Diogenes
08.06.2001, 14:13 |
@dottore. Ich habe zwei Fragen Thread gesperrt |
Hi dottore,
Du sagst, daß die ältesten Münzen recht groß und schwer waren, also ungeeignet für den täglichen Zahlungsverkehr. Wie hat man dann am Markt eingekauft und bezahlt (Pfund Erbsen, ein paar Kartoffeln,...)?
>Aus deinem Posting weiter unten:"Eine"Investition" setzt aber Sparen voraus und zwar nicht im Sinne von sich allgemein ergebender Überschuss-Produktion (denn diesen Überschuss - der über die zu Naturaltauschüberschüssen und ergo wieder nur zum Konsum dienenden Konsumtauschgütern - hinausginge, könne niemand verwenden, weil ihn niemand braucht). Sondern Sparen im Sinne von Konsumverzicht!
Der Verzicht ist der Knackpunkt! Sonst würden die simplen Gleichungen Y (BSP) = C (Konsum) + I (Investition) und zugleich Y = C + S (Sparen), woraus sich I = S ableitet, auf die eine Gleichung Y = C + Nicht-C zusammenschnurren. Und Nicht-C würde dann halt, da"überschüssig" (und zwar für alle!), weggeworfen."
Hier glaube ich, wir reden aneinander vorbei. Du redest vom Geld, ich von den realen Güter.
In der Geldspäre gilt: Yg = C (vorhandenes Geld) + I (zusätzliche Schulden)
In der Güterspäre gilt: Gesamte Waren (Yw) = Konsum + Nicht-Konsum.
Das zusätzliche Geld wirkt also inflationär.
Und hier sehe ich folgendes:
Wenn Schulden Geld sind (wie bei fraktional Banking), dann erfolgt das Sparen zwangsweise (!) durch die Kaufkraftverminderung des bereits vorhandenen Geldes.
Wenn aber Gold Geld ist (100 % Deckung), dann erfolgt das Sparen freiwillig (!). Der Konsumverzicht bei den Waren wird durch einen Konsumverzicht beim Geld begleitet.
Debitismus ist im Grunde fractional Banking. Aber was ist der Wärungsanker?.
Noch was fällt mir auf:
Der Bereich des Geldes und der der Waren laufen bei reinem Warengeld syncron und bei Kreditgeld asyncron (Infla/Defla). Ob hier der Grund für die Konjunkturzyklen zu suchen ist?
Gruß
Diogenes
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dottore
08.06.2001, 15:40
@ Diogenes
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Re: @dottore. Ich habe zwei Fragen |
>Hi dottore,
>Du sagst, daß die ältesten Münzen recht groß und schwer waren, also ungeeignet für den täglichen Zahlungsverkehr. Wie hat man dann am Markt eingekauft und bezahlt (Pfund Erbsen, ein paar Kartoffeln,...)?
Im alten Rom (nachgewiesen) mit sog. "Syngraphen" (vgl. Cicero). Das waren kleine Wachstäfelchen in Holzrahmen, ein paar hundert davon sind bis heute erhalten. Auch zu sehen auf Wandmalereien in Pompeji. Auf ihnen sind Kauf- und Verkaufsvorgänge vermerkt und wer wann wieviel schuldig ist. Die Tafeln wurden mit Siegelabdruck gesiegelt (es gab im Vergleich zu heute viel weniger Haushalte, noch dazu von Freien, Rest waren Sklaven).
In Griechenland gab es auf den Märkten sog."trapezistas" (Leute, die"Bank" = trapeza, daher noch der Name Trabzon) hielten. Sie haben offenbar die Bücher der Marktteilnehmer geführt, denn zum"Wechseln" (Münze aus Korinth in solche aus Athen) gab's kaum was. Es kam dort regelmässig zu Saldierungen wie später dann auf den großen Messen (Champagne, Frankfurt, Lyon etc.).
Klein- oder Scheidemünzen kamen wie die Funde auf der Athener Agora zeigen erst ziemlich spät, erkennbar an A - TH - E für die alten Münzen und nach der Schriftreform von ca. -400 (vermutlich aber später, bei der usgabrung wurde nicht stratigraphisch untersucht - katastrophal!) A - TH - H (="Athän" wie heute noch).
