R.Deutsch
03.03.2001, 10:18 |
Wachstumsmotor Thread gesperrt |
Lieber Nereus,
es sind ja inzwischen eine Reihe sehr guter Beiträge zu Deiner Frage geschrieben worden, wobei ich im Wesentlichen den Ansichten zuneige, wie sie hier von Baldur und Harald vorgetragen wurden.
Vorab mal noch etwas"Philosophisches". Der Urschuldgedanke beim Debitismus ist mir zu christlich. Der wahre Christ gehört ja Gott und er muss hier ein Jammertal mühevoll durchschreiten, um am Ende erlöst zu werden zum wahren Leben (Paradies). Nach meiner Vorstellung gehört der Mensch sich selbst und er kann sich jederzeit vom Debitismus verabschieden, wenn's ihm keine Freude mehr macht (was dem Christen ja verboten ist). Es gibt Menschen, die wesentlich mehr als nur den Debitismus auf sich nehmen, weil sie am Leben teil haben wollen. Ich empfinde also diesen Debitismus nicht als Last, die mir auferlegt wurde (Urschuld) sondern als Preis, den ich freiwillig zahle und den das Leben alle mal wert ist. Natürlich gibt es hier keine"Wahrheit". Es steht jedem frei, das Eine oder das Andere zu glauben.
Nun zu Deiner Frage, die ich hier noch mal wiederhole:
Aber eine Sache würde ich doch gerne von Dir geklärt wissen.
Du behauptest doch das Kredit- und Warengeld gleichzeitig nebeneinander existieren können. Nehmen wir mal an das
wäre so.
Ich glaube mich daran zu erinnern, daß auch Bernd Niquet in ein ähnliches Horn gestoßen hat, aber ich bin mir da nicht
ganz sicher.
Dann ist es doch aber zweifellos so, daß es mit dem existierendem Warengeld kein Wachstum geben kann, oder etwa
doch?
Es wäre doch nur für den Tauschzweck bestimmt, unabhängig davon ob nun Vorfinanzierungskosten für das W-Geld
entstanden sind oder ob die Goldnuggets bei mehreren Unwettern kostenlos in den Fluß gespült wurden.
Eigentlich bringen die Tauschvorgänge ja nur Aktionen mit bereits vorhandenen Gütern. Aber woher kommt dann der
Drive in den Laden, der beim Debitismus ja mit den möglichen Untergangsaussichten des Schuldners und ggf. auch des
Gläubigers plausibel erklärt wird.
Ich habe nicht alle Deine Beiträge gelesen (ich weiß das kommt einer Sünde gleich und hiermit will ich um Vergebung
bitten), aber mir ist bei Deinen Vorstellungen des Warengeldes, wie auch beim Wörgel-Geld, der Zwang zum"etwas tun
müssen" nicht da.
Es kann natürlich sein das ich hier ein Informationsdefizit habe.
Könntest Du diesen"Motor" in Deinem System nochmals kurz erklären?
Meine Beiträge und insbesondere mein Buch nicht gelesen zu haben, ist natürlich eine schwere Sünde, aber sie sei (ein letztes mal) vergeben. Nach meiner Vorstellung gibt es immer Beides gleichzeitig und nebeneinander, Körper und Geist, Warengeld und Kreditgeld. Immer wenn man einen Teil ganz leugnet (für die Gesellfritzen gibt es kein Kreditgeld, für H&S bzw. dottore gibt es kein Warengeld) kommt man in Erklärungsprobleme bei den Tatsachen und meist wird dann gesagt, na ja, umso schlimmer für die Tatsachen.
Eine wachsende Wirtschaft mit einer konstanten Warengeldmenge (Goldmenge) ist durchaus vorstellbar. Die reale Wirtschaft wächst über sehr lange Frist mit etwa 2-3% p.a. Das kann man überraschenderweise kaum beschleunigen. Es gibt zwar auf der Autobahn schlechte Fahrer, die man daran erkennt, dass sie ständig Gas geben und bremsen, die verbrauchen zwar viel mehr Energie, kommen aber auch nicht schneller voran.
