Ausblick/Eurozone will in Washington mit einer Stimme sprechen 
 
 
Die Einschätzung der Weltwirtschaft sowie die 
Reformbemühungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank 
stehen am Samstag im Mittelpunkt des Treffens der Finanzminister und 
Notenbankgouverneure der G-7-Staaten in Washington. Bei der Frühjahrstagung 
von IWF und Weltbank am Sonntag und Montag dürften diese Themen ebenfalls 
eine Rolle spielen. Aus Sicht der Europäischen Union (EU) und ihrer großen 
Mitgliedstaaten geht es erneut um das Bemühen einer einheitlichen 
Positionierung bei wichtigen und teils strittigen Fragen, insbesondere 
hinsichtlich der Währungspolitik und der internationalen Finanzstabilität. 
 
 Die Diskussion zur weltwirtschaftlich erwünschten Geld- und Finanzpolitik 
hat der IWF schon eröffnet, auch mit Blick auf die EZB vor dem Hintergrund 
der globalen Abschwächung. Horst Köhler, Geschäftsführender Direktor des 
IWF, hatte Anfang April in Berlin seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht, 
dass eine Zinssenkung der EZB angebracht wäre. In dem am Freitag 
veröffentlichten IWF-Bericht für die Eurozone wird erneut eine"moderate 
Korrektur der Zinsen" empfohlen, zumal sie stabilitätspolitisch als 
vertretbar erachtet wird. 
 
 Aus dem World Eoncomic Outlook (WEO) des IWF, der offiziell am Donnerstag 
in Washington bei einer Pressekonferenz vom scheidenden IWF-Chefökonomen 
Michael Mussa veröffentlicht wird, ist schon durchgesickert, dass der IWF 
die BIP-Prognosen 2001/2002 für das Euroland auf 2,4/2,8 Prozent und für 
Deutschland auf 1,9/2,6 Prozent zurückgenommen hat. Dies bringt den 
Befürwortern einer schnellen EZB-Zinssenkung Auftrieb. Nach Überzeugung von 
EZB-Präsident Wim Duisenberg wird das Wirtschaftswachstum 2001/2002 mit rund 
2-1/2 Prozent sein Potenzial erreichen, das die EZB mit zwei bis 2-1/2 
Prozent verschlagt. Deshalb sieht diese aktuell keinen Zinssenkungsbedarf, 
zumal es noch Inflationsrisiken gebe. 
 
 EZB-Präsident Duisenberg und der Eurogruppe-Vorsitzende Didier Reynders, 
die in der G-7-Runde die Geld- und Finanzpolitik der Eurozone vertreten 
werden, haben in Malmö einen Konsens formuliert, um mit"einer Stimme" in 
Washington aufzutreten, inklusive einem Euro-Wechselkurs-Statement mit dem 
Bekenntnis für einen starken Euro. Das unterstrichen in Malmö auch 
Bundesbankpräsident Ernst Welteke und BdF-Gouverneur Jean-Claude Trichet, 
die nur in der zweiten G-7-Runde über Fragen der IWF-Politik teilnehmen 
werden, aber im EZB-Rat für die Geldpolitik mitverantwortlich sind. 
 
 Dennoch gehen Beobachter davon aus, dass die aggressive 
Fed-Zinssenkungspolitik der EZB vereinzelt doch vorgehalten werden wird. 
Aber auch dazu hat Duisenberg in Malmö schon auf die Unterschiede in den 
Rahmenbedingungungen und vor allem in der Strategie und im Mandat der 
Geldpolitik zwischen Fed und EZB hingewiesen. Zudem wird die aggressive 
Fed-Strategie auch mit Skepsis von einigen Beobachtern verfolgt: Wenn es ihr 
gelänge, die Konjunktur wieder schnell in Schwung zu bringen, drohe erneut 
eine Blasenbildung an den Märkten. Die erwünschte Korrektur der bestehenden 
Ungleichgewichte (Leistungsbilanzdefizit etc) unterbliebe. 
 
 Japans Struktur- und Vertrauenskrise wird ebenso ein wichtiges G-7-Thema 
sein wie die unterschiedlichen Fortschritte der Schwellenländer. Diese 
stehen mit der US-Konjunkturschwäche, den hohen Ã-lpreisen und 
innenpolitischen Unsicherheiten vor neuen bzw alten Herausforderungen. 
Spätestens an diesem Punkt wird die WEO-Debatte in der G-7 zum zweiten 
großen Thema der IWF-Frühjahrstagung überleiten (Sonntag: International 
Monetary and Financial Committee/IMFC und am Montag Development Committee 
der Weltbank) mit dem Fortschrittsbericht zu den Themen Konditionalität, 
Umsetzung von Codes und Standards, Einbindung des Privatsektors in die 
Krisenvermeidung bzw -bewältigung und Entschuldung der ärmsten 
hochverschuldeten Entwicklungsländer (HIPC-Initiative). 
 
 Die Reformdiskussion für IWF und Weltbank mit der stärkeren Fokusierung 
des IWF auf sein monetäres Mandat und mit dem Ziel"Krisenprävention vor 
Krisenmanagement" wird auf dieser Frührjahrstagung an zwei konkreten Fällen 
kritisch zu hinterfragen sein, sowohl am"Fall Türkei" wie auch am"Fall 
Argentinien". Der IWF-Reformer Allan Meltzer macht keinen Hehl aus seiner 
Wertung, die Türkei und Argentinien seien"keine Fälle für den IWF". So wird 
hier sicher neue IWF-Hilfe über die G-7 befürwortet werden, denn die 
Bankenkrise in der Türkei hat inzwischen zu einer monetären Krise geführt 
und damit einen"Fall für den IWF" geschaffen. 
 
 Höchstens andiskutiert werden dürften die nicht auf der Agenda stehenden 
Fragen zu Quoten und der Quotengewichtung im IWF. Diskutiert wurde bereits 
die Überprüfung der Quotenformel mit dem Ziel Vereinfachung und Anpassung an 
weltwirtschaftliche Veränderungen, möglichst noch vor der nächsten 
IWF-Quotenüberprüfung 2003. Hierzu hat sich bereits die Bundesbank geäußert. 
Sie bezeichnete es als nicht adäquat, die Krisenempfindlichkeit eines Landes 
quotensteigernd zu berücksichtigen, weil damit wirtschaftspolitisches 
Fehlverhalten belohnt würde; auch sollten Bevölkerungsindikatoren keinen 
Eingang in die Quotenformel finden. 
 
 Die Koordinierung der IWF-Mitglieder der EU ist seit Jahren ein Thema. 
Dies findet aber seine Grenzen in der IWF-Vereinbarung, nach der nur Staaten 
und keine Währungsunionen oder Freihandelszonen Mitglieder sein können. Hier 
zeigt sich, dass die EU-Integration bisher nur eine Währungsunion mit einer 
zentralen und supranationalen Geldpolitik geschaffen hat, aber keine 
Politische Union. Das heißt, die meisten Wirtschaftspolitiken bleiben in 
nationaler Zuständigkeit. Dies wird auch darin deutlich, dass der IWF einen 
einheitlichen Artikel-IV-Bericht zur Geld- und Wechselkurspolitik der 
Euro-Ära veröffentlicht hat (aktuell 20.4.2001), aber nationale Berichte zur 
Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik der Mitgliedstaaten der Eurozone. 
 
 
 
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