Ur III?)
.... Unug wurde (mit) der Waffe geschlagen, sein Königtum wurde nach Ur gebracht.
In Ur wurde Urnammu König; er regierte 18 Jahre.
Schulgi, der Sohn des Urnammu, regierte 48 Jahre.
Amarsuena, der Sohn des Schulgi, regierte 9 Jahre.
Schusuen, der Sohn des Amarsuena, regierte 9 Jahre.
Ibbisuen, der Sohn des Schusuen, regierte 24 Jahre.
Fünf Könige regierten dort 108 Jahre.
Ur wurde (mit) der Waffe geschlagen, sein Königtum wurde nach Isina gebracht.
....
Gruß,
Uwe
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Popeye
09.08.2005, 09:39
@ Zandow
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Re: Frage an Experten zu Ur in Chaldäa |
-->Hallo, @student -
weit davon entfernt"Experte" zu sein - hier zuerst einmal eine historische Grobgliederung zu Mesopotamien:
Early Holcene and Neolithic 10.000-6.000BC
Hassuna 7.100-6.600 BC
Samarra 7.000-6.300 BC
Halaf 6.400-5.500 BC
Ubaid 6.500-4.000 BC
Uruk 4.000-3.100 BC
Early Dynastic 2.800-2.350
Old Akkadian/Akkade 2.350-2.200
Ur III 2.100-2000 BC
Old Babylonian 2.000-1.600 BC
Old Assyrian 1.950-1.750 BC
Middle Babylonian/Kassite 1.600-1.150 BC
Middle Assyrian 1.400-1.000
Neo-Babylonian 1.000-539 BC
Neo-Assyrian 1.000-610 BC
Late Babylonian
- Achaemenid Persian 539-333 BC
- Helllenistic/Seleucid 333-190 BC
Parthian and Sasanian dynasties 190BC - 612 AD
Islamic conquest 642 AD
(Aufstellung nach Norman Yoffee, 2005, S. 199)
Die fraglichen Dynastien/Period Ur I, Ur II und Ur III fallen in die fett hervorgehobenen Perioden der obigen Aufstellung und beziehen sich auf die Stadt/den Stadt-Staat Ur - später das biblische „Ur of the Chaldees“ der Chaldaer, die dort um 900 BC siedelten.
Die ersten - eher dörflichen Ansiedlungen - in Ur (Tell al Muqayyar) fallen noch in die Ubaid-Periode.
Die erste (Herrscher)-Dynastie von Ur (=Ur I = Early Dynastic) wurde von dem sagenhaften König Mesannepadda (etwa um 2670 BC) gegründet. Dessen dynastische Erbfolge fiel der Eroberung von Sargon von Agade (etwa von 2335-2279 BC) zum Opfer (etwa 2350-40 BC). Während der Herrschaft von Sargons Enkel Naram-Sin (ca. von 2255-2218 BC) haben Stämme aus den Bergen Zagros (die Gutians) ganz Sumer zerstört und unterworfen (= Ende der Akkadischen Periode). Von der Sog. Königsliste">http://www.fanice.com/articles/Uruk_period]Königsliste[/link] (siehe auch Posting von @Uwe) weiß man von einer zweiten Dynastie (Ur II) - sehr viel mehr weiß man aber (bisher) nicht.
Schließlich folgt die bekannte Ur III-Dynastie unter dem berühmten König Ur-Nammu (erster bekannter Gesetzgeber) und seinen Nachfolgern, die allerdings schon etwa 1950 BC von den Elamiten erobert wurde.
Die Ur-Dynastien I-III umfassen also grob 700 - allerdings kulturell prägende - Jahre.
Alle Daten sind mit großer Vorsicht zu genießen, weil die Transformation der Sumer-Daten in unser Kalender-System große Probleme aufwirft!!
Literatur zu Ur: Vor allem <a href="http://www.neareasternarchaeology.com/encyclopedia/index.php/Leonard_Woolley"> Leonard Woolley</a>
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Popeye
09.08.2005, 09:41
@ Popeye
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Re: Frage an Experten zu Ur in Chaldäa - Sorry @Zandow |
-->Sorry @Zandow - Posting war natürlich für Dich...Senilität....
