weissgarnix
22.08.2006, 10:36 |
@Tassie - sorry, keine Punkte für Haavara... Thread gesperrt |
-->Hi,
also: meine bisherigen Recherchen förderten nichts zu tage, was mich überrascht hätte. Aber vielleicht ja dich... (ich gebe die Hoffnung nicht auf, wie du siehst).
Deine These vom"Tausch" beruht ganz offensichtlich auf den höchst unpräzisen Informationen, die im Internet kursieren und die in den meisten Fällen auf recht oberflächlichen Zitaten aus Edwin Black's"The transfer agreement" beruhen dürften. Aber selbst Stellen wie Yad Vashem oder das Wiesental-Center geben da kaum präzise Auskünfte, sondern beschreiben das Agreement hauptsächlich im größeren politischen Kontext.
Detaillierte Infos gibt es aber sehr wohl in Avraham Barkai's"Vom Boykott zur Entjudung". Danach mußten Personen, die nach diesem Agreement Vermögen transferieren wollten, mit Abschlägen um die 50-60% rechnen, in Einzelfällen mehr. Ich habe zudem eine auf Bakai's Buch aufbauende Doktorarbeit recherchiert, die Fälle schildert, in denen die Verluste nach Haavara sogar größer waren, als unter Anwendung der Reichsfluchtsteuer und der Auswanderersperrkonten:"Ein Beispiel eines Hildesheimer Juden zeigt allerdings, daß die Verluste vorher bei dem Haavara-Transfer sogar noch höher sein konnten als bei dem Transfers durch das Auswanderersperrkonto: Er überwies Anfang August 1937 15.000 RM auf das Auswanderersperrkonto und erhielt dafür 4500 RM, was einem Verlust von 70% entspricht. Daneben zahlte er 31.176 RM auf das Sonderkonto B der Palästinatreuhandstelle - dabei ergab sich ein Verlust von 85,6% (NHStA Hannover Nds. 110 W, Acc. 105/ 93, Nr. 846 I)." (vgl. Schneider, Jörg: Die jüdische Gemeinde in Hildesheim von 1871-1942, Dissertation an der Universität Göttingen, 1999).
Soviel dazu.
Der wahre Hintergrund von Haavara ist im Internet hingegen sehr ausführlich dokumentiert. Auf jüdischer (oder besser: zionistischer) Seite handelte es sich zweifelsfrei um ein Powerplay unter diversen zionistischen Interessensgruppen, vor allem im Hinblick auf die forcierte Überführung von deutsch-jüdischer Intelligenzia und $$$ nach Palästina. In diesem Punkt scheinen deine vorherigen Ausführungen also weitgehend zutreffend. Auf deutscher Seite hingegen scheint in der Tat die Angst vor einem weitreichenden wirtschaftlichen Boykott, hervorgerufen durch jüdische Interessensvereinigungen in USA und Europa, das primäre Motiv gewesen zu sein. Da sind sich meiner Lesart nach die unterschiedlichen Autoren ziemlich einig. Deine Theorie vom liebenswerten Onkel Adolf, der quasi noch im Hafen steht und den nach Palästina dampfenden Juden good-bye winkt, halte ich deshalb für weitestgehend widerlegt.
Allerdings danke ich dir für den Hinweis auf Haavara. In der Tat scheint mit diesem Thema wesentlich mehr verbunden zu sein, als ich ursprünglich ahnte, vor allem im Hinblick auf das Wirken der unterschiedlichen zionistischen Lobbies in den 30igern, also im Vorfeld der Gründung des Staates Israel. Ich habe gestern eine ganze Reihe israelischer Uniforen durchforstet, dort wird das ganze Kapitel als eine"schwarzes Kapitel" in der israelischen Geschichte diskutiert, ergo wird da wohl noch einiges interessantes rauszufinden sein... somit hat sich diese Diskussion für mich in jedem Fall gelohnt. thanks.
|
alberich
22.08.2006, 12:01
@ weissgarnix
|
Haavara...gigantische Vermögen wurden außer Landes gebracht... |
-->lt shoa.de:
Im Rahmen von Haavara emigrierten bis 1939 mehr als 50.000 deutsche Juden nach Palästina, die Besitz im Wert von ca. 140 Mill. RM mitnahmen.
Das sind ca. 2800 RM pro Nase. Fürwahr ein Vermögen.
gruß
alberich
|
Wassermann
22.08.2006, 12:49
@ alberich
|
Re: Haavara...gigantische Vermögen wurden außer Landes gebracht... |
-->>lt shoa.de:
>Im Rahmen von Haavara emigrierten bis 1939 mehr als 50.000 deutsche Juden nach Palästina, die Besitz im Wert von ca. 140 Mill. RM mitnahmen.