Es ist ein Irrtum, zu glauben, man könne mit Kreditgeld reales Bruttosozialprodukt herbeizaubern, Zukunft real vorwegnehmen. Kreditgeld (Debitismus) kann nur umverteilen. Mit dem Kredit erhält jemand Zugriff auf BSP, auf das andere verzichten müssen, andere müssen Konsumverzicht leisten. Die Hoffnung dabei ist, dass man durch bessere Arbeitsteilung, Produktionsumwege, Kapitalbildung real mehr erzeugt, eben die 3% Wachstum. Das ist der"gute" Debitismus, - von Unternehmern freiwillig eingegangene (vollstreckbare) Schulden, weil sie glauben eine profitable reale Faktorkombination entdeckt zu haben. Es gibt ja auch so etwas wie eine reale Verzinsung (Korn z.B. das ich aussähe), die beim Debitismus als Kettenbrief immer unterschlagen wird.
Daneben gibt es den"schlechten" Debitismus, - die von Staat und Banken den Menschen auferlegten Zwangsschulden (Staatsverschuldung). Das ist die Peitsche, welche die Menschen zwingt immer mehr zu rackern für privilegierte Gruppen, freilich ohne reales Wachstum (siehe Japan). Ich denke, wir wären gut beraten, uns auf diesen"schlechten" Debitismus zu konzentrieren und nur das als Debitismus zu bezeichnen.
Fazit: wir müssen zwischen dem"realen" Zwang etwas tun zu müssen und dem von Menschen auferlegten Zwang unterscheiden. Den realen Zwang (Naturgesetze, Essen Trinken etc.) nehmen wir freiwillig auf uns, weil wir am Leben teilnehmen wollen. Den guten Debitismus nehmen wir freiwillig auf uns, weil wir Hoffnungen, Pläne und Ideen haben und der bringt auch das Wachstum hervor (bessere Arbeitsteilung). Der schlechte Debitismus wird uns zwangsweise auferlegt, von kleinen Gruppen, die uns zwingen, immer mehr Konsumverzicht zu deren Vorteil (nicht für Produktionsumwege) zu leisten (heimtückische Enteignung). Dadurch wächst nichts, eher im Gegenteil. Man kann das jetzt sehr schön in der Türkei beobachten, wo jetzt die Menschen schlagartig sehr viel ärmer sind (30% Abwertung, 20% Inflation). Die ihnen zwangsweise auferlegten Schulden (Staatsverschuldung, Bankpleiten) sind schlagartig offenbar geworden - ein Prozess, der jetzt auch in Amerika ansteht. Ein vorteilhafter Wachstumsmotor, wie der (bisherige) Debitismus behauptet, ist das nicht. Es macht für mich keinen Sinn, alle Verschuldung unter dem Begriff Debitismus in ein System zu pressen. Der Ansatz kann viel fruchtbarer gemacht werden, wenn er sich nur auf die Zwangsverschuldung konzentriert.
Zum Glück liest der dottore das ja nicht, so dass ich nicht gleich wieder eine übergebraten bekomme.
Gruß
R.Deutsch
<center>
<HR>
</center> |
puppetmaster
03.03.2001, 11:32
@ R.Deutsch
|
Re: Wachstumsmotor |
hallo
>Vorab mal noch etwas"Philosophisches". Der Urschuldgedanke beim Debitismus ist mir zu christlich. Der wahre Christ gehört ja Gott und er muss hier ein Jammertal mühevoll durchschreiten, um am Ende erlöst zu werden zum wahren Leben (Paradies). Nach meiner Vorstellung gehört der Mensch sich selbst und er kann sich jederzeit vom Debitismus verabschieden, wenn's ihm keine Freude mehr macht (was dem Christen ja verboten ist).
nun, ja, bin kein christ, aber deine vorstellungen über das christentum finde ich schon etwas merkwürdig einseitig.
ich finde den gedanken der urschuld sehr einleuchtend - du scheinst ihn ja auch nicht wirklich abzulehnen. man sollte nur schuld nicht negativ mit sünde assoziieren, dann fällts auch leichter. wenn ich mich richtig erinnere, gibt es ähnliche gedanken auch in anderen religionen, z.b. ist das karma ein verwandtes konstrukt.
meine etwas biologistischere auslegung beruht darauf, dass einer der merkmale des lebens der"stoffwechsel" ist. unseren energieumsatz (rein körperlich) müssen wir irgendwie berappen, darum ist es unumgänglich irgendeine form von arbeit, oder daraus abgeleitete formen, auszuüben (die trauben wachen eben nicht in den mund). der zwang zu äusserer aktivität ist der preis (gegenbuchung) dafür, ein lebendes wesen zu sein.
