Hallo alle,
neulich wurde im Forum über den nicht geschlossenen Friedensvertrag mit Deutschland gesprochen, was ich zum Anlaß genommen habe, Euch den Beitrag von Prof. Schlee aus der „Deuschen Militärzeitschrift“ Nr. 16 von 1998 hier hereinzustellen. Der Beitrag umfaßte noch einige Bilder und Anmerkungen in Kästen, die ich nicht wiedergeben kann. Hauptsache ist, daß unser Bewußtsein dahingehend geschärft wird, daß mit Deutschland vieles im Argen liegt und daß „unsere“ Politiker nicht unsere Interessen vertreten und immer mehr einen ferngesteuerten Eindruck machen. Trotz alledem glaube ich, daß eines nicht zu fernen Tages Ehrlichkeit und Gerechtigkeit für unser Volk siegen werden.
Gruß
Jan
Deutschland
Überlegungen und Deutungen:
"Zwei-plus-Vier-Vertrag“
1. Ständig Überraschungen für den Souverän
Bei der mit dem sogenannten"Zwei-plus-Vier-Vertrag" einhergehenden historisch-politisch äußerst schwierigen Staats- und Völkerrechtsproblematik im Zusammenhang mit dem"Deutschen Reich" und des seit 1945 noch ausstehenden, wenn auch ständig in Aussicht gestellten Friedensvertrages, der mit dem am 12. September 1990 abgeschlossenen sogenannten"Zwei-plus-Vier-Vertrag wohl suggeriert werden soll, scheint es eingangs sinnvoll zu sein, festzustellen, daß"Demokratie" die"Herrschaft des Volkes" bedeutet. Jedoch, so läßt uns Prof. H. H. von Arnim wissen,"das Grundübel unserer Demokratie liegt darin, daß sie keine ist. Das Volk, der nominelle Herr und Souverän, hat in Wahrheit nichts zu sagen. Besonders kraß ist es auf Bundesebene entmündigt, obwohl gerade dort die wichtigsten politischen Entscheidungen fallen. *1*
Er fügt hinzu:"Das Volk kann auch grundlegende Entscheidungen von nationalem Interesse, etwa über den Ver-trag von Maastricht, nicht an sich ziehen", was auch für den sogenannten" Zwei-plus-Vier-Vertag" gilt! Diese"umfassende Entmachtung des Volkes geht auf den"Parlamentarischen Rat" (8. Mai bis 1. Juli 1949) zurück" (von Arnim).
Gemeint ist das vom Parlamentarischen Rat auf Weisung der Militärgouverneure der westlichen Besatzungszonen und auf der Grundlage der (drei) „Frankfurter Dokumente“ *2* und anderer Vorlagen *3*
in verhältnismäßig kurzer Zeit gefertigte"Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland“. Man wollte bewußt ein"Grundgesetz" und damit in der kontrollierten Frühphase jede Endgültigkeit vermeiden, um sich in freiheitlicherer Zeit eine eigene Verfassung geben zu können. Bedenklich für den Abschluß eines"Zwei-plus-Vier-Vertrages" ist, daß das deutsche Volk auch im Jahre 1999 nur das"Grundgesetz ´FÜR die Bundesrepublik Deutschland" und keine eigene"Verfassung" hat, die doch, wären wir wirklich ein souveräner Staat, vom"deutschen Volk in freier Entscheidung" langst hatte beschlossen werden müssen (Art. 146 GG)! Vielleicht spricht man deswegen vom sogenannten"Zwei-plus-Vier-Vertrag", weil sich hinter diesem populistischen Titel die folgenschwere Bezeichnung verbirgt:"Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland"!
