Taxass
21.10.2007, 19:57 |
Urzins- Zwangsabgabe oder Naturalzins @dottore Thread gesperrt |
-->Du schreibst:
>PS: Das sog."Zinssystem" hat sich aus dem Zwangsabgabensystem entwickelt (siehe dazu bitte die ausführlichen Diskussionen in den Sammlungen, Stichwort u.a."census"). Frage also: Wie kann es in Systemen, die keine solchen Abgaben kennen, zum Zins nach unserem heutigen Verständnis kommen?
Dazu möchte ich anmerken; lange bevor es Geld gab, existierte die Landwirtschaft oder nennen wir es Ackerbau. Wer nun Land sein eigen nannte, oder urbar machte,er es also"besaß", konnte er sicherlich von einem Nachbarn Saatgut leihen, falls er solches nicht hatte.
Nach der Ernte hatte sich normalerweise das eingesetzte Saatgut ver10facht, ver20facht oder ver100facht.
Dadurch wurde der Schuldner in die Lage versetzt einen erheblichen Anteil"Zinsen" auf das geliehene Gut zu erwirtschaften.
100% pro Jahr wären sicher nicht zuviel gewesen und noch nichtmal als Wucher zu bezeichnen, immer eine normale Ernte vorausgesetzt.
Ich sehe in dieser Praxis (lange vor einem Geldsystem) den zumindest moralischen Ursprung des Zinses.
Gruss Taxass
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Turon
21.10.2007, 20:34
@ Taxass
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Re: Urzins- Zwangsabgabe oder Naturalzins ebenfalls @dottore |
-->Hi Turon,
>Die Weltgeschichte ist kein Irrenhaus. Das Irrenhaus ist das Zinssystem.
Frage: Bitte was tun in Sachen"Zinssystem"?
Danke für gelegentliche Antwort + Gruß!
Du würdest nicht dottore heißen, wenn Du nicht einen Satz an mich formulieren
würdest - der 20% des Wortschatzes eine Bild Zeitung beinhaltet.
Die Antwort darauf gebe ich Dir durchaus gerne. Ich weiß nicht was wir dagegen tun sollten, oder überhaupt könnten, ich weiß aber was die USA eines Tages ganz sicher machen werden - nämlich: STRG-ALT-ENTF. Es wird denen nichts Anderes übrig bleiben. Wer was dagegen haben sollte - mußte die Macht drüben verärgern - und Du hast schon mal geschrieben: sie haben ja dreifachen Monopol - noch:
Waffen, Weltstaat, Weltwährung.
Und daher ist es meines Erachtens richtig - keine großen Bargeldreserven zu horten um sich in großer Depression einen Suppeneintopf bei Aldi zu leisten.
Ich würde aber durchaus meine Geldreserven in zahlreiche Suppeneintöpfe
investieren, denn das kann ja gar nicht mal so falsch sein, völlig egal wie
sich die Lage entwickelt.
Man kann es ins Gold investieren. In Kriegszeiten haben goldene Zähne durchaus manchen Leuten auch das Leben gerettet.
Und wenn Du mich aller Ernst fragst, was man tun könnte - dann antworte ich
ebenfalls ernst: wieso fragst Du mich das? Ich habe mit Greenspan nicht
über monetäre Wirtschaftstheorie bei einem gemeinsamen Dinner diskutiert.
Genauer gesagt - habe ich das schon mal mit einigen Studenten durchgezogen -
allerdings war eine Diskussion alles andere als ergiebig.
Sie meinten nämlich - alles wird bestimmt gut. Die Wirtschaft habe aus dem
schwarzen Freitag vor Jahrzehnten wichtige Erkenntnisse gesammelt - und
es ist nicht vorstellbar - dass das alles was gegenwärtig geschieht
an einem einzigen Tag zusammenbrechen kann.
Zwar muß ich betonen, daß ich den Eindruck habe, daß sie sich weigern würden,
die"SIE LEBEN!" Brille aufzusetzen, und wenn doch - dann würden sie alles was sie mit der Brille sehen als Verschwörungstheorie getrost abtun.
Ich meine aber solche Antwort befriedigt Dich nicht. Das tut mir furchtbar Leid, eine andere habe ich aber nicht, und die die ich habe würde radikale Umwälzung bedeuten - wobei das Ergebnis möglicherweise noch schlechter wäre als die gegenwärtige Situation.
