Baldur der Ketzer
25.04.2001, 14:27 |
Türkeikrise Thread gesperrt |
Hallo,
leider habe ich den versprochenen Artikel noch nicht zur Hand, daher ein anderer, ähnlicher:
aus: Liechtensteiner Volksblatt vom 12.4.2001
PROTESTE GEGEN WIRTSCHAFTSKRISE (das dazugehörige Foto zeigt Polizisten mit Helmen und Schlagstöcken, die sich hinter einem Radpanzer ducken und Schutz suchen (!))
Ankara - Bei Massenprotesten gegen die Finanz- und Wirtschaftskrise in der Türkei ist es gestern in Ankara und in der zentralanatolischen Stadt Konya zu schweren Ausschreitungen gekommen. Allein in Ankara wurden über 200 Menschen verletzt.
Insgesamt hatten sich im ganzen Land schätzungsweise weit mehr als 200.000 Händler und Kleinunternehmen den Protesten angeschlossen.
Die größten Kundgebungen fanden in Ankara mit rund 70.000, in Konya und im südtürkischen Mersin mit je 50.000 und im westtürkischen Izmir mit 40.000 Teilnehmern statt.
Schwere Ausschreitungen
In Ankara begann die Polizei mit der Auflösung der versammlung, nachdem Demonstranten die beamten mit Steinen, Knüppeln und Schuhen beworfen hatten. Demonstranten stürmten Barrikaden der Polizei, wurden jedoch von dieser am Zug zum Parlamentsgebäude gehindert.
Die Polizei ging mit gepanzerten Fahrzeugen, Wasserwerfern, Schlagstöcken und Tränengas gegen die Menge vor. Die Polizisten gaben auch Warnschüsse in die Luft ab. Rund 100 Demonstranten wurden den Angaben zufolge in Ankara, etwa 50 in Konya festgenommen. Unter den rund 200 Verletzten befanden sich über 130 Polizisten. Die Behörden verhängten der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge ein vierwöchiges Demonstrationsverbot für Ankara.
Rücktrittsforderungen
Die Demonstranten forderten erneut den Rücktritt der Regierung von Ministerpräsidenten Bülent Ecevit.
Auf Plakaten stand " Hau ab IWF - das ist unser Land","Wir haben Hunger","Jetzt reicht es", und"Die Regierung ist am Ende".
Ecevit wies die Forderungen nach seinem Rücktritt zurück. Es gebe keine Alternative zur derzeitigen Regierung. Er forderte ein Ende der seit Tagen andauernden Demonstrationen. Ecevit warnte davor, daß die Proteste negative Auswirkungen auf die Tourismusbranche haben könnten.
Finanzkrise
Die Krise war durch einen Streit zwischen Ecevit und Präsident Ahmet Necdet Sezer über die Bekämpfung der Korruption ausgelöst worden. În der Folge hatte die Landeswährung Lira im vergleich zum Dollar um mehr als 40% an Wert verloren. Die Istanbuler Börse war eingebrochen, zahlreiche Unternehmen gingen pleite. Das türkische Militär will angesichts der schweren Krise 32 Projekte mit einem Volumen von insgesamt 19,5 Milliarden Dollar aussetzen. Das berichtete der private türkische Fernsehsender NTV unter Berufung auf den Generalstab. Die türkische Regierung sucht derweil weiter nach einem Weg aus der Krise und will noch in dieser Woche ein umfassendes Programm bekannt geben.
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in diesem Artikel stand nichts vom Ruf nach einem Militärputsch, das stand in der NN. Wird nachgeliefert.
beste Grüße vom Baldur
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Tobias
25.04.2001, 15:31
@ Baldur der Ketzer
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Re: Danke vielmals, Baldur... Denkanstöße |
'Nur mal so' ein paar kurze Denkanstöße:
- Mit Panzern gegen Massenproteste, dabei hunderte Verletzte... kann sich das jemand für Deutschland vorstellen?
- Was passiert als nächstes in der Türkei - gibt es 'wahrscheinliche' Ablaufmuster?
- Warum sieht keiner, dass die Staatsschulden die Wurzel allen Übels sind? - entweder wird das (auch in diesem Artikel) komplett unterdrückt oder verdrängt oder es sieht wirklich keiner. Versteh' ich jedenfalls nicht.
Tobias
>Hallo,
>leider habe ich den versprochenen Artikel noch nicht zur Hand, daher ein anderer, ähnlicher:
>aus: Liechtensteiner Volksblatt vom 12.4.2001
>PROTESTE GEGEN WIRTSCHAFTSKRISE (das dazugehörige Foto zeigt Polizisten mit Helmen und Schlagstöcken, die sich hinter einem Radpanzer ducken und Schutz suchen (!))
>Ankara - Bei Massenprotesten gegen die Finanz- und Wirtschaftskrise in der Türkei ist es gestern in Ankara und in der zentralanatolischen Stadt Konya zu schweren Ausschreitungen gekommen. Allein in Ankara wurden über 200 Menschen verletzt.
