dottore
04.06.2001, 12:27 |
Wechselkurse, Verschwörungstheorie - und noch'n TOLLES FUNDSTÜCK! Thread gesperrt |
Hi,
in der neuesten Ausgabe von"Foreign Affairs" wird das Problem des US-HaBi-Defizits herunter gespielt und zwar mit dem Argument: Letztlich resultierten die Defizite aus nichts anderem als aus Importen, die aus Firmen kommen, die ohnehin zum großen Teil Tochterunternehmen von US-Konzernen seien.
In Wirklichkeit würde also Amerika von den billigen Importen profitieren und der"Gewinn" bleibe letztlich im Lande. Und da ohnehin alles in $ gerechnet würde, sei es auch ganz wurscht, ob die $ formal die Landesgrenze überschritten oder nicht. Die ganze Aufregung über das HaBi-Defizit sei also eher hysterisch.
Ein ähnliches Argument kommt aus Japan: Dort hätten auch viele Großkonzeren Teile ihrer Produktion in Länder mit niedrigeren Kosten (Löhne) ausgelagert und würden sie quasi re-importieren, und das zu niedrigeren Preisen (Kosten) als sie im Hochlohn- und Hochkostenland Japan selbst entstünden.
Beide"Auslagerungen" sind in der Tat der Fall. Im Falle Japans könnten sie auch noch das dort sinkende Preisniveau mit erklären. Und damit zumindest zum Teil auch den hohen Kurs des Yen - sozusagen im Dreieck: Japan kauft seine Produkte in Billigländern und bietet sie als in Yen ausgepreiste Waren weiter an (der Weltmarkt hat nicht die Möglichkeit, billige Hondas ab Honda-Fabrik in Thailand, Malaysia oder sonst wo einzukaufen). Um japanische Waren zu kaufen, muss der Weltmarkt dann schon den Weg über Japan selbst gehen und somit Yen kaufen, um japanische Waren kaufen zu können (deren Preise - wie gezeigt - eben"billig" erscheinen).
Im Fall der USA ist es etwas anders. Hier entscheidet vor allem der Binnenmarkt, welche Waren er abzunehmen gedenkt. Und sind die Waren aus anderen Ländern"billig", ist der Binnenmarkt zufrieden.
Nun kommt es für die USA aber darauf an, den Kurs des $ hoch zu halten, um die Waren weiterhin billig beziehen zu können. Dazu ist es günstiger, den Kurs des Dollar hoch zu ziehen bzw. zu halten. Den Kurs $/Euro z.B. können die USA aber einfach beeinflussen, indem sie z.B. über die Filialen ihrer Banken im Euro-Raum dort Geld aufnehmen, um es anschließend in $ zu wechseln, was den Kurs des $ hinauftreibt. (Abgesehen davon schaufelt man so - zinsbedingt -"günstig" gepreiste Liquidität ins Land und kann damit jegliche nationalen Kreditrestriktionen überspielen und vor allem das Börsenfeuer noch schön am Weiterfackeln halten).
Die USA haben es also mit Hilfe ihres $ in der Hand, den Wechselkurs zu manipulieren. Dies macht vor allem Sinn, wenn man sich überlegt, dass billige Importe letztlich darauf hinaus laufen, die anderen Länder mit Hilfe des manipulierten Wechselkurses"auszubeuten". Die müssen billig in die USA liefern und können die dortigen Waren nicht beziehen, weil sie wg. des Wechselkurses zu teuer erscheinen. Letztlich"verschleudern" bzw."verschenken" also die Billig-Länder (hier konkret die Euro-Zone) ihre Waren.
Dahinter können also Kalkül und Methode stecken und ich habe mich gefragt, ob es so etwas, das eindeutig nach"Verschwörung" riecht, in der Geschichte schon ein Mal gegeben hat. Dazu habe ich ausführliche Recherchen in der besten Bibliothek für Wirtschaftsgeschichte angestellt: Baker Library in Harvard, Abteilung Kress Library.
Dort ist mir zunächst ein Buch aufgefallen, das ich noch nicht kannte: Raymond de Roover, Gresham on Foreign Exchange (Harvard 1945).
