Fontvieille
16.06.2001, 00:08 |
@dottore - Gedanken zum WochenendeThread gesperrt |
Hallo dottore,
zunächst mal: das ist die beste Zusammenfassung der Gedanken aller Ihrer Bücher, die ich mir denken kann - zugleich aber auch eine Weiterentwicklung.
Ich habe mich bei Ihren Büchern gefragt, weshalb Sie immer wieder Lösungsversuche angeboten haben, angesichts von Problemen, die nicht lösbar sind. Ich habe das auch mal gepostet, wenn Sie sich erinnern (mehr ins Kino gehen), Sie haben mit Ihrem Religionslehrer geantwortet, der das Paradies doch auch auf dieser WElt für möglich hielt. Deshalb habe ich letzten Sonntag nochmal nachgehakt. Gestern Nacht habe ich wieder mal die letzten Seiten der"Krisenschaukel" gelesen mit Ihrem Vorschlag, durch Enteignung das Problem zu lösen.
Was ich jetzt in Ihrem Text lese, ist genau das, was ich auf andere Weise zum Ausdruck bringen wollte: einen paradiesischen Zustand der Sicherheit, des Wohllebens, der Problemabwesenheit etc. kann es auf dieser Welt eben nicht geben, absolut niemals. Dazu braucht man auch nicht die Religion (die ich ins Felde geführt habe), dazu reicht ein realistischer Blick in die Welt - wie Sie es gerade so trefflich beschrieben haben.
Bei vielen großen gescheiterten Ideologien habe ich eine Zweiteilung festgestellt: Eine ziemlich gute Analyse und Beschreibung der Misstände dieser Welt oder einer bestimmten Zeit oder eines bestimmten Regimes. Dann der Lösungsvorschlag, wie alle Probleme zu lösen seien, durch Vergesellschaftung der Produktionsmittel, durch Privatisierung der Produktionsmittel, durch Gottesstaat, durch völlige Trennung von Religion und Staat, durch Verzicht auf Sex und Alkohol, durch hemmungslosen Konsum von Sex und Alkohol, durch Schärfung des intellektuellen Verstandes, durch Besiegen des intellektuellen Verstandes durch Meditation, etc etc etc....
Die Geschichte zeigt, daß bisher noch alle solche"Endlösungs"-Versuche bzw."charismatische Visionen" gescheitert sind. Am besten lebt es sich in Gesellschaften, die dem faulen Kompromiss des Machbaren huldigen und ansonsten die Leute in Ruhe lassen.
Was ich mich immer gefragt habe und noch heute frage ist, weshalb Menschen, die gewisse Wahrheiten durchschauen, immer meinen, sofort darauf eine Antwort bzw. Lösung parat haben zu müssen. Diese Frage habe ich mir auch immer nach Lektüre Ihrer Bücher gestellt. Der jetzt von Ihnen geschriebene Text erscheint mir da anders, bescheidener, realistischer. Oder habe ich da was mißverstanden?
Gruß, F.
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dottore
16.06.2001, 13:46
@ Fontvieille
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Re: @dottore - Gedanken zum Wochenende |
>Hallo dottore,
>zunächst mal: das ist die beste Zusammenfassung der Gedanken aller Ihrer Bücher, die ich mir denken kann - zugleich aber auch eine Weiterentwicklung.
Lieber, verehrter Fontvieille, vielen Dank.
>Ich habe mich bei Ihren Büchern gefragt, weshalb Sie immer wieder Lösungsversuche angeboten haben, angesichts von Problemen, die nicht lösbar sind.
Grundsätzlich haben Sie natürlich Recht. Zwei Anmerkungen dennoch:
1. Es ging mir in meinem Beitrag vor allem darum, zu zeigen, dass die"Verdinglichung" des Geldes nur unerfüllbare Heilslehren sind ("the real (!)[i] thing money" wie Friedman es nennt; andere Vorschläge wie"Warengeld","Vollgeld" oder"Freigeld"). Wir leben in der Tat mit einem [i]nicht lösbaren Problem, da Ã-konomie, wenn sie denn ein auf Zuwachs des realen Ouputs zielendes Wirtschaften sein soll, nur in einem"Kreditgeldsystem" (wie es heute auch bezeichnet wird), also immer nur auf Krediten auf Krediten auf Krediten (mit unterschiedlicher Fristigkeit) usw. basierend, möglich ist.
Kredite erzwingen just jenen"unangenehmen Druck", der letztlich den"Kapitalismus" definiert.
