-->Hallo n8igel,
nix mit Hilfe.
Grottenolm klagt über ACKERSCHNECKEN. Weißt du was das bedeutet?
Da hat jemand sich seine Behausung mitten in die freie, unberührte Natur gesetzt. Was für ein Frevel. Sein Haus, seinen Garten, erst dem Urwald abtrotzen und sich dann über den Abwehrkampf der geschundenen und vertriebenen Kreatur beschwerden, die sich ihr Territorium zurückerobern will.
Gerade bei der gemeinen Ackerschnecke unterliegt man schnell diesem Irrtum. Die trägt zwar ihr Haus auf dem Rücken und man nimmt an, das diese Wesen eher dem fahrenden Volk zuzurechnen sind, das ist ein Vorurteil, denn das ist keine Haus im eigentlichen Sinne, das ist für die Schnecken eher so etwas wie eine Campingausstattung.
Warum macht er es nicht so, wie jeder, moderne, zivilisierte Zweibeiner, einer der sich von der Evolution bei den niederen Kreaturen im Tier- und Pflanzenreich getrennt hat? Ein solcher sucht sich seine Steintruhe, auch Wohnung genannt, in einer Großstadt und bleibt unter seines Gleichen. Nur um nicht zu vergessen wo der eigentliche Feind des Menschen herkommt, wie er aussieht, dazu schafft man sich einen Kleingarten mitten im Großstadtgetümmel an und zeigt dort seinen Verwandten und Bekannten die gegnerischen Pflanzen und Tiere, wie Giersch, Brennnessel und die braune Nacktschnecke. Und man hält sich für die Schnecken eine Scharr indischer Laufenten. Das alte Prinzip wendet man dabei an, welches immer wirkt, das Gleiche mit dem Gleichen abzuwehren. Die einfache Schlussfolgerung ist:
Die störende Natur, die wird mit der Natur ausgerottet.
Also Schnecken mit dem Igel oder den Laufenten und nicht mit wertvoller Chemie, mit den gepflegten Werkzeugen aus der Küche, wie Schere oder Messer, und auch nicht mit dem Grundnahrungsmittel aller Grillfreunde, mit Salz.
Ich befürchte, wer seinen Lebensmittelpunkt weit weg verlegt hat, weg von den PKW mit ihren dröhnenden Autotüren, insbesondere in den Nachtstunden, den herrlich rußigen LKW, den überaus lieblichen Baustellen mit den genauso lieblichen Bauarbeitern mit ihren TIXI - Kisten, weg von den Tempeln der Kauflust, den Fließbändern der Wohllust, hin brutal mitten hinein in die noch unerschlossenen weißen Flecken auf der Landkarte gesiedelt hat, ich fürchte, dem ist bei seinen Problemen nicht zu helfen.
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Einer, der diesen Unterschied aus der Perspektive eines Vormenschen beschrieben hat ist der hier. Bitte wirklich mal lesen, auch wenn es ausnahmsweise mehr als drei Wörter sind und in deinem Herzen hin- und herbewegen:
<font color=#FF0000>Von den steinernen Truhen</font>
Der Papalagi wohnt wie die Seemuschel in einem festen Gehäuse. Er lebt zwischen Steinen, wie der Skolopender zwischen Lavaspalten. Steine sind rings um ihn, neben ihm und über ihm. Seine Hütte gleicht einer aufrechten Truhe aus Stein. Einer Truhe, die viele Fächer hat und durchlöchert ist. Man kann nur an einer Stelle des Steingehäuses ein- und ausschlüpfen. Diese Stelle nennt der Papalagi den Eingang, wenn er in die Hütte hineingeht, den Ausgang, wenn er hinausgeht; obwohl beides ganz und gar ein und dasselbe ist. An dieser Stelle ist nun ein großer Holzflügel, den man kräftig zurückstoßen muß, ehe man in die Hütte hinein kann. Man ist jetzt aber erst am Anfang und muß noch mehrere Flügel zurückstoßen, dann erst ist man wirklich in der Hütte.
