-->Hallo Christian!
Du hältst als Fakten folgende Dinge fest: Die Junge Welt ist nicht damit einverstanden, was die Agenturen berichtet haben.
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Die Junge Welt zieht aus den Informationen, die sie gefunden hat, andere Schlüsse als die Redakteure der beiden genannten Agenturen.
Auch das sehe ich ähnlich.
Weder die eine noch die andere Sichtweise können belegt werden - weil offensichtlich niemand mit den Betroffenen selbst gesprochen hat. Bis hier also patt
Ist das wirklich so?
Schauen wir doch einfach mal in den Artikel selbst.
Da berichtet George Jahn von AP: Laut Internationaler Atomenergiebehörde ist es seit Freitag offiziell: Iran fährt fort, mit seinem verdächtigen Nuklearprogramm den UNO-Sicherheitsrat zu mißachten.
Jahn, dem angeblich eine Kopie des acht Seiten umfassenden, geheimen Berichts von ElBaradei vorgelegen hat, behauptet weiter, in dem Bericht werde der Iran wegen der Mißachtung des Sicherheitsrats von der IAEA gerügt, auch weil es alle Kontrollbemühungen blockiere.
Wenn also Herrn Jahn die Kopie des Baradei-Berichtes vorgelegen hat, dann verfügte er vor der Abfassung seines Kommentares über ALLE notwendigen Informationen.
Das die Junge Welt sich die 8 Seiten umfassende Kopie (in Bezug auf Jahn) aus den Fingern gesaugt hat, dürfen wir getrost vergessen.
Danach folgt dann in besagtem Artikel noch: .. ein DPA-Bericht von Farshid Motahari am 8. Mai nachlegte. Die darin enthaltene Behauptung, der Iran habe »ganz klar gegen sein nukleares Sicherheitsabkommen mit der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) verstoßen« und sei womöglich nur noch »ein paar Monate von der (Atom)Waffe entfernt«, wurde am Montag in Dutzenden deutschen Zeitungen nachgedruckt.
Der Tenor ist der gleiche wie im Text von Jahn, der sich wiederum auf die ihm vorliegende Kopie beruft.
Und nun schreibt die Junge Welt weiter:
Der Bericht ElBaradeis vor dem Sicherheitsrat liegt nicht vor, aber Auszüge daraus hat die britische BBC unkommentiert ins Netz gestellt.
Man beruft sich auf Auszüge der BBC.
Dazu von mir jetzt der entsprechende Link: http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/4956882.stm
Die JW weiter: In diesen Auszügen wird weder der Sicherheitsrat erwähnt noch die Erklärung des Präsidenten noch, daß der Iran dagegen »verstoßen« habe. Statt dessen beschränkt sich ElBaradei auf seine ureigene Aufgabe, nämlich zu klären, ob in Iran »alles Quell- und nukleare Sondermaterial« deklariert ist, und festzustellen, ob diese Materialien zur Förderung militärischer Zwecke benutzt wurden.
Wenn Du den Text der BBC liest, dann kann man diese Schlußfolgerungen durchaus teilen.
ElBaradei lobt den Iran, weil er »die Durchführung des Safeguards Agreement sichert und - bis Februar 2006 - auf freiwilliger Basis so gehandelt hat, als ob das Zusatzprotokoll bereits in Kraft wäre«. Und weiter: »Das gesamte nukleare Material, das der Iran gegenüber der Agentur (IAEA) deklariert hat, wurde ausgewiesen. Abgesehen von kleinen Mengen, über die bereits zuvor berichtet worden war, hat die Agentur kein anderes, nicht-deklariertes Nuklearmaterial im Iran gefunden. Bis Februar 2006 hat der Iran allen zusätzlichen, von der Agentur geforderten Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz zugestimmt, einschließlich des Zugangs zu bestimmten militärischen Orten«.
Auch das kann man dem BBC-Text entnehmen, wobei die Junge Welt allerdings verschweigt, daß die IAEA immer noch keine vollständige Aufklärung betreiben konnte, da z.B. der Iran es ablehnt bestimmte Dinge offenzulegen, welche seiner Ansicht nach nichts mehr mit den Forderungen im Rahmen des Atomwaffensperrvertrages zu tun haben.
Nun gibt es in dieser Hinsicht sicher unterschiedliche Sichtweisen.
Differenzen scheint es auch bei einem Dokument von 1987 zu geben.
As noted in previous reports, the Agency was shown by Iran in January 2005 a copy of a handwritten one-page document reflecting an offer said to have been made to Iran in 1987 by a foreign intermediary.
In order to be able to ascertain its nature and origin, a copy of the document is needed by the Agency. However, Iran continues to decline the agency's request for a copy of the document.
Der Bericht äußerst sich also durchaus auch kritisch zu der Zusammenarbeit und fordert eine noch bessere in der Zukunft.
Nur unterscheidet sich das ziemlich deutlich von den Absonderungen der - tut mir leid - Systempresse, welche dem Iran grobe Regelverstöße vorwerfen oder gar unterstellen, daß dieses Land kurz vor der Fertigstellung einer Atombombe stünden.
Der Iran veröffentlicht nämlich seine Fortschritte und gewährt seit Jahren entsprechende Inspektionen, ganz im Gegensatz zu anderen Staaten die es weder für nötig erachten dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten, noch irgendwelche Kontrollen von UNO-Kommissionen zuzulassen.
Unter diesem Aspekt der doppelzüngigen Berichterstattung sind also die Bemerkungen von André absolut berechtigt.
Was du und die Junge Welt hier kritisieren, ist eine weltanschauliche Problematik.
Damit hast Du allerdings den Nagel auf den Kopf getroffen.
In einer Sache (und das sage ich, weil ich selbst einige Jahre für die dpa tätig war) kann man sich allerdings sicher sein: So eine wie die zitierte und angeprangerte Meldung kommt nicht zustande, weil irgendjemand von den Gekauften da oben einen Gekauften da unten anruft und ihm die passende Meldung diktiert.
Nein, so funktioniert es sicher nicht.
Wie es wirklich geht, kannst Du u.a. in dem lesenswerten Buch „Zensor USA“ von Kristina Boriesson nachlesen.
Und wenn deutsche auflagenstarke Zeitungen Ihren Mitarbeitern vertragsgemäß eine gewünschte Sicht auferlegen, dann ist die Schere schon im Kopf, denn Journalisten sind auch nur Menschen.
Und falls Du es nicht glauben willst.
Auch hiesige Journalisten erhalten von ihren Brötchengebern Rechercheverbot bei brisanten Fällen, siehe Schulmassaker in Erfurt.
mfG
nereus
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