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Zandow
10.08.2005, 00:57
@ Uwe
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@Uwe & popeye: Riesendank! |
-->Hallo Uwe,
Hallo popeye,
>nun, wenn es in Deiner Lektüre dort eine Einteilung Ur I bis Ur III gibt,
Nee, gibt es eben nicht. Deswegen auch meine gewesene Frage hier.
Euch beiden einen Riesendank für die übersichtlichen postings zur Chronologie von Ur und Mesopotamien. Habe alles ausgedruckt und damit meine Mesopotamien-Sammlung eröffnet. Jetzt kann ich so einiges besser einordnen und weiß auch besser, wonach ich suchen muß. Das eine Buch ("Geschichte Mesopotamiens") hatte ich glaube schon mal in Händen, habe dann aber doch ein Buch übers Mittelalter gekauft (mußte mich halt entscheiden).
> dann scheint es sich tatsächlich um Grabungsschichten zu handeln, die mir allerdings so nicht bekannt sind - letzteres bedeutet allerdings nicht allzuviel, warum ich natürlich auch an der Klärung Deiner Frage interessiert bin.
Falls sich in der nächsten Zeit was Interessantes ergibt, berichte ich davon; natürlich besonders die Ur I-III - Einteilung.
>Überschwemmungssituationen waren in diesem Zweistromland, dessen maximale Höhenunterschiede nur Dezi-Meter betragen, nichts ungewöhnliches. bedenkt man zudem, das Ur auch eine Geschichte als küstennahe Stadst hatte (heutiger Golf), so wird deutlich, dass Überschwemmungen einen Prägenden Charakter einnahmen.
Tjaaaaa, das ist ja so eine Sache. Es sind eben nicht nur dm, sondern die entscheidende Schwemmschicht hat eine Dicke von ca. 3,5 METER!!!!! Bei dieser Dicke kann man von einer ÜBERREGIONALEN (nicht nur einer lokalen) Naturkatastrophe ausgehen.
Ich würde mal (locker, frei und flockig) eben jene Naturkatastophe (Überschwemmung -> Sintflut) als Auslöser für den Übergang von der häuslichen Produktionsweise zur tributären Produktionsweise sehen. Und zwar in dieser Zeit:
> weit davon entfernt"Experte" zu sein - hier zuerst einmal eine historische Grobgliederung zu Mesopotamien:
Early Holcene and Neolithic 10.000-6.000BC
Hassuna 7.100-6.600 BC
Samarra 7.000-6.300 BC
Halaf 6.400-5.500 BC
Ubaid 6.500-4.000 BC
Uruk 4.000-3.100 BC
Also der Hassuna-, Samarra- und Halaf- und Ubaid-Horizont (-Schicht). Nimmt man Samarra als Übergangsschicht (muß den Bernbeck dazu nochmal genauer lesen), so haben wir spätestens ab der Ubaid-Schicht die tributäre Produktionsweise. Doch Bernbeck selbst kam bei den Ursachen für den Übergang/den Auslöser zur tributären Pw arg ins Schwimmen (hatte dies in einem posting hier im Forum kurz erklärt; kann dieses i.M. nicht finden). Ich denke eher, im Gegensatz zu Bernbeck, daß es eben jene ÜBRERREGIONALEN Überschwemmungen waren, die zum Übergang zum Tribut geführt haben.
Diese Sicht führt natürlich zu allergrößten Zweifeln am herkömmlichen chronologischen Ablauf, weswegen uns die Funde UNTER und ÜBER dieser dicken Schwemmschicht evtl. weiterbringen.
> Die fraglichen Dynastien/Period Ur I, Ur II und Ur III fallen in die fett hervorgehobenen Perioden der obigen Aufstellung und beziehen sich auf die Stadt/den Stadt-Staat Ur - später das biblische „Ur of the Chaldees“ der Chaldaer, die dort um 900 BC siedelten.
Ja eben: das BIBLISCHE Ur of the Chaldees. Habe allergrößte Probleme damit. Alldieweil alle Geschichtsschreibung eben eine christliche (alttestamentarisch evtl. jüdische) ist. Nicht JahrTAUSENDE, sondern m.M. nach nur JahrHUNDERTE!
> Die ersten - eher dörflichen Ansiedlungen - in Ur (Tell al Muqayyar) fallen noch in die Ubaid-Periode.
Muß dazu den Bernbeck nochmal schauen. Bedauerlicherweise sind viele Dörfer der Hassuna- und Samarra-Zeit komplett weggeschwemmt worden. Mist aber auch!