Die meisten Hütten sind nun von mehr Menschen bewohnt, als in einem einzigen Samoadorfe leben, man muß daher genau den Namen der Aiga wissen, zu der man auf Besuch will. Denn jede Aiga hat einen besonderen Teil der Steintruhe für sich, entweder oben, oder unten oder in der Mitte, links oder rechts oder geradevor. Und eine Aiga weiß oft von der anderen nichts, gar nichts, als ob nicht nur eine steinerne Wand, sondern Manono, Apolima und Savaii und viele Meere zwischen ihnen lägen. Sie wissen oft ihre Namen kaum, und wenn sie einander an dem Einschlupfloch begegnen, geben sie sich nur unwillig einen Gruß oder brummeln sich an wie feindliche Insekten. Wie erbost darüber, daß sie nahe beieinander leben müssen. Wohnt die Aiga nun oben, ganz unter dem Dache der Hütte, so muß man viele Äste hinaufsteigen, im Zickzack oder rund im Kreise, bis man zu der Stelle kommt, wo der Name der Aiga an die Wand geschrieben ist. Nun sieht man vor sich die zierliche Nachbildung einer weiblichen Brustwarze, auf die man drückt, bis ein Schrei ertönt, der die Aiga herbeiruft. Sie sieht durch ein kleines, rundes gegittertes Loch in der Wand, ob es kein Feind ist. Dann öffnet sie nicht. Erkennt sie aber den Freund, so bindet sie sogleich einen großen Holzflügel, der tüchtig angekettet ist, ab und zieht ihn zu sich herein, daß der Gast durch den Spalt eintreten kann in die wirkliche Hütte.
Diese ist nun wieder von vielen steilen Steinwänden durchbrochen, und man schlüpft weiter durch Flügel und Flügel von Truhe zu Truhe, die kleiner und kleiner werden. Jede Truhe - die der Papalagi ein Zimmer nennt - hat ein Loch, wenn sie größer ist, zwei oder noch mehr, durch die das Licht hereinkommt. Diese Löcher sind mit Glas zugetan, das man fortnehmen kann, wenn frische Luft in die Truhen soll, was sehr nötig ist. Es gibt aber viele Truhen ohne Licht- und Luftloch.
Ein Samoaner würde in solcher Truhe bald ersticken, denn nirgends geht ein frischer Luftzug hindurch wie in jeder Samoahütte. Dann auch suchen die Gerüche des Kochhauses nach einem Ausgang. Zumeist ist aber die Luft, welche von draußen hereinkommt, nicht viel besser; und man kann schwer begreifen, daß ein Mensch hier nicht sterben muß, daß er nicht vor Sehnsucht zum Vogel wird, ihm keine Flügel wachsen, damit er sich aufschwinge und dahin fliege, wo Luft und Sonne ist. Aber der Papalagi liebt seine Steintruhen und merkt ihre Schädlichkeit nicht mehr. Jede Truhe hat nun einen besonderen Zweck. Die größte und hellste gilt für die Fono der Familie oder zum Empfang der Besuche, eine andere für den Schlaf. Hier liegen die Matten, das heißt, sie lagern frei auf einem Holzgestell mit langen Beinen, damit die Luft unter den Matten durchziehen kann. Eine dritte Truhe ist für das Esseneinnehmen und Rauchwolkenmachen, eine vierte bewahrt die Essensvorräte, in der fünften wird gekocht und in der letzten und kleinsten gebadet. Dieses ist der allerschönste Raum. Er ist mit großen Spiegeln verkleidet, der Fußboden mit einem Belag von bunten Steinen verziert und mitten darin steht eine große Schale aus Metall oder Stein, in die besonntes und unbesonntes Wasser rinnt. In diese Schale, die so groß ist, ja größer als ein rechtes Häuptlingsgrab, steigt man hinein, um sich zu reinigen und den vielen Sand der Steintruhen von sich abzuspülen. - Es gibt natürlich auch Hütten mit mehr Truhen. Es gibt sogar Hütten, in denen jedes Kind seine eigene Truhe hat, jeder Diener des Papalagi, ja seine Hunde und Pferde. Zwischen diesen Truhen verbringt nun der Papalagi sein Leben. Er ist bald in dieser, bald in jener Truhe, je nach Tageszeit und Stunde. Hier wachsen seine Kinder auf, hier hoch über der Erde, oft höher wie eine ausgewachsene Palme - zwischen Steinen. Von Zeit zu Zeit verläßt der Papalagi seine Privattruhen, wie er sie nennt, um in eine andere Truhe zu steigen, die seinen Geschäften gilt, bei denen er ungestört sein will und keine Frauen und Kinder gebrauchen kann. Während dieser Zeit sind die Mädchen und Frauen im Kochhause und kochen oder machen Fußhäute blendend oder waschen Lendentücher. Wenn sie reich sind und sich Diener halten können, machen diese die Arbeit, und sie selber gehen auf Besuche oder neue Essensvorräte zu holen.
Auf diese Weise leben in Europa so viele Menschen wie Palmen in Samoa wachsen, ja noch viel mehr. Einige haben wohl viel Sehnsucht nach Wald und Sonne und viel Licht; aber dies wird allgemein als eine Krankheit angesehen, die man in sich niederkämpfen muß. Ist jemand mit diesem Steinleben nicht zufrieden, so sagt man wohl: er ist ein unnatürlicher Mensch; was so viel heißen soll: er weiß nicht, was Gott für den Menschen bestimmt hat.