Thomas Gresham ist bekannt als Gründer der Londoner Börse, Finanzberater Elizabeths I. und als"Erfinder" der bekannten Theorie, dass schlechtes Geld gutes vetreibe (hier schon ausführlich diskutiert).
Prof. de Roover war einer der besten Wirtschaftshistoriker des letzten Jh., u.a. hat er detailliert Aufstieg und Fall der Medici-Bank beschrieben (auch schon hier diskutiert).
Ich habe mir auch das Ms."on Foreign Exchange" vorlegen lassen und bin zunächst durch eine Besprechung von Prof. Daniel Fusfeld in der"Economic History Review" darauf gekommen, dass als Autor nicht Gresham selbst in Frage kommt, sondern sehr wahrscheinlich Sir Richard Martin (by the way und wirklich zufälligerweise ein entfernter Vorfahr), der 1534-1617 lebte, mit Gresham und anderen die"Geheimgesellschaft" der"Grasshopper" in der Londoner Lombard Street betrieb und das Ms., geschrieben in einer wie für Staatsvorlagen üblichen, extrem kalligraphischen Schrift 1559 vorlegte (damals 25jährig) und - vermutlich wg. des Traktats schon 1562 von Elizabeth I. geadelt wurde ("Sir"), was die Königin nur bei wirklichen Verdiensten um Krone und Land vornahm (im Gegensatz zu heute).
"On Exchange" erklärt zunächst, was Wechselkurse sind und wie sie entstehen und sich verändern. Und dann aber auch, wie man sie manipulieren kann: Nämlich indem Londoner Bankiers die bekannten Preisdifferenzen zwischen innerem und aufgeprägtem Wert der Münzen anderer Staaten ausnutzen, indem sie mit der jeweils billigeren Münze die teure kaufen (letztlich das Edelmetall selbst) und damit unschwer den Wechselkurs beeinflussen können.
Sie nehmen dazu ihren Kredit (zunächst durch Hinterlegung von bestimmten Kapital auf auswärtigen Plätzen) und treiben den Kurs des fremden Geldes nach unten, so dass sie immer billiger an auswärtige Waren kommen können (incl. Edelmetall) als es bei Nicht-Manipulation der Fall wäre.
Es ist also ganz genau das selbe, was die US-Banken heute auch machen können, indem sie Filialen auf auswärtigen Plätzen (hier: Euroland) unterhalten, ihren dort vorhandenen Kredit einsetzen und sich - wie 1999/2000 massiv geschehen (Zahlen von 50/60 Mrd Euro machen die Runde p.a.) - entsprechend finanzieren, was Mutterhäusern (mehr Mittel) und Mutterland (günstigere Importpreise) zu Gute kommt. Wobei die zusätzlichen Mittel obendrein zu zusätzlichen Importen verwendet werden können (vorausgesetzt diese werden künstlich billig gehalten).
Nun aber zum Text selbst (kleiner Auszug,! von mir):
<font color="FF0000">"England's restored wealth by rising (!) of the exchange (heute: $-Kurs, d.):
With impoverishing (!) of foreign countries enriching our own...
With the cheap buying here (!) of all foreign commodities...
With the cunning eating out of all merchants strangers... when they shall not be able to bring in any foreign commodities to buy ours with (exakt die heutige Lage, d.!)...
And thus shall England recover her old riches, her wonted honor, her able war and peace making (!) through Europe
and besides shall impoverish (!) all foreign princes secretly (!!!), without violence."</font>
Wir sehen also eine klassische Parallele zwischen dem 16. Jh. und der Lage heute. Und was die Engländer damals schon konnten (die Martin'schen Vorschläge wurden stante pede umgesetzt), das exerzieren die Amerikaner heute offenbar ein weiteres Mal durch.
<font color="FF0000">Merke: Geschichte wiederholt sich doch, und das perfekt, auch wenn die Darsteller wechseln mögen.</font>
Vielen Dank fürs Lesen!
Gruß
d.
Übrigens: Sir Richard ging 1602 pleite und kam in den Schuldturm. Ob das ein böses Omen ist für alle jene, die es - weil's so leicht geht - ihm nach machen und dabei schließlich ihren Kredit und ihre Mittel überziehen? ACHTUNG AMERIKA!