> Alle Daten sind mit großer Vorsicht zu genießen, weil die Transformation der Sumer-Daten in unser Kalender-System große Probleme aufwirft!!
Ja, siehe den Heinsohn (Buch über Fragen zu Sumer).
> Literatur zu Ur: Vor allem Leonard Woolley
Hoffe, daß ich es besorgen kann. Dank für den Hinweis.
>Um nochmals auf die Königsliste zurückzukommen, so enthält sie bereits die Hinweise auf die Sintflut, ebenso wie das Gilgames(ch)-Epos. Ursachenzeitpunkt und Enstehungszeiten sowie die Zeitpunkte der uns bekannten Niederschriften (ca. Mitte des 2 Jtd. v.Chr. für Königsliste und Gilgames(ch)-Epos; 1.Jtd. für das AT) dürften auf der Zeitskala weit auseinander liegen.
Aha, na so langsam lichtet sich sie Sache bei mir: Gilgames war ja schon des öfteren in Diskussionen hier erwähnt. Jetzt kann ich auch gezielt suchen und habe wenigstens einigermaßen eine Ü (Übersicht).
>P.S.
>- aus:"Völker im Lande Babylon", Henry W.F.Saggs, Verlag: Theiss) farbliche Hervorhebung von mir eingefügt.
>Zeittafel (alle Daten v.Chr.)
>3500 Späte Uruk-Zeit (3500-3000)
>Beginnende Urbanisierung, Uruk wird zur Großstadt; Entwicklung der Schrift, handÂwerkliche Spezialisierung.
>3000 Dschemdet Nasr-Zeit (3000-2900)
>Weitere Städte entstehen, Prototyp der Zikkurat, erste Keilschrifttafeln in sumerischer Sprache.
>2900 Frühdynastische Zeit I (2900-2750)
>Erste Stadtstaaten; <font color=red>Sintflut</font>?
>2700 Frühdynastische Zeit II (2750-2600)
>[i]I. Dynastie von Kisch: Enmebaragesi, Agga und Mesilim (um 2600); heldenhafter König Gilgamesch von Uruk (Zeitgenosse des Agga).
>2600 Frühdynastische Zeit IIIa (2600-2500)
><font color=red>Königsgräber von Ur.</font>
>2500 Frühdynastische Zeit IIIb (2500-2371)
>Dynastien von Lagasch: Urnansche (um 2545), Eanatum (um 2595) und Urukagina (um 2380); Dynastie von Umma: Eugalzagesi (Zeitgenosse Urukaginas).
>2400 Akkad-Zeit (von 2371 bis etwa 2200)
>Sargon von Akkad (2371-2316), Naramsin (2291-2255), Schar-kali-scharri (2254-2230).
>2200 Zeit der Gutäer
>Bergvolk der Gutäer etabliert sich in den Städten Babyloniens, daneben unabhängige Stadtstaaten, u. a. Lagasch, Umma, Uruk; Gudea von Lagasch und Utuchengal von Uruk (2123-2113).
>2100 <font color=red>[b]III. Dynastie von Ur (2113-2006)[/b]</font>
>Urnammu (2113-2096), Schulgi (2095-2048), Amarsin (2047-2039), Schusin (2038-2030), Ibbisin (2029-2006).
>2000 Isin-Larsa-Zeit (2017-1817)
>Mit der I. Dynastie von Isin beginnt die altbaÂbylonische Zeit, die bis zum Ende der I. DyÂnastie von Babylon andauert. Könige von Isin: Ischbierra (2017-1985), Lipit-Ischtar (1934-1924); Könige von Larsa: Naplanum (2025-2005), Gurgunum (1932-1906), Rimsin (1822-1763).
>1900 I. Dynastie von Babylon (1894-1595)
>Könige von Babylon: Sumu-abum (1894-1881), Hammurapi (1792-1750), Samsuiluna (1749-1712), Ammisaduqa (1646-1626). Parallel entÂsteht in Assyrien ebenfalls ein Königreich: Ischme-Dagan (1781-1742), Schamschi-Adad (1815-1782). In Mari (Syrien), das anfänglich von Assur abhängig war, übernimmt Zimrilim (1782-1759) die Herrschaft.