>Das sind ca. 2800 RM pro Nase. Fürwahr ein Vermögen.
>gruß
>alberich
entsprechen ca 2 Jahreslöhne eines normalen Arbeiters! (Käfer sollte knapp 1000 RM kosten)
Schnellschuss aus http://www.oldradioworld.de/volksd.htm
Im Jahr 1933 verdiente ein Arbeiter in Deutschland 120 - 150 RM Netto. Ein Brot kostete ca. 0,30 - 0,40 RM, ein Ei ca. 0,11 RM, 1kg Kartoffeln ca. 0,06 RM, 1 Liter Milch ca. 0,20 - 0,25 RM, 1 Liter Bier ca 0,70 RM. Deshalb waren auch die Volksempfaenger mit einem Preis im Jahr 1933 von 79,00 RM nach wie vor fuer den Normalbuerger fast unerschwinglich. Mehr als ein halber Monatslohn kostete das Radio. Allerdings waren die 'normalen' Radios noch deutlich teuerer. Erst 1938 mit Einfuehrung des DKE konnte die damalige politische Fuehrung ihr Ziel, preiswerte Radios fuer die Masse anzubieten, in etwa erreichen. Der DKE kostete 35,00 RM. Der Verdienst fuer einen Arbeiter lag 1938 auch etwas hoeher: Ca. 125 - 165 RM.
|
alberich
22.08.2006, 13:03
@ Wassermann
|
aber das waren doch Angehörige der Hochfinanz |
-->dafür ist das ganz schön mikrig.
Wo blieb der Rest???
gruß
alberich
|
weissgarnix
22.08.2006, 14:08
@ Wassermann
|
Re: Haavara...gigantische Vermögen wurden außer Landes gebracht... |
-->stimmt. mit 15.000 RM galt man bereits als so reich, dass man als"Investor" galt und damit die britischen Imigrationskontingente für Palästina umgehen konnte (15.000 RM waren ca. 1000 englische Pfund).
Auf diesem Gebiet forschende Historiker sprechen von rund 60.000 deutschen Juden, die im Rahmen von Haavara nach Palästina ausgewandert sind. Also alles in allem nicht allzuviele.
>>lt shoa.de:
>>Im Rahmen von Haavara emigrierten bis 1939 mehr als 50.000 deutsche Juden nach Palästina, die Besitz im Wert von ca. 140 Mill. RM mitnahmen.
>>Das sind ca. 2800 RM pro Nase. Fürwahr ein Vermögen.
>>gruß
>>alberich
>entsprechen ca 2 Jahreslöhne eines normalen Arbeiters! (Käfer sollte knapp 1000 RM kosten)
>Schnellschuss aus http://www.oldradioworld.de/volksd.htm
>Im Jahr 1933 verdiente ein Arbeiter in Deutschland 120 - 150 RM Netto. Ein Brot kostete ca. 0,30 - 0,40 RM, ein Ei ca. 0,11 RM, 1kg Kartoffeln ca. 0,06 RM, 1 Liter Milch ca. 0,20 - 0,25 RM, 1 Liter Bier ca 0,70 RM. Deshalb waren auch die Volksempfaenger mit einem Preis im Jahr 1933 von 79,00 RM nach wie vor fuer den Normalbuerger fast unerschwinglich. Mehr als ein halber Monatslohn kostete das Radio. Allerdings waren die 'normalen' Radios noch deutlich teuerer. Erst 1938 mit Einfuehrung des DKE konnte die damalige politische Fuehrung ihr Ziel, preiswerte Radios fuer die Masse anzubieten, in etwa erreichen. Der DKE kostete 35,00 RM. Der Verdienst fuer einen Arbeiter lag 1938 auch etwas hoeher: Ca. 125 - 165 RM.
|
weissgarnix
22.08.2006, 14:29
@ alberich
|
Re: aber das waren doch Angehörige der Hochfinanz |
-->wohl kaum. es waren eher Ärzte, Rechtsanwälte, Schriftsteller und ähnliche Berufe. ganz normale Leute eben.
für Vertreter der Hochfinanz bzw. generell den"oberen 10.000" hatten die Nazis natürlich wesentlich individuellere Lösungen parat, bei denen sie sich selbst nicht aus den Augen verloren: der Münchner Kunsthändlerfamilie Bergheimer zB vermittelte Herman Göring höchstselbst eine Kaffeeplantage in Venezuela, die einem rückwanderungswilligen Verwandten Görings gehörte. Finanziert wurde der (natürlich überteuerte) Ankauf der Plantage für 2 Mio RM durch den Verkauf des deutschen Immobilienbesitzes der Bergheimers, natürlich zu Preisen weit unterhalb des Verkehrswerts. Das Kunsthandelshaus selbst wurde der NSDAP-Organisation"Kameradschaft der Künste" übertragen, und der Münchner Gauleiter Wagner wurde sein neuer Chef.
