dottore
09.06.2001, 13:11 |
@ Dimi (und wen's interessiert): Tauschtheorie vs. SchuldtheorieThread gesperrt |
Hi Dimi,
gestern Abend war es spät; daher war ich nicht mehr so konzentriert.
Vielleicht hier nochmal kurz, worum es mir geht:
1. Die Tauschtheorie des Geldes ist fraglos vom simplen Augenschein abgeleitet: Es wird ein (werthaltiges) Geldstück gegen eine Ware getauscht. Tatsächlich ist das ein Warentausch. Geld ist ein Tauschgegenstand, aber kein Tauschmittel.
2. Geld ist nicht als Tauschmittel entstanden, sozusagen, um den Tauschvorgang überhaupt zu ermöglichen oder zu erleichtern bzw. evtl. zu beschleunigen oder zu"optimieren". Dies ist historisch falsch.
3. Es gibt Wirtschaften, in denen getauscht wurde. Und Tauschen ist bis heute jederzeit möglich. Aber das bleibt Tausch und hat mit Geld nichts zu tun. Ich tausche also keinen Geldschein gegen eine Ware, sondern ich bezahle damit.
4. Bezahlen kann ich aber immer nur eine vorangegangene Schuld. Dies ist beim Kaufakt die Schuld gegenüber dem Verkäufer. Aber dieses Bezahlen ist nur eine Zession der im Geld verbrieften Schuld. Dise Schuld kommt erst aus der Welt, nachdem der erste Schuldvorgang, aus dem das Geld einst (Wandlung in Banknoten usw.) entstanden ist, seinerseits getilgt ist.
5. Beim Tausch müssen beide Parteien sich absolut über das einig sein, was sie jeweils geben und nehmen. Die Einschätzung von Wert und Gegenwert ist also nur auf diese beiden Parteien begrenzt. Dritte, vierte usw. Parteien würden evtl. einen solchen Tausch wie die beiden ersten ihn vereinbart haben, nicht akzeptieren.
6. Damit aus Warentauschsystemen Geld entstehen kann, also etwas, das auch Dritte, Vierte usw. akzeptieren (womit wir letztlich Geld als"für andere" bzw. schließlich"für alle geltend" haben) muss sich eine Ware herausbilden, die diese Eigenschaft hat. Das wurde in der Geschichte Edelmetall aufgrund seiner allseits bekannten physischen Eigenschaften.
7. Dieses Warengeld war nach wie vor eine Ware. Und da ihre Wertschätzung etwas mit der Seltenheit zu tun hat, ergeben sich für diese Ware enstsprechend aufwendigere Produktionen. Was nicht selten ist (und seine Seltenheit durch die aufwendigere Produktion darstellt), kann nicht diese Ware sein. Ein Basaltsteinchen ist (fast) so haltbar wie Edelmetall, aber es hat praktisch keinen Wert, das seine Herstellung (Findung) nichts kostet.
8. Je aufwendiger also die Produktion bzw. Findung, desto seltener und desto wertvoller ist diese Ware. Soziologisch-historisch kann diese Ware in ihrem Wert variieren, aber letztlich hat der Häuptling eben Adlerfeder (selten, Adler schwer zu erlegen) im Kopfschmuck und keinen Spatzenfedernflaum. Aber damit sind wir immer noch beim Warentausch.
9. Tauschkontrakte können in die Länge gezogen werden. Dadurch wird der Charakter des Tausches als eines schuldrechtlichen Vorgangs deutlich. Die Überbrückung dieser zeitlichen Länge muss bezahlt (Zins) und besichert (Eigentum) werden.
10. Läuft dieser gestreckte Tauschvorgang über Zeit, haben wir es also mit einem Kredit zu tun. Dieser Kredit kann zunächst über Waren aller Art lauten. Lautet er auf Edelmetall lautet er über eine Ware, die mehr Tauschinteressierte anzieht als ein Warenkredit über etwas, das sich nur auf wenige oder gar nur einen beschränkt. (Das muss nicht sein, aber wir lassen jetzt mal Kredite über andere Güter weg; ein Kredit über Adlerfedern würde z.B. nur den interessieren, der dann, wenn er selbst die Schuld einfordert, diese Feder auch nutzen kann - was aber im Indianerfall nur Häuptlinge oder Häuptlingsaspiranten interessieren würde).
11. Eine Kredit über eine Ware, die sich also bei einer möglichst großen Zahl von Menschen durchgesetzt hat, ist also interessanter als ein Kredit über eine Ware, die eine kleinere Zahl interessiert. Diesen Kredit kann ich zedieren, weil andere gern in ihn eintreten, aber dann ist es immer noch ein unbesicherter Kredit.
12. Es wird sich also ein Kredit als Zessionsmittel durchsetzen, der obendrein auch noch besichert ist und zwar durch Eigentum. Dabei hat unbewegliches Eigentum gegenüber beweglichem den Vorteil, dass es nicht während der Kreditlaufzeit entfernt und damit dem Zugriff des jeweiligen Gläubigers entzogen werden kann. Daher sind im Vorteil: Grund und Boden bzw. in Depositenanstalten (Tempel, später Banken) gesichert liegende Metalle. Grund und Boden wiederum ist im Vorteil gegenüber Tempeln (Banken), da letztere geplündert werden können (die Plünderung von"Schatzhäusern" hat von der griechischen Antike über Augustus und Napoleon bis Saddam in Kuwait eine alte Tradition).
13. Der Schuldner kann zwar auch Besicherung anbieten, da er aber bereits Schuldner ist (bzw. davor steht einer zu werden), ist er in einer schlechteren Position als derjenige, der als Nichtschuldner unbelastetes Eigentum zur Besicherung anbieten kann. Daher der Vorgang A schuldet B, und C (am A/B-Verhältnis völlig unbeteiligt) besichert den A/B-Kontrakt (ob er dafür entschädigt wird, spielt keine Rolle).
14. Wir haben also aus der Ware erst den Warenkredit, dann den besicherten Warenkredit entwickelt. Da nur seltene (produktionskostenintensive) Waren für den Warenkredit in Frage kommen, muss die Produktion dieser Ware ihrerseits finanziert werden (Zeitüberbrückung). Damit ist Warengeld ohne"Produktionsumwege" nicht vorstellbar. Warengeld kann nur seinen Wert durch ein vorangegangenes Schuldverhältnis erhalten, weil es sonst beliebig und wertlos wäre.
Vielleicht können wir uns darauf einigen?
Gruß
d.
<center>
<HR>
</center> |
Diogenes
09.06.2001, 14:03
@ dottore
|
Re: @ Dimi (und wen's interessiert): Tauschtheorie vs. Schuldtheorie |
Hallo dottore,
Wenn ich das jetzt richtig verstehe, dann läuft die Sache so:
1. Schuldkontrakte
2. Es bilded sich ein Schuldinhalt heraus, der allgemein akzeptiert wird (Gold, Silber, Salz,..)
3. Die Waren zunehmend in Einheiten (Gramm, Unzen, Talente Schekl,..) dieser"Geldware" bepreist.
4. Diese Schuldinhalte werden noch marktgängiger, wenn sie besichert werden.
Ich spinne den Faden weiter:
In deinem Posting weiter unten steht, daß die ersten Münzen groß waren. Ich nehme an, weil große Münzen leichter als kleine herzustellen sind. Sie werden nicht direkt verwendet sondern dienen als Besicherung. Die eigentlichen Geschäftsvorgänge/Schuldkontrakte werden auf Täfelchen festgehalten.
Nun ist anzunehmen, daß die Saldierung dieser Schulden nicht für jeden auf Null ausgeht, manche verbleiben mit Guthaben, manche Schulden. Diese müssen irgendwie ausgeglichen werden. Zu diesem Zweck könnte man von den Großen Münzen kleine Stücke herunterbrechen. Das ist natürlich umständlich, und so hat man mit der Zeit (und besseren technischen Fähigkeiten?) angefangen kleine Münzen zu machen. Richtig?
Gruß
Diogenes
<center>
<HR>
</center> |
diadem
09.06.2001, 14:14
@ dottore
|
Re: @ Dimi (und wen's interessiert): Tauschtheorie vs. Schuldtheorie |
Hallo dottore,
ich möchte nur kurz mitteilen, dass mich Ihre Ausführungen sehr interessieren und ich den Austausch verschiedener Meinungen zu diesem Thema und die Fragen (die ich mir bislang nie gestellt habe) höchst spannend finde.
Danke und ein schönes Wochenende...... (an Alle)
Gruss
D.
<center>
<HR>
</center> |
R.Deutsch
09.06.2001, 20:14
@ Diogenes
|
Re: @ Dimi (und wen's interessiert): Tauschtheorie vs. Schuldtheorie |
Nach meiner Vorstellung läuft es so:
1.) Eine Ware bildet sich als allgemein anerkanntes Zwischentauschmittel (Warengeld) heraus und parallel dazu bilden sich Schuldkontrakte aus, die in diesem Zwischentauschmittel definiert und kontrahiert werden.
2.) Der Schuldner verpflichtet sich, das Zwischentauschmittel (Warengeld) später zu liefern und als Sicherheit, dass dieses Versprechen erfüllt wird verpfändet er (oder ein Dritter) sonstiges Eigentum und diese Schuldkontrakte werden umlauffähig, neben dem Zwischentauschmittel
Große Münzen sind kein Problem, sie werden über Schuldkontrakte klein gemacht. Wenn man allein die Schuld an erste Stelle stellen will (Debitismus) hat man das Problem zu erklären, was denn der Inhalt der Schuld war, wenn nicht das Zwischentauschmittel Warengeld.
Ich denke, Du machst es Dir unnötig schwer, lieber dottore, wenn Du unbedingt Tausch gegen Warengeld leugnen willst. Der Debitismus ist auch so tragfähig genug. Viel wichtiger erscheint es mir, sich auf die Zwangsverschuldung durch Staat und Banken durch legales Falschgeld zu konzentrieren, das ist die eigentliche Sklavenpeitsche und sollte zum zentralen Punkt des Debitismus gemacht werden.
Gruß
R
<center>
<HR>
</center> |
Dimi
09.06.2001, 22:33
@ dottore
|
Re: Tauschtheorie vs. Schuldtheorie? Tausch- und Schuldtheorie! - Dottore |
Lieber Dottore,
vielen Dank. Ich werde versuchen eine Auswahl zu treffen aus beiden Beiträgen und mich aufs wichtigste zu beschränken:
>1. Die Tauschtheorie des Geldes ist fraglos vom simplen Augenschein abgeleitet:
Die Tauschtheorie in der Form 'es gibt Güter A,B,C usw.' ist tatsächlich simpel. Das ist die Kreditgeldtheorie aber auch ('Es gibt Schulden und die werden übertragen'). Beide Theorien werden aufwendig, wenn man sie mit historischen und völkerkundlichen Befunden verbindet.
>Es wird ein (werthaltiges) Geldstück gegen eine Ware getauscht. Tatsächlich ist das ein Warentausch.
Nur durch Deine Definition. Zwar ist Gold immer Gold und somit eine Ware, es ist aber eben auch Geld, denn es wird als Geld nachgefragt. Durch diese Nachfrage wird Gold auch wertvoller, als wenn die Nachfrage als Geld nicht bestünde.
Du definierst hier Geld negativ: Was eine Ware ist, ist eine Ware und somit kein Geld. Du kannst aber nicht Deine Argumentation auf einer Definition aufbauen, wenn es um den zu definierenden Gegenstand geht.
Du selektierst via Definition Warengeld aus. Mit gleichem Recht könnte einer (in etwa) sagen: Geld ist eine Ware, mit der immer wieder von neuem getauscht wird. Mit dieser Definition (sie war im neunzehnten Jahrhundert verbreitet) würde einfach Kreditgeld ausselektiert.
>2. Geld ist nicht als Tauschmittel entstanden, sozusagen, um den Tauschvorgang überhaupt zu ermöglichen oder zu erleichtern bzw. evtl. zu beschleunigen oder zu"optimieren". Dies ist historisch falsch.<
Aber völkerkundlich richtig.
>Aber das bleibt Tausch und hat mit Geld nichts zu tun. Ich tausche also keinen Geldschein gegen eine Ware, sondern ich bezahle damit.
4. Bezahlen kann ich aber immer nur eine vorangegangene Schuld. Dies ist beim Kaufakt die Schuld gegenüber dem Verkäufer. Aber dieses Bezahlen ist nur eine Zession der im Geld verbrieften Schuld.<
Im Prinzip definierst Du Geld hier positiv. Inhaltlich treffen Deine Aussagen in bezug auf Kreditgeld aber zu.
>9. Tauschkontrakte können in die Länge gezogen werden. Dadurch wird der Charakter des Tausches als eines schuldrechtlichen Vorgangs deutlich.<
Mit gleichem Recht kann einer sagen: Darlehenskontrakte können verkürzt werden auf einen Moment. Dadurch wird ihr Charakter als in die Länge gezogener Tausch deutlich.
>Dieser Kredit kann zunächst über Waren aller Art lauten. Lautet er auf Edelmetall lautet er über eine Ware, die mehr Tauschinteressierte anzieht als ein Warenkredit<
Wieso soll, bei so einer Erklärung der Geldentstehung via Kredit, Gold mehr Tauschinteressierte anziehen als Getreide?
Es ist ja z.B. egal, ob Getreide verdirbt, wenn in einem Kreditvertrag die Lieferung von unverdorbenem Getreide vereinbart wird.
>11. Eine Kredit über eine Ware, die sich also bei einer möglichst großen Zahl von Menschen durchgesetzt hat, ist also interessanter als ein Kredit über eine Ware, die eine kleinere Zahl interessiert.<
Für Getreide interessieren sich weitaus mehr Menschen als für Gold.
Nun zum vorherigen Beitrag 65982. Ich werde nur auf die Dinge eingehen, von denen ich vermute, daß Du sie auch vorgetragen hättest, wenn es nicht so spät gewesen wäre.
>>Noch im zwanzigsten Jahrhundert gab es Völker,
>"gab es" - wieder einzelne. Du kannst das noch weiter herunter brechen auf einzelne Menschen, aber es gibt kein Einzel-Geld. Denn dann wäre es keins.
Es gibt aber lokale Gelder, z.B. im Raum einiger Völker.
>>Wenn, wie Du meinst, die Muscheln bloßes Rechen-, Buchungs- oder Zählmittel gewesen wären, wären keine hundertausende von ihnen verwendet werden, wenn die Leute fünf oder zehn Schweine haben.
>Hunderttausende übrigens, weil es - wie bis heute auch - erheblich mehr Rechenmünzen gibt als konkrete Münzen aus alter Zeit.<
Hunderttausend Muscheln pro Haushalt, wenn dieser zehn Schweine hat? Selbst bei doppelter Buchführung genügten zwanzig Muscheln ;-)
>Gold ist inzwischen nur noch Ware
Die Notenbanken unterhalten Warenlager?
Gerade darin, daß ein früherer Schmuckgegenstand nicht mehr (nur) als Schmuck verwendet wird, kann man erkennen, daß er als Geld gebraucht wird.
>Erstens kriege ich auch heute noch jede"Braut", die ich mir vorstellen möchte.
Dazu zur Abwechslung das Alte Testament, Hosea 3,2:"Ich kaufte meine Frau um fünfzehn Silberstücke und viereinhalb Zentner Gerste zurück". Der (geschiedene) Prophet Hosea mußte (für seine Ex) also zahlen.
>Gut! Aber davon ist in den Wirtschaftsgeschichten nie die Rede. Sondern immer nur vom"lokalen" Markt. Was Du sagst, ist sozusagen"Außenhandel" und da stimmt es komplett (hattest Du auch schon selbst gepostet).
Im Außenhandel könntest Du Dir eine Geldentstehunung aus dem Tausch vorstellen?
Du hast im übrigen Recht, in 'den Wirtschaftsgeschichten' ist die Tauschmittelherleitung nur selten gut beschrieben, aber selbst dann (soweit mir bekannt) nur Teilaspekte ausführend.
>"Entwickelte Gesellschaften"? Können wir uns bitte auf die Folge Stamm-Feudal-Privateigentümergesellschaft einigen.
Die 'entwickelte' Gesellschaft gibt es strengenommen genausowenig wie die 'Stammesgesellschaft'. Das sind einfach Hilfsworte, um einen Sachverhalt nicht mit vielen Worten darstellen zu müssen.
'Entwickelt' meinte hier die Gesellschaft, bei der es eine Organisation oberhalb der dörflichen Ebene gibt, so daß Forderungen (aus welchen Gründen auch immer) eingetrieben werden könnnen. Die Inkas gehörten dazu, die Völker der Hochebene Papuas nicht. Dort wird zum Krieg gerüstet, und manchmal kommt es auch dazu (bis heute), wenn ein Dorf eine Forderung gegen ein anderes erhebt, und letzteres nicht zahlen will.
>Nein. Das ist ein Irrtum wie jede Evolutionstheorie. Nichts hat sich langsam entwickelt, vgl. nur mal den technischen Fortschritt (Buchdruck bis Chips)
Der Buchdruck ist ein Beispiel für Entwicklung, von den Anfängen in China vor tausend Jahren über Gutenberg bis hin zur heutigen Massenproduktion.
>>Wenn Du einen Fünftagesmarsch in ein zu einem anderen Stamm gehöriges Dorf gemacht hast und dort Dein Salz ablieferst, und die haben zufälligerweise
>"Zufälligerweise"? Musste ich mit dem Zufall rechnen? Dann wäre ich doch nicht marschiert.
Du kannst ja anrufen und fragen, was für Waren sie heuer haben...
>Den Weg vom Schmuzck zum Geld gehe ich schon deshalb nicht, weil doch gerade Du auf die soziologische Bedeutung des Schmucks hingewiesen hast. Welcher Häuptling wüprde denn seinen Schmuc ablegen, um sich damit Bier zu kaufen.
? ;-)
>Das ist ein exzellenter Einwand! Du bist schon wirklich gut, Dimi! Aber wie wärs mit einer neuen Kugel,nachdem die alte ihren Zweck erfüllt hatte?
Danke. - Dann müßte man aber immer zum Ur-Gläubiger, und das ist nun wirklich ein unpraktisches Geld.
>Ach, Dimi,
langsam wünsche ich mir, ich hätte den Sch...debitismus besser für mich behalten.
Dazu ist es nun zu spät ;-)
Der"Debitismus" ist keinesfalls falsch oder unwichtig. Er ist lediglich nur eine Seite der Medaille. Es gibt Tauschen und Leihen, oft in einem. Was Du beschrieben hast ist die eine Seite der Münze, die andere ist die, auf die man üblicherweise fokussiert.
Beides zusammen ergibt die ganze Münze.
Gruß, Dimi
<center>
<HR>
</center> |
R.Deutsch
10.06.2001, 10:42
@ Dimi
|
Re: Toll |
wir können hier alle gerade einen tollen Prozess kollektiver Wahrheitsfindung miterleben.
Danke
<center>
<HR>
</center> |
Jochen
10.06.2001, 11:00
@ R.Deutsch
|
Re: Tauschtheorie vs. Schuldtheorie |
>Nach meiner Vorstellung läuft es so:
>1.) Eine Ware bildet sich als allgemein anerkanntes Zwischentauschmittel (Warengeld) heraus und parallel dazu bilden sich Schuldkontrakte aus, die in diesem Zwischentauschmittel definiert und kontrahiert werden.
Mich würde interessieren: Wo ist dieser Prozeß, wie in 1.) beschrieben, jemals beobachtet worden?
Das Problem der Tauschwirtschaft ist doch: wie kommmen die Relationen zustande? Da jeder Tausch ein individuelles Ereignis ist, so ändern sich die Tauschrelationen bei jedem Tausch (übrigens auch belegt, zB bei M.Sahlins).
>2.) Der Schuldner verpflichtet sich, das Zwischentauschmittel (Warengeld) später zu liefern und als Sicherheit, dass dieses Versprechen erfüllt wird verpfändet er (oder ein Dritter) sonstiges Eigentum und diese Schuldkontrakte werden umlauffähig, neben dem Zwischentauschmittel
Wo gibt es so etwas? So, wie es da steht, stellt es sich mir so dar: Es gibt umlauffähig gemachte Schuldkontrakte und ein Zwischentauschmittel, also eine Parallelwährung. Es gibt also zwei"Gelder". Das ist mir nicht bekannt, daß es so etwas gibt. (Und bitte nicht das Beispiel der Zigarettenwährung, das paßt hier nämlich nicht, da auch dort keine konstanten Tauschrelationen vorhanden waren).
>Große Münzen sind kein Problem, sie werden über Schuldkontrakte klein gemacht.
Das verstehe ich nicht. Kannst du das erläutern?
Gruß
Jochen
<center>
<HR>
</center> |
dottore
10.06.2001, 12:41
@ Dimi
|
Re: Tauschtheorie vs. Schuldtheorie? Tausch- und Schuldtheorie! - Dottore |
>Lieber Dottore,
>vielen Dank. Ich werde versuchen eine Auswahl zu treffen aus beiden Beiträgen und mich aufs wichtigste zu beschränken:
>>1. Die Tauschtheorie des Geldes ist fraglos vom simplen Augenschein abgeleitet:
>Die Tauschtheorie in der Form 'es gibt Güter A,B,C usw.' ist tatsächlich simpel. Das ist die Kreditgeldtheorie aber auch ('Es gibt Schulden und die werden übertragen'). Beide Theorien werden aufwendig, wenn man sie mit historischen und völkerkundlichen Befunden verbindet.
>>Es wird ein (werthaltiges) Geldstück gegen eine Ware getauscht. Tatsächlich ist das ein Warentausch.
>Nur durch Deine Definition. Zwar ist Gold immer Gold und somit eine Ware, es ist aber eben auch Geld, denn es wird als Geld nachgefragt. Durch diese Nachfrage wird Gold auch wertvoller, als wenn die Nachfrage als Geld nicht bestünde.
>Du definierst hier Geld negativ: Was eine Ware ist, ist eine Ware und somit kein Geld. Du kannst aber nicht Deine Argumentation auf einer Definition aufbauen, wenn es um den zu definierenden Gegenstand geht.
>Du selektierst via Definition Warengeld aus. Mit gleichem Recht könnte einer (in etwa) sagen: Geld ist eine Ware, mit der immer wieder von neuem getauscht wird. Mit dieser Definition (sie war im neunzehnten Jahrhundert verbreitet) würde einfach Kreditgeld ausselektiert.
>>2. Geld ist nicht als Tauschmittel entstanden, sozusagen, um den Tauschvorgang überhaupt zu ermöglichen oder zu erleichtern bzw. evtl. zu beschleunigen oder zu"optimieren". Dies ist historisch falsch.<
>Aber völkerkundlich richtig.
>>Aber das bleibt Tausch und hat mit Geld nichts zu tun. Ich tausche also keinen Geldschein gegen eine Ware, sondern ich bezahle damit.
>4. Bezahlen kann ich aber immer nur eine vorangegangene Schuld. Dies ist beim Kaufakt die Schuld gegenüber dem Verkäufer. Aber dieses Bezahlen ist nur eine Zession der im Geld verbrieften Schuld.<
>Im Prinzip definierst Du Geld hier positiv. Inhaltlich treffen Deine Aussagen in bezug auf Kreditgeld aber zu.
>>9. Tauschkontrakte können in die Länge gezogen werden. Dadurch wird der Charakter des Tausches als eines schuldrechtlichen Vorgangs deutlich.<
>Mit gleichem Recht kann einer sagen: Darlehenskontrakte können verkürzt werden auf einen Moment. Dadurch wird ihr Charakter als in die Länge gezogener Tausch deutlich.
>>Dieser Kredit kann zunächst über Waren aller Art lauten. Lautet er auf Edelmetall lautet er über eine Ware, die mehr Tauschinteressierte anzieht als ein Warenkredit<
>Wieso soll, bei so einer Erklärung der Geldentstehung via Kredit, Gold mehr Tauschinteressierte anziehen als Getreide?
>Es ist ja z.B. egal, ob Getreide verdirbt, wenn in einem Kreditvertrag die Lieferung von unverdorbenem Getreide vereinbart wird.
>>11. Eine Kredit über eine Ware, die sich also bei einer möglichst großen Zahl von Menschen durchgesetzt hat, ist also interessanter als ein Kredit über eine Ware, die eine kleinere Zahl interessiert.<
>Für Getreide interessieren sich weitaus mehr Menschen als für Gold.
>Nun zum vorherigen Beitrag 65982. Ich werde nur auf die Dinge eingehen, von denen ich vermute, daß Du sie auch vorgetragen hättest, wenn es nicht so spät gewesen wäre.
>>>Noch im zwanzigsten Jahrhundert gab es Völker,
>>"gab es" - wieder einzelne. Du kannst das noch weiter herunter brechen auf einzelne Menschen, aber es gibt kein Einzel-Geld. Denn dann wäre es keins.
>Es gibt aber lokale Gelder, z.B. im Raum einiger Völker.
>>>Wenn, wie Du meinst, die Muscheln bloßes Rechen-, Buchungs- oder Zählmittel gewesen wären, wären keine hundertausende von ihnen verwendet werden, wenn die Leute fünf oder zehn Schweine haben.
>>Hunderttausende übrigens, weil es - wie bis heute auch - erheblich mehr Rechenmünzen gibt als konkrete Münzen aus alter Zeit.<
>Hunderttausend Muscheln pro Haushalt, wenn dieser zehn Schweine hat? Selbst bei doppelter Buchführung genügten zwanzig Muscheln ;-)
>>Gold ist inzwischen nur noch Ware
>Die Notenbanken unterhalten Warenlager?
>Gerade darin, daß ein früherer Schmuckgegenstand nicht mehr (nur) als Schmuck verwendet wird, kann man erkennen, daß er als Geld gebraucht wird.
>>Erstens kriege ich auch heute noch jede"Braut", die ich mir vorstellen möchte.
>Dazu zur Abwechslung das Alte Testament, Hosea 3,2:"Ich kaufte meine Frau um fünfzehn Silberstücke und viereinhalb Zentner Gerste zurück". Der (geschiedene) Prophet Hosea mußte (für seine Ex) also zahlen.
>>Gut! Aber davon ist in den Wirtschaftsgeschichten nie die Rede. Sondern immer nur vom"lokalen" Markt. Was Du sagst, ist sozusagen"Außenhandel" und da stimmt es komplett (hattest Du auch schon selbst gepostet).
>Im Außenhandel könntest Du Dir eine Geldentstehunung aus dem Tausch vorstellen?
>Du hast im übrigen Recht, in 'den Wirtschaftsgeschichten' ist die Tauschmittelherleitung nur selten gut beschrieben, aber selbst dann (soweit mir bekannt) nur Teilaspekte ausführend.
>>"Entwickelte Gesellschaften"? Können wir uns bitte auf die Folge Stamm-Feudal-Privateigentümergesellschaft einigen.
>Die 'entwickelte' Gesellschaft gibt es strengenommen genausowenig wie die 'Stammesgesellschaft'. Das sind einfach Hilfsworte, um einen Sachverhalt nicht mit vielen Worten darstellen zu müssen.
>'Entwickelt' meinte hier die Gesellschaft, bei der es eine Organisation oberhalb der dörflichen Ebene gibt, so daß Forderungen (aus welchen Gründen auch immer) eingetrieben werden könnnen. Die Inkas gehörten dazu, die Völker der Hochebene Papuas nicht. Dort wird zum Krieg gerüstet, und manchmal kommt es auch dazu (bis heute), wenn ein Dorf eine Forderung gegen ein anderes erhebt, und letzteres nicht zahlen will.
>>Nein. Das ist ein Irrtum wie jede Evolutionstheorie. Nichts hat sich langsam entwickelt, vgl. nur mal den technischen Fortschritt (Buchdruck bis Chips)
>Der Buchdruck ist ein Beispiel für Entwicklung, von den Anfängen in China vor tausend Jahren über Gutenberg bis hin zur heutigen Massenproduktion.
>>>Wenn Du einen Fünftagesmarsch in ein zu einem anderen Stamm gehöriges Dorf gemacht hast und dort Dein Salz ablieferst, und die haben zufälligerweise
>>"Zufälligerweise"? Musste ich mit dem Zufall rechnen? Dann wäre ich doch nicht marschiert.
>Du kannst ja anrufen und fragen, was für Waren sie heuer haben...
>>Den Weg vom Schmuzck zum Geld gehe ich schon deshalb nicht, weil doch gerade Du auf die soziologische Bedeutung des Schmucks hingewiesen hast. Welcher Häuptling wüprde denn seinen Schmuc ablegen, um sich damit Bier zu kaufen.
>? ;-)
>>Das ist ein exzellenter Einwand! Du bist schon wirklich gut, Dimi! Aber wie wärs mit einer neuen Kugel,nachdem die alte ihren Zweck erfüllt hatte?
>Danke. - Dann müßte man aber immer zum Ur-Gläubiger, und das ist nun wirklich ein unpraktisches Geld.
>>Ach, Dimi,
>langsam wünsche ich mir, ich hätte den Sch...debitismus besser für mich behalten.