>1600 Zeit der Kassiten (um 1570-1157)
>1595 plündert der Hethiterkönig Murschili I. (um 1530) Babylon und die Meerlanddynastie herrscht für kurze Zeit in der babylonischen Hauptstadt. Danach übernehmen die KassiÂten die Macht in Babylonien bis 1157.
>1500 Im Nordwesten werden die Churriter stärker und machen die Assyrer zu ihrem Vasallen.
>1300 Assyrien befreit sich von der mitannischen Vorherrschaft und wird stärker als Ba-bylonien. Assur-uballit I. (1365-1330) setzt Ku-rigalzu II. (1345-1324) auf den babylonischen Thron; Grenzkonflikte zwischen Adad-narari I. (1307-1275) und Nazimaruttasch (1307-1282); Tukulti-Ninurta I. (1244-1208) besiegt Kaschti-liasch IV. (1232-1225) und übernimmt für sieÂben Jahre die Herrschaft in Babylon. Enlil-nadin-achi (1159-1157) unterliegt den Elamiern, Zusammenbruch des Kassitenreichs.
>1200 II. Dynastie von Isin (1156-1025) Nebukadnezar I. (1124-1103) besiegt die Ela-mier, sein Bruder Marduk-nadin-ache (1098-1081) wird von dem assyrischen König Tiglat-pileser I. (1114-1076) bedrängt; Niedergang der Macht Babyloniens.
>900 Chaldäer und Neuassyrer
>Chaldäische Fürsten auf dem babylonischer Thron, danach wird Babylonien Teil de; neuassyrischen Reichs. Salmanassar III (858-824) schließt einen Staatsvertrag mit Ba bylonien, Tiglatpileser III. (745-727) über nimmt die Herrschaft in Babylon.
>700 Der reiche Chaldäerfürst Merodach baladan (721-710 v. Chr.) kommt an die Mach und verbündet sich mit Elam. Feldzug Sar gons II. von Assyrien (722-705) gegen die Ela mier; 689 Eroberung und Zerstörung Baby Ions durch Sanherib (705-681).
>600 Spätbabylonische Dynastie (626-539;
>Nabopolassar (626-605) erobert mit den Me dem Ninive; Wiederaufbau Babylons durcr Nebukadnezar II. (604-562); wirtschaftlich» Schwierigkeiten und religiöser Wahn Nabo nids (555-539). 539 erobert der Perserkönij Kyros II. (559-529) Babylon.[/i]
Oje, ich glaube, ein neuer Bücherschrank wird fällig....
Nochmals ein großes DANKE an Euch beide für die schnelle und konzentrierte Ü zu Ur und Mesopotamien!
Allerherzlichste Grüße, <font color=#008000>Zandow</font>
Außentemperatur: 10,9 °C im AUGUST!!!!!! [img][/img]
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Uwe
12.08.2005, 07:16
@ Zandow
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@Zandow: nochmals Ur oder was 'wirklich' geschah infolge der Sintflut ;) |
-->>Zandow:[i]Falls sich in der nächsten Zeit was Interessantes ergibt, berichte ich davon; natürlich besonders die Ur I-III - Einteilung.[/i]
Hallo, Zandow,
nachdem Popeye weitere Hinweise geliefert hat, die in die Richtung gehen, dass es sich bei Ur I bis Ur III um die Dynastienfolge handelt, meine ich, dass es dazu keine anderen Angaben, die eine andere Interpretation aufzeigen, geben wird. Einzig die Bezeichnung Ur I und Ur II sind ungewöhnlich, da sie ansonsten in der Literatur wohl eher selten verwendet werden (hatte versucht, diese Bezeichungen in die Zeittafel einzufügen und mit der Königsliste zu verknüpfen). Doch Popeye deutete wohl hierzu auch den Grund an, warum es Ur I und Ur II in der betonung nicht häufig gibt: die Zeiten sind wenig geschichtlich und damit noch unsicherer als die der III.Dynastie, die sich nur relativ verschieben können.
>Uwe:[i] Überschwemmungssituationen waren in diesem Zweistromland, dessen maximale Höhenunterschiede nur Dezi-Meter betragen, nichts ungewöhnliches. bedenkt man zudem, das Ur auch eine Geschichte als küstennahe Stadst hatte (heutiger Golf), so wird deutlich, dass Überschwemmungen einen Prägenden Charakter einnahmen.
