Harald
05.05.2001, 12:41 |
Vom Psychoklempner: Ob Baldurs Trauergesängen über der Welten Undank Thread gesperrt |
zerspringt mein Herz in schierem Mitgefühl.
Jedem das Seine.
Härte braucht ein Milchbubi
Jungens,
bleibt mal auf dem Teppich mit eurem Geweine und Gejammer. Es glaubt euch ja doch niemand, dass einer von Euch wirklich ans Fließband will oder auf den Bau oder in der Kuhscheiße in Gummistiefeln als Melker oder in die Schweine- oder Eierfabrik oder im Schlachthof als Akkordausbeiner.
Hier mal ein paar Beobachtungen aus einem gelebten und genossenem Leben:
1.
In Fronkraich z.Zt verlangen Bauarbeiter, Elektriker, Handlanger u.dergl. cash auf die Kralle 60 FF/h (DM 18) minimum in ländlichen Gegenden, in Städten entsprechend teurer. Hinzu beziehen diese Leute Stütze rd. 1500 Mark + Sozialpaket. Wer also ordentlich rangeht kommt auf knapp 4000 DM netto.
Jeder weiß das, die Behörden kontrollieren praktisch nicht mehr. Seit anderthalb Jahren gibt es eine Kleinst-Handwerkerverordnung der Regierung Jospin für „Ein-Mann- Handwerksbetriebe“ die nicht mehr als 50.000 DM Jahresumsatz machen, mit einem gedrittelten Mehrwerttsteuersatz und stark vereinfachter Buchführungspflicht. Eine Art legalisierter Schwarzarbeit also. (In Schweden übrigens gibt es das schon seit Jahrzehnten).
Wenn man beim Arbeitsamt einen Maurer, Elektriker, Handlanger für einen drei- oder 6 Monatsvertrag sucht, ist das vollkommen sinnlos. Hab ich neulich versucht, oh Gott, dachte die Sachbearbeiterin verstört, als ich provozierend fragte, ja wo sind denn die 4 Milllionen Arbeitslose? Der Chef wurde gerufen und er hat mir dann salbungsvoll erklärt, dass ja die Stangen immer vierkantig seien und die dazu passenden Löcher rund.
Wundert das irgendjemand hier in der Runde, bei einer jungen Generation in Frankreich, die zu 75 Prozent das Abitur gemacht hat??????
2.
Erfahrene und gestandene freischaffende Praktiker (Consultants älter als 45 Jahre, Geologen, Geophysiker, Ingenieure) in der Erdölbranche verdienen heute 1000 - 2000 Mark Honorar am Tag. Das dürfte in anderen Branchen nicht sehr viel anders sein. In Europa sind aber die steuerlichen Löcher seit ein paar Jahren dicht, wenigstens sind mir keine bekannt. Also bis zu 50% Konfiskation. Das gilt nicht für Nahost und andere Weltgegenden, dort sind die Finanzämter durchaus noch zu umschiffen, 1500 Mark am Tag in Luxembourg netto auf die Bank ist durchaus realistisch.. Das bedeutet aber in letzter Konsequenz, dass man seinen Wohnsitz in Europa aufgeben muß. Für US-Amerikaner ist es noch schlimmer, die sind sogar noch steuerpflichtig, wenn sie effektiv keinen Wohnsitz mehr zuhause haben.
3.
Was ist nun ein gerechter Lohn?
Vorweg, nach m.E. ist die absolute Entlohnung zweitrangig im Leben, viel wichtiger für den arbeitenden Menschen ist nun mal das Sozialprestige, ganz wichtig sind auch die Freude am Erfolg und echte Aufstiegsmöglichkeiten. Deshalb halte ich es auch für ausgesprochene Dummheit, wenn jüngere gut ausgebildete und relativ intelligente Menschen aus reiner Geldgier etwa Trader sind, Immobilienmakler oder Versicherungsvertreter. Jungens, es wird sich bitter rächen, Ihr werdet noch an mich denken.
Übrigens ist das inhärente Problem der fehlenden Aufstiegsmöglichkeiten in größeren Handwerksbetrieben, gute oder sehr gute Mitarbeiter zu halten. Wer Grips hat und Dampf, der macht sich halt selbstständig.
Als ich mit 19 Jahren meine Mechaniker-Gesellenprüfung (nebst technischer Abendschule) mit sehr gut hinter mich gebracht hatte, da bot mir der Meister 2,30 DM/Stunde, damals ein deutscher Spitzenlohn, da wurden noch in weiten Landstrichen unter 1,80 die Stunde verdient.. Oh Gott, da haute ich in den Sack, obwohl mir meine Lehrzeit sehr viel Freude gemacht hatte, obwohl wir noch Handwerker-Stolz besaßen. Auf Bauarbeiter und sonstige Hilsfarbeiter blickten wir hochnäsig herab. Ich ging also für ein paar Monate nach Schweden, hab dort sofort 4,50 DM die Sunde verdient.
