Diogenes
21.02.2001, 12:52 |
Zeitungsartikel:"Altmodisch, engstirnig und nicht hilfreich" Thread gesperrt |
Die Presse, 21.02.2001
"Altmodisch, engstirnig und nicht hilfreich"
David Byrne, EU-Kommissar für Konsumentenschutz, kritisiert im"Presse"-Interview Ã-sterreichs Positionen bei Genprodukten und in der BSE-Krise.
Von DORIS KRAUS
(Querverweis:"Streit um Finanzierung der BSE-Krise wird prolongiert, siehe unten")
BRÜSSEL/WIEN. David Byrne, EU-Kommissar für Verbraucherschutz, hat wenig Verständnis für Mitgliedsländer wie Ã-sterreich, die immer wieder ihre Grenzen gegen Produkte aus anderen EU-Staaten schließen."Solche nationalen Reaktionen sind altmodisch, engstirnig und nicht hilfreich", sagte Byrne im Interview mit der"Presse". Auch die vor kurzem in Ã-sterreich aufgebrochene Debatte über die Aufteilung der BSE-Kosten sieht Byrne kritisch."Schweden und Finnland sind in derselben Situation wie Ã-sterreich, und von dort hört man nichts dergleichen." Hier handle es sich um eine Frage der Solidarität. Byrne verteidigt auch seinen Kollegen, Agrarkommissar Franz Fischler:"Diejenigen, die Fischler in Ã-sterreich kritisieren, haben seine Argumente nicht ganz verstanden." Wenig Sympathie hat Byrne für die Ethik-Debatte im Zusammenhang mit Massenschlachtungen."Mir macht eher die schlechte Behandlung von Tieren Sorgen, etwa bei Tiertransporten oder bei der Haltung. Wenn ein Tier aber auf humane Art und Weise geschlachtet wird, ist es wohl egal, ob es anschließend gegessen oder verbrannt wird." Der irische EU-Kommissar ist zur Zeit mit- oder alleinverantwortlich für alle heißen Konsumentenfragen in der Union: von BSE bis zu genmodifizierten Organismen. In dieser Funktion lehnt er die nationalen Reflexe, mit denen EU-Staaten noch immer auf Lebensmittel-Krisen reagieren, ab. Seine Kritik zielt damit auch auf Ã-sterreich, das etwa Einfuhrverbote von Lebendrindern und Rinderprodukten aus Deutschland, Frankreich und Italien beschlossen hat. Außerdem ist Ã-sterreich einer von sechs EU-Staaten, die ein Moratorium gegen die Zulassung und Freisetzung genmodifizierter Organismen beschlossen haben."Das ist ein Relikt aus der Vergangenheit. Manchen Mitgliedsländern ist nicht klar, daß sie jetzt Teil der EU sind", sagte Byrne."Aber BSE etwa kennt keine Grenzen. Wir müssen das nationale Element aus der Diskussion nehmen." Das gelte auch für die Gen-Debatte."Wir versuchen, eine existierende Technologie zu regeln. Wir haben bestehende Gesetze verschärft. So, wo ist das Problem?" Das Gen-Moratorium bezeichnet Byrne als"illegal." Dennoch will Byrne bis auf weiteres die Taktik"Konsens statt Konfrontation" beibehalten und die betroffenen Mitgliedsländer in einer so sensiblen Frage nicht gleich mit gerichtlichen Schritten zur Aufhebung ihrer nationalen Embargos zwingen."Vergessen Sie aber eines nicht: Ich bin der Kommissar, der Frankreich wegen seines Embargos gegen britisches Rindfleisch vor Gericht gebracht hat. Wenn der Zeitpunkt kommt, und es sein muß, dann handle ich."
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Die EU-Staaten haben sich mal wieder in der Wolle, Scharmützel an allen Fronten. Dabei ist der Euro bis jetzt noch eine Schönwetterfahrt. Was wird da erst los sein, wenn es um Eingemachte geht?
Gruß
Diogenes
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Diogenes
21.02.2001, 12:53
@ Diogenes
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Zeitungsartikel:"Streit um Finanzierung der BSE-Krise wird prolongiert" |
Die Presse, 21.02.2001
"Streit um Finanzierung der BSE-Krise wird prolongiert"
Das Provisorium zur Finanzierung der BSE-Krise wird verlängert. Die Positionen für eine endgültige Lösung sind jedoch weiter denn je auseinander.
