ROUNDUP: Dunkle Konjunkturwolken werfen Schatten auf den
Arbeitsmarkt
NÜRNBERG (dpa-AFX) - Die dunklen Wolken am Konjunkturhimmel verdüstern immer mehr die Lage auf den deutschen
Arbeitsmarkt. Nach leichten Abschwächungs-Tendenzen in den Vormonaten fiel der jahreszeitliche Aufschwung deutlich
magerer aus als in den Vorjahren. Ende April waren 3.867.900 Menschen in Deutschland ohne Beschäftigung, berichtete die
Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg am Dienstag. Das waren 131.700 weniger als im Vormonat und 118.500 weniger als im
April 2000. Die Arbeitslosenquote sank von 9,8 auf 9,5 Prozent.
Trotz des gedämpften Aufschwungs wurde der niedrigste April-Stand seit fünf Jahren registriert. Bereinigt um
jahreszeitliche Sondereffekte nahm die Arbeitslosigkeit allerdings um 6.000 zu. Dies sei bereits im vierten Monat in Folge der
Fall, kommentierte der Chef der Nürnberger Bundesanstalt, Bernhard Jagoda, die"Delle". Sehr verhalten blieb das
Stellen-Angebot. Mit 381.100 lag die Zahl der gemeldeten freien Jobs um 29.900 niedriger als im März.
Besonders stark blieb die Frühjahrs-Belebung in Nordrhein- Westfalen hinter den vergangenen Jahren zurück. Entgegen der
sonst üblichen Entwicklung verharrte dort die Arbeitslosenquote bei 8,9 Prozent. Die Zahl der Arbeitslosen verringerte sich
im größten Bundesland im Vergleich zum März nur um 7123 Männer und Frauen.
ARBEITSMARKT LEIDET UNTER STOTTERNDEM KONJUNKTURMOTOR
"Die Konjunktur bringt nicht mehr das, was sie uns im Jahr 2000 beschert hat", stellte Jagoda bei der Bekanntgabe der
Zahlen fest. Zum Beleg für den nachlassenden Einfluss des Wirtschaftswachstums verwies Jagoda auf die seit Monaten
schwächer wachsende Zahl der Erwerbstätigen - neben der Arbeitslosenzahl der wichtigste Arbeitsmarkt-Indikator. Die
erst verzögert ermittelte Erwerbstätigen- Zahl habe im Februar erstmals seit vielen Monaten stagniert, nachdem die Zahl in
den Monaten davor noch kräftig gestiegen war.
Zudem habe das lang anhaltende Winterwetter und das ungünstig gelegene Osterfest den Arbeitsmarkt belastet."Die
Außenarbeiten haben in diesem Jahr sehr spät begonnen. Auf dem Arbeitsmarkt ist der Winter noch nicht abgearbeitet".
Schon für Mai und Juni erwartet Jagoda wieder einen"Schub". Anlass zur Korrektur seines Prognose von rund 3,6 Mio.
Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt 2001 sah Jagoda nicht.
In den alten Bundesländern sank die Zahl der Arbeitslosen im April um 65.400 auf 2.473.500, in den neuen Bundesländern
um 66.300 auf 1.394.400. Damit waren im Westen 7,5 Prozent (aller zivilen Erwerbspersonen) arbeitslos, was einem
Rückgang um 0,2 Prozentpunkte entspricht, um im Osten 17,7 Prozent (minus 0,9 Prozentpunkte). Bereinigt um saisonale
Sondereffekte ging die Zahl der Jobsucher im Osten um 8.000 zurück. Dagegen stieg sie im Westen um 14.000 an.
BUSINESS AS USUAL: REGIERUNG UND OPPOSITION SCHÄTZEN ZAHLEN UNTERSCHIEDLICH EIN
Sehr unterschiedlich schätzten Regierung und Oppositionsparteien die jüngste Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ein.
Optimistisch zeigte sich dabei Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD)."Auch wenn sich der positive Trend auf dem
Arbeitsmarkt leicht abgeschwächt hat, zeigt die Arbeitsmarktentwicklung doch weiter nach oben. Immer mehr Jobs werden
geschaffen", sagte Riester am Dienstag in Berlin. Erfreulich sei die Entwicklung der Arbeitslosigkeit bei Älteren über 50
Jahren, bei Langzeitarbeitslosen sowie bei Ausländern und Schwerbehinderten.
Dagegen bezeichnete CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer den Arbeitsmarkt als eines der"größten Problemfelder
Deutschlands: Unsere Wirtschaft stottert und auf dem Arbeitsmarkt herrscht Stillstand, weil der rot-grünen Bundesregierung
der Mut zu durchgreifenden Reformen fehlt", sagte der Christdemokrat. Es sei davon auszugehen, dass die Unternehmen
auch weiterhin Arbeitsplätze abbauen. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Dirk Niebel bezweifelte angesichts der jüngsten
Entwicklung, dass die Regierung Schröder die Arbeitslosenzahl bis zum Jahresende 2002 auf 3,5 Mio. drücken könne.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) bewertete die jüngsten Arbeitsmarktdaten als
"unübersehbares Alarmzeichen". Diese sollte für die rot-grüne Bundesregierung endlich Anlass zum Handeln sein."Der
Deutsche Arbeitsmarkt ist ohne Saft und Kraft", betonte BDA-Präsident Dieter Hundt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund
(DGB) macht vor allem die abgeschwächte Konjunktur für den"schleppenden Rückgang der Arbeitslosigkeit" verantwortlich.
Nötig sei nun eine Senkung der Zinsen, um die Konjunktur zu beleben, forderte der stellvertretende DGB-Vorsitzende Heinz
Putzhammer./DP/bz
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