Vier Jahre später war ich dann Ingenieur. Mit 26 Jahren Vorgesetzter von 300 Mann in einer Eisengießerei, 50% meiner Truppe waren damals schon Ausländer, schwerste Hitze- Staub- und Drecksarbeit. „Meine Leute“ verdienten im Akkord und am Fließband mehr als ich, was ich durchaus in Ordnung fand. Mein Gehalt war bestenfalls die Hälfte meiner Motivation. Die andere Hälfte: Unbändiger Stolz etwas ordentliches zu leisten, kreativ sein, Erfolg haben, geachtet zu werden von den Mitarbeitern, von der Verwandtschaft. Nie wäre mir das Wort „Untergebene“ in den Sinn gekommen. Ich war Führer, nicht mehr und nicht weniger. Jetzt heben sie ab, die Milchbubis hier auf dem Server. Der Ausdruck Manager kam erst in den 70er Jahren in die deutsche Umgangssprache.
4
Ich hab beide Extreme der Entlohnung erlebt. Im gelobten Land Schweden waren die Nettoeinkünfte von Spitzenleuten kaum 50 % höher als der Durchschnitt. Das mag für viele gute Leute frustrierend sein. Kann ich auch verstehen. In Indonesien verdiente ich im „middle management“ einer deutschen Ã-lfirma etwa HUNDERTMAL so viel wie meine Köchin. Jungens, das war vielleicht frustrierend -- für die Köchin versteht sich. Noch Fragen zum gerechten Lohn?
Salü
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Talleyrand
05.05.2001, 13:45
@ Harald
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Brat mir doch einer nen Storch! Genau mein Reden! |
>Deshalb halte ich es auch für ausgesprochene Dummheit, wenn jüngere gut ausgebildete und relativ intelligente Menschen aus reiner Geldgier etwa Trader sind, Immobilienmakler oder Versicherungsvertreter. Jungens, es wird sich bitter rächen, Ihr werdet noch an mich denken.
Harald, Du sprichst mir aus der Seele. Und ich nehme an, Du kommst aus den gleichen Gründen wie ich auf diesen Schluss.
1) Traditionelle Überlegung: irgendwann schaut man zurück und fragt sich, was habe ich geleistet und hat es mir selbst auch -wenigstens etwas- Freude bereitet?
2) Radikale Überlegung: Was passiert eigentlich, wenn das System tatsächlich umkippt? (Wovon ich ausgehe) Dann kämpfen 100.000e Papierverkäufer ums blanke Überleben, ohne auch nur annähernd etwas Praktisches als Referenz oder auch nur Überlebens-Handwerk vorweisen zu können.
Ungeachtet Deiner Schmähung:-), daß wir uns hier der Knochenarbeit nicht anheim stellen wollen: ich überlege in den letzten Wochen sehr, sehr ernsthaft, ob ich nicht das Fach wechseln soll. Ich bin demnächst 31, meine Ausbildung ist Versicherungskaufmann und bin natürlich auch in der Papierverkaufsbranche tätig. Übrigens ohne allzuviel inneren Elan aber langstreckenweise mit soviel Erfolg, daß man mir schon mal die Revision auf den Hals gehetzt hat, weil es nicht mit rechten Dingen zuzugehen schien.
Was habe ich davon? Gar nichts. Es bringt nur Kollegen-Neid, die pekuniäre Entlohnung haute trotzdem nicht vom Hocker und die Phrasendrescherei in der Branche ist mir unerträglich. Ein Trost nur: wer einigermassen vernünftig auf die Leute eingeht, ist zum Erfolg (was immer das ist in der Branche) verdammt, weil die Masse der Papierwert-Drücker eben so unendlich blasiert und mittelmässig, zum Teil auch untermässig ist. Blanke Gier und unverblümte Ignoranz gegenüber den Menschen, aber auch gegenüber den Fakten der eigenen Produkte. Einfach primitives Pack. Also mit wenig echter Arbeit Auskommen finden: das sit das einzig Positive.
Aber ist das Positiv? Wie gesagt, ich überlege. Nachdem ich einem alten Freund vor Monaten mal eine kurze Zeit lang in seiner Restaurantküche geholfen habe, denke ich nach. Ich hätte Lust, eine Ausbildung zum Koch zu machen.