So wie sich der Bundesbürger überrascht zeigt, wenn er erfährt, daß der Titel des Grundgesetzes nicht „Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland“ lautet, sondern FÜR die Bundesrepublik Deutschland, was heißt, daß sich nicht das Deutsche Volk dieses Grundgesetz gegeben hat, sondern andere Verantwortungsträger es „für die Bundesrepublik Deutschland“ bestimmten, genehmigt am 12. Mai 1949 von den drei westlichen Hohen Kommissaren, und nur so lange gelten soll, bis „eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossen worden ist“ (Art 146 GG), was bekanntlich bisher nicht geschah(!), so überrascht diesen Bürger auch, daß er nach jahrzehntelanger „In-Aussicht-Stellung“ eines Friedensvertrages zufällig erfährt, daß ihm seine Volksvertreter und Staatsdiener statt dessen schn am 12. September 1990 einen „Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland“ beschert haben, der nach allseitiger Ratifizierung durch die „Zwei-plus-Vier“ (BRD, DDR, USA, GB, FR, Rußl) am 13. März 1991 in Kraft trat! Und mehr noch überrascht ihn, daß Rußland auf dem ersten „Zwei-plus-Vier“ - Beamtentreffen (politische Direktoren) am 14.März 1990 in Bonn die Forderung stellt, daß zum Abschluß der jetzt beginnenden Verhand-lungen ein Friedensvertrag für Deutschland stehen müsse, was alle übrigen Delegationen, auch die Bonner Delegation, ablehnten! Bei der nachfolgenden ersten „Zwei-plus-Vier“ -Außenministerkonferenz am 5.Mai 1990 in Bonn besteht dann Konsens darüber, keinen Friedensvertrag mit Deutschland zu schließen! *5*
Mit diesem Vertrag sollen die Vier-Mächte-Rechte und -Verantwortlichkeiten abgelöst und die Bundesrepublik Deutschland ein souveräner Staat sein. Das konnte man schon im sogenannten „Deutschland Vertrag“ 1952/54 lesen. Der „Zwei-plus-Vier“ Vertrag mit seinen zehn Artikeln enthält wenig für einen Friedensvertag, der doch alle offenen und ungeregelten Fragen, die im Zusammenhang mit dem Krieg entstanden, regeln soll. Und - wie bekundet - wollte man ja gar keinen Friedensvertrag! Bis auf Japan, das mit Rußland weiter verhandelt, sind mit kriegsbeteiligten Friedensverträge geschlossen worden. Warum eigentlich nicht mit Deutschland?
2. Der alliierte Sonderweg von Casablanca nach Moskau
Will man die Frage, warum es eigentlich keinen Friedensvertrag mit Deutschland gibt, unbefangen angehen, muß man die weltgeschichtlich dunkle Zeit partiell auszuleuchten versuchen. Heute „propagierte“ Geschichte sieht nach mehr als fünfzigjähriger Forschung auch auf internationaler Ebene wirklich anders aus. Der mit zahlreichen Rechtsfragwürdigkeiten gepflasterte „alliierte Sonderweg“ von der Casablaca-Konferenz (Roosevelt, Churchill) am 23.Januar 1943, auf der Roosevelt die unheilvolle „bedingungslose Kapitulations-Idee“ für Deutschland einfiel, bis zur Moskauer „Zwei-plus-Vier“ Konferenz der Außenminister am 12. September 1990, auf der die Unterzeichnung des „Vertrages über die abschließende.......“ stattfand, veränderte in 47 Jahren rechtswidrig Bestand, Identität und Rahmenbedingungen der Kriegsverliererseite. Daher gibt es Schwierigkeiten, noch eine vom gesamtdeutschen Souverän legitimierte Verhandlungs- und Vertragsdelegation des nicht untergegangenen, zur Zeit handlungsunfähigen, aber allein zuständigen Deutschen Reiches erstellen zu können. Wenn auch schlesische Landsleute aus dem Jahr 1945 in Erinnerung haben, daß die sowjetische Besatzungsmacht auf Plakaten an Litfaßsäulen mitteilte, daß man erst nach 50 Jahren an Friedensgespräche denken könnte, schließlich wurde am 14.März 1990 in Bonn von der russischen Delegation eine solche Forderung gestellt, die dann am Widerstand der Westdelegation (einschließlich der BRD) scheiterte, so kommen bezüglich der Haltung der Westmächte in der Frage eines immer wieder in Aussicht gestellten Friedenvertrages mit Deutschland ganz erhebliche Zweifel auf! *6* Betrachtet man rückblickend kritisch ab Casablanca alle Rechtsvorgänge