>Insgesamt hatten sich im ganzen Land schätzungsweise weit mehr als 200.000 Händler und Kleinunternehmen den Protesten angeschlossen.
>Die größten Kundgebungen fanden in Ankara mit rund 70.000, in Konya und im südtürkischen Mersin mit je 50.000 und im westtürkischen Izmir mit 40.000 Teilnehmern statt.
>Schwere Ausschreitungen
>In Ankara begann die Polizei mit der Auflösung der versammlung, nachdem Demonstranten die beamten mit Steinen, Knüppeln und Schuhen beworfen hatten. Demonstranten stürmten Barrikaden der Polizei, wurden jedoch von dieser am Zug zum Parlamentsgebäude gehindert.
>Die Polizei ging mit gepanzerten Fahrzeugen, Wasserwerfern, Schlagstöcken und Tränengas gegen die Menge vor. Die Polizisten gaben auch Warnschüsse in die Luft ab. Rund 100 Demonstranten wurden den Angaben zufolge in Ankara, etwa 50 in Konya festgenommen. Unter den rund 200 Verletzten befanden sich über 130 Polizisten. Die Behörden verhängten der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge ein vierwöchiges Demonstrationsverbot für Ankara.
>Rücktrittsforderungen
>Die Demonstranten forderten erneut den Rücktritt der Regierung von Ministerpräsidenten Bülent Ecevit.
>Auf Plakaten stand " Hau ab IWF - das ist unser Land","Wir haben Hunger","Jetzt reicht es", und"Die Regierung ist am Ende".
>Ecevit wies die Forderungen nach seinem Rücktritt zurück. Es gebe keine Alternative zur derzeitigen Regierung. Er forderte ein Ende der seit Tagen andauernden Demonstrationen. Ecevit warnte davor, daß die Proteste negative Auswirkungen auf die Tourismusbranche haben könnten.
>Finanzkrise
>Die Krise war durch einen Streit zwischen Ecevit und Präsident Ahmet Necdet Sezer über die Bekämpfung der Korruption ausgelöst worden. În der Folge hatte die Landeswährung Lira im vergleich zum Dollar um mehr als 40% an Wert verloren. Die Istanbuler Börse war eingebrochen, zahlreiche Unternehmen gingen pleite. Das türkische Militär will angesichts der schweren Krise 32 Projekte mit einem Volumen von insgesamt 19,5 Milliarden Dollar aussetzen. Das berichtete der private türkische Fernsehsender NTV unter Berufung auf den Generalstab. Die türkische Regierung sucht derweil weiter nach einem Weg aus der Krise und will noch in dieser Woche ein umfassendes Programm bekannt geben.
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>in diesem Artikel stand nichts vom Ruf nach einem Militärputsch, das stand in der NN. Wird nachgeliefert.
>beste Grüße vom Baldur
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Josef
25.04.2001, 17:25
@ Tobias
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Staatsschulden: Wurzel allen Uebels. Warum sieht das keiner? |
Weil Staatsschulden fuer den Normalsterblichen etwas voellig Abstraktes
sind. Und wer kann schon abstrakt denken. Da tun sich sogar viele Studierte
schwer. Nur einer meiner Bekannten hat VWL studiert. Die meisten andern
Sozialpaedagogik, Sozialarbeiter, Medizin, Literatur, Lehrer, Jura usw.
Wenn ich denen was ueber Staatsschulden erzaehle, gucken mich die meisten
an wie ein Auto und verstehen nur Bahnhof, fragen auch nicht weiter und
wenden sich einem anderen Thema zu.
Manchmal kommt dann:"Ach das sagst du doch schon seit Jahren. Ich merke
nichts"
Da meine Begabung und das Vergnuegen Aufklaerer zu spielen sich in Grenzen
haelt, halte ich das Thema auf kleiner Flamme.
MfG
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Baldur der Ketzer
25.04.2001, 18:09
@ Josef
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Re: Staatsschulden: Wurzel allen Uebels. Warum sieht das keiner? |
>Die meisten andern
>Sozialpaedagogik, Sozialarbeiter, Medizin, Literatur, Lehrer, Jura usw.
Hallo, Josef,
Du frägst die falschen Leute.
Frag mal, Deinen Klempner, ggf. Deinen Kassenarzt, den Taxifahrer von nebenan, den Bauarbeiter, die Krankenschwester, die sagen Dir, wo´s lang geht, denn die kriegen die Folgen voll ab.
Wobei ich nicht sagen will, daß gerade Lehrer oder Anwälte oder Sozial,wiewardasnoch,vonAmtswegenVerständnisAufbringer die Folgen nicht auch buchstäblich vor sich sähen, aber es macht doch große Unterschiede, ob man ein relativ gesichertes Einkommen hat oder ob die Unsicherheit eiskalt durchs Fensterbrett zieht und Deine Wadln umklammert, schauderhaft und unerbittlich.....
beste GRüße vom Baldur
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dottore
25.04.2001, 18:29
@ Baldur der Ketzer
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Re: Türkeikrise - Achtung, die Kleingewerbler! Wichtiger Hinweis von Dir, Danke! |
Hi Ketzer,
>Insgesamt hatten sich im ganzen Land schätzungsweise weit mehr als 200.000 Händler und Kleinunternehmen den Protesten angeschlossen.