WIEN (ku, apa). Das Provisorium zur Finanzierung der BSE-Folgekosten in Ã-sterreich wird um zwei Monate bis Ende April verlängert. Das wurde am Dienstag im Ministerrat beschlossen. Ab Mai müsse es dann aber eine endgültige Lösung geben, machten Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FP), Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer (VP) und Sozialminister Herbert Haupt (FP) klar. Allerdings mußte am Dienstag auch eingeräumt werden, daß es nicht einmal Klarheit über die Finanzierung des Provisoriums gebe. Hier wird es erneut Gespräche mit den Bundesländern über deren finanzielle Beteiligung geben.
Die Positionen für eine dauerhafte Lösung gehen sogar in der Regierung weit auseinander. Während Grasser (FP) vor dem Ministerrat eine Finanzierung, selbst eine teilweise, durch Ã-sterreich ablehnte, trat Haupt dafür ein, daß sich auch der Bund an der Aufbringung der nötigen 800 Millionen Schilling (58,1 Mill. Euro) beteilige. Beide Minister wollen jedoch vor allem die EU und den Handel zur Kasse bitten. Grasser sieht den Grund für BSE in der verfehlten EU-Agrarpolitik. Die zweite Adresse, von der Geld kommen müsse, sei der Handel, so der Finanzminister. Von 1972 bis 1999 seien die Erzeugerpreise, also die Einnahmen der Bauern, um zehn Prozent angestiegen, die Verbraucherpreise, also die Einnahmen des Handels, dagegen um 150 Prozent."Da muß offensichtlich auch verdient worden sein", so Grasser.
Der Lebensmittelhandel wirft Grasser vor, mit falschen Zahlenmaterial zu argumentieren. Hannes Mraz, Gremialvorsteher des Lebensmittelhandels, betonte, der Handel lehne"strikt" ab, für BSE zur Kasse gebeten zu werden. Mraz verwies auf einen"dreistelligen Millionenbetrag", den der Finanzminister auf dem Weg zum Konsumenten abschöpfe.
"Wir haben unseren Beitrag zur Bewältigung der BSE-Krise bereits geleistet." Mit diesen Worten schmetterte am Montag auch der Präsident des Gemeindebundes, Helmut Mödlhammer, etwaige weitere Finanzierungsbeiträge der Gemeinden ab."Zum einen speisen wir den Katastrophenfonds zu 16 Prozent, zum anderen sind wir Gesellschafter der Tierkörperverwertungsanstalten (TKV) und finanzieren diese mit Gebühren." Deshalb fordern die Gemeinden möglichst rasch eine dauerhafte neue Lösung für die Entsorgung von tierischen Abfällen. Eine Verlängerung des mit Ende Februar auslaufenden Provisoriums - durch Mittel von Katastrophenfonds, Ländern und Ministerien - um weitere zwei Monate sei zu lang. Aber eines müsse dabei klar sein:"Im Endeffekt bezahlen es sowieso die Konsumenten", so Mödlhammer. Eine Verteuerung des Rindfleisches um zwei bis drei Schilling pro Kilogramm sei außerdem"verkraftbar".
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BossCube
21.02.2001, 15:53
@ Diogenes
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Re: Zeitungsartikel:"Altmodisch, engstirnig und nicht hilfreich" |
>Die Presse, 21.02.2001
>"Altmodisch, engstirnig und nicht hilfreich"
>David Byrne, EU-Kommissar für Konsumentenschutz, kritisiert im"Presse"-Interview Ã-sterreichs Positionen bei Genprodukten und in der BSE-Krise.
