Talleyrand
12.06.2001, 14:43 |
Die US-Zinssenkungen in Folge könnten auch der Todesstoss gewesen sein undThread gesperrt |
eben nicht bloss ein"Hinauszögern" des Unvermeidlichen bedeuten.
Es ist trivial, bildet aber m.E. den Schlüssel: hätte es keine solchen Senkungen gegeben, hätten wir 29 erlebt; jetzt sieht der Chart anders aus.
Das könnte der Grund sein, warum viele plötzlich am baldigen Absturz zweifeln. Ich habe noch mal drauf rumgekaut und meine nun, daß die reine Aktien-Absturz-Situation nicht direkt mit ´29 zu vergleichen sein kann. Das wäre ja auch zu einfach, Geschichte wiederholt sich bekanntlich nicht exakt. Es ist wohl doch eher folgendes zu erwarten:
- Abwarten auf der ganzen Front
- Nervös werden auf ganzer Linie, weil die Realzahlen sich nicht bessern
- Totales, super-massives Abkippen in Bälde
- 1929er und Nasdaq-mässige b - Korrektur erst ganz, ganz weit unten
Damit bin ich mir ziemlich sicher, daß die Dow-Welt spätestens im September erheblich trister aussehen wird. Es wird kein langes Quälen; das kommt erst noch, aber auf den anderen Märkten (real estate, bonds) Von der wirklichen Welt ganz zu schweigen.
Was meint Ihr?
Gruss! T.
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dottore
12.06.2001, 16:40
@ Talleyrand
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Re: The chicken are coming home to roost... |
Hi,
>- Nervös werden auf ganzer Linie, weil die Realzahlen sich nicht bessern
That's just where we are NOW.
>- Totales, super-massives Abkippen in Bälde
Ich glaube, die ersten gehen schon freiwillig zum Ausgang...
Sie wissen, dass sich die Lage nicht so schnell bessern kann. Womit denn auch und wo? Beim Hinausgehen sagen sie: Ich komme gleich wieder. Keine Bange...! Die ganz besonders Hartgesottenen.
Sie wissen bloß nicht, was sie draußen erwartet. Das einfache Rausgehen allein rettet noch nichts.
Andere warten noch. Sie sollen es entweder noch nicht sehen (der berühmte Skotom-Effekt) oder falls sie es doch sehen, noch nicht glauben. Sooo eine schöne Party kann doch nicht nach sooo vielen schönen Jahren schon zu Ende sein?!
Wieder andere wissen es. Sie bleiben aber sitzen, weil sie a) wissen, dass es wurscht ist, ob man draußen steht oder drinnen sitzt oder b) weil sie so etwas wie den Schlange-Kaninchen-Effekt erleben und schlicht gelähmt sind. Unfähig zu handeln.
Wieder andere möchten gern handeln. Sie stehen auf, setzen sich wieder und immer weiter. Aber sie wissen noch konkret, was tun. Manchen fehlt da auch ganz einfach Basiswissen.
Wer hat denn diejenigen, die schon"immer geahnt" hatten, dass"irgendwann" mal was"passiert" mit dem notwendigen Know-how für diese Lage ausgestattet?
Das ist wie beim Untergang des Sozialismus oder wie dem Untergang der Habsburger Monarchie: Geahnt hatten es viele, aber wo war das Handbuch mit dem Titel:"So mache ich aus einer sozialistischen Wirtschaft ganz schnell und erfolgreich wieder eine kapitalistische"? (Umgekehrte Handücher: Wie den Sozialismus einführen gab's genug; war auch sehr einfach). Oder (Habsburg): Wie mache ich aus einem Vielvölkerstaat viele Staaten für viele Völker?
>- 1929er und Nasdaq-mässige b - Korrektur erst ganz, ganz weit unten
Das kann ich mir gut vorstellen. Wenn ein jahrelang gehegtes Wunschdenken sich auf einmal verflüchtigt, dann gibt es so schnell keine neuen Wünsche (Glauben, Vertrauen), die an dessen Stelle treten könnte. Vielleicht kommt ein solcher Schlag, dass es danach allen eh schon wurscht ist, ob und wie es weitergeht.
Es gibt dann attentive Lähmungserscheinungen. Niemand rafft sich mehr zu irgend etwas auf, das nach"Handeln" ausschauen würde.
>Damit bin ich mir ziemlich sicher, daß die Dow-Welt spätestens im September erheblich trister aussehen wird. Es wird kein langes Quälen; das kommt erst noch, aber auf den anderen Märkten (real estate, bonds) Von der wirklichen Welt ganz zu schweigen.
>Was meint Ihr?
Ziemlich genau etwas in der Art. Leider.
The chicken are coming home to roost...
>Gruss! T.
Gruß
d.
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Talleyrand
12.06.2001, 17:18
@ dottore
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Re: The chicken are coming home to roost... |
Hallo Dottore,
vielen Dank für Ihre Erläuterungen. Wie immer, lese ich sie mit dem grössten Genuss, weil sie unmittelbar einleuchten. Es bleiben zwei Fragen:
(der berühmte Skotom-Effekt)
Was ist das für ein Effekt?
Und: wie funktionierte eigentlich die bisweilen angebliche stattgefundene Stützung des DJIA durch Future-Käufe (durch PPT) konkret? Ich kann das nicht ganz nachvollziehen. Würde ich sehen, daß Futures gekauft werden, würde ich halt denken: ja, gut, da spekuliert jemand (ggf.) in die Gegenrichtung.
Das sollte meine Einschätzung nicht ändern.
Gruss! T.