Treppenwitz am Rande: als weitere Bedingung Görings mußten ihm die Bergheimers versprechen, einen jüdischen Anverwandten Görings mit auf die Reise zu nehmen und sich in Venezuela um ihn zu kümmern.
Wie sagt der Volksmund:"spezielle Probleme erfordern eben spezielle Lösungen"... wie wahr...
>dafür ist das ganz schön mikrig.
>Wo blieb der Rest???
>gruß
>alberich
|
Tassie Devil
22.08.2006, 18:00
@ weissgarnix
|
Re: @weissgarnix - leider Punktabzug ;-) |
-->>Hi,
Hi,
sorry, nur moeglichst kurz jetzt zu diesem Beitrag, meine Replik im Addendum-Thread spaeter.
>also: meine bisherigen Recherchen förderten nichts zu tage, was mich überrascht hätte. Aber vielleicht ja dich... (ich gebe die Hoffnung nicht auf, wie du siehst).
Nein, keine Ueberraschung.
>Deine These vom"Tausch" beruht ganz offensichtlich auf den höchst unpräzisen Informationen, die im Internet kursieren und die in den meisten Fällen auf recht oberflächlichen Zitaten aus Edwin Black's"The transfer agreement" beruhen dürften. Aber selbst Stellen wie Yad Vashem oder das Wiesental-Center geben da kaum präzise Auskünfte, sondern beschreiben das Agreement hauptsächlich im größeren politischen Kontext.
Nein, ich hatte! (leider) mal sehr gute Informationen und auch Zahlen bzgl. dieses Haavara-Abkommens, diese belegten eindeutig, dass die Betonung bei diesem Abkommen auf dem Tausch lag, d.h. wer dieser Tauschcharakteristik Rechnung trug, der vermochte gelegentlich sogar Gewinne dabei zu erzielen, siehe meine Darstellungen hierzu in vorherigem Beitrag.
Das generelle Problem bzgl. realistischer Einschaetzungen von Tauschgeschaeften,
wie auch wie vorliegend Haavara betreffend, liegt ganz einfach darin, dass zwischen solchen Trasaktionen, bei denen Geld direkt zwischen Geld-Sender (Kaeufer) und Geld-Empfaenger (Verkaeufer) fliesst, und anderen Transaktionen, bei denen"Waren und Dienstleitungen im Wert von..." ausgetauscht werden OHNE dass dabei auch nur der geringste Geldfluss zwischen Sender und Empfaenger aufkommt, strickt unterschieden werden muss, und das ist leider fast immer *nicht* der Fall, weil halt das liebe Geld wie die Glocke vom Pawlow in den Koepfen aller einzementiert ist.
>Detaillierte Infos gibt es aber sehr wohl in Avraham Barkai's"Vom Boykott zur Entjudung". Danach mußten Personen, die nach diesem Agreement Vermögen transferieren wollten, mit Abschlägen um die 50-60% rechnen, in Einzelfällen mehr. Ich habe zudem eine auf Bakai's Buch aufbauende Doktorarbeit recherchiert, die Fälle schildert, in denen die Verluste nach Haavara sogar größer waren, als unter Anwendung der Reichsfluchtsteuer und der Auswanderersperrkonten:...
Und schon laeutet Pawlows Glocke.
Wer direkt Geldvermoegen transferierte, der musste sich nicht wundern, wenn er dabei einiges verlor, klar.
Vermoegen war und ist aber nicht zwingend an Geld gebunden, und hier liegt der Hase im Pfeffer, vor allem beim Tausch, weil naemlich dabei ueberhaupt kein Geld mit im Spiele sein darf.
>"Ein Beispiel eines Hildesheimer Juden zeigt allerdings, daß die Verluste vorher bei dem Haavara-Transfer sogar noch höher sein konnten als bei dem Transfers durch das Auswanderersperrkonto: Er überwies Anfang August 1937 15.000 RM auf das Auswanderersperrkonto und erhielt dafür 4500 RM, was einem Verlust von 70% entspricht. Daneben zahlte er 31.176 RM auf das Sonderkonto B der Palästinatreuhandstelle - dabei ergab sich ein Verlust von 85,6% (NHStA Hannover Nds. 110 W, Acc. 105/ 93, Nr. 846 I)." (vgl. Schneider, Jörg: Die jüdische Gemeinde in Hildesheim von 1871-1942, Dissertation an der Universität Göttingen, 1999).