Hat Vorteile:
a) ich komme mal so richtig ans Arbeiten
b) ich kann meinen blöden Laber hinter mir lassen
c) ich habe eine Notfall-Qualifikation vom Feinsten,
überall auf der Welt gültig
d) der Lebensqualität wird es nicht abträglich sein
e) der Job"Koch" erfordert m.E. nach besondere Schlüsselfähigkeiten,
die in der Kombination einzigartig sind (zumindest werden sie e c h t
geprüft. (Ausdauer, Präsenz, Organisation, Streßstabilität, Kalkulation usw.)
Beim Tag X könnte es helfen. Und selbst wenn der nie kommt:
ich wäre stolz auf meine Arbeit. Ist das nichts?
Wie siehts Du (Ihr) das?
Gruss! T.
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Talleyrand
05.05.2001, 13:49
@ Talleyrand
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Um Missverständnissen vorzubeugen: |
Also mit wenig echter Arbeit Auskommen finden: das sit das einzig Positive.
- Am Verkauf in Diensten der hochheiligen Finanz -
>d) der Lebensqualität wird es nicht abträglich sein
- Sauarbeit, aber das Können steigert LQ und das Gefühl, was Produktives getan zu haben. Nachts vor Arbeit todmüde ins Bett fallen -
Das ist keine Laune.
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Ecki1
05.05.2001, 14:13
@ Harald
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Re: Vom Psychoklempner: Ob Baldurs Trauergesängen über der Welten Undank |
[/i]Deshalb halte ich es auch für ausgesprochene Dummheit, wenn jüngere gut ausgebildete und relativ intelligente Menschen aus reiner Geldgier etwa Trader sind, Immobilienmakler oder Versicherungsvertreter. Jungens, es wird sich bitter rächen, Ihr werdet noch an mich denken. [/i]
Salü Harald
Na klar ist das für die Gesellschaft eine völlig einseitige Entwicklung, die aber durch die konjunkturellen Rahmenbedingungen begünstigt wurde, wozu auch das aktuelle Staatsschuldensystem gehört. Sobald sich auffällige Veränderungen einstellen (fängt ja schon langsam an mit Aktionsgruppen wie der KRR), werden die einen oder anderen zum Berufswechsel gezwungen. Eigentlich nichts Ungewöhnliches und auch kein Anlass zur Panik für die Flexiblen,
findet Ecki (Physiker, jetzt Bankinformatiker mit industrieller Praktikumserfahrung in Metallbearbeitung)
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Haydn
05.05.2001, 14:22
@ Ecki1
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Re: Vom Psychoklempner: Ob Baldurs Trauergesängen Eer der Welten Undank |
Das Wichtigste: LIEBE zum Beruf!!!!!!!!!
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Tobias
05.05.2001, 14:33
@ Talleyrand
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Re: Brat mir doch einer nen Storch! Genau mein Reden! |
Hi Talley!
Storch würde ich zwar nicht essen, aber: Darf ich der Vorkoster sein? ;-)
Im Ernst: Ich finde das toll, dass Du Dir so etwas überlegst. Stolz auf etwas Geleistetes zu sein, ist enorm wichtig und ich denke das Gegenteil wirkt auf Sicht depressiv oder gar destruktiv: Wenn Du also von Deiner Arbeit denkst, dass Du nur so rummachst und das eigentlich niemandem was bringt, außer dass es das eigene Einkommen sichert. Koch ist toll, bewundernswert manchmal, diese Künstler. Dort gibt es mindestens soviel zu lernen wie hier im Board zu Wirtschaft. Vielleicht kannst Du mal Odin fragen oder Harald. Und mit 31 kannst Du das doch noch ganz easy machen, allerdings: Ein 'sicherer' Job wird wohl immer schwieriger, und als 'Koch' ist es unsicherer, zunächst, später vielleicht andersrum. Und nach dem Staatsbankrott, also vor dem nächsten echten Boom, bist Du vielleicht mit einem eigenen Lokal dabei - DAS wäre doch auch eine tolle Perspektive.
Evtl. gibt es ja auch noch andere 'echt bodenständige' Sachen, die Dich interessieren. Das ist ja ein ganz schöner Schnitt - vom Versicherungsfachmann zum Fachmann für Nahrungszubereitung ;-). Solltest Du gut überlegen. Und evtl. geht ja auch beides parallel eine Zeit lang - also tagsüber Papier und abends Speisen zubereiten und vielleicht den eigenen Schnaps brennen?
Fröhlichen Gruß
Tobias
>>Deshalb halte ich es auch für ausgesprochene Dummheit, wenn jüngere gut ausgebildete und relativ intelligente Menschen aus reiner Geldgier etwa Trader sind, Immobilienmakler oder Versicherungsvertreter. Jungens, es wird sich bitter rächen, Ihr werdet noch an mich denken.