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black elk
04.06.2001, 12:51
@ dottore
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Super Recherche! Danke. |
Das erklärt was einem das Bauchgefühl schon lange sagt (und die US Politik auch): 'Der Dollar bleibt stark'. War vielleicht auch die Asienkrise inszeniert, oder wie du beschreibst die Euroschwäche? Steckt nicht hinter alle dem ein Kalkül, billiges Ã-l und billige Waren für das Mutterland des angelsächsischen Imperiums.
Der Rest der Welt hängt am Tropf der USA...
be
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Baldur der Ketzer
04.06.2001, 12:55
@ dottore
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Re: TOLLES FUNDSTÜCK! - ein echter dottre! Besten Dank und frdl.Gruß vom (owT) |
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Ecki1
04.06.2001, 13:55
@ dottore
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Re: SUPER! Ein wichtiger Mosaikstein! Danke! owT |
>Hi,
>in der neuesten Ausgabe von"Foreign Affairs" wird das Problem des US-HaBi-Defizits herunter gespielt und zwar mit dem Argument: Letztlich resultierten die Defizite aus nichts anderem als aus Importen, die aus Firmen kommen, die ohnehin zum großen Teil Tochterunternehmen von US-Konzernen seien.
>In Wirklichkeit würde also Amerika von den billigen Importen profitieren und der"Gewinn" bleibe letztlich im Lande. Und da ohnehin alles in $ gerechnet würde, sei es auch ganz wurscht, ob die $ formal die Landesgrenze überschritten oder nicht. Die ganze Aufregung über das HaBi-Defizit sei also eher hysterisch.
>Ein ähnliches Argument kommt aus Japan: Dort hätten auch viele Großkonzeren Teile ihrer Produktion in Länder mit niedrigeren Kosten (Löhne) ausgelagert und würden sie quasi re-importieren, und das zu niedrigeren Preisen (Kosten) als sie im Hochlohn- und Hochkostenland Japan selbst entstünden.
>Beide"Auslagerungen" sind in der Tat der Fall. Im Falle Japans könnten sie auch noch das dort sinkende Preisniveau mit erklären. Und damit zumindest zum Teil auch den hohen Kurs des Yen - sozusagen im Dreieck: Japan kauft seine Produkte in Billigländern und bietet sie als in Yen ausgepreiste Waren weiter an (der Weltmarkt hat nicht die Möglichkeit, billige Hondas ab Honda-Fabrik in Thailand, Malaysia oder sonst wo einzukaufen). Um japanische Waren zu kaufen, muss der Weltmarkt dann schon den Weg über Japan selbst gehen und somit Yen kaufen, um japanische Waren kaufen zu können (deren Preise - wie gezeigt - eben"billig" erscheinen).
>Im Fall der USA ist es etwas anders. Hier entscheidet vor allem der Binnenmarkt, welche Waren er abzunehmen gedenkt. Und sind die Waren aus anderen Ländern"billig", ist der Binnenmarkt zufrieden.
>Nun kommt es für die USA aber darauf an, den Kurs des $ hoch zu halten, um die Waren weiterhin billig beziehen zu können. Dazu ist es günstiger, den Kurs des Dollar hoch zu ziehen bzw. zu halten. Den Kurs $/Euro z.B. können die USA aber einfach beeinflussen, indem sie z.B. über die Filialen ihrer Banken im Euro-Raum dort Geld aufnehmen, um es anschließend in $ zu wechseln, was den Kurs des $ hinauftreibt. (Abgesehen davon schaufelt man so - zinsbedingt -"günstig" gepreiste Liquidität ins Land und kann damit jegliche nationalen Kreditrestriktionen überspielen und vor allem das Börsenfeuer noch schön am Weiterfackeln halten).
