Caspar
31.03.2001, 01:51 |
Buch: The Mystery of Capital. (Für Eigentumswirte Pflicht) Thread gesperrt |
<font color="red">Hernando do Soto: The Mystery of Capital.</font> Why Capitalism Triumphs in the West and Fails everywhere else
Kleine, dringende Buchempfehlung.
In diesem Forum findet bekanntlich viel Diskussion Geld und Geldtheorie statt. Ich habe die immer sehr intensiv verfolgt. Seit ein paar Jahren bin ich der Meinung, dass die ganze Profession der Ã-konomen von der Sache keinen Blassen hat, um es salopp zu sagen. Nachdem ich mich dann ein Weile sehr interessiert über die Freiwirte nachgedacht habe musste ich feststellen, dass auch die kein vollständiges Modell zur Erklärung liefern können - und auch keine widerspruchs- lose Anleitung zum Betrieb eines"guten" Geldes. Keiner sagt den Leuten in der Währungsbehörde von Gesell zum Beispiel ob er mehr oder weniger Geld in Umlauf setzen sollte, ganuso willkürlich müsste der negative Zins oder die"Umlauf- sicherung" festgelagt werden. Ausserdem glaube ich erst dass es funktioniert, wenn ich es in der Realität sehe. Und die Tauschringe, die ich gesehen habe haben immer mit der Frage gerungen, wie sie mehr Leute zum Tausche bringen.
Dann hat dottore seine (und Heinsohn/Steigers) Theorie von der Eigentumswirtschaft vorgestellt - die mich weitgehend überzeugt hat (fast ganz, siehe unten). Die besagt ja im Groben: Witschaft gibt es erst, sobald es Eigentum und freie Bürger gibt. Eigentum ist zu unterscheiden von Besitz, es ist abstrakt und unsichtbar, ein juristischer Titel. Diesen Titel kann man verpfänden und bekommt dafür Kredit. Für den Kredit muss ein andere Eigntümer sein Eigentum"belasten", es ist immer davon bedroht gegen den Kredit eingelöst zu werden - bis der Kreditschein zu ihm zurückkommt. Das ist unsicher für den Gläubiger, daher nur gegen Zinsen zu haben. Ich bitte alle wegen der Wiederholung um Entschuldigung, aber diese Einleitung musste sein.
Oben habe ich geschreiben, dass dottore mich *fast* überzeugt hat, weil für mich eine Frage ungeklärt bleibt: warum funktioniert die"Marktwirtschaft" nicht in der Dritten Welt oder im ehemaligen Ostblock? Warum?? Warum aber in Japan? (Japan hat erst um 1880 - nach meheren hundert Jahren gewollter Isolation - wieder Ausländer ins Land gelassen.) Warum dann nicht in Russland, seit dem Wechsel? Warum ist die Dritte Welt arm, obwohl sie grossenteils immer kapitalistisch verfasst war. (Ich sags vorweg: ich glaube nicht an die"Ausplünderung" durch die erste Welt, auch wenn die Reichen Südamerikaner sich Mühe geben europäisch zu wirken.)
Hernando de Soto beantwotet die Frage so: Überwiegende Teil der Weltbevölkerung, ist ausgesperrt in den rechtslosen Raum. Die meisten Menschen in der Dritten Welt leben in wilden Siedlungen und arbeiten in Gewerben die nicht angemeldet sind. Sie haben keine Möglichkeit einen korrekten Eigentumstitel zu erlangen. Das ist nicht der Fall, weil alle diese Menschen Steuern hinterziehen wollen, oder weil sie kriminell sind und sich nicht aufs Amt trauen.
De Soto (Präsident des Institut for Liberty and Democracy, Lima, Peru) hat mit einem Team zusammen in Hauptstädten in der Dritten Welt erforscht, was es heisst für einen Bewohner eine wilden Siedlung einen formellen Eigentums- titel ducrh die Behörden zu erhalten: es dauert 6 Jahre und elf Monate, es waren 207 Schritte bei Ämtern erforderlich, um eine Baugenehmigung zu bekommen. Um den Eingtumstitel zu bekommen mussten 728 Schritte vollzogen werden, wenn alles nach den Buchstaben des Gesetzes laufen sollte. Dann liefert er Seitenweise ähnliche Beipiele, wieviel Jahre der Kauf eine Stücks staatlicher Wüste kostet (5-15), Siedlungsbau auf den Philippinen dauert dreizehn bis 25 Jahre.
Aus diesen Gründen leben und wirtschaften der Grossteil der Bewohner von Ländern der Dritten Welt im extralegalen Sektor: in favelas und in Spontansiedlungen, für die keiner Karten, geschweige denn Grundbucheinträge hat.
Das heisst nicht, dass das alle diese Menschen Kriminelle sind, sondern sie wissen sehr genau was den Nachbarn gehört, was ihnen selbst gehört, sie haben improvisierte Grundbuchämter und Registraturen - oder ähnliche Einrichtungen - die aber immer nur für eine kleine Nachbarschaft Geltung besitzen.
In diesen Gegenden sieht es auch nicht aus, wie man das immer von Foto- reporttagen über das Elend der Dritten Welt kennt. Die Siedlunegn sind unterschiedlich, und es gibt schwarze Werkstätten, die hochspezialisierte Bauteile für die Computerindustrie herstellen. Auch die Häuser sind zumindest von unterschiedlichem Standard, aber es wird viel inveswtiert und mit Engagement verbessert. Alles diese Dinge tauchen natürlich in amtlichen Statistiken niemals auf.