in bezug auf Deutschland („Bedingungslose Kapitulation“ der Wehrmacht, Verhaftung der Reichsregierung, „Machtübernahme“ mit der Berliner Erklärung vom 5.Juni 1945, GG mit ausländischen Vorlagen, „Staatsgründung“ noch zur Zeit des „Kriegszustandes“, „Bundeswehr“ auf dringenden Wunsch der Alliierten (West), „Einbindung“ in NATO, EG,UN durch zahlreiche internationale Verträge, Eingehenmüssen auf hohe Zahlungsverpflichtungen, umstrittenen Ostverträge, „Soldaten-sind-Mörder“ Urteil, Passivität in der Asylfrage, überraschende, unvorbereitete Vereinigung BRD-DDR unter internationaler Absicherung, immer noch ohne vom deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossene Verfassung, mit geltenden UN-Feinstaatenklauseln und ohne alle offenen Fragen klärenden Friedensvertrag bei Anwesenheit fremder Truppen im Land und weiteres mehr), gewahrt man zahlreiche politische und vertragliche „Mogelpackungen“, anormale Abhängigkeiten und indirekte Kontrollen, so daß die vorhin genährten Zweifel eher genährt als abgebaut werden. Es stellt sich nach mehr als 50 Jahren des Aufbaus, des Leistens und er Bewährung sowie angesichts der überraschenden Vereinigung der BRD und der DDR mit allen sozialistischen Erblasten bei gleichzeitiger Abschaffungsabsicht der bewährten DM und trotz unferigen Zustandes als friedensvertragsloser Staat die bevorstehende Eilüberfühurng in die erweiterte Europäische Union die ernsthafte Frage, ob überhaupt jemals wirklich die politische Absicht bestand, dem deutschen Volk und Reich einen Freiheit garantierenden, Gerechtigkeit gewährenden, Souveränität stiftenden, Gleichberechtigung ermöglichenden und damit Zukunft sichernden Friedensvertrag zu geben.
Der „Zwei-plus-Vier-„ - Vertrag kann somit weder eine „abschließende Regelung in bezug auf Deutschland“ sein und schon gar nicht ein Friedensvertrag mit Deutschland ersetzten! Es besteht nach wie vor ein Zustand zwischen dem Krieg von gestern und dem Frieden von morgen. Klare Verhältnisse wurden nicht geschaffen.
3. Wo Wahrheit und Klarheit für Deutschland?
Für jeden nachdenkenden Staatsbürger bleibt es ein von anderen kaum bemerkter Ausnahmezustand, daß dem deutschen Volk seit mehr als 50 Jahren der Friedensvertrag als völkerrechtlich klare Beendigung des Kriegszu-standes vorenthalten wird. Wirklich stichhaltige Begründungen gibt es nicht. Als ein Staatsbürger am 30.Dezember 1996 in der Sache beim Auswärtigen Amt nachfragte, bekam er am 8. Januar 1997 zur Antwort: „Mit Inkrafttreten des Vertrages vom 12.September 1990 über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland am 15.März 1991 hat sich eine friedensvertragliche Regelung, wie sie noch 1972 erwartet wurde, erübrigt. In diesem Vertrag heißt es, daß die Außengrenzen des vereinten Deutschlands die Grenzen der Bundes-republik und er Deutschen Demokratischen Republik sein werden und daß sie am Tag des Inkrafttretens des Vertrages endgültig sein werden“.
Ein anderer Staatsbürger fragte am 10.Januar 1997 bei der Deutschen Ausgleichsbank über das „Vermögen der Provinz Ostpreußen“ nach und erhielt am 14.Januar 1997 von dieser Anstalt es öffentlichen Rechts zur Antwort, daß sie „treuhänderisch im Auftrag des Bundes Vermögen für den Provinzialverband Ostpreußen verwaltet. Dieses Vermögen und die daraus fließenden Erträge sind nicht disponibel, sondern nach der Gesetzesbestimmung in ihrem Bestand zu erhalten bis zu einer friedensvertraglichen Regelung“. Dieses Amt wußte wohl 1997 nicht, daß es diese Regelung laut Auswärtigem Amt vom Januar 1997 schon seit Inkrafttreten des „Zwei-plus-Vier“- Vertrages am 15.März 1991 längst geben soll! Nimmt man die Brockhaus Enzyklopädie (Bd. 24, 1994 hrsg., S. 651) zur Hand und liest beim Stichwort 2+4... im letzten Absatz: „Der Vertrag ist kein Friedensvertrag im herkömmlichen Sinn. Sofern aber ältere Verträge an den Abschluß eines Friedensvertrages Rechtsfolgen knüpfen, ist der „Z.-p.-V.-.V. als solcher anzusehen“.
