--><font size="4">Berlin und die gekauften Gäste</font>
Studenten bekamen(viel)Geld,um Säle zu füllen/ wahrlich ein Traumjob
Studenten brauchen fast immer einen Job, um ihre Haushaltskasse aufzubessern. Und sie seien bei Arbeitgebern immer gern gesehen. Als Telefonisten zum Beispiel. Oder als Hostessen. Und als Kellner sowieso.
Während der diesjährigen Internationalen Funkausstellung (IFA) im September in Berlin hätten sich für sie darüber hinaus noch völlig neue berufliche Perspektiven ergeben: als Pseudo-Fachbesucher.
Für 18 Euro in der Stunde, eine Mahlzeit sowie einen Fachbesucherausweis konnte sich der akademische Nachwuchs auf der Messe Vorträge anhören - damit die Stuhlreihen voll sind.
International üblich sei diese Praxis, sagt Messe-Sprecher Michael Hofer. Die leeren Stuhlreihen seien bei Fernseh-Übertragungen nämlich störend.
Die Konkurrenz findet die Berliner Praxis dagegen eher befremdlich. Die Reaktion der anderen großen deutschen Messegesellschaften reicht von der Charakterisierung"unkoscher" über die Einschätzung"nicht redlich" bis hin zu Aussagen wie,"Das ist nicht unser Stil". Üblich sei es jedenfalls nicht.
Darin sind sich die anderen einig. Die Frankfurter Messe passet in solchen Fällen die Stuhlreihen an. Hannover spricht davon, die Plätze leer zu lassen. Es ei zwar für die Redner schöner, wenn die Reihen gefüllt seien, aber wirklich entscheidend ist doch, wer im Publikum sitze, nicht wie viele da seien sagt Ulrich Koch von der Deutschen Messe AG.
Aus der Politik wären ähnliche Töne gekommen. Lisa Paus, wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, hält das Kaufen von IFA-Zuschauern für äußerst bedenklich. Die Messegesellschaft setze damit die Zukunft der Funkausstellung aufs Spiel, weil das Vertrauen aller Beteiligten erschüttert werde. Die Telekom, deren Vorträge betroffen waren, hätte sich erstaunt gegeben und wolle von nichts gewußt haben. Solche Methoden habe der Konzern jedenfalls nicht nötig.
Über die genaue Zahl der Pseudo-Fachbesucher schweige sich die Messe Berlin derweil aus. Die"gekauften" Studenten gingen von jedem dritten bis vierten Platz aus. Und darüber seien sie froh. Im Gegensatz zur Messe-Branche seien sie ganz zufrieden, denn das bezahlte Rumsitzen isei bei den Studenten heiß begehrt. Immerhin besser als Hotelzimmer zu putzen, so die Meinung. Und schwer zu bekommen, sei der Job auch nicht: Mindestalter 26 und Businesskleidung reiche als Voraussetzung aus. Das Studienfach sei egal. Genau wie die Affinität zum Thema.
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