Ich meine, man muß sich aus dem Zinssystem, Schuldensystem, Abgabenzwang genauso befreien, wie von der sozialistischer oder kapitalistischer Ideologie.
Zumindest auf diese Art und Weise würde es jedem leichter fallen - in Frankfurt
für 4,50 Euro die Stunde Pizza auszufahren.
Schönen Gruß!
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Zandow
21.10.2007, 20:36
@ Taxass
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"Eigener" Besitz? |
-->Hallo Taxass,
bei der Betrachtung oekonomischer Abläufe müssen wir uns streng an die Tatsachen halten. Diese Tatsachen können wir in dem von Dir betrachteten Zeitraum nur in den Ergebnissen der Grabungen finden; wobei natürlich Interpretationen möglich sind.
> Wer nun Land sein eigen nannte, oder urbar machte,er es also"besaß",...
Von"eigenem" Land kann zunächst keine Rede sein. Das Dorf bewirtschaftete das Land durch die Haushaltsmitglieder und die Lagerung der Ernte erfolgte zentral in der Mitte des Dorfes. Überschüsse wurden in Freßorgien aufgebraucht.
>... konnte er sicherlich von einem Nachbarn Saatgut leihen, falls er solches > nicht hatte.
Nein, dafür gibt es keinerlei Belege.
Bei fehlendem Saatgut gab es Hilfe vom Nachbardorf, ohne daß dies zunächst zu einer Gegenleistung verpflichtete. Eine Verpflichtung zur Hilfe bzw. Rücklzahlung trat erst im Notfalle des anderen Dorfes ein.
> Nach der Ernte hatte sich normalerweise das eingesetzte Saatgut ver10facht, > ver20facht oder ver100facht.
Alles, was nicht zum Verbrauch oder zur Saat benötigt wurde, verschwand bei festlichen Völlereien. (Beleg: riesige Aschehaufen)
> Dadurch wurde der Schuldner...
Ein Gläubiger-Schuldner-Verhältnis entstand nicht. Notlagen wurden durch soziale Kontakte ausgeglichen.
>... in die Lage versetzt einen erheblichen Anteil"Zinsen" auf das geliehene > Gut zu erwirtschaften.
Für nichts dergleichen gibt es irgendwelche Belege.
Der"eigene" Besitz oder gar Eigentum daran taucht erst NACH der Etablierung der tributären Produktionsweise auf. Der Tribut war durch die plötzliche Verknappung des ackerbaugeeigneten Bodens wegen Naturkatastrophen erforderlich.
Eine rein theoretische Erklärung des Zinses, so wie Du sie versuchst, muß immer an den nicht erkannten historischen Abläufen scheitern.
Ansonsten bitte nochmal mein Bernbeck-posting lesen.
Gruß, <font color=#008000>Zandow</font>
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eesti
21.10.2007, 23:02
@ Taxass
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Damalige Reproduktionsraten waren aber deutlich tiefer. |
-->Die Verhältnisse von Zahlungen dürften sehr viel diffiziler gewesen sein.
Von Leihzins, Tribut, Raub mit allen möglichen Zwischenstufen (Tausch Frau oder Kind gegen Schwein, Kamel oder Getreidesack).
Da die Ernten damals ERHEBLICH geringer waren, als in unserer Zeit (schlechte Getreidesorten mit deutlich geringeren Körnerzahlen und sicher auch geringerem Korngewicht), zumal es keinen Kunstdünger gab, so daß die Böden schnell ausgelaugt waren, dürften Zinszahlungen deutlich tiefer gewesen sein, als beschrieben.
Es war einfach nicht möglich größeren Zins/Tribut zu nehmen, ohne daß man den Tributzahler vernichtet. So pendelte sich ein Gleichgewicht ein, das keine größeren Populationen zuließ. Und so verschwanden auch ganze Völker sehr schnell von der Bildfläche, wenn einfach zu viel Tribut verlangt wurde. Die Liven mal nur so als Beispiel.
Einen moralischen Aspekt würde ich da völlig auslassen.
Es ging einfach nur darum, das herauszupressen, was man nachhaltig vermochte.
Moral, ein schönes Wort, aber ein Wort mit leerer Hülle in der damaligen Zeit.
Bedenken mußte man dabei auch, daß im Kriegsfall nur der Bauer als Krieger eingezogen werden konnte, der auch noch lebte, dem man also genug zum Leben ließ.