>Dazu ist es nun zu spät ;-)
>Der"Debitismus" ist keinesfalls falsch oder unwichtig. Er ist lediglich nur eine Seite der Medaille. Es gibt Tauschen und Leihen, oft in einem. Was Du beschrieben hast ist die eine Seite der Münze, die andere ist die, auf die man üblicherweise fokussiert.
>Beides zusammen ergibt die ganze Münze.
>Gruß, Dimi
<center>
<HR>
</center> |
dottore
10.06.2001, 12:45
@ dottore
|
Re: Shit! Alles wech... (3 Stunden Arbeit) |
<center>
<HR>
</center>
|
nereus
10.06.2001, 13:05
@ dottore
|
Re: Shit! Alles wech... (3 Stunden Arbeit) - kleiner Tip großer Meister |
Hallo dottore!
Vielleicht können Sie sich zukünftig vor Schaden bewahren wenn Sie wie folgt vorgehen.
Beabsichtigen Sie größere Texte reinzustellen, markieren Sie zuerst mit gedrückter linker Maustaste den kompletten Text im Feld"Text". Dann klicken Sie die rechte Maustaste und wählen Sie kopieren.
Dann starten Sie irgendeine Textverarbeitung (Winword, Wordpad usw.).
Ist das Programm geladen und eine leere Seite sichtbar, gehen Sie auf Bearbeiten und danach Einfügen.
Jetzt können Sie in Ruhe in der Textverarbeitung ihre Zeilen schreiben.
Am Ende markieren Sie wieder Ihren kompletten Text und fügen ihn dann wieder in das Textfeld Ihrer Antwortseite.
Bei MS-Word bzw. Winword können Sie dazu noch eine automatische Speicherung aktivieren.
Klicken Sie im Hauptmenü von Word auf Extras und dann auf Optionen. Wählen Sie dann das Register Speichern. Hier haben Sie diverse Speicheroptionen die Sie je nach Bedarf aktivieren können.
Im Fall der Fälle geht dann nur eine 5 min. Arbeit flöten.
Immer noch besser als 3 Stunden.
Falls Ihnen das alles schon bekannt war - hilft es vielleicht einem anderen Teilnehmer.
mfG
nereus
<center>
<HR>
</center> |
R.Deutsch
10.06.2001, 13:32
@ Jochen
|
Re: Tauschtheorie vs. Schuldtheorie - Jochen |
>Nach meiner Vorstellung läuft es so:
>1.) Eine Ware bildet sich als allgemein anerkanntes Zwischentauschmittel (Warengeld) heraus und parallel dazu bilden
sich Schuldkontrakte aus, die in diesem Zwischentauschmittel definiert und kontrahiert werden.
Mich würde interessieren: Wo ist dieser Prozeß, wie in 1.) beschrieben, jemals beobachtet worden?
Das Problem der Tauschwirtschaft ist doch: wie kommmen die Relationen zustande? Da jeder Tausch ein individuelles
Ereignis ist, so ändern sich die Tauschrelationen bei jedem Tausch (übrigens auch belegt, zB bei M.Sahlins).
in der gesamten Geldgeschichte lässt sich dieser Prozess beobachten. Die Tauschrelationen ändern sich ständig, so ist es in der Tat. Wie sollte es auch anders sein? Jeder Tausch (Kauf) ist ein individuelles Ereignis. Die Tauschrelationen ändern sich ständig, weil die individuellen Wertschätzungen sich ständig ändern - warum sollten sie fest sein? Die Aufgabe von Preisen ist es, diese sich ständig ändernden Tauschrelationen widerzuspiegeln
>2.) Der Schuldner verpflichtet sich, das Zwischentauschmittel (Warengeld) später zu liefern und als Sicherheit, dass
dieses Versprechen erfüllt wird verpfändet er (oder ein Dritter) sonstiges Eigentum und diese Schuldkontrakte werden
umlauffähig, neben dem Zwischentauschmittel
Wo gibt es so etwas? So, wie es da steht, stellt es sich mir so dar: Es gibt umlauffähig gemachte Schuldkontrakte und
ein Zwischentauschmittel, also eine Parallelwährung. Es gibt also zwei"Gelder". Das ist mir nicht bekannt, daß es so
etwas gibt. (Und bitte nicht das Beispiel der Zigarettenwährung, das paßt hier nämlich nicht, da auch dort keine
konstanten Tauschrelationen vorhanden waren).
es gibt in der Tat zwei"Gelder" Warengeld und Kreditgeld, so wie es drei"Zeiten" gibt - Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Warengeld ist Vergangenheitsleistung, Kreditgeld ist Zukunftsleistung, beides übergeben in der Gegenwart.
>Große Münzen sind kein Problem, sie werden über Schuldkontrakte klein gemacht.
Das verstehe ich nicht. Kannst du das erläutern?
[b]Ich übergebe Dir die große Münze, Du übergibst mir ein Huhn, das nur 1/10 der Münze wert ist, Du gibst mir einen Schuldschein über 9/10 der Münze heraus.
Versuch doch mal zu erklären, wie bzw. in was ein Schuldkontrakt definiert wird, wenn nicht in Warengeld?
Gruß
Reinhard
<center>
<HR>
</center> |
dottore
10.06.2001, 13:50
@ Dimi
|
Re: Aber jetzt! Da capo, vor allem: VÃ-LKERKUNDE (mit Geschenk und Schuld!) |
>Lieber Dottore,
>vielen Dank. Ich werde versuchen eine Auswahl zu treffen aus beiden Beiträgen und mich aufs wichtigste zu beschränken:
Hi, Dimi,
mein ganzer Beitrag ist leider futsch. Ich versuche es nochmal, vermutlich sogar besser, da kürzer.
>>1. Die Tauschtheorie des Geldes ist fraglos vom simplen Augenschein abgeleitet:
>Die Tauschtheorie in der Form 'es gibt Güter A,B,C usw.' ist tatsächlich simpel. Das ist die Kreditgeldtheorie aber auch ('Es gibt Schulden und die werden übertragen'). Beide Theorien werden aufwendig, wenn man sie mit historischen und völkerkundlichen Befunden verbindet.
Der Augenschein zeigt mir Waren, aber nicht die dahinter stehenden Schulden/Kredite; z.B stehen in meiner Garage 20 schöne Autos. Aber ich kann nicht sehen, ob und wie sie finanziert wurden."Die Perser machen keine Schulden", sagt Herodot,"denn wer Schulden macht, der lügt." (= Hat etwas zu verbergen).
>>Es wird ein (werthaltiges) Geldstück gegen eine Ware getauscht. Tatsächlich ist das ein Warentausch.
>Nur durch Deine Definition. Zwar ist Gold immer Gold und somit eine Ware, es ist aber eben auch Geld, denn es wird als Geld nachgefragt.
Womit wird Geld nachgefragt? Mit Geld? Unmöglich. Deshalb kann auch das erste Gold nur mit einem Versprechen, es zurück zu zahlen nachgefragt worden sein. Warum hätte der Goldeigentümer sonst darauf verzichten sollen? Und zwar zu just dem Zeitpunkt, da er darauf verzichtet hat?
>Durch diese Nachfrage wird Gold auch wertvoller, als wenn die Nachfrage als Geld nicht bestünde.
>Du definierst hier Geld negativ: Was eine Ware ist, ist eine Ware und somit kein Geld. Du kannst aber nicht Deine Argumentation auf einer Definition aufbauen, wenn es um den zu definierenden Gegenstand geht.
Eine Ware ist zunächst eine Sache. Unstreitig. Aber um als"Ware" auftreten zu können, muss sie"zu Markte getragen" werden. Warum tut jemand das? Entweder er will damit eine Schuld begleichen oder er will ein Schuld generieren.
Und jetzt zur Völkerkunde!
Gehen wir in der Geschichte zurück, so finden wir eine Stelle bei Hesiod ("Werke und Tage", 349 ff.):
"Bedenke sorgsam, wenn du dir von deinem Nachbarn etwas leihst, ihm zurück zu zahlen, und zwar möglichst mehr. Denn dann hast du einen Freund, wenn du ihn brauchst."
Der Leiher verpflichtet sich also den Leihgeber für später. Der Leihgeber fühlt sich potenziell schuldig.
Weiter Hesiod:
"Der Mann der großzügig gibt, lacht in seinem Herzen über sein Geschenk. Wer es aber annimmt, und sei es noch so klein und dabei seine Schuldigkeit (Scham) vergisst, dessen Herz wird hart und kalt."
Womit wir beim Geschenkephänomen (war mit Sicherheit vor dem Tauschen) wären. Dazu der Dir sicher bestens bekannte Mauss ("Sur le don", 1925): Im Geschenk liegt immer eine Verpflichtung, er nennt ihn den"Geist" des Geschenkes. Verpflichtung = Schuld.
Dazu Sitta von Reden ("Exchange in Ancient Greece", 1995, 79)):
<font color="FF0000">Usually this party (die etwas schenkt) spends more than the recipient party can repay in material goods which, together with the time of delay (!) of the repayment, creates a permanent debt-relationship between donor and recipients."</font>
Und von Reden zu Hesiod (81):
<font color=FF0000">In the texts more directly related to life in archaic polis an strong emphasis on debt avoidance (!!!) can be noted. The moral advice which Hesiod gives... is based an the asumption that being at the receiving end of an exchange ist both bad and disadvatageous."</font>
Auch sehr guter Hinweis auf Bordieu"Le marché des biens symbolique" (L'Année sociologique 22, 49 ff.), der darauf abhebt, das Großzügigkeit ein"symbolischer Gewaltakt" ist, der den Empfänger unter den Zwang setzt, etwas zurück zahlen zu müssen, was er nicht kann.
Wir kommen also um die Priorität der Schuld, sogar lange vor Beginn konkreter Tauschwirtschaften nicht herum.
Und noch Mal zur Banknote und dem Augenschein: Mit ihr werden vorhandene Schulden zediert, aber wir sehen nur die Sachen Banknote & Ware.
>Du selektierst via Definition Warengeld aus. Mit gleichem Recht könnte einer (in etwa) sagen: Geld ist eine Ware, mit der immer wieder von neuem getauscht wird. Mit dieser Definition (sie war im neunzehnten Jahrhundert verbreitet) würde einfach Kreditgeld ausselektiert.
Geld war nie Ware, sondern mit Waren unterlegte Schuld. Waren sind"Waren", weil sie einen Wert gehabt haben müssen, was aber Märkte und Preise voraussetzt, also bereits Schuldkontrakte.
>>2. Geld ist nicht als Tauschmittel entstanden, sozusagen, um den Tauschvorgang überhaupt zu ermöglichen oder zu erleichtern bzw. evtl. zu beschleunigen oder zu"optimieren". Dies ist historisch falsch.<
>Aber völkerkundlich richtig.
Es gibt dafür kein einziges mir bekanntes Beispiel. Die Muscheln waren Rechengeld, also eine Form des Verbuchens von Guthaben (wer keine hatte, war eben arm oder verschuldet). Wenn alle Muscheln gehabt hätten (oder jederzeit welche am Strand hätten aufklauben können), wären die Muscheln selbst als Rechengeld sinnlos gewesen. Als Warengeld waren sie es sowieso, da sie keinerlei Waren-Charakter hatte in dem Sinne, das sie etwas anderem als zur Funktion"Rechnen" zu gebrauchen gewesen wären (Konsum z.B.).
>>9. Tauschkontrakte können in die Länge gezogen werden. Dadurch wird der Charakter des Tausches als eines schuldrechtlichen Vorgangs deutlich.<
>Mit gleichem Recht kann einer sagen: Darlehenskontrakte können verkürzt werden auf einen Moment. Dadurch wird ihr Charakter als in die Länge gezogener Tausch deutlich.
Nein. Aus einem in die Länge gezogenen Tauschkontrakt entsteht ein neuer Kredit. Bei einem"Tausch" Ware gegen Geld uno actu wird aber nur ein alter Kreditvertrag zediert!
>>Dieser Kredit kann zunächst über Waren aller Art lauten. Lautet er auf Edelmetall lautet er über eine Ware, die mehr Tauschinteressierte anzieht als ein Warenkredit<
>Wieso soll, bei so einer Erklärung der Geldentstehung via Kredit, Gold mehr Tauschinteressierte anziehen als Getreide?
Liegt an der unterschiedichen Verfallskurve.
>Es ist ja z.B. egal, ob Getreide verdirbt, wenn in einem Kreditvertrag die Lieferung von unverdorbenem Getreide vereinbart wird.
Nein. Denn das gelieferte Getreide muss ich ab dann irgendwie verwenden (Mahlen, Backen). Aber mit Gold kann ich weiter warten.
>>11. Eine Kredit über eine Ware, die sich also bei einer möglichst großen Zahl von Menschen durchgesetzt hat, ist also interessanter als ein Kredit über eine Ware, die eine kleinere Zahl interessiert.<
>Für Getreide interessieren sich weitaus mehr Menschen als für Gold.
Ja, wenn sie es gerade brauchen. Wenn sie es aber haben und es ergo kein"Interesse" findet (= Preis sehr niedrig, zum Zeitpunkt der Rückzahlung), dient Gold dazu, einen Wert (u.U. den von Getreide) weiter in die Zukunft vorzutragen.
>Nun zum vorherigen Beitrag 65982. Ich werde nur auf die Dinge eingehen, von denen ich vermute, daß Du sie auch vorgetragen hättest, wenn es nicht so spät gewesen wäre.
>>>Noch im zwanzigsten Jahrhundert gab es Völker,
>>"gab es" - wieder einzelne. Du kannst das noch weiter herunter brechen auf einzelne Menschen, aber es gibt kein Einzel-Geld. Denn dann wäre es keins.
>Es gibt aber lokale Gelder, z.B. im Raum einiger Völker.
Die waren eben lokal. Bei den Azteken z.B. die Federn der großen Cracks (Kopfschmuck). Als Cortez Tenotchtitlan erobert hatte, schickte er die Atzekenkrone an Karl V. (heute Völkerkundemusem Wien). Doch der legte sie achtlos beiseite. Ihm lag am"lokalen Wert" Federn überhaupt nichts. Er brauchte Gold, um seine"Juros" (Staatspapiere) auszulösen.
>>Gold ist inzwischen nur noch Ware
>Die Notenbanken unterhalten Warenlager?
Bis heute. Gold wird normal kaufmännisch verbucht, vgl. Bilanz Buba.
>Gerade darin, daß ein früherer Schmuckgegenstand nicht mehr (nur) als Schmuck verwendet wird, kann man erkennen, daß er als Geld gebraucht wird.
Wo kam der Schmuck her? Das ist doch die Frage! Gab es Schmuck als Sache? Nein, er musste fabriziert werden (Vorfinanzierung). War er also Ware? Ja, dann musste er auf Märkten via Kontrakte feil geboten werden. Und war er Geschenk: Siehe oben. Also immer Schuld vor Ware. Aber ebenso Sache vor Schuld.
>>Erstens kriege ich auch heute noch jede"Braut", die ich mir vorstellen möchte.
>Dazu zur Abwechslung das Alte Testament, Hosea 3,2:"Ich kaufte meine Frau um fünfzehn Silberstücke und viereinhalb Zentner Gerste zurück". Der (geschiedene) Prophet Hosea mußte (für seine Ex) also zahlen.
Seine Frau war eine Hure, verdiente auch einen Haufen Gold und Silber; daher vermutlich der Preis ;-).
Besser: Nehemia! Der hat einen Schuldenerlass durchgeführt, -5. Jh., als es in Israel noch keine Münzen gab. Welche Schulden in was wurden also erlassen? Vor allem vor dem Hintergrund, dass diese Schulden damals durch die"Ware Mensch" unterlegt waren (Schuldknechtschaft bzw. Sklaverei von Frauen, Töchtern, Söhnen des Schuldners).
>>Gut! Aber davon ist in den Wirtschaftsgeschichten nie die Rede. Sondern immer nur vom"lokalen" Markt. Was Du sagst, ist sozusagen"Außenhandel" und da stimmt es komplett (hattest Du auch schon selbst gepostet).
>Im Außenhandel könntest Du Dir eine Geldentstehunung aus dem Tausch vorstellen?
Nein, da immer Binnenhandel vor Außenhandel. Außenhandel extrem zeitaufwendig, daher bis heute Beleihung von Schiffsinhalten usw. (Konossamente etc.).
>Die 'entwickelte' Gesellschaft gibt es strengenommen genausowenig wie die 'Stammesgesellschaft'. Das sind einfach Hilfsworte, um einen Sachverhalt nicht mit vielen Worten darstellen zu müssen.
Das Schlüsselwort ist PRIVATEIGENTUM.
Vorher: Stamm, auch Feudal, nachher: Geld und Zins.
>'Entwickelt' meinte hier die Gesellschaft, bei der es eine Organisation oberhalb der dörflichen Ebene gibt, so daß Forderungen (aus welchen Gründen auch immer) eingetrieben werden könnnen. Die Inkas gehörten dazu, die Völker der Hochebene Papuas nicht. Dort wird zum Krieg gerüstet, und manchmal kommt es auch dazu (bis heute), wenn ein Dorf eine Forderung gegen ein anderes erhebt, und letzteres nicht zahlen will.
Grenzkriege (um Eigentum, Land) gibt's bis heute, siehe Argentinien/Chile, Argentinien/GB. Ich kann auch Eigentum (Hoheitsrechte) fordern, völlig klar - egal auf welcher Rechtsgrundlage.
>>Nein. Das ist ein Irrtum wie jede Evolutionstheorie. Nichts hat sich langsam entwickelt, vgl. nur mal den technischen Fortschritt (Buchdruck bis Chips)
>Der Buchdruck ist ein Beispiel für Entwicklung, von den Anfängen in China vor tausend Jahren über Gutenberg bis hin zur heutigen Massenproduktion.
Ganz falsch, leider! Der Witz war nicht das Drucken, sondern die Erfindung der beweglichen Lettern, Gutenbergs Geniestreich (ex Punzen von Zierschriften und Münzschneiden, vgl. von Stromer in Gutenberg-Jahrbuch 1997). Ab da begann die erste industrielle Massenfertigung (ausführlich dazu auch die Forschungen von Giesecke). Keinerlei Evolution, nicht Mal in Ansätzen, sondern sofort volles Programm (Pfister, Bamberg, Fust, Mainz, die Drucker in Rom, usw.)
>>>Wenn Du einen Fünftagesmarsch in ein zu einem anderen Stamm gehöriges Dorf gemacht hast und dort Dein Salz ablieferst, und die haben zufälligerweise
>>"Zufälligerweise"? Musste ich mit dem Zufall rechnen? Dann wäre ich doch nicht marschiert.
>Du kannst ja anrufen und fragen, was für Waren sie heuer haben...
Und das Telefon? ;-)
>Der"Debitismus" ist keinesfalls falsch oder unwichtig. Er ist lediglich nur eine Seite der Medaille. Es gibt Tauschen und Leihen, oft in einem. Was Du beschrieben hast ist die eine Seite der Münze, die andere ist die, auf die man üblicherweise fokussiert.
>Beides zusammen ergibt die ganze Münze.
Die ersten Münzen = einseitig geprägt, erst dann wurde die Rückseite"entdeckt". So gehe ich auch vor: Nur halt umgekehrt zum Mainstream: Erst die Schuld, dann Ware, Geschenk, Tausch, Warengeld usw.
Heute haben wir wieder nur einseitige Gepräge: Nur Kreditgeld. Was also soll heute noch eine Tauschtheorie (für die Erklärung der aktuellen Lage)?
Gruß und sorry, das erste war doch viel schöner und detaillierter. Trän...
d.
<center>
<HR>
</center> |
dottore
10.06.2001, 13:53
@ nereus
|
Re: 1000 Dank, nereus! |
<center>
<HR>
</center>
|
SportiSteffen
10.06.2001, 14:57
@ dottore
|
drück mal SPACE und CLEAR gleichzeitig. Jetzt weißt Du warum... (owT) |
<center>
<HR>
</center>
|
Liated mi Lefuet
10.06.2001, 16:38
@ Dimi
|
Re: Tauschtheorie vs. Schuldtheorie? Tausch- und Schuldtheorie! - Dottore |
Hi Forum
Folgende Zeilen gehören eigentlich dem Thread „Teilchen & Welle“an. Ich hoffe hier etwas zur Diskussion bei tragen zu können. Ich denke, Dimi ist auf dem richtigen Weg.
<font color=blue> Dottore schrieb mir:..(.)...des"allerersten Geldes". Dies erscheint ihm [Reinhard] als"Warengeld", wobei mir (und Jochen) nicht klar ist, wieso"Geld" eine Ware sein muss, wo es doch eine Forderung darstellt.</font>
Mit Fibu kann man es meines Erachtens eben auch nicht entscheiden.
Denn:
a)
Es wäre gemäss den Fibu-Regeln auch möglich, (ist aber nicht üblich)in der ZB-Fibu"Bargeldnoten" als “Ware“ mit „Wert" so zu buchen:
Kassa 100 [aktiv, s] an"Notenumlauf" unter öffentl.Kapital 100 [Passiv, h]
und d a n a c h die ZB mit Bargeld beispielsweise Oblis [oder Gold etc.] kauft, was dann noch einen Aktiventausch in der ZB-Bilanz ergäbe.
Ich weiss natürlich, dass die Zentralbanken das Herausgeben/Hereinnehmen von Bargeldnoten nicht über ihre Kasse"laufen lassen", wie ich es oben unterstellte.
Zwar wäre die Anwendung der Fibu-Sätze auf oben gezeigte Art fibu-mässig zwar konform/korrekt, aber ist in Zentralbanken -wie gesagt- nicht üblich: Sondern die ZB buchen heute bekanntlich beispielsweise Käufe von Oblis [oder Gold etc.] gegen z.B. Bargeldnoten in Umgehung der Kasse direkt so:
Oblis [aktiva,s] an Notenumlauf [passiv, h].
Ich wollte mit obigen Beispiel nur klar machen, dass man mit Fibu-Regeln bzgl."Geldursprung/"Geld in Umlauf bringen" nach Gusto ziemlich viel machen kann.
Einen -meiner Ansicht nach- sehr wichtigen Punkt möchte ich herausstreichen:
[i]<font color=red> Liated schrieb: Ganz ähnlich wie der Arme und Bäcker machen es das hiesige Stromwerk(SW) bzw Wasserwerk(WW). Statt dass jeder jede gegenseitige Forderung/Verpflichtung via Bank begleicht, haben beide gegenseitige Konti und rechnen untereinander per S a l d o ab; z.B. per Stichtag Ende Monat: Der Eine hat dem Andern für 90'000 Fr Strom geliefert, und für 89'900 Fr Wasser bekammen: Ergibt dann per Saldo 100 Fr Guthaben beim SW bzw. 100 Fr Schulden beim WW, der durch Zahlung von nur 100Fr beglichen wird
[sogen."Netting": Vgl.dazu:"Rechnungwesen I+II", KVZ-Verlag Stichwort: Debi/Kredi-Konti oder"Obst/Hintener Geld-, Bank und Börsenwesen", Schäfer-Poeschel-Verlag, Stichwort"Netting"]</font>
<font color=blue>Dottore schrieb: Absolut richtig und sehr wichtiger Hinweis. Ich hatte dazu schon das Beispiel der"Skontrierung" gebracht: Kaufleute haben auf den großen Messen ihre Wechsel so lange saldiert, bis zum Schluss nur noch ein ziemlich kleiner Betrag tatsächlich in specie, also bar, ausgeglichen werden musste. Die Skontration war in Augsburg noch bis ins 19. Jh. unter den Kaufleuten der Stadt üblich (ein Mal pro Woche). [/i]</font>
Ein denkwürdiges Beispiel aus Augsburg, das ich nicht kannte.
Netting/die Skontration ist ja noch viel älter. Beide Begriffe sind meiner Ansicht nach nur „andere“ Namen bzgl.Tauschhandel.
Interessant dazu ist eines [von vielen] Beispielen aus Georges Ifrah' Buch „Universalgeschichte der Zahlen“. Das Beispiel stammt aus dem alt - ägyptischen Reich [2780-2280 vor Chr] und belegt einen vertraglich dokumentierten Tausch [Vgl. S.131] <font color=orange>"Diener vermieten"[Dienstleistung]</font> gegen <font color=green>"Schaflieferung"[Sachleistung]</font> deren"Wertgleichheit" in Bronze zwar"gewichtet" wurde, aber sozusagen via"Netting" ohne Bronze abgewickelt[" direkt getauscht"] wurde. Also sozusagen genau so wie Jahrtausende später von Augsburger Kaufleuten.
Folgende M a t r i x für Netting soll zeigen, dass [gegenläufige] Einzelakte des Tauschens mit Gütern/DL [=sozusagen VWL-Sicht] einerseits und Schuldverhältnisse [sozusagen BWL-Sicht] andererseits aufs Engste verflochten sind und zusammen gehören [Man beachte auch die mit Sternchen"*" skizzierten"T" ]:
Ereignisse_______________________<font color=orange>Netting A</font>_________________<font color=green>Netting B</font>_____
__________________________* * * * * * * * * * *________ * * * * * * * * * * * *
A an B Diener vermietet:_______Guthab. x *________________________* Schuld x
B an A Schafe verkauft________________* Schuld x_________Guthab. x *________
._________________________________*________________________*________
._________________________________*________________________*________
._________________________________*________________________*________
._________________________________*________________________*________
Netting/Skontration der gegenseitigen Schuldverhältnisse von A und B ergibt"null". [Konti, mit denen Netting[=gegenseitig verrechnen] betrieben wird, nennt man im Fibu-Jargon"Debi/Kredi-Konti]
Nota bene: Es scheint mir sehr bemerkenswert, dass damals vor fast 5000 Jahren"Netting auf null" betrieben wurde, obwohl man die Null gar nicht kannte. Und so wohl deswegen auf der „be-dingten" Sichtweise von Dingen stecken blieb; ganz ähnlich wie die VWLer heute. Stichwort: Prof. Läufer aus Konstanz, der [nur] die dingliche Seite sieht, aber nicht deren Zusammenhang mit Schuldverhältnissen, wie anhand der Matrix für Netting beschrieben.
Ein weitere „Tragödie“ der Mainstream Ã-konomik ist deren separates und abstrakt abgehandeltes Spezialgebiet „Geldtheorie“. Darin meint der Begriff „Tauschmittelfunktion des Geldes“[Fachjargon] eigentlich nicht die Banalität „A tauscht mit B ein Gut/DL gegen Geld“. Sondern betont eine [mathematisch bewiesene] sehr wichtige Tatsache, welche auf das gesamte Marktsystem bezogen ist: Falls in einem Marktsystem, in welchen die Teilnehmer „ den Standard Geld“ im Austausch benutzen [was auch immer mit Geld gemeint sein mag], wird dadurch der Austausch von Güter/DL um Grössordnungen verbessert/effizienter gemacht. [Vgl Issing „Einführung in Geldtheorie, 1. Kapitel]. Hingegen: In einem Marktsystem „ohne Tauschmittelfunktion des Geldes“, stossen die Marktteilnehmer auf immense Schwierigkeiten ihre Wünsche im gegenseigen Austausch zu erfüllen wie folgendes Beispiel andeuten soll, das vordergründig nach Tauschhandel in einem primitiven Marksystem aussieht, aber hintergründig dessen ineffzientes Netting darstellt:
Der Indianer „Wind-im-Haar“ möchte eine heilige Adlerfeder und hätte eine Bärenkrallenkette zum Tauschen. Er saust überall im Dorf herum und sucht Tauschpartner. Endlich trifft er den Indianer „Hört-Grass-wachsen“, der die Bärenkrallenkette schon haben möchte; dafür Schlangenfett zum Tausch anbietet kann. „Wind-im-Haar“ geht und findet den Indianer „Donnerwolke“ der Schlangenfett bräuchte und dafür ein Zauberamulett geben würde. „Wind-im-Haar“ sucht, sucht und sucht. Schliesslich findet er „Büffelstark“, der eine heilige Adlerfeder hat und für ein Zauberamulet hergeben würde. „Wind-im-Haar“ eilt in Windeseile (deswegen sein Name: - ) zu „Hört-Grass-wachsen“ und tauscht a) die Bärenkrallenkette für Schlangenfett. b) Dann bei „Donnerwolke“ das Schlangenfett gegen das Zauberamulett und bekommt schlussendlich bei „Büffelstark“ c) das Zauberamulett gegen die Adlerfeder, welche „Wind-im-Haar“ in sein -vom vielen Herumrennen - windzerzaustes Haar steckt und so seinem Namen wieder einmal alle Ehre macht. Man kann da leicht erahnen, wieso z.B. bei den Zuni-Indianern jemand als „verrückt“ galt, der fleissig materiellen Gütern nachrannte, während Grösszügigkeit war als „normal“ galt. (Vgl. Erich Fromm, Analyse der menschlichen Destruktivität, S.193 ff. )
Grüsse
von Lieated, der hofft einige wichtige Aspekte einigermassen richtig dargestellt zu haben.
