dottore
04.06.2001, 22:24 |
Nochmal Versuch (mit Bildchen) als Antwort auf Frage nach dem"allerersten Geld"Thread gesperrt |
>>Der Gläubiger dieses Kredit kann seine Forderungen an eine Geschäftsbank abtreten, um schneller über sein Geld verfügen zu können.
>Danke, aber woher hat die Geschäftsbank „beim ersten mal“ das Geld wenn Kredit immer vor Geld kommt? >
>Gruß zurück
>K
Sehr gute Frage. Extrem gute Frage sogar, denn um die geht's schließlich.
Zunächst einmal das"erste Geld" der BRD nach der"Währungsreform" von 1948. So sah das damals aus (Quelle: Buba):
(Quelle: Nicolò/Ungnad: Neubabylonische Rechts- und Verwaltungsurkunden, I, Leipzig 1935, 299).
Wir sehen also:
1. Einen Kredit (Schuld) von 1/2 Mine Silber (= Ware) pur, also keine Münzen. Gläubiger und Schuldner sind genannt.
2. Einen Zinssatz.
3. Immobilien (Eigentum) in Babylon, und zwar nicht nur das Haus des Schuldners, sondern auch das eines unbeteiligten (!) Dritten als Besicherung (Pfand).
So wurde aus einer Schuld/Forderung eben"Geld", weil sich derjenige, der die Schuld/Forderung via Zession akzeptierte, nicht nur an Gläubiger/Schuldner, sondern auch an das Eigentum eines DRITTEN halten konnte.
Ich selbst besitze eine ähnliche altbabylonische Tontafel (in Ochsenfurt ausgestellt gewesen; siehe Text dort).
Resultat: Eigentum, Geld und Zins entstehen bzw. bedingen sich gleichzeitig (wiewohl es Schulden schon davor gegeben hat bzw. haben konnte, von meiner alllerherzliebsten"Urschuld" ganz abgesehen).
Ich gebe ja zu, dass es sauschwer ist, sich in das alles hinein zu versetzen. Ich selbst habe Jahre damit zugebracht, das alles endlich zu kapieren, H/S ging's vermutlich ganz genau so (was haben wir für lange Briefe gewechselt...).
Jetzt vielleicht klar?
Gruß
d.
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dottore
04.06.2001, 22:30
@ dottore
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Re: Nochmal Versuch - Shit, sehe nix. Kann jemand bitte helfen? (owT) |
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Uwe
04.06.2001, 22:34
@ dottore
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Re: Nochmal Versuch (mit Bildchen) als Antwort auf Frage nach dem"allerersten Geld" |
>Der Gläubiger dieses Kredit kann seine Forderungen an eine Geschäftsbank abtreten, um schneller über sein Geld verfügen zu können.
>Danke, aber woher hat die Geschäftsbank „beim ersten mal“ das Geld wenn Kredit immer vor Geld kommt? >
>Gruß zurück
>K
Sehr gute Frage. Extrem gute Frage sogar, denn um die geht's schließlich.
Zunächst einmal das"erste Geld" der BRD nach der"Währungsreform" von 1948. So sah das damals aus (Quelle: Buba):
(Quelle: Nicolò/Ungnad: Neubabylonische Rechts- und Verwaltungsurkunden, I, Leipzig 1935, 299).
Wir sehen also:
1. Einen Kredit (Schuld) von 1/2 Mine Silber (= Ware) pur, also keine Münzen. Gläubiger und Schuldner sind genannt.
2. Einen Zinssatz.
3. Immobilien (Eigentum) in Babylon, und zwar nicht nur das Haus des Schuldners, sondern auch das eines unbeteiligten (!) Dritten als Besicherung (Pfand).
So wurde aus einer Schuld/Forderung eben"Geld", weil sich derjenige, der die Schuld/Forderung via Zession akzeptierte, nicht nur an Gläubiger/Schuldner, sondern auch an das Eigentum eines DRITTEN halten konnte.
Ich selbst besitze eine ähnliche altbabylonische Tontafel (in Ochsenfurt ausgestellt gewesen; siehe Text dort).
Resultat: Eigentum, Geld und Zins entstehen bzw. bedingen sich gleichzeitig (wiewohl es Schulden schon davor gegeben hat bzw. haben konnte, von meiner alllerherzliebsten"Urschuld" ganz abgesehen).
Ich gebe ja zu, dass es sauschwer ist, sich in das alles hinein zu versetzen. Ich selbst habe Jahre damit zugebracht, das alles endlich zu kapieren, H/S ging's vermutlich ganz genau so (was haben wir für lange Briefe gewechselt...).
Jetzt vielleicht klar?
Gruß
d.
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Uwe
04.06.2001, 22:36
@ Uwe
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@dottore: Es waren jeweils die Punkte hinter den Dateierweiterungen jpg (owT) |
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Dimi
04.06.2001, 22:54
@ Uwe
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Re:"Allererstes" Geld entstand nicht aus dem Kredit - Dottore |
>1. Einen Kredit (Schuld) von 1/2 Mine Silber (= Ware) pur,
Warengeld pur.
>also keine Münzen.
Gab es nicht, zeitlich entstand Warengeld vor Münzen, und zwar vorhistorisch.
Begründungen in früheren Beiträgen.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich Dich fragen, ob Dir die Geldentstehungstheorie von Henry Macleod bekannt ist. Dieser, ein früher Debitist gewissermaßen, entwickelte vor ca. 150 Jahren eine Geldentstehungstheorie aus dem Kredit.
Gruß, Dimi
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dottore
04.06.2001, 22:56
@ Uwe
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Re: Uwe, besten Dank; bin + bleibe Mechano & PC-Trottel (owT) |
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dottore
04.06.2001, 23:23
@ Dimi
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Re:"Allererstes" Geld entstand nicht aus dem Kredit - Dottore. DOCH! DOCH! |
>>1. Einen Kredit (Schuld) von 1/2 Mine Silber (= Ware) pur,
>Warengeld pur.
Wieso"Warengeld"? Auf diesen Einwand habe ich eigentlich gewartet. Dann bitte dieses Dokument (ibid. S. 282):
[img][/img]
Dasselbe kann ich gern weiterführen, wie wär's mit Feigen, Datteln, o.ä.?
Wenn Silber"Warengeld" war, dann Feigen, Datteln, Gerste auch?
>>also keine Münzen.
>Gab es nicht, zeitlich entstand Warengeld vor Münzen, und zwar vorhistorisch.
NEIN! Es entstanden Schulden in Waren vor allem anderen, auch vor dem, was Du"Warengeld" nennst. Und"vorhistorisch" ist nicht nachvollziehbar.
>Begründungen in früheren Beiträgen.
Die Begründungen kenne ich leider nicht. (Ganz abgesehen von den Vorfinanzierungskosten für"Warengeld"; Bergwerke erfordern Kapital = Kredit).
>Bei dieser Gelegenheit möchte ich Dich fragen, ob Dir die Geldentstehungstheorie von Henry Macleod bekannt ist. Dieser, ein früher Debitist gewissermaßen, entwickelte vor ca. 150 Jahren eine Geldentstehungstheorie aus dem Kredit.
Kenne ich nicht. Steht auch nicht im Palgrave oder anderen mir zugänglichen Quellen. Kannst Du mir weiter helfen, bitte?
>Gruß, Dimi
Dankend grüßt
d.
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dottore
04.06.2001, 23:23
@ Dimi
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Re:"Allererstes" Geld entstand nicht aus dem Kredit - Dottore. DOCH! DOCH! |
>>1. Einen Kredit (Schuld) von 1/2 Mine Silber (= Ware) pur,
>Warengeld pur.
Wieso"Warengeld"? Auf diesen Einwand habe ich eigentlich gewartet. Dann bitte dieses Dokument (ibid. S. 282):
[img][/img]
Dasselbe kann ich gern weiterführen, wie wär's mit Feigen, Datteln, o.ä.?