De Soto argumenteriert, dass die Dritte Welt nicht auf immer arm ist, und dass sie auch nicht mit Entwicklungshilfe reich gemacht werden kann. Aber das ganze wirtschaftliche Geschehen in diesen Verhältnissen, in denen die absolute Mehrheit der Weltbevölkerung lebt, kann nicht in die reguläre Weltwirtschaft eingegliedert werden: weil es keine amtlichen Eingentumstitel gibt. Das ist nicht so, weil die Menschen das nicht wollten - das zeigen Programme zur Vereinheitlichung, die grosses Interesse zeitigen, obwohl das heisst, Steuern zu zahlen.
De Soto sagt: dieser Besitz kann kein Kaptal erzeugen, er ist also totes Kapital. Oder, übersetzt in die präziseren Begriffen von Heinsohn und Steiger: dieses Eigentum kann nicht im Kredit verpfändet werden, um damit Kapital anzuschaffen. Es ist fesselnd, die Beschreibung der Bedeutung von Eigentum und seinen Wirkungen zu lesen, ohne dabei die selben Worte wie bei H&S in der Theorie zu lesen, aber genau die selben Argumente und Erkläerungen von ZUsammenhängen präsentiert zu bekommen - alles abgeguckt aus der Beschäftigung mit dem realen Alltag in der Dritten Welt.
Es folgt eine Untersuchung, warum westlichen Beratern das offensichtliche nie auffällt: dass diese Länder zwar Makroökonomische Anpassungen vornehmen, die Weh tun, dass aber zum Funktionieren des Kaptalismus etwas wesentliches fehlt: die Institution Eigentum (in für jeden, AUCH für Arme zugänglicher Form). Die Antwort: der Schaffung von Registraturen und Grundbuchämtern, und ihren jeweiligen Entsprechungen in USA, dem Vereinigten Königreich, Japan, usw., war kein absichtsvoller Vorgang, sondern ist mehr oder weniger unbewusst, mehr oder weniger gradlinig im Neunzehnten Jahrhundert volzogen worden. (In Japan teilweise erst nach dem WKII!)
Dargestellt wird das am Beispiel der USA: der Kampf der wilden Siedler gegen Behörden, die sie für Baditen hielten, erste Kompromisse, Regelung innerhalb der Nachbarschaft, lokal gültige Zeichen, Symbole, Prozeduren (Wer Mais baut und sieben Jahre siedelt hat Anspruch erworben, tec.). Dann die viel Siedlerfreudlichere Politik in neuen westlichen Bundesstaaten, die langsam Wandlung der Wahrnehmung durch die öffentliche Meinung, vom gesetzlosen Landbesetzer zum aufopferungvollen Eroberer des garstige Kontinents, die sich im Rückblick von heute als Siedlerromantik darstellt und im Western glorifiziert wird. Erst 1862 wird im bekannten Homesteading Act jedem Siedler unter Bedingungen 162 Acres Land zuerkannt, was aber nur eine legalisierung einer real schon bestehenden und stabilen Praxis entsprach.
Hier, in den Vereinigten Staaten und auch in Europa, Japan, Australien können Muster zur Lösung des Problems der Überführung der wilden, aber tatsächlichen Eigentumsverhältnisse in ein einheitliches, formales Eingentumssystem abgeguckt und angepasst werden. Alle die Probleme der Dritten Welt haben in der enropäischen Grossstadt des neunzehnten Jahrhunderts bestanden, sind in den USA und in anderen Gegenden gelöst worden.
Welche Bedeutung das für die wirtschaftlichen Möglichkeiten und für das Wohlergehen der Bevölkerung hat kann man natürlich besonders gut verstehen, wenn man als Grundlage das Verständnis der Eigentumswirtschaft mitbringt.
Für mich ist besonders überzeugend, dass man bei diser Darstellung die Realität zum greifen nahe bekommt. Es wird nicht über Dinge geschrieben, die vernünftig klingen, sondern über die Realität in Grossstädten der Dritten Welt, und wie sich die Leute dort an den Haaren aus dem Dreck ziehen und ziehen können - wenn man sie nur nicht mit Bürokratismus behindert. Das Eigentum der kleinen Leute muss eben geschützt werden, das wird klar, und dann funktioniert es als Grundlage der Freiheit, der Verantwortung, dann hat jeder ein Interesse an einer stabilen Gesellschaft, Wohlstand und technischer Fortschritt kommen voran, Kriminalität geht zurück.
Diese Buch will ich also allerseits zum Lesen empfehlen, auch allen die beim Kapitalismus immer mal wieder an die Schwachen denken. Es eröffent eine grossartige und glaubwürdige Perspektive für alle Menschen in Freiheit. Oben haben ich gesagt, dass mich die Eigentumstheorie von dottore und H&S *fast* überzeugt hat. Jetzt bin ich überzeugt.
Ausserdem: wenn die grosse Krise in USA, Japan und Europa kommt, wie hier einge denken (ich, zum Beispiel), dann heisst das es ist noch träge Masse da, unbelastetes Eigentum, wahrscheinlich ist es der Hauptteil des Eigentums aller Menschen. Wie wärs wenn Südamerika die weltweite Konjunturlokomotive wird?!
Gruss,
-Florian
<ul> ~ (bei Amazon)</ul>
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R.Deutsch
31.03.2001, 12:12
@ Caspar
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Re: Toller Beitrag Caspar - Danke |
><font color="red">Hernando do Soto: The Mystery of Capital.</font> Why Capitalism Triumphs in the West and Fails everywhere else
>Kleine, dringende Buchempfehlung.