<center>
<HR>
</center> |
PuppetMaster
10.06.2001, 16:47
@ Liated mi Lefuet
|
willkommen zurück. (owT) |
<center>
<HR>
</center>
|
Liated mi Lefuet
10.06.2001, 16:54
@ PuppetMaster
|
Re: willkommen zurück. (owT) Thx, Puppetmaster für Willkommensgruss [owT] |
<center>
<HR>
</center>
|
Jochen
10.06.2001, 17:15
@ R.Deutsch
|
Re: Tauschtheorie vs. Schuldtheorie - Jochen |
>>Nach meiner Vorstellung läuft es so: > >1.) Eine Ware bildet sich als allgemein anerkanntes Zwischentauschmittel (Warengeld) heraus und parallel dazu bilden > sich Schuldkontrakte aus, die in diesem Zwischentauschmittel definiert und kontrahiert werden. > Mich würde interessieren: Wo ist dieser Prozeß, wie in 1.) beschrieben, jemals beobachtet worden? > Das Problem der Tauschwirtschaft ist doch: wie kommmen die Relationen zustande? Da jeder Tausch ein individuelles > Ereignis ist, so ändern sich die Tauschrelationen bei jedem Tausch (übrigens auch belegt, zB bei M.Sahlins).
>in der gesamten Geldgeschichte lässt sich dieser Prozess beobachten. Die Tauschrelationen ändern sich ständig, so ist es in der Tat. Wie sollte es auch anders sein? Jeder Tausch (Kauf) ist ein individuelles Ereignis. Die Tauschrelationen ändern sich ständig, weil die individuellen Wertschätzungen sich ständig ändern - warum sollten sie fest sein? Die Aufgabe von Preisen ist es, diese sich ständig ändernden Tauschrelationen widerzuspiegeln
Es war gemeint: Wie kommt aus diesen vielen Tauschaktionen ein allgemein anerkannter Wertmaßstab heraus? Wie kommt es in einer Tauschwirtschaft (damit meine ich Stammes- und Feudalgesellschaft) zu Preisen? In Nicht-Eigentümer-Gesellschaften könnte es, gemäß deiner Beschreibung, ein allgemein anerkanntes Zwischentauschmittel geben, was es aber tatsächlich nicht gab.
> >2.) Der Schuldner verpflichtet sich, das Zwischentauschmittel (Warengeld) später zu liefern und als Sicherheit, dass > dieses Versprechen erfüllt wird verpfändet er (oder ein Dritter) sonstiges Eigentum und diese Schuldkontrakte werden > umlauffähig, neben dem Zwischentauschmittel > Wo gibt es so etwas? So, wie es da steht, stellt es sich mir so dar: Es gibt umlauffähig gemachte Schuldkontrakte und > ein Zwischentauschmittel, also eine Parallelwährung. Es gibt also zwei"Gelder". Das ist mir nicht bekannt, daß es so > etwas gibt. (Und bitte nicht das Beispiel der Zigarettenwährung, das paßt hier nämlich nicht, da auch dort keine > konstanten Tauschrelationen vorhanden waren).
>es gibt in der Tat zwei"Gelder" Warengeld und Kreditgeld, so wie es drei"Zeiten" gibt - Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Warengeld ist Vergangenheitsleistung, Kreditgeld ist Zukunftsleistung, beides übergeben in der Gegenwart.
Gibts auch Gegenwartsleistung:-)?
Du hast vor kurzem geschrieben, im Prinzip sei auch ein Brötchen Waren-Geld, schlechtes zwar, aber immerhin. Denkt man das weiter, so ist doch jeder Gegenstand Geld, nur besser oder schlechter. Wenn ich dich also richtig interpretiere, so ist alles, was es gibt, Geld.
Worin siehst du den Unterschied zwischen Ware und Waren-Geld? Oder müßte ich fragen: zwischen Ware, Warengeld, Kreditgeld?
Ich meine: Das Hin- und Herschieben von Sachen (Tausch), das gibt es natürlich, ist aber wirtschaftlich gesehen völlig bedeutungslos. Denn: daraus entsteht niemals Zwang zur Mehrproduktion, Zwang zur Vermarktung, zum marktorientierten Produzieren.
> >Große Münzen sind kein Problem, sie werden über Schuldkontrakte klein gemacht. > Das verstehe ich nicht. Kannst du das erläutern?
>[b]Ich übergebe Dir die große Münze, Du übergibst mir ein Huhn, das nur 1/10 der Münze wert ist, Du gibst mir einen Schuldschein über 9/10 der Münze heraus.
Ok, jetzt hab ich es, danke.
>Versuch doch mal zu erklären, wie bzw. in was ein Schuldkontrakt definiert wird, wenn nicht in Warengeld?
Ich klau mal bei dottore, wenns recht ist:
"Wenn wir einen Kreditvertrag zwischen A und B haben, für den C bürgt (was ziemlich genau einem klassichen Wechsel entspricht), steht ja in dem Vertrag drin, was geschuldet ist. Und wenn jemand daran interessiert ist, das Geschuldete (Ware, Metall, ütütütü) zu haben, ist es für ihn Geld, da er einen besicherten und damit"geltenden" Vertrag in Händen hat und das Geschuldete abfordern kann.
Ich kann auch heute noch einen Wechsel ausstellen, der n i c h t auf Geld, sondern auf den Bezug einer bestimmten Ware lautet (sogar einer Ware, die noch gar nicht auf dem Markt ist, z.B. auf Lieferung eines brandneuen Bugatti von VW)."
Der Schuldkontrakt kann in Waren oder in Geld ausgestellt sein.
Gruß
Jochen
<center>
<HR>
</center> |
R.Deutsch
10.06.2001, 18:22
@ Jochen
|
Re: Wie wollt Ihr die Schuld definieren?? |
Hallo Jochen,
Du schreibst:
Der Schuldkontrakt kann in Waren oder in Geld ausgestellt sein.
Ja, aber üblicherweise wird er in Geld ausgestellt und was ist dann dieser Schuldinhalt, dieses Geld auf das er ausgestellt wird, wenn nicht Warengeld. In was wird die Schuld definiert? Da steht doch nicht drin ich schulde soundsoviel Schuld, sondern eben ütütü (Gold, Silber, Kühe) und das ist das Warengeld, auf das sich die Menschen als Maßstab geeinigt haben. Die Tatsache, dass unser Geld heute nicht mehr definiert ist (niemand sagen kann was ein Dollar ist), zeigt ganz klar, dass es legales Falschgeld (Monopolygeld) ist. Aber dieser Monopolytrick hat eben immer nur vorrübergehend mal funktioniert (siehe John Law), dann haben die Menschen dem Geld wieder einen konkreten Schuldinhalt gegeben. So und nun drückt Euch mal nicht weiter drum herum und sagt konkret, wie Eure Schuld, Euer Schuldgeld definiert ist, was ist die Schuld??
Gruß
Reinhard
<center>
<HR>
</center> |
boso
10.06.2001, 19:36
@ R.Deutsch
|
Endlich wieder tolle Diskussion hier!(owT) |
Ich lerne viel, macht nur weiter so!!
MfG
boso
<center>
<HR>
</center> |
dottore
10.06.2001, 19:47
@ Liated mi Lefuet
|
Re: ZB's können ihre Banknoten nicht aktiv verbuchen, leider! |
Hi Lietad,
super, dass Du Dich mit Deinem klaren Verstand einmischst! Ich bin leider (noch) verhindert, mehr zu posten, möchte aber nur kurz dieses hier einwerfen:
>Mit Fibu kann man es meines Erachtens eben auch nicht entscheiden.
>Denn:
>a)
>Es wäre gemäss den Fibu-Regeln auch möglich, (ist aber nicht üblich)in der ZB-Fibu"Bargeldnoten" als “Ware“ mit „Wert" so zu buchen:
Das geht leider nicht, das die ZB eigene Banknoten niemals aktiviert und auch nicht aktivieren kann. Banknoten sind in jeder ZB-Fibu passiv verbucht. Und ich kenne nicht den Dreh, wie man"Waren" (mit oder ohne Wert) passiv verbuchen könnte.
Schulde ich Waren, dann kann ich nur den Wert der selben in die Fibu tun.
Da der Wert der Banknoten aber für die ZB nur bei den Druckkosten liegt, was dann?
Besten Gruß,
der eilige d.
Und noch schnell das:
>Kassa 100 [aktiv, s] an"Notenumlauf" unter öffentl.Kapital 100 [Passiv, h]
>und d a n a c h die ZB mit Bargeld beispielsweise Oblis [oder Gold etc.] kauft, was dann noch einen Aktiventausch in der ZB-Bilanz ergäbe.
Gold & Oblis aktiv verbucht. Eigene Banknoten nicht, die anderer ZB's sehr wohl, weshalb auch"Sorten" in der ZB-Fibu aktiv erscheinen.
>Zwar wäre die Anwendung der Fibu-Sätze auf oben gezeigte Art fibu-mässig zwar konform/korrekt, aber ist in Zentralbanken -wie gesagt- nicht üblich: Sondern die ZB buchen heute bekanntlich beispielsweise Käufe von Oblis [oder Gold etc.] gegen z.B. Bargeldnoten
Das ist erneut das Elend: Sie können Oblis mit Gold und vice versa kaufen (Aktivtausch). Aber es gibt kein Bargeld in der ZB-Bilanz aktiv - außer Scheidemünzen natürlich.
Auf bald. Und nochmals vielen Dank!
<center>
<HR>
</center> |
Jochen
10.06.2001, 21:53
@ R.Deutsch
|
Re: Wie wollt Ihr die Schuld definieren? So? |
Hi Reinhard,
> Der Schuldkontrakt kann in Waren oder in Geld ausgestellt sein.
>Ja, aber üblicherweise wird er in Geld ausgestellt und was ist dann dieser Schuldinhalt, dieses Geld auf das er ausgestellt wird, wenn nicht Warengeld.
Du gibst doch selbst zwei Möglichkeiten an: Entweder in Geld oder in Ware. Du sagst: üblicherweise in Geld. Das Geld ist eine Forderung, die Ware ist Ware.
>In was wird die Schuld definiert? Da steht doch nicht drin ich schulde soundsoviel Schuld, sondern eben ütütü (Gold, Silber, Kühe) und das ist das Warengeld, auf das sich die Menschen als Maßstab geeinigt haben.
Die Schuld kann lauten: x schuldet y 1000,-DM, oder x schuldet y 1 Rind. Wird die Schuld auf das Rind umlauffähig gemacht, sprich bei der Notenbank eingereicht wird und z.B. ein Geldschein dafür rausgegeben wird, dann kann mit diesem Geldschein wiederum eine andere Schuld bezahlt werden, die auf die Summe des Geldscheins ausgestellt ist usw.
Dottore hat das ja dargestellt, wie das Geld dann wieder in die Notenbank zurückkehrt usw.
>Die Tatsache, dass unser Geld heute nicht mehr definiert ist (niemand sagen kann was ein Dollar ist), zeigt ganz klar, dass es legales Falschgeld (Monopolygeld) ist. Aber dieser Monopolytrick hat eben immer nur vorrübergehend mal funktioniert (siehe John Law), dann haben die Menschen dem Geld wieder einen konkreten Schuldinhalt gegeben. So und nun drückt Euch mal nicht weiter drum herum und sagt konkret, wie Eure Schuld, Euer Schuldgeld definiert ist, was ist die Schuld??
Siehe oben.
Ob wir noch Einigkeit erzielen:-)?
Gruß
Jochen
<center>
<HR>
</center> |
Jochen
10.06.2001, 21:55
@ boso
|
Re: Endlich wieder tolle Diskussion hier! |
>Ich lerne viel, macht nur weiter so!!
Bedanke dich bei Deutsch, Dottore usw. Die fordern einen, puh...
Gruß
Jochen
<center>
<HR>
</center> |
Liated mi Lefuet
11.06.2001, 11:40
@ dottore
|
Re: ZB's können ihre Banknoten nicht aktiv verbuchen, leider! |
Hi Dottore, Nereus + Forum
<font color=blue>Dottore schrieb: Das geht leider nicht, dass die ZB eigene Banknoten niemals aktiviert und auch nicht aktivieren kann. Banknoten sind in jeder ZB-Fibu passiv verbucht. Und ich kenne nicht den Dreh, wie man"Waren" (mit oder ohne Wert) passiv verbuchen könnte.
Da der Wert der Banknoten aber für die ZB nur bei den Druckkosten liegt, was dann?</font>
Die Druckkosten für Noten sind m.E. vorläufig nicht so wichtig und fibu-mässig „locker“ zu handhaben: Denk z.B. an Briefmarken [oder an die Telefon-Gettoni in Italien] die man für Kleinstbarzahlungen benutzt..
Waren werden selbstverständlich nie „passiv“ verbucht, wie Du richtig feststellst.
Der"Gag" ist ein anderer und hängt mit der präzisen Aufteilung von"Eigenkapital" (EK) und"Fremdkapital"(FK) der Firma X[=juristische Person] zusammen.. FK und EK sind [beide passiv] und teilen die Rechte/Verfügungsgewalt auf an den Aktiva der Firma X auf zwischen den Eigentümern der Firma X und Gläubigern der Firma X.
Eine anschauliche Erklärung:
[Nereus: fundamental wichtig, da Du ja momentan einen Fibu-Kurs absolvierst]
Angenommen Dottore [=„natürliche Person“], Du gründest eine Firma Dottore[=juristische Person], nämlich als Milchproduzent. Das Landleben ist schliesslich gesund:-)
-5 Tausend Bares hast Du selber erspart und
-Dein Onkel, ein reicher Bauer, hat Dir sogen. „lebendes Inventar“ langfristig ausgeliehen, nämlich 8 Kühe und 1 Muni im Wert von 10T.
-Auf Pump hast Du eine Melkanlage im Wert von 2 T von der Firma Melk AG erworben, die Du bald bezahlen musst.
Die sogen."Eröffnungsbilanz der Firma Dottore[=juristische Person] sähe nach diesen Ereignissen so aus:
___________________________________________
___________B I L A N Z Firma Dottore__________
.......a k t i v a..........................p a s s i v a...................
Liquide Mittel...................Fremdkapital kurzfristig....
- Kasse...................5T.......- Kreditor Melk AG.......2T
......................................................................................
Mobilien............................Fremdkapital langfristig....
- Melkmaschine.....2T.......- Kreditor Onkel..........10T
.-Leb. Inventar....10T...................................................
...........................................Eigenkapital......................
...........................................- Einlage Dottore.......... 5T
___________________________________________
Summe.................17T..::........................................17T
======================================
Wichtige Fibu-Definition: Total der Aktiva (=Bruttovermögen) minus Fremdkapital gleich Nettovermögen.
[Im Konkursfall der „Firma Dottore“ (der liebe Gott möge das verhüten:-) werden die gelisteten Aktiva verwertet (d.h. versteigert, veräussert etc.) Der Erlös würde vor allem dazu dienen, die Gläubiger (=Deinen Onkel, Melk AG) zu befriedigen. Falls dann noch etwas übrig bleibt, kriegen es die Eigentümer (=in diesem Fall die natürliche Person „Dottore“). Je nach Rechtsform der juristischen Person „Firma“, ist das EK in diverse Unterkonti aufgegliedert wie Aktienkapital, Reserven, gesetzliche Reserven, Gewinnvortrag, etc. etc. Aber das ist jetzt nicht so wichtig. ].
[Nereus, sehr wichtig: Sobald Firma Dottore bar an Melk AG bezahlt, wird nicht nur das Bargeld von einem zum andern verschoben,sondern es verschwindet auch gleichzeitig das Schuldverhältnis zwischen Melk AG [Gläubiger] und Firma Dottore[Schuldner]. Das wird oft übersehen; nicht nur von gesell’schen Tauschmittelfans hier, sondern auch oft auch von Mainstream WVLern].
Mit andern Worten: Es wäre vollkommen legitim und fibu-mässig korrekt Dottore, Notenumlauferhöhung immer via ZB-Notenkasse „laufen“ zu lassen entweder mit FK oder mit EK gegen gebucht. Das Endresultat in den ZB-Aktiva -beispielsweise falls die ZB Oblis kauft- wäre dasselbe, aber mit dem Detail, dass Notengeldbewegungen via ZB-Notenkasse genauser dokumentiert wären/würden; siehe folgendes Beispiel:
:
___________________________________________
___________ZENTRALBANKBILANZ________
.......a k t i v a..........................p a s s i v a...................
Liquide Mittel...................Fremdkapital kurzfristig....
...............s..... h..... KS.................................................
- Noten...6s.............6s....................................................
......................4h......2s....................................................
......................................................................................
Wertpapiere......................Fremdkapital langfristig.....
...............s.......h.....KS..............................s.....h......KS
- Oblis....4.s............4s......- Notenumlauf...... 6h......6h
.......................................................................................
...........................................Eigenkapital......................
...........................................- nix.................................
___________________________________________
Summe...................6s...............................................6h
======================================
Legende: s= soll, h =Haben, KS=Kontostand
Nach der Fibu-Definition: Total der Aktiva (=Bruttovermögen) minus Fremdkapital gleich Nettovermögen ergibt sich, dass die ZB hier in diesem Beispiel mit Nettovermögen „Null“ arbeitet. Würde man das passiv„Notenumlauf“ -statt unter FK halt unter [öffentliches] Eigenkapital gegen buchen, hätte die ZB Nettovermögen „5“, dessen Eigentümer die Ã-ffentlichkeit wäre [so etwa wie die Ithaca-hours-Noten]
[Dottore und Forum, falls es Dir/Euch recht ist, möchte ich vorerst lieber nicht über solche Details diskutieren, wie Bargeldnoten in Umlauf gelangen sollen/müssen/könnten via FK oder EK; oder mit Gold „gedeckt“ oder ungedeckt durch öffentlichen Konsens wie bei den „ Ithaca-hours“; von Markenkleben auf Noten als Gipfel der Freiheit:-( ganz zu schweigen].
Mir geht es im ganzheitlichen Sinn um den weltweit laufenden Aufschuldungsexzess innert des gesamten Marktsystems, von dem ich vermute, dass da gewaltig der „Wurm drin ist“ in dem Sinne, dass die „Netting-Prozesse um Schuldverhältnisse zu löschen; d.h. Clearen“ unter allen Marktteilnehmern[Nichtbanken inkl. Staat, Banken inkl ZB] offenkundig exponentiell aus dem „Ruder laufen“ Richtung Big-Bang......
Grüsse an alle
Liated
<center>
<HR>
</center> |
nereus
11.06.2001, 14:04
@ Liated mi Lefuet
|
Re: ZB's können ihre Banknoten nicht aktiv verbuchen, leider! - Wahnsinn! |
Hallo Liated!
Ich habe das jetzt mal kurz überflogen und werde das sicher in Ruhe nochmal intensiv studieren. In allerletzter Konsequenz habe ich es noch nicht ganz geschnallt - ich hoffe das klappt aber noch.
Daher kommentiere ich jetzt auch nicht weiter, ggf. könnte ich mich gewaltig blamieren.:-(
Aber mein Instinkt sagt mir (hatte ich ja damals schon gepostet) das der Schlüssel zur Lösung des Geldrätsel bei Deinen Buchungssätzen (und dem Nürnberger DATEV-Kontenrahmen ;-) ) liegt.
Oder etwas platt ausgedrückt. Man kann sich beim Buchen gewisser Freiheiten bedienen.
Das drucke ich in jedem Fall aus und nehme es heute abend mit.
Mal sehen was die Kursleiterin dazu sagt?
mfG
nereus
<center>
<HR>
</center> |
nereus
11.06.2001, 15:00
@ nereus
|
Re: ZB's können ihre Banknoten nicht aktiv verbuchen, leider! - nochmal |
Hallo Liated!
Ich riskiere es trotz einer möglichen Blamage.
Ich verstehe das jetzt so. Du behauptest einfach mittels Kasse (die wohl der Kasse im Landwirtschaftsbetrieb"dottore" entspricht) auf der NB-AKTIVSEITE könnte man die Steuerung der umlaufenden Geldscheinchen vornehmen.
Deine PASSIV-Gegenbuchung setzt Du nach Wohlwollen mal unter Pos. Fremdkapital oder Eigenkapital. Das klingt zwar unerhört, aber Du wirst Dir ja was dabei gedacht haben.
Das durch diese Buchungsfreiheit:-) mal netto was übrig bleibt und mal was nicht ist schon klar.
Aber wie kannst Du Dir diese Freiheit nehmen das einfach so zu tun.
Laß mich bitte nicht dumm sterben! ;-)
Mir schwant schon wieder allerschlimmstes.
Eine Firma, ein Bank oder alle Läden die eine Bilanz führen müssen können das schon per HGB nicht. Aber eine staatliche Notenbank könnte das vielleicht doch.
Aber ein Notenbankgesetz gibt es doch sicher auch? Kann oder könnte man denn da reinschreiben was man will?
Naja, der Staat macht ja die Gesetze und bei seiner eigenen Bank..
mfG
nereus
<center>
<HR>
</center> |
Liated mi Lefuet
11.06.2001, 20:47
@ nereus
|
Re: ZB's können ihre Banknoten nicht aktiv verbuchen, leider! - nochmal |
Hi Nereus + Forum
<font color=blue>Aber wie kannst Du Dir diese Freiheit nehmen das einfach so zu tun.
Laß mich bitte nicht dumm sterben! ;-)
Mir schwant schon wieder allerschlimmstes.</font>
Schmunzel:-)
<font color=blue> Ich verstehe das jetzt so. Du behauptest einfach mittels Kasse (die wohl der Kasse im Landwirtschaftsbetrieb"dottore" entspricht) auf der NB-AKTIVSEITE könnte man die Steuerung der umlaufenden Geldscheinchen vornehmen.Deine PASSIV-Gegenbuchung setzt Du nach Wohlwollen mal unter Pos. Fremdkapital oder Eigenkapital. Das klingt zwar unerhört, aber Du wirst Dir ja was dabei gedacht haben.
Das durch diese Buchungsfreiheit:-) mal netto was übrig bleibt und mal was nicht ist schon klar. </font>
Claro, kreativ buchen:-)
Im Ernst: Die scheinbar willkürlichen Buchungen[von denen es noch weitere gäbe] beruhen darauf, wie bzw als was man Bargeld [willkürlich] definiert: Ist Bargeld ein abstraktes Ding mit Wert"per se"? Falls ja, wer hat daran Eigentümeransprüche? Einzelne? Niemand? Oder ist's die Allgemeinheit, weil Bargeld ein öffentliches Eigentum zur Erleichtung von Zahlungen ist, oder sein sollte? Oder ist Bargeld"Träger" eines in Zukunft zu erfüllenden Schuldverhältnisses; ähnlich wie einst die"tallies" in England, die einst in der damaligen Gegenwart wie Bargeld zirkulierten? [tallies waren"Kerbhölzer", Schuldner=Staat, Inhaber des Kerbholzes=Gläubiger]
Aufgrund von Fibu-Regeln selber, kann man m.E. nicht entscheiden, was Bargeld"tatsächlich" ist, weil die Fibu-Regeln genügend"flexibel" sind um sich je nach dem dieser oder jener Definition anzupassen. Aber mit vernetzten Fibus kann man trotzdem sozusagen"messen"[ist ziemlich verwickelt und komplex] was heute im Markt- und [Buch]Geldsystem geschieht und wie es sich m.E. in einem exponentiellen Aufschuldungsexzess Richtung Kollaps entwickelt. Der Zauberlehrling"Marktwirtschaft" hat ein Problem...
Grüsse an alle
vom"zauberhaften" Liated, der eigentlich ein Detail sucht: Das Lösungswort des Zaublehrlings:"Besen,Besen, seid gewesen"
<center>
<HR>
</center> |
Jochen
11.06.2001, 20:54
@ Liated mi Lefuet
|
Re: ZB's können ihre Banknoten nicht aktiv verbuchen, leider! - nochmal |
>Aufgrund von Fibu-Regeln selber, kann man m.E. nicht entscheiden, was Bargeld"tatsächlich" ist,
Warum auch? Wenn Geld als umlauffähig gemachte Forderung definiert ist, wozu brauchts dann FiBu-Regeln? Die Definition ist eindeutig, sie ist belegbar, wo ist das Problem?
Gruß
Jochen
<center>
<HR>
</center> |
Dimi
11.06.2001, 22:05
@ dottore
|
Neunzehn Kleinigkeiten zu Tausch, Geschenk und Schuld - Dottore |
Lieber Dottore,
>mein ganzer Beitrag ist leider futsch. Ich versuche es nochmal, vermutlich sogar besser, da kürzer.
Sei unbesorgt, ich habe versucht, meine Antwort so sehr in die Länge zu ziehen, als wäre Dein erster, längerer Beitrag die Grundlage gewesen ;-)
1.
>>>1. Die Tauschtheorie des Geldes ist fraglos vom simplen Augenschein abgeleitet:
>>Die Tauschtheorie in der Form 'es gibt Güter A,B,C usw.' ist tatsächlich simpel. Das ist die Kreditgeldtheorie aber auch ('Es gibt Schulden und die werden übertragen'). Beide Theorien werden aufwendig, wenn man sie mit historischen und völkerkundlichen Befunden verbindet.
>Der Augenschein zeigt mir Waren, aber nicht die dahinter stehenden Schulden/Kredite<
Nur weil man etwas nicht sieht muß es deshalb nicht vorhanden sein. Eine Theorie ist nicht besser, weil sie (anscheinend oder tatsächlich) stärker abstrahiert.
2.
>Womit wird Geld nachgefragt? Mit Geld? Unmöglich. Deshalb kann auch das erste Gold nur mit einem Versprechen, es zurück zu zahlen nachgefragt worden sein. Warum hätte der Goldeigentümer sonst darauf verzichten sollen? Und zwar zu just dem Zeitpunkt, da er darauf verzichtet hat?<
Darf ich banal entgegnen? Ein Goldeigentümer kann auf Gold verzichten, um etwas zu erwerben.
3.
>Eine Ware ist zunächst eine Sache. Unstreitig. Aber um als"Ware" auftreten zu können, muss sie"zu Markte getragen" werden. Warum tut jemand das? Entweder er will damit eine Schuld begleichen oder er will ein Schuld generieren.<
In der Nähe Deines Dorfes ist ein Wald mit Honig, ein anderes Dorf liegt am Meer. Was machst Du, wenn Du Fisch essen willst? Du nimmst Deinen Honig und gibst ihn her, und man lädt Dich zum Fischessen ein. Mahlzeit!
Wo ist selbst die (auch ansonsten bei der Geldentstehung überflüssige) Schaltsekundenschuld, wenn Dein gegenüber den Honig zur gleichen Zeit ißt, in der Du den Fisch verspeist?
4.
>Womit wir beim Geschenkephänomen (war mit Sicherheit vor dem Tauschen) wären.
Schenken-Gegenschenken kann als Tausch als auch Kredit aufgefaßt werden. Es als 'freigebiges Weggeben' aufzufassen ist in der Regel nicht richtig, d.h. wer sich nur beschenken läßt bekommt recht bald nichts mehr. Versuch einer Einteilung:
a.) Schenken ist in Fällen der Not und gegenüber Fremden via Brauchtum eine Art
Sozialversicherung bzw. Reiseermöglichung; man kann erwarten, gleiches zu erhalten, von wem auch immer.
b.) Schenken ist in Fällen des kurzfristigen Gegengeschenks (ähnlich Herodots
Strandszene) eine Form des Tauschs.
c.) Schenken ist in Fällen späteren Gegengeschenks eine Form des Leihens (also ein Dorf richtet ein Fest aus, das Nachbardorf macht eines in einem Monat).
Wir kennen keine Beispiele, in denen einer dauernd nur schenkte. Wir kennen aber sehr wohl Beispiele, in denen es Streit gab, weil das Gegengeschenk zu klein ausfiel. Schenken ist Tauschen oder Leihen oder Sozialversicherung. Schenken ist wirtschaftlich die Form eines anderen Vorgangs.
5.
>Dazu der Dir sicher bestens bekannte Mauss ("Sur le don", 1925): Im Geschenk liegt immer eine Verpflichtung, er nennt ihn den"Geist" des Geschenkes. Verpflichtung = Schuld.<
Der Hau-Geist ist, wirtschaftlich gesehen, eine Art immaterieller Kreditverpflichtung, und sie wird auch (ansatzweise) übertragen, beschrieben bei Mauss allerdings als A-B-C-B-A, nicht als A-B-C-A. B muß an A weiterreichen, was er ursprünglich von A erhalten und dann an C weitergereicht hatte, sobald er es von C zurückbekommt.
Es hat aber kein Volk richtiges Geistgeld hervorgebracht, was auch nicht weiter verwundert, schließlich ist absolute Ehrlichkeit vonnöten.
Man kann salopp zusammenfassen: Es gehört sich nicht, aus einem Geschenk Profit zu schlagen. Wenn man kann, muß man adäquates zurückgeben.
6.
