Nasdaq weckt Hoffnungen mit Rekordgewinn
Größter Anstieg seit Juni - Internet-Sektor mit neuer Zuversicht
Die New Yorker Börsen machen wieder Hoffnung. Vor allem Technologie-Werte haben in der abgelaufenen Woche der Nasdaq den größten Gewinn seit zehn Monaten beschert. Doch sinkende Umsätze im Einzelhandel und mangelndes Verbrauchervertrauen lassen weiterhin zur Vorsicht raten.
Nachdem die Nasdaq in den vergangenen drei Monaten alle Unterstützungen durchbrochen hat und auf dem niedrigsten Stand seit zweieinhalb Jahren angelangt war, schöpfen Anleger nun wieder Mut. Auf einen ordentlichen Tageszuwachs folgten in den letzten Tagen nicht etwa sofort Gewinnmitnahmen, nein, dadurch wurden weitere Börsianer angezogen. Plötzlich haben alle Angst, den Beginn einer Rallye zu verpassen.
Vor allem der seit vergangenem Sommer gepeinigte Internetsektor legt enorm zu. Amazon, der weltweit größte Online-Einzelhändler, korrigiert seine Erwartung für das laufende Quartal einmal nicht nach unten, sondern nach oben. Der Umsatz soll um 21% gegenüber dem Vorjahresquartal steigen und auch der Verlust wird demnach geringer ausfallen als erwartet. Die Nachricht sorgt für einen Schub im gesamten Technolgie-Sektor, denn gerade für alles, was mit dem Internet zusammenhängt, hatten Experten lange Zeit nur noch negative Prognosen übrig.
Selbst das Webportal Yahoo liegt mit dem am Mittwoch präsentierten Quartalsergebnis über den, allerdings zuvor revidierten Erwartungen. Dennoch bleibt hier ein schaler Beigeschmack. Denn zum einen steht ein Gewinn von jetzt 7,6 Mio.$ dem Profit von 60,5 Mio.$ im Vorjahresquartal gegenüber. Auch der Umsatz ging von 231 Mio.$ auf 180 Mio.$ zurück. Zum anderen kündigt Yahoo nun 12% seiner Mitarbeiter, und die Erwartungen für das laufende Quartal sind gleich mit gekürzt worden. Die Krise ist also keineswegs ausgestanden, auch wenn die Kurse ordentlich angezogen haben.
Überhaupt waren die Börsianer diese Woche Meister, wenn es darum ging, schlechte Nachrichten zu ignorieren. Motorola hat im ersten Quartal noch schlechter gewirtschaftet, als es die zuvor veröffentlichte Ergebniswarnung befürchten ließ. Der Handyhersteller fuhr den ersten Verlust seit 15 Jahren ein. Dennoch steigt der Kurs. Ähnliches lässt sich von der Chipbranche sagen. Eine Reihe von nach unten korrigierten Prognosen von Unternehmen aus der zweiten Reihe bringt die Notierungen nicht unter Druck.
Biotech-Werte überzeugen da mehr. Biogen zieht an, nachdem das Unternehmen ordentliche Quartalszahlen abgeliefert hat. Und Amgen gewinnt einen Rechtsstreit in England. Ein Gericht bestätigt dem Konzern, dass Konkurrenten Patentrechte verletzt haben.
Dennoch steht die Rallye auf tönernen Füßen. Denn die eigentliche Grundlage, nämlich eine bessere wirtschaftliche Situation, lässt weiter auf sich warten. Im Gegenteil: Die Umsätze im Einzelhandel waren im März erneut rückläufig, Volkswirte sind von einer leichten Steigerung ausgegangen. Auch der Produzentenpreis-Index liegt unter den Erwartungen. Und selbst das Verbrauchervertrauen, das sich zuletzt leicht erholt hatte, setzt seine Talfahrt fort. Zumindest die Weltbank sieht die Gefahr einer Rezession in den USA gebannt. Zwar rechnen die Ã-konomen mit einem negativen Wachstum im ersten Quartal, doch schon im laufenden zweiten soll es wieder einen minimalen Zuwachs geben. Für eine Rezession, so die anerkannte Definition, braucht es aber ein halbes Jahr mit sinkender Wirtschaftsleistung.
Wie geht es weiter?
In der kommenden Woche legen die wichtigsten US-amerikanischen Unternehmen ihre Zahlen für das erste Quartal vor. Spätestens am Donnerstag sind wir also über die weitere Richtung in New York informiert. Neben Standardwerten wie Eastman Kodak, Pfizer und General Motors kommen die Technikführer Intel und Microsoft zum Zug. Die Business-to-Business-Werte Commerce One und Ariba versprechen mit ihren Ergebnissen besondere Spannung, weil die Kurse der einstmaligen High-Fligher soweit gesunken sind, dass bessere Aussichten die Notierungen schnell nach oben katapultieren werden. Auch die Hardware-Spezialisten EMC, die am Dienstag gewarnt haben, und Sun Microsystems müssen Farbe bekennen.
Die meisten der genannten Unternehmen haben in den vergangenen Wochen und Monaten ihre angepeilten Ergebnisse gesenkt. Insofern steht zu erwarten, dass diese nun getroffen werden. Problematisch könnte allerdings werden, dass mit dem Ergebnis oft zugleich die Prognosen gesenkt werden.
Konjunkturpolitisch dürften die Konsumentenpreise, die am Dienstag anstehen, Auswirkungen auf die Börse haben. Sie sollen, glaubt man den Experten, nur minimal steigen. Das würde bedeuten, dass die Inflation niedrig bleibt und damit der Spielraum für Zinssenkungen weiterhin groß. Denn auch wenn angesichts der gestiegenen Kurse der Ruf nach dem Währungshüter Alan Greenspan leiser geworden ist - Gründe für fallende Zinsen gibt es nach wie vor genug.
Autor: Thorsten Sauter, 09:46 14.04.01
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