Wenn Silber"Warengeld" war, dann Feigen, Datteln, Gerste auch?
>>also keine Münzen.
>Gab es nicht, zeitlich entstand Warengeld vor Münzen, und zwar vorhistorisch.
NEIN! Es entstanden Schulden in Waren vor allem anderen, auch vor dem, was Du"Warengeld" nennst. Und"vorhistorisch" ist nicht nachvollziehbar.
>Begründungen in früheren Beiträgen.
Die Begründungen kenne ich leider nicht. (Ganz abgesehen von den Vorfinanzierungskosten für"Warengeld"; Bergwerke erfordern Kapital = Kredit).
>Bei dieser Gelegenheit möchte ich Dich fragen, ob Dir die Geldentstehungstheorie von Henry Macleod bekannt ist. Dieser, ein früher Debitist gewissermaßen, entwickelte vor ca. 150 Jahren eine Geldentstehungstheorie aus dem Kredit.
Kenne ich nicht. Steht auch nicht im Palgrave oder anderen mir zugänglichen Quellen. Kannst Du mir weiter helfen, bitte?
>Gruß, Dimi
Dankend grüßt
d.
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Dimi
05.06.2001, 00:29
@ dottore
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Re: Allererstes Geld entstand nicht aus dem Kredit - Dottore. DOCH! DOCH! - Nein |
Lieber Dottore,
>Dasselbe kann ich gern weiterführen, wie wär's mit Feigen, Datteln, o.ä.?
Daraus, daß in einer Gesellschaft Kredite auf Waren oder Geld oder beides lauten folgert doch nicht, daß Geld eine Ware ist.
>NEIN! Es entstanden Schulden in Waren vor allem anderen, auch vor dem, was Du"Warengeld" nennst.
Der Zeitpunkt der Entstehung von Schulden lag tatsächlich vor dem von Warengeld, allerdings folgert daraus nicht, daß Geld aus Schulden entstand.
>Und"vorhistorisch" ist nicht nachvollziehbar.
Ist nicht in Dokumenten festgehalten, sondern völkerkundlich usw. zu erschließen.
>>Begründungen in früheren Beiträgen.
>Die Begründungen kenne ich leider nicht.
Du meintest damals, Du würdest später antworten... Könnte ich ggf. raussuchen.
>(Ganz abgesehen von den Vorfinanzierungskosten für"Warengeld"; Bergwerke erfordern Kapital = Kredit).
Das ist völkerkundlich schlicht falsch. Wenn jemand zehntausend Federn sammelt benötigt er Füße und 10 Jahre, aber kein Kapital.
>Kenne ich nicht. Steht auch nicht im Palgrave oder anderen mir zugänglichen Quellen. Kannst Du mir weiter helfen, bitte?
Henry Macleod: A Dictionary of Political Economy, London 1863.
Aus dem Artikel Currency: '...currency and transferable debt are convertible terms...'
Gruß, Dimi
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Kleinanleger
05.06.2001, 10:16
@ dottore
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Jetzt klar, Danke. (owT) |
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dottore
05.06.2001, 11:38
@ Dimi
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Re: Allererstes Geld... DOCH! DOCH! - Nein - DOCH! |
>Lieber Dottore,
>>Dasselbe kann ich gern weiterführen, wie wär's mit Feigen, Datteln, o.ä.?
>Daraus, daß in einer Gesellschaft Kredite auf Waren oder Geld oder beides lauten folgert doch nicht, daß Geld eine Ware ist.
In den ältesten uns verfügbaren, weil schriftlich festgehaltenen und überlieferten Beispielen aus Mesopotamien ist Silber unbezweifelbar eine Ware. Der Begriff"Shekel" ist eine Gewichtseinheit (= ca. 180 Getreidekörner, daher noch später der Ausdruck"grain" o.ä. als Gewichtseinheit).
Aus der Gewichtseinheit wurde eine Recheneinheit, was z.B. auch für unsere"Mark" gilt, die zunächst ein Gewicht von ca. 1/2 Pfund gewesen ist ("Kölnische Mark" = ca. 240 g Silber) und heute eine Bezeichnung für eine"Einheit" Geld ist (für die man nicht Mal mehr 3 g Silber kaufen kann).
In der Geschichte haben sich immer wieder Gewichtseinheiten von Recheneinheiten gelöst. Die Recheneinheit enthielt immer weniger Gewichtseinheiten (siehe Mark). Das Beispiel für Hamburg hatte ich bereits gestern hier gezeigt (die Hamburger "Mark" wurde nie ausgeprägt, sondern war eine schlichte Recheneinheit, mit der dann die entsprechenden Edelmetallmengen, in Form von real ausgeprägten Münzen berechnet wurden, die ihrerseits ein immer größeres Aufgeld gegenüber der Recheneinheit erhielten).
Das Gleiche galt für den Shekel. Aus der ursprünglichen Einheit Shekel (Gewicht) = Shekel (Recheneinheit) verselbständigte sich die Recheneinheit, wobei die Gewichtseinheit ein Aufgeld erhielt (also wertvoller wurde als die Recheneinheit).
Warum ist es dazu gekommen? Es war die durchgehend in der Geschichte zu beobachtende Tatsache, dass es dem Schuldner immer schwer fällt, die geschuldete Gewichtseinheit (Wareneinheit) zu leisten. Daher wurde - angefangen bei öffentlich-rechtlichen Schuldnern - einfach eine auf Shekel lautende Schuld nicht mit Gewichtsshekeln, sondern mit entsprechend abgewerteten Rechenshekeln getilgt. Dies kann der öffentlich-rechtliche Schuldner unschwer durchsetzen, da er - wiewohl ökonomisch in einer Minusposition (als Schuldner) - in einer machtpolitisch stärkeren Position (als Inhaber des Machtmonopols eben) gewesen war.
So war die gesamte Geldgeschichte bis heute nichts anderes als eine permanente Gläubigerenteignung mit allen möglichen Varianten(Münzverschlechterung, siehe die Abwertung des"Staters" durch Kroisos, der erst Münzen nach schwerem"Standard" ausprägte, ca. 10 g, danach in leichterem Standard, ca. g, Abgang vom Goldstandard 1914,"Abwertungen", Papiergeldinflationen bis in die Gegenwart usw.).
Die Erleichterung der Lage des Schuldners, die der öffentlich-rechtliche Schuldner erzwingen konnte und nach wie vor erzwingen kann, kommt auch den privaten Schuldnern zugute, weshalb Inflationen in der Regel nicht zu Volksaufständen oder Umwälzungen führen, im Gegensatz zu Deflationen (siehe 1930 ff.).
Mit"Geld" hat das alles nichts zu tun. Dafür umso mehr mit aus der Vergangenheit resultierenden Schulden. Gäbe es keine Schulden, gäbe es auch keinen Grund, ihre Tilgung zu erleichtern - was eben dann durch Abwertung der Schulden geschieht, indem das zur Tilgung der Schulden benötigte"Geld" abgewertet wird.
>>NEIN! Es entstanden Schulden in Waren vor allem anderen, auch vor dem, was Du"Warengeld" nennst.
>Der Zeitpunkt der Entstehung von Schulden lag tatsächlich vor dem von Warengeld, allerdings folgert daraus nicht, daß Geld aus Schulden entstand.
<font color="FF0000">Geld kann nur aus Schulden entstanden sein.</font> Denn Geld setzt voraus, dass eine Schuld (= Zwang, leisten zu müssen) nicht nur vom Erstgläubiger A, sondern auch von weiteren Gläubigern akzeptiert wird, die den der Schuld entsprechenden Kredit via Zession erwerben. Und alles, was so gern (und völlig falsch)"Geldumlauf" genannt wird, ist nichts als eine lange Kette von Zessionen.