>Usually this party (die etwas schenkt) spends more than the recipient party can repay in material goods which<
Beim zeitlich gestreckten Schenksystem kann es zu den schon erwähnten Aufschaukelungen kommen, muß es aber nicht. Sieh' es als Zins, obwohl es weitgehend ein kultureller ist.
7.
>Wir kommen also um die Priorität der Schuld, sogar lange vor Beginn konkreter
Tauschwirtschaften nicht herum.
Das Schenken ist eine Form, deren wirtschaftlicher Hintergrund mindestens drei unterschiedliche Dinge umfaßt (s. 4 a,b,c). Nur eine davon ist das Leihen.
8.
>>Du selektierst via Definition Warengeld aus. Mit gleichem Recht könnte einer (in etwa) sagen: Geld ist eine Ware, mit der immer wieder von neuem getauscht wird. Mit dieser Definition (sie war im neunzehnten Jahrhundert verbreitet) würde einfach Kreditgeld ausselektiert.
>Geld war nie Ware, sondern mit Waren unterlegte Schuld. Waren sind"Waren", weil sie einen Wert gehabt haben müssen, was aber Märkte und Preise voraussetzt, also bereits Schuldkontrakte.
Das Definitionsargument zielt darauf ab, daß es unzulässig ist, auf Basis einer angepaßten Definition nur Teilaspekte der Wirklichkeit zu betrachten und diese dann zum Ganzen zu erklären.
9.
>>>2. Geld ist nicht als Tauschmittel entstanden, sozusagen, um den Tauschvorgang überhaupt zu ermöglichen oder zu erleichtern bzw. evtl. zu beschleunigen oder zu"optimieren". Dies ist historisch falsch.<
>>Aber völkerkundlich richtig.
>Es gibt dafür kein einziges mir bekanntes Beispiel. Die Muscheln waren Rechengeld, also eine Form des Verbuchens von Guthaben (wer keine hatte, war eben arm oder verschuldet).
Wenn alle Muscheln gehabt hätten (oder jederzeit welche am Strand hätten aufklauben können), wären die Muscheln selbst als Geld sinnlos gewesen. Als Warengeld waren sie es sowieso, da sie keinerlei Waren-Charakter hatte in dem Sinne, das sie etwas anderem als zur Funktion"Rechnen" zu gebrauchen gewesen wären (Konsum z.B.).<
Was nun? Schmuck ist für viele Völker sehr wichtig und nicht wertlos. Obiges erweckt nicht den Eindruck, daß eine Rechengeldtheorie des Muschelgeldes existiert, die das Phänomen schlüssig erklärt.
10.
>>>Dieser Kredit kann zunächst über Waren aller Art lauten. Lautet er auf Edelmetall lautet er über eine Ware, die mehr Tauschinteressierte anzieht als ein Warenkredit<
>>Wieso soll, bei so einer Erklärung der Geldentstehung via Kredit, Gold mehr
Tauschinteressierte anziehen als Getreide?
>Liegt an der unterschiedichen Verfallskurve.
Dieses Argument aus der Tauschgeldtheorie überträgst in die Kreditgeldtheorie, in der es aber keinen Sinn ergibt. Wenn ein Babylonier sein (oder auch das eines dritten) Grund beleiht, kann das Darlehen ohne weiteres auf eine verderbliche Ware lauten, da die Ware von keinem der Beteiligten gehalten wird.
In der Tauschgeldtheorie hingegen wird die Ware gehalten und die Verderblichkeit ist wertmindernd.
>>Es ist ja z.B. egal, ob Getreide verdirbt, wenn in einem Kreditvertrag die Lieferung von unverdorbenem Getreide vereinbart wird.
>Nein. Denn das gelieferte Getreide muss ich ab dann irgendwie verwenden (Mahlen, Backen). Aber mit Gold kann ich weiter warten.<
Man würde wieder ein Darlehen geben, Wiederanlage ist auch heute bei den allermeisten Anlegern der Fall (wenn man keine Anschaffung tätigt). Zudem verdirbt Getreide nicht sofort. Zur Not könnte man immer noch das Getreide in Gold oder Ziegel oder Rinder tauschen.
Zur Verdeutlichung nochmal der Unterschied zur Tauschmittelherleitung: Bei ihr wird während des Vorgangs, also des Tauschprozesses, darauf geachtet, daß die Ware nicht verdirbt, indem eine unverderbliche Ware gewählt wird. Bei der Kreditherleitung muß dasselbe Argument nachträglich angestückelt werden.
11.
>schickte er die Atzekenkrone an Karl V. (heute Völkerkundemusem Wien). Doch der legte sie achtlos beiseite. Ihm lag am"lokalen Wert" Federn überhaupt nichts.
Auch lokale Gelder sind Gelder, und alle ersten Gelder waren lokale Gelder. In der Steinzeit war es nicht üblich, per Flugzeug um die Welt zu jetten, und den Indianer interessierte es nicht, ob sein Geld auf den Fidschis etwas wert war. Ein paar Dörfer weiter, das reichte.
12.
>>>Gold ist inzwischen nur noch Ware
>>Die Notenbanken unterhalten Warenlager?
>Bis heute.
Daran, daß Notenbanken Gold halten, kann man doch erkennen, daß es keine normale Ware ist, sondern eine, die irgendetwas mit Geld zu tun hat. Die Notenbanken sind kein 'Tante Emma Laden', in dem sich neben Käse, Socken und Bier auch etwas Gold befindet.
13.
>Seine Frau war eine Hure, verdiente auch einen Haufen Gold und Silber; daher vermutlich der Preis ;-).
Was für eine Erklärung des Brautpreises! Und wahrhaft debitistisch: Die Ehefrau wird später verliehen werden, deswegen muß bei der Eheschließung der Brautpreis bezahlt werden. ;-)
Den Brautpreis gibt es bis heute, u.a. in Afrika. Sein Wert ist oft sehr hoch, z.B. 20 Rinder, also für die Leute ein Vermögen. Es handelt sich somit nicht bloß um einen Brauch, sondern um einen wirtschaftlichen Vorgang. Der Brautpreis ist u.a. deshalb für die Geldentstehung von Bedeutung, da Völkerkundler, die sich meist nicht sonderlich um geldtheoretische Dinge kümmern, ihn detailliert beschreiben.
Wir finden also z.B. ein Volk, bei dem der Preis, sagen wir, 10 Schweine ist, und ein Volk in der entfernteren Nachbarschaft, bei dem er 5 Schweine und dazu eine bestimmte Menge Schmucks beträgt, und ein drittes, bei dem nur 'Schmuck' (also beginnendes Warengeld) gezahlt wird. Bei weiteren dann hat der Brautpreis gar keine Schmuck-, sondern nur noch Geldform, wobei etwa fünfzigtausend Federn zu einem häßlichen Bündel zusammengebunden werden, das auch nie gelöst oder anderweitig als Schmuck getragen wird. Wir können also am Brautpreis gut sehen, inwieweit sich eine Ware als Geld herausgebildet hat.
Kann man debististisch erklären, wieso der Vermögensübertrag, der bei der Hochzeit vom Bräutigam und seiner Familie an die Eltern der Braut zu leisten ist, der sogenannte Brautpreis, bei manchen Völkern vor allem aus Produktionsmitteln (Tieren) besteht, bei anderen zusätzlich aus Schmuck, und bei dritten aus ganz merkwürdigen Dingen, die potthäßlich sind, aber schöner Schmuck sein könnten, wenn man sie nicht absichtlich zu potthäßlichen Dingen machte?
Was ist das Federgeld in Deinen Augen? Wieso müssen auf Inseln Polynesiens eine halben Million Federn am Hochzeitstag geleistet werden? Als Buchführungshilfsmittel, für die Anzahl der Freier der Braut? Die Arme!
Für Federgeld gilt das gleiche wie für Muschelgeld, die Rechengeldtheorie funktioniert nicht so recht.
14.
>Besser: Nehemia! Der hat einen Schuldenerlass durchgeführt, -5. Jh., als es in Israel noch keine Münzen gab. Welche Schulden in was wurden also erlassen? Vor allem vor dem Hintergrund, dass diese Schulden damals durch die"Ware Mensch" unterlegt waren (Schuldknechtschaft bzw. Sklaverei von Frauen, Töchtern, Söhnen des Schuldners).
Nehemia 5,11 nennt Geld, Getreide, Most und Ã-l. 7,70 weist auf die Existenz von Geld in Form von Silber (nach Gewicht) hin, wie in Babylon.
15.
>>Im Außenhandel könntest Du Dir eine Geldentstehunung aus dem Tausch vorstellen?
>Nein, da immer Binnenhandel vor Außenhandel. Außenhandel extrem zeitaufwendig, daher bis heute Beleihung von Schiffsinhalten usw. (Konossamente etc.).
Außenhandel, also z.B. Karavanenhandel oder auch ein mehrtätiger Fußmarsch, ist zwar zeitaufwendig, kommt aber bei den meisten Völkern vor, auch bei steinzeitlichen. Bei letzteren spielt wiederum der Binnenhandel (also innerhalb des Dorfes) wegen Selbstversorgens und Teilens keine rechte Rolle.
Erstes Geld kann bei den meisten Völkern bei Zahlungen im Kontext von Frieden, Strafe, Eheschließung und eben Fernhandel beobachtet werden, und nicht beim Tausch zwei Hühner gegen einen Sack Reis. Manche Bücher zum Thema Geldentstehung suggerieren letzteres, u.U. verlassen sich ihre Autoren zu sehr auf Sekundärliteratur.
Die Bedeutungslosigkeit des Kleibinnenhandels erklärt auch, weshalb erste Gelder einen relativ hohen Wert repräsentierten.
16.
>>Der Buchdruck ist ein Beispiel für Entwicklung, von den Anfängen in China vor tausend Jahren über Gutenberg bis hin zur heutigen Massenproduktion.
>Ganz falsch, leider! Der Witz war nicht das Drucken, sondern die Erfindung der
beweglichen Lettern, Gutenbergs Geniestreich (ex Punzen von Zierschriften und
Münzschneiden, vgl. von Stromer in Gutenberg-Jahrbuch 1997). Ab da begann die erste industrielle Massenfertigung (ausführlich dazu auch die Forschungen von Giesecke). Keinerlei Evolution, nicht Mal in Ansätzen, sondern sofort volles Programm (Pfister, Bamberg, Fust, Mainz, die Drucker in Rom, usw.)
Natürlich gibt es Entwicklung, auch beim Buchdruck. Daß Gutenberg einen Sprung einleitete, ist klar, aber danach blieben die Dinge doch nicht stehen.
17.
>So gehe ich auch vor: Nur halt umgekehrt zum Mainstream
Durch Inversion kommt es zwar oft zur richtigen Kritik, aber kommt es auch zur rechten Erkenntnis?
>Heute haben wir wieder nur einseitige Gepräge: Nur Kreditgeld. Was also soll heute noch eine Tauschtheorie (für die Erklärung der aktuellen Lage)?
Wenn es kein Warengeld mehr gibt, was stört Dich dann so daran, daß es aus dem Tausch entstanden ist? Mal unabhängig von der Frage, was stimmt...
18.
Zur Abrundung, wie erklärt eine Geldentstehungstheorie, nur auf Kredit basierend:
a.) Die große Zahl an Muscheln, Federn etc., die für Buchführungszwecke viel zu hoch ist.
b.) Die Aufgabe des Schmuckgebrauchs bei Schmuckgegenständen, etwa von
Federschmuck zu Federnrollen, oder von Silberschmuck zu Silberbarren.
c.) Die Funktionsweise des Fernhandels, in dem Darlehen faktisch unmöglich sind, und bei dem sich nicht immer die Waren paarweise zusammenfinden lassen.
d.) Wieso lauten in Babylon so viele Darlehen gänzlich oder teilweise auf Silber, wenn dieses nicht auch aus anderem Grunde bereits Geld war?
e.) Wieso wurden durch bloßes Beleihen in Babylon große Mengen Silbers nicht mehr als Schmuck gebraucht, wieso werden Unmengen an Federn dem Schmucknutzen entzogen?
f.) und wieso lauten in Babylon die Darlehen nicht auf haltbare Ziegel, Standardgröße, 30 Tage sonnengetrocknet, wenn es nur ums Beleihen ging?
Fragen über Fragen, und die Antworten finden sich...
... auf der anderen Seite der Medaille?
19.
Wo sind eigentlich die Tonkapseln geblieben? Besteht Einigkeit, daß es vermutlich Darlehensurkunden waren, die für gewöhnlich nicht übertragen wurden?
>Gruß und sorry, das erste war doch viel schöner und detaillierter. Trän...
Das nächste Mal schmeiß' ich meinen Beitrag weg zum Ausgleich...
Gruß, Dimi
<center>
<HR>
</center> |
Liated mi Lefuet
12.06.2001, 00:25
@ Jochen
|
Re: Viele Belege......? |
Hi Jochen
[i]<font color=red> Liated schrieb: Aufgrund von Fibu-Regeln selber, kann man m.E. nicht entscheiden, was Bargeld"tatsächlich" ist...</font>
<font color=blue> Jochen schrieb: Warum auch? Wenn Geld als umlauffähig gemachte Forderung definiert ist, wozu brauchts dann FiBu-Regeln? Die Definition ist eindeutig, sie ist belegbar, wo ist das Problem?</font>[/i]
"Belege" sind keine logisch gültigen Beweise. Ein fundamentales Gesetz der Logik besagt: Einige Beispiele[eben"Belege"] reichen nicht, um die allgemeine Gültigkeit einer Aussage zu beweisen: aber ein einziges Gegenbeispiel reicht aus, um eine Aussage zu widerlegen. [Vlg. S. 137ff. Mathematik von A-Z, Birkhäuser-Verlag, William Dunham, Mathematiker]
Gruss
von Liated, der"viele Belege" nicht akzeptiert
<center>
<HR>
</center> |
dottore
12.06.2001, 14:57
@ Dimi
|
Re: Neunzehn Kleinigkeiten zu Tausch, Geschenk und Schuld - Dottore |
>Lieber Dottore,
>>mein ganzer Beitrag ist leider futsch. Ich versuche es nochmal, vermutlich sogar besser, da kürzer.
>Sei unbesorgt, ich habe versucht, meine Antwort so sehr in die Länge zu ziehen, als wäre Dein erster, längerer Beitrag die Grundlage gewesen ;-)
>1.
>Nur weil man etwas nicht sieht muß es deshalb nicht vorhanden sein. Eine Theorie ist nicht besser, weil sie (anscheinend oder tatsächlich) stärker abstrahiert.
Warum bleibst Du nicht Bei der Banknote? Sie sieht wie eine Ware aus, ist es aber nicht. Daher wird mit der Note auch nicht getauscht, sondern die Note wird zediert. Wer sollte Zessionen sehen können?
>2.
>Darf ich banal entgegnen? Ein Goldeigentümer kann auf Gold verzichten, um etwas zu erwerben.
Er kann das Gold mit anderen Waren tauschen. Er kann aber auch einen besicherten Kreditschein über das Gold ausstellen und das Gold behalten. Was wird er lieber tun?
>3.
>In der Nähe Deines Dorfes ist ein Wald mit Honig, ein anderes Dorf liegt am Meer. Was machst Du, wenn Du Fisch essen willst? Du nimmst Deinen Honig und gibst ihn her, und man lädt Dich zum Fischessen ein. Mahlzeit!
Der Honig kommt nicht von selbst auf den Tisch (Imkerei ist arbeitsausfwendig) und der Fisch springt nicht aus dem Wasser auf den Tisch (auch Fischen braucht Geduld, also Zeit).
>Wo ist selbst die (auch ansonsten bei der Geldentstehung überflüssige) Schaltsekundenschuld, wenn Dein gegenüber den Honig zur gleichen Zeit ißt, in der Du den Fisch verspeist?
Der Tasuch kann gleichzeitig stattfinden (ergo kein neuer Kredit), und wann gegessen wird, ist egal (der mit dem Fisch muss eher essen, denn Honig ist hatbarer). Es kommt nicht auf den gleichzeitigen Konsum an, sondern darauf, das durch den Tausch (Schuldrecht!) die beideitig getauschte Ware als endgültig geliefert akzeptiert wird.
>4.
>Schenken-Gegenschenken kann als Tausch als auch Kredit aufgefaßt werden. Es als 'freigebiges Weggeben' aufzufassen ist in der Regel nicht richtig, d.h. wer sich nur beschenken läßt bekommt recht bald nichts mehr. Versuch einer Einteilung:
>a.) Schenken ist in Fällen der Not und gegenüber Fremden via Brauchtum eine Art
>Sozialversicherung bzw. Reiseermöglichung; man kann erwarten, gleiches zu erhalten, von wem auch immer.
Beschenktwerden - siehe das Buch von Sitta von Reden - wollte man in archaischen Zeiten eben gern vermeiden ("Debt avoidance"!). Die Schenker wollten sich aber ihrerseits die Beschenkten gefügig machen ("Schuldbewusstsein") - das ganz ohne, dass bereits Notlagen vorkamen. Die alten Texte waren doch nicht in den Wind geschrieben (Hesiod!- ca. -700).
>b.) Schenken ist in Fällen des kurzfristigen Gegengeschenks (ähnlich Herodots
>Strandszene) eine Form des Tauschs.
Bei Herodots Strandszene hast Du das Wichigste unterschlagen: Dass sich beide Parteien durch Mehrung bzw. Minderung des zu Tauschenden allmählich dem Tausch-Optimum angenähert haben.
>c.) Schenken ist in Fällen späteren Gegengeschenks eine Form des Leihens (also ein Dorf richtet ein Fest aus, das Nachbardorf macht eines in einem Monat).
Wiederum ein Zeitüberbrückungsphänomen ("in einem Monat"). Daher auch Ausfallrisiko usw. (Monsumzeit).
>Wir kennen keine Beispiele, in denen einer dauernd nur schenkte. Wir kennen aber sehr wohl Beispiele, in denen es Streit gab, weil das Gegengeschenk zu klein ausfiel. Schenken ist Tauschen oder Leihen oder Sozialversicherung. Schenken ist wirtschaftlich die Form eines anderen Vorgangs.
Schenken ist nicht Tauschen, sondern kommt eindeutig von der Tauschen, jedenfalls in allen mir bekannten Kulturen (Stamm/Feudal). Sie nochmals die Tausch- und Gegentauschgutannäherung auf Herodots Strand.
>5.
>Der Hau-Geist ist, wirtschaftlich gesehen, eine Art immaterieller Kreditverpflichtung, und sie wird auch (ansatzweise) übertragen, beschrieben bei Mauss allerdings als A-B-C-B-A, nicht als A-B-C-A. B muß an A weiterreichen, was er ursprünglich von A erhalten und dann an C weitergereicht hatte, sobald er es von C zurückbekommt.
Sahlins ("Stone Age Economics," London 1972, 142 ff.) weist darauf hin, dass der"hau" mehr ist als von Mauss vermutet worden war: Er erhöht seinen Wert dadurch, das immer weiter geschenkt wird, wobei es aber nie zum ersten Schenker zurückkehren darf. Damit sind wir vom"Geld" ganz weit entfernt, das, da es eine verbriefte Schuld ist, in Form der fixierten Schuld wieder zum Erstgläubiger zurückkehren muss. Mit irgendetwas muss der Erste schließlich bedient wrden.
>Es hat aber kein Volk richtiges Geistgeld hervorgebracht, was auch nicht weiter verwundert, schließlich ist absolute Ehrlichkeit vonnöten.
Dazu den eben kurz vorgestellten Galiani, der sich wundert, dass unter den Quäkern Pappendeckelgeld kursieren konnte. Seine Erklärung: Weil sie absolut ehrlich waren.
>Man kann salopp zusammenfassen: Es gehört sich nicht, aus einem Geschenk Profit zu schlagen. Wenn man kann, muß man adäquates zurückgeben.
Was sich heute"nicht gehört" war aber im archaischen Hellas absolut Usus (von Reden, 87:"To be at the receiving end of an exchange was a sign of weakness" und:"Gift-giving was, finally, a source of lasting, rather than short-lived, wealth"!).
>6.
>Beim zeitlich gestreckten Schenksystem kann es zu den schon erwähnten Aufschaukelungen kommen, muß es aber nicht. Sieh' es als Zins, obwohl es weitgehend ein kultureller ist.
Die Vorstellung vom Zins als einem"Mehr" hat sich eben so entwickelt. Unterlegt von der absolut nachvollziehbaren Vorstellung, dass Zeit verstreicht bzw. verstrichen ist.
>7.
>Das Schenken ist eine Form, deren wirtschaftlicher Hintergrund mindestens drei unterschiedliche Dinge umfaßt (s. 4 a,b,c). Nur eine davon ist das Leihen.
Das Schenken kann ich historisch nur als eine Form des den anderen"Verpflichtet"-Machen" erkennen.
>8.
>Das Definitionsargument zielt darauf ab, daß es unzulässig ist, auf Basis einer angepaßten Definition nur Teilaspekte der Wirklichkeit zu betrachten und diese dann zum Ganzen zu erklären.
Sachen - Waren - Zeitemfinden - Märkte - Schenken - Tauschen - Zeitüberbrückung - Zins - Leihvertrag zunächst ohne, dann mit unterlegter Sicherheit usw. Das alles sind nicht Teilaspekte (simultan) einer Wirtschaft, sondern entwickeln sich sukzessive in der Wirklichkeit. Hier wird nicht mit einem fiktiven Ganzen gearbeitet (Stock), sondern mit einem Flow.
Mit absolut nachvollziehbar, in Theorie und Wirklichkeit. Dir nicht?
>9.
>Was nun? Schmuck ist für viele Völker sehr wichtig und nicht wertlos.
Völlig klar. Aber Schmuck ist immer Ware, sonst wäre er wertlose Sache und wäre er wertlos, wäre er kein Wert. Ist er also Ware, dann setzen wieder die Herstell- (bzw. Findungs-)-Probleme ein. Zeitphänomen.
>Obiges erweckt nicht den Eindruck, daß eine Rechengeldtheorie des Muschelgeldes existiert, die das Phänomen schlüssig erklärt.
Bei Tabarelli sehen wir sehr schön"Kaurischnecke" und dann"Zeichengeld - Kauriimitation, Bronze"). Was war billiger ("wertloser"): Die jederzeit zu findende Schnecke oder die schwer zu fabrizierende Bronze? Und wenn die Bronze-Kauri nur ein Rechengeld für die seltenere (wertvollere, höher geschätzte) Muschel gewesen sein soll - auf welche Kaurischnecke hat sich die immer gleich aussehende Bronze-Kauri bezogen? Auf die violette, auf die gelbe (sie müssen doch unterschiedlichen Wert gehabt haben, denn wie sonst hätten sie überhaupt einen Wert haben können?).
>10.
>>Liegt an der unterschiedichen Verfallskurve.
>Dieses Argument aus der Tauschgeldtheorie überträgst in die Kreditgeldtheorie, in der es aber keinen Sinn ergibt.
Doch, denn ein Kontrakt über Gold ist eben etwas anderes als ein Kontrakt über Getreide.Das merkt der Gläubiger spätestens am Zeitpunkt der Rückzahlung: Getreide muss dann verarbeitet werden, Gold nicht.
>Wenn ein Babylonier sein (oder auch das eines dritten) Grund beleiht, kann das Darlehen ohne weiteres auf eine verderbliche Ware lauten, da die Ware von keinem der Beteiligten gehalten wird.
Gehalten nicht. Aber zurückgezahlt.
>In der Tauschgeldtheorie hingegen wird die Ware gehalten und die Verderblichkeit ist wertmindernd.
Deshalb ja Ware Metall > Ware Getreide.
>Man würde wieder ein Darlehen geben, Wiederanlage ist auch heute bei den allermeisten Anlegern der Fall (wenn man keine Anschaffung tätigt).
Das Prolongieren schafft nicht die Tatsache aus der Welt, dass die Ware irgendwann bei jemand erscheinen muss. Schließlich zielt der Warenkreditkontrakt auf die Rückzahlung in Ware ab und nicht darauf, diese zu prolongieren. Wäre es so, bräuchte man überhaupt niemals einen Kontrakt über verderbliche Waren. Man könnte unendlich lange auf sie verzichten. Nur: Wozu hat sie dann jemand per Kontrakt nachgefragt?
>Zudem verdirbt Getreide nicht sofort. Zur Not könnte man immer noch das Getreide in Gold oder Ziegel oder Rinder tauschen.
Keine Frage. Aber was heisst"zur Not"? Wenn es bedeutet: Dann brauche ich es nicht, muss ich schon vorher damit rechnen, dass ich es u.U. nicht brauchen kann. Warum dann nicht gleich einen Kontrakt über Gold, der mich in die Warten-Können-Position versetzt.
>Zur Verdeutlichung nochmal der Unterschied zur Tauschmittelherleitung: Bei ihr wird während des Vorgangs, also des Tauschprozesses, darauf geachtet, daß die Ware nicht verdirbt, indem eine unverderbliche Ware gewählt wird.
Während des Tauschvorgangs kann, da üblicherweise uno actu, nichts verderben. Ansonsten gäbe es immer nur Tausch von Waren mit gleichen Verfallskurven, also Gold in Silber, 1-jähriges Kalb und 1-jähriges Kalb.
>11.
>Auch lokale Gelder sind Gelder, und alle ersten Gelder waren lokale Gelder. In der Steinzeit war es nicht üblich, per Flugzeug um die Welt zu jetten, und den Indianer interessierte es nicht, ob sein Geld auf den Fidschis etwas wert war. Ein paar Dörfer weiter, das reichte.
Es geht nicht ums Lokale, wie klein es gewesen sein mag, sondern darum, wie aus dem Lokalen etwas Überlokales (Überregionales) werden konnte. Abgesehen davon reden wir hier von Stammesgesellschaften ohne Privateigentum. Erst das Privateigentum (Grund, Gold) macht aus dem Lokalen Überlokales im oft genug beschriebenen Ablauf. Besicherter Boden in Athen machte den Boden auch für Römer als Unterlegung eines Kredit akzeptabel. Wenn mir jemand Boden in Usbekistan als Besicherung anbietet, wird für mich daraus kein Geld, nach wie vor nicht.
Es muss also immer zur"Ausbreitung" der Akzeptanz von Sicherheiten kommen. Wenn der erste Schuldkontrakt von einem Dritten mit etwas besichert worden wäre, für das sich kein Vierter, Fünfter usw. interessiert - nix Geld!
>12.
>Daran, daß Notenbanken Gold halten, kann man doch erkennen, daß es keine normale Ware ist, sondern eine, die irgendetwas mit Geld zu tun hat.
"Irgendetwas"? Ja durchaus. Es galt bis Ende Sechziger als Besicherung der US-Dollar (konkret: Dollarforderungen, die sich gegen die USA richteten). Aber das ist vorbei. Jetzt haben wir keinerlei"Anker" mehr für irgendein Kreditsystem außer dem schwammigen"gesetzliches Zahlungsmittel".
>Die Notenbanken sind kein 'Tante Emma Laden', in dem sich neben Käse, Socken und Bier auch etwas Gold befindet.
Käse = Staatspapiere. Socken = Devisenreserven. Bier = Scheidemünzen. Sehr schön erkannt.
>13.
>Was für eine Erklärung des Brautpreises!
Irgendwer muss ihn ja für irgendetwas kassiert haben. Die Frau selbst, um ihren Beruf an den Nagel zu hängen? Der Zuhälter? Das Bordell?
>Und wahrhaft debitistisch: Die Ehefrau wird später verliehen werden, deswegen muß bei der Eheschließung der Brautpreis bezahlt werden. ;-)
>Den Brautpreis gibt es bis heute, u.a. in Afrika. Sein Wert ist oft sehr hoch, z.B. 20 Rinder, also für die Leute ein Vermögen. Es handelt sich somit nicht bloß um einen Brauch, sondern um einen wirtschaftlichen Vorgang.
Ganz genau. Und was ist auf der anderen Seite mit der"Mitgift"?
>Der Brautpreis ist u.a. deshalb für die Geldentstehung von Bedeutung, da Völkerkundler, die sich meist nicht sonderlich um geldtheoretische Dinge kümmern, ihn detailliert beschreiben.
Der"Brautpreis"? Völkerkundler sprechen also vom"Preis", obwohl sie Preise nur erklären könnten, indem sie mit Geld, Märkten usw. operieren. Offenbar verwechseln sie einen Brautkauf mit einem Brauttausch.
>Wir finden also z.B. ein Volk, bei dem der Preis, sagen wir, 10 Schweine ist, und ein Volk in der entfernteren Nachbarschaft, bei dem er 5 Schweine und dazu eine bestimmte Menge Schmucks beträgt, und ein drittes, bei dem nur 'Schmuck' (also beginnendes Warengeld) gezahlt wird. Bei weiteren dann hat der Brautpreis gar keine Schmuck-, sondern nur noch Geldform, wobei etwa fünfzigtausend Federn zu einem häßlichen Bündel zusammengebunden werden, das auch nie gelöst oder anderweitig als Schmuck getragen wird. Wir können also am Brautpreis gut sehen, inwieweit sich eine Ware als Geld herausgebildet hat.
