Dieter
15.07.2000, 16:20 |
an Dottore Thread gesperrt |
Hallo Dottore,
Deine Antwort zu"Armes Deutschland" habe ich noch ein wenig sacken lassen. Unsere Denke ist doch sehr nahe beieinander und dennoch, etwas beunruhigt mich:
"und Freiheit muß ich nicht erklären" sagtest Du.
Aber genau um diese Freiheit geht es, die ich vielleicht anders auffasse als viele andere.
Wir fühlen uns politisch und persönlich frei. Aber welche Freiheit ist das? Wie manipulierbar ist unsere Freiheit?
Ich möchte gern einen Bogen von der pers. zur politischen Freiheit spannen.
These: Ich denke, daß unsere persönliche und innere Freiheit proportional zur Summe unserer materiellen und immater. Bedürfnisse abnimmt.
Unsere Gesellschaft ist über Generationen darauf gedrillt, daß Erzeugung, Vermarktung und Befriedigung von Bedürfnissen ein hohes Gut ist und somit äußerst erstrebenswert.
Infolgedessen wählen wir Politiker oder Führer, die uns genau das versprechen. Zum Machterhalt und Machterweiterung der Politik hat aber auch beigetragen, neue Wohlstandsbedürfnisse erst zu wecken oder sie zuzulassen, deren Durchsetzung Selbstzweck! der Politik ist. Auf diese Weise wird die verlorene innere Freiheit der Bürger von der Politik mißbraucht und schafft Abhängigkeiten.
Und wieviel Freiheit geben wir auf, um bequem leben zu können."Ein voller Bauch denkt bekanntlich nicht gern".
Schafft es die Politik, unseren Wohlstand zu erhalten, wird sie unsere innere Unfreiheit auch jederzeit zum eigenen Machterhalt nutzen. Wir werden äußerst manipulierbar.
Und deshalb meine Meinung: Wir befinden uns in einem der unfreiesten Zeiträume der Weltgeschichte und sind darauf konditioniert. Wir haben zwar die Freiheit, uns unseren Urlaubsort auszusuchen, aber haben wir auch die Freiheit, keinen Urlaub zu machen, weil wir ihn nicht brauchen?
Die innere Freiheit ist Voraussetzung für eine äußere oder politische Freiheit. Solange wir erdulden, daß unsere Kinder sich nur in Markenklamotten wohl fühlen, wird es diese Freiheit nicht geben. Und so lange sind wir äußerst anfällig gegenüber einer leitenden Kaste der Politik, totalitären Systemen, Freiheitsbeschneidungen und viel Schlimmeren.
Ich hoffe, ich habe mit dem langen Text nicht gelangweilt.
Gruß Dieter
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dottore
15.07.2000, 17:08
@ Dieter
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Re: an Dottore |
>Hallo Dottore,
>Deine Antwort zu"Armes Deutschland" habe ich noch ein wenig sacken lassen. Unsere Denke ist doch sehr nahe beieinander und dennoch, etwas beunruhigt mich:
>"und Freiheit muß ich nicht erklären" sagtest Du.
>Aber genau um diese Freiheit geht es, die ich vielleicht anders auffasse als viele andere.
>Wir fühlen uns politisch und persönlich frei. Aber welche Freiheit ist das? Wie manipulierbar ist unsere Freiheit?
>Ich möchte gern einen Bogen von der pers. zur politischen Freiheit spannen.
>These: Ich denke, daß unsere persönliche und innere Freiheit proportional zur Summe unserer materiellen und immater. Bedürfnisse abnimmt.
>Unsere Gesellschaft ist über Generationen darauf gedrillt, daß Erzeugung, Vermarktung und Befriedigung von Bedürfnissen ein hohes Gut ist und somit äußerst erstrebenswert.
>Infolgedessen wählen wir Politiker oder Führer, die uns genau das versprechen. Zum Machterhalt und Machterweiterung der Politik hat aber auch beigetragen, neue Wohlstandsbedürfnisse erst zu wecken oder sie zuzulassen, deren Durchsetzung Selbstzweck! der Politik ist. Auf diese Weise wird die verlorene innere Freiheit der Bürger von der Politik mißbraucht und schafft Abhängigkeiten.
>Und wieviel Freiheit geben wir auf, um bequem leben zu können."Ein voller Bauch denkt bekanntlich nicht gern".
>Schafft es die Politik, unseren Wohlstand zu erhalten, wird sie unsere innere Unfreiheit auch jederzeit zum eigenen Machterhalt nutzen. Wir werden äußerst manipulierbar.
>Und deshalb meine Meinung: Wir befinden uns in einem der unfreiesten Zeiträume der Weltgeschichte und sind darauf konditioniert. Wir haben zwar die Freiheit, uns unseren Urlaubsort auszusuchen, aber haben wir auch die Freiheit, keinen Urlaub zu machen, weil wir ihn nicht brauchen?