>In diesem Forum findet bekanntlich viel Diskussion Geld und Geldtheorie statt. Ich habe die immer sehr intensiv verfolgt. Seit ein paar Jahren bin ich der Meinung, dass die ganze Profession der Ã-konomen von der Sache keinen Blassen hat, um es salopp zu sagen. Nachdem ich mich dann ein Weile sehr interessiert über die Freiwirte nachgedacht habe musste ich feststellen, dass auch die kein vollständiges Modell zur Erklärung liefern können - und auch keine widerspruchs- lose Anleitung zum Betrieb eines"guten" Geldes. Keiner sagt den Leuten in der Währungsbehörde von Gesell zum Beispiel ob er mehr oder weniger Geld in Umlauf setzen sollte, ganuso willkürlich müsste der negative Zins oder die"Umlauf- sicherung" festgelagt werden. Ausserdem glaube ich erst dass es funktioniert, wenn ich es in der Realität sehe. Und die Tauschringe, die ich gesehen habe haben immer mit der Frage gerungen, wie sie mehr Leute zum Tausche bringen.
>Dann hat dottore seine (und Heinsohn/Steigers) Theorie von der Eigentumswirtschaft vorgestellt - die mich weitgehend überzeugt hat (fast ganz, siehe unten). Die besagt ja im Groben: Witschaft gibt es erst, sobald es Eigentum und freie Bürger gibt. Eigentum ist zu unterscheiden von Besitz, es ist abstrakt und unsichtbar, ein juristischer Titel. Diesen Titel kann man verpfänden und bekommt dafür Kredit. Für den Kredit muss ein andere Eigntümer sein Eigentum"belasten", es ist immer davon bedroht gegen den Kredit eingelöst zu werden - bis der Kreditschein zu ihm zurückkommt. Das ist unsicher für den Gläubiger, daher nur gegen Zinsen zu haben. Ich bitte alle wegen der Wiederholung um Entschuldigung, aber diese Einleitung musste sein.
>Oben habe ich geschreiben, dass dottore mich *fast* überzeugt hat, weil für mich eine Frage ungeklärt bleibt: warum funktioniert die"Marktwirtschaft" nicht in der Dritten Welt oder im ehemaligen Ostblock? Warum?? Warum aber in Japan? (Japan hat erst um 1880 - nach meheren hundert Jahren gewollter Isolation - wieder Ausländer ins Land gelassen.) Warum dann nicht in Russland, seit dem Wechsel? Warum ist die Dritte Welt arm, obwohl sie grossenteils immer kapitalistisch verfasst war. (Ich sags vorweg: ich glaube nicht an die"Ausplünderung" durch die erste Welt, auch wenn die Reichen Südamerikaner sich Mühe geben europäisch zu wirken.)
>Hernando de Soto beantwotet die Frage so: Überwiegende Teil der Weltbevölkerung, ist ausgesperrt in den rechtslosen Raum. Die meisten Menschen in der Dritten Welt leben in wilden Siedlungen und arbeiten in Gewerben die nicht angemeldet sind. Sie haben keine Möglichkeit einen korrekten Eigentumstitel zu erlangen. Das ist nicht der Fall, weil alle diese Menschen Steuern hinterziehen wollen, oder weil sie kriminell sind und sich nicht aufs Amt trauen.
>De Soto (Präsident des Institut for Liberty and Democracy, Lima, Peru) hat mit einem Team zusammen in Hauptstädten in der Dritten Welt erforscht, was es heisst für einen Bewohner eine wilden Siedlung einen formellen Eigentums- titel ducrh die Behörden zu erhalten: es dauert 6 Jahre und elf Monate, es waren 207 Schritte bei Ämtern erforderlich, um eine Baugenehmigung zu bekommen. Um den Eingtumstitel zu bekommen mussten 728 Schritte vollzogen werden, wenn alles nach den Buchstaben des Gesetzes laufen sollte. Dann liefert er Seitenweise ähnliche Beipiele, wieviel Jahre der Kauf eine Stücks staatlicher Wüste kostet (5-15), Siedlungsbau auf den Philippinen dauert dreizehn bis 25 Jahre.
>Aus diesen Gründen leben und wirtschaften der Grossteil der Bewohner von Ländern der Dritten Welt im extralegalen Sektor: in favelas und in Spontansiedlungen, für die keiner Karten, geschweige denn Grundbucheinträge hat.
>Das heisst nicht, dass das alle diese Menschen Kriminelle sind, sondern sie wissen sehr genau was den Nachbarn gehört, was ihnen selbst gehört, sie haben improvisierte Grundbuchämter und Registraturen - oder ähnliche Einrichtungen - die aber immer nur für eine kleine Nachbarschaft Geltung besitzen.
>In diesen Gegenden sieht es auch nicht aus, wie man das immer von Foto- reporttagen über das Elend der Dritten Welt kennt. Die Siedlunegn sind unterschiedlich, und es gibt schwarze Werkstätten, die hochspezialisierte Bauteile für die Computerindustrie herstellen. Auch die Häuser sind zumindest von unterschiedlichem Standard, aber es wird viel inveswtiert und mit Engagement verbessert. Alles diese Dinge tauchen natürlich in amtlichen Statistiken niemals auf.
>De Soto argumenteriert, dass die Dritte Welt nicht auf immer arm ist, und dass sie auch nicht mit Entwicklungshilfe reich gemacht werden kann. Aber das ganze wirtschaftliche Geschehen in diesen Verhältnissen, in denen die absolute Mehrheit der Weltbevölkerung lebt, kann nicht in die reguläre Weltwirtschaft eingegliedert werden: weil es keine amtlichen Eingentumstitel gibt. Das ist nicht so, weil die Menschen das nicht wollten - das zeigen Programme zur Vereinheitlichung, die grosses Interesse zeitigen, obwohl das heisst, Steuern zu zahlen.
>De Soto sagt: dieser Besitz kann kein Kaptal erzeugen, er ist also totes Kapital. Oder, übersetzt in die präziseren Begriffen von Heinsohn und Steiger: dieses Eigentum kann nicht im Kredit verpfändet werden, um damit Kapital anzuschaffen. Es ist fesselnd, die Beschreibung der Bedeutung von Eigentum und seinen Wirkungen zu lesen, ohne dabei die selben Worte wie bei H&S in der Theorie zu lesen, aber genau die selben Argumente und Erkläerungen von ZUsammenhängen präsentiert zu bekommen - alles abgeguckt aus der Beschäftigung mit dem realen Alltag in der Dritten Welt.