Und Tribut kann auch nur der zahlen, dem man im Jahr zuvor genug zum Leben ließ.
Gruß
LR
>Du schreibst:
>>PS: Das sog."Zinssystem" hat sich aus dem Zwangsabgabensystem entwickelt (siehe dazu bitte die ausführlichen Diskussionen in den Sammlungen, Stichwort u.a."census"). Frage also: Wie kann es in Systemen, die keine solchen Abgaben kennen, zum Zins nach unserem heutigen Verständnis kommen?
>Dazu möchte ich anmerken; lange bevor es Geld gab, existierte die Landwirtschaft oder nennen wir es Ackerbau. Wer nun Land sein eigen nannte, oder urbar machte,er es also"besaß", konnte er sicherlich von einem Nachbarn Saatgut leihen, falls er solches nicht hatte.
>Nach der Ernte hatte sich normalerweise das eingesetzte Saatgut ver10facht, ver20facht oder ver100facht.
>Dadurch wurde der Schuldner in die Lage versetzt einen erheblichen Anteil"Zinsen" auf das geliehene Gut zu erwirtschaften.
>100% pro Jahr wären sicher nicht zuviel gewesen und noch nichtmal als Wucher zu bezeichnen, immer eine normale Ernte vorausgesetzt.
>Ich sehe in dieser Praxis (lange vor einem Geldsystem) den zumindest moralischen Ursprung des Zinses.
>Gruss Taxass
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Taxass
22.10.2007, 01:26
@ Zandow
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Re:"Eigener" Besitz? |
-->>Hallo Taxass,
>
>bei der Betrachtung oekonomischer Abläufe müssen wir uns streng an die Tatsachen halten. Diese Tatsachen können wir in dem von Dir betrachteten Zeitraum nur in den Ergebnissen der Grabungen finden; wobei natürlich Interpretationen möglich sind.
Richtig
>
>> Wer nun Land sein eigen nannte, oder urbar machte,er es also"besaß",...
>Von"eigenem" Land kann zunächst keine Rede sein. Das Dorf bewirtschaftete das Land durch die Haushaltsmitglieder und die Lagerung der Ernte erfolgte zentral in der Mitte des Dorfes. Überschüsse wurden in Freßorgien aufgebraucht.
>>... konnte er sicherlich von einem Nachbarn Saatgut leihen, falls er solches
>> nicht hatte.
>Nein, dafür gibt es keinerlei Belege.
Wohl richtig, aber für das Gegenteil gibt es auch keine Belege. Man darf also mutmassen.
>Bei fehlendem Saatgut gab es Hilfe vom Nachbardorf, ohne daß dies zunächst zu einer Gegenleistung verpflichtete. Eine Verpflichtung zur Hilfe bzw. Rücklzahlung trat erst im Notfalle des anderen Dorfes ein.
Gibt es hierfür Belege?
>> Nach der Ernte hatte sich normalerweise das eingesetzte Saatgut ver10facht,
>> ver20facht oder ver100facht.
>Alles, was nicht zum Verbrauch oder zur Saat benötigt wurde, verschwand bei festlichen Völlereien. (Beleg: riesige Aschehaufen)
>> Dadurch wurde der Schuldner...
>Ein Gläubiger-Schuldner-Verhältnis entstand nicht. Notlagen wurden durch soziale Kontakte ausgeglichen.
>>... in die Lage versetzt einen erheblichen Anteil"Zinsen" auf das geliehene
>> Gut zu erwirtschaften.
>Für nichts dergleichen gibt es irgendwelche Belege. >
>Der"eigene" Besitz oder gar Eigentum daran taucht erst NACH der Etablierung der tributären Produktionsweise auf. Der Tribut war durch die plötzliche Verknappung des ackerbaugeeigneten Bodens wegen Naturkatastrophen erforderlich.
Das leuchtet mir nun garnicht ein. Tribut lässt sich doch eher in einer Überflussgesellschaft erheben. Je schlimmer die Not desdo unwilliger wird Tribut entrichtet.
>Eine rein theoretische Erklärung des Zinses, so wie Du sie versuchst, muß immer an den nicht erkannten historischen Abläufen scheitern.
>Ansonsten bitte nochmal mein Bernbeck-posting lesen.
Schon klar, allerdings lässt sich eine Hypothese möglicherweise in Zukunft beweisen, wenn neue Erkentnisse vorliegen,oder schon vorhandene zugeordnet werden können.Es könnte mal jemand versuchen,falls es überhaupt so wichtig ist.
Gruss Taxass
>
>Gruß, <font color=#008000>Zandow</font>
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Taxass
22.10.2007, 02:17
@ eesti
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Re: Damalige Reproduktionsraten waren aber deutlich tiefer. |
-->Hallo eesti,
>Die Verhältnisse von Zahlungen dürften sehr viel diffiziler gewesen sein.
>Von Leihzins, Tribut, Raub mit allen möglichen Zwischenstufen (Tausch Frau oder Kind gegen Schwein, Kamel oder Getreidesack).
>Da die Ernten damals ERHEBLICH geringer waren, als in unserer Zeit (schlechte Getreidesorten mit deutlich geringeren Körnerzahlen und sicher auch geringerem Korngewicht), zumal es keinen Kunstdünger gab, so daß die Böden schnell ausgelaugt waren, dürften Zinszahlungen deutlich tiefer gewesen sein, als beschrieben.
Einspruch, man kann auch ohne Kunstdünger erklekliche Ernten erzielen, der Nilschlamm erzeugt jedes Jahr beste Bedingungen für Pflanzenwuchs. Wie man erst seit kurzem weiss, hatten die südamerikanischen Ureinwohner ein ausgeklügeltes System der Düngung mit Humus auf Holzkohlebasis.
Ausserdem hat schon zu biblischen Zeiten ein einziges Senfkorn, sofern es denn angegangen war und eine Pflanze daraus wurde, tausende von neuen Samen erzeugt.
Auch ein Mutterschwein wirft bei guter Pflege ein vielfaches des Einsatzes.
>Es war einfach nicht möglich größeren Zins/Tribut zu nehmen, ohne daß man den Tributzahler vernichtet. So pendelte sich ein Gleichgewicht ein, das keine größeren Populationen zuließ. Und so verschwanden auch ganze Völker sehr schnell von der Bildfläche, wenn einfach zu viel Tribut verlangt wurde. Die Liven mal nur so als Beispiel.
Missverständnis,ich meinte nicht die Tributzahlungen, so es sie denn permanent gegeben hat, sondern Zinsen für geliehenes Saatgut.
>Einen moralischen Aspekt würde ich da völlig auslassen.
>Es ging einfach nur darum, das herauszupressen, was man nachhaltig vermochte.
>Moral, ein schönes Wort, aber ein Wort mit leerer Hülle in der damaligen Zeit.
>Bedenken mußte man dabei auch, daß im Kriegsfall nur der Bauer als Krieger eingezogen werden konnte, der auch noch lebte, dem man also genug zum Leben ließ.
>Und Tribut kann auch nur der zahlen, dem man im Jahr zuvor genug zum Leben ließ.
Kannst Du Dir keine Gesellschaft vorstellen, in der die Menschen friedlich miteinander gelebt haben? Das sollte doch zumindest in Urzeiten auf Stammesebene schon mal für ein paar Jahrhunderte möglich gewesen sein.
Gruss Taxass
>Gruß
>LR
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Tassie Devil
22.10.2007, 06:06
@ Taxass
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Re: Urzins- Zwangsabgabe oder Naturalzins @Taxass |
-->>Du schreibst:
>>PS: Das sog."Zinssystem" hat sich aus dem Zwangsabgabensystem entwickelt (siehe dazu bitte die ausführlichen Diskussionen in den Sammlungen, Stichwort u.a."census"). Frage also: Wie kann es in Systemen, die keine solchen Abgaben kennen, zum Zins nach unserem heutigen Verständnis kommen?
>Dazu möchte ich anmerken; lange bevor es Geld gab, existierte die Landwirtschaft oder nennen wir es Ackerbau. Wer nun Land sein eigen nannte, oder urbar machte,er es also"besaß", konnte er sicherlich von einem Nachbarn Saatgut leihen, falls er solches nicht hatte.
>Nach der Ernte hatte sich normalerweise das eingesetzte Saatgut ver10facht, ver20facht oder ver100facht.
>Dadurch wurde der Schuldner in die Lage versetzt einen erheblichen Anteil"Zinsen" auf das geliehene Gut zu erwirtschaften.
>100% pro Jahr wären sicher nicht zuviel gewesen und noch nichtmal als Wucher zu bezeichnen, immer eine normale Ernte vorausgesetzt.
>Ich sehe in dieser Praxis (lange vor einem Geldsystem) den zumindest moralischen Ursprung des Zinses.
Zum Ursprung des Zinses, i.e. zum allerersten Zins, suche am besten mal im Forum mit dem Begriff Urschuldzins nach Beitraegen, Taxass!
Zum Beispiel:
[http://f17.parsimony.net/forum30434/messages/366068.htm]
>Gruss Taxass
Gruss!
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harry49
22.10.2007, 07:25
@ Taxass
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Re: Urzins- Zwangsabgabe oder Naturalzins @dottore |
-->>Du schreibst:
>Nach der Ernte hatte sich normalerweise das eingesetzte Saatgut ver10facht, ver20facht oder ver100facht.
Das ist falsch! 1 Korn ergab das dreifache! Davon mußte ein Drittel als Saatgut gehortet werden. Bezogen auf Europa bis ca. 15hundert ndZr. Die Lage war ständig prekär für Bauern.
harry
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dottore
22.10.2007, 10:43
@ Taxass
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Re: Urzins- Zwangsabgabe oder Naturalzins @dottore |
-->Hi Taxass,
>>PS: Das sog."Zinssystem" hat sich aus dem Zwangsabgabensystem entwickelt (siehe dazu bitte die ausführlichen Diskussionen in den Sammlungen, Stichwort u.a."census"). Frage also: Wie kann es in Systemen, die keine solchen Abgaben kennen, zum Zins nach unserem heutigen Verständnis kommen?
>Dazu möchte ich anmerken; lange bevor es Geld gab, existierte die Landwirtschaft oder nennen wir es Ackerbau.
Sehr richtig.
>Wer nun Land sein eigen nannte,
In Stammesgesellschaften existiert kein Privateigentum an ertragbringendem Land. Selbst Uwe Wesel kann mW dazu nichts beitragen. Der Eigentümer von Land war immer der Obereigentümer (Herrscher, vor allem über das Gebiet eines unterworfenen Stammes, später Staat). Land wurde von dem/den Obereigentümer(n) verteilt, dies stets gegen Abgaben (siehe Ägypten, Mesopotamien in der Antike, Japan, Indien, Deutschland, usw., usw. noch bis ins 19. Jh.).
Das (germanische) Allod kann nicht als Gegenbeispiel dienen, da sich daraus weder Zins noch Geld abgeleitet haben.
>oder urbar machte,er es also"besaß", konnte er sicherlich von einem Nachbarn Saatgut leihen, falls er solches nicht hatte.
Das lief ganz anders, vgl. 1 Mos 47,23 ff.:
23Da sprach Josef zu dem Volk: Siehe, ich hab heute euch und euer Feld für den Pharao gekauft; siehe, da habt ihr Korn zur Saat, und nun besäet das Feld. 24Und von dem Getreide sollt ihr den Fünften dem Pharao geben; vier Teile sollen euer sein, das Feld zu besäen und zu eurer Speise und für euer Haus und eure Kinder. 25Sie sprachen: Du hast uns beim Leben erhalten; laß uns nur Gnade finden vor dir, unserm Herrn, dann wollen wir dem Pharao leibeigen sein. 26So machte es Josef zum Gesetz bis auf diesen Tag, den Fünften vom Feld der Ägypter dem Pharao zu geben; ausgenommen blieb das Feld der Priester, das wurde nicht dem Pharao zu eigen.
>Nach der Ernte hatte sich normalerweise das eingesetzte Saatgut ver10facht, ver20facht oder ver100facht.
Reine Phantasie, vgl. Postings unten, auch von Gelb u.a. klar widerlegt. Desungeachtet lag der Zinssatz für Naturalleihe in Mesopotamien (der älteste Zinssatz, den wir überhaupt kennen) bei 33,3 %. Ein solcher Satz wäre bei Deiner Verzehn- bis Verhundertfachung logisch nicht zu begründen. Und erst recht nicht wäre zu begründen, warum es im Nahen Osten zu flächendeckenden Überschuldungen, danach folgend Schuldknechtschaft (zuerst Kinder, dann Frauen, dann Mann) gekommen ist (vgl. als Text u.a. Nehemia und natürlich Zehntausende von Tontafeln, aus denen das hervorgeht).