Die Ware ist nach wie vor ein Tauschgut geblieben. Wenn ich das Bündel nicht aufschnüren kann ("nie gelöst") oder mit dem ganzen Haufen auch sonst nicht bezahlen kann, wo ist dann das"Geld"?
>Kann man debististisch erklären, wieso der Vermögensübertrag, der bei der Hochzeit vom Bräutigam und seiner Familie an die Eltern der Braut zu leisten ist, der sogenannte Brautpreis, bei manchen Völkern vor allem aus Produktionsmitteln (Tieren) besteht, bei anderen zusätzlich aus Schmuck, und bei dritten aus ganz merkwürdigen Dingen, die potthäßlich sind, aber schöner Schmuck sein könnten, wenn man sie nicht absichtlich zu potthäßlichen Dingen machte?
Der Debitismus kommt dann um die Ecke, wenn das Tauschgut Braut nicht dem entspricht, was der Freieinde sich vorgestellt hat. Warum muss der Brautpreis wieder herausgerückt werden, sobald die Braut (dann Frau) wieder zurück kehren muss?
>Was ist das Federgeld in Deinen Augen?
Ein Tauschgut.
>Wieso müssen auf Inseln Polynesiens eine halben Million Federn am Hochzeitstag geleistet werden?
Sie werden mit der Braut getauscht. Die"Leistung" Braut ist ihre Existenz (von den Eltern erbracht), die"Leistung" Feder ist das Sammeln derselben.
>Als Buchführungshilfsmittel, für die Anzahl der Freier der Braut? Die Arme!
>Für Federgeld gilt das gleiche wie für Muschelgeld, die Rechengeldtheorie funktioniert nicht so recht.
Funktioniert perfekt, siehe noch Mal Tabarellis"Zeichen-Geld" (die Bronzemuschel war der Wert, die Schnecken selbst die Verbuchung desselben).
>14.
>Nehemia 5,11 nennt Geld, Getreide, Most und Ã-l. 7,70 weist auf die Existenz von Geld in Form von Silber (nach Gewicht) hin, wie in Babylon.
Das war Silber als Ware und wie jede andere abwiegbare Ware auch kein Geld. Das war erst der besicherte Kontrakt über die Lieferung bzw. (Rück-)zahlung der Ware.
>15.
>Außenhandel, also z.B. Karavanenhandel oder auch ein mehrtätiger Fußmarsch, ist zwar zeitaufwendig, kommt aber bei den meisten Völkern vor, auch bei steinzeitlichen. Bei letzteren spielt wiederum der Binnenhandel (also innerhalb des Dorfes) wegen Selbstversorgens und Teilens keine rechte Rolle.
Richtig. Dann ist Geld der besicherte Außenhandelskontrakt. Ansonsten ist es Außenhandelstausch. Und bitte nicht die Zeit vergessen, siehe das Karawanenbeispiel und das Zinsverbot durch Mohammed (riba = Verdoppelung der Verdoppelung = Wucher, wenn der Kontrakt nicht termingerecht erfüllt wurde).
>Die Bedeutungslosigkeit des Kleibinnenhandels erklärt auch, weshalb erste Gelder einen relativ hohen Wert repräsentierten.
Es waren international tauschbare Waren, wie die Großsilbermünzen, die die Ägypter, siehe Assyud-Hort, nur gegen Gewicht nahmen.
>16.
>Natürlich gibt es Entwicklung, auch beim Buchdruck. Daß Gutenberg einen Sprung einleitete, ist klar, aber danach blieben die Dinge doch nicht stehen.
Und ob sie stehen blieben! Gutenbergs Haupterfindung, das Handgießinstrument, war noch in diesem Jahrhundert gebräuchlich. Noch heute lernen junge Drucker in der Lehre genau so zu drucken wie 1450.
>17.
>Durch Inversion kommt es zwar oft zur richtigen Kritik, aber kommt es auch zur rechten Erkenntnis?
Nein."Recht" ist moralisch und wertend. Ich will's nur ganz einfach richtig.
>Wenn es kein Warengeld mehr gibt, was stört Dich dann so daran, daß es aus dem Tausch entstanden ist? Mal unabhängig von der Frage, was stimmt...
Aus dem Tauschen ist die Kreditwirtschaft entstanden und die haben wir bis heute. Aber um zu verstehen, was ein Kredit (und damit Geld) ist, können wir entweder weiterhin immer auf frühere Kredite rekurrieren (Kredit auf Kredit usw.; siehe mein gestriges Posting zur"Erstausstattung" mit DM-Geld - ebenfalls per Kredit) oder wir fangen mit einer Ware an. Da das Kredit-auf-Kredit-System heute zu schweitern droht, muss die Alternative geprüft werden (letztlich Goldwährung). Aber die können wir nur inszenieren, wenn wir die Kredit-, Besicherungs- und Geldentstehungsphänomene begreifen.
>18.
>Zur Abrundung, wie erklärt eine Geldentstehungstheorie, nur auf Kredit basierend:
Die geht ja offenbar schief. Wir brauchen also eine Geldentstehungstheorie, die auf die Ware zurückgeht. Aber dies war immer nur die Ware und als Ware nicht Geld.
>a.) Die große Zahl an Muscheln, Federn etc., die für Buchführungszwecke viel zu hoch ist.
Wenn viel zu hoch - dann eben Warentausch. Die Braut muss man dann leider auch als"Ware" betrachten (siehe oben).
>b.) Die Aufgabe des Schmuckgebrauchs bei Schmuckgegenständen, etwa von
>Federschmuck zu Federnrollen, oder von Silberschmuck zu Silberbarren.
Schmuck muss produziert sein = Zeitphänomen = Zeitüberbrückungsphänomen = Kreditvorgang.
>c.) Die Funktionsweise des Fernhandels, in dem Darlehen faktisch unmöglich sind, und bei dem sich nicht immer die Waren paarweise zusammenfinden lassen.
Gerade beim Fernhandel ist der Kredit das Entscheidende, vgl. usführlich Patricia Crone: Meccan Trade and the Rise of Islam, Oxford 1987, 87 ff. Die Karawanenfinanzierung wurde mit Hilfe von Schuldtiteln abgewickelt, die auf Termin gehandelt wurden.
>d.) Wieso lauten in Babylon so viele Darlehen gänzlich oder teilweise auf Silber, wenn dieses nicht auch aus anderem Grunde bereits Geld war?
Es war eine Ware, die dem Empfänger bei Rückzahlung die Wahl ließ, entweder sie auszugeben (in sofort verbrauchsfertige Waren zu tauschen) oder zu warten.
>e.) Wieso wurden durch bloßes Beleihen in Babylon große Mengen Silbers nicht mehr als Schmuck gebraucht, wieso werden Unmengen an Federn dem Schmucknutzen entzogen?
Das Babylon-Silber wurde per Feudalsystem vom Herrscher abgefordert ("Tribute") und in der zentralen Sammelstelle (Tempel usw.) aufbewahrt. Alexander der Große hat in Persepolis maximale Mengen heben können, siehe seine Mega-Prägungen danach. Ähnlich auch die Tempelschätze von Jerusalem, u.v.a. mehr. Die Federn waren Tauschgut, kein Geld.
>f.) und wieso lauten in Babylon die Darlehen nicht auf haltbare Ziegel, Standardgröße, 30 Tage sonnengetrocknet, wenn es nur ums Beleihen ging?
Es gibt vermutlich auch solche Kontrakte. Aber Silber kriegst Du so schnell nicht aus der Welt wie Ziegel, siehe Ausgrabungsbefunde.
>Fragen über Fragen, und die Antworten finden sich...
>... auf der anderen Seite der Medaille?
Lass' uns doch eine Seite nach der anderen betrachten. Zumal bei einseitigen Geprägen! ;-)
>19.
>Wo sind eigentlich die Tonkapseln geblieben? Besteht Einigkeit, daß es vermutlich Darlehensurkunden waren, die für gewöhnlich nicht übertragen wurden?
Dann hätten sie nicht so kompliziert konstruiert sein müssen. Ein Darlehensvertrag allein hätte genügt (ohne den"Sicherheitsfaden"), denn der war bereits vom Schuldner gesiegelt. Und fälschungssicher für den Gläubiger (der ihn ohnehin besaß) und für den Schuldner auch, der die Kopie hatte.
Es gab im englischen MA"Talleys" - das waren so abgebrochene Stöcke, dass beide Enden zusammen passen mussten, sonst kam keine Partei zum Schuss. Ähnlich wurden die ersten Banknoten mit"Wellenschnitt" versehen, damit man sehen konnte: echt (denn unecht hätte die Welle nicht gepasst).
>>Gruß und sorry, das erste war doch viel schöner und detaillierter. Trän...
>Das nächste Mal schmeiß' ich meinen Beitrag weg zum Ausgleich...
>Gruß, Dimi
Ach, Dimi,
wir lernen täglich was dazu.
Gruß
d.
<center>
<HR>
</center> |
Dimi
13.06.2001, 21:25
@ dottore
|
Re: Neunzehn (nun weniger) Kleinigkeiten zu Tausch, Geschenk u. Schuld - Dottore |
Hallo Dottore!
1.
>Warum bleibst Du nicht Bei der Banknote? Sie sieht wie eine Ware aus, ist es aber nicht. Daher wird mit der Note auch nicht getauscht, sondern die Note wird zediert. Wer sollte Zessionen sehen können?<
Bleiben? Neues Thema! Banknote: Aus Kreditsicht ist sie nur formal ein Kredit, aus Geldsicht ist sie nur Geld. Das meint, sie ist insofern kein Kredit mehr, da bei ihr der Schuldner keine Rolle mehr spielt (durch das Umlaufen ist die Notenbank de facto entschuldet!). Und sie ist insofern Geld, als es bei ihr zu vielen Bezahlvorgängen kommt (sie also von einer Hand zur nächsten läuft, zum"Tauschen").
Sie ist aber kein"echtes" Bargeld, wie man früher sagte (z.B. Silberstüke), denn dieses hat tatsächlich keinen Schuldner, während die Note nur de facto keinen hat (d.h. er spielt keine Rolle), de jure aber doch (worauf Du nicht müde wirst aufmerksam zu machen, seit Du vor vielen Jahren eine Unterschrift auf einer Banknote entdeckt hast;-)).
Direkt sieht man weder die Zession noch den Tausch. Beides sind unsere Abstraktionen.
2.
>Er kann das Gold mit anderen Waren tauschen. Er kann aber auch einen besicherten Kreditschein über das Gold ausstellen und das Gold behalten. Was wird er lieber tun?<
Kennst Du wenigstens einen Fall, in dem in Babylon Silber beliehen wurde? (Also kein Kredit auf Silber lautend, das war oft der Fall, denn das Silber wurde ausbezahlt, denn es war das Warengeld).
3.
>Der Tasuch kann gleichzeitig stattfinden (ergo kein neuer Kredit), und wann gegessen wird, ist egal (der mit dem Fisch muss eher essen, denn Honig ist hatbarer). Es kommt nicht auf den gleichzeitigen Konsum an, sondern darauf, das durch den Tausch (Schuldrecht!) die beideitig getauschte Ware als endgültig geliefert akzeptiert wird.
Nur weil Dinge juristisch dem Schuldrecht zugeordnet werden, muß es nicht sinnvoll sein, ökonomisch von Kredit zu sprechen.
4.
>>a.) Schenken ist in Fällen der Not und gegenüber Fremden via Brauchtum eine Art Sozialversicherung bzw. Reiseermöglichung; man kann erwarten, gleiches zu erhalten, von wem auch immer.
>Beschenktwerden - siehe das Buch von Sitta von Reden - wollte man in archaischen Zeiten eben gern vermeiden ("Debt avoidance"!).
Hier war nicht das Schenken gemeint, das einen Kredit darstellt (bei c./Schenken als Leihen), sondern z.B. die Gastfreundschaft (die natürlich in c. übergehen kann).
>>b.) Schenken ist in Fällen des kurzfristigen Gegengeschenks (ähnlich Herodots Strandszene) eine Form des Tauschs.
>Bei Herodots Strandszene hast Du das Wichigste unterschlagen: Dass sich beide Parteien durch Mehrung bzw. Minderung des zu Tauschenden allmählich dem Tausch-Optimum angenähert haben.
Und was ändert das am Tauschcharakter des Vorgangs?
Vergleichbare Vorgänge haben Europäer in den vergangenen Jahrhunderten übrigens immer wieder mit Ureinwohnern gemacht.
5.
>Sahlins ("Stone Age Economics," London 1972, 142 ff.) weist darauf hin, dass der"hau" mehr ist als von Mauss vermutet worden war: Er erhöht seinen Wert dadurch, das immer weiter geschenkt wird, wobei es aber nie zum ersten Schenker zurückkehren darf. Damit sind wir vom"Geld" ganz weit entfernt, das, da es eine verbriefte Schuld ist, in Form der fixierten Schuld wieder zum Erstgläubiger zurückkehren muss. Mit irgendetwas muss der Erste schließlich bedient wrden.
Mauss, Die Gabe, 1968, S. 32, übermittelt den Bericht eines Maori:"...Sie besitzen einen Gegenstand und geben ihn mir... ohne Preis... Nun gebe ich diesen Gegenstand einen Dritten... der nach einer gewissen Zeit beschließt, irgendetwas als Zahlung dafür zu geben... Und dieser Gegenstand, den er mir gibt, ist der Hau des Gegenstandes, den ich von ihnen bekommen habe und den ich ihm gegeben habe... muß ich Ihnen zurückgeben... Wenn ich diesen zweiten Gegenstand für mich behalten würde, könnte mir Böses daraus entstehen, ganz bestimmt, sogar der Tod..."
Es ist also genau umgekehrt. Der Hau des Gegenstandes sorgt dafür, daß der Erstgläubiger bedient wird. Hinter den Geistern der Gegenstände liegen rationale wirtschaftliche Erwägungen, die die Stammesältesten hinter Geistern verpackt haben, damit sich die Leute daran halten. Die Vorstellungen sind unseren nicht unähnlich.
7.
>>Das Schenken ist eine Form, deren wirtschaftlicher Hintergrund mindestens drei unterschiedliche Dinge umfaßt (s. 4 a,b,c). Nur eine davon ist das Leihen.
>Das Schenken kann ich historisch nur als eine Form des den anderen"Verpflichtet"-Machen" erkennen.
Tja, da spalten sich schon wieder die Sichtweisen. Während sich für mich hinter dem Schenken mehrere Dinge verbergen, siehst Du nur die Verpflichtung.
8.
>Sachen - Waren - Zeitemfinden - Märkte - Schenken - Tauschen - Zeitüberbrückung - Zins - Leihvertrag zunächst ohne, dann mit unterlegter Sicherheit usw. Das alles sind nicht Teilaspekte (simultan) einer Wirtschaft, sondern entwickeln sich sukzessive in der Wirklichkeit. Hier wird nicht mit einem fiktiven Ganzen gearbeitet (Stock), sondern mit einem Flow.
>Mit absolut nachvollziehbar, in Theorie und Wirklichkeit. Dir nicht?
Stock und flow sind gleichermaßen real. Wie könnte es das eine ohne das andere geben? Fluß, bleib' stehen!, oder: Eine Bootsfahrt ohne Wasser!
9.
>Bei Tabarelli sehen wir sehr schön"Kaurischnecke" und dann"Zeichengeld - Kauriimitation, Bronze"). Was war billiger ("wertloser"): Die jederzeit zu findende Schnecke oder die schwer zu fabrizierende Bronze? Und wenn die Bronze-Kauri nur ein Rechengeld für die seltenere (wertvollere, höher geschätzte) Muschel gewesen sein soll - auf welche Kaurischnecke hat sich die immer gleich aussehende Bronze-Kauri bezogen? Auf die violette, auf die gelbe (sie müssen doch unterschiedlichen Wert gehabt haben, denn wie sonst hätten sie überhaupt einen Wert haben können?).
Abhängig von Gegend und Zeit waren z.B. drei Schnecken ein Schwein wert oder z.B. 100000 ein Maß für Wohlstand. Bronzeschnecken wurden erst eingeführt, als Schnecken schon Geld waren.
10.
>>Zur Verdeutlichung nochmal der Unterschied zur Tauschmittelherleitung: Bei ihr wird während des Vorgangs, also des Tauschprozesses, darauf geachtet, daß die Ware nicht verdirbt, indem eine unverderbliche Ware gewählt wird.
>Während des Tauschvorgangs kann, da üblicherweise uno actu, nichts verderben.
Der Kredit hat die Zeit nicht für sich gepachtet. Auch beim Tauschen läuft Zeit ab. Heutzutage sind es z.B. Münzen, sie liegen tagelang im Geldbeutel und man ist doch froh, daß sie nicht verderben.
>Ansonsten gäbe es immer nur Tausch von Waren mit gleichen Verfallskurven, also Gold in Silber, 1-jähriges Kalb und 1-jähriges Kalb.
?
11.
>>Auch lokale Gelder sind Gelder, und alle ersten Gelder waren lokale Gelder. In der Steinzeit war es nicht üblich, per Flugzeug um die Welt zu jetten, und den Indianer interessierte es nicht, ob sein Geld auf den Fidschis etwas wert war. Ein paar Dörfer weiter, das reichte.
>Es geht nicht ums Lokale, wie klein es gewesen sein mag, sondern darum, wie aus dem Lokalen etwas Überlokales (Überregionales) werden konnte. Abgesehen davon reden wir hier von Stammesgesellschaften ohne Privateigentum. Erst das Privateigentum (Grund, Gold) macht aus dem Lokalen Überlokales im oft genug beschriebenen Ablauf. Besicherter Boden in Athen machte den Boden auch für Römer als Unterlegung eines Kredit akzeptabel. Wenn mir jemand Boden in Usbekistan als Besicherung anbietet, wird für mich daraus kein Geld, nach wie vor nicht.
>Es muss also immer zur"Ausbreitung" der Akzeptanz von Sicherheiten kommen. Wenn der erste Schuldkontrakt von einem Dritten mit etwas besichert worden wäre, für das sich kein Vierter, Fünfter usw. interessiert - nix Geld!<
Ich hatte Warengelder im Sinn.
12.
>>Daran, daß Notenbanken Gold halten, kann man doch erkennen, daß es keine normale Ware ist, sondern eine, die irgendetwas mit Geld zu tun hat.
>"Irgendetwas"? Ja durchaus. Es galt bis Ende Sechziger als Besicherung der US-Dollar (konkret: Dollarforderungen, die sich gegen die USA richteten). Aber das ist vorbei. Jetzt haben wir keinerlei"Anker" mehr für irgendein Kreditsystem außer dem schwammigen"gesetzliches Zahlungsmittel".
>>Die Notenbanken sind kein 'Tante Emma Laden', in dem sich neben Käse, Socken und Bier auch etwas Gold befindet.
>Käse = Staatspapiere. Socken = Devisenreserven. Bier = Scheidemünzen. Sehr schön erkannt.
;-)
13.
>Ganz genau. Und was ist auf der anderen Seite mit der"Mitgift"?
Mitgift kommt viel später, entsprechende Gesellschaften haben da schon lange Geld.
>Offenbar verwechseln sie einen Brautkauf mit einem Brauttausch.
Es werden da keine Bräute getauscht ;-)
>Die Ware ist nach wie vor ein Tauschgut geblieben. Wenn ich das Bündel nicht aufschnüren kann ("nie gelöst") oder mit dem ganzen Haufen auch sonst nicht bezahlen kann, wo ist dann das"Geld"?
Eben da! Wenn ein Schmuckgut seine Schmuckeigenschaft verliert, dann muß es sich um etwas neues handeln. Und dieses neue heißt Geld.
Erst war der Schmuck Schmuck. Dann wurde Schmuck zunehmend als Zwischentauschgut verwendet, also als Schmuck und Geld gleichermaßen. Und dann nur noch als Geld.
Diese Entwicklung erklärt, daß der Schmuck seine Funktion gänzlich verliert. Federgeld (aber auch Barren usw.) kann häßlich sein, denn es wird nicht mehr als Schmuck verwendet. Es werden hübsche Federn gesammelt, zu häßlichen Ringen gebunden, und dann verbleichen auch noch die Farben im Laufe der Jahre. Die Federn werden nie als Schmuck verwendet.
Anmerkung: Mit dem"nie gelöst" wollte ich nur ausdrücken, daß die Federn nicht entnommen werden um z.B. Schmuck zu erzeugen. Ob Federringe geteilt wurden ist mir im Moment nicht erinnerlich.
>>Kann man debististisch erklären, wieso der Vermögensübertrag, der bei der Hochzeit vom Bräutigam und seiner Familie an die Eltern der Braut zu leisten ist, der sogenannte Brautpreis, bei manchen Völkern vor allem aus Produktionsmitteln (Tieren) besteht, bei anderen zusätzlich aus Schmuck, und bei dritten aus ganz merkwürdigen Dingen, die potthäßlich sind, aber schöner Schmuck sein könnten, wenn man sie nicht absichtlich zu potthäßlichen Dingen machte?
>Der Debitismus kommt dann um die Ecke, wenn das Tauschgut Braut nicht dem entspricht, was der Freieinde sich vorgestellt hat.
Das erklärt aber nicht den Gebrauch von häßlichem Ex-schmuck.
>Warum muss der Brautpreis wieder herausgerückt werden, sobald die Braut (dann Frau) wieder zurück kehren muss?
Weil die Frau dann immer noch einen Wert hat.
>>Wieso müssen auf Inseln Polynesiens eine halben Million Federn am Hochzeitstag geleistet werden?
>Sie werden mit der Braut getauscht. Die"Leistung" Braut ist ihre Existenz (von den Eltern erbracht), die"Leistung" Feder ist das Sammeln derselben.<
Der Käufer zahlt doch nur den Wert, den etwas für ihn hat. Also: Wieso wollen die Brauteltern, die Erwerber des Brautpreises, eine halbe Million Federn und nicht zwanzig Schweine?
>>Für Federgeld gilt das gleiche wie für Muschelgeld, die Rechengeldtheorie funktioniert nicht so recht.
>Funktioniert perfekt, siehe noch Mal Tabarellis"Zeichen-Geld" (die Bronzemuschel war der Wert, die Schnecken selbst die Verbuchung desselben).
Was wird beim Brautkauf Deiner Meinung nach überhaupt gebucht? Und wieso kommt es (regional) zu diesen extrem hohen Zahlen an Federn, Muscheln usw.?
14.
>Das war Silber als Ware und wie jede andere abwiegbare Ware auch kein Geld. Das war erst der besicherte Kontrakt über die Lieferung bzw. (Rück-)zahlung der Ware.
Nehemia 5,11 spricht von 'Schuldforderung an Geld und Getreide...'. Was soll Geld hier anderes sein als Warengeld?
15.
>Richtig. Dann ist Geld der besicherte Außenhandelskontrakt. Ansonsten ist es Außenhandelstausch. Und bitte nicht die Zeit vergessen, siehe das Karawanenbeispiel und das Zinsverbot durch Mohammed (riba = Verdoppelung der Verdoppelung = Wucher, wenn der Kontrakt nicht termingerecht erfüllt wurde).
Im Außenhandel kommt es also zum Tausch. Bei der Distanz bereiten Kredite Probleme (zwischen den Außenhandelspartnern ist gemeint; zwischen den Betreibern der Karawane kann es natürlich Kredite geben).
Da es mehr als zwei Waren gibt ist es klar, daß es dem Handelsreisenden nicht immer gelingt, exakt die zwei gewünschten Waren auszutauschen (heutzutage fahren 30% (?) der LKW leer durch die Gegend). Spricht nun etwas dagegen, daß eine Ware, z.B. aufgrund hoher Haltbarkeit und geringen Gewichts, bevorzugt als Zwischentauschgut angenommen wird?
Wenn nein: Spricht etwas dagegen, eine Ware als Geld zu bezeichnen, wenn sie - sich als bevorzugtes Zwischentauschgut etabliert hat,
- wenn sie wertvoller geworden ist (da sie als Zwischentauschgut nachgefragt wird), und
- wenn sie ihre ursprüngliche Form durch Gebrauch als Zwischentauschgut verloren hat?
17.
>>Durch Inversion kommt es zwar oft zur richtigen Kritik, aber kommt es auch zur rechten Erkenntnis?
>Nein."Recht" ist moralisch und wertend. Ich will's nur ganz einfach richtig.
Sorry für die Wortwahl.
18.
>>Zur Abrundung, wie erklärt eine Geldentstehungstheorie, nur auf Kredit basierend:
>Die geht ja offenbar schief. Wir brauchen also eine Geldentstehungstheorie, die auf die Ware zurückgeht. Aber dies war immer nur die Ware und als Ware nicht Geld.<
Darf ich hier einen Schritt sehen? - Und wenn wir nun dem Kind einen Namen geben: Ein Zwischentauschgut, das seine ursprüngliche Funktion (meist Schmuck) verliert zugunsten der neuen (Wertspeicherung beim Tausch), nennen wir so, wie es schon Nehemia tat: Geld.
Denn einen eigenen Namen hat das Kind doch verdient. Und weil"Geld" nunmal so üblich ist, nennen wir es doch so. Und zu Unterscheidungszwecken sprechen wir von Warengeld anstelle von Kreditgeld.
>Wenn viel zu hoch - dann eben Warentausch. Die Braut muss man dann leider auch als"Ware" betrachten (siehe oben).
Die Wertung scheint nahe zu liegen, berücksichtigt aber nicht, daß der Brautpreis wirtschaftlicher Teil eines Regelssystems ist. Er sorgt durch seine Höhe dafür, daß der Mann sich bindet, und so zur Versorgung der Kinder beiträgt.
>>... auf der anderen Seite der Medaille?
>Lass' uns doch eine Seite nach der anderen betrachten. Zumal bei einseitigen Geprägen! ;-)
Die aber sehr selten sind, und ist es dann die Vorderseite, oder die Rückseite? ;-)
19.
>>Wo sind eigentlich die Tonkapseln geblieben? Besteht Einigkeit, daß es vermutlich Darlehensurkunden waren, die für gewöhnlich nicht übertragen wurden?
>Dann hätten sie nicht so kompliziert konstruiert sein müssen.
Ich versteh' immer noch nicht, wieso die sich das Kugelsystem ausgedacht haben sollen, wenn es Geld sein sollte, da es nur einmal funktionieren konnte.
Die Kugeln sichern anscheinend die Zahleninformation vor (Ver-)Fälschung. Ein geniales, und zugleich auch simples System (also früh?). Da die Sicherungsinformation nur einmal abgelesen werden konnte, wirkte sie nicht bei Zessionen.
Vielleicht sind die Kugeln aber auch was ganz anderes (Kinderrasseln ;-)).
>Ach, Dimi,
>wir lernen täglich was dazu.
Ach? Uff!
Gruß, Dimi
<center>
<HR>
</center> |
dottore
14.06.2001, 15:56
@ Dimi
|
Re: Dazu noch a bisserl Babylon (interessant!), Völkerkunde usw.: |
>Hallo Dottore!
>1.
>>Warum bleibst Du nicht Bei der Banknote? Sie sieht wie eine Ware aus, ist es aber nicht. Daher wird mit der Note auch nicht getauscht, sondern die Note wird zediert. Wer sollte Zessionen sehen können?<
>Bleiben? Neues Thema!
Ich hatte im ersten Posting die Banknote ausdrücklich erwähnt, sorry.
>Banknote: Aus Kreditsicht ist sie nur formal ein Kredit, aus Geldsicht ist sie nur Geld. Das meint, sie ist insofern kein Kredit mehr, da bei ihr der Schuldner keine Rolle mehr spielt (durch das Umlaufen ist die Notenbank de facto entschuldet!). Und sie ist insofern Geld, als es bei ihr zu vielen Bezahlvorgängen kommt (sie also von einer Hand zur nächsten läuft, zum"Tauschen").
Kreditsicht? Der Kredit, gegen den Banknoten ausgegeben werden, läuft 3 Monate. Dann muss die Note zurück in die NB. Da es aber neue Kredite gibt und die ZB sie wieder reinnimmt, bleiben die Noten der Einfachheit halber draußen (bis sie abgenutzt sind).
Geldsicht? Banknoten-Wanderung von Hand zu Hand = Zession, und eben kein Tausch! Sieht nur so aus.
>Sie ist aber kein"echtes" Bargeld, wie man früher sagte (z.B. Silberstüke), denn dieses hat tatsächlich keinen Schuldner, während die Note nur de facto keinen hat (d.h. er spielt keine Rolle), de jure aber doch (worauf Du nicht müde wirst aufmerksam zu machen, seit Du vor vielen Jahren eine Unterschrift auf einer Banknote entdeckt hast;-)).
Silber hat Schulder via Herstellung. Note hat den Schuldner, der sich hinter der"Sicherheit" (Schuld) verbirgt, die die ZB gg. Ausgabe der Note akzeptiert.
>Direkt sieht man weder die Zession noch den Tausch. Beides sind unsere Abstraktionen.