Danach also ist er je nach Fall mal kein herkömmlicher Friedensvertrag und ein echter Friedensvertrag! In der Zeitung „Die Welt“ vom 2.Mai 1995 liest man auf S. 8 in einem Beitrag den kleinen Absatz:
„Auf Klagen ehemaliger Zwangsarbeiter beschäftigt sich derzeit das Bundesverfassungsgericht damit, ob der „Zwei-plus-Vier“ -Vertrag der beiden deutschen Staaten mit den vier Siegermächten einem Friedensvertrag entspricht“. So klar scheint es also nicht zu sein. Die entscheidende frage aber ist noch gar nicht gestellt:
Ist die Bundesrepublik überhaupt berechtigt, einen Vertag über Deutschland als Ganzes mit endgültigen Regelungen zu abzuschließen, zumal das deutsche Volk als eigentlicher Souverän und Betroffener in keiner Weise beteiligt war? Kann sie auf Gebiete verzichten, die sie niemals in ihrem Besitz hatte? Da bekanntlich das Deutsche Reich laut Berliner Erklärung vom 5.Juni 1945 sowie mehreren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes nicht untergegangen ist, kann die Bundesrepublik Deutschland auch nicht Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches sein. Die BRD ist nur teilidentisch mit dem Deutschen Reich und kann daher weder über die deutschen Ostgebiete verfügen noch auf sie verzichten. Sie würde auch gegen Völkerrecht verstoßen, wenn sie die im deutschen Osten vorgenommenen Annexionen anerkennen wollte, und würde zugleich grundgesetzwidrig handeln, da laut Art. 25 GG die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts sind und diesem vorgehen. Daher ist zu beachten, daß die Vereinigung durch den Einigungsvertrag vom 6.September 1990 sowie der „Zwei-plus-Vier“ - Vertrag Vorgänge waren, die auch hinsichtlich der Unterzeichnung ausdrücklich nur für West- und Mitteldeutschland stattfanden. Die vorgenannten Rechtsprobleme tangieren auch die Wiener Vertragsrechtskonvention bei Nichtbeachtung des allgemeinen Rechts bei internationalen Verträgen im Sinne von Art. 53 (Nichtigkeit). Jede zukünftige Bundesregierung kann bei erfolgten Vertragsverstößen und Völkerrechtswidrigkeiten gegenüber den Okkupationsmächten zu jeder Zeit deutsche Rechtsansprüche geltend machen. *7*
4. Es geht um Frieden und Gerechtigkeit für Deutschland
Aus der Fülle fragwürdiger Rechtskonstruktionen in bezug auf Deutschland sei noch kurz das Problem der verharmlosten Gültigkeit der „Feindstaatenklauseln“ (Art. 53 und 107) der UN-Charta erwähnt. Bei einer Anfrage eines Staatsbürgers an das Auswärtige Amt Ende Juni und Ende Juli 1994 antwortete dasselbe schon fast stereotyp: „Die sogenannten Feindstaatenklauseln der UN-Charta sind nach Auffassung der Bundesregierung bereits mit dem Beitritt der beiden deutschen Staaten zu den Vereinten Nationen im Jahr 1973 gegenstandslos geworden“. Man braucht nur in den 7. Band der schon erwähnten Brockhaus-Enzyklopädie (S. 167; 1988) zu sehen, dann weiß man, daß es sich nur um eine falsche „Auffassung“ handelt, die die tatsächliche Lage nur verharmlosen soll. Es heißt dort: „..., gänzlich hinfällig geworden ist sie jedoch nicht, da die Rechte und Verantwortlichkeitn der Vier Mächte nicht unter Berufung auf die UN-Charta in Frage gestellt werden könne. Vor dem Beitritt der beiden deutschen Staaten haben die Vier Mächte in einer gemeinsamen Erklärung (am 9.November 1972!) klargemacht, daß dadurch ihre Rechte und Verantwortlichkeiten nicht berührt seinen“!