>Harald, Du sprichst mir aus der Seele. Und ich nehme an, Du kommst aus den gleichen Gründen wie ich auf diesen Schluss.
>1) Traditionelle Überlegung: irgendwann schaut man zurück und fragt sich, was habe ich geleistet und hat es mir selbst auch -wenigstens etwas- Freude bereitet?
>2) Radikale Überlegung: Was passiert eigentlich, wenn das System tatsächlich umkippt? (Wovon ich ausgehe) Dann kämpfen 100.000e Papierverkäufer ums blanke Überleben, ohne auch nur annähernd etwas Praktisches als Referenz oder auch nur Überlebens-Handwerk vorweisen zu können.
>Ungeachtet Deiner Schmähung:-), daß wir uns hier der Knochenarbeit nicht anheim stellen wollen: ich überlege in den letzten Wochen sehr, sehr ernsthaft, ob ich nicht das Fach wechseln soll. Ich bin demnächst 31, meine Ausbildung ist Versicherungskaufmann und bin natürlich auch in der Papierverkaufsbranche tätig. Übrigens ohne allzuviel inneren Elan aber langstreckenweise mit soviel Erfolg, daß man mir schon mal die Revision auf den Hals gehetzt hat, weil es nicht mit rechten Dingen zuzugehen schien.
>Was habe ich davon? Gar nichts. Es bringt nur Kollegen-Neid, die pekuniäre Entlohnung haute trotzdem nicht vom Hocker und die Phrasendrescherei in der Branche ist mir unerträglich. Ein Trost nur: wer einigermassen vernünftig auf die Leute eingeht, ist zum Erfolg (was immer das ist in der Branche) verdammt, weil die Masse der Papierwert-Drücker eben so unendlich blasiert und mittelmässig, zum Teil auch untermässig ist. Blanke Gier und unverblümte Ignoranz gegenüber den Menschen, aber auch gegenüber den Fakten der eigenen Produkte. Einfach primitives Pack. Also mit wenig echter Arbeit Auskommen finden: das sit das einzig Positive.
>Aber ist das Positiv? Wie gesagt, ich überlege. Nachdem ich einem alten Freund vor Monaten mal eine kurze Zeit lang in seiner Restaurantküche geholfen habe, denke ich nach. Ich hätte Lust, eine Ausbildung zum Koch zu machen.
>Hat Vorteile:
>a) ich komme mal so richtig ans Arbeiten
>b) ich kann meinen blöden Laber hinter mir lassen
>c) ich habe eine Notfall-Qualifikation vom Feinsten, > überall auf der Welt gültig
>d) der Lebensqualität wird es nicht abträglich sein
>e) der Job"Koch" erfordert m.E. nach besondere Schlüsselfähigkeiten, > die in der Kombination einzigartig sind (zumindest werden sie e c h t > geprüft. (Ausdauer, Präsenz, Organisation, Streßstabilität, Kalkulation usw.)
>Beim Tag X könnte es helfen. Und selbst wenn der nie kommt:
>ich wäre stolz auf meine Arbeit. Ist das nichts?
>Wie siehts Du (Ihr) das?
>Gruss! T.
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Talleyrand
05.05.2001, 14:46
@ Tobias
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Re: Brat mir doch einer nen Storch! Genau mein Reden! |
Hallo Tobias,
vielen Dank für Deine Einschätzung!
>als 'Koch' ist es unsicherer, zunächst, später vielleicht andersrum.
Wie ich höre, sind Köche unheimlich gesucht. Möglicherweise, weil niemand
sich diese Hunds-Arbeit machen will?
>Und nach dem Staatsbankrott, also vor dem nächsten echten Boom, bist Du vielleicht mit einem eigenen Lokal dabei - DAS wäre doch auch eine tolle Perspektive.
:-) Dafür besonders vielen Dank, denn das ist mein Geheimplan.
Im Feinen: ordentliche Gastronomie
Im Grossen: Middle-Class-Catering als Staat-Sub im grossen Stil.
(Früher nannte man es Armen-Suppenküche)
Gruss! T.
>Evtl. gibt es ja auch noch andere 'echt bodenständige' Sachen, die Dich interessieren. Das ist ja ein ganz schöner Schnitt - vom Versicherungsfachmann zum Fachmann für Nahrungszubereitung ;-). Solltest Du gut überlegen. Und evtl. geht ja auch beides parallel eine Zeit lang - also tagsüber Papier und abends Speisen zubereiten und vielleicht den eigenen Schnaps brennen?