>Die USA haben es also mit Hilfe ihres $ in der Hand, den Wechselkurs zu manipulieren. Dies macht vor allem Sinn, wenn man sich überlegt, dass billige Importe letztlich darauf hinaus laufen, die anderen Länder mit Hilfe des manipulierten Wechselkurses"auszubeuten". Die müssen billig in die USA liefern und können die dortigen Waren nicht beziehen, weil sie wg. des Wechselkurses zu teuer erscheinen. Letztlich"verschleudern" bzw."verschenken" also die Billig-Länder (hier konkret die Euro-Zone) ihre Waren.
>Dahinter können also Kalkül und Methode stecken und ich habe mich gefragt, ob es so etwas, das eindeutig nach"Verschwörung" riecht, in der Geschichte schon ein Mal gegeben hat. Dazu habe ich ausführliche Recherchen in der besten Bibliothek für Wirtschaftsgeschichte angestellt: Baker Library in Harvard, Abteilung Kress Library.
>Dort ist mir zunächst ein Buch aufgefallen, das ich noch nicht kannte: Raymond de Roover, Gresham on Foreign Exchange (Harvard 1945).
>Thomas Gresham ist bekannt als Gründer der Londoner Börse, Finanzberater Elizabeths I. und als"Erfinder" der bekannten Theorie, dass schlechtes Geld gutes vetreibe (hier schon ausführlich diskutiert).
>Prof. de Roover war einer der besten Wirtschaftshistoriker des letzten Jh., u.a. hat er detailliert Aufstieg und Fall der Medici-Bank beschrieben (auch schon hier diskutiert).
>Ich habe mir auch das Ms."on Foreign Exchange" vorlegen lassen und bin zunächst durch eine Besprechung von Prof. Daniel Fusfeld in der"Economic History Review" darauf gekommen, dass als Autor nicht Gresham selbst in Frage kommt, sondern sehr wahrscheinlich Sir Richard Martin (by the way und wirklich zufälligerweise ein entfernter Vorfahr), der 1534-1617 lebte, mit Gresham und anderen die"Geheimgesellschaft" der"Grasshopper" in der Londoner Lombard Street betrieb und das Ms., geschrieben in einer wie für Staatsvorlagen üblichen, extrem kalligraphischen Schrift 1559 vorlegte (damals 25jährig) und - vermutlich wg. des Traktats schon 1562 von Elizabeth I. geadelt wurde ("Sir"), was die Königin nur bei wirklichen Verdiensten um Krone und Land vornahm (im Gegensatz zu heute).
>"On Exchange" erklärt zunächst, was Wechselkurse sind und wie sie entstehen und sich verändern. Und dann aber auch, wie man sie manipulieren kann: Nämlich indem Londoner Bankiers die bekannten Preisdifferenzen zwischen innerem und aufgeprägtem Wert der Münzen anderer Staaten ausnutzen, indem sie mit der jeweils billigeren Münze die teure kaufen (letztlich das Edelmetall selbst) und damit unschwer den Wechselkurs beeinflussen können.
>Sie nehmen dazu ihren Kredit (zunächst durch Hinterlegung von bestimmten Kapital auf auswärtigen Plätzen) und treiben den Kurs des fremden Geldes nach unten, so dass sie immer billiger an auswärtige Waren kommen können (incl. Edelmetall) als es bei Nicht-Manipulation der Fall wäre.
>Es ist also ganz genau das selbe, was die US-Banken heute auch machen können, indem sie Filialen auf auswärtigen Plätzen (hier: Euroland) unterhalten, ihren dort vorhandenen Kredit einsetzen und sich - wie 1999/2000 massiv geschehen (Zahlen von 50/60 Mrd Euro machen die Runde p.a.) - entsprechend finanzieren, was Mutterhäusern (mehr Mittel) und Mutterland (günstigere Importpreise) zu Gute kommt. Wobei die zusätzlichen Mittel obendrein zu zusätzlichen Importen verwendet werden können (vorausgesetzt diese werden künstlich billig gehalten).
>Nun aber zum Text selbst (kleiner Auszug,! von mir):
><font color="FF0000">"England's restored wealth by rising (!) of the exchange (heute: $-Kurs, d.):
>With impoverishing (!) of foreign countries enriching our own...
>With the cheap buying here (!) of all foreign commodities...
>With the cunning eating out of all merchants strangers... when they shall not be able to bring in any foreign commodities to buy ours with (exakt die heutige Lage, d.!)...