>Zandow:[i] Tjaaaaa, das ist ja so eine Sache. Es sind eben nicht nur dm, sondern die entscheidende Schwemmschicht hat eine Dicke von ca. 3,5 METER!!!!! Bei dieser Dicke kann man von einer ÜBERREGIONALEN (nicht nur einer lokalen) Naturkatastrophe ausgehen.
>Ich würde mal (locker, frei und flockig) eben jene Naturkatastophe (Überschwemmung -> Sintflut) als Auslöser für den Übergang von der häuslichen Produktionsweise zur tributären Produktionsweise sehen....[/i][/i]
Ja, Zandow, das mit den Dezi-Meter hätte ich besser formulieren sollen und statt dessen von wenigen Höhenmetern schreiben sollen. In der Tat stellt sich das Gelände des Zweistromlandes als ein"Schwemmland" da, dass über eine Längenausdehnung von ca. 350 km ein"Flußlauf-Gefälle" von 1 Höhenmeter je ca. 10300 Entfernungsmeter aufweist. Da die beiden Flüsse, Euprat und Tigrit, aus den Bergen kommend, bei Schneeschmelze gewaltige Wassermengen führen, bittet diese Geländeformation ein natürliches Überschwemmungsgebiet.
Durch die mitgeführten Schwemmsande werden zudem die Flußläufe, in den das Wasser nur mit mäßiger Geschwindigkeit fließt, versandet und das Wasser formt ein neues Flußbett. Dieser Prozeß wiedeholt sich, so dass über die Jahrtausende die heutigen Flußläufe nicht die sind, wie sie einmal waren (Städte, an Flußläufen gegründet, liegen heute weit abseits von den Ufern).
Es ist also nichts aussergewöhnliches, wenn es immer wieder Überschwemmungen gegeben hat. Dass es eine Flut gegeben haben wird, die im"kollektiven Gedächtnis" der Menschen das Ausmass erreicht hat, das mit der Sintflut beschrieben wird, ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen.
Ob diese Naturkatastrophe jedoch die Wirkung hatte, die Du Dir als Arbeitshypothese vorgibst, nämlich, dass sie der Auslöser zur Veränderung der Gesellschaftsform war, glaube ich nicht.
Es wurde hier im Forum schon früher erwähnt, dass eine unabdingbare Voraussetzung zur Tributpflicht die ist, dass man seßhaft (heute"wohnhaft") ist, um von der Macht"abkassiert" werden zu können. Damit ist m.E. zu vermuten, dass bereits auch zu Zeiten der ersten größeren Städte die Gesellschaftsformen derart bestanden, dass Abgaben auch an außerhalb des Familienverbandes stehende, zu leisten waren.
Da es jedoch größere Siedlungen (Jericho, Catal Hüyük, Byblos,...) bereits weit vor dem 4./3.Jtd. gab, also vor der hier vermuteten Sintflut - die sich allerdings eher wohl regional im"babylonischem Raum" ereignete, wenn man es aus dem heutigen Weltbild betrachtet -, ist m.E. davon auszugehen, dass auch das Abgabensystem vor der Sintflut existierte.
Zudem ist zu bedenken, dass es für die o.g. Orte m.W. keine Bericht über Zerstörungen durch Fluten biblichen ausmaßes gibt. Damit wird es auch m.E. schwer fallen, den Auslöser für den Übergang von der"häuslichen Produktionsweise zur tributären Produktionsweise" in Flut-Katastrophen jener Zeit zu sehen. Es ist wohl eher der Übergang von der Jagd- zur Agrawirtschaft, der dieses bewirkte.
Wenn du ferner bedenkst, dass der Gilgames(ch), der zu 2/3 Gott und zu 1/3 Mensch war, als jener König von Uruk von der Nachwelt verehrt wird, der die Tempel lange Zeit nach der zerstörenden Flut wieder erstehen ließ - die Ordnung wieder herstellte -, dann bedeutet es doch, dass, folgt man den Überlieferungen, durch die (gilgamesche/sumerische/babylonische) Sintflut wohl einiges zerstört wurde, was jedoch später wieder aufgebaut wurde.
Und auch die biblliche Sintfut läßt m.E. keinen"ordnungspolitischen Bruch" erkennen, da vor und nach der Sintflut die gleiche Herrschaftstruktur zu erkennen ist - da wäre dann schon eher der Zeitpunkt zu suchen, zu dem die Vertreibung aus dem Paradies stattfand.