>Dadurch wurde der Schuldner in die Lage versetzt einen erheblichen Anteil"Zinsen" auf das geliehene Gut zu erwirtschaften.
Die"Saatleihe" ist schlicht ein Märchen. Es geht um die Leihe von Ernte, die abzuliefern war, aber vom Abgabenschuldner (oft auch ganze"Sippen", Dörfer, Unterstämme, selbst Stadtstaaten) nicht erstellt wurde bzw. werden konnte.
>100% pro Jahr wären sicher nicht zuviel gewesen und noch nichtmal als Wucher zu bezeichnen, immer eine normale Ernte vorausgesetzt.
Was die"Saatleihe" (gegen"Zins") umso mehr ins Reich der Fabeln rückt.
>Ich sehe in dieser Praxis (lange vor einem Geldsystem) den zumindest moralischen Ursprung des Zinses.
"Moralischer Ursprung"? Der Ursprung ist die Zwangsabgabe (Tribut = externalisiert, Steuer = internalisiert) und deren Ursprung ist die Macht, deren Grundlage die Waffe ist.
Gruß!
PS: Dein"Urzins" ist eine Gesell'sche Idee, der diesen wiederum aus bereits vorhandenem"Geld" ableitet:
"Diesen Geldzins werden wir von jetzt ab"Urzins" nennen." (5,2)
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Taxass
22.10.2007, 15:19
@ dottore
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Re: Urzins- Zwangsabgabe oder Naturalzins @dottore |
-->>Hi Taxass,
>>>PS: Das sog."Zinssystem" hat sich aus dem Zwangsabgabensystem entwickelt (siehe dazu bitte die ausführlichen Diskussionen in den Sammlungen, Stichwort u.a."census"). Frage also: Wie kann es in Systemen, die keine solchen Abgaben kennen, zum Zins nach unserem heutigen Verständnis kommen?
>>Dazu möchte ich anmerken; lange bevor es Geld gab, existierte die Landwirtschaft oder nennen wir es Ackerbau.
>Sehr richtig.
>>Wer nun Land sein eigen nannte,
>In Stammesgesellschaften existiert kein Privateigentum an ertragbringendem Land. Selbst Uwe Wesel kann mW dazu nichts beitragen. Der Eigentümer von Land war immer der Obereigentümer (Herrscher, vor allem über das Gebiet eines unterworfenen Stammes, später Staat). Land wurde von dem/den Obereigentümer(n) verteilt, dies stets gegen Abgaben (siehe Ägypten, Mesopotamien in der Antike, Japan, Indien, Deutschland, usw., usw. noch bis ins 19. Jh.).
>Das (germanische) Allod kann nicht als Gegenbeispiel dienen, da sich daraus weder Zins noch Geld abgeleitet haben.
>>oder urbar machte,er es also"besaß", konnte er sicherlich von einem Nachbarn Saatgut leihen, falls er solches nicht hatte.
>Das lief ganz anders, vgl. 1 Mos 47,23 ff.:
>23Da sprach Josef zu dem Volk: Siehe, ich hab heute euch und euer Feld für den Pharao gekauft; siehe, da habt ihr Korn zur Saat, und nun besäet das Feld. 24Und von dem Getreide sollt ihr den Fünften dem Pharao geben; vier Teile sollen euer sein, das Feld zu besäen und zu eurer Speise und für euer Haus und eure Kinder. 25Sie sprachen: Du hast uns beim Leben erhalten; laß uns nur Gnade finden vor dir, unserm Herrn, dann wollen wir dem Pharao leibeigen sein. 26So machte es Josef zum Gesetz bis auf diesen Tag, den Fünften vom Feld der Ägypter dem Pharao zu geben; ausgenommen blieb das Feld der Priester, das wurde nicht dem Pharao zu eigen.
>>Nach der Ernte hatte sich normalerweise das eingesetzte Saatgut ver10facht, ver20facht oder ver100facht.
>Reine Phantasie, vgl. Postings unten, auch von Gelb u.a. klar widerlegt. Desungeachtet lag der Zinssatz für Naturalleihe in Mesopotamien (der älteste Zinssatz, den wir überhaupt kennen) bei 33,3 %. Ein solcher Satz wäre bei Deiner Verzehn- bis Verhundertfachung logisch nicht zu begründen. Und erst recht nicht wäre zu begründen, warum es im Nahen Osten zu flächendeckenden Überschuldungen, danach folgend Schuldknechtschaft (zuerst Kinder, dann Frauen, dann Mann) gekommen ist (vgl. als Text u.a. Nehemia und natürlich Zehntausende von Tontafeln, aus denen das hervorgeht).