>Soviel dazu.
Ja klar, was Du da auffuehrst ist absolut nichts neues fuer mich, direkter Geldtransfer wurde bestraft, verstaerkt noch ab 1938, keine Frage, das hat aber auch mit einem Tausch ueberhaupt nichts zu tun, und es entspricht auch keinesfalls dem von mir im Vorbeitrag beschrieben Importeursmodell, lies Dir das nochmals sorgfaeltig durch.
Ich kann nur darauf verweisen, dass ich solche aus m.E. verlaesslichen Quellen stammenden Infos und Zahlen hatte, die u.a. tabellarisch eindeutig darueber Auskunft gaben, dass ein hoher Anteil, nach meiner jetzigen Erinnerung so um die 80%-85%, der gesamten Umsaetze, die das Haavara-Abkommen generierte, ohne jeglichen direkten Geldfluss, der ja gemaess Deiner obigen Darstellung bestraft wurde, im Zeitraum 1933 - 1937/38 abgewickelt wurde.
>Der wahre Hintergrund von Haavara ist im Internet hingegen sehr ausführlich dokumentiert. Auf jüdischer (oder besser: zionistischer) Seite handelte es sich zweifelsfrei um ein Powerplay unter diversen zionistischen Interessensgruppen, vor allem im Hinblick auf die forcierte Überführung von deutsch-jüdischer Intelligenzia und $$$ nach Palästina.
Im Klartext, der zionistischen Seite war es definitiv auch ein grosser Dorn im Auge, dass Haavara das Ausbluten des deutschen Reiches im Hinblick auf Geld/Devisen einerseits verhinderte und andererseits den allerdings ziemlich einseitigen Waren-/Dienstleistungsaustausch foerderte.
>In diesem Punkt scheinen deine vorherigen Ausführungen also weitgehend zutreffend. Auf deutscher Seite hingegen scheint in der Tat die Angst vor einem weitreichenden wirtschaftlichen Boykott, hervorgerufen durch jüdische Interessensvereinigungen in USA und Europa, das primäre Motiv gewesen zu sein.
Diese Darstellungen Deinerseits sind voellig korrekt, wenngleich Du auch bei letzterem den nicht zu unterschaetzenden Sekundaeraspekt voellig vermissen laesst, dass in den Vorkriegsjahren die mehr oder weniger direkte Enteignung juedischen Vermoegens im Reich ziemlich grosse Reputationsschaeden fuer die Reichsregierung zur Folge gehabt haette, Reichs-externe Schaeden dieser Art sowieso aber auch -interne Schaeden in nicht zu unterschaetzender Groessenordnungen.
>Da sind sich meiner Lesart nach die unterschiedlichen Autoren ziemlich einig. Deine Theorie vom liebenswerten Onkel Adolf, der quasi noch im Hafen steht und den nach Palästina dampfenden Juden good-bye winkt, halte ich deshalb für weitestgehend widerlegt.
Quatsch, meine angebliche Theorie ist Deine Fata Morgana, aber mit gleicher Muenze heimzahlend erlaube ich mir hier festzustellen, dass vom Traum aller H-Industriellen, gemaess welchem Satan Hitler im Jahre 1933 direkt nach revolutionaerem Machtraub sich stante pede umgehend daran machte, alle Reichsjuden zu enteignen und zu entleiben und das deutsche Volk und Reich zielstrebigst zum naechsten Kriegszubringer zu steuern, ueberhaupt keine Rede sein kann.
>Allerdings danke ich dir für den Hinweis auf Haavara. In der Tat scheint mit diesem Thema wesentlich mehr verbunden zu sein, als ich ursprünglich ahnte, vor allem im Hinblick auf das Wirken der unterschiedlichen zionistischen Lobbies in den 30igern, also im Vorfeld der Gründung des Staates Israel.
So ist es, die Auswirkungen und Konsequenzen hieraus auf das und im deutschen Reich sind keinesfalls unerheblich, weil andererseits wiederum der Nimbus einer juedischen Kolaboration gleichfalls katastrophale Reputationsschaeden hervorgerufen haette.
>Ich habe gestern eine ganze Reihe israelischer Uniforen durchforstet, dort wird das ganze Kapitel als eine"schwarzes Kapitel" in der israelischen Geschichte diskutiert, ergo wird da wohl noch einiges interessantes rauszufinden sein...