Die Nachfrage eines Staatsbürgers am 2. Februar 1981 beim UN-Sekretariat ergab in der Antwort am 1.April 1981 die klare Aussage: „Art. 107 der Satzung wurde zwar als Übergangsbestimmung angesehen, jedoch konnte man sich bereits bei den Beratungen zum Satzungsentwurf nicht auf eine bestimmte Geltungsdauer der Vorschrift einigen. Im Zuge der Bemühungen um eine Revision der Satzung hat es Initiativen zur Streichung von Art. 107 gegeben. Erfolg war diesen Initiativen jedoch nicht beschieden. Es trifft daher zu, daß Art. 107 der Satzung weiterhin Gültigkeit besitzt“! Und so ist es auch heute noch.
Die Tatsache, daß alle Vier Mächte ihre schon als „obsolet“ bezeichneten Vier-Mächte-Rechte bei den Zwei-plus-Vier- Verhandlungen als selbstverständliche Mitwirkungsrechte betonen, sollte man entsprechend zur Kenntnis nehmen! *8*
In der Entwicklung des Rechtes galten Menschenrechte stets als Freiheitsrechte! Friedensordnungen waren und sind auch stets Rechtsordnungen. Heute ist unübersehbar, daß auch in unserem Volke ein bedauerlicher Mangel an Rechtsbewußtsein entstanden ist. Selbst in Urteilen ist das erkennbar. Dabei ist das Recht legales Mittel zur Durchsetzung von Politik und darf nicht als „Formelkram“ verkannt werden und verkommen! *9*
Als Roosevelt am 24.Januar 1943 auf der Konfernz von Casablaca bekanntgab, sein Kriegsziel sei die „bedingungslos Kapitulation“ der Achsenmächte, prägte er die Formel, die nicht der Haager Landkriegsordnung von 1907 entsprach, aber der Denkweise eines Dschingis Khans. Die Haager Landkriegsordnung sieht für den Extremfall einer Kapitulation verpflichtenden vor: „ Kapitulationen sollen den Forderungen der militärischen Ehre Rechnung tragen“! Die Siegermächte hielten sich nicht an dieses Gebot, sie boten Dschingis Khan! Da sie sich bewußt waren, daß keine deutsche Regierung die bedingungslose Kapitulation Deutschland unterzeichnen würde, ließen sie kurzerhand nur ein „Urkunde über die militärische Kapitulation“ unterzeichnen, um die Wehrmacht entwaffnen zu können., dann wurde ohne Skrupel die Reichsregierung verhaftet und mit der „Berliner Erklärung“ vom 5.Juni 1945 in Selbstermächtigung die Macht in Deutschland übernommen. Die „Berliner Erklärung“ war eine leicht veränderte Fassung der ursprünglich vorgesehenen bedingungslosen Kapitulation Deutschlands. Diese Vorgehen verstieß eindeutig gegen die Haager Landkriegsordnung. Lord William Strang, der von britischer Seite auf in der Kommission zur Vorbereitung wichtiger Papiere mitarbeitete, berichtet in seinem Buch „Home and abroad“ (London 1956, S. 209f.), daß jene Papiere so abgefaßt sein sollten, daß den Alliierten Machtbefugnisse in Deutschland eingeräumt werden, „die weit über das hinausgehen, was ihnen unter Anwendung des Völkerrechts auf Grund der Stellung von Besatzungsmächten erlaubt wäre..... Die Hauptsache war, eine deutsche Unterschrift zu erlangen“! diese Methode zog sich mit verheerenden Folgen für das deutsche Volk durch die Jahrzehnte, so daß es zwar heute noch das Völkerrechtssubjekt „Deutsches Reich“ gibt, das aber durch entsprechende Maßnahmen nicht mehr handlungsfähig ist, so daß die Westmächte als Siegermächte keinen legitimen Friedensvertragspartner mehr haben. Die Vorgänge bis zum „Zwei-plus-Vier“ - Vertrag sind fragwürdige Ersatzhandlungen, die rechtlich anfechtbar sind und keine rechts- und friedenssichernden Maßnahmen für die