Die sind nie zu unterschätzen! Schon die Weber bei den berühmten Weberaufständen 1844 ff. (Märzrevolution dann 1848) waren Kleinunternehmer und nicht etwa ausgebeutete Arbeitssklaven.
Allende wurde durch Kleinunternehmer, vor allem LKW-Besitzer, ins Off gedrängt. Anschließend Pinochet.
Den Schah kippten nicht die Mullahs, sondern die Basaris.
In Deutsch-Ost geht den Handwerkern, die auf nicht bezahlten Rechnungen rumlungern, allmählich die Geduld aus (Proteste schon am Brandenburger Tor).
Der Kleinbergwerksunternehmer Hans Luther setzte seinen Sohn auf die Anti-"Mammon"-Schiene. Eine"Reformatio" lag schon 100 Jahre lang in der Luft, aber der Trigger fehlte.
Der"Monopolienstreit" gegen Fugger, Welser etc. wurde von Kleinunternehmern angezettelt. Karl V. ließ die Akten dann irgendwo im Spanischen verschwinden - bis heute unauffindbar.
Salazar kam in Portugal über Kleinunternehmer (er selbst Professor) an die Macht.
Die mexikanische Revolutionskette: ununterbrochen waren es die Kleingewerbetreibenden (und nicht etwa ausgemergelte und landlose Zapatistas), die Zoff initiiert hatten.
Caligula, Nero, Domitian - alle fielen nicht etwa über Sklavenaufstände oder wegen der Meckerei von Leuten, die mit Brot & Spielen immer noch bei Laune gehalten wurden, sondern weil das kleine Gewerbe darnieder lag.
Gerade die kleinen Geschäftsleute sind bei jeder Krise die ärmsten Schweine: Schulden, um den Lkw abzubezahlen, die Lagerkosten, die Löhne... Und nirgends Rettung in Sicht.
Mein Türkei-Tipp: Wieder Mal 'ne Militärdiktatur. Ging offenbar zu lange ohne.
Gruß
d.
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Ecki1
25.04.2001, 22:29
@ dottore
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Re: Türkeikrise - Achtung, die Kleingewerbler! Wichtiger Hinweis von Dir, Danke! |
Lieber dottore
In Deutsch-Ost geht den Handwerkern, die auf nicht bezahlten Rechnungen rumlungern, allmählich die Geduld aus (Proteste schon am Brandenburger Tor).
Der Kleinbergwerksunternehmer Hans Luther setzte seinen Sohn auf die Anti-"Mammon"-Schiene. Eine"Reformatio" lag schon 100 Jahre lang in der Luft, aber der Trigger fehlte.
Der"Monopolienstreit" gegen Fugger, Welser etc. wurde von Kleinunternehmern angezettelt. Karl V. ließ die Akten dann irgendwo im Spanischen verschwinden - bis heute unauffindbar.
Meine Frage gehört zwar nicht zum Thema dieses Forums, würde aber vermutlich auch andere Leser interessieren: Was ist in diesem Zusammenhang aus rechtlicher aber vor allem auch historischer Sicht von der KRR zu halten?
Wenn Du nicht im Forum antworten willst, hier meine E-Mail
eckehard.wirth@gmx.ch
Danke und Gruss: Ecki
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BossCube
26.04.2001, 11:22
@ Ecki1
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Re: Türkeikrise - Achtung, die Kleingewerbler! Wichtiger Hinweis von Dir, Danke! |
>Lieber dottore
>In Deutsch-Ost geht den Handwerkern, die auf nicht bezahlten Rechnungen rumlungern, allmählich die Geduld aus (Proteste schon am Brandenburger Tor).
>Der Kleinbergwerksunternehmer Hans Luther setzte seinen Sohn auf die Anti-"Mammon"-Schiene. Eine"Reformatio" lag schon 100 Jahre lang in der Luft, aber der Trigger fehlte.
>Der"Monopolienstreit" gegen Fugger, Welser etc. wurde von Kleinunternehmern angezettelt. Karl V. ließ die Akten dann irgendwo im Spanischen verschwinden - bis heute unauffindbar.
>Meine Frage gehört zwar nicht zum Thema dieses Forums, würde aber vermutlich auch andere Leser interessieren: Was ist in diesem Zusammenhang aus rechtlicher aber vor allem auch historischer Sicht von der KRR zu halten?
>Wenn Du nicht im Forum antworten willst, hier meine E-Mail
>eckehard.wirth@gmx.ch
>Danke und Gruss: Ecki
Bin nicht Dottore, aber KRR ist branntheiß. Offenbar scheint sich niemand hier um Völkerrecht zu scheren. Es wurde selbst von BVG mehrfach festgestellt, daß das DR 1945 NICHT untergegangen ist. Die abschließende Regelung über die Ostgebiete ist einem FRIEDENSVERTRAG vorbehalten. Interessiert in diesem rechtslosen Land auch keinen....
J.
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