Gemaess meinem vorherigen Absatz, bei diesem Thema steckt noch vieles im Dunkeln, es wurde viel unter den Decken gemauschelt, sowohl von zionistischer wie auch von Reichsfuehrungsseite.
>somit hat sich diese Diskussion für mich in jedem Fall gelohnt. thanks.
Welcome.
Noch zu Deinem weiteren Beitrag in diesem Thread: klar doch, besondere Lagen besonderer Zeiten erfordern besondere Massnahmen, das adressiert die Eliten der damaligen Juden im deutschen Reich, aber auch hierbei sollte zwischen dem Zeitraum 1933-1937 und 1938/39 differenziert werden, es gibt in dies bezueglichen Hinblicken m.E. doch gravierende und ganz einschneidende Unterschiede.
Last but not least, Haavara deckte natuerlich nur Palaestina ab, Suedamerika und so war da kein Thema, Nepotismus in welcher Form auch immer natuerlich auch nicht.
|
weissgarnix
22.08.2006, 21:51
@ Tassie Devil
|
Re: @weissgarnix - leider Punktabzug ;-) |
-->Hi,
also nach dem, was du im Text schreibst, gehen wir ja maximal ins Tie-break... ich habe mir jetzt mal Buch und Dissertation bestellt, bin aber erst in ca. 2 Wochen wieder zuhause. Dann werde ich das nochmal en detail durchgehen, etwaige zusätzliche Quellen sichten, und wenn sich dann noch was neues ergibt, dann komme ich nochmal auf dich zurück.
Ich hatte es allerdings so verstanden, dass der reine Warenkreislauf in jedem Fall durchbrochen werden mußte, weil die Reichsmark per se nicht in Devisen tauschbar war, sondern nur über den Umweg über"Transfermark". Und im Wechselkurs zwischen Reichsmark und Transfermark lag bekanntlich die Krux (TM zum Schluss nur noch 4% vom equivalenten Wert in RM). Wenn das auch für Haavara galt, was ich aus den bisherigen Infos vermute, dann lag dort natürlich die große Verlustquelle, egal, um welche assets es sich handelte.
Die Bergheimers waren 1938 oder 1939... klar, ganz andere Epoche, Arisierungen schon kräftig im Gange, grosso modo Schluß mit Lustig...
>>Hi,
>Hi,
>sorry, nur moeglichst kurz jetzt zu diesem Beitrag, meine Replik im Addendum-Thread spaeter. >
>>also: meine bisherigen Recherchen förderten nichts zu tage, was mich überrascht hätte. Aber vielleicht ja dich... (ich gebe die Hoffnung nicht auf, wie du siehst).
>Nein, keine Ueberraschung.
>>Deine These vom"Tausch" beruht ganz offensichtlich auf den höchst unpräzisen Informationen, die im Internet kursieren und die in den meisten Fällen auf recht oberflächlichen Zitaten aus Edwin Black's"The transfer agreement" beruhen dürften. Aber selbst Stellen wie Yad Vashem oder das Wiesental-Center geben da kaum präzise Auskünfte, sondern beschreiben das Agreement hauptsächlich im größeren politischen Kontext.
>Nein, ich hatte! (leider) mal sehr gute Informationen und auch Zahlen bzgl. dieses Haavara-Abkommens, diese belegten eindeutig, dass die Betonung bei diesem Abkommen auf dem Tausch lag, d.h. wer dieser Tauschcharakteristik Rechnung trug, der vermochte gelegentlich sogar Gewinne dabei zu erzielen, siehe meine Darstellungen hierzu in vorherigem Beitrag.
>Das generelle Problem bzgl. realistischer Einschaetzungen von Tauschgeschaeften,
>wie auch wie vorliegend Haavara betreffend, liegt ganz einfach darin, dass zwischen solchen Trasaktionen, bei denen Geld direkt zwischen Geld-Sender (Kaeufer) und Geld-Empfaenger (Verkaeufer) fliesst, und anderen Transaktionen, bei denen"Waren und Dienstleitungen im Wert von..." ausgetauscht werden OHNE dass dabei auch nur der geringste Geldfluss zwischen Sender und Empfaenger aufkommt, strickt unterschieden werden muss, und das ist leider fast immer *nicht* der Fall, weil halt das liebe Geld wie die Glocke vom Pawlow in den Koepfen aller einzementiert ist. > >Detaillierte Infos gibt es aber sehr wohl in Avraham Barkai's"Vom Boykott zur Entjudung". Danach mußten Personen, die nach diesem Agreement Vermögen transferieren wollten, mit Abschlägen um die 50-60% rechnen, in Einzelfällen mehr. Ich habe zudem eine auf Bakai's Buch aufbauende Doktorarbeit recherchiert, die Fälle schildert, in denen die Verluste nach Haavara sogar größer waren, als unter Anwendung der Reichsfluchtsteuer und der Auswanderersperrkonten:...