Diese Steintruhen stehen nun jeweils in großer Zahl dicht beieinander, kein Baum, kein Strauch trennt sie, sie stehen wie Menschen Schulter an Schulter, und in jeder wohnen so viele Papalagi wie in einem ganzen Samoadorfe. Ein Steinwurf weit, auf der anderen Seite, ist eine gleiche Reihe Steintruhen, auch wieder Schulter an Schulter und auch in diesen wohnen Menschen. So ist zwischen beiden Reihen nur ein schmaler Spalt, welchen der Papalagi die"Straße" nennt. Diese Spalte ist oft so lang wie ein Fluß und mit harten Steinen bedeckt. Man muß lange laufen, bis man eine freiere Stelle findet; doch hier münden wieder Häuserspalten. Auch diese sind wieder lang wie große Süßwasserflüsse, und ihre Seitenöffnungen sind wieder Steinspalten von gleicher Länge. So kann man wohl tagelang zwischen diesen Spalten umherirren, bis man wieder einen Wald oder ein großes Stück Himmelsblau findet. Zwischen den Spalten sieht man nur selten eine rechte Himmelsfarbe, denn, weil in jeder Hütte zumindest eine, oft sehr viele Feuerstätten sind, ist die Luft fast stetig voll viel Rauch und Asche, wie bei einem Ausbruch des großen Kraters in Savaii. Sie regnet in die Spalten herab, so daß die hohen Steintruhen aussehen wie der Schlick der Mangrovesümpfe und die Menschen schwarze Erde in ihre Augen und Haare bekommen und harten Sand zwischen ihre Zähne.
Aber dies alles hindert die Menschen nicht, in diesen Spalten herumzulaufen vom Morgen bis zum Abend. Ja, es gibt viele, die eine besondere Lust daran haben. Besonders in einigen Spalten ist ein Gewirre, und die Menschen fließen darin wie ein dicker Schlick. Dies sind die Straßen, wo riesenhafte Glaskästen eingebaut sind, in denen alle die Dinge ausgebreitet liegen, die ein Papalagi zum Leben braucht: Lendentücher, Kopfschmuck, Hand- und Fußhäute, Essensvorräte, Fleisch und wirkliche Nahrung wie Früchte und Gemüse und viele andere Dinge mehr. Sie liegen hier offen, um die Menschen anzulocken.
Niemand darf aber etwas an sich nehmen, wenn er es auch noch so nötig hat, er muß dazu erst eine besondere Erlaubnis und ein Opfer dafür gebracht haben. In diesen Spalten droht von allen Seiten viel Gefahr, denn die Menschen laufen nicht nur durcheinander, sie fahren und reiten auch kreuz und quer oder lassen sich in großen gläsernen Truhen, die auf metallenen Bändern gleiten, davontragen. Der Lärm ist groß. Deine Ohren sind betäubt, denn die Pferde schlagen mit ihren Hufen auf die Steine des Bodens, die Menschen schlagen mit ihren harten Fußhäuten darauf. Kinder schreien, Männer schreien, vor Freude oder vor Entsetzen, alle schreien. Du kannst dich auch nicht anders verständigen als durch Schreien. Es ist ein allgemeines Sausen, Rasseln, Stampfen, Dröhnen, als ob du an der Steilbrandung von Savaii ständest, an einem Tage, da höchster Sturm tost. Und doch ist dieses Tosen noch lieblicher und nimmt dir nicht so deine Sinne wie das Tosen zwischen den Steinspalten. Dies alles zusammen nun; die steinernen Truhen mit den vielen Menschen, die hohen Steinspalten, die hin und her ziehen wie tausend Flüsse, die Menschen darin, das Lärmen und Tosen, der schwarze Sand und Rauch über allem, ohne einen Baum, ohne Himmelsblau, ohne klare Luft und Wolken dies alles ist das, was der Papalagi eine"Stadt" nennt. Seine Schöpfung, auf die er sehr stolz ist. Obgleich hier Menschen leben, die nie einen Baum, nie einen Wald, nie einen freien Himmel, nie den großen Geist von Angesicht zu Angesicht sahen. Menschen, die leben wie die Kriechtiere in der Lagune, die unter den Korallen hausen, obgleich diese noch das klare Meerwasser umspült und die Sonne doch hindurchdringt mit ihrem warmen Munde. Ist der Papalagi stolz auf die Steine, die er zusammentrug? Ich weiß es nicht. Der Papalagi ist ein Mensch mit besonderen Sinnen. Er tut vieles, das keinen Sinn hat und ihn krank macht, trotzdem preist er es und singt sich selber ein schönes Lied darauf.