Der"Tausch" gilt aber als ausgemacht (daher das"Tauschmittel", das durch alle Lehrbücher geistert).
>2.
>>Er kann das Gold mit anderen Waren tauschen. Er kann aber auch einen besicherten Kreditschein über das Gold ausstellen und das Gold behalten. Was wird er lieber tun?<
>Kennst Du wenigstens einen Fall, in dem in Babylon Silber beliehen wurde? (Also kein Kredit auf Silber lautend, das war oft der Fall, denn das Silber wurde ausbezahlt, denn es war das Warengeld).
Den suche ich gerade ;-). Mal sehen, was ich finde.
Bisher nur so etwas (übrigens noch Mal:"Ware", nicht"Warengeld"):
Contract for Loan of Money, Fourteenth year of Nabopolassar, 611 B.C.
This is a mortgage on real estate in security for a loan. The interest was at the rate of eleven and one-third per cent.
"ONE mana of money, a sum belonging to Iqisha-Marduk, son of Kalab-Sin, (is loaned) unto Nabu-etir, son of _____, son of _____. Yearly the amount of the mana shall increase its sum by seven shekels of money. <font color="FF0000">His field near the gate of Bel is Iqisha-Marduk's pledge.</font> (This document bears the name of four witnesses, and is dated) at Babylon, Tammuz twenty-seventh, in the fourteenth year of Nabopolassar, (the father of Nebuchadnezzar)."
Contract for Loan of Money, Sixth year of Nebuchadnezzar II, 598 B.C.
The rate of interest in this case was thirteen and one-third per cent.
"One mana of money, a sum belonging to Dan-Marduk, son of Apla, son of the Dagger-wearer, (is loaned) unto Kudurru, son of Iqisha-apla, son of Egibi. Yearly the amount of the mana shall increase its sum by eight shekels of money. Whatever he has in city or country, as much as it may be, is pledged to Dan-Marduk. (The date is) Babylon, Adar fourth, in Nebuchadnezzar's sixth year."
Contract for Loan of Money, Fifth year of Nabonidus, 550 B.C.
This loan was made Aru third, in the fifth year of Nabonidus. No security was given the creditor, but he received an interest of twenty per cent.
"One and a half manas of money belonging to Iddin-Marduk, son of Iqisha-apla, son of Nur-Sin, (is loaned) unto Ben-Hadad-natan, son of Addiya and Bunanit, his wife. Monthly the amount of a mana shall increase its sum by a shekel of money. From the first of the month Siman, of the fifth year of Nabonidus, King of Babylon, they shall pay the sum on the money. The call shall be made for the interest money at the house which belongs to Iba. Monthly shall the sum be paid."
Immerhin (in etwa) der Beweis: a) für die H/S-Theorie ("Geld" auf der Basis von besicherter Schuld) und b) bei unbesichertem Kredit (3. Fall) steigen die Zinssätze stark an (20 %!).
Quelle: George Aaron Barton,"Contracts" in Assyrian and Babylonian Literature: Selected Transactions, With a Critical Introduction by Robert Francis Harper (New York: D. Appleton & Company, 1904), pp. 256 ff., entdeckt vom tüchtigen Paul Halsall (Fordham).
>3.
>>Der Tausch kann gleichzeitig stattfinden (ergo kein neuer Kredit), und wann gegessen wird, ist egal (der mit dem Fisch muss eher essen, denn Honig ist hatbarer). Es kommt nicht auf den gleichzeitigen Konsum an, sondern darauf, das durch den Tausch (Schuldrecht!) die beideitig getauschte Ware als endgültig geliefert akzeptiert wird.
>Nur weil Dinge juristisch dem Schuldrecht zugeordnet werden, muß es nicht sinnvoll sein, ökonomisch von Kredit zu sprechen.
Ist aber nun mal so. Wir können die Ã-konomie nicht von der Juristerei trennen, weil Ã-konomie immer nur auf der Vollstreckbarkeit von Forderungen basieren kann, es sonst nämlich keine wäre.
>>>b.) Schenken ist in Fällen des kurzfristigen Gegengeschenks (ähnlich Herodots Strandszene) eine Form des Tauschs.
>>Bei Herodots Strandszene hast Du das Wichigste unterschlagen: Dass sich beide Parteien durch Mehrung bzw. Minderung des zu Tauschenden allmählich dem Tausch-Optimum angenähert haben.
>Und was ändert das am Tauschcharakter des Vorgangs?
Nichts natürlich. Es ist und bleibt Tausch. Aber Schenken ist nicht Tauschen.
>5.
>>Sahlins ("Stone Age Economics," London 1972, 142 ff.) weist darauf hin, dass der"hau" mehr ist als von Mauss vermutet worden war: Er erhöht seinen Wert dadurch, das immer weiter geschenkt wird, wobei es aber nie zum ersten Schenker zurückkehren darf. Damit sind wir vom"Geld" ganz weit entfernt, das, da es eine verbriefte Schuld ist, in Form der fixierten Schuld wieder zum Erstgläubiger zurückkehren muss. Mit irgendetwas muss der Erste schließlich bedient wrden.
>Mauss, Die Gabe, 1968, S. 32, übermittelt den Bericht eines Maori:"...Sie besitzen einen Gegenstand und geben ihn mir... ohne Preis... Nun gebe ich diesen Gegenstand einen Dritten... der nach einer gewissen Zeit beschließt, irgendetwas als Zahlung dafür zu geben... Und dieser Gegenstand, den er mir gibt, ist der Hau des Gegenstandes, den ich von ihnen bekommen habe und den ich ihm gegeben habe... muß ich Ihnen zurückgeben... Wenn ich diesen zweiten Gegenstand für mich behalten würde, könnte mir Böses daraus entstehen, ganz bestimmt, sogar der Tod..."
>Es ist also genau umgekehrt. Der Hau des Gegenstandes sorgt dafür, daß der Erstgläubiger bedient wird. Hinter den Geistern der Gegenstände liegen rationale wirtschaftliche Erwägungen, die die Stammesältesten hinter Geistern verpackt haben, damit sich die Leute daran halten. Die Vorstellungen sind unseren nicht unähnlich.
Mauss hat das 1925 geschrieben. Und die von mir zitierten Völkerkundler sehen den Hau nicht zum Erstschenker zurückkehren (ich sehe das bei Mauss übrigens auch nicht). Damit wäre der ja wieder neu verpflichtet. Vgl. bitte noch mal die von mit zitierte von Reden mit der <font color="FF0000">DEBT AVOIDANCE</font>, die das Urmotiv des Schenkens im archaischen Griechenland gewesen ist.
>7.
>>>Das Schenken ist eine Form, deren wirtschaftlicher Hintergrund mindestens drei unterschiedliche Dinge umfaßt (s. 4 a,b,c). Nur eine davon ist das Leihen.
>>Das Schenken kann ich historisch nur als eine Form des den anderen"Verpflichtet"-Machen" erkennen.
>Tja, da spalten sich schon wieder die Sichtweisen. Während sich für mich hinter dem Schenken mehrere Dinge verbergen, siehst Du nur die Verpflichtung.
Ich sehr auch mehrere Dinge. Aber sie sind sukzessiv entstanden. Als erstes kaum die Verpflichtung bzw. Verpflichtungsvermeidung, später die von Dir erwähnte Gastfreundschaft. Heute ist Schenken natürlich ein Mix aus allem. Ich z.B. hasse Schenken, weil ich nicht möchte, dass sich der Beschenkte verpflichtet fühlen soll. Und Beschenktwerden erst Recht. Ist mir extrem peinlich und ich muss Freude immer heucheln (Ausnahmen gibt's auch ;-)).
>
>8.
>>Sachen - Waren - Zeitemfinden - Märkte - Schenken - Tauschen - Zeitüberbrückung - Zins - Leihvertrag zunächst ohne, dann mit unterlegter Sicherheit usw. Das alles sind nicht Teilaspekte (simultan) einer Wirtschaft, sondern entwickeln sich sukzessive in der Wirklichkeit. Hier wird nicht mit einem fiktiven Ganzen gearbeitet (Stock), sondern mit einem Flow.
>>Mit absolut nachvollziehbar, in Theorie und Wirklichkeit. Dir nicht?
>Stock und flow sind gleichermaßen real. Wie könnte es das eine ohne das andere geben? Fluß, bleib' stehen!, oder: Eine Bootsfahrt ohne Wasser!
Sehr gut. Aber der stehende Fluss und die Bootsfahrt ohne Wasser sind dann beides Stock-Größen.
(...)
>Abhängig von Gegend und Zeit waren z.B. drei Schnecken ein Schwein wert oder z.B. 100000 ein Maß für Wohlstand. Bronzeschnecken wurden erst eingeführt, als Schnecken schon Geld waren.
Für mich"Tauschgegenstände", auch wenn sie offenbar eine ziemlich weit verbreitete Akzeptanz hatten. Aber: Was ist mit den unterschiedlich gefärbten Schnecken? Gab es wertvollere als der Durchschnitt? Auf welche Schnecken haben sich dann konkret die Bronzeschnecken (Verhältnis 1: x) bezogen?
Und vor allem: Gab es auch Schnecken, die man sich"leihen" konnte? Sind Kreditverträge über Schnecken überliefert?
>10.
>Der Kredit hat die Zeit nicht für sich gepachtet.
Doch, genau das ist sein Merkmal. Zeit überbrücken. Und das kostet, siehe auch mein Monster-Posting von vorhin.
>Auch beim Tauschen läuft Zeit ab. Heutzutage sind es z.B. Münzen, sie liegen tagelang im Geldbeutel und man ist doch froh, daß sie nicht verderben.
Genau das ist gemeint. Ich kann Scheidemünzen endlos halten (bis sie verrufen werden), und niemanden würde es stören. Denn es gibt keine Gegenbuchung, also keinen Schuldner der Münzen. Ganz anders bei Banknoten! Siehe oben und anderes Posting.
>>Es muss also immer zur"Ausbreitung" der Akzeptanz von Sicherheiten kommen. Wenn der erste Schuldkontrakt von einem Dritten mit etwas besichert worden wäre, für das sich kein Vierter, Fünfter usw. interessiert - nix Geld!<
>Ich hatte Warengelder im Sinn.
Waren nur, wenn sie einen Markt haben, über den sich ermitteln lässt, dass sie mehr als einen interessieren.
(...)
>Eben da! Wenn ein Schmuckgut seine Schmuckeigenschaft verliert, dann muß es sich um etwas neues handeln. Und dieses neue heißt Geld.
>Erst war der Schmuck Schmuck. Dann wurde Schmuck zunehmend als Zwischentauschgut verwendet, also als Schmuck und Geld gleichermaßen. Und dann nur noch als Geld.
Da es aufwendiger ist, Schmuck zu fabrizieren als nur Edelmetall (vormünzliches und münzliches), haben wir noch größere Finanzierungs- (= Zeitüberbrückungs)-Probleme. Kurzum: Wer zahlt den Juwelier? Und vor allem: Womit?
>Was wird beim Brautkauf Deiner Meinung nach überhaupt gebucht? Und wieso kommt es (regional) zu diesen extrem hohen Zahlen an Federn, Muscheln usw.?
Mit dem Muschel=Sklaven-Beispiel (vorhin) hast Du, glaube ich die Antwort gegeben. De Lagerstätten für Muscheln und Federn füllten sich schneller auf als Muscheln und Federn via Tausch zu verbrauchen waren.
>14.
>>Das war Silber als Ware und wie jede andere abwiegbare Ware auch kein Geld. Das war erst der besicherte Kontrakt über die Lieferung bzw. (Rück-)zahlung der Ware.
>Nehemia 5,11 spricht von 'Schuldforderung an Geld und Getreide...'. Was soll Geld hier anderes sein als Warengeld?
Eigentum (Besicherung) und Waren. Denn (5,11):
"So gebet ihnen wieder ihre Äcker, Weinberge, Ã-lgärten und Häuser, und den Hundertsten am Gelde, am Getreide, am Most und am Ã-l, das ihr an ihnen gewuchert habt".
Die Sicherheit (Teil 1) musste zurück gegeben werden und die (inzwischen vom Gläubiger kassierten) Mehrwaren (Teil 2), die sich daraus ergeben (Acker = Getreide; Ã-lgarten = Ã-l, Weinberg = Most) auch. Das mit dem"Geld" (ich müsste die Originalstelle einsehen, habe keine Hebraica zur Hand) erschließt sich mir noch nicht. Seit Genesis 17,12 kommt das blöde"Geld" vor (wo acht Jahre alte Knaben zur Beschneidung auch"gekauft" werden können und dann wie eigene Kinder sind, vermutlich ist es ein Silber-Knaben-Tausch).
<font color="FF0000">Die ältesten Griechen hatten kein Wort für"Geld". Das üblicherweise damit übersetzte"chremata" bezieht Thukydides (II, 60) auf alles, was"Besitz" heißt. Aristoteles ((Politeia, 1256 a) definiert"chrematistike" als alles, was zur Führung eines Haushalts (oikonomike) notwendig ist.</font>
Also was machen wir nun?
>15.
>Da es mehr als zwei Waren gibt ist es klar, daß es dem Handelsreisenden nicht immer gelingt, exakt die zwei gewünschten Waren auszutauschen (heutzutage fahren 30% (?) der LKW leer durch die Gegend). Spricht nun etwas dagegen, daß eine Ware, z.B. aufgrund hoher Haltbarkeit und geringen Gewichts, bevorzugt als Zwischentauschgut angenommen wird?
Gefällt mir viel besser."Gut", also Ware, Sache.
>Wenn nein: Spricht etwas dagegen, eine Ware als Geld zu bezeichnen, wenn sie - sich als bevorzugtes Zwischentauschgut etabliert hat,
>- wenn sie wertvoller geworden ist (da sie als Zwischentauschgut nachgefragt wird), und
>- wenn sie ihre ursprüngliche Form durch Gebrauch als Zwischentauschgut verloren hat?
Es ist durchaus ein"Gut dazwischen" - siehe a. mein Posting zur Zeitüberbrückungsfunktion von Edelmetall. Es ist eine Ware mit Option, sie in andere Waren tauschen zu können usw.
>18.
>>>Zur Abrundung, wie erklärt eine Geldentstehungstheorie, nur auf Kredit basierend:
>>Die geht ja offenbar schief. Wir brauchen also eine Geldentstehungstheorie, die auf die Ware zurückgeht. Aber dies war immer nur die Ware und als Ware nicht Geld.<
>Darf ich hier einen Schritt sehen? - Und wenn wir nun dem Kind einen Namen geben: Ein Zwischentauschgut, das seine ursprüngliche Funktion (meist Schmuck) verliert zugunsten der neuen (Wertspeicherung beim Tausch), nennen wir so, wie es schon Nehemia tat: Geld.
Schmuck: Siehe Herstellung (oben). Geld als Tauschgut: Ja (wieder Herstellproblem). Aber"Geld" im Sinne einer zedierbaren Forderung? Nein. Mir fehlt ganz einfach das hebräische Wort und seine Bedeutung. Es kann doch nicht sein, dass keiner mehr feststellen kann, woher das Wort kommt und welche Bedeutung es ursprünglich hatte.
Selbst wenn wir das Zwischentauschgut ex Schmuck erklären würde, hieß, was rauskommt doch nicht"Zwischentauschgut".
>Denn einen eigenen Namen hat das Kind doch verdient. Und weil"Geld" nunmal so üblich ist, nennen wir es doch so. Und zu Unterscheidungszwecken sprechen wir von Warengeld anstelle von Kreditgeld.
Verdient ja. Aber wer hat den Namen vergeben? (Beim nhd."Geld" ist alles klar, kommt von"gilt","guilt", dann"gelten", weil auch als"guilt" für andere akzeptabel).
Die Tonkapseln schmeiße ich erst mal wieder in den Sand. Mistdinger!
Gruß
d.
<center>
<HR>
</center> |
Dimi
14.06.2001, 18:06
@ dottore
|
Re: Dazu noch a bisserl Babylon (interessant!), Völkerkunde usw. - Dottore |
Hallo Dottore!
Habe wieder gekürzt.
1.
>>Direkt sieht man weder die Zession noch den Tausch. Beides sind unsere Abstraktionen.
>Der"Tausch" gilt aber als ausgemacht (daher das"Tauschmittel", das durch alle Lehrbücher geistert).
Man sieht nur die Dinge, die man sehen will. Und einer (die meisten) hat nur die Geldsicht, und ein anderer (die wenigsten) hat die Kreditsicht. Keine dieser Sichtweisen alleine kann alles erklären!
2.
>>>Er kann das Gold mit anderen Waren tauschen. Er kann aber auch einen besicherten Kreditschein über das Gold ausstellen und das Gold behalten. Was wird er lieber tun?<
>>Kennst Du wenigstens einen Fall, in dem in Babylon Silber beliehen wurde? (Also kein Kredit auf Silber lautend, das war oft der Fall, denn das Silber wurde ausbezahlt, denn es war das Warengeld).
>Den suche ich gerade ;-). Mal sehen, was ich finde.
Kleiner Tip: Du wirst nichts finden.
3.
>>Nur weil Dinge juristisch dem Schuldrecht zugeordnet werden, muß es nicht sinnvoll sein, ökonomisch von Kredit zu sprechen.
>Ist aber nun mal so. Wir können die Ã-konomie nicht von der Juristerei trennen,
Natürlich
>weil Ã-konomie immer nur auf der Vollstreckbarkeit von Forderungen basieren kann, es sonst nämlich keine wäre.
Wenn ich Kartoffeln anbaue vollstreckt der Kartoffelkäfer? ;-)
5.
>>Mauss, Die Gabe, 1968, S. 32, übermittelt den Bericht eines Maori:"...Sie besitzen einen Gegenstand und geben ihn mir... ohne Preis... Nun gebe ich diesen Gegenstand einen Dritten... der nach einer gewissen Zeit beschließt, irgendetwas als Zahlung dafür zu geben... Und dieser Gegenstand, den er mir gibt, ist der Hau des Gegenstandes, den ich von ihnen bekommen habe und den ich ihm gegeben habe... muß ich Ihnen zurückgeben... Wenn ich diesen zweiten Gegenstand für mich behalten würde, könnte mir Böses daraus entstehen, ganz bestimmt, sogar der Tod..."
>>Es ist also genau umgekehrt. Der Hau des Gegenstandes sorgt dafür, daß der Erstgläubiger bedient wird. Hinter den Geistern der Gegenstände liegen rationale wirtschaftliche Erwägungen, die die Stammesältesten hinter Geistern verpackt haben, damit sich die Leute daran halten. Die Vorstellungen sind unseren nicht unähnlich.
>Mauss hat das 1925 geschrieben. Und die von mir zitierten Völkerkundler sehen den Hau nicht zum Erstschenker zurückkehren (ich sehe das bei Mauss übrigens auch nicht). Damit wäre der ja wieder neu verpflichtet.
Der Text stammt nicht von Mauss, sondern von einem Maori! Er ist keine Interpretation eines Wissenschaftlers, und der Maori wird wohl wissen, was ein Hau ist: Der Gegenstand muß zurück.
7.
>>>>Das Schenken ist eine Form, deren wirtschaftlicher Hintergrund mindestens drei unterschiedliche Dinge umfaßt (s. 4 a,b,c). Nur eine davon ist das Leihen.
>>>Das Schenken kann ich historisch nur als eine Form des den anderen"Verpflichtet"-Machen" erkennen.
>>Tja, da spalten sich schon wieder die Sichtweisen. Während sich für mich hinter dem Schenken mehrere Dinge verbergen, siehst Du nur die Verpflichtung.
>Ich sehr auch mehrere Dinge. Aber sie sind sukzessiv entstanden. Als erstes kaum die Verpflichtung bzw. Verpflichtungsvermeidung, später die von Dir erwähnte Gastfreundschaft.
Gastfreundschaft gibt es bei altsteinzeitlichen Völkern. Was ist da früher?
>>8.
>>Stock und flow sind gleichermaßen real. Wie könnte es das eine ohne das andere geben? Fluß, bleib' stehen!, oder: Eine Bootsfahrt ohne Wasser!
>Sehr gut. Aber der stehende Fluss und die Bootsfahrt ohne Wasser sind dann beides Stock-Größen.
Stehender Fluß: Kein Flow
Bootsfahrt ohne Wasser: Kein Stock
Beides gibt es nicht.
>Auf welche Schnecken haben sich dann konkret die Bronzeschnecken (Verhältnis 1: x) bezogen?
Vermutlich: 1 Bronze = 1 Kauri
>Und vor allem: Gab es auch Schnecken, die man sich"leihen" konnte? Sind Kreditverträge über Schnecken überliefert?
Muscheln wurden geliehen (z.B. Thurnwald, Richard: Forschungen auf den Salomo-Inseln..., Band III, Berlin 1912, S. 38ff.).
10.
>>Was wird beim Brautkauf Deiner Meinung nach überhaupt gebucht? Und wieso kommt es (regional) zu diesen extrem hohen Zahlen an Federn, Muscheln usw.?
>Mit dem Muschel=Sklaven-Beispiel (vorhin) hast Du, glaube ich die Antwort gegeben. De Lagerstätten für Muscheln und Federn füllten sich schneller auf als Muscheln und Federn via Tausch zu verbrauchen waren.
Naja, das Bsp. ging über Jahrtausende ;-)
Es zeigt aber doch auch, daß Muschelgeld (Waren-)geld war und nicht ein Verrechnungsmittel.
>>14.
>vermutlich ist es ein Silber-Knaben-Tausch).
Bei den Juden gab es Silbergeld wie bei den Babyloniern. In Nehemia 5,10 wird Geld (keceph = Geld, Silber) verliehen. Das Geld ist Silber-Warengeld.
>Die ältesten Griechen hatten kein Wort für"Geld". Das üblicherweise damit übersetzte"chremata" bezieht Thukydides (II, 60) auf alles, was"Besitz" heißt. Aristoteles ((Politeia, 1256 a) definiert"chrematistike" als alles, was zur Führung eines Haushalts (oikonomike) notwendig ist.<
Wie wärs mit argurion = Geld, Silber? Verwandt mit arguros = Silber und argos = glänzend.
Oft geben die Völker dem Geld den Namen der Ware, die das Warengeld innehat.
>Also was machen wir nun?
Wir akzeptieren die Existenz von Warengeld. Und die Rolle des Warengelds bei Krediten und bei der späteren Entstehung von Kreditgeld.
>>15.
>>Wenn nein: Spricht etwas dagegen, eine Ware als Geld zu bezeichnen, wenn sie - sich als bevorzugtes Zwischentauschgut etabliert hat,
>>- wenn sie wertvoller geworden ist (da sie als Zwischentauschgut nachgefragt wird), und
>>- wenn sie ihre ursprüngliche Form durch Gebrauch als Zwischentauschgut verloren hat?
>Es ist durchaus ein"Gut dazwischen" - siehe a. mein Posting zur Zeitüberbrückungsfunktion von Edelmetall. Es ist eine Ware mit Option, sie in andere Waren tauschen zu können usw.
Nennen wir sie doch Geld!
18.
>>>>Zur Abrundung, wie erklärt eine Geldentstehungstheorie, nur auf Kredit basierend:
>>>Die geht ja offenbar schief. Wir brauchen also eine Geldentstehungstheorie, die auf die Ware zurückgeht. Aber dies war immer nur die Ware und als Ware nicht Geld.<
>>Darf ich hier einen Schritt sehen? - Und wenn wir nun dem Kind einen Namen geben: Ein Zwischentauschgut, das seine ursprüngliche Funktion (meist Schmuck) verliert zugunsten der neuen (Wertspeicherung beim Tausch), nennen wir so, wie es schon Nehemia tat: Geld.
>Schmuck: Siehe Herstellung (oben). Geld als Tauschgut: Ja (wieder Herstellproblem). Aber"Geld" im Sinne einer zedierbaren Forderung? Nein.
Das wird vom Warengeld auch nicht behauptet.
>Selbst wenn wir das Zwischentauschgut ex Schmuck erklären würde, hieß, was rauskommt doch nicht"Zwischentauschgut".
?
>>Denn einen eigenen Namen hat das Kind doch verdient. Und weil"Geld" nunmal so üblich ist, nennen wir es doch so. Und zu Unterscheidungszwecken sprechen wir von Warengeld anstelle von Kreditgeld.
>Verdient ja. Aber wer hat den Namen vergeben? (Beim nhd."Geld" ist alles klar, kommt von"gilt","guilt", dann"gelten", weil auch als"guilt" für andere akzeptabel).
>Die Tonkapseln schmeiße ich erst mal wieder in den Sand. Mistdinger!
>Gruß
>d.
Bitte nicht wegwerfen!
Gruß, Dimi
Ps: Es kann sein, daß ein paar Tage vergehen zur Antwort, wird aber kommen.
<center>
<HR>
</center> |
dottore
14.06.2001, 19:30
@ Dimi
|
Re: Debt avoidance, Dimi! Und nochmal der Maori und der Name für"Geld" |
Hi, Dimi,
nochmal etwas kürzer:
>1.
>Man sieht nur die Dinge, die man sehen will. Und einer (die meisten) hat nur die Geldsicht, und ein anderer (die wenigsten) hat die Kreditsicht. Keine dieser Sichtweisen alleine kann alles erklären!
Man kann nicht beides gleichzeitig - simultan - sehen (Vorder- und Rückseite Deiner Münze ;-). Man muss es sukzessiv sehen. Ich sehe: Erst Kredit, dann Ware.
>2.
>Kleiner Tip: Du wirst nichts finden.
Immerhin auf die Schnelle das:
(Niccolo/Ungnad, Neubabylonische Rechts- und Verwaltungsurkunden, 1935, alles stark gekürzt):
Nr. 296:"Kunnabata... hat... den Arrabi, ihren Sklaven, einen Bäcker, für 1/2 Mine 6 1/2 Shekel Silber als Pfand zur Verfügung des... gestellt."
Nr. 298:"(Betrifft) das Haus des... für 1 1/3 Mine Silber (als) Pfand genommen... Das Silber ist die Mitgift der..."
Nr. 308:"1/3 Mine 5 1/2 Shekel Silber (...) welches sie in einem früheren Verpflichtungsschein (... für x Shekel) Silber als Pfand genommen hatte.. ist Pfand der... Zins des Silbers gibt es nicht" (Wichtig, und klar, dass eine auf Silber lautende und mit dem Silber eines anderen unterlegte Schuld keinen Zins tragen kann).
Nr. 380:"Pachtland des... dem Sohne des... gegeben. (...) Der Ãœbertreter des Vertrages... wird 10 Shekel Silber geben." (Silber hier als Sicherheit)
Nr. 383:"Das Feld oberhalb des neuen Kanals... Für Umgrabung (usw.)... bürgen sie.. Wer den Vertrag übertritt, wird 1/2 Mine Silber bezahlen" (Silber wieder als Sicherheit).
Es gibt also tatsächlich die Ware Silber als Pfand bzw. Sicherheit für Kontrakte ebenso wie es andere Sachen (vor allem Grundbesitz) als Sicherheit für Kontrakte über die Lieferung der Ware Silber gegeben hat.
Ich sehe da kein Warengeld Silber, das sozusagen immer nur gegen anderes Pfand bzw. andere Sicherheit verliehen werden konnte, sondern es ging ganz genau so auch umgekehrt.
>3.
>>>Nur weil Dinge juristisch dem Schuldrecht zugeordnet werden, muß es nicht sinnvoll sein, ökonomisch von Kredit zu sprechen.
>>Ist aber nun mal so. Wir können die Ã-konomie nicht von der Juristerei trennen,
>Natürlich
Nein. Ohne Vollstreckung kann es keine funktionierende Wirtschaft geben. Dann ist alles nach oben offen, was ein Großteil der heutigen Probleme verursacht hat.
>>weil Ã-konomie immer nur auf der Vollstreckbarkeit von Forderungen basieren kann, es sonst nämlich keine wäre.
>Wenn ich Kartoffeln anbaue vollstreckt der Kartoffelkäfer? ;-)
Der vernichtet. Der Sequester wird schon mit der Flitspritze ankommen und ihn vertreiben ;-)
>5.
>>>Mauss, Die Gabe, 1968, S. 32, übermittelt den Bericht eines Maori:"...Sie besitzen einen Gegenstand und geben ihn mir... ohne Preis... Nun gebe ich diesen Gegenstand einen Dritten... der nach einer gewissen Zeit beschließt, irgendetwas als Zahlung dafür zu geben... Und dieser Gegenstand, den er mir gibt, ist der Hau des Gegenstandes, den ich von ihnen bekommen habe und den ich ihm gegeben habe... muß ich Ihnen zurückgeben... Wenn ich diesen zweiten Gegenstand für mich behalten würde, könnte mir Böses daraus entstehen, ganz bestimmt, sogar der Tod..."
>>>Es ist also genau umgekehrt. Der Hau des Gegenstandes sorgt dafür, daß der Erstgläubiger bedient wird. Hinter den Geistern der Gegenstände liegen rationale wirtschaftliche Erwägungen, die die Stammesältesten hinter Geistern verpackt haben, damit sich die Leute daran halten. Die Vorstellungen sind unseren nicht unähnlich.