>Es gibt Menschen, die wesentlich mehr als nur den Debitismus auf sich nehmen, weil sie am Leben teil haben wollen
zum beispiel?
> Ich empfinde also diesen Debitismus nicht als Last, die mir auferlegt wurde (Urschuld) sondern als Preis, den ich freiwillig zahle und den das Leben alle mal wert ist. Natürlich gibt es hier keine"Wahrheit". Es steht jedem frei, das Eine oder das Andere zu glauben.
nur weil du die zwänge des-am-leben-seins nicht als last empfinden magst heisst das ja noch lange nicht, dass du deinen zellen, solange du am leben bleiben willst, ihre ernährung nicht schuldig bist.
>Zum Glück liest der dottore das ja nicht, so dass ich nicht gleich wieder eine übergebraten bekomme.
ein bischen kindisch, pardon.
gruss
<center>
<HR>
</center> |
eferis
03.03.2001, 16:11
@ R.Deutsch
|
Warum sollte die USA nicht den Rest der Welt in den Abgrund reissen? |
>Fazit: wir müssen zwischen dem"realen" Zwang etwas tun zu müssen und dem von Menschen auferlegten Zwang unterscheiden. Den realen Zwang (Naturgesetze, Essen Trinken etc.) nehmen wir freiwillig auf uns, weil wir am Leben teilnehmen wollen. Den guten Debitismus nehmen wir freiwillig auf uns, weil wir Hoffnungen, Pläne und Ideen haben und der bringt auch das Wachstum hervor (bessere Arbeitsteilung). Der schlechte Debitismus wird uns zwangsweise auferlegt, von kleinen Gruppen, die uns zwingen, immer mehr Konsumverzicht zu deren Vorteil (nicht für Produktionsumwege) zu leisten (heimtückische Enteignung). Dadurch wächst nichts, eher im Gegenteil. Man kann das jetzt sehr schön in der Türkei beobachten, wo jetzt die Menschen schlagartig sehr viel ärmer sind (30% Abwertung, 20% Inflation). Die ihnen zwangsweise auferlegten Schulden (Staatsverschuldung, Bankpleiten) sind schlagartig offenbar geworden -!!!!! ein Prozess, der jetzt auch in Amerika ansteht.!!!!! Ein vorteilhafter Wachstumsmotor, wie der (bisherige) Debitismus behauptet, ist das nicht. Es macht für mich keinen Sinn, alle Verschuldung unter dem Begriff Debitismus in ein System zu pressen. Der Ansatz kann viel fruchtbarer gemacht werden, wenn er sich nur auf die Zwangsverschuldung konzentriert.
Wie es so schön heisst, wer nicht fragt bleibt dummm.
MfG
eferis
<center>
<HR>
</center>
|
nereus
03.03.2001, 23:59
@ R.Deutsch
|
Re: Wachstumsmotor |
Hallo Reinhard!
Deinen Beitrag hätte ich fast übersehen. Du hast schon recht. Hier wird jede Stunde eine neue Sau durch's Dorf getrieben.
Du schreibst: Nach meiner Vorstellung gehört der Mensch sich selbst und er kann sich jederzeit vom Debitismus verabschieden, wenn's ihm keine Freude mehr macht
Damit meinst Du Selbstmord. Das sehe ich ähnlich. Das kann jeder halten wie er will. Wenn man schon nicht entscheiden darf ob man geboren wird, sollte man wenigstens die Freiheit haben zu sagen wann Schluß ist.
Es gibt Menschen, die wesentlich mehr als nur den Debitismus auf sich nehmen, weil sie am Leben teil haben wollen. Ich empfinde also diesen Debitismus nicht als Last, die mir auferlegt wurde (Urschuld) sondern als Preis, den ich freiwillig zahle und den das Leben alle mal wert ist.