>Und schon laeutet Pawlows Glocke.
>Wer direkt Geldvermoegen transferierte, der musste sich nicht wundern, wenn er dabei einiges verlor, klar.
>Vermoegen war und ist aber nicht zwingend an Geld gebunden, und hier liegt der Hase im Pfeffer, vor allem beim Tausch, weil naemlich dabei ueberhaupt kein Geld mit im Spiele sein darf.
>>"Ein Beispiel eines Hildesheimer Juden zeigt allerdings, daß die Verluste vorher bei dem Haavara-Transfer sogar noch höher sein konnten als bei dem Transfers durch das Auswanderersperrkonto: Er überwies Anfang August 1937 15.000 RM auf das Auswanderersperrkonto und erhielt dafür 4500 RM, was einem Verlust von 70% entspricht. Daneben zahlte er 31.176 RM auf das Sonderkonto B der Palästinatreuhandstelle - dabei ergab sich ein Verlust von 85,6% (NHStA Hannover Nds. 110 W, Acc. 105/ 93, Nr. 846 I)." (vgl. Schneider, Jörg: Die jüdische Gemeinde in Hildesheim von 1871-1942, Dissertation an der Universität Göttingen, 1999).
>>Soviel dazu.
>Ja klar, was Du da auffuehrst ist absolut nichts neues fuer mich, direkter Geldtransfer wurde bestraft, verstaerkt noch ab 1938, keine Frage, das hat aber auch mit einem Tausch ueberhaupt nichts zu tun, und es entspricht auch keinesfalls dem von mir im Vorbeitrag beschrieben Importeursmodell, lies Dir das nochmals sorgfaeltig durch.
>Ich kann nur darauf verweisen, dass ich solche aus m.E. verlaesslichen Quellen stammenden Infos und Zahlen hatte, die u.a. tabellarisch eindeutig darueber Auskunft gaben, dass ein hoher Anteil, nach meiner jetzigen Erinnerung so um die 80%-85%, der gesamten Umsaetze, die das Haavara-Abkommen generierte, ohne jeglichen direkten Geldfluss, der ja gemaess Deiner obigen Darstellung bestraft wurde, im Zeitraum 1933 - 1937/38 abgewickelt wurde.
>>Der wahre Hintergrund von Haavara ist im Internet hingegen sehr ausführlich dokumentiert. Auf jüdischer (oder besser: zionistischer) Seite handelte es sich zweifelsfrei um ein Powerplay unter diversen zionistischen Interessensgruppen, vor allem im Hinblick auf die forcierte Überführung von deutsch-jüdischer Intelligenzia und $$$ nach Palästina.
>Im Klartext, der zionistischen Seite war es definitiv auch ein grosser Dorn im Auge, dass Haavara das Ausbluten des deutschen Reiches im Hinblick auf Geld/Devisen einerseits verhinderte und andererseits den allerdings ziemlich einseitigen Waren-/Dienstleistungsaustausch foerderte.
>>In diesem Punkt scheinen deine vorherigen Ausführungen also weitgehend zutreffend. Auf deutscher Seite hingegen scheint in der Tat die Angst vor einem weitreichenden wirtschaftlichen Boykott, hervorgerufen durch jüdische Interessensvereinigungen in USA und Europa, das primäre Motiv gewesen zu sein.
>Diese Darstellungen Deinerseits sind voellig korrekt, wenngleich Du auch bei letzterem den nicht zu unterschaetzenden Sekundaeraspekt voellig vermissen laesst, dass in den Vorkriegsjahren die mehr oder weniger direkte Enteignung juedischen Vermoegens im Reich ziemlich grosse Reputationsschaeden fuer die Reichsregierung zur Folge gehabt haette, Reichs-externe Schaeden dieser Art sowieso aber auch -interne Schaeden in nicht zu unterschaetzender Groessenordnungen.
>>Da sind sich meiner Lesart nach die unterschiedlichen Autoren ziemlich einig. Deine Theorie vom liebenswerten Onkel Adolf, der quasi noch im Hafen steht und den nach Palästina dampfenden Juden good-bye winkt, halte ich deshalb für weitestgehend widerlegt.