>>Dadurch wurde der Schuldner in die Lage versetzt einen erheblichen Anteil"Zinsen" auf das geliehene Gut zu erwirtschaften.
>Die"Saatleihe" ist schlicht ein Märchen. Es geht um die Leihe von Ernte, die abzuliefern war, aber vom Abgabenschuldner (oft auch ganze"Sippen", Dörfer, Unterstämme, selbst Stadtstaaten) nicht erstellt wurde bzw. werden konnte.
>>100% pro Jahr wären sicher nicht zuviel gewesen und noch nichtmal als Wucher zu bezeichnen, immer eine normale Ernte vorausgesetzt.
>Was die"Saatleihe" (gegen"Zins") umso mehr ins Reich der Fabeln rückt.
>>Ich sehe in dieser Praxis (lange vor einem Geldsystem) den zumindest moralischen Ursprung des Zinses.
>"Moralischer Ursprung"? Der Ursprung ist die Zwangsabgabe (Tribut = externalisiert, Steuer = internalisiert) und deren Ursprung ist die Macht, deren Grundlage die Waffe ist.
>Gruß!
>PS: Dein"Urzins" ist eine Gesell'sche Idee, der diesen wiederum aus bereits vorhandenem"Geld" ableitet:
>"Diesen Geldzins werden wir von jetzt ab"Urzins" nennen." (5,2)
Interessante Infos, Danke,
komme ggf. drauf zurück.
Gruss Taxass
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Taxass
22.10.2007, 15:29
@ harry49
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Getreideerträge |
-->>>Du schreibst:
>>Nach der Ernte hatte sich normalerweise das eingesetzte Saatgut ver10facht, ver20facht oder ver100facht.
>Das ist falsch! 1 Korn ergab das dreifache! Davon mußte ein Drittel als Saatgut gehortet werden. Bezogen auf Europa bis ca. 15hundert ndZr. Die Lage war ständig prekär für Bauern.
>harry
Das glaube ich nicht, müsstes schon wenigstens eine Qulle angeben für diese Aussage.
Weizen bringt 30-40 Körner/Ahre
Emmer, Einkorn, Hafer in derselben Grössenordnung.
Ein Maiskolben hat 200-400 Maiskörner.
Von Tomaten und Gurken garnicht zu reden.
Gruss Taxass
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nereus
22.10.2007, 16:42
@ dottore
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Re: Urzins- Zwangsabgabe oder Naturalzins - Einspruch, dottore |
-->Hallo dottore!
Sie zitieren aus Moses (1), Kapitel 47: 23 Da sprach Josef zu dem Volk: Siehe, ich hab heute euch und euer Feld für den Pharao gekauft; siehe, da habt ihr Korn zur Saat, und nun besäet das Feld. 24Und von dem Getreide sollt ihr den Fünften dem Pharao geben; vier Teile sollen euer sein, das Feld zu besäen und zu eurer Speise und für euer Haus und eure Kinder. 25 Sie sprachen: Du hast uns beim Leben erhalten; laß uns nur Gnade finden vor dir, unserm Herrn, dann wollen wir dem Pharao leibeigen sein. 26 So machte es Josef zum Gesetz bis auf diesen Tag, den Fünften vom Feld der Ägypter dem Pharao zu geben; ausgenommen blieb das Feld der Priester, das wurde nicht dem Pharao zu eigen.
Zuvor erwähnten Sie allerdings das Obereigentum des Pharaos.
Land wurde von dem/den Obereigentümer(n) verteilt, dies stets gegen Abgaben (siehe Ägypten, Mesopotamien in der Antike, Japan, Indien, Deutschland, usw., usw. noch bis ins 19. Jh.).
Hier sehe ich einen deutlichen Widerspruch.
Wie kann Joseph von den Ägyptern die Felder kaufen, wenn es eigentlich zum Eigentum des Pharaos gehört?
Das Problem war damals eine Hungerperiode, die über Jahre andauerte.
Zuerst war das Geld alle!! (siehe Kap. 47, Vers 14 bis 15) weil Joseph alles Geld an sich gebracht hatte!