>Es folgt eine Untersuchung, warum westlichen Beratern das offensichtliche nie auffällt: dass diese Länder zwar Makroökonomische Anpassungen vornehmen, die Weh tun, dass aber zum Funktionieren des Kaptalismus etwas wesentliches fehlt: die Institution Eigentum (in für jeden, AUCH für Arme zugänglicher Form). Die Antwort: der Schaffung von Registraturen und Grundbuchämtern, und ihren jeweiligen Entsprechungen in USA, dem Vereinigten Königreich, Japan, usw., war kein absichtsvoller Vorgang, sondern ist mehr oder weniger unbewusst, mehr oder weniger gradlinig im Neunzehnten Jahrhundert volzogen worden. (In Japan teilweise erst nach dem WKII!)
>Dargestellt wird das am Beispiel der USA: der Kampf der wilden Siedler gegen Behörden, die sie für Baditen hielten, erste Kompromisse, Regelung innerhalb der Nachbarschaft, lokal gültige Zeichen, Symbole, Prozeduren (Wer Mais baut und sieben Jahre siedelt hat Anspruch erworben, tec.). Dann die viel Siedlerfreudlichere Politik in neuen westlichen Bundesstaaten, die langsam Wandlung der Wahrnehmung durch die öffentliche Meinung, vom gesetzlosen Landbesetzer zum aufopferungvollen Eroberer des garstige Kontinents, die sich im Rückblick von heute als Siedlerromantik darstellt und im Western glorifiziert wird. Erst 1862 wird im bekannten Homesteading Act jedem Siedler unter Bedingungen 162 Acres Land zuerkannt, was aber nur eine legalisierung einer real schon bestehenden und stabilen Praxis entsprach.
>Hier, in den Vereinigten Staaten und auch in Europa, Japan, Australien können Muster zur Lösung des Problems der Überführung der wilden, aber tatsächlichen Eigentumsverhältnisse in ein einheitliches, formales Eingentumssystem abgeguckt und angepasst werden. Alle die Probleme der Dritten Welt haben in der enropäischen Grossstadt des neunzehnten Jahrhunderts bestanden, sind in den USA und in anderen Gegenden gelöst worden.
>Welche Bedeutung das für die wirtschaftlichen Möglichkeiten und für das Wohlergehen der Bevölkerung hat kann man natürlich besonders gut verstehen, wenn man als Grundlage das Verständnis der Eigentumswirtschaft mitbringt.
>Für mich ist besonders überzeugend, dass man bei diser Darstellung die Realität zum greifen nahe bekommt. Es wird nicht über Dinge geschrieben, die vernünftig klingen, sondern über die Realität in Grossstädten der Dritten Welt, und wie sich die Leute dort an den Haaren aus dem Dreck ziehen und ziehen können - wenn man sie nur nicht mit Bürokratismus behindert. Das Eigentum der kleinen Leute muss eben geschützt werden, das wird klar, und dann funktioniert es als Grundlage der Freiheit, der Verantwortung, dann hat jeder ein Interesse an einer stabilen Gesellschaft, Wohlstand und technischer Fortschritt kommen voran, Kriminalität geht zurück.
>Diese Buch will ich also allerseits zum Lesen empfehlen, auch allen die beim Kapitalismus immer mal wieder an die Schwachen denken. Es eröffent eine grossartige und glaubwürdige Perspektive für alle Menschen in Freiheit. Oben haben ich gesagt, dass mich die Eigentumstheorie von dottore und H&S *fast* überzeugt hat. Jetzt bin ich überzeugt.
>Ausserdem: wenn die grosse Krise in USA, Japan und Europa kommt, wie hier einge denken (ich, zum Beispiel), dann heisst das es ist noch träge Masse da, unbelastetes Eigentum, wahrscheinlich ist es der Hauptteil des Eigentums aller Menschen. Wie wärs wenn Südamerika die weltweite Konjunturlokomotive wird?!
>Gruss,
>-Florian
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nereus
31.03.2001, 12:48
@ Caspar
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Re: Buch: The Mystery of Capital - sehr guter Beitrag - Harald bitte lesen! |
Hallo Florian!
Endlich mal eine Darstellung der Dritten Welt die sich wohltuend von dem Geschreibsel der"Gehirnwäschler" abhebt.
Ich hoffe unser"weltgereister" Harald kann noch ein paar Ergänzungen dazu bringen, denn er hat in Afrika oder Südostasien sogar eine Weile gelebt.
mfG
nereus
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JüKü
31.03.2001, 12:53
@ Caspar
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Re: Buch: The Mystery of Capital. (Für Eigentumswirte Pflicht) |
><font color="red">Hernando do Soto: The Mystery of Capital.</font> Why Capitalism Triumphs in the West and Fails everywhere else
>Kleine, dringende Buchempfehlung.
Ein MEILENSTEIN, wie ich meine. Danke für den Beitrag!
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Turon
31.03.2001, 15:00
@ Caspar
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Re: Vollste Zustimmung |
die Eigentumsgrundlage darf aber wiederum nicht mit horrender Zinslast
belegt werden.
Eigentumswert 200.000 DM - Leihwert 100.000 zu 20-30% Zinssatz
ist schon erschwerend. Doch gelegentlich ist der Zinssatz noch wesentlich
höher.
Ist aber dennoch die erste Grundlage zu Stabilisierung, birgt aber später
Risiken (wenn beispielsweise in angegebenen Bereich zu viel Konkurrenz
vorhanden ist). (Vier Spielläden an einer Kreuzung in einem Dorf - so als
Beispiel).