>Die innere Freiheit ist Voraussetzung für eine äußere oder politische Freiheit. Solange wir erdulden, daß unsere Kinder sich nur in Markenklamotten wohl fühlen, wird es diese Freiheit nicht geben. Und so lange sind wir äußerst anfällig gegenüber einer leitenden Kaste der Politik, totalitären Systemen, Freiheitsbeschneidungen und viel Schlimmeren.
>Ich hoffe, ich habe mit dem langen Text nicht gelangweilt.
>Gruß Dieter
Keineswegs!
Ich akzeptiere dies voll und ganz als Ergänzung. Ich darf also einen Nachsatz anfügen: Den REST der FREIHEIT, den wir noch haben, gilt es unter allen Umständen zu verteidigen. Und da ANGRIFF bekanntlich die beste Verteidigung ist, sollten wir auch das Phänomen der unaufhaltsamen Freiheits-Minimierung wie von Dir völlig richtig beschrieben, offensiv angehen und versuchen, uns wieder die alten Freiheitsräume zurückzuerobern. Das sollte doch zu schaffen sein.
Zum Beispiel dadurch, dass wir uns nicht mehr alles gefallen lassen, dass wir nicht jeden"Zeitgeist"-Unfug mitmachen, sondern ihn als das entlarven, was er ist: Freiheitsberaubung, dass wir dabei - wenn es für uns schon zu spät ist - bei unseren Kindern ansetzen und sie zu systemkritischen, wachen Menschen erziehen (meine 3 jungen Kids, 13 bis 16, kämen nie auf die Idee, mit irgendwelchem Hilfiger-Fila-adidas-Fubu-Generve daher zu kommen, obwohl es Papa leicht bezahlen könnte usw.). Mit Behutsamkeit, Disziplin und gutem Willen ist viel zu erreichen.
Gruß
d.
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Albrecht
15.07.2000, 21:39
@ dottore
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Re: an Dottore |
Hallo zusammen,
bin ebenfalls der Meinung, daß echte Freiheit im Kopf und auf einem immateriellen Fundament stehen muß.
Das hat aber nichts damit zu tun, daß man deshalb bestimmte Marken ablehnt.
Ich denke man muß unterscheiden mit welcher Absicht ein Markenartikel gekauft wird.
Hier sind zwei Käufergruppen zu unterscheiden:
1) Diejenigen, die sich von dem Kauf einen Imagegewinn versprechen,
2) die Käufer, die bewußt Qualität kaufen wollen.
Ich zähle mich zu der zweiten Gruppe, weil ich der Meinung bin, daß sich der Mehrpreis, den ich hier zahle langfristig auszahlt. Auf Kleidung bezogen gilt dieser Grundsatz auf jeden Fall. Für ein Kleidungsstück z.B. vom Kleiderhersteller aus Metzingen, zahle ich 30% mehr und trage es dafür 60% länger, weil die Qualität es zuläßt.
Das ist in der Konsequenz auch ein Stück Freiheit (Schonung von Rohstoffen etc.). Qualität zahlt sich immer aus, und ist zu einem hohen %-Satz halt mit einem Markennamen verbunden, der sich wiederum aus der gelieferten Qualität mit der Zeit erst entwickelt.
Also kauft Qualität und schneidet von mir aus das Etikett raus ;-).
Gruß
Albrecht
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dottore
16.07.2000, 09:21
@ Albrecht
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Re: an Dottore hier: WERBEWIRTSCHAFT |
>Hallo zusammen,
>bin ebenfalls der Meinung, daß echte Freiheit im Kopf und auf einem immateriellen Fundament stehen muß.
>Das hat aber nichts damit zu tun, daß man deshalb bestimmte Marken ablehnt.
>Ich denke man muß unterscheiden mit welcher Absicht ein Markenartikel gekauft wird.
>Hier sind zwei Käufergruppen zu unterscheiden:
>1) Diejenigen, die sich von dem Kauf einen Imagegewinn versprechen,
>2) die Käufer, die bewußt Qualität kaufen wollen.
>Ich zähle mich zu der zweiten Gruppe, weil ich der Meinung bin, daß sich der Mehrpreis, den ich hier zahle langfristig auszahlt. Auf Kleidung bezogen gilt dieser Grundsatz auf jeden Fall. Für ein Kleidungsstück z.B. vom Kleiderhersteller aus Metzingen, zahle ich 30% mehr und trage es dafür 60% länger, weil die Qualität es zuläßt.
>Das ist in der Konsequenz auch ein Stück Freiheit (Schonung von Rohstoffen etc.). Qualität zahlt sich immer aus, und ist zu einem hohen %-Satz halt mit einem Markennamen verbunden, der sich wiederum aus der gelieferten Qualität mit der Zeit erst entwickelt.
>Also kauft Qualität und schneidet von mir aus das Etikett raus ;-).