>And thus shall England recover her old riches, her wonted honor, her able war and peace making (!) through Europe
>and besides shall impoverish (!) all foreign princes secretly (!!!), without violence."</font>
>Wir sehen also eine klassische Parallele zwischen dem 16. Jh. und der Lage heute. Und was die Engländer damals schon konnten (die Martin'schen Vorschläge wurden stante pede umgesetzt), das exerzieren die Amerikaner heute offenbar ein weiteres Mal durch.
><font color="FF0000">Merke: Geschichte wiederholt sich doch, und das perfekt, auch wenn die Darsteller wechseln mögen.</font>
>Vielen Dank fürs Lesen!
>Gruß
>d.
>Übrigens: Sir Richard ging 1602 pleite und kam in den Schuldturm. Ob das ein böses Omen ist für alle jene, die es - weil's so leicht geht - ihm nach machen und dabei schließlich ihren Kredit und ihre Mittel überziehen? ACHTUNG AMERIKA!
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Talleyrand
04.06.2001, 14:23
@ dottore
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@dottore: Zu welcher Ironie die Geschichte doch fähig ist; |
Sir Richard Martin knobelt die Grundlage einer Verschwörung aus und landet im Kerker, weil er den Debitismus noch nicht kannte, den wiederum sein Nachfahr Dr. Paul C. Martin formuliert hat, welcher aber auf die volle tatsächliche Prachtentfaltung seiner These warten muss, weil die These seines Vorfahren bis zum bitteren Ende praktiziert wird.
Gruss! T.
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André
04.06.2001, 14:34
@ dottore
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Re: @ dottore |
Sehr interessante Geschichte! Danke, man wird dauernd"schlauer".
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Heute bei der pfingstmontaglichen Wanderung fiel mir die von Dir neulich gestellte Frage nach dem PX - Zeichen auf alten Münzen ein.
Da es ja nichts mit PX (US-Armeeversorgung) oder X = exchange zu tun hat, und zugleich älter als die christlichen Kennzeichen sein soll, dachte ich nicht nur an: P = Pater und X = Christos (auch letzterer Begriff ist wesentlich älter!!! als Jesus v. Nazareth, wiederbelebt im Andreaskreuz) und andererseits
an altpersische Symbole und Mitraskult, von dem die Kirche so mancherlei übernahm.
X könnte stehen für Abraxas, den universellen Sonnengott mit den 4 Pferden (Emanationen), die die Sonne über den Himmel ziehen, als Sinnbilder von Wille, Weisheit, Wirksamkeit und Liebe (Agape).Deshalb der Mittelpunkt mit den nach den vier Seiten ausgehenden Wirksamkeiten (X).
Machte sich doch ganz schön auf Münzen als imperiales (durch Hybris gekennzeichnetes)Herrschersymbol!
MfG
A.
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dottore
04.06.2001, 15:41
@ André
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Re: @ dottore / Antwort pfingstlich offtopic: |
Hi André,
Pfingsten hat schon wirklich was. Für die Anregungen danke ich vielmals.
>Heute bei der pfingstmontaglichen Wanderung fiel mir die von Dir neulich gestellte Frage nach dem PX - Zeichen auf alten Münzen ein.
Etwas weiter bin ich in dem Punkt schon gekommen. Es gibt eine Zahlzeichen-Variante (x = 10, usw.), aber auch schon Münzen mit breitem X kurz vorher, z.B. ein Konstantin-Follis 319. Text (ex Lanz, 102):
"Sol mit erhobener Rechter und Globus in der Linken über symmetrischem System aus sich kreuzenden Linien und Winkeln en face stehend" (Linien und Winkel = X).
Das entspräche Deinem"Sonnengott" perfekt!
So sieht's aus:
ABER: Auf dem gleichen Mosaik (leider in der Literatur nicht abgebildet, Mosaik im BM, London) erscheinen auch Bellerophon wie der die Chimäre killt (alter griechischer Mythos aus Korinth! B. reitet bekanntlich den Pegasos) sowie Hunde, die einen Hirsch jagen und Personifizierungen der vier Winde (vier!). Was daran"christlich" sein soll, ist mir schleierhaft (Bellerophon als praeexistenter Christus?).