>Quatsch, meine angebliche Theorie ist Deine Fata Morgana, aber mit gleicher Muenze heimzahlend erlaube ich mir hier festzustellen, dass vom Traum aller H-Industriellen, gemaess welchem Satan Hitler im Jahre 1933 direkt nach revolutionaerem Machtraub sich stante pede umgehend daran machte, alle Reichsjuden zu enteignen und zu entleiben und das deutsche Volk und Reich zielstrebigst zum naechsten Kriegszubringer zu steuern, ueberhaupt keine Rede sein kann.
>>Allerdings danke ich dir für den Hinweis auf Haavara. In der Tat scheint mit diesem Thema wesentlich mehr verbunden zu sein, als ich ursprünglich ahnte, vor allem im Hinblick auf das Wirken der unterschiedlichen zionistischen Lobbies in den 30igern, also im Vorfeld der Gründung des Staates Israel.
>So ist es, die Auswirkungen und Konsequenzen hieraus auf das und im deutschen Reich sind keinesfalls unerheblich, weil andererseits wiederum der Nimbus einer juedischen Kolaboration gleichfalls katastrophale Reputationsschaeden hervorgerufen haette.
>>Ich habe gestern eine ganze Reihe israelischer Uniforen durchforstet, dort wird das ganze Kapitel als eine"schwarzes Kapitel" in der israelischen Geschichte diskutiert, ergo wird da wohl noch einiges interessantes rauszufinden sein...
>Gemaess meinem vorherigen Absatz, bei diesem Thema steckt noch vieles im Dunkeln, es wurde viel unter den Decken gemauschelt, sowohl von zionistischer wie auch von Reichsfuehrungsseite.
>>somit hat sich diese Diskussion für mich in jedem Fall gelohnt. thanks.
>Welcome.
>Noch zu Deinem weiteren Beitrag in diesem Thread: klar doch, besondere Lagen besonderer Zeiten erfordern besondere Massnahmen, das adressiert die Eliten der damaligen Juden im deutschen Reich, aber auch hierbei sollte zwischen dem Zeitraum 1933-1937 und 1938/39 differenziert werden, es gibt in dies bezueglichen Hinblicken m.E. doch gravierende und ganz einschneidende Unterschiede.
>Last but not least, Haavara deckte natuerlich nur Palaestina ab, Suedamerika und so war da kein Thema, Nepotismus in welcher Form auch immer natuerlich auch nicht.
|
Tassie Devil
23.08.2006, 06:12
@ weissgarnix
|
Re: @weissgarnix - leider Punktabzug ;-) |
-->>Hi,
>also nach dem, was du im Text schreibst, gehen wir ja maximal ins Tie-break... ich habe mir jetzt mal Buch und Dissertation bestellt, bin aber erst in ca. 2 Wochen wieder zuhause. Dann werde ich das nochmal en detail durchgehen, etwaige zusätzliche Quellen sichten, und wenn sich dann noch was neues ergibt, dann komme ich nochmal auf dich zurück.
Hi,
ja, ok, mach' Dir keinen Stress.
>Ich hatte es allerdings so verstanden, dass der reine Warenkreislauf in jedem Fall durchbrochen werden mußte, weil die Reichsmark per se nicht in Devisen tauschbar war, sondern nur über den Umweg über"Transfermark". Und im Wechselkurs zwischen Reichsmark und Transfermark lag bekanntlich die Krux (TM zum Schluss nur noch 4% vom equivalenten Wert in RM). Wenn das auch für Haavara galt, was ich aus den bisherigen Infos vermute, dann lag dort natürlich die große Verlustquelle, egal, um welche assets es sich handelte.
Klar doch, sobald irgendwie RM nach ausserhalb des Reiches floss - bingo, die Frage drehte sich nur noch um die Hoehe der Verluste. Natuerlich wurde auch dieser Weg beschritten, mit den entsprechenden Verlusten eben, wie Dein Beispiel zeigte, und was mir nicht unbekannt war.
Nein, der fuer den Emigranten/Imigranten richtige weil verlustfreie u.U. sogar gewinnvolle Weg lief ganz einfach so, dass ein palaestinensischer Importeur, der einerseits durch den Gewinn aus Waren-/Dienstleistungsverkaeufen bei sich vor Ort von aus dem deutschen Reich importierten Objekten motiviert war und bei solchen Geschaeften zusaetzlich motivationserhoehend noch eine Praemie aus den Schatullen der Israellobby bezog, anstatt den deutschen Produzenten regulaer zu bezahlen dem Imigranten net cash bongo diese Summe vor Ort aushaendigte und sich die beiden gelegentlich die Praemie der Israellobby teilten, was dem Imigranten sogar einen Gewinn erbrachte. Der deutsche Produzent hingegen freute sich ueber den Auftrag und den Export und bediente sich finanziell innerhalb des Reiches am Eigentum des Imigranten, das dieser als Emigrant zur Bezahlung des deutschen Produzenten dort zurueck gelassen hatte.