Dieser Druck macht den Kapitalimus allerdings zugleich so erfolgreich, weil Wirtschaften eben ein"Erfüllen" bzw."Sich-Beugen" unter diesem Druck darstellt. Ein"freiwilliges" Wirtschaften, in dem Sinne, dass jemand freudig und nicht "fremd bestimmt" zu Werke geht, gibt es in einer Kreditwirtschaft ("Debitismus") in der Regel nicht.
2. Meine"Lösungsvorschläge" bezogen sich nur auf ein mögliches Konzept zur Minimierung dieses"Drucks". Abzuschaffen wäre er nur bei Beendigung jeglichen Kreditsystems. Eine Minimierung des kapitalistischen Drucks läuft letztlich auf eine Minimierung des Kreditierens und vor allem eine Mimimierung der mit der Kreditierung verbundenen Zinssatzes hinaus.
Ersteres wäre zu erreichen, indem nur vorhandene Sicherheiten für Kredite akzeptiert werden und nicht wie heute, auch die Akzeptanz von künftigen Einkommen als Sicherheit (wie z.B. bei"Überziehungskrediten" oder"Personalkrediten", da die Person selbst nicht als"Sache" als Sicherheit dienen kann - wie es in früheren Phasen der Geschichte üblich war, Stichwort: Schuldknechtschaft).
Letzteres, indem ein nicht leistender Schuldner (Staat) von vorneherein aus dem Kreditgewährungssystem ausgeschlossen würde - es sei denn er offeriert dingliche Sicherheiten (und nicht etwa die Aussicht auf"künftige Steuereinnahmen", über deren Eintreffen keinerlei Gewissheit herrschen kann, man denke nur an den Fall einer größeren Kontraktion).
Beides wird derzeit appliziert, Stichworte: Basel II und Plafondierung der Staatsdefizite (Maastricht).
Beides ist ein klarer Paradigmenwechsel, birgt aber große Risiken, da beides bereits vorhandene Kredite mit umfasst oder im Klartext: Die Behandlung alter Kredite in der Art wie sie - im Konfliktfall - bisher durchgezogen wurde, in der Regel eben durch Prolongation bzw. Hochbuchen, erschwert. Dies kann und wird (vor allem bei Basel II, bei Maastricht ist man"politisch" flexibler) massive Probleme schaffen, da die Gewährung neuer Kredite, die gewährt werden müssen nicht nur um die alten zu prolongieren, sondern auch um sie zu realiseren (das Problem, dass der Zins zunächst nur durch Nettoneuverschuldung erscheinen kann!), tendenziell begrenzt bzw. erschwert wird.
Ein reines Kredit-auf-Kredit-System, wie wir es heute haben, lässt sich nur sehr schwer wieder auf einen Zustand zurück führen, der die Kredite wieder in einen mit der Produktion und der Marktrealisierung des Produzierten bedienbaren Rahmen bringt.
Es ist leicht, einen Ballon (Finanzblase) aufzupumpen, aber nur schwer, ihn wieder zu deflationieren. Die die zur realwirtschaftlichen Bedienung der durch die Finanzblase repräsentierten Forderungen auf kurze Sicht ganz unmöglich ist, da die Forderungen (ex Staats- und Privatschulden) längst ein Vielfaches der jeweiligen jährliche Wirtschaftsleistungen erreicht haben, ist m.E. dies nur über Inkaufnahme einer massiven deflationären Depression möglich.
Deflationär vor allem, da die durch die nicht mehr so ohne weiteres gegebenen Prolongationen (ergo Klartext: Kreditrestriktionen) alsbaldige Abarbeitung der Schulden durch Bereitstellung massiv zusätzlichen realen BIPs erzwingen, was letztlich zu Zwangs- oder Notverkäufen führt.
Depression, weil der Ablauf dieses Prozesses, der die Zahl der Einzelkonkurse (Private, Unternehmen, sogar staatliche) stark erhöhen dürfte, was wiederum die Basis für die Vergabe von Krediten (auch wenn es nur Kredite wären, die definitiv nicht der Hochbuchung dienen, sondern der Erstellung zusätzlichen BIPs) gewaltig einschränken wird.
Ich sehe also die gleiche deflationäre Depression kommen, die sich"später, irgendwann" auch mit absoluter Sicherheit ergeben hätte, wenn das bisherige System an seine Kreditvergabemöglichkeiten gestoßen wäre. Nur jetzt wird diese Grenze durch Gesetz (Basel II) und Völkerrecht (Maastricht) gesetzt.