Eine Zession könnte zwar dadurch erfolgen, dass es zu einem einfachen Gläubigerwechsel kommt. Die Fortsetzung solcher Gläubigerwechsel ist aber schwierig, weil sich der potentiell nächste Gläubiger immer erst über die Bonität des Schuldners informieren muss, bevor er ihn als Schuldner akzeptiert. Insofern dürfte diese Eins:Eins-Schuld kaum im größeren Umfang"umlauffähig" sein (= zessionsfähig!).
Dieses Problem wurde in concreto aus der Welt geschafft, indem ein - am Erstkontrakt unbeteiligter - Dritter für die Schuld bürgt. Dies setzt grundsätzlich unbewegliches (und unbelastetes) Eigentum voraus; denn wäre es als Sache genau so beweglich wie der Bürge als Person, wäre die Bürgschaft relativ wertlos (der Bürger könnte verschwinden, sobald Inanspruchnahme droht und seine Sicherheit gleich mitnehmen - es sei denn sie wurde sicher deponiert, wie es z.B. beim Hamburger Banco ab dem 17. Jh. geschehen ist, wie auch bei den anderen frühen (städtischen) Banchi, die ihrerseits keine Leihanstalten, sondern Hinterlegungsanstalten waren).
Damit kann"Geld" immer nur als ein Schuldentilgungsmittel dienen (was es bis zur heutigen Banknote geblieben ist, denn auch"moderne" Banknoten dienen letztlich zu nichts anderem als die bei der Notenbank bei ihrer (der Banknoten!) Ausgabe deponierten Schuldtitel wieder auszulösen - während ihrer"Laufzeit" werden sie immer nur zediert!).
Hat sich während der Laufzeit der Geldwert verschlechtert, wird die Tilgung natürlich erleichtert: man zahlt mir schlechterem Geld die der Geldausgabe zugrunde liegende Schuld zurück als man erhalten hat.
>>Und"vorhistorisch" ist nicht nachvollziehbar.
>Ist nicht in Dokumenten festgehalten, sondern völkerkundlich usw. zu erschließen.
Völkerkundlich gibt es jede Menge sog."Tauschmittel", die aber kein Geld im Sinne einer werthaltigen Sache waren, sondern einfache Recheneinheiten, um Aktiva (Schuldforderungen) zu dokumentieren. Niemand kann ernsthaft auf die Idee kommen, in"Muschelgeld" einen Wert in dem Sinne zu sehen, dass 10 Muscheln einer Ziege entsprechen. Wenn derjenige, der zehn Muscheln für eine Ziege hergibt, dann"tauscht" er nicht Muscheln gegen Ziege, was erkennbar lächerlich wäre. Sondern er zediert eine Forderung, die in Form von 10 Muscheln"gebucht" ist, an den Verkäufer der Ziege.
Oder nehmen wir als anderes Beispiel das"Fellgeld" (Pelze!) der frühen amerikanischen Kolonien (von dem der Name buck" für Dollar abgeleitet ist). Dort hatte das Fell (selten und begehrt!) einen Wert und entsprechend waren Fellgeldeinheiten mit dem Wert des Felles gleichzusetzen. Ein"Buck" war also in der Tat ein Fell. Nominale Kontrakte über"Bucks" griffen letztlich auf reale Felle zu.
Dies ist genau dasselbe wie die Kontrakte über Gerste, Feigen, Datteln usw., die wir im alten Babylonien bestaunen können, die ihrerseits von einer Schuld zu"Geld" mutierten, nachdem ein Bürge (siehe oben) quergeschrieben hatte.
Das entspricht im Grunde dem bis heute gebräuchlichen Wechsel, bei dem sich derjenige, der den Wechsel präsentiert (nachdem er ihn durch eine beliebig hohe Anzahl von Indossierungen = Zessionen erhalten hat) an Gläubiger plus Schuldner plus jeden halten kann, dessen Unterschrift auf dem Wechsel erscheint.
Mit Wechseln kann daher jederzeit"bezahlt" werden, und da Banknoten, die gegen Wechsel ausgegeben sind, nichts anderes sind als diese Wechsel selbst, nur eben durch die Banknote (und die Unterschriften darauf) dokumentierte Wechsel, sind Banknoten genauso Schuldtitel wie es der ihnen zugrunde liegende Wechsel auch ist.
Vorher: Wechsel im Publikum, Banknote (als Papier) in der ZB. nachher: Banknote in Summe des Wechsels im Publikum, Wechsel (als Papier, da erst zum Fälligkeitstermin präsentierbar) in der ZB.
<font color="FF0000">Es kann daher niemals sowohl mit dem Wechsel als auch mit der Banknote die selbe Schuld bezahlt werden. Das ist der Grundirrtum vieler sog."Geldtheorien". Banknoten und/oder Wechsel können zwar zediert werden, und während ihrer Laufzeit andere Schuldverhältnisse begleichen, aber zum Schluss bleibt immer das erste Schuldverhältnis übrig, das auf Begleichung drängt.</font>
>>>Begründungen in früheren Beiträgen.
>>Die Begründungen kenne ich leider nicht.
>Du meintest damals, Du würdest später antworten... Könnte ich ggf. raussuchen.
Wäre nett, falls es nicht schon hier erledigt ist.
>>(Ganz abgesehen von den Vorfinanzierungskosten für"Warengeld"; Bergwerke erfordern Kapital = Kredit).
>Das ist völkerkundlich schlicht falsch. Wenn jemand zehntausend Federn sammelt benötigt er Füße und 10 Jahre, aber kein Kapital.
Dies ist schon richtig. Aber entweder er sammelt Federn und muss während der Zeit des Sammelns seinerseits Kosten zur Selbsterhaltung aufwenden (Klartext: Jemand muss den Sammler"füttern" und"behausen", was letztlich auf ein Kapitalphänomen hinausläuft). Oder er sammelt die Federn genau so wie er Steine aufheben könnte.
Im Fall A haben die Federn genau den"Wert", der den Kosten des Sammelns entsprechen. Im Fall B haben die Federn keinen Wert, da sie jeder andere genauso"kostenlos" sammeln könnte.
Oder (weil Du auf Gesell eingegangen bist) der hoch interessante Fall Wörgl:
<font color="FF0000">Das Wörgl-Geld wurde nicht als"Tauschmittel" ausgegeben, sondern als"Arbeitwertscheine"!</font>
Siehe dazu das Reglement zur Einführung des Wörgl-Geldes:
"1. Alle zur Krisenabwehr bereiten Frauen und Männer von Wörgl treten hiemit zur Nothilfe Wörgl zusammen.
2. (...) In Durchführung der Nothilfe gibt der Wohlfahrtsausschuß Arbeitsbestätigungen heraus, die von den Teilnehmern an Zahlungsstatt gegeben und genommen werden.
3. Als Teilnehmer gilt, wer Arbeitsbestätigungen an Zahlungsstatt gibt und annimmt."
Wenn etwas bezahlt werden muss ("an Zahlungsstatt"), muss ihm ein Kontrakt vorangegangen sein, der einen Schuldner zur Zahlung verpflichtet.
Hätten die schlauen Wörgler ein"Tauschmittel" einführen wollen, hätten sie das entsprechend formuliert: "Als Teilnehmer gilt, wer die von der Gemeinde ausgegebenen Tauschmittel gibt und annimmt."
Eine"Arbeitsbestätigung" ist darüber hinaus nichts anderes als die Bestätigung, dass jemand gearbeitet und deshalb eine Forderung auf Lohn und Gehalt hat.
Auch in Wörgl wurde also durchaus nicht mit"Tauschmitteln" gearbeitet, sondern mit in"Geld" (Arbeitsbestätigungen) verwandelten Forderungen (der Arbeitnehmer = gleich hohe Schulden der Arbeitgeber), also mit ganz konkreten Schuldverhältnissen.
>>Kenne ich nicht. Steht auch nicht im Palgrave oder anderen mir zugänglichen Quellen. Kannst Du mir weiter helfen, bitte?