Betrachtet man alle die Sintflutberichte, einschließlich der hier nicht erwähnten, wie auch z.B. die der griechen Mythologie, so ist das"Drehbuch" immer das gleiche: Der"Herrscher" hat das Volk, mit dem er unzufreiden war bzw. das ihn störte, ausgetauscht - der Wunschtraum so manchen Vollblutpolitikers heute -, was sich die jeweils Lebenden als"Warnung" nehmen sollen. Ja, nach einigen Berichten wollte der"Herrscher" es ja sogar abschaffen, doch wurde schnell klar, das dann die fehlten, die den Götter zu diensten sein sollten - und wenn es nicht gestorben ist, dann existiert das Volk auch noch heute ;).
Viel Spaß und Erfog bei Deinen weiteren Studien,
Uwe
P.S.
@prinz_eisenherz: meine Dank für Deinen Hinweis auf die Beiträge zum Thema im"Baldur-Forum" und die Links.
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Zandow
12.08.2005, 19:20
@ Uwe
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Ordnungspolitischer Bruch |
-->Hallo Uwe,
die von Dir abgesprochenen Punkte sind schon genau die, welche mir auch so im Kopf rumgehen. Bedauerlicherweise kann ich mich aber i.M. noch nicht so weit aus dem Fenster lehnen, alldieweil mir halt doch noch das konkrete Wissen zur mesopotamischen Geschichte und Chronologie fehlt. Es wurde also höchste Zeit für eine Materialsammlung zu Mesopotamien. Es mangelt also bei mir z.Z. noch an konkretem Diskussionsmaterial.
Zu Flut und Überschwemmungen erst mal soviel:
Die Überschwemmungen, welche die Äcker vernichteten (es mußte flußnah angebaut werden eben wegen der Bewässerung), fanden so ca. einmal pro Generation statt. In diesen Fällen behalf man sich mittels verwandtschaftlicher Beziehungen zu den umliegenden Dörfern über diese Lebensmittelknappheit hinweg. In rituellen Festen wurde die Erinnerung an solcherlei Überschwemmungen erhalten. (Dieses Wochenende in Sachsen viele Feste zur Erinnerung an die große Flut von vor einigen Jahren hier. Wie früher!)
Doch diese zeitlich weit auseinanderliegenden (einmal pro Generation) Überschwemmungen und der damit einhergehenden Vernichtung der Ernten führten eben genau NICHT zu Übergang zum Tribut. Die Notsituation wurde interdörflich bewältigt! Dies war möglich, weil es sich nur um regionale Notsituationen handelte. Das Potential zur Überwindung dieser regionalen Notsituation war in den umliegenden Dörfern vorhanden.
Nun denke ich, im Gegensatz zu Bernkeck, daß erst eine ÜBERregionale Katastrophe die Bewältigung einer lokalen, also nur regionalen, Notsituation unmöglich gemacht hat. Diese überregionale Katastrophe muß gefunden und chronologisch eingeordnet werden (was dann natürlich sämtliche herkömmliche Chronologie über den Haufen schmeißt).
Interessant in diesem Zusammenhang ist die Donaukultur, die ebenfalls von einer gigantischen Flut (nicht nur eine heftige Überschwemmung) getroffen worden ist und die damaligen Bewohner des Donaudeltas (?) flußaufwärts getrieben hat. (Donaukultur: erste Schrift, lange von Keilschrift) Könnte es evtl. sein, daß beide überregionalen Fluten (die biblische in Mesopotamien und die am Schwarzen Meer/Donau) zeitgleiche Ereignisse waren (evtl. ausgelöst durch eine plötzliche Verschiebung von Kontinentalplatten; ähnlich jener, die den Tsunami ausgelöst hat)???? Die ganze Mesopotamien-Chronologie muß eh' zusammengestaucht werden. In der vergleichenden Chronologie zu Ägypten z.B. haut da ja gornüscht hin.
Naja, ich werd' auf alle Fälle den von Dir angesprochenen Punkten nachgehen und versuchen, die Sache auf die Reihe zu kriegen. Falls sich dabei Konkretes ergibt oder konkrete Fragen, meld' ich mich.
Dir ein schönes Wochenende wünschend und
Herzliche Grüße, <font color=#008000>Zandow</font>
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