>Gruß
>Albrecht
Okay, Albrecht, aber nicht bei Kids, die alle halbe Jahre aus dem Zeugs rausgewachsen sind.
Das mit dem"Imagegewinn" ist Kappes, weil das nun wirklich jeder schnell durchschaut, Frauen zumal, die extrem instinktsicher sind."Image" ist kontraproduktiv, und führt im Leben ins Nirgendwo (das ist das Land, wo die Psychiater hausen).
Und noch etwas zum Thema: Bekanntlich gibt es eine 32-Milliarden-DM-Industrie, genannt"Werbewirtschaft". Denen hat irgendjemand mal erzählt, es gebe nur eine Zielgruppe, die für sie als Letzkunde interessant sei - die 14-49jährigen. Denn die Jüngeren seien ohnehin fremdbestimmt, die Älteren würden ihre Habits, sprich ihr Kaufverhalten ohnehin nicht mehr ändern (sog."Markentreue").
Als jemand, der jenseits der 49er-Grenze konsumiert, kann ich nur sagen: UNFUG!
Ich habe keinerlei Markenpräferenz, sitze heute in Lee-Jeans an meiner Arbeitsstätte, kaufe mir nächste Woche neue (vermutlich wieder mal'ne Runde Levy's oder Wranglers), laß' fast jeden Monat einen neuen Kaffee ausprobieren von wegen einmal"Krönung" immer Krönung, habe als private Familienkutsche so ziemlich alles durch, was es gibt, bin aktuell beim Volvo gelandet, den ich für grauenvoll spießig halte, der mich aber durch Qualität überzeugt hat. Habe gerade den neuen Alfa Romeo getestet, sensationelles Design, aber ich hasse es, wenn man beim Lenkradeinschlag nicht den km-Zähler sehen kann (ergo abgelehnt). Habe weder beim Essen noch beim Reisen, Urlaubsfahrten inklusive, irgendwelche Präferenzen und laß' micht immer wieder gern überraschen.
Aber alle TV-Programme richten sich sklavisch nach diesem Idiotismus, der umso stärker ausgeprägt ist, je mehr sie auf die"ganz jungen Zuschauer" schielen. Dadurch wird uns etwas präsentiert, das weder gute Unterhaltung noch seriöse Information bietet, sondern eher so etwas ist wie Körperverletzung mit Hilfe von Ätherwellen.
Wer da komplett kondidioniert ist, sind nich wir Konsumenten, egal wie alt, sondern die Werbe-Fritzen, die schon so ausschauen wie ein per se debiler Haufen: Alle tragen Schwarz.
Trostlos, in der Tat.
Schönen Sonntag noch
d.
PS: Das mit BOSS ist auch okay, aber wenn Du den perfekten Anzug suchst und keine Lust hast, nach London in die Saville Row zu einem Schneider abzudampfen, dann gibt's nur eine Marke: KITON. Die Manufaktur steht in Neapel, Besuch dort lohnt sich, allein schon, um mal zu gucken wie die das machen. PERFETTO. Der hohe Preis für KITON-Anzüge (um die 3 Mille an aufwärts), ist 'ne echte Investition, die sich sehr, sehr lange auszahlt.
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Ratzebutz
16.07.2000, 14:45
@ dottore
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Re: an Dottore hier: WERBEWIRTSCHAFT |
Hi D.,
"Habe weder beim Essen noch beim Reisen, Urlaubsfahrten inklusive, irgendwelche Präferenzen..."
Da würd' ich doch gern mal auf den Frühstückstisch schauen.
Falls da so ein Marken-Salz für rund 0,80 DM stehen sollte:
Das gibt's auch im Regal nebenan, allerdings für 0,20 DM und
mit anderem Namen (ist so'n Stern drauf), kommt aber aus
denselben Sud-Pfannen, sogar die Packung wird auf derselben
Maschine gedruckt. Alles absolut gleich. NaCl ist eben NaCl.
Einziger Unterschied: Das teure Salz wird viel mehr gekauft
und geht besonders im Frühjahr auffallend gut: Man kann ja
nicht so'n billiges Zeug auf die Straße streuen.
Daran schuld sind natürlich nur...
.."die Werbe-Fritzen, die schon so ausschauen wie ein
per se debiler Haufen: Alle tragen Schwarz."
Ich finde: Äußerlich(!) ist Schwarz kein Zeichen für
Debilität. Auch nicht haufenweise.
Ich trage ebenfalls jede Farbe, solange es sich um Schwarz
handelt (i.S.v. Henry Ford). Ist halt auch verdammt
praktisch: Paßt einfach immer (Hochzeit, Beerdigung,
Radfahren, Abendessen, Urlaub, Meeting, Disco, Beichte,
Biergarten...) und läßt sich farblich äußerst einfach
kombinieren. Kleiner Kleiderschrank mit großer Auswahl.
Und absolut servicefreundlich.
Mit gar nicht schwarzen Gedanken
grüßt
Ratzebutz
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