Die Menschen sind Mitläufer und sehen sehr oft nicht, daß ein Markt
irgendwann dicht ist. (-------> hier als Beispiel türkische Dönerläden):).
50 Bananenhändler in einer Stadt mit 1000 Einwohner ist auch nicht Wohlstandsgrunlage.
Ansonsten Klasse Beitrag -
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Jochen
31.03.2001, 16:10
@ Caspar
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Re: Interview de Soto (Wiederholung) |
Hier noch mal ein Interview mit De Soto, erschienen in der FAZ (schon mal gepostet):
„Marktwirtschaft setzt breit gestreutes Eigentum voraus"
Ein Gespräch mit dem peruanischen Ã-konomen Hernando de Soto über Entwicklungshürden in der Dritten Welt
Der Graben zwischen den Industriestaaten und den Entwicklungsländern will sich nicht verringern, im Gegenteil. Wenn die Dritte Welt noch immer nicht blüht, liegt es unter anderem daran, daß in ihren Ländern die Reformen die meisten Menschen überhaupt nicht berühren, meint Hernando de Soto, Gründer und Präsident des peruanischen Institute Libertad y Democracia. Marktwirtschaft beruhe auf einem Regelwerk, innerhalb dessen die Menschen Eigentum tauschten. „Welche Marktwirtschaft bringt aber ein Land hervor", fragt er in einem Gespräch mit dieser Zeitung, „in dem die meisten Einwohner über kein rechtlich gesichertes Eigentum verfügen?"
Für ausländische Investoren und die Eliten würden in den Entwicklungsländern Enklaven mit einem rechtlich eindeutigen Rahmen angelegt. Bei vier Fünfteln der Einwohner bestehe diese Eindeutigkeit indessen nicht, wüßten Außenstehende nicht einmal, wer was besitzt. Ihr Grund und Boden, ihre Häuser seien nicht dokumentiert, daher könnten sie sie nicht beleihen und auf sie keine Hypotheken aufnehmen. Oder in der Sprache von Adam Smith, des von de Soto hoch geschätzten ökonomischen Klassikers: Die Mehrheit der Weltbevölkerung kann ihr Vermögen nicht als Kapital einsetzen, das zusätzliches Kapital erzeugt und damit Wohlstand. Ihr Eigentum steht nicht am Beginn einer Kette von zusätzlich geschaffenem Wert. Es ist totes Kapital.
Daher fehle den Ländern der Dritten Welt die Grundlage für eine wirkliche kapitalistische Revolution. „Sich dieses Themas und der Armen anzunehmen, gilt den Ã-konomen aber als unwürdig", provoziert der südamerikanische Liberale. Um Wohltätigkeit kümmere sich doch Mutter Teresa, werde gesagt. Hemando de Soto tut es aber auch. In seinen Schriften und Reden, als Wissenschaftler und Politikberater. Das hat mit seiner Biographie zu tun. Als er noch keine sieben Jahre alt war, verließ sein Vater Peru. Seine gesamte Ausbildung hat Hernando daher im Ausland erhalten. In der Schweiz studierte er Wirtschaftswissenschaften, dort wurde er bereits mit dreißig Jahren Chief Executive Officer des größten mitteleuropäischen Ingenieurbüros. Neun Jahre später kehrte er nach Peru zurück. Er kaufte Bergwerke, baute Häuser und merkte dabei, daß sich fast alle Transaktionen außerhalb der offiziellen Wirtschaft abspielten. Er begann, sich für die Schattenwirtschaft zu interessieren.
Er gründete in Lima ein Institut, begann die nicht registrierten Häuser (und die in ihnen untergebrachten Unternehmen) zu zählen, und fand heraus, daß die Schattenwirtschaft zwei 'Drittel der peruanischen Wirtschaftsleistung erbringt. Er hat das in seinem 1987 erschienenen Buch beschrieben, das zum Bestseller zwischen Mexiko und Argentinien wurde und inzwischen in mehr als einem Dutzend Sprachen vorliegt. Bereits Alan Garcia hatte in seinem letzten Präsidentschaftsjahr de Soto als Berater verpflichtet. 1990 wurde Alberto Fujimori zum Präsidenten Perus gewählt, de Soto lehnte ein Angebot ab, Ministerpräsident zu werden. Fujimori verlieh ihm statt dessen den Titel „Besonderer Vertreter des Präsidenten". In seinem Institut, das zeitweise über 400 Personen beschäftigt hatte, baute er eine Art Schattenregierung auf. Für Fujimori entwarf es das Stabilisierungsprogramm und formulierte 400 Gesetze neu. Erst mit dem Putsch trennten sich die Wege der beiden. Bis 1996 hatten de Sotos Reformen 290 000 informelle Unternehmen und 350000 nicht registrierte Immobilien in die Wirtschaft Perus integriert.
Sie haben die Schattenwirtschaft verlassen, argumentiert de Soto, weil für sie der Gewinn an Sicherheit wichtiger war als die Vorteile einer verborgenen Existenz. In der Schattenwirtschaft komme man nicht um die indirekten Steuern herum, die in Entwicklungsländern meist hoch sind. Den Vertragsparteien entstünden hohe Kontrollkosten, da Verträge nicht durch das Recht abgesichert werden könnten. Ein Fünftel des Einkommens der Schattenwirtschaft fließe in Peru in die Taschen von Polizisten, um Enteignungen von Illegalen zu verhindern. Es entstünden verlust- und inflationsbedingte Kosten, da alle Transaktionen bar abgewickelt werden.