>Fröhlichen Gruß
>Tobias
>>>Deshalb halte ich es auch für ausgesprochene Dummheit, wenn jüngere gut ausgebildete und relativ intelligente Menschen aus reiner Geldgier etwa Trader sind, Immobilienmakler oder Versicherungsvertreter. Jungens, es wird sich bitter rächen, Ihr werdet noch an mich denken.
>>Harald, Du sprichst mir aus der Seele. Und ich nehme an, Du kommst aus den gleichen Gründen wie ich auf diesen Schluss.
>>1) Traditionelle Überlegung: irgendwann schaut man zurück und fragt sich, was habe ich geleistet und hat es mir selbst auch -wenigstens etwas- Freude bereitet?
>>2) Radikale Überlegung: Was passiert eigentlich, wenn das System tatsächlich umkippt? (Wovon ich ausgehe) Dann kämpfen 100.000e Papierverkäufer ums blanke Überleben, ohne auch nur annähernd etwas Praktisches als Referenz oder auch nur Überlebens-Handwerk vorweisen zu können.
>>Ungeachtet Deiner Schmähung:-), daß wir uns hier der Knochenarbeit nicht anheim stellen wollen: ich überlege in den letzten Wochen sehr, sehr ernsthaft, ob ich nicht das Fach wechseln soll. Ich bin demnächst 31, meine Ausbildung ist Versicherungskaufmann und bin natürlich auch in der Papierverkaufsbranche tätig. Übrigens ohne allzuviel inneren Elan aber langstreckenweise mit soviel Erfolg, daß man mir schon mal die Revision auf den Hals gehetzt hat, weil es nicht mit rechten Dingen zuzugehen schien.
>>Was habe ich davon? Gar nichts. Es bringt nur Kollegen-Neid, die pekuniäre Entlohnung haute trotzdem nicht vom Hocker und die Phrasendrescherei in der Branche ist mir unerträglich. Ein Trost nur: wer einigermassen vernünftig auf die Leute eingeht, ist zum Erfolg (was immer das ist in der Branche) verdammt, weil die Masse der Papierwert-Drücker eben so unendlich blasiert und mittelmässig, zum Teil auch untermässig ist. Blanke Gier und unverblümte Ignoranz gegenüber den Menschen, aber auch gegenüber den Fakten der eigenen Produkte. Einfach primitives Pack. Also mit wenig echter Arbeit Auskommen finden: das sit das einzig Positive.
>>Aber ist das Positiv? Wie gesagt, ich überlege. Nachdem ich einem alten Freund vor Monaten mal eine kurze Zeit lang in seiner Restaurantküche geholfen habe, denke ich nach. Ich hätte Lust, eine Ausbildung zum Koch zu machen.
>>Hat Vorteile:
>>a) ich komme mal so richtig ans Arbeiten
>>b) ich kann meinen blöden Laber hinter mir lassen
>>c) ich habe eine Notfall-Qualifikation vom Feinsten,
>> überall auf der Welt gültig
>>d) der Lebensqualität wird es nicht abträglich sein
>>e) der Job"Koch" erfordert m.E. nach besondere Schlüsselfähigkeiten,
>> die in der Kombination einzigartig sind (zumindest werden sie e c h t
>> geprüft. (Ausdauer, Präsenz, Organisation, Streßstabilität, Kalkulation usw.)
>>Beim Tag X könnte es helfen. Und selbst wenn der nie kommt:
>>ich wäre stolz auf meine Arbeit. Ist das nichts?
>>Wie siehts Du (Ihr) das?
>>Gruss! T.
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Harald
05.05.2001, 15:38
@ Talleyrand
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Re: Um Missverständnissen vorzubeugen: |
Talley,
sind deine Initialien zufällig P.S.?
Wenn ja, dann danke für das Fax.
Salü
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Talleyrand
05.05.2001, 15:50
@ Harald
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Nein, Harald, war nicht mein Fax, meine Initialen lauten anders. Gruss! oT |
>Talley,
>sind deine Initialien zufällig P.S.?
>Wenn ja, dann danke für das Fax.
>Salü
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Kaddii
05.05.2001, 19:02
@ Harald
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Re: Vom Psychoklempner: Ob Baldurs Trauergesängen über der Welten Undank |
Hallo Psychoklempner
Schon ne geile berufliche Entwicklung und Klasse als abendlicher Stoff in Schwächephasen geeignet. Aber die Quintessenz stimmt mich nachdenklich.
Viel gelernt und im miesen Falle dann auch wertlos.
So ähnlich geht es mir. Klasse Ausbildung gehabt, gerackert wie ein Pferd, tolle Familie und nun mit der allgemeinen pessimistischen Stimmungslage wies in Germany weitergeht am Ar...
