dottore
31.10.2006, 16:56 |
Teufelskreis Demografie und Asset MeltdownThread gesperrt |
-->Hi,
das Demografie-Problem gilt zwar als ein âlangfristigesâ, aber auch lange Wege beginnen mit den ersten Schritten. So manchen hier mag es nicht interessieren, was im Jahr 2030 oder gar 2050 Sache ist. Aber die Schwierigkeiten treten nicht erst dann ein, sondern sind bereits in naher Zukunft schmerzlich zu bemerken. Ebenso die sog. âpolitischen GegenmaĂnahmenâ, etwa die Erhöhung des Renteneintrittsalters, die Notwendigkeit mit massivem Mitteleinsatz das Bevölkerungswachstum zu stimulieren (die Zu- oder Einwandererthematik klammern wir mal aus), die ProduktivitĂ€t zu steigern (sog. âZukunftsinvestitionenâ), die VerlĂ€ngerung der Arbeitszeit innerhalb der Lebensarbeitszeit, usw.
In der EU liegt die Alterslastquote (Personen unter 15 und ĂŒber 64 zur Bevölkerung im erwerbsfĂ€higen Alter) bei 25 (USA: 19), wird 2015 bei 30 (22) geschĂ€tzt, 2030 bei 40 (30) und 2050 bei 50 bis 55 (30 bis 35). Quelle: Eurostat, auch interessant EZB: âTrends and Pattern in Working Time Across Euro Area Countries - Causes and Consequencesâ.
Die erste Folge ist eine Abnahme der wirtschaftlichen Wachstumsraten (BIP real) von 2,0 % (2005/10) auf 1,5 % (2011/30) bis 1,2 % (2031/50). Dies hat Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, sofern der Gleichung hohe Wachstumsraten = höhere BeschĂ€ftigung Glauben geschenkt wird und vor allem die öffentlichen Finanzen, die zudem von der âAltersseiteâ her in die Zange genommen werden: höhere Ausgaben fĂŒr Renten, Gesundheit, Pflege, aber auch fĂŒr SozialunterstĂŒtzung und Bildung. Um nur das Rentensystem zu halten, mĂŒssten in einigen EU-Staaten die BeitragssĂ€tze auf 40 % der Löhne und GehĂ€lter steigen. Quelle: EU-Paper âThe economic impact of ageing populations in the EU 25 Member Statesâ.
Wie steht es nun um die FinanzmÀrkte?
Schon 2000 hatte sich der IMF der Thematik angenommen (âWhat will Happen to Financial Markets when the Boby Boomers Retire?â). Inzwischen hat sich daraus eine dĂŒstere Hypothese entwickelt, die auch in Fachzeitschriften ihren Niederschlag gefunden hat, die sog. âAsset-Meltdown-Hypotheseâ, vgl. RESt 2001 oder Econometrica 2003 (âThe Effects of a Baby Boom on Stock Prices and Capital Accumulation in the Presence of Social Securityâ).
Danach ergibt sich: Sobald die Baby Boomer in Rente gehen (oder ĂŒberhaupt die Alterslastquote steigt) werden sie ihre (privaten) Altersanlagen verkaufen (mĂŒssen). Dies umso mehr, je stĂ€rker sie ihrerseits unter stagnierenden, gekĂŒrzten oder besteuerten Renten zu leiden haben oder unter verlĂ€ngerter Lebensarbeitszeit, die im Klartext nichts anderes ist als eine Verschiebung der Rentenauszahlungen und dies wiederum unter dem Aspekt, die âzusĂ€tzlich gewonnene Lebensarbeitszeitâ gar nicht mit bezahlter (besteuerter und sozialversicherungspflichtiger) Arbeit verbringen zu können, ganz einfach, weil sie keinen Job mehr finden.
Als KĂ€ufer der Altersanlagen (Assets) kommen nur die im Erwerbsleben Stehenden infrage. Da deren Zahl zumindest relativ (wenn nicht absolut) abnimmt, kann sich jeder an fĂŒnf Fingern ausrechnen, dass Kurse und Preise der Assets eher fallen als steigen dĂŒrften (âMeltdownâ) - es sei denn die ErwerbstĂ€tigen schrĂ€nken ihren Konsum drastisch ein, mit entsprechenden Auswirkungen auf das BIP, jedenfalls auf das BIP in seiner bisherigen Zusammensetzung. Der Konsum verlagert sich auf âAltenprodukteâ, fĂŒhrt aber aufgrund seiner Struktur nicht zu den Investitionen, die fĂŒr âjunge Volkswirtschaftenâ typisch sind - ein SeniorenmĂŒsli unterscheidet sich von einem ChampagnerfrĂŒhstĂŒck doch betrĂ€chtlich.