>>Aus deinem Posting weiter unten:"Eine"Investition" setzt aber Sparen voraus und zwar nicht im Sinne von sich allgemein ergebender Überschuss-Produktion (denn diesen Überschuss - der über die zu Naturaltauschüberschüssen und ergo wieder nur zum Konsum dienenden Konsumtauschgütern - hinausginge, könne niemand verwenden, weil ihn niemand braucht). Sondern Sparen im Sinne von Konsumverzicht!
>Der Verzicht ist der Knackpunkt! Sonst würden die simplen Gleichungen Y (BSP) = C (Konsum) + I (Investition) und zugleich Y = C + S (Sparen), woraus sich I = S ableitet, auf die eine Gleichung Y = C + Nicht-C zusammenschnurren. Und Nicht-C würde dann halt, da"überschüssig" (und zwar für alle!), weggeworfen."
>Hier glaube ich, wir reden aneinander vorbei. Du redest vom Geld, ich von den realen Güter.
>In der Geldspäre gilt: Yg = C (vorhandenes Geld) + I (zusätzliche Schulden)
>In der Güterspäre gilt: Gesamte Waren (Yw) = Konsum + Nicht-Konsum.
>Das zusätzliche Geld wirkt also inflationär.
Der zusätzliche <font color="FF0000">Kredit!</font> Was sollte zusätzliches Geld anders sein als umlauffähig gemachter (zessionsfähiger) zusätzlicher Kredit?
>Und hier sehe ich folgendes:
>Wenn Schulden Geld sind (wie bei fraktional Banking), dann erfolgt das Sparen zwangsweise (!) durch die Kaufkraftverminderung des bereits vorhandenen Geldes.
Der zusätzliche Kredit vermindert zunächst die Kaufkraft, weil mit Kredit schon nachgefragt werden kann, bevor der Schuldner zu zusätzlicher Leistung (= mehr BIP-Angebot) hat kommen können. Wird der Kredit mit zusätzlicher Leistung abgelöst, kommt nur noch die zusätzliche Leistung daher (ohne zusätzliches"Geld", denn das hat es ja schon gegeben in Form des zusätzlichen Kredits). Damit ist ein Leistungsüberhang da, der die Preise logischerweise wieder senkt.
>Wenn aber Gold Geld ist (100 % Deckung), dann erfolgt das Sparen freiwillig (!). Der Konsumverzicht bei den Waren wird durch einen Konsumverzicht beim Geld begleitet.
Dann spare ich gleich in Gold.
>Debitismus ist im Grunde fractional Banking. Aber was ist der Wärungsanker?.
Den Anker brauche ich nicht. Ich brauche nur 1. Kredit = Inflation. 2. Waren zur Erledigung dieses Kredits = Deflation. Da Infla/Defla milliardenfach ablaufen, ergibt so ein im wesentlichen stabiles Preisniveau. Ausnahmen: Ein nicht leistender Schuldner (keine Leistung weder als Ware noch als Service) wird zugelassen bzw. es wird hochgebucht (Erfüllung via Leistung wird permanent verschoben) oder Kredite fallen um, dann fehlt das zu Leistende als Korrektiv.
In einem System mit ausgeglichenem Staatshaushalt (keine Kredite, die nicht per Leistung abgearbeitet werden; kein Hochbuchen durch Zinsen zur Schuld schlagen!), ein sorgfältiges Kreditvergabe- und vor allem ein straffes Vollstreckungssystem sollten das verhindern (wenn ich - beim umgefallenen Kredit - dann in besichertes Eigentum vollstrecke, muss dieses seinerseits auf den Markt und senkt dort als Zusatzangebot die"Sachenpreise" - sub summa also erheblich geringere Gefahren als die in denen wir heute stecken).
>Noch was fällt mir auf:
>Der Bereich des Geldes und der der Waren laufen bei reinem Warengeld syncron und bei Kreditgeld asyncron (Infla/Defla). Ob hier der Grund für die Konjunkturzyklen zu suchen ist?
Grundsätzlich ja. Konjunkturzyklen sind immer Kreditzyklen. Das war der frühen Konjunkturforschug absolut klar und geläufig (Spiethoff, Schumpeter, Machlup, Haberler usw.), ist inzwischen aber aus den Augen verloren worden. Die Ã-konomen sind zumeist Staatsdiener - und wer schnappt schon nach der Hand, die ihn füttert?