>Henry Macleod: A Dictionary of Political Economy, London 1863.
>Aus dem Artikel Currency: '...currency and transferable debt are convertible terms...'
Danke vielmals. Dass beides"convertible" sind, versteht sich allerdings von selbst, zumal sonst"debts" gar nicht in"currency" auszudrücken wären und sie müssen ja in irgendetwas ausgedrückt werden, zumal sie"transferable" sind. Ich kann aber nur etwas transferieren (zedieren), wenn drauf steht, um welchen Betrag es sich handelt, was wiederum nur durch Nennung der Summe einer"currency" erfolgen kann.
Was bei Macleod offenbar fehlt (ich muss mir das Buch erst noch besorgen), ist ein Hinweis darauf, dass es zur"currency" nur kommen kann, nachdem es die zur Fabrikation der currency (in diesem Falle Edelmetall) erforderlichen Finanzierungen, also wiederum Schuldverhältnisse gegeben hat.
>Gruß, Dimi
Gruß
d.
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Dimi
05.06.2001, 13:53
@ dottore
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Re: Allererstes Geld... DOCH! - Nein - DOCH! - Nein |
>In den ältesten uns verfügbaren, weil schriftlich festgehaltenen und überlieferten Beispielen aus Mesopotamien ist Silber unbezweifelbar eine Ware. Der Begriff"Shekel" ist eine Gewichtseinheit (= ca. 180 Getreidekörner, daher noch später der Ausdruck"grain" o.ä. als Gewichtseinheit).<
Noch im neunzehnten Jahrhundert gab es Völker, die mit Silber nach Gewicht bezahlten.
Warengeld ist Ware, aber eben auch Geld. Letzteres bedeutet, es wird als Zahlungsmittel nachgefragt, und zwar in Handelssituationen, in denen der Kredit keine Rolle spielt, etwa im Fernhandel, oder wenn sich die Parteien nicht kennen.
>In der Geschichte haben sich immer wieder Gewichtseinheiten von Recheneinheiten gelöst.
Das ist richtig und eine wichtige Beobachtung. Chronologisch gesehen findet dies nach der Entstehung von Geld statt, es handelt sich um eine Weiterentwicklung.
>Warum ist es dazu gekommen? Es war die durchgehend in der Geschichte zu beobachtende Tatsache, dass es dem Schuldner immer schwer fällt, die geschuldete Gewichtseinheit (Wareneinheit) zu leisten. Daher wurde - angefangen bei öffentlich-rechtlichen Schuldnern - einfach eine auf Shekel lautende Schuld nicht mit Gewichtsshekeln, sondern mit entsprechend abgewerteten Rechenshekeln getilgt. Dies kann der öffentlich-rechtliche Schuldner unschwer durchsetzen, da er - wiewohl ökonomisch in einer Minusposition (als Schuldner) - in einer machtpolitisch stärkeren Position (als Inhaber des Machtmonopols eben) gewesen war.<
Das hat nichts mit Schulden zu tun. Die Recheneinheit ist eine Erfindung. Deren Nutzen ist es, daß man sich das Wiegen erspart, und die Überprüfung der Qualität des Silbers. Auch hier gilt, daß wir noch im neunzehnten Jahrhundert Märkte finden, in denen ein erheblicher diesbezüglicher Aufwand getrieben wurde.
Ein weiterer, volkswirtschaftlicher Nutzen ist die Reduktion der Kosten der Edelmetallförderung. Zudem erleichtert sie mitunter dem Staat, seine Ausgaben zu tätigen (was abzulehnen ist, aber vorkam, und ein Anlaß der Recheneinheitserfindung gewesen sein mag).
>So war die gesamte Geldgeschichte bis heute nichts anderes als eine permanente Gläubigerenteignung mit allen möglichen Varianten
Das war sie in der Tat oft.
>Geld kann nur aus Schulden entstanden sein. Denn Geld setzt voraus, dass eine Schuld (= Zwang, leisten zu müssen) nicht nur vom Erstgläubiger A, sondern auch von weiteren Gläubigern akzeptiert wird, die den der Schuld entsprechenden Kredit via Zession erwerben. Und alles, was so gern (und völlig falsch)"Geldumlauf" genannt wird, ist nichts als eine lange Kette von Zessionen.<
Du kannst nicht aus einer abstrakten Überlegung eine gesicherte historische Schlußfolgerung ziehen.
>Völkerkundlich gibt es jede Menge sog."Tauschmittel", die aber kein Geld im Sinne einer werthaltigen Sache waren, sondern einfache Recheneinheiten, um Aktiva (Schuldforderungen) zu dokumentieren.
Das ist einfach falsch. Das kannst Du auch nicht belegen.
>Niemand kann ernsthaft auf die Idee kommen, in"Muschelgeld" einen Wert in dem Sinne zu sehen, dass 10 Muscheln einer Ziege entsprechen.<
Aber natürlich. Die Muscheln, Federn, Zähne hatten einen entsprechenden Wert. Wobei man mit Muscheln, die ein Kind in 10 Minuten am Strand sammeln kann, keine Ziege zahlen konnte, aber sehr wohl mit solchen, die selten waren. Das war Schmuck, das war Brautpreis! Bis heute zahlen Menschen für einen Brillianten tausende Mark, nur weil er selten ist und als schön gilt und bei Bräuten leuchtende Augen hervorruft.
>Oder nehmen wir als anderes Beispiel das"Fellgeld" (Pelze!) der frühen amerikanischen Kolonien (von dem der Name buck" für Dollar abgeleitet ist). Dort hatte das Fell (selten und begehrt!) einen Wert und entsprechend waren Fellgeldeinheiten mit dem Wert des Felles gleichzusetzen. Ein"Buck" war also in der Tat ein Fell. Nominale Kontrakte über"Bucks" griffen letztlich auf reale Felle zu.<
Felle waren Tauschmittel eines Teils der Bevölkerung. Der Trapper hat mit dem Indianer getauscht. Für Kreditbeziehungen waren u.a. die Risiken zu hoch (fehlende Seßhaftigkeit, Feindschaft der Bevölkerungsgruppen u. dergl.).
>Mit Wechseln kann daher jederzeit"bezahlt" werden,
Richtig, und aus Kredit kann auch Geld entstehen, aber das ist viel später.
>>Du meintest damals, Du würdest später antworten... Könnte ich ggf. raussuchen.
>Wäre nett, falls es nicht schon hier erledigt ist.
Mache ich später (getrennt).
>Dies ist schon richtig. Aber entweder er sammelt Federn und muss während der Zeit des Sammelns seinerseits Kosten zur Selbsterhaltung aufwenden (Klartext: Jemand muss den Sammler"füttern" und"behausen", was letztlich auf ein Kapitalphänomen hinausläuft).<
Wenn ein Mitglied z.B. einer Jäger- und Sammlersippe zwei bis drei Stunden pro Tag im Schnitt für die Nahrungssuche und Zubereitung aufwendet, bleibt genügend Zeit zum Federnsammeln, wenn nicht gerade andere Dinge (Hüttenbau usw.) anstehen.
>Oder er sammelt die Federn genau so wie er Steine aufheben könnte.
Federn sammeln ist sehr aufwendig (sonst wären die Federn kein Schmuck und auch kein Geld: Es müssen ganz bestimmte Federn sein usw.).
>Oder (weil Du auf Gesell eingegangen bist)
Bin ich das? Ich kenne ihn kaum.
>Was bei Macleod offenbar fehlt (ich muss mir das Buch erst noch besorgen)
Er leitet, wie Du, die Geldentstehung vollständig aus Kreditvorgängen her ab, wobei bei ihm das Pfand eine Rolle spielt. Aber auch seine, sehr reizvolle Theorie kollidiert mit den völkerkundlichen Beobachtungen.
Das 'dictionary' ist ca. zehnbändig. Neben dem Artikel currency könnte Dich crisis interessieren. Currency habe ich seinerzeit kopiert und liegt mir hier vor.