AuĂerdem ist die Seniorenschaft eher konservativ und hat sich lĂ€ngst von dem verabschiedet, was jeweils als neuester âTrendâ oder neueste âModeâ (im weitesten Sinne) aufgetischt wird. Hinzu kommt die bekannte UniformitĂ€t der Konsumgewohnheiten der Ălteren.
Vor allem fehlt als Wachstumstreiber der Wille, sich zu verschulden, sei es fĂŒr den neuen Porsche oder ein neues Eigenheim. Ălteren wird zudem kaum entsprechender Kredit gewĂ€hrt.
Mit zunehmendem Alter (= Shift von der schwĂ€cheren jĂŒngeren auf die stĂ€rker werdende Ă€ltere Generation) nimmt auch die Risiko-Aversion zu. Dies bedeutet, dass jene Assets sich am besten halten oder sogar zulegen könnten (Non-Meltdown), die als âunriskantâ gelten, insonderheit Staatspapiere bester BonitĂ€t. Wer geht schon beruhigt in Rente mit einem Privatportefeuille, das zu 100 % aus Zertifikaten besteht?
Dies mag erklĂ€ren, was wir seit Geraumen an den MĂ€rkten fĂŒr langfristige (sichere) Anlagen erleben - sehr zur Verwunderung aller möglichen KapazitĂ€ten, angefangen mit Alan Greenspan und seinen berĂŒhmtem âconundrumâ-Remarks (Warum steigen die LangfristsĂ€tze nicht, wo wir doch die KurzfristsĂ€tze so flott erhöht haben?).
Inzwischen rĂ€tseln Legionen von Chefvolkswirten ĂŒber die neuerdings im EU-Raum und den USA zu beobachtende inverse Zinsstruktur, die nicht dem entspricht, was laut Lehrbuch zu erwarten wĂ€re. Schon garnicht wenn die Logik so geht: ZB erhöht Satz, da sie deutliche Inflationsgefahren wittert. Bei Inflationsgefahren aber mĂŒssten gerade LanglĂ€ufer durchsacken, da sie am gefĂ€hrdetsten sind.
Dazu am Rande: J.P.Morgan sieht fĂŒr Ende 2007 einen Fed-Satz von 6 %, die nicht minder klugen Köpfe von Goldman, Sachs einen von 4 %. Eine solche immense Differenz unter den Fed-Watchern hat es - so die NYT - bisher noch nicht gegeben! Dass es bei der 2-%-Differenz nicht um eine Belanglosigkeit geht, sondern viele Milliarden Dollar dabei im Feuer stehen, weiĂ jeder BĂŒrobote in Wall Street.
Nach SchĂ€tzung verschiedener Generationen-Ă-konomen bedeutet der Shift in der Alterspyramide auf Sicht des oben genannten Zeitraums sogar eine Senkung des Real-Zinses um 50 bis 100 Basispunkte. Zuletzt: IMF âThe Global Impact of Demographic Changesâ (2006).
Zu guter Letzt hat sich PIMCO geĂ€uĂert. Sie sehen eine groĂe, langanhaltende Hausse in Festverzinslichen. Diese könnte am Aktienmarkt durchaus zu einer âMissverstĂ€ndnis-Hausseâ fĂŒhren (Renditen / ZinssĂ€tze niedrig? Also nĂŒscht wie rein!). Könnte. Der US-Housing-Markt aber wird - so PIMCO - durch sinkende ZinssĂ€tze ebensowenig wieder zu beleben sein wie er sich bei steigenden SĂ€tzen vom Bubbling abhalten lieĂ.
Dazu noch dieses interessante Schaubild:
[img][/img]
Abgesehen von den jĂŒngsten Unkenrufen aus London (GroĂe Depression Ă la 1930 ff. wg. Umweltproblemen) darf auch durch die âĂberalterungs-TĂŒteâ geunkt werden: Ein lĂ€ngerfristiger AbwĂ€rtstrend steht vor, wenn nicht schon in der TĂŒr.
Die EZB fordert âdringend Strukturreformen zur VerstĂ€rkung der gesamtwirtschaftlichen FlexibilitĂ€t und Dynamikâ und reiht damit ein Nullwort ans nĂ€chste. Wie sollte die demografische Struktur reformiert werden? Wie die Generation der immer Ă€lter werdenden Alten, die zweifelsfrei Teil der âGesamtwirtschaftâ ist, flexibel und dynamisch?
Ich weiĂ es nicht und reiche die hier angestellten Ăberlegungen gern ans Forum weiter.
Frohen WochengruĂ!
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Tulpenblase
31.10.2006, 18:52
@ dottore
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Demografie und Asset Meltdown |
-->ErgÀnzend auch >
http://www.allianz.com/Az_Cnt/az/_any/cma/contents/969000/saObj_969741_Sep05_Demographie.pdf
Ebenso Allianz Group >
Economic Research > Wirtschaft und MĂ€rkte 10/2004 S. 16 ff (Kapitalmarktperspektiven 2050)
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Zandow
31.10.2006, 19:05
@ dottore
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Inverse Zinsstruktur |
-->Hi dottore,
kurz dies:
>>>>>
Was Ihnen eine inverse Zinsstrukturkurve sagt
Es gibt nur wenige verlĂ€ssliche Börsen- und Wirtschaftsindikatoren. Die inverse Zinsstrukturkurve ist einer davon. In der Vergangenheit kam es im Anschluss an eine ĂŒber mehrere Wochen inverse Zinsstruktur immer zu einer Rezession und zu deutlich fallenden Aktienkursen. Damit stellt die inverse Zinsstruktur den vermutlich besten Indikator fĂŒr die Prognose von Rezessionen und Baissen dar, mit einer kleinen EinschrĂ€nkung: Es gab auch Baissen und Rezessionen, denen keine Warnung durch die Zinsstruktur vorangegangen war. Das allein selig machende Instrument zur Börsen- und Wirtschaftsprognose ist also auch die Zinsstrukturkurve nicht.
Die Botschaft der Zinsstrukturkurve: Rezession und Baisse
Ich wiederhole es noch einmal: In der Vergangenheit kam es in den USA immer zu einer Rezession, wenn die Zinsstrukturkurve mehrere Wochen lang invers war. Jede Rezession ging mit einer Baisse an den AktienmÀrkten einher, ohne Ausnahme. Umgekehrt gilt dieser Zusammenhang jedoch nicht. Es gab also Baissen, die nicht von einer Rezession gefolgt oder begleitet wurden.
In den vergangenen 100 Jahren kam es am amerikanischen Aktienmarkt zu 21 Baissen. Der durchschnittliche KursrĂŒckgang aller Baissen betrug 36 Prozent gemessen am Dow Jones Industrial Average. Die Baissen dauerten durchschnittlich 19 Monate an. Im Jahr 2000 war die Zinsstruktur ebenfalls invers. Meine in diesem denkwĂŒrdigen Jahr gehegten BefĂŒrchtungen einer verheerenden Baisse sollten sich bekanntlich bewahrheiten. Ob mir das Prognose-GlĂŒck dieses Mal Ă€hnlich hold sein wird?
<<<<<
Quelle:
Claus Voigt"Achtung: Rezession!"
in 'eigentĂŒmlich frei' Nr. 66, S. 21
In derselben Nr. von 'ef' auch ein Nachruf auf Walter Hirt. Er war erst 67.
Traurigen GruĂ, <font color=#008000>Zandow</font>
<ul> ~ Was bleibt...</ul>
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Ecki1
31.10.2006, 21:17
@ dottore
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Kein Teufelskreis, sondern neue und gute GeschÀftsideen |
-->Hallo zusammen
Vom Demographietrend werden bestimmte Branchen und GeschĂ€ftsmodelle profitieren, die heute noch nicht dieselbe Bedeutung haben. Dazu gehören selbstverstĂ€ndlich alle Berufe, die mit noch lebenden oder bereits verstorbenen Ă€lteren Leuten zu tun haben: Altenpfleger und Pflegeausstatter, Friedhofsbetreiber, soweit nicht in öffentlicher Hand, FriedhofsgĂ€rtner, Bestattungsunternehmen (siehe hier auch die börsennotierten Firmen STEI und SCI), solche, die renovierenderweise gegen Immobilienassetmeltdown ankĂ€mpfen und deren AusrĂŒster, AuktionshĂ€user, Umzugsunternehmen, Autovermieter, allgemein Erbschaftsverwerter.
Also nicht den Kopf in den Sand stecken,
empfiehlt Ecki1
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TESLA
31.10.2006, 21:25
@ Zandow
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Re: Inverse Zinsstruktur |
-->>Die Botschaft der Zinsstrukturkurve: Rezession und Baisse
>Ich wiederhole es noch einmal: In der Vergangenheit kam es in den USA immer zu einer Rezession, wenn die Zinsstrukturkurve mehrere Wochen lang invers war. Jede Rezession ging mit einer Baisse an den AktienmÀrkten einher, ohne Ausnahme.
Oh ja. Dieses Thema hat mich auch schon Stunden beschÀftigt. Inverse Zinsstrukturkurve. Der teuerste Satz an der Börse ist ja"diesmal ist alles anders...".
Trotzdem gebe ich folgendes zu bedenken:
Die ABSOLUTE Höhe des Zinsniveaus spricht dagegen.
Die STEILHEIT der Zinsstrukturkurve spricht (noch) dagegen.
Die DAUER (ist ja schon ein Weilchen so) spricht dagegen.
Das Thema Asset Liability spricht dagegen.
Die Unternehmensgewinne sprechen dagegen.
Nun schau mer mal...
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TESLA
31.10.2006, 21:26
@ dottore
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Re: Teufelskreis Demografie und Asset Meltdown |
-->Kann es sein, das in der Argument ein paar Chinesen, Inder und Russen fehlen?
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André
31.10.2006, 22:11
@ TESLA
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Re: Inverse Zinsstruktur |
-->ErgÀnzung der untigen AufzÀhlung:
Die Wahlen am 7.11. sprechen dagegen, dass etwas zuvor geschieht,
und es kann sich noch solange hinausziehen, bis das Ergebnis feststeht.
Gruss
A.
>>Die Botschaft der Zinsstrukturkurve: Rezession und Baisse
>>Ich wiederhole es noch einmal: In der Vergangenheit kam es in den USA immer zu einer Rezession, wenn die Zinsstrukturkurve mehrere Wochen lang invers war. Jede Rezession ging mit einer Baisse an den AktienmÀrkten einher, ohne Ausnahme.
>
>Oh ja. Dieses Thema hat mich auch schon Stunden beschÀftigt. Inverse Zinsstrukturkurve. Der teuerste Satz an der Börse ist ja"diesmal ist alles anders...".
>Trotzdem gebe ich folgendes zu bedenken:
>Die ABSOLUTE Höhe des Zinsniveaus spricht dagegen.
>Die STEILHEIT der Zinsstrukturkurve spricht (noch) dagegen.
>Die DAUER (ist ja schon ein Weilchen so) spricht dagegen.
>Das Thema Asset Liability spricht dagegen.
>Die Unternehmensgewinne sprechen dagegen.
>Nun schau mer mal...
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oekognom
01.11.2006, 00:39
@ Ecki1
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Friedshofswirtschaft |
-->...
Friedhofsbetreiber, soweit nicht in öffentlicher Hand, FriedhofsgÀrtner, Bestattungsunternehmen
...
Wieso sollten diese Branchen davon profitieren, daĂ ihre potentielle Kundschaft"ums Verrecken nicht verrecken" will und mit allerlei medizinischem Brimborium das Unausweichliche immer weiter nach hinten schiebt?
Im Prinzip ist das wie bei der Automobilindustrie, wo der Bestand immer Ă€lter wird und die Unternehmen seit Jahren"dringenden Ersatzbedarf" sehen - nur in ihren AuftragsbĂŒchern nicht. Bei den Dienstleistern rund um den Gottesacker ist es doch genauso: Der Bestand an Leuten, an denen man seine Dienste verrichten könnte, verstopft die Pflegeheime und verweigert beharrlich sein sozialvertrĂ€gliches FrĂŒhableben.
FĂŒr einen TotengrĂ€ber gibt es doch nichts besseres, als wenn die Leute massenweise Kinder werfen (von denen möglichst viele jung ins Gras beiĂen) und nach Ende der biologischen ReproduktionsfĂ€higkeit dann selbst den Löffel abgeben. Sowas sorgt fĂŒr steigende UmsĂ€tze.
Aber die heutigen Sterbe- und Fortpflanzungsverweigerer? Da bleibt ja kaum genug Nachschub, um die eingeebneten AltgrĂ€ber neu zu belegen. Vielleicht sollte man mal beim örtlichen MdB Druck machen, ob man nicht doch den Friedhofszwang auf abgetrieben Föten, FrĂŒhgeburten und Stammzellen ausweiten könnte. WĂ€r zumindest nachdenkenswert...
<font color=#008000>oekognom</font>
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Toby0909
01.11.2006, 07:16
@ Zandow
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sehr vage |
-->Also die Zinsstruktur ist nun schon ziemlich viele"mehrere Wochen" invers und es kommt stÀndig zu neuen Höchstkursen.
Wenn ein Indikator"einer der verlĂ€Ălichsten" ist - wie oft gab es den in der Vergangenheit? Und dann mĂŒsste man doch"mehrere Wochen" genauer definieren können und auch Zeitpunkt und Höhe des RĂŒckgangs bestimmen können.
Vielleicht war die Baisse ja die Kursbewegung zwischen Januar und Mitte Juni?
Statistisch ging es fast 6 Monate relativ deutlich bergab - gut, kein Crash, aber eine"ausgeprĂ€gte Korrektur" kann man es am Ende vielleicht nennen und dann passt das in 1 oder 2 Jahren wieder pefekt zum verlĂ€Ălichsten aller Indikatoren???
Ach ja: Ich glaube daà fast jede Baisse am Aktienmarkt durch eine Baisse im Dollar"bestÀtigt" wurde. Das fehlt mir diesmal - bisher.
Toby
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Inge
01.11.2006, 08:44
@ dottore
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Re: Teufelskreis Demografie und Asset Meltdown |
-->könnte sein, dass dieses Problem bald das Kleinere ist
angesichts einer ungehemmten Zuwachsrate an arbeitslosen Zuwanderern
die ihr Heil in der Vermehrung suchen?
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dottore
01.11.2006, 10:32
@ Tulpenblase
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Re: Demografie und Asset Meltdown |
-->Hi Tulpenblase,
Dr. Kesting leider erst Morgen wieder im BĂŒro zu erreichen. Werde gern berichten.
Einstweilen zu seinen Eingangsstatements (Anstieg der in Aktienfonds angelegten Gelder -"explodierten geradezu" zwischen 1970 und 2000): Wir sollten nicht ĂŒbersehen, dass sich die US-Bevölkerung seit 1967 (bis heute) um 50 % erhöht hat, von 200 auf 300 Mio.
Bis 2050 werden 420 Mio erwartet. Dabei steigen die Gruppen
20-44 vom 104 auf 130 Mio (Abnahme am Total kontinuierlich von 37 auf 31 %)
45-64 von 62 auf 93 Mio (mit 22 % in etwa gleich, allerdings ein High 2010 von 26 %). Quelle: US Census Bureau.
Dagegen sieht es im Euroraum so aus (ebenfalls Projektion, Quelle EU-Kommission):
[img][/img]
Einstweilen Dank + GruĂ!
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dottore
01.11.2006, 10:58
@ TESLA
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Re: Inverse Zinsstruktur |
-->Hi TESLA,
>Oh ja. Dieses Thema hat mich auch schon Stunden beschÀftigt. Inverse Zinsstrukturkurve. Der teuerste Satz an der Börse ist ja"diesmal ist alles anders...".
>Trotzdem gebe ich folgendes zu bedenken:
>Die ABSOLUTE Höhe des Zinsniveaus spricht dagegen.
WĂ€re so, wenn die prozentuale Höhe der Fremdfinanzierung gleich geblieben wĂ€re. FĂŒr den US Housing Mkt sind jedoch jede Menge von"innovativen" Finanzierungsformen entwickelt worden, die sĂ€mtlich darauf hinauslaufen, a) die Mortgage Rates nĂ€her an den Kurzfristsatz zu ziehen und b) die Kaufpreise viel höher zu finanzieren als dies bisher je der Fall war.
>Die STEILHEIT der Zinsstrukturkurve spricht (noch) dagegen.
Ja, schaut so aus:
[img][/img]
>Die DAUER (ist ja schon ein Weilchen so) spricht dagegen.
Ja, Timing is everything. Nur was, wenn der Fed-Fund-Satz gleich bleibt bzw. gesenkt wird? Da die FED völlig einseitig auf"Inflationsgefahren" abgehoben hatte, wĂŒrde dies als Entwarnung gesehen (Crude in kurzer Zeit von 80 auf 58 usw.). Das wĂŒrde die Long Bonds freuen und sie sollten mit höheren Kursen (niedrigeren Renditen) aufwarten. Wie kommen die USA dann von der inversen Zinskurve weg? Meine Meinung: Die Fed hat das falsche Tier gejagt.
Oder wie wĂ€re das: Fed senkt - die Aktien schieĂen hoch (nĂ€chste"irrational exuberance")?
>Das Thema Asset Liability spricht dagegen.
Hat auch was.
>Die Unternehmensgewinne sprechen dagegen.
Die Steigerungen lassen sich kaum auf Dauer zweistellig halten. Vereinzelte EinbrĂŒche (Gewinnwarnungen etc.) kamen schon zu Ohren.
Insgesamt: Ich weiĂ es nicht. Also schau mer mal...
GruĂ!
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Ecki1
01.11.2006, 12:04
@ oekognom
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Friedshofswirtschaft |
-->Wieso sollten diese Branchen davon profitieren, daĂ ihre potentielle Kundschaft"ums Verrecken nicht verrecken" will und mit allerlei medizinischem Brimborium das Unausweichliche immer weiter nach hinten schiebt?
Jetzt verwechselst Du den Ist-Zustand mit den möglicherweise kommenden Trends. Der Preisdruck im Gesundheitswesen ist offenkundig und wird sich frĂŒher oder spĂ€ter in der Lebenserwartung bemerkbar machen. Daher mein Optimismus zu den Friedhofsbranchen. Ausserdem ist in D bereits der erste Privatfriedhof gegrĂŒndet worden, was diese Ansicht bestĂ€rkt.
Im Prinzip ist das wie bei der Automobilindustrie, wo der Bestand immer Ă€lter wird und die Unternehmen seit Jahren"dringenden Ersatzbedarf" sehen - nur in ihren AuftragsbĂŒchern nicht.
Oh doch, siehe Toyota auf Kosten von VW. Solche Trends aufzuspĂŒren ist die naheliegende Aufgabe fĂŒr Investoren.
Bei den Dienstleistern rund um den Gottesacker ist es doch genauso: Der Bestand an Leuten, an denen man seine Dienste verrichten könnte, verstopft die Pflegeheime und verweigert beharrlich sein sozialvertrĂ€gliches FrĂŒhableben.
Noch. Aber nicht mehr allzu lange. Dass ich zwar Pflegeberufe, aber nicht die Heimbetreiber explizit erwĂ€hnt habe, dafĂŒr bitte ich um Nachsicht.
Aber die heutigen Sterbe- und Fortpflanzungsverweigerer? Da bleibt ja kaum genug Nachschub, um die eingeebneten AltgrĂ€ber neu zu belegen. Vielleicht sollte man mal beim örtlichen MdB Druck machen, ob man nicht doch den Friedhofszwang auf abgetrieben Föten, FrĂŒhgeburten und Stammzellen ausweiten könnte. WĂ€r zumindest nachdenkenswert...
Eine zentral verordnete Zwangslösung wĂ€re nicht nachdenkenswert, sondern eher typisch deutsch. Ich werde das von aussen mit entsprechendem AmĂŒsement mitverfolgen.
Gute Investments wĂŒnscht
Ecki1
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Emerald
01.11.2006, 12:22
@ Ecki1
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Re: Kein Teufelskreis, sondern neue und gute GeschÀftsideen |
-->in der Schweiz haben seit ĂŒber zehn Jahren findige (Gegenteil von windige) GeschĂ€ftsleute das Friedhof-Business kultiviert.
Im Freiburgischen*) kann man testamentarisch sein Asche auf einer Alm verstreuen
lassen; vorausgesetzt man wird dies notariell beurkunden. Anderswo verkauft
ein Businessman in GraubĂŒnden ganze BĂ€ume, wo der Verstorbene seine letzte
Ruhe finden kann, bzw. seine Urne vergraben bekommt. Auch hier geht der Baum-
Kauf voraus, und Voraus-Kasse ist erste Bedinung des Vertrages. Pro Baum wurden
und Urne zuletzt CHF 695.00 plus Nebenkosten, bei AltbÀumen, verrechnet.
Notarielle Beurkundung inbegriffen.
Emerald.
*)Fribourg: la ville universitaire.
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Prosciutto
01.11.2006, 12:39
@ dottore
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Ungesunde und stressige Lebensweise lassen die Lebenserwartung wieder sinken |
-->Hallo
Die heutigen Arbeitsnehmer stehen unter solchem Druck (Stress, Erwartungs- bzw. Leistungdruck, Mobbing, Angst vor Stellenverlust), dass das Infarktrisiko steigt. In dieser nonstop-Gesellschaft ernĂ€hren sich die Menschen oft sehr ungesund. Weitere Faktoren, die fĂŒr eine VerkĂŒrzung der Lebenserwartung sprechen:
- Kein gutes soziales Netz (Familie) mehr, siehe Scheidungsraten
- Stark steigender Drogenkonsum (vor allem Upper/Fitmacher wie Kokain und Amphetamine)
- Hohe Arbeitslosigkeit, mehr SozialhilfefÀlle, hohe Suizidrate
- viele Psychiaterien und GefĂ€ngnisse sind ĂŒberfĂŒllt...
Ich vermute, dass die heutige Jugend nicht mehr so alt wird wie ihre Grosseltern.
Gruss
Prosciutto
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zureich
01.11.2006, 13:24
@ dottore
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Re: Teufelskreis Demografie und Asset Meltdown / Zuwanderung? |
-->Ist es nicht möglich, dass sich das Problem durch die Zuwanderung von Arbeitern / WirtschaftsflĂŒchtlingen von selbst löst? Von der Ăberalterung sind OECD-LĂ€nder betroffen.
- Die Geschichtsschreibung legt nahe, dass sich Völkerwanderungen langfristig nicht aufhalten lassen.
Viele LÀnder hatten oder haben gerade ihren Babyboom... Global gesehen und stark vereinfacht haben wir auf der einen Seite LÀdner mit Kapital auf der anderen LÀnder mit ArbeitskrÀften. Die demografische Struktur mag ja auf nationaler Ebene je lÀnger je mehr asymmetrisch sein, nicht auf globaler Ebene.
Ein Blick bis 2030 oder 2050 sollte diesen Faktor mit berĂŒcksichtigen.
Gruss
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Prosciutto
01.11.2006, 13:51
@ zureich
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Sag mal, bist du aus Zuerich/CH und hast das e und r getauscht? (o.Text) |
-->
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FOX-NEWS
01.11.2006, 14:28
@ oekognom
|
"ums Verrecken nicht verrecken"... warum so pessimistisch? |
-->Mit der KlimaerwĂ€rmung werden doch neue Faktoren in das"Spiel" eingebracht. Bei der Hitzewelle von 2003 wurden IMO Europaweit ca. 50.000 zusĂ€tzliche Neukunden aquiriert. Lt. Spiegel http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,445528,00.html ist Kyoto vermutlich gestorben und hitzige Sommer dĂŒrften die Regel werden.
Gruss
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Tulpenblase
01.11.2006, 14:28
@ Prosciutto
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Hier ein Blick bis 2150 ;-) |
-->
http://www.dbresearch.com/servlet/reweb2.ReWEB?rwkey=u1563458
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Tulpenblase
01.11.2006, 14:30
@ Tulpenblase
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Re: Hier ein Blick bis 2150 ;-) |
-->Die pdf-Datei (2,7 MB) vom 15.2.2006 ist es.
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zureich
01.11.2006, 14:44
@ Tulpenblase
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Re: Hier ein Blick bis 2150 ;-) |
-->>Die pdf-Datei (2,7 MB) vom 15.2.2006 ist es.
Ja, merci fĂŒr den Hinweis, habs kurz quergelesen. Die Autoren gehen von einer geschlossenen Volkswirtschaft aus (S.12), die Zuwanderung wird nicht berĂŒcksichtigt.
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Tulpenblase
01.11.2006, 15:13
@ zureich
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Migration |
-->Hier werden Sie geholfen ;-)
Unter www.dbresearch.com > macrotrends > Megathema Demografie > Archiv Demografie
befinden zwei pdf-Abhandlungen vom 25.4.03 + 8.5.03, welche sich auch der Zuwanderung widmen.
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Tulpenblase
01.11.2006, 15:16
@ Tulpenblase
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Weitere ErgÀnzung |
-->unter og Link > Die demografische Herausforderung > Demografie Spezial vom 30.7.2002
Da sollte fĂŒr einen allgemeinen Ăberblick reichen.
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dottore
01.11.2006, 15:23
@ Zandow
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Re: Kapitalistische Antithetik? |
-->Hi Zandow,
ich sehe dieses Problem dabei:
Die Fed hat sich bis 5,25 hinaufgearbeitet mit dem InflationsbekÀmpfungs-Argument.
LĂ€sst sie ihren Fed-Fund-Satz oder nimmt sie ihn zurĂŒck, kann dies den Bond-Markt nur Auftrieb geben, d.h. es wird mehr gekauft. Die inverse Kurve wird"hinten" gedrĂŒckt.
Nun aber etwas GrundsĂ€tzliches: Die Wirtschaft ("Kapitalismus" und so) lebt vom Risk-Reward-Effekt. Je lĂ€nger ein Investment, desto riskanter, desto höhere Rewards mĂŒssten winken, ob sie nun realisiert werden können oder nicht.
Bei der inversen Zinskurve dreht sich das nun um. Kurzfrist-Anlagen haben logischerweise ein geringeres Risiko als Langfristanlagen. Geld, z.B. Overnights, kommt am nÀchsten Morgen zu pari daher.
Wird dieses Nicht-Risiko mit höheren Rewards"belohnt" (ZinssÀtze höher) als das bei Langfristanlagen (Renditen niedriger), haben wir eine kapitalistische Antithetik. Kapital wird mit Geld verwechselt.
Dass ein nichtkapitalistischer Kapitalismus auf Dauer nicht hinhaut, ist klar. Mir jedenfalls.
Danke fĂŒr den Text. Ich vermute, das GlĂŒck wird dem Autor auch diesmal lĂ€cheln.
GruĂ!
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zureich
01.11.2006, 16:00
@ Tulpenblase
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Re: Weitere ErgÀnzung |
-->>unter og Link
>> Die demografische Herausforderung > Demografie Spezial vom 30.7.2002
>Da sollte fĂŒr einen allgemeinen Ăberblick reichen.
http://www.dbresearch.com/PROD/DBR_INTERNET_DE-PROD/PROD0000000000044677.pdf
ja, habs quergelesen. das paper gibt schon einen guten allgemeinen Ăberblick. Die ZusammenhĂ€nge zwischen Ăberalterung, Zuwanderung und den fiskalischen Konsequenzen sind dementsprechend unscharf dargestellt..."Ohne Zuwanderung werden die alternden und schrumpfenden
IndustrielĂ€nder an der demografischen Herausforderung scheitern." (S. 48). Weshalb sollte die DB sich bei einem derat, durch die Politik instrumentalisierbaren Thema zuweit aus dem Fenster lehnen?! Vielleicht hab ich ja die relevanten Stellen ĂŒberlesen.
Gruss
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dottore
01.11.2006, 18:13
@ Prosciutto
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Re: So schnell stirbt sich nicht |
-->Hi Prosciutto,
>Ich vermute, dass die heutige Jugend nicht mehr so alt wird wie ihre Grosseltern.
Das kann sein, zeichnet sich aber noch nicht so richtig ab. Denn:
"Nach vorlĂ€ufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes starben in Deutschland 1996 insgesamt 883 000 Personen; dies waren geringfĂŒgig weniger als im Vorjahr (- 2 000 Gestorbene). Bei nahezu jedem zweiten Verstorbenen (424 000 SterbefĂ€lle) wurde der Tod durch eine Erkrankung des Herz-Kreislaufsystems ausgelöst, wovon insbesondere Ă€ltere Menschen betroffen waren. Allein 85 000 Personen starben durch einen akuten Herzinfarkt. GegenĂŒber dem Vorjahr ist die Zahl der Herz-KreislaufsterbefĂ€lle um 1,2 Prozent gesunken.
An bösartigen Neubildungen verstarben 212 200 Personen, dies waren 0,3 % weniger als 1995. An Lungenkrebs verstarben 36 600 Menschen (- 1,4%) und an Brustkrebs 18 800 Frauen (+ 0,8 %).
Von groĂer Bedeutung waren weiterhin die Krankheiten der Atmungsorgane mit 53 600 Gestorbenen (- 0,5 % gegenĂŒber 1995) und die Krankheiten der Verdauungsorgane (41 800 SterbefĂ€lle, - 0,2 %). An nichtnatĂŒrlichen Todesursachen (Verletzungen und Vergiftungen) starben 38 500 Personen. Das waren 900 weniger als im Vorjahr (- 2,3 %). Die Suizide nahmen dabei um 5,3 % auf 12 200 ab.
Und neun Jahre spÀter (2005) haben wir ca. 6 Prozent weniger SterbefÀlle, die Suizide lagen"nur" noch bei 10.260. Insgesamt:
"Im langfristigen Vergleich ist die Sterblichkeit seit 1990 in allen BundeslĂ€ndern gesunken. Die altersstandardisierte Sterbeziffer sank bundesweit von 1990 bis 2005 um 29% auf 801,6 Gestorbene je 100 000 Einwohner. In Sachsen-Anhalt wurde 2005 mit 894,9 Gestorbenen je 100 000 Einwohner die höchste, in Baden-WĂŒrttemberg mit 721,7 die niedrigste Sterblichkeit festgestellt."
Und die ganze Nachricht:
FĂŒr 2005
Noch ist Bruder Hein von seiner Höchstform entfernt (in Schwaben ist er ziemlich auĂer Tritt), aber vielleicht bekommen wir auch bei diesem sinistren Thema einen U-Effekt zu sehen: Ernst runter, dann wieder steil hinauf.
GruĂ!
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