>Ich habe das auch mal gepostet, wenn Sie sich erinnern (mehr ins Kino gehen), Sie haben mit Ihrem Religionslehrer geantwortet, der das Paradies doch auch auf dieser Welt für möglich hielt. Deshalb habe ich letzten Sonntag nochmal nachgehakt.
Besten Dank, darüber habe ich sehr intensiv nachgedacht.
>Gestern Nacht habe ich wieder mal die letzten Seiten der"Krisenschaukel" gelesen mit Ihrem Vorschlag, durch Enteignung das Problem zu lösen.
Es gab zwei Enteignungsvorschläge: Der eine bezog sich auf das Durchdenken der GG-Vorschrift"Eigentum verpflichtet" (nicht einer Besicherung von Kreditvorgängen dienendes Eigentum müsste - das GG zu Ende gedacht - enteignet werden; das war nicht mein Vorschlag, ich hatte es aber höchst missverständlich formuliert, sorry).
Der andere bezog sich auf die Streichung der Staatsschulden und zwar konkret der Zinsen auf diese. Dieses hätte die Titelinhaber (die letztlich Gläubiger ihrer selbst sind) immerhin in die Lage versetzt, über die dann - pro rata tempore - abzurufenden Fälligkeiten nur in Bezug auf die ihnen versprochenen Zinszahlungen enteignet. Immerhin hätte dies den Vorteil gehabt a) eine Staatsentschuldung voranzubringen und b) den Staat - aufgrund des Vertrauensverlustes - ein für alle Mal aus dem Kapitalmarkt zu kegeln.
>Was ich jetzt in Ihrem Text lese, ist genau das, was ich auf andere Weise zum Ausdruck bringen wollte: einen paradiesischen Zustand der Sicherheit, des Wohllebens, der Problemabwesenheit etc. kann es auf dieser Welt eben nicht geben, absolut niemals.
Absolut niemals ja, und einverstanden. Aber es lassen sich wenigstens relative Verbesserungen vorstellen. Zum Beispiel wäre das Entfallen von Privatkonkursen (unzählige Haushalte weltweit sind hoffnungslos überschuldet) ein Vorteil. Und ebenso eine massive Senkung der Zinssätze die sich bei einem Verschwinden des Staates auf den Kapitalmärkten ergeben würde (das"crowding out" privater Kreditnehmer durch den"zinsrobusten" Staat entfiele ein für alle Mal).
>Dazu braucht man auch nicht die Religion (die ich ins Felde geführt habe), dazu reicht ein realistischer Blick in die Welt - wie Sie es gerade so trefflich beschrieben haben.
>Bei vielen großen gescheiterten Ideologien habe ich eine Zweiteilung festgestellt: Eine ziemlich gute Analyse und Beschreibung der Misstände dieser Welt oder einer bestimmten Zeit oder eines bestimmten Regimes. Dann der Lösungsvorschlag, wie alle Probleme zu lösen seien, (...)
Exzellent beobachtet. Nur geht es mir nicht um die"Lösung" und schon gar nicht"aller" Probleme. Sondern nur darum, die unlösbaren Probleme in ihrer Auswirkungen auf die Menschen selbst möglichst zu mildern.
>(...) durch Vergesellschaftung der Produktionsmittel, durch Privatisierung der Produktionsmittel, durch Gottesstaat, durch völlige Trennung von Religion und Staat, durch Verzicht auf Sex und Alkohol, durch hemmungslosen Konsum von Sex und Alkohol, durch Schärfung des intellektuellen Verstandes, durch Besiegen des intellektuellen Verstandes durch Meditation, etc etc etc....
>Die Geschichte zeigt, daß bisher noch alle solche"Endlösungs"-Versuche bzw."charismatische Visionen" gescheitert sind.
Absolut einverstanden.
>Am besten lebt es sich in Gesellschaften, die dem faulen Kompromiss des Machbaren huldigen und ansonsten die Leute in Ruhe lassen.
Der"faule Kompromiss" besteht in dem Kredit-auf-Kredit-System leider nicht in einem Kompromiss (was z.B. so etwas wie die Akzeptanz einer Vergleichsquote wäre), sondern in einer beschleunigten Fortführung des Kredit-auf-Kredit-Systems. Damit kehrt nur vorübergehende Ruhe ein, aber je länger diese Ruhe anhält (und Kredit bzw. der Versuch, ihn"unspürbar" zu machen, ist ein Zeitphänomen), desto brutaler bricht dann der finale Sturm los.
>Was ich mich immer gefragt habe und noch heute frage ist, weshalb Menschen, die gewisse Wahrheiten durchschauen, immer meinen, sofort darauf eine Antwort bzw. