Hallo!
Wir stehen hier vor einem kleinen Problem:
Es gibt einen Tauschring. Es werden Leistungen angeboten und nachgefragt und mit der Verrechnungseinheit"Talente""bezahlt". Zur Umlaufsicherung dieser Talente gab es
eine Umlaufsicherungsgebühr. Aus den Erlösen dieser Gebühr wurden Verwaltungskosten,
Feiern usw. bestritten.
Irgendwann wurde diese Gebühr abgeschafft (der Grund ist leider nicht bekannt). Irgend-
wann (ob zeitlich vorher oder nachher läßt sich nicht sagen) wurde ein sogenanntes"Klima-
konto" (natürlich in Talenten) eingeführt, von dem zuerst Sonderausgaben, später alle
Ausgaben (Bsp. Geburtstagsparty des Tauschringes) bezahlt wurden. Argument dieses
Kontos war, es würde die"Wirtschaft" ankurbeln.
Jetzt sitzt der Tauschring auf seinem Klimakonto mit ungefähr 2000 Arbeitsstunden Miesen.
Es laufen die spannendsten Diskussionen, was damit zu machen sei. Hauptsächlich gibt es 4
Vorschläge:
1. Das Klimakonto soll nur für die Jahresfete benutzt werden, ansonsten monatlicher Talente-Beitrag der Mitglieder für alle übrigen Gemeinschaftsaufgaben.
2. Das Klimakonto bleibt wie es ist und rutscht weiter ins Minus.
3. Das Klimakonto wird"eingefroren", ein monatlicher Talentebeitrag erhoben.
4. Das Klimakonto wird erst ausgeglichen und dann 3.
Es gibt z. B. folgende Argumente:
- Es wird auf unser Wirtschaftssystem verwiesen, darauf, dass unser Geld auch nicht gedeckt
ist und das System trotzdem funktioniert. Geschenkt werde einem für Talente vom Klimakonto auch nichts, es werde real dafür gearbeitet und dem stehe ein Allgemeinnutzen gegenüber.
Angenommen wurde der zweite Vorschlag......
Die Diskussion geht natürlich weiter. Wir versuchen gerade uns vorzustellen, welche Auswirkungen die verschiedenen Alternativen haben: Unter 1., 2. und 3. besteht auf einmal eine"Talentsumme", die es so vorher nicht gegeben hat, da jeder bei 0 anfängt. Das mindert die Bereitschaft, seine (individuellen) Talente anzubieten und dafür Tausch-Talente zu erhalten. Würde aber nicht 4. jeden potentiellen Nachfrager nach (individuellen) Talenten in die Bredoille bringen, nicht genügend Talente zur Bezahlung zu haben??
Es geht wohl langfristig um die Frage, ob eine"Talentsumme" notwendig, sinnvoll oder schädlich ist. Dazu ein Beispiel:
A: Mitglied Peter +500 Talente, Sandra 0 Talente, Susi -500 Talente
B: Mitglied Peter 1000 Talente, Sandra 500 Talente, Susi 0 Talente
Bei B müsste Susi keine individuellen Talente anbieten, um ihr Minus auszugleichen. Es gibt zwar eine sog. Verpflichtung, vor Austritt sein Konto auf Null zu bringen, nur wäre das ja wohl vor jedem Gericht nicht mehr haltbar. Dieses ist aber irrelevant, weil die Talente ihren Wert durch das Vertrauen erhalten, weiterhin gültig zu sein und solange das Vertrauen da ist, funktioniert das ja auch. Also können wir diesen GEsichtspunkt getrost vergessen.
Jetzt wird also durch das Klimakonto eine Fiktion von Reichtum geschaffen, da dieses Konto in keiner persönlichen Bilanz vorkommt und diejenigen, die für das Klimakonto arbeiten, ja tatsächlich Talente erhalten.
Ja, aber es wurde doch ein Fest gefeiert? Wer bezahlt das Fest denn nun?
Wenn jetzt z. B. wöchentlich ein Fest gefeiert würde, hätten immer mehr Leute Guthaben (oder weniger Schulden). Auf der anderen Seite gäbe es aber keine Leute, die Schulden haben (oder höhere Schulden als vorher wegen Klimakonto), die zur Deckung Ihrer Schulden Arbeit anbieten würden.