Zukunft darstellen können. Es ist der Mühe wert, aus diese Sackgasse einen Ausweg zu finden. Politik hat normalerweise eine sich auf Macht, Recht und Gerechtigkeit gründende Ordnung menschlichen und staatlichen Zusammenlebens zum Ziel. Die unterliegt ethischen Normen und hat die Aufgabe, die Beziehungen der Menschen, Völker und Staaten mit Herz und Verstand gerecht und vernünftig zu regelnund der Freiheit Lauf zu sichern. „Macht hat den Sinn“, so Thomas von Aquin *10*, „die Gerechtigkeit zu verwirklichen“! Und der politische Praktiker weiß, „daß die Kunst des Regierens mehr Charakter verlangt als Verstand“ *11*! Und „zweifellos ist es für das Wohl der Nationen wichtig, daß die Regierenden Tugenden und Talente besitzen. Aber vielleicht noch wichtiger ist, daß die Regierenden keine im Gegensatz zu den Regierten stehenden Interessen haben“! *12* Diese Frage wird sich mancher Staatsbürger bei der heute undurchsichtigen politischen Gesamtlage vermehrt stellen und vielleicht an das in Kriegs- und Krisenzeiten stets bedeutungsvoll Bibelwort (Sprüche Salomons, 14.39) „Gerechtigkeit erhöhet ein Volk“! denken, zumal es auf den bindenden Zusammenhang von Ethik und Politik hinweist. Der Verfasser kommt bei diesen Überlegungen auch die Abschiedsbotschaft des ersten amerikanischen Präsidenten George Washington (am 17. September 1796 kundgetan) in den Sinn, in der er allen Bürgern als Herz legt: „ Wahret Ehrlichkeit und Gerechtigkeit gegenüber allen Nationen; haltet Frieden und Eintracht mit allen. Religion und Anstand gebieten diese Verhalten; wie könnte es sein, daß eine gute Politik dies nicht ebenfalls gebietet? Es wird einer friedlichen, aufgeklärten und binnen kurzem großen Nation würdig sein, der Menschheit das hochherzige und ungewöhnliche Beispiel eines Volkes zu geben, das immer von einem höheren Rechtsempfinden und Wohlwollen geleitet ist.... Den Satz, daß Anständigkeit immer die beste Politik ist, halte ich für ebenso anwendbar auf öffentliche wie auch auf private Angelegenheiten“! *13* Im Hinblick auf die Zukunft Deutschlands wünscht der Verfasser, man möge sich in Amerika auf diese Rede besinnen, im Hinblick auf Deutschland fühlt man sich an Jonathan Swifts mythischen Gulliver erinnert!
Prof. Emil Schlee
Anmerkungen:
*1*Arnim, Hans Herber von: Staat ohne Diener. München 1993.......
*2*Rothstein, Siegmar: Gab es eine Alternative? In: „Aus Politik und Zeitgeschichte“ vom 17.Mai 1969
*3*Erläuterungen zu den „Frankfurter Dokumenten“..............
*4*..........
*5*Garn, Markus: Stationen im Zwei-plus-Vier-Vertag, München 1996
*6*Schickel, Alfred: Die folgenreichste Forderung der Alliierten...........
*7*Rechtsdarstellung erfolgte in Anlehnung an Prof. Dr. jur. Hans Werner Bracht...
*8*Seiffert, Wolfang: Die Verträge zwischen Deutschland und seinen östlichen Nachbarn.....Köln 1994.
*9*Vgl. Schlee, Emil: Wissen um Deutschland. Asendorf 1985.
*10*Thomas von Aquin: Kommentar zum Epheserbrief 6/3... München 1953.
*11*Lawrence, Thomas Edward: Aus einem Brief an die „Times“ vom 22.07.1920
*12*Tocqueville, Alexis de: Demokratie in Amerika, Wien 1950-
*13*In: Leben, Freiheit und das Streben nach Glück“... Hrsg. v. amerik. Hochkommissar, München o.J.
Entschuldigt, aber ich war zu faul, die ganzen Quellen abzutippen. Wer will, kann zum Treffen den ganzen Artikel als Kopie bekommen. J.
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