Gruß, Dimi
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dottore
05.06.2001, 16:14
@ Dimi
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Re: Allererstes Geld... DOCH! - Nein - DOCH! - Nein |
>Noch im neunzehnten Jahrhundert gab es Völker, die mit Silber nach Gewicht bezahlten.
Selbstverständlich. Nur: Was haben Sie bezahlt? Kontrakte haben sie erfüllt! Denn das heißt"bezahlen".
>Warengeld ist Ware, aber eben auch Geld. Letzteres bedeutet, es wird als Zahlungsmittel nachgefragt, und zwar in Handelssituationen, in denen der Kredit keine Rolle spielt, etwa im Fernhandel, oder wenn sich die Parteien nicht kennen.
Perfekt! Habe ich gerade im Posting für R.Deutsch auch geschrieben. Nur darf der"Handel" nicht als"Tausch" gesehen werden, aber das ist eh klar, da Du ja von"Zahlungsmitteln" sprichst.
>>In der Geschichte haben sich immer wieder Gewichtseinheiten von Recheneinheiten gelöst.
>Das ist richtig und eine wichtige Beobachtung. Chronologisch gesehen findet dies nach der Entstehung von Geld statt, es handelt sich um eine Weiterentwicklung.
Es findet konkret statt, nachdem eine Parität zwischen Ware und Recheneinheit festgelegt wurde, die zuerst festgelegt sein musste, weil man sie sonst nicht verändern kann/konnte. Diese Festlegung ist ein"Hoheitsakt" und setzt ein entsprechendes Staatsklimbim voraus.
Zur"Geldentstehung" siehe bitte nochmal mein Posting zu R.Deutsch. Da es konkurrierende Warengelder gegeben hat, entsteht relatives Preisrisiko usw. Preisrisiko setzt aber Preise und diese setzen wiederum Kontrakte voraus.
>>Warum ist es dazu gekommen? Es war die durchgehend in der Geschichte zu beobachtende Tatsache, dass es dem Schuldner immer schwer fällt, die geschuldete Gewichtseinheit (Wareneinheit) zu leisten. Daher wurde - angefangen bei öffentlich-rechtlichen Schuldnern - einfach eine auf Shekel lautende Schuld nicht mit Gewichtsshekeln, sondern mit entsprechend abgewerteten Rechenshekeln getilgt. Dies kann der öffentlich-rechtliche Schuldner unschwer durchsetzen, da er - wiewohl ökonomisch in einer Minusposition (als Schuldner) - in einer machtpolitisch stärkeren Position (als Inhaber des Machtmonopols eben) gewesen war.<
>Das hat nichts mit Schulden zu tun. Die Recheneinheit ist eine Erfindung.
Nein entweder Hoheitsakt oder durch private Übereinkunft, siehe Hamburg, Venedig, Nürnberg, Amsterdam usw.
>Deren Nutzen ist es, daß man sich das Wiegen erspart, und die Überprüfung der Qualität des Silbers.
Richtig. Kann auch privat geschehen, siehe Hamburger Banco.
>Auch hier gilt, daß wir noch im neunzehnten Jahrhundert Märkte finden, in denen ein erheblicher diesbezüglicher Aufwand getrieben wurde.
Der Aufwand wird in der Literatur maßlos übertrieben. Im alten Griechenland genügte ein"Prüfhieb", in Rom gab's"Serrati" (=gezackte) Münzen, um"Fütterungen" zu unterbinden. Die Strafen waren immens!
Im Großverkehr wurde Silber al marco (nach Gewicht) verpackt und versiegelt. Siehe Darstellungen der"Geldsäcke", z.B. in der Oppenheim-Bank ein Ahn mit einem Bündel davon). Im Kleinverkehr kursierte niemals vollwertiges Geld. Ich habe in Haiti noch vor kurzem Leute am Markt erlebt, die mit Cu-Münzen bezahlt haben, die so abgegriffen waren, dass keinerlei Münzbild mehr zu erkennen war. (Bei jedem Händler solche Münzen kiloweise, z.B. römiche Folles" usw.).
>Ein weiterer, volkswirtschaftlicher Nutzen ist die Reduktion der Kosten der Edelmetallförderung.
Der Prägung wohl eher.
>Zudem erleichtert sie mitunter dem Staat, seine Ausgaben zu tätigen (was abzulehnen ist, aber vorkam, und ein Anlaß der Recheneinheitserfindung gewesen sein mag).
Dies war in der Regel der Anlass.
>>So war die gesamte Geldgeschichte bis heute nichts anderes als eine permanente Gläubigerenteignung mit allen möglichen Varianten
>Das war sie in der Tat oft.
>>Geld kann nur aus Schulden entstanden sein. Denn Geld setzt voraus, dass eine Schuld (= Zwang, leisten zu müssen) nicht nur vom Erstgläubiger A, sondern auch von weiteren Gläubigern akzeptiert wird, die den der Schuld entsprechenden Kredit via Zession erwerben. Und alles, was so gern (und völlig falsch)"Geldumlauf" genannt wird, ist nichts als eine lange Kette von Zessionen.<
>Du kannst nicht aus einer abstrakten Überlegung eine gesicherte historische Schlußfolgerung ziehen.
Das stimmt! Deshalb mein Glücksgefühl, als ich endlich auf die babylonischen Tafeln gestoßen war, die die Theorie ziemlich genau bestätigen. Aber ganz sicher kann niemand sein - weder der Theoretiker noch der Historker. Beides sollte miteinander gecheckt werden.
>>Völkerkundlich gibt es jede Menge sog."Tauschmittel", die aber kein Geld im Sinne einer werthaltigen Sache waren, sondern einfache Recheneinheiten, um Aktiva (Schuldforderungen) zu dokumentieren.
>Das ist einfach falsch. Das kannst Du auch nicht belegen.
Womit belegst Du die Behauptung, dass es sich um "Tauschmittel" gehandelt hat, wenn es keinerlei Gleichheit im"Wert" des Getauschten gab? In Babylon waren die Recheneinheiten in Tonkapseln verborgen, die man zur Sicherheit öffnen musste (vgl. Nissen et. al."Frühe Schrift und Techniken..." S. 169 ff. - die Abb. der"Zählsymbole" stelle ich noch rein - anderer PC).
>>Niemand kann ernsthaft auf die Idee kommen, in"Muschelgeld" einen Wert in dem Sinne zu sehen, dass 10 Muscheln einer Ziege entsprechen.<
>Aber natürlich. Die Muscheln, Federn, Zähne hatten einen entsprechenden Wert. Wobei man mit Muscheln, die ein Kind in 10 Minuten am Strand sammeln kann, keine Ziege zahlen konnte, aber sehr wohl mit solchen, die selten waren. Das war Schmuck, das war Brautpreis! Bis heute zahlen Menschen für einen Brillianten tausende Mark, nur weil er selten ist und als schön gilt und bei Bräuten leuchtende Augen hervorruft.
Allerweltsmuscheln als wertvoller Schmuck? Da hätte ich gern mehr dazu. Ansonsten stimme ich voll zu, dass es natürlich Preise für alles mögliche geben kann, man denke an moderne Kunst. Vom Preis sind die Kosten abzuziehen und wenn es ein Monopolprofit ist (Unikate), auch okay. Aber letztlich wird dann damit"gezahlt", denn nur per Zahlung kann sich ein Preis realisieren. Und Zahlung setzt immer Kontrakte voraus.
Bekanntlich wurden bis ins letzte Jahrhundert Ehen von sog."Hochzeitern" lang und breit"ausgehandelt".