Seit 1994 Rollstuhlfahrer dadurch mit kurzen Unterbrechungen arbeitslos, aber selber auf Suche nach einem befriedigenden Job. Nun flattert mir letzte Woche ein Schreiben vom Arbeitsamt ins Haus..stellen Sie sich bei der Fa.... in... als Bürokraft vor. Bruttoverdienst 12 DM/Std.
Sofort Anruf dort und der Firmenchef -übrigens mit dem sächsischen Behindertenpreis ausgezeichnet-...was Sie mal waren ist mir egal, das Arbeitsamt übernimmt sowieso 50% der Lohnkosten, sie brauchen nur an der Schrottwaage die LKWs wiegen. Das Arbeitsamt kümmert sich um die Fahrerlaubnis und stellt ein Auto und bis das alles da ist kommen sie mit dem Taxi, die Bewerbung nur ganz kurz halten ist nur proforma....
Reindeutsch Dieses Schwein spekuliert auf einen ganz blöden Behinderten für die Stunde 6 DM Brutto. Die Entfernung beträgt zur Fa. ca.35 km. Durchschnittlicher täglicher Taxipreis 2 x 80 DM. oder Fahrerlaubnis ca 3 TDM und später Auto ca.30 TDM. Alles Steuergelder von Dir, JÜKÜ, Talleyrand, Haydn usw.
Meine Gegenrechnung 12 DM Brutto= ca. 7 DMNetto x 160 Std/Mon = ca. 1100 DM abzüglich 20x35 km Kraftstoff/Kfz Steuern/Reparaturen usw.
Ich lasse mich nicht verarschen und suche lieber weiter auch wenn es eure Steuergelder kostet, aber ich habe auch schon 20 Jahre Steuern bezahlt.
Übrigens mich würde soon bischen Börsentechtelmechtel echt befriedigen, aber vorher brauche ich einen Arbeitgeber der wenigstens in Geldfragen seriös ist.
Mit Gruß
Kaddii
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Harald
05.05.2001, 19:10
@ Talleyrand
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Talley: Soßen&Dosen-Koch |
Freunde,
es hat ja jemand die „Liebe zum Beruf“ hier angeführt. Spitze, genau diesen Ausdruck finde ich erstklassig. Und glaubt mir, das Wort --obwohl ich dran gedacht hatte, es zu benützen, wollte mir nicht in die Tastatur. Denn in der soziologischen Schicht, in der ich groß wurde, gebraucht man das Wort Liebe nur sehr ungern. Schlimmer noch, mein saarländischer Dialekt (ein Form des Alemannischen) kennt das Wort „Liebe“ überhaupt nicht. Und ich habe Hochdeutsch erst nach der Volksschule gelernt. Das nur am Rande.
Jetzt zu Talley:
>>Radikale Überlegung: Was passiert eigentlich, wenn das System tatsächlich umkippt?<<
Dann werden die Gerissenen und die Schlauen, auch die Charakterlosen auf Kosten der Dummen und Einfältigen den Rahm abschöpfen. Siehe Rußland, Polen.
>>Ungeachtet Deiner Schmähung:-)..<<
War nicht so gemeint, ehrlich, man muß auch etwas einstecken können.
>>Wie gesagt, ich überlege. Nachdem ich einem alten Freund vor Monaten mal eine kurze Zeit lang in seiner Restaurantküche geholfen habe, denke ich nach. Ich hätte Lust, eine Ausbildung zum Koch zu machen.<<
Laß besser die Finger davon. Es ist Schwerst- und Hitzearbeit. Maloche. Hab mal 2 Jahre neben der Landwirstchaft ein Restaurant gehabt, mit Koch, Bedienungen und so, kaum Gewinne gemacht, selbst praktisch umsonst gearbeitet. Also Koch möchte ich nicht sein. Überhaupt nix kreatives, wenn die Karte mal steht, wird’s zur blanken Routine für den Koch, nur noch einfrieren -auftauen -einfrieren - auftauen, obwohl es meistens verboten ist. Aber was willst machen wennste 15 Gerichte auf der Karte hast, das ist das Minimum in Frankreich. Und jeder im Saal will was anderes, und zwar dalli, dalli.
Oder du wirst Soßen&Dosen-Koch, alles vorgefertigt aus der Fabrik, Pommes, Mayo, Bratkartoffel, Chiliconcarne, Spagetti Bolognaise, Chinasuppen, Bratkartoffel, Kartoffelsalat, Buletten, Sauerkraut, Eisbein.