Dieses Prinzip, das den Waren-/Dienstleistungsaustausch"im Wert von X RM" zwischen dem deutschen Reich und Palaestina gewaehrleistete, OHNE dass auch nur eine einzige RM die deutschen Landesgrenzen und auch nur ein einziger Bakshish die palaestinensischen Landesgrenzen ueberschritten haette, welches aber einerseits sowohl den deutschen Hersteller und Exporteur innerhalb der deutschen Reichsgrenzen fuer seine Bemuehungen in X RM aus einem Eigentum entlohnte, der palaestinensische Importeur hingegen andererseits aus dem Verkauf der"im Wert von X RM" bezogenen deutschen Waren/Dienstleistungen vor Ort statt den deutschen Hersteller und Exporteur zu bezahlen exakt diese Summe"im Wert von X RM" dem Immigranten voellig verlustfrei in die Hand druecken konnte, dieses Prinzip des geldflussbefreiten Handels ueber Laendergrenzen hinweg war natuerlich ein fetter Sprengsatz fuer die (zionistische) Finanzoligarchie, die Hitler den Vorwurf einbrachte, er wolle den internationalen Handel zerstoeren oder doch zumindest"empfindlich stoeren", zumal dieses Prinzip auch in umgekehrter Richtung mit allerdings geringerem Handelsvolumen"im Wert von Y Bakshish" genauso erfolgreich praktiziert wurde. Des weiteren musste obige Finanzoligarchie zu Recht befuerchten, dass Hitler dieses Prinzip auch beim Handel mit anderen Laendern anwenden koennte.
Fazit: das Haavara-Prinzip war fuer gewisse (zionistische) Hochfinanzkreise ein knackiger Sprengsatz, dessen Ausweitung auf andere Laender diesen Hochfinanzkreisen katastrophale Aussichten beschert haette.
>Die Bergheimers waren 1938 oder 1939... klar, ganz andere Epoche, Arisierungen schon kräftig im Gange, grosso modo Schluß mit Lustig...
Ja klar.
|
weissgarnix
23.08.2006, 13:54
@ Tassie Devil
|
Re: @weissgarnix - leider Punktabzug ;-) |
-->>Dieses Prinzip, das den Waren-/Dienstleistungsaustausch"im Wert von X RM" zwischen dem deutschen Reich und Palaestina gewaehrleistete, OHNE dass auch nur eine einzige RM die deutschen Landesgrenzen und auch nur ein einziger Bakshish die palaestinensischen Landesgrenzen ueberschritten haette, welches aber einerseits sowohl den deutschen Hersteller und Exporteur innerhalb der deutschen Reichsgrenzen fuer seine Bemuehungen in X RM aus einem Eigentum entlohnte, der palaestinensische Importeur hingegen andererseits aus dem Verkauf der"im Wert von X RM" bezogenen deutschen Waren/Dienstleistungen vor Ort statt den deutschen Hersteller und Exporteur zu bezahlen exakt diese Summe"im Wert von X RM" dem Immigranten voellig verlustfrei in die Hand druecken konnte, dieses Prinzip des geldflussbefreiten Handels ueber Laendergrenzen hinweg war natuerlich ein fetter Sprengsatz fuer die (zionistische) Finanzoligarchie, die Hitler den Vorwurf einbrachte, er wolle den internationalen Handel zerstoeren oder doch zumindest"empfindlich stoeren", zumal dieses Prinzip auch in umgekehrter Richtung mit allerdings geringerem Handelsvolumen"im Wert von Y Bakshish" genauso erfolgreich praktiziert wurde. Des weiteren musste obige Finanzoligarchie zu Recht befuerchten, dass Hitler dieses Prinzip auch beim Handel mit anderen Laendern anwenden koennte.
Die Frage, die sich dann jetzt noch stellt ist: wieviele der 60.000 konnten wirklich von dem von dir beschriebenen Mechanismus profitieren, und wieviele mußten sich einfach mit dem durch Haavara vorgesehenen Procedere begnügen. Besonders Clevere, die eine eigentlich nachteilige Regelung zu ihrem Vorteil nutzen können, gibt es immer, siehe neuerdings Hart IV. Wenn aber eine entscheidende Zahl, sagen wir mal 40.000, wirklich so verfahren konnte, wie du es darstellst, dann geht der Punkt an dich. Wird aber wie gesagt ne gewisse Zeit dauern, bis ich das klären kann.
|