>>Oder nehmen wir als anderes Beispiel das"Fellgeld" (Pelze!) der frühen amerikanischen Kolonien (von dem der Name buck" für Dollar abgeleitet ist). Dort hatte das Fell (selten und begehrt!) einen Wert und entsprechend waren Fellgeldeinheiten mit dem Wert des Felles gleichzusetzen. Ein"Buck" war also in der Tat ein Fell. Nominale Kontrakte über"Bucks" griffen letztlich auf reale Felle zu.<
>Felle waren Tauschmittel eines Teils der Bevölkerung. Der Trapper hat mit dem Indianer getauscht. Für Kreditbeziehungen waren u.a. die Risiken zu hoch (fehlende Seßhaftigkeit, Feindschaft der Bevölkerungsgruppen u. dergl.).
Nein, es gab ein auf Fellgeld basierendes"Geldsystem" (ergo Kreditsystem), vgl. dazu die umfangreichen Arbeiten von Lande (Literatur folgt).
>>Mit Wechseln kann daher jederzeit"bezahlt" werden,
>Richtig, und aus Kredit kann auch Geld entstehen, aber das ist viel später.
Um vielleicht das noch ein Mal zu betonen: Wir unterhalten uns nicht über Vor- oder Frühgeschichte ohne Eigentum, also Stammesgesellschaften, sondern über Gesellschaften mit Privateigentum ("kapitalistische-marktwirtschaftliche"). Die babylonischen Tafeln ähneln in ihrem Text ziemlich genau dem, was moderne Wechsel bieten (mehrere Schuldner, in die vollstreckt werden kann und nicht nur in einen, wie beim einfachen Schuldkontrakt).
>>>Du meintest damals, Du würdest später antworten... Könnte ich ggf. raussuchen.
>>Wäre nett, falls es nicht schon hier erledigt ist.
>Mache ich später (getrennt).
>>Dies ist schon richtig. Aber entweder er sammelt Federn und muss während der Zeit des Sammelns seinerseits Kosten zur Selbsterhaltung aufwenden (Klartext: Jemand muss den Sammler"füttern" und"behausen", was letztlich auf ein Kapitalphänomen hinausläuft).<
>Wenn ein Mitglied z.B. einer Jäger- und Sammlersippe zwei bis drei Stunden pro Tag im Schnitt für die Nahrungssuche und Zubereitung aufwendet, bleibt genügend Zeit zum Federnsammeln, wenn nicht gerade andere Dinge (Hüttenbau usw.) anstehen.
Hütte wäre dann wieder Kapital, ansonsten haben wir es mit der normalen Arbeitsteilung einer Stammesgesellschaft zu tun. Es geht hier aber um die Entstehung unseres heutigen Geldes aus der Entstehung von Privateigentümergesellschaften.
Die entscheidende Frage liegt in der Eigentumssphäre. Wie kam es zum Eigentum, nachdem es vorher nur Stammesgesellschaften gegeben hatte? Bevölkerungsvermehrung? Abweidung? Böden ausgelaugt? Naturkatatrophen, kosmische gar? (vgl. das neue Buch von Zillmer...).
>>Oder er sammelt die Federn genau so wie er Steine aufheben könnte.
>Federn sammeln ist sehr aufwendig (sonst wären die Federn kein Schmuck und auch kein Geld: Es müssen ganz bestimmte Federn sein usw.).
>>Oder (weil Du auf Gesell eingegangen bist)
>Bin ich das? Ich kenne ihn kaum.
Du hast ihn, glaube ich, positiv erwähnt, zusammen mit Keynes und Fisher.
>>Was bei Macleod offenbar fehlt (ich muss mir das Buch erst noch besorgen)
>Er leitet, wie Du, die Geldentstehung vollständig aus Kreditvorgängen her ab, wobei bei ihm das Pfand eine Rolle spielt. Aber auch seine, sehr reizvolle Theorie kollidiert mit den völkerkundlichen Beobachtungen.
Wenn wir Völkerkunde als Analyse von Stammesgesellschaften bezeichnen, dann wird's schwierig, da Stammesgesellschaften kein Privateigentum kennen (außer persönlichen Dingen) und ergo auch kein Geld, sondern reinen Naturaltausch.
Wie kann die Völkerkunde aus dem Naturaltausch Geld ableiten? Dadurch, dass sich Geld irgendwie als"praktisch" erwiesen hat, wohl kaum. Denn dann wäre das älteste Geld KLEINGELD gewesen, was es nachweislich nicht war.
Stammesgesellschaften brauchen kein Geld. Wofür auch? Dann landet das Ganze in der Aporie, die schon George Gilder erleben musste, der den Kapitalismus aus dem Potlatch-Phänomen abzuleiten versuchte:
Zwei Häuptlinge schenken sich immer mehr und immer mehr und immer mehr. Aber das ist nicht unsere heutige Wirtschaft: Da wird leider nichts verschenkt.
>Das 'dictionary' ist ca. zehnbändig. Neben dem Artikel currency könnte Dich crisis interessieren. Currency habe ich seinerzeit kopiert und liegt mir hier vor.
>Gruß, Dimi
Vielen Dank, es interessiert mich sehr, aber bevor ich Dich bemühe, werde ich versuchen, das Dictionary selbst zu beschaffen. Ich gebe Bescheid.
Gruß
d.
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dottore
05.06.2001, 19:01
@ dottore
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Re: Allerallererstes Geld... Hier in"Kapselform" (?!) |
Hi Dimi,
jetzt die versprochene Abb. aus"Frühe Schrift und Techniken der Wirtschaftsverwaltung im alten Vorderen Orient" (Hg. Nissen-Damerow-Englund, Max Planck-Institut usw. 2. Aufl. 1991, S. 171):
[img][/img]
Dazu BU:
"Beispiel einer numerischen Übereinstimmung des Tonkugelinhalts mit den Vorläufern der späteren Zahlzeichen, die zum Teil mit den Fingern, zum Teil mit einem Griffel, in die Oberfläche der gesiegelten Tonkugel gepresst wurden."
Und weiter (kursiv von mir):"Auch wenn diese Symbole wahrscheinlich keine so spezifischen Bedeutungen besaßen wie Schriftzeichen, so war doch die Verwendung verschiedener Formen ein mnemotechnisches Mittel, bestimmte Informationen über die Art der repräsentierten Zähleinheiten zu vermitteln, beispielsweise den Typ des Wirtschaftsguts, die verwendeten Maßgefäße oder Zähleinheiten, oder ähnliche Informationen."
Wenn wir subsumieren, dass es sich bei dem verwendeten Wirtschaftsgut um just jene"Waren" gehandelt hat (Silber, Datteln, Gerste, Feigen usw. - jeweils in Gewichtseinheiten) wie bereits gezeigt und wenn wir dies auch als"Warengeld" vorstellbar betrachten, dann ist just das erfüllt, was in anderen Kulturen andere solche Zähl- bzw. Recheneinheiten geleistet haben.
Es wäre also nichts anderes als die"Verbuchung" von Geld, die uno actu mit der Dokumentierung des Geldes hergestellt und anschließend entsprechend verwendet werden könnte.
Auf heute übertragen würde das (sehr weit ausgelegt, sorry) bedeuten: Wer die Eintragung der Bilanz einer Firma im Handelsregister mit dem entsprechenden Blatt des HRs hat, dem gehört auch die Firma. (Dieser Gedanke ist so abwegig nicht, denn wenn ich das Blatt"Deutsche Bank AG" morgen aus dem HR nehmen könnte, um es danach mit einem Stempel zu versehen: FIRMA GELÃ-SCHT! wäre die DeuBa just in diesem Augenblick verschwunden.)
Ich kenne mich da aus, denn meine Firma wurde 1948"sowjetisch" enteignet, indem einfach so ein Stempel ins HR gestempelt wurde. Damit war die Fa. erloschen und konnte ganz elegant in"Volkseigentum" überführt werden.
Sorry fürs Abschweifen, aber ich bin nun Mal Fan von dem, was man"Zu-Ende-Denken" nennt - auch wenn's oft kraus wirkt.
Gruß
d.