>>Beim Tag X könnte es helfen. Und selbst wenn der nie kommt: ich wäre stolz auf meine Arbeit. Ist das nichts?<<
Wenn du in einem Nobelrestaurant bist, dann wird dich die ff. Kundschaft zwar fröhlich und in Champagnerlaune in höchsten Tönen loben, wenn du deine Honneurs und Kratzfüßchen gegen Ende der Mahlzeit absolvierst. Und hinterher fangen die alten Ziegen an zu meckern und zu mäkeln, natürlich nicht in deiner Gegenwart, besonders wenn ein teurer Abend war, und es hinterher mit dem eigenen Alten nicht so richtig lief, wie in den Frauenromanen. Soll ja gelegentlich vorkommen ;-))))
>>Wie siehts Du... das?<<
Studier einen technischen Beruf, wennste dirs zutraust, das ist wichtig, und noch biste nicht zu alt, wie ich meine. Dann biste 35. Dann backste 5 Jahre lang kleine Brötchen, berufliche Erfahrung sammeln nennt man das. Frühestens dann die Firma wechseln, aber nicht aufs angebotene Gehalt schielen, das ist unwichtig. Wichtig ist vor allem, dass du andere scharf beobachten kannst, aus ihren Fehlern lernst, du hast nämlich nicht mehr genug Zeit, alle möglichen Fehler selbst zu machen. Mit 45 sollte man dann normalerweise auf der Kulmination seiner Kapazität angelangt sein. Wenn die Chancen für Middlemanagent aus welchen Gründen auch immer schlecht sind, dann hilft vorher nur eins SPEZIALISIEREN. Je enger der Fachbereich ist, den du dir aussuchst, desto idiotischer werden die Aufgaben. Aber du mußt wirklich gut sein, mußt jede, aber auch jede Frage (aus deinem Spezialgebiet) aus der Hüfte im Schnellschuß beantworten können.
Dann solltest du eigentlich mit ca. 47, 48 Jahren DER Spezialist für XXX in deiner Firma sein. Achtung, es darf nur dich geben, sorgfältig auf Nebenbuhler achten. Und noch vor 50 mußt du dann den Sprung ins kalte Wasser wagen, will sagen kündigen und FREISCHAFFEND jobben. Wenn du dann wirklich dein Spezialgebiet beherrschst, dann sind 1000 Mark am Tag allemal drin. Wie lang du das durchhälst? Frag mich nicht, die Anforderungen sind hoch, und du mußt dich weiterbilden, ich würde mal sagen 2-4 Stunden am Tag ist das Minimum, und niemand bezahlt dich dafür.
Salü
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Josef
05.05.2001, 19:52
@ Harald
|
@Talley: Ergaenzung dazu: Spezialisiere dich auf etwas das immer gebraucht |
wird. Die meiste"Technik" aendert sich heute sehr schnell.
Beispiele fuer Taetigkeiten, die sich kaum aendern: Hausinstallationen
(Wasser, Gas, Elektro, Abwasser, Heizung)
In dieser Branche laesst sich auch gut"nebenbei" verdienen.
Vor 2 Jahren hat sich in unserem Stadtteil so einer selbstaendig gemacht.
Kleinstwerkstatt im Hinterhaus, arbeitet allein, ist freundlich, sehr
beliebt, puenktlich, arbeitet gut und schnell, wird als Geheimtipp
herumgereicht.
Ferner werden sich kaum aendern:
Gaertnerei, Pflegeberufe, Aerztliche Dienste, Wachdienste.
Dir faellt bestimmt noch mehr ein.
MfG
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Harald
05.05.2001, 21:06
@ Josef
|
Spezialisiere dich auf etwas das immer gebraucht Zitat von Sportisteffen. |
>>Ich bin mir aber natürlich bewusst darüber, dass wenn alle so wie ich denken würden, das System nicht mehr funktionniert, aber es gibt ja zum Glück (auch wenn es sich hart anhört) noch genügend Deppen, die sich noch nicht für Handarbeit, die die Substanz in unserer Wirtschaft darstellt (z.B. Bauern) zu schade sind.<<
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Ecki1
07.05.2001, 11:28
@ Haydn
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Re: Vom Psychoklempner: Ob Baldurs Trauergesängen Eer der Welten Undank |
Das Wichtigste: LIEBE zum Beruf!!!!!!!!!
... und Liebe zum darauffolgenden, falls der bisherige nicht mehr rentiert,
empfiehlt Ecki1
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Baldur der Ketzer
07.05.2001, 12:52
@ Ecki1
|
Re: Von der Liebe zum Beruf |
Hallo, Ecki,
das stimmt, wenn innere Widerstände zu groß werden, ists nicht Liebe mehr, sondern Bürde, und es ist Zeit, was zu verändern.
