Die Presse, 21.02.2001
IWF korrigiert Prognose für die US-Konjunktur scharf nach unten
Die US-Wirtschaft wird nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds heuer nur um knapp zwei Prozent wachsen.
PALERMO (ag.). Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert den USA im laufenden Jahr ein Wirtschaftswachstum von deutlich weniger als zwei Prozent: Während internationale Konjunkturexperten zuletzt von einem Plus von zweieinhalb bis drei Prozent ausgegangen waren, rechnet der IWF nur noch mit einem realen US-Wirtschaftswachstum von 1,7 Prozent. Das verkündete Italiens Notenbankpräsident Antonio Fazio am Rande des Treffens der sieben führenden westlichen Industrienationen (USA, Kanada, Japan, Großbritannien, Italien, Deutschland und Frankreich) am vergangenen Wochenende in Palermo. Der IWF nimmt damit seine eigene Prognose vom September scharf zurück. Zu diesem Zeitpunkt ging der Währungsfonds noch von einem US-Wirtschaftswachstum von knapp 3,2 Prozent aus. Fazio räumt allerdings ein, daß in der Prognose des IWF die mögliche Entwicklung der Zinsen sowie mögliche Steuersenkungen noch nicht berücksichtigt wurden. Die USA hatten zuletzt wegen des nachlassenden Wirtschaftsaufschwungs zweimal die Leitzinsen gesenkt. Zusätzlich könnten umfangreiche Steuersenkungen die US-Konjunktur stimulieren. In diesem Zusammenhang wurde auch die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) heftig diskutiert. So hat die EZB den Schlüsselzins in der Euro-Zone seit ihrer letzten Zinserhöhung im Oktober 2000 unverändert bei 4,75 Prozent gelassen, während die US-Notenbank die Leitzinsen in zwei Schritten um je einen halben Prozentpunkt auf 5,50 Prozent abgesenkt hat. Laut Eddie George, dem Präsidenten der Bank of England, haben die Tagungsteilnehmer aber keine Kritik an der zögerlichen Haltung der EZB geübt. Zurückgenommen hat der IWF auch die Prognose für die Entwicklung der Weltwirtschaft. Statt der angenommenen 4,2 Prozent werde sich das globale Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr auf 3,4 Prozent verlangsamen. Dem stimmt auch das Münchner Ifo-Institut zu. Jüngsten Berechnungen und Umfragen des Instituts zufolge haben sich die Aussichten für die Weltwirtschaft weiter verdunkelt. Keine Änderungen dürften in der US-Währungspolitik anstehen. So hat Finanzminister Paul O'Neill keinen Zweifel daran gelassen, daß die USA auch weiterhin einen starken Dollar unterstützen werden. Im Vorfeld des G7-Treffens hatten Aussagen des Finanzministers für Irritationen gesorgt, wonach die USA ihr Interesse an einem starken Dollar aufgeben könnten.
Klare Worte an Rußland
Eine deutliche Botschaft richtet die Siebenergruppe an Rußland, das eindringlich aufgefordert wird, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Die Finanzminister und Notenbankchefs erklärten am Samstag zum Abschluß ihrer Beratungen, die russische Regierung solle ein glaubhaftes Reformprogramm entwickeln und die Bedingungen für ein solides Wachstum schaffen. Rußlands stellvertretender Ministerpräsident Alexej Kudrin war lediglich als Beobachter in Palermo. Rußland ist mit umgerechnet 810 Mrd. S im Ausland verschuldet, die Hälfte davon entfällt auf Deutschland. Für eine Umschuldung oder gar Schuldenstreichungen für Rußland gebe es laut den G7-Staaten derzeit keinen Grund.
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