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Dimi
05.06.2001, 23:57
@ dottore
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Re: Allererstes Geld... DOCH! - Nein - DOCH! - Nein |
>Selbstverständlich. Nur: Was haben Sie bezahlt? Kontrakte haben sie erfüllt! Denn das heißt"bezahlen".
Aus dem Wort 'bezahlen' folgt keine Geldentstehungstheorie aus dem Kredit.
>Zur"Geldentstehung" siehe bitte nochmal mein Posting zu R.Deutsch. Da es konkurrierende Warengelder gegeben hat, entsteht relatives Preisrisiko usw.<
Und was folgert daraus? Daß sich das beste Warengeld durchsetzt, also das, welches die höchste Wahrscheinlichkeit einer Wiederabnahme innehat.
>Der Aufwand wird in der Literatur maßlos übertrieben. Im alten Griechenland genügte ein"Prüfhieb", in Rom gab's"Serrati" (=gezackte) Münzen, um"Fütterungen" zu unterbinden. Die Strafen waren immens!
Der Aufwand vor Erfindung der Münzen war erheblich, s. z.B. Bastian, Adolf: Reisen in Birma in den Jahren 1861/62 S. 57 ff.
>>>Völkerkundlich gibt es jede Menge sog."Tauschmittel", die aber kein Geld im Sinne einer werthaltigen Sache waren, sondern einfache Recheneinheiten, um Aktiva (Schuldforderungen) zu dokumentieren.
>>Das ist einfach falsch. Das kannst Du auch nicht belegen.
>Womit belegst Du die Behauptung, dass es sich um"Tauschmittel" gehandelt hat, wenn es keinerlei Gleichheit im"Wert" des Getauschten gab?
Das 'Gleichheitsargument' will sich mir nicht erschließen.
>>Aber natürlich. Die Muscheln, Federn, Zähne hatten einen entsprechenden Wert. Wobei man mit Muscheln, die ein Kind in 10 Minuten am Strand sammeln kann, keine Ziege zahlen konnte, aber sehr wohl mit solchen, die selten waren. Das war Schmuck, das war Brautpreis! Bis heute zahlen Menschen für einen Brillianten tausende Mark, nur weil er selten ist und als schön gilt und bei Bräuten leuchtende Augen hervorruft.
>Allerweltsmuscheln als wertvoller Schmuck? Da hätte ich gern mehr dazu.
Es war eben kein Allerweltsschmuck, bzw. es war sehr viel vonnöten. Eine Gesellschaft, bei der sich noch kein einheitliches Tauschmittel durchgesetzt hatte, bei der aber Zähne usw. einen Wert hatten, ist beschrieben in: Michel, Thomas: Interdependenz von Wirtschaft und Umwelt in der Eipo-Kultur von Moknerkon, Berlin 1983 v.a.S. 105/107/110
>Um vielleicht das noch ein Mal zu betonen: Wir unterhalten uns nicht über Vor- oder Frühgeschichte ohne Eigentum
Was aber, wenn Warengeld aus Tausch entstanden sein sollte in einer Gesellschaft ohne Beleihung und Eigentum, was dann?
>Die entscheidende Frage liegt in der Eigentumssphäre.
Woher weißt Du, daß dies die entscheidende Frage ist?
>Du hast ihn, glaube ich, positiv erwähnt, zusammen mit Keynes und Fisher.
Irgendeine Verwechslung, habe keinen der drei erwähnt.
>Dann landet das Ganze in der Aporie, die schon George Gilder erleben musste, der den Kapitalismus aus dem Potlatch-Phänomen abzuleiten versuchte:
>Zwei Häuptlinge schenken sich immer mehr und immer mehr und immer mehr. Aber das ist nicht unsere heutige Wirtschaft: Da wird leider nichts verschenkt.<
Der Potlach ist ein spezielles Phänomen, die meisten Völker praktizieren nichts derart extremes, und zur Geldentstehung ist er nicht nötig.
Gruß, Dimi
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Dimi
07.06.2001, 12:55
@ dottore
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Re: Allerallererstes Geld,"Kapselform", Links u.a. |
Hallo Dottore,
vielen Dank für das schöne Foto!
Es könnte freilich auch einen Asteroiden mit sechs kleinen Monden abbilden ;-)
Die Tonkapsel ist allerdings vermutlich interessanter in bezug auf die Entstehung der Schrift, des Rechnens, der Buchführungs, als in bezug auf die des Geldes.
Denn: Was hier wie festgehalten wurde, das kann man sich hineindenken, wir kennen aber die zugehörigen Vorgänge nicht hinreichend sicher. Wenn es also Rinder gewesen sein sollten, was sagt es uns in bezug auf die Geldentstehung?
Aus Deinem heutigen Beitrag an Diogenes (65555):
>Aber Geld wurde nicht"erfunden", um diesen Tausch zu erleichtern wie immer behauptet wird (Nuggets gegen Bärenfell!)<
Nicht erfunden! Es wurde eine Ware beliebtes Zwischentauschgut, weil die Wahrscheinlichkeit, sie wieder loszuwerden und das ohne Wertverlust, bei ihr am höchsten war.
Siehe zum Thema auch 45319.
Falls übersehen, die Antwort auf Deinen jüngsten Hauptbeitrag (mit Literaturhinweisen) ist 65209.
Mit Verspätung reiche ich auch den Link auf den seinerzeitigen Beitrag zu den babylonischen Tafeln nach: 32458.
Gruß, Dimi
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dottore
07.06.2001, 15:21
@ Dimi
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Ware = Gewicht, Sache; Geld = Summe, Schuld. Was also soll"Warengeld" sein? |
>>Selbstverständlich. Nur: Was haben Sie bezahlt? Kontrakte haben sie erfüllt! Denn das heißt"bezahlen".
>Aus dem Wort 'bezahlen' folgt keine Geldentstehungstheorie aus dem Kredit.
Nicht aus dem Kredit, sondern aus der Schuld ;-) Ich bezahle nicht etwas, es sei, denn ich bin es schuldig.
Das womit ich bezahle kommt es an. Du meinst offenbar, Geld gab's schon irgendwann"vorher", dann wurde es verliehen (oder andere Waren wurden damit gekauft) und dann wird alles mit dem gleichen Geld"nachher" zurückgezahlt.
Ich meine: Ein"Vorher"-Geld, sozusagen als"Erstaustattung" einer Wirtschaft gibt es nicht. Edelmetall ist eine Ware, die produziert und ihrerseits bezahlt werden muss. Ich kann also nicht"Geld" mit"Geld" bezahlen. Und die"Erstausttung" hat uns Mutter Natur leider vorenthalten. Edelmetallproduktion ist was anderes als wenn ein Huhn ein Ei legt. Edelmetall - siehe Posting eben - ist extrem teuer in Herstellung, Verarbeitung usw.. Womit wird die Produktion also"bezahlt". So ein"langsames Sich-ans-Geld-Heranhangeln" gibt es nicht, so nach dem Motto"immer-noch-ein-Ei-gelegt" - bis schließlich genug Eier gelegt wurden, um dagegen die"Ware" Geld beisammen zu haben...
>>Zur"Geldentstehung" siehe bitte nochmal mein Posting zu R.Deutsch. Da es konkurrierende Warengelder gegeben hat, entsteht relatives Preisrisiko usw.<
>Und was folgert daraus? Daß sich das beste Warengeld durchsetzt, also das, welches die höchste Wahrscheinlichkeit einer Wiederabnahme innehat.
In der Wiederabnahme liegt doch just das Preisrisiko. Das liegt bei Edelmetall genau so bei Null wie bei allen anderen Waren auch. Der Witz von"Gold heute" liegt (für mich) einzig und allein darin, dass es eine Preisuntergrenze (allen anderen Waren gegenüber) hat: 42,22 $ / Unze. Würde dieser Preis erreicht, könnte Gold gegenüber anderen Waren (= Warenkorb) nicht weiter fallen, egal wohin deren Preis fallen mag.