Deshalb wird die Staatsverschuldung auch immer wieder"ausgeblendet". Dies sollte doch zu denken geben, da sie a) die Basis aller wichtigen Monetärsysteme ist (Fed!) und b) die Märkte für Staatspapiere die allergrößten überhaupt sind - mit massivsten Beeinflussungen der (privaten) Realwirtschaft, siehe das hier schon oft von verschiedenen Board-Teilnehmern gepostete Problem der Ressourcen-Fehlallokationen.
>Gruß
>Diogenes
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Diogenes
08.06.2001, 20:41
@ dottore
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Danke und eine hab ich noch ;-) |
Hallo dottore,
Danke für die wie immer kompetente Auskunft, noch eine Frage:
In welchen Einheiten wurde bei den"trapezistas" bzw."Syngraphen" gerechnet? Was war die Recheneinheit?
Ich stelle mir vor, daß es wenig Sinn gemacht hätte, wenn da etwas in der Art wie"Schneider Meier schuldet Schuster Müller ein Paar Lederstiefel" - Maier hat die Stiefel ja gekauft, weil er sie nicht selber produziert.
Gruß
Diogenes
Kanst du mir ein oder zwei gute Bücher zum Thema Wirtschafts-/Währungsgeschichte empfehlen?
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dottore
08.06.2001, 22:53
@ Diogenes
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Re: Römischer"Kreditfund" in der Schweiz |
>Hallo dottore,
>Danke für die wie immer kompetente Auskunft, noch eine Frage:
>In welchen Einheiten wurde bei den"trapezistas" bzw."Syngraphen" gerechnet? Was war die Recheneinheit?
Bei den Griechen Obole & Drachmen, bei den Römern ab Asses bis Denare. Mit allen Einteilungen dazwischen. Es gibt aber alle möglichen Angaben, z.B."Talente" (60 Minen zu 100 Drachmen usw.).
Vielleicht kann Dir hier & heute die optische Darstellung etwas weiter helfen.
Zunächst hier einen Syngraphenschreiber:
Gefunden im Schweizerischen Windisch (Legionslager Vindonissa, Nähe Basel; aus: Die römischen Schreibtafeln von Vindonissa, Baden 1996, 98 f.).
Text:
(Fehlt eine Seite)..."in dreissig Tagen und wohin auch immer er versetzt wird. Dass das Kapital und die rechtmässigen Zinsen dort sicher (zurück)gegeben werden, liess sich Sextus Carisius Maximus förmlich zusagen... Das geschuldete Geld werde ich Dir, Deinem Beauftragten oder Deinem Erben zurückgeben... (25. 1. 90 n. Chr.).
Das"geschuldete Geld" war natürlich nicht die Wachstafel, auf der die Schuld festgehalten war, sondern die Wachstafel war ihrerseits die Schuldurkunde über eine Geldschuld, und - insofern sie zediert wurde (allein schon der"Beauftragte"...) - <font color="FF0000">selbstverständlich ihrerseits Geld! </font>
>Ich stelle mir vor, daß es wenig Sinn gemacht hätte, wenn da etwas in der Art wie"Schneider Meier schuldet Schuster Müller ein Paar Lederstiefel" - Maier hat die Stiefel ja gekauft, weil er sie nicht selber produziert.
Das ist völlig richtig, Du must schon irgendetwas haben, worauf Du Dich mit Deinem Gegenüber einigst.
>Gruß
>Diogenes
>Kanst du mir ein oder zwei gute Bücher zum Thema Wirtschafts-/Währungsgeschichte empfehlen?
Ich habe mindestens 300 davon, zumeist Einzel-Darstellungen. Ich werde nachschauen, was über den üblichen Geld=Münzen = später=Papiergeld-Sumpf hinausragt. Schöne Bücher mit Darstellungen gibt's zu Hauf...
Erinnere mich bitte nochmal daran. (Jetzt zu faul, sorry ;-)).
Guten Abend noch,
d.
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Diogenes
09.06.2001, 12:19
@ dottore
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Re: Römischer"Kreditfund" in der Schweiz |
Danke dottore, du bist eine Wucht.:-)
Gruß
Diogenes
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