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dottore
12.06.2001, 17:48
@ Talleyrand
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Re: The chicken are coming home to roost... |
>Hallo Dottore,
>vielen Dank für Ihre Erläuterungen. Wie immer, lese ich sie mit dem grössten Genuss, weil sie unmittelbar einleuchten. Es bleiben zwei Fragen:
>(der berühmte Skotom-Effekt)
Skotom = Blinder Fleck im Auge (Netzhaut). Übertragen. Ich sehe es zwar, bzw. es sieht so aus als sähe ich es, ttstächlich aber sehe ich es nicht bzw. will ich es nicht sehen. Klassisches Beispiel (real stories): Hurrikan ist angesagt, aller vernageln ihre Häuser. Ein Mann aber geht raus in den Garten und fängt an, Rasen zu mähen. Ein anderer schnappt sich die Kids, um mit ihnen Baseball spielen zu gehen. Ein Dritter setzt sich in einen Schaukelstuhl, um"das Schauspiel zu genießen".
>Was ist das für ein Effekt?
>Und: wie funktionierte eigentlich die bisweilen angebliche stattgefundene Stützung des DJIA durch Future-Käufe (durch PPT) konkret? Ich kann das nicht ganz nachvollziehen. Würde ich sehen, daß Futures gekauft werden, würde ich halt denken: ja, gut, da spekuliert jemand (ggf.) in die Gegenrichtung.
Angeblich. Muss betont bleiben. Funktioniert so: Ich kaufe massiv einen Index, der steigt daraufin. Da der Index = die Aktien, aus denen er besteht, ist es jetzt attraktiv, den Index zu shorten und/oder die Aktien long zu gehen, weil Index und Aktien letztlich immer gleich stehen müssen. Der der Index aber massiv weiter gekauft wird, zieht er so die ihn ausmachenden Aktien mit nach oben.
Mit diesem Trick wurde der komplette Einbruch 1987 verhindert. Es gab einen kleinen Index ("Maxi", glaube hatte nur 16 Werte). Den zog man hoch, die Aktien mussten daraufhin"nachklettern" - das drehte dann den ganzen Markt (ausführlich: Tim Metz, Black Monday; Metz war damals Barron's Reporter).
Man braucht aber tiefe Taschen und die Fed hat sie (die Hände in den Taschen hat Mr. Peter Fisher; hier schon vorgestellt). Er würde auf Fed-Geheiß anfangen, die Indices zu kaufen, wenn sich eine Kata anbahnt (wenn die ganze Story überhaupt stimmt).
Außerdem gibt's die bekannten Unterbrechungsprogramme, auch nach 1987 eingeführt. ("Damit sich die Märkte beruhigen").
Das Problem ist natürlich der Katarakt: Erst fliegt (nachbörslich, Gewinnwarnung) die erste Große Aktie aus dem Bett; dann vorbörslich die zweite, dritte. Der Index startet schon auf neuer tieferer Basis. Dann haut's wieder einen Titel runter. Eine Stunde später den nächsten, usw.
Man kann dann immer noch den Index hochziehen, aber wer hat das viele Geld, um die Einzeltitel (Fall um 20 % innert Minuten ist nun oft genug passiert) hochzuziehen?
Gut man kann den Index schnell anders gewichten, aber auch das dauert seine Zeit. Aus dem Dow fliegt man ja nicht innerhalb von Minuten und gleich ist 'ne andere Aktie da. Die größte Gefahr liegt in der Zahl (Dow = 30; S&P = 100 oder 500, usw.). Die muss gehalten werden.
Bei Abwärts-Katarakten in immer neuen Marktsegmenten haut das nicht hin. Kaum ist die Feuerwehr hier, brennt's schon dort.
Gruß
d.
>Das sollte meine Einschätzung nicht ändern.
>Gruss! T.
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Talleyrand
12.06.2001, 17:59
@ dottore
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Re: The chicken are coming home to roost... |
Danke, Dottore!
Aber nochmal zu diesen ominösen Index-Futures: ich dachte bislang, es handele sich dabei um call / put - Optionen. Offenbar stimmt das aber nicht. Was kaufe ich also, wenn ich wie von Ihnen beschrieben, einen"Index" kaufe?
Sind das etwa nur Fonds, die Papiere des Index in genau dessen Zusammensetzung halten? Vielen Dank vorab für Ihre Nacherläuterung.
Gruss! T.
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dottore
12.06.2001, 18:19
@ Talleyrand
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Re: The chicken are coming home to roost... |
>Danke, Dottore!
>Aber nochmal zu diesen ominösen Index-Futures: ich dachte bislang, es handele sich dabei um call / put - Optionen. Offenbar stimmt das aber nicht. Was kaufe ich also, wenn ich wie von Ihnen beschrieben, einen"Index" kaufe?
Den Index selbst. (Dow am CBOT), S&P an der CME usw.
>Sind das etwa nur Fonds, die Papiere des Index in genau dessen Zusammensetzung halten?
Keine Fonds. Der Index selbst wird gehandelt, bzw. - salopp - auf seine Kursveränderungen wird gewettet.
Alle Quotes in jeder Zeitung (sorry in Eile).
Gruß
d.
Vielen Dank vorab für Ihre Nacherläuterung.
>Gruss! T.
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Tobias
12.06.2001, 18:21
@ Talleyrand
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Re: The chicken are coming home to roost.../Futures |
>Aber nochmal zu diesen ominösen Index-Futures:
***Ist nicht ominös. Futures = Terminkontrakt; verbindliche Vereinbarung zw. 2 Kontrahenten, eine bestimmte Anzahl/Menge eines bestimmten Objekts (Währung, Ware, Index, Zins) bei Fälligkeit zu kaufen/abzunehmen (long) bzw. zu verkaufen/liefern (short).
Beim S&P hat ein Futureskontrakt den Gegenwert von 250$ * Index, also so ca. 300.000$.
Gruß
Tobias
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