Jedenfalls hast Du mich wieder ein Stück Weges weiter gebracht.
Besten Gruß
d.
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dottore
04.06.2001, 15:58
@ Talleyrand
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Re: Zu welcher Ironie die Geschichte doch fähig ist; Danke! Plus Nachschlag! |
>Sir Richard Martin knobelt die Grundlage einer Verschwörung aus und landet im Kerker, weil er den Debitismus noch nicht kannte,
Den nicht. Aber er hatte jedenfalls schon mal was zum Vorschmecken serviert.
>den wiederum sein Nachfahr Dr. Paul C. Martin formuliert hat, welcher aber auf die volle tatsächliche Prachtentfaltung seiner These warten muss, weil die These seines Vorfahren bis zum bitteren Ende praktiziert wird.
Jaja,"Aufwärts ohne Ende" kenne ich selbst am allerbesten. Nur lässt die Prachtentfaltung zum Schluss doch sehr nach. Denn auch für WK-Manipulationen gilt, was Krugman eben erst zu Bush's Steuergeschenk gesagt hat: Funktioniert nicht, weil es nicht jedes Jahr aufs Neue ein solches geben kann (unter Hinweis auf Milton Friedman's Konsumfunktion übrigens; hatte Krugmans neues Buch schon mal vor 3 Tagen oder so kurz vorgestellt).
Oder noch anders: Aus Zinsen, die immer nur zur Schuld geschlagen werden, kann keine neue Pracht erwachsen (zusätzliches BIP in real terms!). <font color="FF0000">Geld, das mir immer nur gezeigt wird, kann ich nicht ausgeben!</font>.
Noch'n Literatur-Tipp:
"Report of Sir Richard Martin and eleven other commissioners on the foreign exchanges and the condition of the Mint" (1601), in: (London) Public Record Office. State Papers Domestic, CCLXXIX, No. 97.
Hoffentlich ging der arme Kerl also nicht solo pleite, sondern die eleven others gleich mit.
>Gruss! T.
Und Rückgruß
d.
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boso
04.06.2001, 16:29
@ dottore
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TOLLES FUNDSTÃœCK-sehr interessant:Vielen Dank!!(owT) |
>Hi,
>in der neuesten Ausgabe von"Foreign Affairs" wird das Problem des US-HaBi-Defizits herunter gespielt und zwar mit dem Argument: Letztlich resultierten die Defizite aus nichts anderem als aus Importen, die aus Firmen kommen, die ohnehin zum großen Teil Tochterunternehmen von US-Konzernen seien.
>In Wirklichkeit würde also Amerika von den billigen Importen profitieren und der"Gewinn" bleibe letztlich im Lande. Und da ohnehin alles in $ gerechnet würde, sei es auch ganz wurscht, ob die $ formal die Landesgrenze überschritten oder nicht. Die ganze Aufregung über das HaBi-Defizit sei also eher hysterisch.
>Ein ähnliches Argument kommt aus Japan: Dort hätten auch viele Großkonzeren Teile ihrer Produktion in Länder mit niedrigeren Kosten (Löhne) ausgelagert und würden sie quasi re-importieren, und das zu niedrigeren Preisen (Kosten) als sie im Hochlohn- und Hochkostenland Japan selbst entstünden.
>Beide"Auslagerungen" sind in der Tat der Fall. Im Falle Japans könnten sie auch noch das dort sinkende Preisniveau mit erklären. Und damit zumindest zum Teil auch den hohen Kurs des Yen - sozusagen im Dreieck: Japan kauft seine Produkte in Billigländern und bietet sie als in Yen ausgepreiste Waren weiter an (der Weltmarkt hat nicht die Möglichkeit, billige Hondas ab Honda-Fabrik in Thailand, Malaysia oder sonst wo einzukaufen). Um japanische Waren zu kaufen, muss der Weltmarkt dann schon den Weg über Japan selbst gehen und somit Yen kaufen, um japanische Waren kaufen zu können (deren Preise - wie gezeigt - eben"billig" erscheinen).