>>Mauss hat das 1925 geschrieben. Und die von mir zitierten Völkerkundler sehen den Hau nicht zum Erstschenker zurückkehren (ich sehe das bei Mauss übrigens auch nicht). Damit wäre der ja wieder neu verpflichtet.
>Der Text stammt nicht von Mauss, sondern von einem Maori! Er ist keine Interpretation eines Wissenschaftlers, und der Maori wird wohl wissen, was ein Hau ist: Der Gegenstand muß zurück.
Ja, und der Maori sagt: "muß ich Ihnen zurückgeben"
<font color="FF0000">IHNEN, nicht IHM.</ font>
>Gastfreundschaft gibt es bei altsteinzeitlichen Völkern. Was ist da früher?
Dazu möchte ich gern Näheres hören. Und vor allem endlich einen Kommentar von Dir zum Schenken als <font color="FF0000">DEBT AVOIDANCE</font>, was Frau von Reden in einem exzellten Buch über das archaische und frühe Hellas herausgearbeitet hat.
>>Auf welche Schnecken haben sich dann konkret die Bronzeschnecken (Verhältnis 1: x) bezogen?
>Vermutlich: 1 Bronze = 1 Kauri
Dann muss jemand nicht bei Sinnen gewesen sein. Bronze ist ein ziemlich kostspieliger Prozess (obendrein vermutlich weit in der Ferne statt findend). Die Kauris sammelt jedermann am Strand. Bei dem Geschäft hätte ich sehr gern mit gemacht -;)
>>Und vor allem: Gab es auch Schnecken, die man sich"leihen" konnte? Sind Kreditverträge über Schnecken überliefert?
>Muscheln wurden geliehen (z.B. Thurnwald, Richard: Forschungen auf den Salomo-Inseln..., Band III, Berlin 1912, S. 38ff.).
Sehr interessant! Gab es Sicherheiten oder war es nur Courteoisie?
>Naja, das Bsp. ging über Jahrtausende ;-)
>Es zeigt aber doch auch, daß Muschelgeld (Waren-)geld war und nicht ein Verrechnungsmittel.
Ziehe zunächst das Verrechnungsmittel zurück, möchte dann aber dafür eine Antwort auf die Frage: Warum wird es bei Tabarelli (in Bronze) als"Zeichengeld" erwähnt?
>>Die ältesten Griechen hatten kein Wort für"Geld". Das üblicherweise damit übersetzte"chremata" bezieht Thukydides (II, 60) auf alles, was"Besitz" heißt. Aristoteles ((Politeia, 1256 a) definiert"chrematistike" als alles, was zur Führung eines Haushalts (oikonomike) notwendig ist.<
>Wie wärs mit argurion = Geld, Silber? Verwandt mit arguros = Silber und argos = glänzend.
>Oft geben die Völker dem Geld den Namen der Ware, die das Warengeld innehat.
<font color="FF0000">Argurion oder chrysos kommt als Bezeichnung nicht in vormünzlicher Zeit vor (jedenfalls keine Stelle gefunden). Das ist ja die Crux. Argurion in den Textstellen immer in gemünzter oder Barrenform (Großhandel) genannt (Lysias, Xenophon). Das vormünzliche Geld ist und bleibt chremata, z.B. ist bei der seisachtheia (= Schuldenerlass) Solons nicht von Argurion die Rede, sondern von chremata.</font>
>>Also was machen wir nun?
>Wir akzeptieren die Existenz von Warengeld. Und die Rolle des Warengelds bei Krediten und bei der späteren Entstehung von Kreditgeld.
Die Entstehung von Warengeld ohne Kreditakte (Finanzierung der ganzen Nummer) kann ich mir nicht vorstellen. Sorry. Ohne Kredite keine Ware Edelmetall, also auch kein Warengeld. Auch nicht vormünzlich.
>>Es ist durchaus ein"Gut dazwischen" - siehe a. mein Posting zur Zeitüberbrückungsfunktion von Edelmetall. Es ist eine Ware mit Option, sie in andere Waren tauschen zu können usw.
>Nennen wir sie doch Geld!
Nein, wir nennen sie Metall.
>18.
>>Schmuck: Siehe Herstellung (oben). Geld als Tauschgut: Ja (wieder Herstellproblem). Aber"Geld" im Sinne einer zedierbaren Forderung? Nein.
>Das wird vom Warengeld auch nicht behauptet.
Was nicht zedierbar ist - wie kann es Geld sein? Es bleibt Tauschgut.
>Bitte nicht wegwerfen! (Dimi meint die Tonkapseln, d.)
Nee, noch nicht. Aber wenn sie sich mir nicht bald erschließen (Alles Wissen liegt bei Nissen...), dann aber...
>Ps: Es kann sein, daß ein paar Tage vergehen zur Antwort, wird aber kommen.
Freue mich schon. So weit sind wir eh nicht auseinander. Es geht letztlich (für mich) nur noch um die Frage, ob es sukzessiv war (und wenn ja, was zuerst) oder simultan (dann wären wir wieder bei Deiner Münze-hat-zwei-Seiten-These; die ich aber nicht gleichzeitig sehen kann ;-).
Und vor allem was das mit dem"Erwecken" von Schuldgefühlen durch das Schenken (incl. Maori) auf sich hat.
Gruß
d.
<center>
<HR>
</center> |
Dimi
17.06.2001, 14:42
@ dottore
|
Re: Debt avoidance, Dimi! Und nochmal der Maori und der Name für Geld - Dottore |
Hallo Dottore,
2.
>Nr. 296:"Kunnabata... hat... den Arrabi, ihren Sklaven, einen Bäcker, für 1/2 Mine 6 1/2 Shekel Silber als Pfand zur Verfügung des... gestellt."
Heutiges Bsp: Fahrradverleih, Kostümverleih und dergleichen. Auch hier nimmt der Verleiher ein Pfand in Geldform, z.B. 100DM, weil er weiß, daß das die Anzahl derjenigen, die ihm das entliehene Gut zurückbringen, erheblich erhöht. In 296 ist der Bäcker das entliehene"Gut". Silber ist hier schon Geld. Damals wie heute gab es Geschäftsarten, in denen ein Geldpfand üblich war, die aber nichts mit der Geldentstehung zu tun haben.
>Nr. 383:"Das Feld oberhalb des neuen Kanals... Für Umgrabung (usw.)... bürgen sie.. Wer den Vertrag übertritt, wird 1/2 Mine Silber bezahlen" (Silber wieder als Sicherheit).
Eine Kaution (auch heute werden Kautionen in Geld geleistet) bei Vertragsbruch (falls überhaupt, eventuell bloß im voraus festgelegte Strafzahlung). Daraus entsteht kein Geld. Silber ist hier bereits Geld.
Ich habe diese beiden herausgegriffen. Die anderen sind analog oder sprachlich nicht hinreichend genau identifizierbar. Es wird aber deutlich, daß es Geschäftsvorgänge sind, von denen es bis heute vergleichbare gibt und bei denen bis heute Geld verwendet wird, und die nichts mit der Geldentstehung zu tun haben.
3.
>Nein. Ohne Vollstreckung kann es keine funktionierende Wirtschaft geben.
Wir können die Dinge auch ökonomisch betrachten, ohne auf eine juristische Argumentationsweise zu verfallen. Das bedeutet nicht, daß es ohne Vollstreckung funktionierendes Wirtschaften gibt.
5.
>Ja, und der Maori sagt:"muß ich Ihnen zurückgeben"
>IHNEN, nicht IHM.
Liegt hier ein sprachliches Mißverständnis vor? Der Maori redet zum Berichterstatter, den er (in der deutschen Übersetzung) siezt. Ich setze zu den beteiligten Personen die Namen A, B, und C in Klammern:"...Sie (=A) besitzen einen Gegenstand und geben ihn mir (=B)... ohne Preis... Nun gebe ich diesen Gegenstand einen Dritten (=C)... der nach einer gewissen Zeit beschließt, irgendetwas als Zahlung dafür zu geben... Und dieser Gegenstand, den er mir (=B) gibt, ist der Hau des Gegenstandes, den ich von ihnen bekommen habe und den ich ihm gegeben habe... muß ich Ihnen (=A) zurückgeben... Wenn ich diesen zweiten Gegenstand für mich behalten würde, könnte mir Böses daraus entstehen, ganz bestimmt, sogar der Tod..."
Also der Gegenstand geht von A nach B nach C und zurück geht ein anderer Gegenstand von C nach B nach A. Der Hau des Gegenstandes, insbesondere des Wildes des Waldes, verpflichtet zur Rückgabe an den Urgläubiger.
>>Gastfreundschaft gibt es bei altsteinzeitlichen Völkern. Was ist da früher?
>Dazu möchte ich gern Näheres hören.
Z.B.: Jäger entfernen sich mehrere Tagesmärsche weit von ihrer Sippe, sind wegen Erfolglosigkeit geschwächt, und treffen auf eine unbekannte Sippe. Sie bekommen Schutz, Essen und Trinken usw..
>Und vor allem endlich einen Kommentar von Dir zum Schenken als DEBT AVOIDANCE, was Frau von Reden in einem exzellten Buch über das archaische und frühe Hellas herausgearbeitet hat.
Endlich? - Schenken ist eine Form, hinter der sich unterschiedliche wirtschaftliche Sachverhalte verbergen. Nur eine hat was mit Leihen zu tun, die andere basiert nicht auf direkter Gegenseitigkeit (wie die Gastfreundschaft), und dann gibt es den Tausch (das Hin und Her dabei ist übrigens eine Form des Feilschens, es gibt sie nicht nur bei Herodot, sondern bis ins zwanzigste Jahrhundert). Diese unterschiedlichen Dinge sind entsprechend getrennt zu untersuchen.
Diese Form (Schenken) nehmen die wirtschaftlichen Vorgänge aus Tradition, Höflichkeit usw.. Es gehört sich ja bis heute unter Freunden, Verwandten usw. nicht, zu tauschen, sondern man gibt. Wenn ich bei einem Freund bin und der hat den Eindruck, mir gefällt eines seiner Bücher, dann gibt er mir das, und erwartet natürlich irgendwie, daß ich es zurückgebe, und falls es sich stattdessen um einen Verbauchsgegenstand handelt, daß er irgendwann mal was ähnliches bekommt. Das würde er natürlich niemals sagen, aber es versteht sich unausgesprochen (was man dann sieht, wenn es nicht getan wird, dann ist die Freundschaft nämlich gefährdet).
Was das Leihen angeht, kann es zu einem"Zins" kommen, also zu einer höherwertigen Rückgabe, muß es aber nicht. Wenn ein Dorf am Strand zum Fischessen ein anderes im Landesinneren einlädt, und dieses führt die Gegeneinladung in Form eines Schweinebratens aus, dann wird überreichlich dargeboten, aber maximal soweit gegessen, bis der Bauch voll ist. Da muß es keinerlei Aufschaukelung geben, und diese Dinge können über Generationen gehen.
Dort, wo es zu einem"Zins" kommt, ist es für den Schenkenden auch eine Anlageform. Für den potentiell Beschenkten kann es deshalb sinnvoll sein, nicht als"Schuldner" zu fungieren, also Beschenktwerden zu vermeiden.
>Dann muss jemand nicht bei Sinnen gewesen sein. Bronze ist ein ziemlich kostspieliger Prozess (obendrein vermutlich weit in der Ferne statt findend). Die Kauris sammelt jedermann am Strand. Bei dem Geschäft hätte ich sehr gern mit gemacht -;)<
Na, ganz so leicht war es zumindest regional nicht, und es haben dann ja offenkundig letztlich doch zu viele gemacht, Bronzekauris sind ja nicht gerade Weltwährung geworden. Man bedenke aber auch, daß eine Bronzekauri nicht viel wiegen dürfte, daß Bronze nicht unermeßlich teuer war, und daß Kauris regional viel wert waren. Es gab also eine Zeit und einen Ort, wo sich die"Fälschung" von Kauris rechnete.
Kauris selbst waren aber nicht in jeder Beziehung schlechtes Geld, sie hatten z.B. natürlicherweise eine standardisierte Einheit, was bei Metallgeld in Form der Münze erst erfunden werden mußte (und selbst bei denen mußte mitunter nachgewogen werden).
>>Muscheln wurden geliehen (z.B. Thurnwald, Richard: Forschungen auf den Salomo-Inseln..., Band III, Berlin 1912, S. 38ff.).
>Sehr interessant! Gab es Sicherheiten oder war es nur Courteoisie?
Säumiger Schuldner: Muß für Gläubiger arbeiten ("Milde Form der Schuldknechtschaft" - Thurnwald). Pflanzungen werden verpfändet. Gläubiger kann sich auch an Häuptling wenden, von dem er Ersatz bekommt (Ausfallbürgschaft). Der Häuptling zerstört dann die Hütte (Strafe).
>Ziehe zunächst das Verrechnungsmittel zurück, möchte dann aber dafür eine Antwort auf die Frage: Warum wird es bei Tabarelli (in Bronze) als"Zeichengeld" erwähnt?
Da mußt Du ihn fragen. - Daß die Bronzekauri ein Ersatz für die wertvollere echte Kauri war, dürfte nahe liegen, ähnliches gab es bei allen möglichen Geldarten, im Mittelmeerraum vermutlich erstmals in Karthago.
>Argurion oder chrysos kommt als Bezeichnung nicht in vormünzlicher Zeit vor (jedenfalls keine Stelle gefunden). Das ist ja die Crux.
Wieso nicht Nehemia 5,10? Du hattest gesagt bezüglich Israel dasselbe gesagt, daß es damals noch keine Münzen gab. Für das in 5,10 verliehene Geld wird dort hebräisch keceph verwendet, und das heißt Geld, Silber.
Oder 1 Mose 23, 16:"Und Abraham hörte auf Efron; und Abraham wog dem Efron das Geld dar, von dem er vor den Ohren der Söhne Het geredet hatte, vierhundert Schekel Silber, wie es beim Händler gängig ist." Also ganz klar, Silber ist Geld, und zwar in vormünzlicher Form, es wird gewogen.
>Die Entstehung von Warengeld ohne Kreditakte (Finanzierung der ganzen Nummer) kann ich mir nicht vorstellen.
Soweit die Erzeugung von Warengeld durch Kredite finanziert wurde, handelt es sich um einen sekundären Aspekt, der nichts damit zu tun hat, ob die Vorgänge um das Warengeld selbst etwas mit Krediten zu tun hatten.
>Nein, wir nennen sie Metall.
Ein Stück Metall, das als Schmuck verwendet wird, heißt Schmuckstück, ein Stück Metall, das als Werkzeug gebraucht wird, heißt wie das entsprechende Werkzeug, und ein Stück Metall, das als XXXX verwendet wird, heißt bloß Metall????
18.
>Freue mich schon. So weit sind wir eh nicht auseinander. Es geht letztlich (für mich) nur noch um die Frage, ob es sukzessiv war (und wenn ja, was zuerst) oder simultan (dann wären wir wieder bei Deiner Münze-hat-zwei-Seiten-These; die ich aber nicht gleichzeitig sehen kann ;-).
Spiegel?
>Und vor allem was das mit dem"Erwecken" von Schuldgefühlen durch das Schenken (incl. Maori) auf sich hat.
Es gibt auch heute Menschen, die schenken, weil Sie so Menschen verpflichten, auch beherrschen, wollen, denn durchs Schenken erzeugt man nunmal ein Pflichtgefühl beim Beschenkten. In Kulturen, in denen das Schenken ein wichtiger Teil des Wirtschaftens ist, spielt das naturgemäß eine größerere Rolle.
Gruß, Dimi
<center>
<HR>
</center> |
dottore
17.06.2001, 21:02
@ Dimi
|
Re: Debt avoidance, Dimi! Und nochmal der Maori und der Name für Geld - Dottore |
>Hallo Dottore,
>2.
>>Nr. 296:"Kunnabata... hat... den Arrabi, ihren Sklaven, einen Bäcker, für 1/2 Mine 6 1/2 Shekel Silber als Pfand zur Verfügung des... gestellt."
>Heutiges Bsp: Fahrradverleih, Kostümverleih und dergleichen. Auch hier nimmt der Verleiher ein Pfand in Geldform, z.B. 100DM, weil er weiß, daß das die Anzahl derjenigen, die ihm das entliehene Gut zurückbringen, erheblich erhöht. In 296 ist der Bäcker das entliehene"Gut". Silber ist hier schon Geld. Damals wie heute gab es Geschäftsarten, in denen ein Geldpfand üblich war, die aber nichts mit der Geldentstehung zu tun haben.
Es gibt heute keine Geschäftsarten, in denen ich Geld als "Pfand hinterlege". Frag' meine Bank, der ich als Sicherheit für einen Kredit Banknoten in Banderole angeboten habe. Die hat es nicht kapiert. Damals gab es das aber, weil alles nur Waren gewesen sind, mit unterschiedlichen Verfallskurven.
>>Nr. 383:"Das Feld oberhalb des neuen Kanals... Für Umgrabung (usw.)... bürgen sie.. Wer den Vertrag übertritt, wird 1/2 Mine Silber bezahlen" (Silber wieder als Sicherheit).
>Eine Kaution (auch heute werden Kautionen in Geld geleistet)
Es gibt heute keine Kaution, die in Geld (sachlich (!!!)) geleistet wird.
>bei Vertragsbruch (falls überhaupt, eventuell bloß im voraus festgelegte Strafzahlung). Daraus entsteht kein Geld. Silber ist hier bereits Geld.
Eben nicht! Es ist eine Ware, die einen Kredit besichert wie jede andere Ware auch jeden anderen Kredit besichern kann.
>Ich habe diese beiden herausgegriffen. Die anderen sind analog oder sprachlich nicht hinreichend genau identifizierbar. Es wird aber deutlich, daß es Geschäftsvorgänge sind, von denen es bis heute vergleichbare gibt
NEIN! Mein Angebot an die Bank, einen Kredit durch physische Hinterlegung von Bargeld (durchnummeriert, also"sachlich") zu besichern, fand kein Verständnis.
>und bei denen bis heute Geld verwendet wird, und die nichts mit der Geldentstehung zu tun haben.
>3.
>>Nein. Ohne Vollstreckung kann es keine funktionierende Wirtschaft geben.
>Wir können die Dinge auch ökonomisch betrachten, ohne auf eine juristische Argumentationsweise zu verfallen. Das bedeutet nicht, daß es ohne Vollstreckung funktionierendes Wirtschaften gibt.
Ohne Vollstreckung bzw. Möglichkeit zu bzw. Furcht vor kann es niemals Wirtschaften geben.
>5.
>>Ja, und der Maori sagt:"muß ich Ihnen zurückgeben"
>>IHNEN, nicht IHM.
>Liegt hier ein sprachliches Mißverständnis vor? Der Maori redet zum Berichterstatter, den er (in der deutschen Übersetzung) siezt. Ich setze zu den beteiligten Personen die Namen A, B, und C in Klammern:"...Sie (=A) besitzen einen Gegenstand und geben ihn mir (=B)... ohne Preis... Nun gebe ich diesen Gegenstand einen Dritten (=C)... der nach einer gewissen Zeit beschließt, irgendetwas als Zahlung dafür zu geben... Und dieser Gegenstand, den er mir (=B) gibt, ist der Hau des Gegenstandes, den ich von ihnen bekommen habe und den ich ihm gegeben habe... muß ich Ihnen (=A) zurückgeben... Wenn ich diesen zweiten Gegenstand für mich behalten würde, könnte mir Böses daraus entstehen, ganz bestimmt, sogar der Tod..."
>Also der Gegenstand geht von A nach B nach C und zurück geht ein anderer Gegenstand von C nach B nach A. Der Hau des Gegenstandes, insbesondere des Wildes des Waldes, verpflichtet zur Rückgabe an den Urgläubiger.
NEIN! Das wird nur hinein interpretiert. Von einer Rückkehr an den Urläubiger ist nachweislich keine Rede! Abgesehen davon, dass wir dann beim"Ringtausch" wären, was ökonomisch keinerlei Sinn ergäbe.
>>>Gastfreundschaft gibt es bei altsteinzeitlichen Völkern. Was ist da früher?
>>Dazu möchte ich gern Näheres hören.
>Z.B.: Jäger entfernen sich mehrere Tagesmärsche weit von ihrer Sippe, sind wegen Erfolglosigkeit geschwächt, und treffen auf eine unbekannte Sippe. Sie bekommen Schutz, Essen und Trinken usw..
Ach ja, wie nett! Wer stattet einen erfolglosen Jäger mit derlei Dingen aus? Und warum sollte er es tun? Du bist und bleibt mit Deiner Interpretation der Geschichte ein Gutmensch... (was ich persönlich sehr sympathisch finde).
>>Und vor allem endlich einen Kommentar von Dir zum Schenken als DEBT AVOIDANCE, was Frau von Reden in einem exzellten Buch über das archaische und frühe Hellas herausgearbeitet hat.
>Endlich? - Schenken ist eine Form, hinter der sich unterschiedliche wirtschaftliche Sachverhalte verbergen. Nur eine hat was mit Leihen zu tun, die andere basiert nicht auf direkter Gegenseitigkeit (wie die Gastfreundschaft),
Konkret jetzt: Wann begann die Gatsfreundschaft? Hast Du historische Quellen zur Hand?
>...und dann gibt es den Tausch (das Hin und Her dabei ist übrigens eine Form des Feilschens, es gibt sie nicht nur bei Herodot, sondern bis ins zwanzigste Jahrhundert). Diese unterschiedlichen Dinge sind entsprechend getrennt zu untersuchen.
Richtig! Und wesentlich für das Phänomen der Preisbildung.
>Diese Form (Schenken) nehmen die wirtschaftlichen Vorgänge aus Tradition, Höflichkeit usw.. Es gehört sich ja bis heute unter Freunden, Verwandten usw. nicht, zu tauschen, sondern man gibt.
Gerade das wurde von Frau von Reden in ihrem exzellenten Buch widerlegt. Man gab nur wg."<font color="FF0000">Debt Avoidance!!!</font>.
>Wenn ich bei einem Freund bin und der hat den Eindruck, mir gefällt eines seiner Bücher, dann gibt er mir das, und erwartet natürlich irgendwie, daß ich es zurückgebe, und falls es sich stattdessen um einen Verbauchsgegenstand handelt, daß er irgendwann mal was ähnliches bekommt. Das würde er natürlich niemals sagen, aber es versteht sich unausgesprochen (was man dann sieht, wenn es nicht getan wird, dann ist die Freundschaft nämlich gefährdet).
>Was das Leihen angeht, kann es zu einem"Zins" kommen, also zu einer höherwertigen Rückgabe, muß es aber nicht.
Die meisten der frühen Schuldkontrakte sind zinsbewehrt! Warum denn, wenn es auch ohne Zinssätze gegangen wäre?
>Wenn ein Dorf am Strand zum Fischessen ein anderes im Landesinneren einlädt, und dieses führt die Gegeneinladung in Form eines Schweinebratens aus, dann wird überreichlich dargeboten, aber maximal soweit gegessen, bis der Bauch voll ist. Da muß es keinerlei Aufschaukelung geben, und diese Dinge können über Generationen gehen.
Völkerkundlich NEIN! Siehe Potlatch-Phänomen.
>Dort, wo es zu einem"Zins" kommt, ist es für den Schenkenden auch eine Anlageform. Für den potentiell Beschenkten kann es deshalb sinnvoll sein, nicht als"Schuldner" zu fungieren, also Beschenktwerden zu vermeiden.
<font color="ff0000"<Das genau ist der Punkt![b]</font>
>>Dann muss jemand nicht bei Sinnen gewesen sein. Bronze ist ein ziemlich kostspieliger Prozess (obendrein vermutlich weit in der Ferne statt findend). Die Kauris sammelt jedermann am Strand. Bei dem Geschäft hätte ich sehr gern mit gemacht -;)
>Na, ganz so leicht war es zumindest regional nicht, und es haben dann ja offenkundig letztlich doch zu viele gemacht, Bronzekauris sind ja nicht gerade Weltwährung geworden. Man bedenke aber auch, daß eine Bronzekauri nicht viel wiegen dürfte, daß Bronze nicht unermeßlich teuer war, und daß Kauris regional viel wert waren. Es gab also eine Zeit und einen Ort, wo sich die"Fälschung" von Kauris rechnete.
[b]Worin ausgedrückt? Auch"Fälschungen" sind nicht"wertlos".
>Kauris selbst waren aber nicht in jeder Beziehung schlechtes Geld, sie hatten z.B. natürlicherweise eine standardisierte Einheit, was bei Metallgeld in Form der Münze erst erfunden werden mußte (und selbst bei denen mußte mitunter nachgewogen werden).
"Standardisierte Einheit" - sind wir also doch wieder beim Rechen- alias Zeichengeld?
>>>Muscheln wurden geliehen (z.B. Thurnwald, Richard: Forschungen auf den Salomo-Inseln..., Band III, Berlin 1912, S. 38ff.).
>>Sehr interessant! Gab es Sicherheiten oder war es nur Courteoisie?
>Säumiger Schuldner: Muß für Gläubiger arbeiten ("Milde Form der Schuldknechtschaft" - Thurnwald).
Da wird's jetzt interessant! Der Schuldner muss also"nachlegen" (in Form von zusätzlichen Sicherheiten = Schuldknechtschaft = Zugriff auf Menchen als"Sachen"), wenn er die Schuld bei behalten will!
>Pflanzungen werden verpfändet. Gläubiger kann sich auch an Häuptling wenden, von dem er Ersatz bekommt (Ausfallbürgschaft). Der Häuptling zerstört dann die Hütte (Strafe).
>>Ziehe zunächst das Verrechnungsmittel zurück, möchte dann aber dafür eine Antwort auf die Frage: Warum wird es bei Tabarelli (in Bronze) als"Zeichengeld" erwähnt?
>Da mußt Du ihn fragen. - Daß die Bronzekauri ein Ersatz für die wertvollere echte Kauri war, dürfte nahe liegen, ähnliches gab es bei allen möglichen Geldarten, im Mittelmeerraum vermutlich erstmals in Karthago.
KARTHAGO! Da kenne ich mich bestens aus. Also war das zunächst gebuchte Karthago-Geld (es gibt eine wundervolle Literatur darüber, die Du sicher kennst) eine werthaltige Sache, und dann wurde es - was...?
Ich lasse Dich (Schwein, ich!) hier ins offene Messer laufen, als Intimkenner der karthagischen Münz- und Geldverhähltnisse, also vorsichtig vorwärts gehen...
>>Argurion oder chrysos kommt als Bezeichnung nicht in vormünzlicher Zeit vor (jedenfalls keine Stelle gefunden). Das ist ja die Crux.
>Wieso nicht Nehemia 5,10? Du hattest gesagt bezüglich Israel dasselbe gesagt, daß es damals noch keine Münzen gab. Für das in 5,10 verliehene Geld wird dort hebräisch keceph verwendet, und das heißt Geld, Silber.
>Oder 1 Mose 23, 16:"Und Abraham hörte auf Efron; und Abraham wog dem Efron das Geld dar, von dem er vor den Ohren der Söhne Het geredet hatte, vierhundert Schekel Silber, wie es beim Händler gängig ist." Also ganz klar, Silber ist Geld, und zwar in vormünzlicher Form, es wird gewogen.
Die Stellen sind mir geläufig (bin schließlich Katholik und bibelfest! ;-)). Nur das: Jede Ware wird gewogen, was denn sonst? Und wenn jede Ware gewogen wurde, was unterscheidet Dein"gewogenes" Geld von anderen Waren, die auch gewogen wurden?
>>Die Entstehung von Warengeld ohne Kreditakte (Finanzierung der ganzen Nummer) kann ich mir nicht vorstellen.
>Soweit die Erzeugung von Warengeld durch Kredite finanziert wurde, handelt es sich um einen sekundären Aspekt, der nichts damit zu tun hat, ob die Vorgänge um das Warengeld selbst etwas mit Krediten zu tun hatten.
Nein! Es geht nicht um"Aspekte", sondern um Abläufe (= Sukessiva!). Und entweder ist die"Schuld" bzw. das"Schuldgefühl" vor der"Ware" oder umgekehrt.
>>Nein, wir nennen sie Metall.
>Ein Stück Metall, das als Schmuck verwendet wird, heißt Schmuckstück, ein Stück Metall, das als Werkzeug gebraucht wird, heißt wie das entsprechende Werkzeug, und ein Stück Metall, das als XXXX verwendet wird, heißt bloß Metall????
Es ist>/b> bloß Metall.
>[b]18.
>>Freue mich schon. So weit sind wir eh nicht auseinander. Es geht letztlich (für mich) nur noch um die Frage, ob es sukzessiv war (und wenn ja, was zuerst) oder simultan (dann wären wir wieder bei Deiner Münze-hat-zwei-Seiten-These; die ich aber nicht gleichzeitig sehen kann ;-).
>Spiegel?
Venezianischer?
