Vor einigen Tagen in der NZZ erschienen und bei mir haengen geblieben...
Gold in den Auspuff statt in den Safe?
Alternative Einsatzmöglichkeit des gelben Metalls
rä. Johannesburg, 4. April
Analytiker sehen nach dem schwachen Goldpreis im vorigen Jahr auch für absehbare Zeit keine Besserung. Im Gegenteil: der Trend für das Edelmetall wird allmählich weiter bergab gehen. 288 $ pro Feinunze waren es Anfang 2000; bis zum Ende des letztes Jahres ist der Preis auf 272 $ gesunken. Derzeit notiert Gold unter 260 $. Entsprechend negativ reagieren auch die Aktien der Goldförderer, die schon seit einiger Zeit immer mehr Anleger aus ihrem Portfolio nehmen. Das Hauptproblem bei Gold ist, dass es fast ausschliesslich als Wertanlage gesehen wird. Von den 3500 t, die jährlich gefördert bzw. von Notenbanken aus den Vorräten genommen werden, gehen 80% in die Schmuckindustrie. Nur wenige Tonnen werden jedes Jahr industriell genutzt.
Das soll sich künftig ändern, hoffen die Veranstalter der ersten internationalen Konferenz für die industrielle Nutzung von Gold, die in dieser Woche in Kapstadt stattfand. Organisatoren waren der weltgrösste Goldproduzent, AngloGold, und das südafrikanische Metallurgie-Forschungsinstitut. Wenn der Markt begrenzt ist, müssen neue Märkte geschaffen werden, meinen die Südafrikaner. Sie haben herausgefunden, dass Gold einen guten Katalysator abgibt, ähnlich wie Platinmetalle, die in den Auspuffanlagen von Benzinmotoren verwendet werden. Dieser Bedarf hat im vorigen Jahr zu beträchtlichen Preissteigerungen für Platin und Palladium geführt. Gold wiederum, so fanden Wissenschafter heraus, die auf der Kapstädter Konferenz sprachen, kann die Abgase von Dieselmotoren reinigen. Die EU will bis 2005 schärfere Abgasnormen für Dieselmotoren durchsetzen, die USA dürften folgen. Auch für die Luftreinigung in Flugzeugen und Gebäuden könnte Gold als Katalysator genutzt werden, vor allem da es auch bei Raumtemperatur und Feuchtigkeit reagiert, während andere Stoffe höhere Temperaturen und hohe Trockenheit verlangen.
Die entsprechenden Forschungsergebnisse wurden vorgelegt, doch Mike Cortie, Forschungsmanager bei Mintek, machte zugleich klar, dass noch eine Reihe von Problemen gelöst werden müssten, bevor sich Gold wirklich auf diese Weise industriell nutzen lasse. Ein weiteres Anwendungsgebiet wird im pharmazeutischen Bereich gesehen. Bereits jetzt ist Gold Bestandteil eines in den USA genutzten Schwangerschaftstests. Aber auch bei anderen Medikamenten, vor allem bei der Bekämpfung von Krebs, könne Gold zum Einsatz kommen. Wenn sich der Einsatz des Edelmetalls in der Industrie erhöht, dann wird Gold in stärkerem Masse verbraucht und dient nicht nur als Anlage - durch Goldbarren, Münzen oder in der Schmuckverarbeitung. Das Ergebnis wären steigende Preise infolge wachsenden Bedarfs. Auf der Kapstädter Konferenz, bei der internationales Fachpublikum zugegen war, wurde die Vision verkündet, dass die kommerzielle Nutzung von Gold in den nächsten fünf Jahren beginnen und das Edelmetall zum «Industriemetall des 21. Jahrhunderts» wird - und nicht nur in Safes vor sich hin dämmert.
Neue Zürcher Zeitung, Ressort Börsen und Märkte, 7. April 2001, Nr.82, Seite 33
Bis Bald,
Daniel
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