>Im Fall der USA ist es etwas anders. Hier entscheidet vor allem der Binnenmarkt, welche Waren er abzunehmen gedenkt. Und sind die Waren aus anderen Ländern"billig", ist der Binnenmarkt zufrieden.
>Nun kommt es für die USA aber darauf an, den Kurs des $ hoch zu halten, um die Waren weiterhin billig beziehen zu können. Dazu ist es günstiger, den Kurs des Dollar hoch zu ziehen bzw. zu halten. Den Kurs $/Euro z.B. können die USA aber einfach beeinflussen, indem sie z.B. über die Filialen ihrer Banken im Euro-Raum dort Geld aufnehmen, um es anschließend in $ zu wechseln, was den Kurs des $ hinauftreibt. (Abgesehen davon schaufelt man so - zinsbedingt -"günstig" gepreiste Liquidität ins Land und kann damit jegliche nationalen Kreditrestriktionen überspielen und vor allem das Börsenfeuer noch schön am Weiterfackeln halten).
>Die USA haben es also mit Hilfe ihres $ in der Hand, den Wechselkurs zu manipulieren. Dies macht vor allem Sinn, wenn man sich überlegt, dass billige Importe letztlich darauf hinaus laufen, die anderen Länder mit Hilfe des manipulierten Wechselkurses"auszubeuten". Die müssen billig in die USA liefern und können die dortigen Waren nicht beziehen, weil sie wg. des Wechselkurses zu teuer erscheinen. Letztlich"verschleudern" bzw."verschenken" also die Billig-Länder (hier konkret die Euro-Zone) ihre Waren.
>Dahinter können also Kalkül und Methode stecken und ich habe mich gefragt, ob es so etwas, das eindeutig nach"Verschwörung" riecht, in der Geschichte schon ein Mal gegeben hat. Dazu habe ich ausführliche Recherchen in der besten Bibliothek für Wirtschaftsgeschichte angestellt: Baker Library in Harvard, Abteilung Kress Library.
>Dort ist mir zunächst ein Buch aufgefallen, das ich noch nicht kannte: Raymond de Roover, Gresham on Foreign Exchange (Harvard 1945).
>Thomas Gresham ist bekannt als Gründer der Londoner Börse, Finanzberater Elizabeths I. und als"Erfinder" der bekannten Theorie, dass schlechtes Geld gutes vetreibe (hier schon ausführlich diskutiert).
>Prof. de Roover war einer der besten Wirtschaftshistoriker des letzten Jh., u.a. hat er detailliert Aufstieg und Fall der Medici-Bank beschrieben (auch schon hier diskutiert).
>Ich habe mir auch das Ms."on Foreign Exchange" vorlegen lassen und bin zunächst durch eine Besprechung von Prof. Daniel Fusfeld in der"Economic History Review" darauf gekommen, dass als Autor nicht Gresham selbst in Frage kommt, sondern sehr wahrscheinlich Sir Richard Martin (by the way und wirklich zufälligerweise ein entfernter Vorfahr), der 1534-1617 lebte, mit Gresham und anderen die"Geheimgesellschaft" der"Grasshopper" in der Londoner Lombard Street betrieb und das Ms., geschrieben in einer wie für Staatsvorlagen üblichen, extrem kalligraphischen Schrift 1559 vorlegte (damals 25jährig) und - vermutlich wg. des Traktats schon 1562 von Elizabeth I. geadelt wurde ("Sir"), was die Königin nur bei wirklichen Verdiensten um Krone und Land vornahm (im Gegensatz zu heute).
>"On Exchange" erklärt zunächst, was Wechselkurse sind und wie sie entstehen und sich verändern. Und dann aber auch, wie man sie manipulieren kann: Nämlich indem Londoner Bankiers die bekannten Preisdifferenzen zwischen innerem und aufgeprägtem Wert der Münzen anderer Staaten ausnutzen, indem sie mit der jeweils billigeren Münze die teure kaufen (letztlich das Edelmetall selbst) und damit unschwer den Wechselkurs beeinflussen können.