Unserer Meinung nach führt dieses Verhalten zum Abwürgen der"Konjunktur", da mehr Guthaben und damit weniger Arbeitsangebot dazu führt, dass keiner mein Fahrrad repariert und das Klimakonto, das ja im Minus ist, mein Fahrrad nicht reparieren kann. Anders gesagt sind 99 % der Mitglieder nach der 253. Party im Plus, weil ja jeder Mal für die Party gearbeitet hat, aber zur 254. Party findet der Verein niemanden mehr, der arbeiten will, weil er ja reich ist. Und wer reich ist, braucht nicht zu arbeiten.
Also würde das zu einer Art Inflation oder (wenn die"Abwertung der Talente" abrupt geschieht) zur Hyperinflation führen.
Das hieße aber doch, dass es relativ irrelevant ist, ob nun Heinsohn/Steiger oder Keynes oder irgendjemand anderes Recht hatte. Eigentum, Zins und Geld sind keine Voraussetzungen für Staatsverschuldung und Bankrott. Ohne Eigentum gibt es auch Kredit (in Form von Talenten) und wenn ich jemand finde, der mir dafür was gutes Tut, dann gibt es auch"Geld".
Also: Es gibt Kredit ohne Eigentum, Geld ohne Zins, wenn keiner wirklich was arbeitet, geht man bankrott. Dann wird wieder nach einer neuen Vertrauensbasis gesucht, weil der Mensch als soziales Wesen wohl kaum auf sich alleine gestellt überleben kann. Sind soziale Beziehungen (damit sind auch wirtschaftliche Beziehungen gemeint) nicht generell auf"weiche" Faktoren wie Vertrauen, Mißtrauen und Erfahrung angewiesen? Soll nicht"Eigentum" dem Misstrauen begegnen und Vertrauen schaffen? Ist Eigentum mit dieser Aufgabe nicht überfordert bzw. überschätzt? Ist Politik nicht nur die Aufgabe, das Heraufziehen der nächsten Krise nur weiterhinauszuschieben, indem appelliert wird? Sollten wir nicht wieder lernen, zu teilen und nicht nur zu herrschen?=
Je länger ich über dieses Problem nachdenke, desto eher glaube ich, dass der immaterielle Wert der Eigentumsprämie eigentlich nichts anders als Fiktion und damit Erpressung und damit ein Wurmfortsatz aus der Feudalherrschaft ist, also auf Krieg, Folter, Erpressung und Ermordung beruht. Eigentum sollte neu verteilt werden oder muss früher oder später neu verteilt werden, sagen Heinsohn/Steiger dazu.
Ich glaube, dass es zwischen der Eigentumstheeorie der Krise und dem Problem des Tauschringes einen eklatanten Zusammenhang gibt. Ich weiss nur noch nicht welchen.
Habt Ihr vielleicht eine Idee?? Sollte Eigentum neu verteilt werden?? Was passiert mit dem Klimakonto??? Führen wir unsere Diskussionen ständig nur an Nebenkriegsplätzen? Sind wir die Kassandrarufer, die eine Krise erst ermöglichen? Gäb es eine Krise ohne Kassandra, oder käme die Krise später ohne Kassandra?
Grüße
Der Mond
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Hallo, Mond!
So wie ich das ganze hier verstanden habe, entspricht es so ziemlich dem Schema des Debitismus. Das Klimakonto entspricht zu hundert Prozent der Staatsverschuldung, denn man kann die kleine Tauschgemeinschaft durchaus als einen Mini-Staat betrachten. Der Tauschring hat wohl nicht die Weitsicht zu sehen, daß der Staat das Volk ist. Staatsschulden sind Volksschulden, auch wenn sie nachher keiner haben will. Wenn die Währung"Talent" weiter beibehalten werden soll, und der Wert eines Talents auch erhalten bleiben soll, müssen die Schulden getilgt werden, vielleicht durch eine Art Vermögenssteuer, welche die Reichsten am meisten belastet. Das hat dan aber den Nachteil, daß der Reiz, Reich an"Talenten" zu sein, nachläßt, wenn man einen Teil davon wieder opfern muß. Deswegen wäre das sinnvollste ein einmaliger radikaler Eingriff, der proportional alle, aber richtig belastet und die Schulden tilgt. Dann können sie alle wieder so weiter machen wie vorher, die Faulheit aus Reichtum verschwindet, die Schulden der Gemeinschaft an sich selbst sind weg. Vielleicht ist man dann auch so klug, nur noch das erwirtschaftete auszugeben.
ciao!
SchlauFuchs
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