-->Was sich da ausdrückt, ist neu für Deutschland: Es ist Mäzenatentum nach amerikanischem Muster, Kommunitarismus, ideologiefreie Engagiertheit, Can-do-Spirit.
Ein Schiff wird kommen
Von Susanne Beyer, Nikolaus von Festenberg und Matthias Matussek
Städte verarmen, aber vom Glanz will ein vielerorts im Lande frischerwachter Gemeinsinn nicht lassen. Schneller als für die Dresdner Frauenkirche kommen die Spenden für die Hamburger Elbphilharmonie zusammen. Eine neue Bürgerlichkeit setzt sich ihre Wahrzeichen.
Man muss ihm an einem klaren Wintermorgen entgegengegangen sein, dem"Kaispeicher A". Einem Trumm von Gebäude, einem steinernen Riegel, dem Hindernis vor einem der herrlichsten Ausblicke, die es in Deutschland gibt.
Stünde er nicht da, das Auge könnte ungehindert die Elbe bewundern, die Landungsbrücken mit ihren touristischen Schiffen, die Kirchtürme, die Ahnung von Weite und Abenteuer. Keine Schlote, keine Wohnsilos, nichts, was die Leichtigkeit des Stadtlebens trübt, würde stören. Könnte, würde.
HAMBURG BAUT NEUES WAHRZEICHEN: GLASPALAST ÜBER DER ELBE
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Aber der Klotz steht im Weg wie der Cherub vor dem Paradies. Es ist nicht zu fassen, dass frühere Epochen diesen grandiosen Platz für die Einlagerung von Kakao ästhetisch vertan haben.
Doch nun bekommt der Klotz Flügel. Nun soll er schimmern wie eine silberne Welle, nun soll er mit Mozart-Klängen nach den Sternen greifen, nun soll er fliegen, und die, die dereinst dort oben stehen werden in schulterfreien Abendkleidern und dunklen Anzügen, mit ihm.
Nach einem kühnen Entwurf soll genau auf den Kaispeicher A Hamburgs"Elbphilharmonie" gesetzt werden, als neues Wahrzeichen der Stadt, als Freiheitsstatue des hanseatischen Bürgertums. Denn es ist nicht der Staat, der diesen Traum in Wirklichkeit verwandeln soll. Es sind die Bürger selbst.
Würden sie die Sache dem Staat überlassen, würde die Philharmonie nie gebaut werden. So aber wächst die Konzerthalle ihrer Verwirklichung entgegen.
Zwei Säle, ein Fünf-Sterne-Hotel, Restaurants, Luxuswohnungen, Cafés, eine Plaza in 37 Meter Höhe. Die Mauern, die einst den Kakao umschlossen, werden die Autos verschwinden lassen. Altes und Neues vermählen sich, das luftige Schönheitsideal von heute beflügelt den alten Handelskaliban.
Ach so, fast vergessen, das für 2009 geplante Wunderwerk aus Lauschen, Essen, Elbe-Bewundern und Schöner-Schlafen soll 187 Millionen Euro kosten.
Die Stadt Hamburg - Schuldenstand derzeit 21 Milliarden Euro - hat solche Summen nicht in der Kasse. Aber die Stadt hat ein großes Kapital entdeckt: Bürger, Bürgersinn und Spendenbereitschaft.
Der gläsernen Welle auf dem Speicherdach geht eine sensationelle andere Welle voraus. Eine im Oktober gegründete Stiftung treibt das Geld ein, und sie kann nun, nach nur wenigen Wochen Arbeit, verkünden: Es ist jetzt bereits eine Rekordsumme zusammengekommen.
Das Unternehmerpaar Hannelore und Helmut Greve hat gleich 30 Millionen Euro gespendet. Der Versandhauschef Michael Otto 10 Millionen. Die Hermann-Reemtsma-Stiftung auch 10 Millionen. Eine Spenderin, die nicht genannt werden will, 2 Millionen Euro. Die Deutsche Bank gab vergangene Woche 200.000 Euro. 200 Kleinspender legten auch noch mal ordentlich drauf: 83.000 Euro.
Der Senat braucht überhaupt nur 77 Millionen Euro Spendengelder, und nun sind schon mehr als 52 zusammengekommen.
Wibke Kähler, Geschäftsführerin der Stiftung Elbphilharmonie behauptet, dass etwas Vergleichbares noch nie geschehen sei in der alten und neuen Bundesrepublik: so viel Geld, so schnell, für ein Kulturgebäude.
Not macht erfinderisch 21 Mrd Schulden
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