>Sie nehmen dazu ihren Kredit (zunächst durch Hinterlegung von bestimmten Kapital auf auswärtigen Plätzen) und treiben den Kurs des fremden Geldes nach unten, so dass sie immer billiger an auswärtige Waren kommen können (incl. Edelmetall) als es bei Nicht-Manipulation der Fall wäre.
>Es ist also ganz genau das selbe, was die US-Banken heute auch machen können, indem sie Filialen auf auswärtigen Plätzen (hier: Euroland) unterhalten, ihren dort vorhandenen Kredit einsetzen und sich - wie 1999/2000 massiv geschehen (Zahlen von 50/60 Mrd Euro machen die Runde p.a.) - entsprechend finanzieren, was Mutterhäusern (mehr Mittel) und Mutterland (günstigere Importpreise) zu Gute kommt. Wobei die zusätzlichen Mittel obendrein zu zusätzlichen Importen verwendet werden können (vorausgesetzt diese werden künstlich billig gehalten).
>Nun aber zum Text selbst (kleiner Auszug,! von mir):
><font color="FF0000">"England's restored wealth by rising (!) of the exchange (heute: $-Kurs, d.):
>With impoverishing (!) of foreign countries enriching our own...
>With the cheap buying here (!) of all foreign commodities...
>With the cunning eating out of all merchants strangers... when they shall not be able to bring in any foreign commodities to buy ours with (exakt die heutige Lage, d.!)...
>And thus shall England recover her old riches, her wonted honor, her able war and peace making (!) through Europe
>and besides shall impoverish (!) all foreign princes secretly (!!!), without violence."</font>
>Wir sehen also eine klassische Parallele zwischen dem 16. Jh. und der Lage heute. Und was die Engländer damals schon konnten (die Martin'schen Vorschläge wurden stante pede umgesetzt), das exerzieren die Amerikaner heute offenbar ein weiteres Mal durch.
><font color="FF0000">Merke: Geschichte wiederholt sich doch, und das perfekt, auch wenn die Darsteller wechseln mögen.</font>
>Vielen Dank fürs Lesen!
>Gruß
>d.
>Übrigens: Sir Richard ging 1602 pleite und kam in den Schuldturm. Ob das ein böses Omen ist für alle jene, die es - weil's so leicht geht - ihm nach machen und dabei schließlich ihren Kredit und ihre Mittel überziehen? ACHTUNG AMERIKA!
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André
04.06.2001, 17:27
@ dottore
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Re: @ d. |
>Pfingsten hat schon wirklich was.
Grüezi, dottore
Stimmt uneingeschränkt.
Habe einige Bilder-Darstellungen irgendwo in meinen Folien, wenn ich nur wüßte wo. Abraxas, so erinnere ich mich, hat dabei eine Geisel in der Hand, die wiederum aufgesplittet ist.
Übrigens wurde sowohl bei Mithras als auch bei Krishna in den Legenden von einer jungfräulichen Geburt gesprochen. Was von der Kirche übernommen wurde. Nahezu all diese Symbole sind gnostisch inspiriert oder auch zu interpretieren, was allein dann auch zu sinnhaften Aussagen führt.
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Uwe
04.06.2001, 18:49
@ dottore
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Re: @ dottore / Antwort pfingstlich offtopic: /"Mosaiksteine"-Ergänzung |
dottore:[i]...Ich sammle noch und sammle, wie blöd. Gut gefällt mir ein römisches Mosaik aus Dorset (Nähe), wo ein Kopf mit"Christogramm" dahinter abgebildet. Wird als Christus gedeutet.
The Hinton St Mary Mosaic
Roman Britain, 4th century AD
Dorset, England
The earliest known image of Christ?
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Quelle: The British Museum
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JüKü
04.06.2001, 19:04
@ Uwe
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Re: @ dottore / Mönsch, Uwe, was du immer findest! Klasse! (owT) |
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dottore
04.06.2001, 21:07
@ Uwe
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Re: Uwe, Du wahrlich Trefflichster der Trefflichen - dafür danke ich Dir immens! (owT) |
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dottore
04.06.2001, 21:13
@ André
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Re: Danke auch Dir, André - this is a really useful forum, isn't it? ("TIARUF") (owT) |
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