>>Und vor allem was das mit dem"Erwecken" von Schuldgefühlen durch das Schenken (incl. Maori) auf sich hat.
>Es gibt auch heute Menschen, die schenken, weil Sie so Menschen verpflichten, auch beherrschen, wollen, denn durchs Schenken erzeugt man nunmal ein Pflichtgefühl beim Beschenkten. In Kulturen, in denen das Schenken ein wichtiger Teil des Wirtschaftens ist, spielt das naturgemäß eine größerere Rolle.
Quod erat demonstrandum! Du kannst nicht vom Schenken = jemand anderen verpflichten absehen...
Gruß
d.
<center>
<HR>
</center> |
Dimi
18.06.2001, 00:39
@ dottore
|
Re: Debt avoidance, Dimi! Und nochmal der Maori und der Name für Geld - Dottore |
Hallo Dottore,
2.
>>>Nr. 296:"Kunnabata... hat... den Arrabi, ihren Sklaven, einen Bäcker, für 1/2 Mine 6 1/2 Shekel Silber als Pfand zur Verfügung des... gestellt."
>>Heutiges Bsp: Fahrradverleih, Kostümverleih und dergleichen. Auch hier nimmt der Verleiher ein Pfand in Geldform, z.B. 100DM, weil er weiß, daß das die Anzahl derjenigen, die ihm das entliehene Gut zurückbringen, erheblich erhöht. In 296 ist der Bäcker das entliehene"Gut". Silber ist hier schon Geld. Damals wie heute gab es Geschäftsarten, in denen ein Geldpfand üblich war, die aber nichts mit der Geldentstehung zu tun haben.
>Es gibt heute keine Geschäftsarten, in denen ich Geld als"Pfand hinterlege".
Bei Verleihgeschäften gibt es das Geldpfand, auch wenn zunehmend (z.B. beim Autoverleih) der Personalausweis reicht. Selbst Geschirr wird in Selbstbedienungsläden gegen Geldpfand ausgegeben.
>Frag' meine Bank, der ich als Sicherheit für einen Kredit Banknoten in Banderole angeboten habe.
Mein Beispiel war keine Bank, sondern ein Fahrradverleih.
>>>Nr. 383:"Das Feld oberhalb des neuen Kanals... Für Umgrabung (usw.)... bürgen sie.. Wer den Vertrag übertritt, wird 1/2 Mine Silber bezahlen" (Silber wieder als Sicherheit).
>>Eine Kaution (auch heute werden Kautionen in Geld geleistet)
>Es gibt heute keine Kaution, die in Geld (sachlich (!!!)) geleistet wird.
Mietkaution, wird mitunter noch in bar geleistet.
>>Ich habe diese beiden herausgegriffen. Die anderen sind analog oder sprachlich nicht hinreichend genau identifizierbar. Es wird aber deutlich, daß es Geschäftsvorgänge sind, von denen es bis heute vergleichbare gibt
>NEIN! Mein Angebot an die Bank, einen Kredit durch physische Hinterlegung von Bargeld (durchnummeriert, also"sachlich") zu besichern, fand kein Verständnis.
Was soll die Lächerlichmachung? Ich hatte überdeutlich Fahrrad- und Kostümverleih und nicht Bank als Beispiel gebracht. Auch der babylonbische Text weist nicht auf ein Bankgeschäft, sondern auf Sklaven usw..
3.
>>>Nein. Ohne Vollstreckung kann es keine funktionierende Wirtschaft geben.
>>Wir können die Dinge auch ökonomisch betrachten, ohne auf eine juristische Argumentationsweise zu verfallen. Das bedeutet nicht, daß es ohne Vollstreckung funktionierendes Wirtschaften gibt.
>Ohne Vollstreckung bzw. Möglichkeit zu bzw. Furcht vor kann es niemals Wirtschaften geben.
Ich wiederhole, daß ich das nicht behauptet habe.
5.
>>>Ja, und der Maori sagt:"muß ich Ihnen zurückgeben"
>>>IHNEN, nicht IHM.
>>Liegt hier ein sprachliches Mißverständnis vor? Der Maori redet zum Berichterstatter, den er (in der deutschen Übersetzung) siezt. Ich setze zu den beteiligten Personen die Namen A, B, und C in Klammern:"...Sie (=A) besitzen einen Gegenstand und geben ihn mir (=B)... ohne Preis... Nun gebe ich diesen Gegenstand einen Dritten (=C)... der nach einer gewissen Zeit beschließt, irgendetwas als Zahlung dafür zu geben... Und dieser Gegenstand, den er mir (=B) gibt, ist der Hau des Gegenstandes, den ich von ihnen bekommen habe und den ich ihm gegeben habe... muß ich Ihnen (=A) zurückgeben... Wenn ich diesen zweiten Gegenstand für mich behalten würde, könnte mir Böses daraus entstehen, ganz bestimmt, sogar der Tod..."
>>Also der Gegenstand geht von A nach B nach C und zurück geht ein anderer Gegenstand von C nach B nach A. Der Hau des Gegenstandes, insbesondere des Wildes des Waldes, verpflichtet zur Rückgabe an den Urgläubiger.
>NEIN! Das wird nur hinein interpretiert.
Das ist ausnahmsweise Mathematik inmitten der Völkerkunde: Von A nach B nach C nach B nach A. Lies' bitte den Text. Der ist keine Interpretation. Es ist die Beschreibung eines Ureinwohners.
>Von einer Rückkehr an den Urläubiger ist nachweislich keine Rede!
Einfach lesen. Du kannst Dir gerne Zeit lassen, die Maorivorstellungen sind eventuell ungewohnt.
>Abgesehen davon, dass wir dann beim"Ringtausch" wären, was ökonomisch keinerlei Sinn ergäbe.
Seit wann ist die Rückführung eines Darlehens ein Ringtausch?
>Ach ja, wie nett! Wer stattet einen erfolglosen Jäger mit derlei Dingen aus? Und warum sollte er es tun? Du bist und bleibt mit Deiner Interpretation der Geschichte ein Gutmensch... (was ich persönlich sehr sympathisch finde).
Was soll die Ironie? Wieso verwendest Du anstelle eines Argumentes in der Sache eines zur Person?
Über das Motiv ist nichts gesagt, die Gastfreundschaft könnte auch z.B. deshalb existieren, weil die Jäger sonst Unruhe stiften würden. Das mag mit eine Rolle gespielt haben, zugleich aber auch Tradition, Religion, Mythen, Mitleid, Abwechslung, Unterhaltung, Partnerwahl, Erzählen, usw..
Vielleicht war das Motiv ja auch, daß ansonsten die verhungernden Jäger die ganze Nacht um Hilfe schreien würden, so daß die Leute nur schlafen konnten, indem sie ein Stück Fleisch hergaben.
Neben den genannten gibt es noch ein abstraktes Motiv: Man hilft, weil es sich gehört, und es gehört sich, weil wenn jeder sich daran hält auch jeder Hilfe erwarten kann. Es gibt in Traditionen verwurzelte Gastfreundschaft bis heute, und auch obiges abstraktes Motiv gibt es bis heute (z.B. bei der Regel:"Was Du nicht willst, was Dir einer an Schlechtem antun koennte, das tue selber keinem anderen an").
>Konkret jetzt: Wann begann die Gatsfreundschaft? Hast Du historische Quellen zur Hand?
Eben nichts gefunden, findet sich in Literatur über Aborigines, auch in der über Pygmäen.
Man darf nicht übersehen, daß altsteinzeitliche Völker kaum etwas mit sich tragen können, allein deshalb kaum Besitz anhäufen können, und es deshalb zusätzlich leicht fällt, einem hilflosen Fremden zu schenken. Du jagst ein Wild, wieso gibst Du nichts ab? Um den Kühlschrank anzufüllen???
>Gerade das wurde von Frau von Reden in ihrem exzellenten Buch widerlegt. Man gab nur wg."Debt Avoidance!!!.
Wollen wir uns nun auf das Urteil Dritter berufen? Dottore hat unrecht, weil Franco es sagt?
>>Wenn ein Dorf am Strand zum Fischessen ein anderes im Landesinneren einlädt, und dieses führt die Gegeneinladung in Form eines Schweinebratens aus, dann wird überreichlich dargeboten, aber maximal soweit gegessen, bis der Bauch voll ist. Da muß es keinerlei Aufschaukelung geben, und diese Dinge können über Generationen gehen.
>Völkerkundlich NEIN! Siehe Potlatch-Phänomen.
Findest Du u.a. in dem Eipo-Buch, auf das ich vor kurzer Zeit hinwies.
>Da wird's jetzt interessant! Der Schuldner muss also"nachlegen" (in Form von zusätzlichen Sicherheiten = Schuldknechtschaft = Zugriff auf Menchen als"Sachen"), wenn er die Schuld bei behalten will!
Da sind die Muscheln doch längst Geld.
>Ich lasse Dich (Schwein, ich!) hier ins offene Messer laufen, als Intimkenner der karthagischen Münz- und Geldverhähltnisse, also vorsichtig vorwärts gehen...
Nicht mal ein Holzmesser. Karthago spielte keine Rolle in meiner Argumentation (ich sagte nur"im Mittelmeerraum vermutlich erstmals in Karthago").
>Die Stellen sind mir geläufig (bin schließlich Katholik und bibelfest! ;-)).
Ich nenne Dir zwei Stellen, 1 Mose 23,16 und Nehemia 5,10, in denen Silber als Geld bezeichnet wird in einer Zeit, in der es noch keine Münzen gab. Genau darum und nur darum ging es zuvor. Wieso spielst Du das jetzt runter?
>Nur das: Jede Ware wird gewogen, was denn sonst? Und wenn jede Ware gewogen wurde, was unterscheidet Dein"gewogenes" Geld von anderen Waren, die auch gewogen wurden?
Es heißt bei Mose zur Art des Silbers"wie es beim Händler gängig ist". Es war also keine gewöhnliche Ware, sondern eine, die beim Händler gängig war. Man beachte die Worte"Händler" und"gängig". Vermutlich waren es Silbergeldstäbchen. Metallgeldstäbchen gab es in Afrika noch im zwanzigsten Jahrhundert.
Drei Dinge waren zuvor aufgezählt. Du hast z.B. immer noch nicht erklärt, wieso es dazu kommen kann, daß ehemalige Schmuckgegenstände ihre Schmuckeigenschaft verlieren, wenn sie nur Ware sind.
>>Soweit die Erzeugung von Warengeld durch Kredite finanziert wurde, handelt es sich um einen sekundären Aspekt, der nichts damit zu tun hat, ob die Vorgänge um das Warengeld selbst etwas mit Krediten zu tun hatten.
>Nein! Es geht nicht um"Aspekte", sondern um Abläufe (= Sukessiva!).
Auch im Zuge von Abläufen gibt es Aspekte.
>Und entweder ist die"Schuld" bzw. das"Schuldgefühl" vor der"Ware" oder umgekehrt.
Nein, die Henne ist vor dem Ei! ;-)
>>Ein Stück Metall, das als Schmuck verwendet wird, heißt Schmuckstück, ein Stück Metall, das als Werkzeug gebraucht wird, heißt wie das entsprechende Werkzeug, und ein Stück Metall, das als XXXX verwendet wird, heißt bloß Metall????
>Es ist bloß Metall.
Ein Buch ist bloß Papier?
18.
>>Es gibt auch heute Menschen, die schenken, weil Sie so Menschen verpflichten, auch beherrschen, wollen, denn durchs Schenken erzeugt man nunmal ein Pflichtgefühl beim Beschenkten. In Kulturen, in denen das Schenken ein wichtiger Teil des Wirtschaftens ist, spielt das naturgemäß eine größerere Rolle.
>Quod erat demonstrandum! Du kannst nicht vom Schenken = jemand anderen verpflichten absehen...
Was kümmert es den ersten Verwender von Warengeld, daß ein Bursche drei Ecken weiter gerade jemanden beschenkt, weil er ihn verpflichten will?
Dottore...
Gruß, Dimi
<center>
<HR>
</center> |
dottore
18.06.2001, 13:26
@ Dimi
|
Re: Debt avoidance, Dimi! Und nochmal der Maori und der Name für Geld - Dottore |
Hi, Dimi,
>Hallo Dottore,
>2.
>>>>Nr. 296:"Kunnabata... hat... den Arrabi, ihren Sklaven, einen Bäcker, für 1/2 Mine 6 1/2 Shekel Silber als Pfand zur Verfügung des... gestellt."
>>>Heutiges Bsp: Fahrradverleih, Kostümverleih und dergleichen. Auch hier nimmt der Verleiher ein Pfand in Geldform, z.B. 100DM, weil er weiß, daß das die Anzahl derjenigen, die ihm das entliehene Gut zurückbringen, erheblich erhöht. In 296 ist der Bäcker das entliehene"Gut". Silber ist hier schon Geld. Damals wie heute gab es Geschäftsarten, in denen ein Geldpfand üblich war, die aber nichts mit der Geldentstehung zu tun haben.
Ein Pfand ist immer eine Sache. Der Fahrradverleiher gibt aber nicht die Sache Geld wieder heraus, sondern eine entsprechende Geldsumme (also Schuld).
>>Es gibt heute keine Geschäftsarten, in denen ich Geld als"Pfand hinterlege".
>Bei Verleihgeschäften gibt es das Geldpfand, auch wenn zunehmend (z.B. beim Autoverleih) der Personalausweis reicht. Selbst Geschirr wird in Selbstbedienungsläden gegen Geldpfand ausgegeben.
Das Geschäft behält nicht das Geld als Pfand, sondern zahlt es auf dem Konto ein. Du kannst immer nur auf Wiedergabe der Summe klagen, aber nie auf Herausgabe der Scheine als Sache (mit den entsprechenden, vorher notierten Nummern).
>>>>Nr. 383:"Das Feld oberhalb des neuen Kanals... Für Umgrabung (usw.)... bürgen sie.. Wer den Vertrag übertritt, wird 1/2 Mine Silber bezahlen" (Silber wieder als Sicherheit).
>>>Eine Kaution (auch heute werden Kautionen in Geld geleistet)
>>Es gibt heute keine Kaution, die in Geld (sachlich (!!!)) geleistet wird.
>Mietkaution, wird mitunter noch in bar geleistet.
Ja in bar. Aber der Vermieter behält nicht das ihm gegebene Geld [b]dinglich und legt es in den Tresor, sondern zahlt es bei seiner Bank ein (Schuldrecht).
>5.
>>>>Ja, und der Maori sagt:"muß ich Ihnen zurückgeben"
>>>>IHNEN, nicht IHM.
>>>Liegt hier ein sprachliches Mißverständnis vor? Der Maori redet zum Berichterstatter, den er (in der deutschen Übersetzung) siezt. Ich setze zu den beteiligten Personen die Namen A, B, und C in Klammern:"...Sie (=A) besitzen einen Gegenstand und geben ihn mir (=B)... ohne Preis... Nun gebe ich diesen Gegenstand einen Dritten (=C)... der nach einer gewissen Zeit beschließt, irgendetwas als Zahlung dafür zu geben... Und dieser Gegenstand, den er mir (=B) gibt, ist der Hau des Gegenstandes, den ich von ihnen bekommen habe und den ich ihm gegeben habe... muß ich Ihnen (=A) zurückgeben... Wenn ich diesen zweiten Gegenstand für mich behalten würde, könnte mir Böses daraus entstehen, ganz bestimmt, sogar der Tod..."
Wenn Sie = Ihnen haben alle anderen von mir herangezogenen Hau-Interpreten (allerdings keine Maori) sich geirrt, die keine Rückkehr des ersten Hau zum Ersten angenommen haben. Ich muss die Stelle bei Mauss im Original einsehen, erbitte Geduld.
>>>Also der Gegenstand geht von A nach B nach C und zurück geht ein anderer Gegenstand von C nach B nach A. Der Hau des Gegenstandes, insbesondere des Wildes des Waldes, verpflichtet zur Rückgabe an den Urgläubiger.
>>NEIN! Das wird nur hinein interpretiert.
>Das ist ausnahmsweise Mathematik inmitten der Völkerkunde: Von A nach B nach C nach B nach A. Lies' bitte den Text. Der ist keine Interpretation. Es ist die Beschreibung eines Ureinwohners.
Akzeptiert, wenn A = A. Aber das möchte ich wg. der Ambivalenz des"Sie = Ihnen" und nicht"sie" ="ihnen" gern noch überprüfen.
>>Von einer Rückkehr an den Urläubiger ist nachweislich keine Rede!
>Einfach lesen. Du kannst Dir gerne Zeit lassen, die Maorivorstellungen sind eventuell ungewohnt.
Die Vorstellungen wären so wie Du sie interpretierst völlig klar. Ich bin mir aber nicht sicher, ob die Interpretation richtig ist. Bitte Geduld.
>>Abgesehen davon, dass wir dann beim"Ringtausch" wären, was ökonomisch keinerlei Sinn ergäbe.
>Seit wann ist die Rückführung eines Darlehens ein Ringtausch?
Ein Tausch, weil es kein Darlehen war, über dem der Hau schwebt, sondern eine sache.
>Über das Motiv ist nichts gesagt, die Gastfreundschaft könnte auch z.B. deshalb existieren, weil die Jäger sonst Unruhe stiften würden. Das mag mit eine Rolle gespielt haben, zugleich aber auch Tradition, Religion, Mythen, Mitleid, Abwechslung, Unterhaltung, Partnerwahl, Erzählen, usw..
Ich werde über die Entstehung der Gastfreundschaft nachschauen. Bitte Geduld.
>Vielleicht war das Motiv ja auch, daß ansonsten die verhungernden Jäger die ganze Nacht um Hilfe schreien würden, so daß die Leute nur schlafen konnten, indem sie ein Stück Fleisch hergaben.
>Neben den genannten gibt es noch ein abstraktes Motiv: Man hilft, weil es sich gehört, und es gehört sich, weil wenn jeder sich daran hält auch jeder Hilfe erwarten kann. Es gibt in Traditionen verwurzelte Gastfreundschaft bis heute, und auch obiges abstraktes Motiv gibt es bis heute (z.B. bei der Regel:"Was Du nicht willst, was Dir einer an Schlechtem antun koennte, das tue selber keinem anderen an").
Dies sind eindeutig auf"soziale" Gemeinschaften zielende Vorgaben.
>>Konkret jetzt: Wann begann die Gatsfreundschaft? Hast Du historische Quellen zur Hand?
>Eben nichts gefunden, findet sich in Literatur über Aborigines, auch in der über Pygmäen.
>Man darf nicht übersehen, daß altsteinzeitliche Völker kaum etwas mit sich tragen können, allein deshalb kaum Besitz anhäufen können, und es deshalb zusätzlich leicht fällt, einem hilflosen Fremden zu schenken. Du jagst ein Wild, wieso gibst Du nichts ab? Um den Kühlschrank anzufüllen???
Stämme (Familien) also, die anderen etwas freiwillig abgeben ohne sie damit zu verpflichten? Dazu kann ich mangels Material nicht sagen. Vom Gefühl her: NEIN!
>>Gerade das wurde von Frau von Reden in ihrem exzellenten Buch widerlegt. Man gab nur wg."Debt Avoidance!!!.
>Wollen wir uns nun auf das Urteil Dritter berufen? Dottore hat unrecht, weil Franco es sagt?
Frau von Reden wollte nicht urteilen. Sie hat nur beschrieben, was sie selbst aus den Quellen gelesen hat.
>>Da wird's jetzt interessant! Der Schuldner muss also"nachlegen" (in Form von zusätzlichen Sicherheiten = Schuldknechtschaft = Zugriff auf Menchen als"Sachen"), wenn er die Schuld bei behalten will!
>Da sind die Muscheln doch längst Geld.
Gut. Dann - da es auch Muschelverleih gegeben hat: Was war die Sicherheit? Oder anders: Gab es auch Kontrakte über anderes, bei denen Muscheln als Sicherheit dienten?
>Karthago spielte keine Rolle in meiner Argumentation (ich sagte nur"im Mittelmeerraum vermutlich erstmals in Karthago").
Also in Kartago sicher nicht. Die hatten ein ganz spezielles"Kapselgeld". Dazu bringe ich noch die betreffende Stelle.
>>Die Stellen sind mir geläufig (bin schließlich Katholik und bibelfest! ;-)).
>Ich nenne Dir zwei Stellen, 1 Mose 23,16 und Nehemia 5,10, in denen Silber als Geld bezeichnet wird in einer Zeit, in der es noch keine Münzen gab. Genau darum und nur darum ging es zuvor. Wieso spielst Du das jetzt runter?
Ja, das ist mir eben selbst nicht klar. Ich will da nichts runter spielen. Ich staune nur, dass dieses vormünzliche Geld in specie nicht gefunden wurde.
>>Nur das: Jede Ware wird gewogen, was denn sonst? Und wenn jede Ware gewogen wurde, was unterscheidet Dein"gewogenes" Geld von anderen Waren, die auch gewogen wurden?
>Es heißt bei Mose zur Art des Silbers"wie es beim Händler gängig ist". Es war also keine gewöhnliche Ware, sondern eine, die beim Händler gängig war. Man beachte die Worte"Händler" und"gängig". Vermutlich waren es Silbergeldstäbchen. Metallgeldstäbchen gab es in Afrika noch im zwanzigsten Jahrhundert.
Die Moses-Stäbchen - wo sind sie? DAS ist mein Problem. Die anderen Stäbchen habe ich.
>Drei Dinge waren zuvor aufgezählt. Du hast z.B. immer noch nicht erklärt, wieso es dazu kommen kann, daß ehemalige Schmuckgegenstände ihre Schmuckeigenschaft verlieren, wenn sie nur Ware sind.
Es geht nicht um den Verlust der Schmuckeigenschaft (auch heute wird Schmuck eingeschmolzen). Sondern darum, dass es aufwendiger war, Schmuck herzustellen als nur"Geld", egal ob als Stücke oder als Münzen. Womit wir wieder beim Finanzierungsproblem sind: Warum erst etwas langfristig finanzieren, um es dann in etwas wandeln, was man schon früher - da kurzfristiger herstellbar - hätte haben können?
>Auch im Zuge von Abläufen gibt es Aspekte. Aber eben Sukzessiv-Aspekte.
>>Und entweder ist die"Schuld" bzw. das"Schuldgefühl" vor der"Ware" oder umgekehrt.
>Nein, die Henne ist vor dem Ei! ;-)
Die Schuld also vor der Ware. Denn wozu sich sonst die Mühe machen, sie herzustellen? (Mühe ex Druck? Oder Mühe ex freudiges Werkeln?)
>>>Ein Stück Metall, das als Schmuck verwendet wird, heißt Schmuckstück, ein Stück Metall, das als Werkzeug gebraucht wird, heißt wie das entsprechende Werkzeug, und ein Stück Metall, das als XXXX verwendet wird, heißt bloß Metall????
>>Es ist bloß Metall.
>Ein Buch ist bloß Papier?
Sophist! ;-)
>18.
>>>Es gibt auch heute Menschen, die schenken, weil Sie so Menschen verpflichten, auch beherrschen, wollen, denn durchs Schenken erzeugt man nunmal ein Pflichtgefühl beim Beschenkten. In Kulturen, in denen das Schenken ein wichtiger Teil des Wirtschaftens ist, spielt das naturgemäß eine größerere Rolle.
>>Quod erat demonstrandum! Du kannst nicht vom Schenken = jemand anderen verpflichten absehen...
>Was kümmert es den ersten Verwender von Warengeld, daß ein Bursche drei Ecken weiter gerade jemanden beschenkt, weil er ihn verpflichten will?
Dann also alles gleichzeitig. Aber das glaube ich halt nicht. Der Schenker will jemand verpflichten, und entkommt dieser Verpflichtung, indem er weiter schenkt. Und der Warengeld-Mensch löst sich aus der Verpflichtung, die er aufgrund eines Tauschvertrages hat, indem er das gewünschte Tauschgut liefert?
Gruß
d.
<center>
<HR>
</center> |
Dimi
18.06.2001, 15:56
@ dottore
|
Hau, Muscheln, Shekel, und der Name des Geldes - Dottore |
Hallo Dottore,
ein paar Punkte:
5.a. Hau
>Akzeptiert, wenn A = A. Aber das möchte ich wg. der Ambivalenz des"Sie = Ihnen" und nicht"sie" ="ihnen" gern noch überprüfen.
Ich hatte"Ihnen" einmal versehentlich kleingeschrieben, anscheinend lag es zuletzt daran. Der Text ist von mir übrigens stark gekürzt, und zudem habe ich Maoribegriffe ersetzt. Im Orginal ist er unverständlicher:"...Sie (=A) besitzen einen Gegenstand und geben ihn mir (=B)... ohne Preis... Nun gebe ich diesen Gegenstand einen Dritten (=C)... der nach einer gewissen Zeit beschließt, irgendetwas als Zahlung dafür zu geben... Und dieser Gegenstand, den er mir (=B) gibt, ist der Hau des Gegenstandes, den ich von Ihnen (nun groß!) bekommen habe und den ich ihm gegeben habe... muß ich Ihnen (=A) zurückgeben... Wenn ich diesen zweiten Gegenstand für mich behalten würde, könnte mir Böses daraus entstehen, ganz bestimmt, sogar der Tod..."
5.b. Gastfreundschaft
Da aus der Gastfreundschaft kein Geld entsprungen ist und da sie nur ein Beispiel war für die Existenz von anderen Dingen als Leihen, möchte ich Dir ans Herz legen, falls Du Dich über völkerkundliche Literatur hermachen solltest, auch auf den Tausch (auch den zeitlich gestreckten) und die Vorgänge um Warengelder zu achten.
5.c. Muschelverleih
>Gut. Dann - da es auch Muschelverleih gegeben hat: Was war die Sicherheit? Oder anders: Gab es auch Kontrakte über anderes, bei denen Muscheln als Sicherheit dienten?
Sicherheit schon beantwortet (Grund, Arbeitskraft). Ob Muscheln als Sicherheit dienten ist mir nicht in Erinnerung.
5.d. Silbershekel
>Die Moses-Stäbchen - wo sind sie? DAS ist mein Problem. Die anderen Stäbchen habe ich.
Es gibt durchaus Gelder, auch Münzen, die nicht archäologisch nachgewiesen sind, aber literarisch übermittelt. Irgendwo im Orient könnten aber entsprechende Silberstückchen gefunden worden sein, ich habe nicht gezielt gesucht (gibt es nicht lydische Klümpchen?). Die Form"Stäbchen" war voreilig, es können auch Kügelchen od. ä. gewesen sein.
5.e. Äußere Form und Funktionswandel bei Waren, die Geld werden
>Es geht nicht um den Verlust der Schmuckeigenschaft (auch heute wird Schmuck eingeschmolzen).
Auch darum geht es, denn eine Geldentstehungstheorie muß erklären können, wieso die Schmuckform aufgegeben wird, und bei z.B. Federgeld sogar"endgültig".
>>>>Ein Stück Metall, das als Schmuck verwendet wird, heißt Schmuckstück, ein Stück Metall, das als Werkzeug gebraucht wird, heißt wie das entsprechende Werkzeug, und ein Stück Metall, das als XXXX verwendet wird, heißt bloß Metall????
>>>Es ist bloß Metall.
>>Ein Buch ist bloß Papier?
>Sophist! ;-)
Selber! ;-) - Was für die äußere Form (Barren statt Schmuck) gilt, gilt eben auch für die Funktion. Abraham hält Silber nicht, weil er noch nicht dazu gekommen ist, Sara einen Kette zu fertigen. Die Buch-Papier-Analogie soll nur verdeutlichen, dem Silber einen neuen Namen zu geben, wie das Buch nicht Papier heißt, wenn auch Analphabeten darin nur den Brennwert sehen.
5.f. Karthago
Zeichengeld in Karthago entnahm ich Theodor Mommsen, Römische Geschichte, 3. Buch. Ich führte es nur als Beispiel auf, da Du mit dem Kaurischneckenzeichengeld nichts anfangen konntest.
2. Geldpfand
>Ein Pfand ist immer eine Sache. Der Fahrradverleiher gibt aber nicht die Sache Geld wieder heraus, sondern eine entsprechende Geldsumme (also Schuld).
Es geht doch darum, ob durch irgendeinen Bepfändungsprozeß Silber (Tontafeln als umlaufendes Geld hast Du aufgegeben?) eine Transformation erfahren hat, in der es aus einer gewöhnlichen Ware zu einer besonderen wird. Und genau das zeigen die Beispiele nicht. Denn es sind z.B. Leihvorgänge an Gütern/Sklaven, mit Warengeld als Pfand. Bei entsprechenden Leihvorgängen heute wird Kreditgeld als Pfand angenommen, was aber nichts daran ändert, daß bei den Babyloniern, die dieses Kreditgeld nicht hatten, als Pfand Geld genommen wird.
Sind jetzt glaube ich doch alle Punkte geworden. Antwort wird nun aber verzögert erfolgen (kannst Dir gerne auch Zeit lassen).
Gruß, Dimi
<center>
<HR>
</center> |