Die Stadt ist also dies, wovon ich sprach. Es gibt aber viele Städte, kleine und große. Die größten sind solche, wo die höchsten Häuptlinge eines Landes wohnen. Alle Städte liegen verstreut wie unsere lnseln im Meere. Sie liegen oft nur einen Badeweg, oft aber eine Tagereise weit auseinander. Alle Steininseln sind miteinander verbunden durch gekennzeichnete Pfade. Du kannst aber auch mit einem Landschiff fahren, das dünn und lang ist wie ein Wurm, das ständig Rauch ausspeit und auf langen Eisenfäden sehr schnell gleitet, schneller wie ein Zwölfsitzerboot in voller Fahrt. Willst du aber deinen Freund auf einer anderen Insel nur ein Talofa zurufen, so brauchst du nicht zu ihm zu gehen oder zu gleiten. - Du bläst deine Worte in metallene Fäden, die wie lange Lianen von einer Steininsel zur anderen gehen. Schneller als ein Vogel fliegen kann, kommen sie an den Ort, den du bestimmt hast.
Zwischen allen Steininseln ist das eigentliche Land, ist das, was man Europa nennt. Hier ist das Land teilweise schön und fruchtbar wie bei uns. Es hat Bäume, Flüsse und Wälder, und hier gibt es auch kleine richtige Dörfer. Sind die Hütten darin auch aus Stein, so sind sie doch vielfach mit fruchttragenden Bäumen umgeben, der Regen kann sie von allen Seiten waschen und der Wind sie wieder trocknen. In diesen Dörfern leben andere Menschen mit anderen Sinnen als in der Stadt. Man nennt sie die Landmenschen. Sie haben gröbere Hände und schmutzigere Lendentücher als die Spaltenmenschen, obgleich sie viel mehr zu essen haben als diese. Ihr Leben ist viel gesünder und schöner als das der Spaltenmenschen. Aber sie selber glauben es nicht und beneiden jene, die sie Nichtstuer nennen, weil sie nicht auch in die Erde fassen und Früchte hinein- und herauslegen. Sie leben in Feindschaft mit ihnen, denn sie müssen ihnen Nahrung geben von ihrem Lande, müssen die Früchte abpflücken, die der Spaltenmensch ißt, müssen das Vieh hüten und aufziehen, bis es fett ist und auch hiervon ihm die Hälfte abgeben. Jedenfalls haben sie viele Mühe davon, für alle die Spaltenmenschen das Essen aufzutreiben, und sie sehen es nicht recht ein, warum diese schönere Lendentücher tragen als sie selber und schönere weiße Hände haben und nicht in der Sonne viel schwitzen und im Regen viel frieren müssen wie sie.
Den Spaltenmensch kümmert dies aber sehr wenig. Er ist überzeugt, daß er höhere Rechte hat als der Landmensch und seine Werke mehr Wert haben als Früchte in die Erde legen oder herausheben. Dieser Streit zwischen beiden Parteien ist nun auch nicht so, daß es zwischen ihnen zum Kriege kommt. Im allgemeinen findet der Papalagi, ob er zwischen Spalten lebt oder auf dem Lande, alles gut, wie es ist. Der Landmensch bewundert das Reich des Spaltenmenschen, wenn er hineinkommt, und der Spaltenmensch singt und gurgelt hohe Töne, wenn er durch die Dörfer des Landmenschen zieht. Der Spaltenmensch läßt den Landmenschen Schweine künstlich fett machen, dieser den Spaltenmenschen seine Steintruhen bauen und lieben.
Wir aber, die wir freie Kinder der Sonne und des Lichtes sind, wollen dem großen Geiste treu bleiben und ihm nicht das Herz mit Steinen beschweren. Nur verirrte, kranke Menschen, die Gottes Hand nicht mehr halten, können zwischen Steinspalten ohne Sonne, Licht und Wind glücklich leben. Gönnen wir dem Papalagi sein zweifelhaftes Glück, aber zertrümmern wir ihm jeden Versuch, auch an unsern sonnigen Gestaden Steintruhen aufzurichten und die Menschenfreude zu töten mit Stein, Spalten, Schmutz, Lärm, Rauch und Sand, wie es sein Sinn und Ziel ist.
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Die Reden des Südsee Häuplings Tuiavii aus Tiavea an seine Stammesmitglieder
Worterklärung Der Papalagi (gesprochen: der Papalangi)
Dieses Wort bedeutet:"Der Fremde", wörtlich jedoch: der"Himmelsdurchbrecher." Denn der erste weiße Missionar, der in Samoa landete, kam in einem Segelschiff. Die Eingeborenen hielten dieses weiße Segel aus der Ferne für ein Loch im Himmel, durch das der Weiße zu Ihnen kam - er"durchbrach"sozusagen den Himmel. Die Reden des Häuptlings wurden 1920 von Erich Scheurmann übersetzt und in Buchform veröffentlicht.
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