Als die Ägypter kein Geld mehr hatten, verkauften sie ihre Herden an Joseph.
Später verkauften sie ihr Land und sich selbst!
In Vers 20 liest man dazu: So kaufte Joseph den ganzen Ackerboden Agyptens für den Pharao; denn die Ägypter verkauften jeder sein Feld. So hatte sie der Hunger gedrückt. Und das Land kam in des Pharaos Besitz.
Offenbar war es zuvor nicht üblich den „Fünften“ beim Pharao abzuliefern.
Erst durch die Hungersnot konnte der clevere Joseph den Pharao zum Obereigentümer generieren, weil die Ägypter die Aufgabe ihres Landeigentums dem Hungertod vorzogen, wenn man den biblischen Geschichten Glauben schenken darf.
Übrigens, für diese Naturalabgabe war gar keine Waffe notwendig.
Der Hunger regelte die Angelegenheit von ganz alleine.
mfG
nereus
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i.A. von Popeye, - Elli -
23.10.2007, 19:34
@ Taxass
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Re: Getreideerträge / Quelle dafür |
-->>>1 Korn ergab das dreifache! Davon mußte ein Drittel als Saatgut gehortet werden.
Danke an Popeye für die Quelle; obiges ist wohl korrekt.
(Source: BRANDON Cereal Yields on the Sussex Estates of Battle Abbey During the Later Middle Ages (1972), p.412)
<ul> ~ PDF-Datei</ul>
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Student
23.10.2007, 21:33
@ i.A. von Popeye, - Elli -
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Re: Getreideerträge / Quelle dafür |
-->Hallo Allerseits, hallo Popeye!
Popeye, hast Du nicht doch wieder Lust, hier zu schreiben?
Ich würde mich jedenfalls freuen.
Meiner Meinung nach waren ein paar Brücken zu erkennen, auf denen Du wieder zurück ins Forum spazieren könntest. Mag sein, daß diese Dir nicht stabil genug waren, aber eine ganz massive Stahlbrücke ist dem Baumeister vielleicht zuviel abverlangt.
Hast Du mitbekommen, wir brauchen hier bald einen neuen Chef.
Wäre das nicht ein Job für Dich? Ich denke, daß Du ein ausgezeichneter Forenchef wärst.
So, jetzt aber zu den Getreideerträgen.
Angeblich gab es auch schon vor sehr langer Zeit gute Erträge:
"Die Erträge waren bemerkenswert. Schon im 3. Jahrtausend v. Chr. erreichten die Ernten das 30fache der Aussaat. Im Laufe der Jahrtausende sanken die Erträge, weil die Böden durch die Bewässerung versalzten. Trotzdem wurde noch bis zum Zehnfachen der Aussaat geerntet. Die Bauern des antiken Griechenlands und Roms erzielten ein deutlich geringeres Verhältnis."
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Mesopotamien
Die Herleitung des Geldes aus Zwangsabgaben ist für mich dessen unbeschadet plausibel.
Lieben Gruß und beste Gesundheit für Dich
Hardy
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Student
23.10.2007, 21:51
@ Student
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Re: Getreideerträge / Quelle dafür |
-->>Die Herleitung des Geldes aus Zwangsabgaben ist für mich dessen unbeschadet plausibel.
Verflixt, es ging ja um die Zinsen, also noch mal etwas genauer:
Zwangsabgabe = Zinnß
Bei nicht termingerechter Zahlung droht Strafzinnß.
Hat der Abgabenschuldner zum Termin nicht das Abgabengut, muß er es sich beschaffen, ertauschen oder borgen.
Der (Ver-)Leiher kann nun Zinsen (Usura) nehmen, das lohnt sich auch für den Borger (Abgabenschuldner), da er dann keinen Strafzinnß berappen muß.
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Taxass
24.10.2007, 11:30
@ i.A. von Popeye, - Elli -
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Unterlagen der Steuerbehörde sind immer mit Vorsicht zu genießen (o.T.) |
-->>>>1 Korn ergab das dreifache! Davon mußte ein Drittel als Saatgut gehortet werden.
>
>Danke an Popeye für die Quelle; obiges ist wohl korrekt.
>
>(Source: BRANDON Cereal Yields on the Sussex Estates of Battle Abbey During the Later Middle Ages (1972), p.412)
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