Talleyrand
07.05.2001, 18:23 |
Neulich, an der Bundesbahn... oder: es gibt ihn noch, den goldbug. Thread gesperrt |
Warte auf meinen Zug, spiele an einem Fahrkarten-Computer.
Merke nach einiger Zeit, daß mir aufmerksam ein alter Herr zuschaut.
Ob er da ranwolle? - Nein, er sei nur ganz fasziniert von der teuren und
ach-so-modernen Technik während die Bahn als solche stets Verspätung habe.
Tauschen uns über den allgemeinen Niedergang der Infrastruktur aus, kommen
über Benzinpreise auf den Aktienmarkt zu sprechen.
"Die Leute lassen sich heute genauso verarschen (!) wie in den 30´er Jahren, wenn ich nur den Handy-Wahnsinn sehe! Ein Bekannter hat mir ganz stolz sein Handy für 1000 DM gezeigt und erklärt das, könne mehr als ne Mondrakete.
Als ob er mehr damit machen würde als telefonieren!"
"Es kommt genauso wie in der Hyperinflation!" beschwört er mich.
Und fragt mich noch, als meine Bahn kommt, wie ich zu Gold stünde...
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BossCube
07.05.2001, 18:39
@ Talleyrand
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Re: Neulich, an der Bundesbahn... oder: es gibt ihn noch, den goldbug. |
>Warte auf meinen Zug, spiele an einem Fahrkarten-Computer.
>Merke nach einiger Zeit, daß mir aufmerksam ein alter Herr zuschaut.
>Ob er da ranwolle? - Nein, er sei nur ganz fasziniert von der teuren und
>ach-so-modernen Technik während die Bahn als solche stets Verspätung habe.
>Tauschen uns über den allgemeinen Niedergang der Infrastruktur aus, kommen
>über Benzinpreise auf den Aktienmarkt zu sprechen.
>"Die Leute lassen sich heute genauso verarschen (!) wie in den 30´er Jahren, wenn ich nur den Handy-Wahnsinn sehe! Ein Bekannter hat mir ganz stolz sein Handy für 1000 DM gezeigt und erklärt das, könne mehr als ne Mondrakete.
>Als ob er mehr damit machen würde als telefonieren!"
>"Es kommt genauso wie in der Hyperinflation!" beschwört er mich.
>Und fragt mich noch, als meine Bahn kommt, wie ich zu Gold stünde...
Moin Talley,
letztes Jahr im Oktober ist mir in Frankfurt etwas ähnliches passiert. Ich stand so im Hauptbahnhof und beobachtete die Kurse auf der großen Anzeige. Um mich war leichtes Wimmern zu vernehmen. Ließ mich völlig kalt. Ein ziemlich alter Mann stand auch da und irgendwie sind wir ins Gespräch gekommen. Der Tenor war der gleiche wie bei Deinem Gesprächspartner. Es gibt schon noch manchmal Leute, die sich nicht verarschen lassen und das Blendwerk durchschauen. Leider sehr wenige. Nachdem wir und dann noch eine Weile über unsere amerikanischen Besatzer unterhalten hatten, trennten wir und freundlich. Er war sichtlich froh, mal jemanden getroffen zu haben, der wie er dachte.
Gruß
Jan
p.s. Ich weiß jetzt, woher Du Deinen Spitznamen hast. Talleyrand war französischer Bischof und Revolutionär. Merkwürdige Kombination.:-) So jedenfalls steht es in dem sehr lesenswerten Buch vom"Aufstieg und Untergang des Staates". Besten Dank an Dottore für die Empfehlung.
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Talleyrand
07.05.2001, 19:00
@ BossCube
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Re: Neulich, an der Bundesbahn... oder: es gibt ihn noch, den goldbug. |
Hallo Jan, ermutigendes Erlebnis!
Curt Goetz:
"Wenn einer bis zu einem gewissen Alter nicht erkannt hat, daß er fast vollständig von Idioten umgeben ist, dann hat eine gewissen Grund..."
Habe ich eigentlich schon von dem goldbug erzählt, den ich beim Juwelier getroffen habe? Ich glaube ja, aber hier noch mal in aller Kürze:
Ich war beim Juwelier, um nach dem kommenden Trend der Saison zu fragen.
(Solche werden ja nicht zufällig lanciert.) Plötzlich vernahmen meine Ohren das genuschelte Wort"Krügerrand" irgendwo hinter mir. Ich erblicke einen älteren Herrn (80, wenn ich mich recht entsinne), Reisetasche in der Hand und offenbar weit rumgekommen. Ich lauere ihm später instinktiv vor dem Juwelier-Geschäft auf und konfrontiere ihn mit einem gewissen Thema. Er richtet sich auf, wie er sich möglicherweise seit Jahren nicht mehr aufgerichtet hat und sagt mit funkelnden Augen:"Sie müssen wissen, junger Mann, ich bin ein goldbug!"
Ich zog ihn gleich ins nächste Café, wo er mir dann Photos seiner Häuser in Südafrika und Frisco zeigte und sich als pensionierter Betriebsleiter einer der grössten Minen SA´s zu erkennen gab. Klein ist die Welt.
Als wir uns verabschiedeten, lagen wir uns in den Armen.
Das heisst nichts für den Goldpreis, aber es heisst, daß es noch Vernunft gibt.
Gruss, Jan! T.
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