Als de Sotos Institut nicht mehr in die Regierungsarbeit eingebunden war, knüpfte er an seinen früheren Plan an, die in Peru gesammelten Erkenntnisse in anderen Entwicklungsländern zu überprüfen und anzuwenden. In Ägypten nahmen seine Mitarbeiter nicht registrierte Häuser auf, auch Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus, die unter der Hand verkauft worden waren und damit illegal wurden. Sie ermittelten 24 Millionen Einheiten, die in keinem Grundbuch dokumentiert und deren Besitzer nirgends registriert sind. Ihren Wert gibt de Soto, konservativ geschätzt, mit mindestens 240 Milliarden Dollar an. Das sind zwei Drittel der gesamten in Ägypten erbrachten Bauleistung, der Betrag ist sechsmal größer als alle Spareinlagen und Festgelder im ägyptischen Bankensystem zusammen; alle in Ägypten getätigten ausländischen Investitionen, den Suez-Kanal eingeschlossen, übertrifft er um das 55fache. „In Ägypten haben die Armen also das größte Kapital", folgert de Soto, „aber es ist totes Kapital, ihr Kapital können sie nicht für ein zweites Leben einsetzen." Doch sie stellen die große Mehrheit: In den illegalen Häusern Ägyptens leben 92 Prozent der städtischen Bevölkerung und 83 Prozent der ländlichen. Wollten sie in der Wüste Grund kaufen, müßten sie bei 31 verschiedenen Regierungsstellen 77 Schritte unternehmen, rechnet de Soto vor. Sechzehn Jahre würde das Verfahren dauern. Daher macht es keiner.
Die erste Lektion, die er aus seinen Erhebungen zieht, ist: Die Armen sind nicht arm. Und die zweite: Die Dritte Welt holt erst heute die Urbanisierung nach, die im 18. und 19. Jahrhundert die Staaten Europas geprägt hat. Krebsartig wachsen die Städte der Dritten Welt - Lima und Kairo in dreißig Jahre jeweils um das Fünffache. Die Zugewanderten sind aber keine Proletarier, sie sind kleine Selbständige, die in ihren Häusern produzieren und in den Straßen verkaufen. De Soto: „In ihren Ländern sind sie der größte Wirtschaftsfaktor, wir aber behandeln sie wie die Schwarzarbeiter der Industriestaaten." In den Industriestaaten hätten die Regierungen jeweils nur wenige Prozent ihrer Gesellschaften nicht unter Kontrolle, in der Dritten Welt entzögen sich indessen vier Fünftel dem Zugriff der Obrigkeit. Die Entwicklungsländer könnten heute alles bauen, Software und Hardware, Produkte von Cartier, sogar Flugzeuge: „Nur eines haben wir nicht gelernt, und das ist die Akkumulation von Kapital." Ihnen fehle der gesamte Prozeß, den das Europa des 19. Jahrhunderts durchlaufen habe, von Stein-Hardenberg bis Bismarck. „Im 20. Jahrhundert zeigt es sich, daß es schwieriger ist, für ein ganzes Land eine kapitalistische Revolution durchzuführen als eine kommunistische", folgert de Soto. Wer heute in der Dritten Welt die Marktwirtschaft einzuführen vorgebe, berühre meist nur die Enklaven der Eliten und übergehe die informelle Wirtschaft der Armen. Doch jetzt änderten sich die Vorzeichen. Seitdem die Menschen in der Schattenwirtschaft Opfer von Mißständen in ihren offiziellen Wirtschaften geworden sind, beobachtet de Soto ein Aufwachen. Ob in Jakarta oder Seoul, in Bangkok oder Moskau - nicht die Proletarier gehen auf die Straße, sondern vielfach kleine Selbständige, die sich von dem ungezügelten Kapitalismus ihrer „Eliten" und deren Beziehungswirtschaft um die Früchte ihrer Arbeit betrogen fühlen.
Gruß
Jochen
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Turon
31.03.2001, 18:26
@ Jochen
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Und hier an der Stelle ist |
die Kreuzigung aller falscher Behauptungen, Vorurteile, Mißgunst
falscher Unterstellung, etc. angesagt.
Im Jahre 1981 hat Deutschland höchstoffiziell, die Überschüsse der
Landwirtschaft zum Teil an die angeblich hungernden Polen geschenkt.
Ich kann mich aber nicht daran erinnern, daß ich - bis auf tatsächlich größere Familien, nur mit schwacher Bildung der Eltern jemals
von Hungernot - in damals sozialistischen - Polen gehört habe. (gut:
große Familien hatten es schon immer dort nicht gerade einfach - wurden aber
weitgehend gerne von der Rest der Bevölkerung unterstützt.)
Ich weiß nur, daß Polen zu damaliger Zeit genügend Lebensmittel hatte, als
sie brauchte, und da sich ein Abnehmer gefunden hat, hat die sozialistische
Regierung beschlossen, einfach die geschenkten Lebensmittel wieder zurückzuverkaufen. Wieso man tatsächlich damals von Wirtschaftskrise
in der Landwirtschaft gesprochen hat, bleibt mir ein Rätsel. Ganz im Gegenteil -
die damalige Jahre, waren sogar für die Landwirte sehr ertragsreich. Ich
nehme an, daß die Regierung (egal ob russische, oder polnische:) ) einen Experiment wagen wollte. Im Jahre 1980 wurden die Gewerkschaften Solidarnosc
gegründet, dieses Aufstand wurde - wie alle Aufstände im Ostblock mit Gewalt
unterdrückt. Vermutlich war es eine bescheuerte Idee eines Genossen, der meinte, wenn die Bevölkerung erst einmal nichts zu fressen bekommt, dann braucht man nur den Krisenzustand der Solidarnosc anzuhängen. Doch der Streit
eskalierte und überzeugte sehr bald die breite Schicht der Bevölkerung davon,
daß sich Polen nicht in frei gewählten Sozialismus befindet, sondern unter russischen Protektorat. Der Ausnahmezustand wurde verhängt, weil man bereits Pläne geschmiedet habe in Moskau, den ausgewachsenen Aufstand durch Einmarsch
der Sowjets, der DDR Streitkräfte, von Westen und tschechischen Truppen von Süden von außen zu ersticken. Der General Jaruselski, damals sehr oft als Putschanführer verachtet, genauso im Westen wie in Polen selbst, hat damit lediglich verhindert, daß fremde Mächte eingreifen.