>Von DORIS KRAUS
>(Querverweis:"Streit um Finanzierung der BSE-Krise wird prolongiert, siehe unten") >
>BRÜSSEL/WIEN. David Byrne, EU-Kommissar für Verbraucherschutz, hat wenig Verständnis für Mitgliedsländer wie Ã-sterreich, die immer wieder ihre Grenzen gegen Produkte aus anderen EU-Staaten schließen."Solche nationalen Reaktionen sind altmodisch, engstirnig und nicht hilfreich", sagte Byrne im Interview mit der"Presse". Auch die vor kurzem in Ã-sterreich aufgebrochene Debatte über die Aufteilung der BSE-Kosten sieht Byrne kritisch."Schweden und Finnland sind in derselben Situation wie Ã-sterreich, und von dort hört man nichts dergleichen." Hier handle es sich um eine Frage der Solidarität. Byrne verteidigt auch seinen Kollegen, Agrarkommissar Franz Fischler:"Diejenigen, die Fischler in Ã-sterreich kritisieren, haben seine Argumente nicht ganz verstanden." Wenig Sympathie hat Byrne für die Ethik-Debatte im Zusammenhang mit Massenschlachtungen."Mir macht eher die schlechte Behandlung von Tieren Sorgen, etwa bei Tiertransporten oder bei der Haltung. Wenn ein Tier aber auf humane Art und Weise geschlachtet wird, ist es wohl egal, ob es anschließend gegessen oder verbrannt wird." Der irische EU-Kommissar ist zur Zeit mit- oder alleinverantwortlich für alle heißen Konsumentenfragen in der Union: von BSE bis zu genmodifizierten Organismen. In dieser Funktion lehnt er die nationalen Reflexe, mit denen EU-Staaten noch immer auf Lebensmittel-Krisen reagieren, ab. Seine Kritik zielt damit auch auf Ã-sterreich, das etwa Einfuhrverbote von Lebendrindern und Rinderprodukten aus Deutschland, Frankreich und Italien beschlossen hat. Außerdem ist Ã-sterreich einer von sechs EU-Staaten, die ein Moratorium gegen die Zulassung und Freisetzung genmodifizierter Organismen beschlossen haben."Das ist ein Relikt aus der Vergangenheit. Manchen Mitgliedsländern ist nicht klar, daß sie jetzt Teil der EU sind", sagte Byrne."Aber BSE etwa kennt keine Grenzen. Wir müssen das nationale Element aus der Diskussion nehmen." Das gelte auch für die Gen-Debatte."Wir versuchen, eine existierende Technologie zu regeln. Wir haben bestehende Gesetze verschärft. So, wo ist das Problem?" Das Gen-Moratorium bezeichnet Byrne als"illegal." Dennoch will Byrne bis auf weiteres die Taktik"Konsens statt Konfrontation" beibehalten und die betroffenen Mitgliedsländer in einer so sensiblen Frage nicht gleich mit gerichtlichen Schritten zur Aufhebung ihrer nationalen Embargos zwingen."Vergessen Sie aber eines nicht: Ich bin der Kommissar, der Frankreich wegen seines Embargos gegen britisches Rindfleisch vor Gericht gebracht hat. Wenn der Zeitpunkt kommt, und es sein muß, dann handle ich."
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>Die EU-Staaten haben sich mal wieder in der Wolle, Scharmützel an allen Fronten. Dabei ist der Euro bis jetzt noch eine Schönwetterfahrt. Was wird da erst los sein, wenn es um Eingemachte geht?
>Gruß
>Diogenes
Hallo Diogenes,
es ist ja schon so weit, daß Mitgliedsländer wie wir, massig zahlen und dafür noch vor Gerichte geschleppt werden. Die, die von uns Gelder erhalten, verklagen uns. Bodenlos. Und genau deshalb wird auch die EU auseinanderfliegen. Die Interessen sind einfach nicht homogen und werden es auch nie sein. Wenn ich jetzt sage, daß mir die Sicherheit bestimmter Waren nicht reicht, dann mache ich die Grenzen dicht. Verbraucherschutz geht vor allem. Scheiß auf die Euro-Bürokraten. Richtig lustig wird es, wenn die Osteuropäer aufgenommen werden....
Gruß
Jan
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Diogenes
21.02.2001, 16:41
@ BossCube
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Re: Zeitungsartikel:"Altmodisch, engstirnig und nicht hilfreich" |
Hallo Jan,
Schon Erhard war der Überzeugung, daß die Einführung einer gemeinsamen Währung mit der Einrichtung von diversen"Töpfchen" einhergehen muß, um die den Frieden angesichts der unterschiedlichen Wirtschaftskraft der Staaten zu erhalten. Weiters war er der Meinung, daß diese Subventionitis das Wirtschaftsgefüge und mit ihm die EU und die gemeinsame Währung über kurz oder lang ruinieren (Fehlallokationen, in VW-Sprech) würde.
Sehr weitsichtig der Mann, war ein echter sozialer Markt(!)wirschaftler, der Markt groß und sozial klein geschrieben hat. Politiker von dem Schlag könnten wir brauchen.
Gruß
Diogenes
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