Ich war schon defacto, also nach der ausgeübten Tätigkeit, nicht nach der qualifizierten einschlägigen Ausbildung:
Lagerist
Mechanikergehilfe
Zustellfahrer mit Gespann
Buchhalter
Unternehmensberater
Layouter
Photograph
Softwareprogrammierer
Texter
Logistiker
Treuhänder
Generaldirektor
Reinemacher
Hilfsarbeiter
Disponent
Zolldeklarant
Marketingfuzzi
Rutengänger
und noch so einiges, was mir grad nicht einfällt (ach, ja, das Wort zum Sonntag muß ich ja jetzt auch noch schreiben ;-) )
Das geht alles, wenn es sich selbstverständlich ergibt.
In allem war Respekt vor anderen, Perfektionsbestreben und Einsatzwille vordergründig, was nicht heißt, daß es nicht auch mal Frust gab.
Aber eine ablehnende Wurschtigkeit, ein sotterndes Dauerprotestieren, wie ich es manchmal erlebe, war mir immer fremd, insbesondere zahlenden Auftraggebern gegenüber.
Wer zahlt, sollte faire Leistung und Guterfüllung erwarten können, wie man sie auch für sich bringen daheim würde und von anderen bei selbstvergebenen Aufträgen einfordert.
Und nicht die Hinterlassenschaften einer Horde Wilder auf eigene Kosten beseitigen müssen.
Wenn ich sehe, wie pedantisch ordentlich so mancher Zeitgenosse zuhause werkelt, liebevoll und perfekt, und wie er wochentags schludert und schlampert, na, ich weiß nicht.
Musterbeispiel: ein Bekannter, der Automechaniker war in einem Bus- und Fuhrunternehmen, nebenbei gerne Aufträge erledigte, dort schnell und gründlich war, wenns aus seinem Umfeld stammte, aber für die Überprüfung einer kleinen Lichtmaschine sage und schreibe neun (!) Stunden aufschrieb und abzockte, weil das doch soooooo verdammt aufwendig sei und soooo o schwierig........ich könnte nicht mehr in den Spiegel sehen.
Klingt jetzt wehleidig und weinerlich, aber manche Dinge kann ich nun mal nicht nachempfinden.
Beste Grüße vom Baldur
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Ecki1
07.05.2001, 13:11
@ Baldur der Ketzer
|
Re: Jau, so ist es!!! owT |
>Hallo, Ecki,
>das stimmt, wenn innere Widerstände zu groß werden, ists nicht Liebe mehr, sondern Bürde, und es ist Zeit, was zu verändern.
>Ich war schon defacto, also nach der ausgeübten Tätigkeit, nicht nach der qualifizierten einschlägigen Ausbildung:
>
>Lagerist
>Mechanikergehilfe
>Zustellfahrer mit Gespann
>Buchhalter
>Unternehmensberater
>Layouter
>Photograph
>Softwareprogrammierer
>Texter
>Logistiker
>Treuhänder
>Generaldirektor
>Reinemacher
>Hilfsarbeiter
>Disponent
>Zolldeklarant
>Marketingfuzzi
>Rutengänger
>und noch so einiges, was mir grad nicht einfällt (ach, ja, das Wort zum Sonntag muß ich ja jetzt auch noch schreiben ;-) )
>Das geht alles, wenn es sich selbstverständlich ergibt.
>In allem war Respekt vor anderen, Perfektionsbestreben und Einsatzwille vordergründig, was nicht heißt, daß es nicht auch mal Frust gab.
>Aber eine ablehnende Wurschtigkeit, ein sotterndes Dauerprotestieren, wie ich es manchmal erlebe, war mir immer fremd, insbesondere zahlenden Auftraggebern gegenüber.
>Wer zahlt, sollte faire Leistung und Guterfüllung erwarten können, wie man sie auch für sich bringen daheim würde und von anderen bei selbstvergebenen Aufträgen einfordert.
>Und nicht die Hinterlassenschaften einer Horde Wilder auf eigene Kosten beseitigen müssen.
>Wenn ich sehe, wie pedantisch ordentlich so mancher Zeitgenosse zuhause werkelt, liebevoll und perfekt, und wie er wochentags schludert und schlampert, na, ich weiß nicht.
>Musterbeispiel: ein Bekannter, der Automechaniker war in einem Bus- und Fuhrunternehmen, nebenbei gerne Aufträge erledigte, dort schnell und gründlich war, wenns aus seinem Umfeld stammte, aber für die Überprüfung einer kleinen Lichtmaschine sage und schreibe neun (!) Stunden aufschrieb und abzockte, weil das doch soooooo verdammt aufwendig sei und soooo o schwierig........ich könnte nicht mehr in den Spiegel sehen.
>Klingt jetzt wehleidig und weinerlich, aber manche Dinge kann ich nun mal nicht nachempfinden.
>Beste Grüße vom Baldur
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