Nun - was hat sich am Ende geändert? Nun - gar nix. Polen existiert im Grunde genommen weiterhin genauso, wie früher, nur aktuell nennen sich die ehemaligen Sozialisten grundsätzlich Demokraten und Vertreter der Idee des Kapitalismus.
Was sich aber grundsätzlich neu formiert hat, ist eigentlich nur die Linke.
Reformkraft hat die rechte Parteigruppierung nicht bewiesen. Vielmehr wurde
mit neuen Ideen alte Ziele verfolgt. Die Postkommunisten sind plötzlich die
Inhaber von Unternehmen, genauso wie der Herr Lech Walesa, der von Wirtschaftspolitik genauso viel verstanden hat, wie die meisten hier in Forum
von Drogenkonsum.:)
In meiner Familie war es Tradition, daß all die selbständige Gewerbebetriebe
geführt haben, die die gravierenden Lücken in der Versorgung wieder gefüllt
hatten. Es ist daher aktuell [b]kein Wunder, daß sich etliche Leute den
Schritt zurück zu sozialistischen Strukturen, aber ohne Unterdrückung jeglicher Art wünschen. Der Kapitalismus wird mittlerweile nicht als -
wie früher - Befreiung angesehen, sondern als Existenzbedrohung. Ich sehe
es in Hinblick auf die ex-sozialistische Länder an sich ziemlich gespalten.
Und übrigens: sofern ich mit deutschen Unternehmern, die sich dort angesiedelt
haben unterhalte, habe ich nicht ein einziges mal was von Faulheit oder Ineffizienz gehört. Nicht ein einziges Wort. Da ich Russen und Tschechien auch ein wenig kenne, kann ich mir auch nicht vorstellen, daß es in diesen Ländern anders läuft.
Eines sollte man jedoch immer bedenken: selbst wenn man die Bürokratie an einem
Tag abschaffen würde, und die eigentlichen Wirtschaftsblockierer von ihren Rechten entmachten würde, wird es noch Jahre dauern (wenn nicht Jahrzehnte),
bis sich bei der breiter Masse der Bevölkerung die Idee durchsetzt, selbständig und vor allem"legal selbständig" zu betätigen, erwachen würde. In den meisten Fällen, wurden die Leute als erstes selbständig, die sich selber ins Lebenslauf
reingesch...... haben. Bis tatsächlich die excellenten Leute, soweit sind, dauert immer noch sehr lange. Guter Wein braucht eine Weile. Und vor allem
eine solide Basis.
>„Marktwirtschaft setzt breit gestreutes Eigentum voraus"
>Ein Gespräch mit dem peruanischen Ã-konomen Hernando de Soto über Entwicklungshürden in der Dritten Welt
>Der Graben zwischen den Industriestaaten und den Entwicklungsländern will sich nicht verringern, im Gegenteil. Wenn die Dritte Welt noch immer nicht blüht, liegt es unter anderem daran, daß in ihren Ländern die Reformen die meisten Menschen überhaupt nicht berühren, meint Hernando de Soto, Gründer und Präsident des peruanischen Institute Libertad y Democracia. Marktwirtschaft beruhe auf einem Regelwerk, innerhalb dessen die Menschen Eigentum tauschten. „Welche Marktwirtschaft bringt aber ein Land hervor", fragt er in einem Gespräch mit dieser Zeitung, „in dem die meisten Einwohner über kein rechtlich gesichertes Eigentum verfügen?"
>Für ausländische Investoren und die Eliten würden in den Entwicklungsländern Enklaven mit einem rechtlich eindeutigen Rahmen angelegt. Bei vier Fünfteln der Einwohner bestehe diese Eindeutigkeit indessen nicht, wüßten Außenstehende nicht einmal, wer was besitzt. Ihr Grund und Boden, ihre Häuser seien nicht dokumentiert, daher könnten sie sie nicht beleihen und auf sie keine Hypotheken aufnehmen. Oder in der Sprache von Adam Smith, des von de Soto hoch geschätzten ökonomischen Klassikers: Die Mehrheit der Weltbevölkerung kann ihr Vermögen nicht als Kapital einsetzen, das zusätzliches Kapital erzeugt und damit Wohlstand. Ihr Eigentum steht nicht am Beginn einer Kette von zusätzlich geschaffenem Wert. Es ist totes Kapital.
>Daher fehle den Ländern der Dritten Welt die Grundlage für eine wirkliche kapitalistische Revolution. „Sich dieses Themas und der Armen anzunehmen, gilt den Ã-konomen aber als unwürdig", provoziert der südamerikanische Liberale. Um Wohltätigkeit kümmere sich doch Mutter Teresa, werde gesagt. Hemando de Soto tut es aber auch. In seinen Schriften und Reden, als Wissenschaftler und Politikberater. Das hat mit seiner Biographie zu tun. Als er noch keine sieben Jahre alt war, verließ sein Vater Peru. Seine gesamte Ausbildung hat Hernando daher im Ausland erhalten. In der Schweiz studierte er Wirtschaftswissenschaften, dort wurde er bereits mit dreißig Jahren Chief Executive Officer des größten mitteleuropäischen Ingenieurbüros. Neun Jahre später kehrte er nach Peru zurück. Er kaufte Bergwerke, baute Häuser und merkte dabei, daß sich fast alle Transaktionen außerhalb der offiziellen Wirtschaft abspielten. Er begann, sich für die Schattenwirtschaft zu interessieren.