Das ist völlig korrekt. Es hat eigentlich auch niemand behauptet das man beim Begriff Urschuld mit heraushängender Zunge durch die Straßen schleichen muß. Du schreibst es ja - das ist das Leben alle mal wert.
Körper und Geist, Warengeld und Kreditgeld.
Diesen Vergleich verstehe ich nicht ganz. Worauf willst Du hinaus?
Und sag doch nicht immer Gesellfritzen. Wenn sich das Freigeld doch eines Tages durchsetzt, mußt Du widerrufen im Anblick des Scheiterhaufens. Du wirst doch widerrufen, oder?
Wegen irgendeiner Theorie läßt man sich doch nicht verbrennen!
für die Gesellfritzen gibt es kein Kreditgeld
Stimmt nicht ganz. Bin ja gerade in der Diskussion mit Oldy. Kredite gibt es dort auch.
Auch wenn mir da einige Dinge noch nicht recht klar sind.
Es ist ein Irrtum, zu glauben, man könne mit Kreditgeld reales Bruttosozialprodukt herbeizaubern..
Das hat auch niemand behauptet. Es geht nur darum erst mal den notwendigen Druck zu erzeugen damit sich überhaupt etwas bewegt. Bitte diesen Druck nicht wieder als Todesurteil oder ewige Haftanstalt interpretieren.
Mit Deinem"guten" und"schlechten" Debititsmus habe ich zwar meine Schwierigkeiten, aber der Hinweis auf die sinnvollen Schulden der Unternehmen macht alles wieder wett.
Es gibt ja auch so etwas wie eine reale Verzinsung (Korn z.B. das ich aussähe), die beim Debitismus als Kettenbrief immer unterschlagen wird.
Wird es das wirklich?
Daneben gibt es den"schlechten" Debitismus, - die von Staat und Banken den Menschen auferlegten Zwangsschulden (Staatsverschuldung). Das ist die Peitsche, welche die Menschen zwingt immer mehr zu rackern für privilegierte Gruppen, freilich ohne reales Wachstum (siehe Japan). Ich denke, wir wären gut beraten, uns auf diesen"schlechten" Debitismus zu konzentrieren und nur das als Debitismus zu bezeichnen.
Die Kritik an der Staatsverschuldung teile ich mit Dir.
Aber dafür kann der Debitismus ja nun überhaupt nichts. Gerade er prangert diese ja als schädlich an.
Und Dein Vorschlag den"schlechten" Debitismus als den wirklichen zu bezeichnen.
Lieber Reinhard, ich ziehe mir die Hose nun wahrlich nicht mit der Kneifzange an. Mir einem solchen Fangeisen erwischt Du mich sicher nicht. Das sieht man ja schon aus 300 Meter Entfernung.
Fazit: wir müssen zwischen dem"realen" Zwang etwas tun zu müssen und dem von Menschen auferlegten Zwang unterscheiden. Arbeitsteilung). Der schlechte Debitismus wird uns zwangsweise auferlegt, von kleinen Gruppen, die uns zwingen, immer mehr Konsumverzicht zu deren Vorteil (nicht für Produktionsumwege) zu leisten (heimtückische Enteignung). Dadurch wächst nichts, eher im Gegenteil.
Es macht für mich keinen Sinn, alle Verschuldung unter dem Begriff Debitismus in ein System zu pressen. Der Ansatz kann viel fruchtbarer gemacht werden, wenn er sich nur auf die Zwangsverschuldung konzentriert.
Worin unterscheidest Du denn das? Etwas tun zu müssen und den vom Menschen auferlegten Zwang?
Die Staatsverschuldung brauchen wir hier nicht zu erwähnen. dottore schreibt seit 1983 dagegen an.
Den Motor habe ich jetzt immer noch nicht gefunden.
Tut mir leid. Den Druck im Kessel, der ganz offensichtlich da sein muß, habe ich hier noch nicht lokalisiert.
Bisher lief alles auf gutwilliges Übereinkommen hinaus.
Das scheint auch beim Oldy und dem Freigeld so zu sein.
Ihr macht mir alle zu sehr auf Harmonie. Und ausgerechnet ich, der ein sehr ausgeprägtes Harmoniebedürnis hat, schreibe dagegen an.
mfG
nereus
<center>
<HR>
</center> |