>>Der Aufwand wird in der Literatur maßlos übertrieben. Im alten Griechenland genügte ein"Prüfhieb", in Rom gab's"Serrati" (=gezackte) Münzen, um"Fütterungen" zu unterbinden. Die Strafen waren immens!
>Der Aufwand vor Erfindung der Münzen war erheblich, s. z.B. Bastian, Adolf: Reisen in Birma in den Jahren 1861/62 S. 57 ff.
Kenne ich leider nicht. Aber Du kannst den Aufwand unschwer minimieren, indem Du die Strafen maximierst. Das war der Regelfall in der Geschichte. Falschmünzer wurden ohne Wenn und Aber gehenkt. Und selbst noch auf den"Assignaten" Frankreichs 1790ff. stand laut und deutlich:"Todestrafe", falls sie jemand fälscht (was ganz leicht gewesen war). Heute ist es schwerer, Papiergeld zu fälschen, daher die Strafen auch etwas"humaner".
>>>>Völkerkundlich gibt es jede Menge sog."Tauschmittel", die aber kein Geld im Sinne einer werthaltigen Sache waren, sondern einfache Recheneinheiten, um Aktiva (Schuldforderungen) zu dokumentieren.
>>>Das ist einfach falsch. Das kannst Du auch nicht belegen.
>>Womit belegst Du die Behauptung, dass es sich um"Tauschmittel" gehandelt hat, wenn es keinerlei Gleichheit im"Wert" des Getauschten gab?
>Das 'Gleichheitsargument' will sich mir nicht erschließen.
Bei einer Tauschwirtschaft (Naturaltausch) muss doch in etwa eine Gleichheit im"Wert" (Preis) des Getauschten bestehen. Wobei es natürlich minimale Einschätzungen in der Bewertung des aktuell Getauschten geben kann, da sonst auch kein Tausch zu Stande kommt. Ansonsten tausche ich doch nicht eine Kuh gegen 100 g Silber, wenn mir der Nähstbeste dafür 100 g Gold gibt.
>>>Aber natürlich. Die Muscheln, Federn, Zähne hatten einen entsprechenden Wert. Wobei man mit Muscheln, die ein Kind in 10 Minuten am Strand sammeln kann, keine Ziege zahlen konnte, aber sehr wohl mit solchen, die selten waren. Das war Schmuck, das war Brautpreis! Bis heute zahlen Menschen für einen Brillianten tausende Mark, nur weil er selten ist und als schön gilt und bei Bräuten leuchtende Augen hervorruft.
>>Allerweltsmuscheln als wertvoller Schmuck? Da hätte ich gern mehr dazu.
>Es war eben kein Allerweltsschmuck, bzw. es war sehr viel vonnöten. Eine Gesellschaft, bei der sich noch kein einheitliches Tauschmittel durchgesetzt hatte, bei der aber Zähne usw. einen Wert hatten, ist beschrieben in: Michel, Thomas: Interdependenz von Wirtschaft und Umwelt in der Eipo-Kultur von Moknerkon, Berlin 1983 v.a.S. 105/107/110.
Kenne ich leider auch nicht. Außerdem sind Zähne sicher seltener (wertvoller) als in beliebiger Menge vorhandene bzw. unschwer zu sammelnde Muscheln. Außerdem könnten Zähne aus Gründen (die ich nicht kenne) einen Wert gehabt haben, aber worin bestand der Wert von Muscheln? Das Ausgleichen mit Hilfe von"Mengen" macht für mich keinen Sinn, denn etwas, das in belieber Menge vorhanden und vor allem vermehrbar ist, kann nur einen Wert haben, den die altbabylonischen Steinchen ebenso hatten wie sog."Rechenmünzen", die auf Rechenbrettern hin- und hergeschoben wurden: nämlich um als Stücke das Rechnen (buchen) zu erleichtern.
Rechnen, buchen usw. (siehe auch die Inka-quipus) hat aber mit"Geld" nicht zu tun. Es hilft nur Geld zu be-rechnen.
>>Um vielleicht das noch ein Mal zu betonen: Wir unterhalten uns nicht über Vor- oder Frühgeschichte ohne Eigentum
>Was aber, wenn Warengeld aus Tausch entstanden sein sollte in einer Gesellschaft ohne Beleihung und Eigentum, was dann?
[b]Dann war es eine Ware und kein Geld. Ware = Gewicht, Sache; Geld = Summe, Schuld.
>>Die entscheidende Frage liegt in der Eigentumssphäre.
>Woher weißt Du, daß dies die entscheidende Frage ist?
>>Du hast ihn, glaube ich, positiv erwähnt, zusammen mit Keynes und Fisher.
>Irgendeine Verwechslung, habe keinen der drei erwähnt.
>>Dann landet das Ganze in der Aporie, die schon George Gilder erleben musste, der den Kapitalismus aus dem Potlatch-Phänomen abzuleiten versuchte:
>>Zwei Häuptlinge schenken sich immer mehr und immer mehr und immer mehr. Aber das ist nicht unsere heutige Wirtschaft: Da wird leider nichts verschenkt.<
>Der Potlach ist ein spezielles Phänomen, die meisten Völker praktizieren nichts derart extremes, und zur Geldentstehung ist er nicht nötig.
Völlig richtig. Es ist aber doch bemerkenswert, wenn der führende"Kapitalismus"-Forscher und WSJ-Crack, Professor usw. den Potlatch als das hinstellt, aus dem sich die heutige Wirtschaft (mit Wachstum" usw.) ableiten ließen.
Gruß
d.
>Gruß, Dimi
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dottore
07.06.2001, 17:39
@ Dimi
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Re: Allerallererstes Geld,"Kapselform", Links u.a. |
>Hallo Dottore,
>vielen Dank für das schöne Foto!
>Es könnte freilich auch einen Asteroiden mit sechs kleinen Monden abbilden ;-)
Ich habe noch mehr davon ;-) Ich finde nur, es muss irgendeinen Sinn haben: 1. Die Zahl auf der Außenseite zu dokumentieren (nicht veränderbar oder fälschbar) und 2. noch einmal nach Ã-ffnung der Kapsel zu finden.
Das erinnert mich an das "Rechnen auf der Bank" und das [b]"Rechnen mit Ziffern"[/i] des deutschen Frühkapitalismus (ich stelle dazu noch zwei Beispiele von 1514 später rein).
>Die Tonkapsel ist allerdings vermutlich interessanter in bezug auf die Entstehung der Schrift, des Rechnens, der Buchführungs, als in bezug auf die des Geldes.
Mein Reden. Geld wurde zuerst"gebucht", dann erst kamen"Geldsorten" (detailliert und standardisiert) in Gange.
>Denn: Was hier wie festgehalten wurde, das kann man sich hineindenken, wir kennen aber die zugehörigen Vorgänge nicht hinreichend sicher. Wenn es also Rinder gewesen sein sollten, was sagt es uns in bezug auf die Geldentstehung?
Bei Rindern würde ich sagen: Die waren das geschuldete Gut, einmal als Schrift und ein zweites Mal als Zahl.
>Aus Deinem heutigen Beitrag an Diogenes (65555):
>>Aber Geld wurde nicht"erfunden", um diesen Tausch zu erleichtern wie immer behauptet wird (Nuggets gegen Bärenfell!)<
>Nicht erfunden! Es wurde eine Ware beliebtes Zwischentauschgut, weil die Wahrscheinlichkeit, sie wieder loszuwerden und das ohne Wertverlust, bei ihr am höchsten war.
Mit Zwischentauschgut kann ich gut leben, damit die Zeit zwischen dem Entstehen der ursprünglichen Schuld und ihrer Erledigung überbrückt wird. Aber die bleibt von Tauschvorgängen (= Zessionen)"zwischendurch" unberührt.
Die anderen Antworten habe ich versucht, nachzuliefern. Sorry again for delay.
Gruß
d.
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