>Er gründete in Lima ein Institut, begann die nicht registrierten Häuser (und die in ihnen untergebrachten Unternehmen) zu zählen, und fand heraus, daß die Schattenwirtschaft zwei 'Drittel der peruanischen Wirtschaftsleistung erbringt. Er hat das in seinem 1987 erschienenen Buch beschrieben, das zum Bestseller zwischen Mexiko und Argentinien wurde und inzwischen in mehr als einem Dutzend Sprachen vorliegt. Bereits Alan Garcia hatte in seinem letzten Präsidentschaftsjahr de Soto als Berater verpflichtet. 1990 wurde Alberto Fujimori zum Präsidenten Perus gewählt, de Soto lehnte ein Angebot ab, Ministerpräsident zu werden. Fujimori verlieh ihm statt dessen den Titel „Besonderer Vertreter des Präsidenten". In seinem Institut, das zeitweise über 400 Personen beschäftigt hatte, baute er eine Art Schattenregierung auf. Für Fujimori entwarf es das Stabilisierungsprogramm und formulierte 400 Gesetze neu. Erst mit dem Putsch trennten sich die Wege der beiden. Bis 1996 hatten de Sotos Reformen 290 000 informelle Unternehmen und 350000 nicht registrierte Immobilien in die Wirtschaft Perus integriert.
>Sie haben die Schattenwirtschaft verlassen, argumentiert de Soto, weil für sie der Gewinn an Sicherheit wichtiger war als die Vorteile einer verborgenen Existenz. In der Schattenwirtschaft komme man nicht um die indirekten Steuern herum, die in Entwicklungsländern meist hoch sind. Den Vertragsparteien entstünden hohe Kontrollkosten, da Verträge nicht durch das Recht abgesichert werden könnten. Ein Fünftel des Einkommens der Schattenwirtschaft fließe in Peru in die Taschen von Polizisten, um Enteignungen von Illegalen zu verhindern. Es entstünden verlust- und inflationsbedingte Kosten, da alle Transaktionen bar abgewickelt werden.
>Als de Sotos Institut nicht mehr in die Regierungsarbeit eingebunden war, knüpfte er an seinen früheren Plan an, die in Peru gesammelten Erkenntnisse in anderen Entwicklungsländern zu überprüfen und anzuwenden. In Ägypten nahmen seine Mitarbeiter nicht registrierte Häuser auf, auch Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus, die unter der Hand verkauft worden waren und damit illegal wurden. Sie ermittelten 24 Millionen Einheiten, die in keinem Grundbuch dokumentiert und deren Besitzer nirgends registriert sind. Ihren Wert gibt de Soto, konservativ geschätzt, mit mindestens 240 Milliarden Dollar an. Das sind zwei Drittel der gesamten in Ägypten erbrachten Bauleistung, der Betrag ist sechsmal größer als alle Spareinlagen und Festgelder im ägyptischen Bankensystem zusammen; alle in Ägypten getätigten ausländischen Investitionen, den Suez-Kanal eingeschlossen, übertrifft er um das 55fache. „In Ägypten haben die Armen also das größte Kapital", folgert de Soto, „aber es ist totes Kapital, ihr Kapital können sie nicht für ein zweites Leben einsetzen." Doch sie stellen die große Mehrheit: In den illegalen Häusern Ägyptens leben 92 Prozent der städtischen Bevölkerung und 83 Prozent der ländlichen. Wollten sie in der Wüste Grund kaufen, müßten sie bei 31 verschiedenen Regierungsstellen 77 Schritte unternehmen, rechnet de Soto vor. Sechzehn Jahre würde das Verfahren dauern. Daher macht es keiner.
>Die erste Lektion, die er aus seinen Erhebungen zieht, ist: Die Armen sind nicht arm. Und die zweite: Die Dritte Welt holt erst heute die Urbanisierung nach, die im 18. und 19. Jahrhundert die Staaten Europas geprägt hat. Krebsartig wachsen die Städte der Dritten Welt - Lima und Kairo in dreißig Jahre jeweils um das Fünffache. Die Zugewanderten sind aber keine Proletarier, sie sind kleine Selbständige, die in ihren Häusern produzieren und in den Straßen verkaufen. De Soto: „In ihren Ländern sind sie der größte Wirtschaftsfaktor, wir aber behandeln sie wie die Schwarzarbeiter der Industriestaaten." In den Industriestaaten hätten die Regierungen jeweils nur wenige Prozent ihrer Gesellschaften nicht unter Kontrolle, in der Dritten Welt entzögen sich indessen vier Fünftel dem Zugriff der Obrigkeit. Die Entwicklungsländer könnten heute alles bauen, Software und Hardware, Produkte von Cartier, sogar Flugzeuge: „Nur eines haben wir nicht gelernt, und das ist die Akkumulation von Kapital." Ihnen fehle der gesamte Prozeß, den das Europa des 19. Jahrhunderts durchlaufen habe, von Stein-Hardenberg bis Bismarck. „Im 20. Jahrhundert zeigt es sich, daß es schwieriger ist, für ein ganzes Land eine kapitalistische Revolution durchzuführen als eine kommunistische", folgert de Soto. Wer heute in der Dritten Welt die Marktwirtschaft einzuführen vorgebe, berühre meist nur die Enklaven der Eliten und übergehe die informelle Wirtschaft der Armen. Doch jetzt änderten sich die Vorzeichen. Seitdem die Menschen in der Schattenwirtschaft Opfer von Mißständen in ihren offiziellen Wirtschaften geworden sind, beobachtet de Soto ein Aufwachen. Ob in Jakarta oder Seoul, in Bangkok oder Moskau - nicht die Proletarier gehen auf die Straße, sondern vielfach kleine Selbständige, die sich von dem ungezügelten Kapitalismus ihrer „Eliten" und deren Beziehungswirtschaft um die Früchte ihrer Arbeit betrogen fühlen.
>Gruß
>Jochen
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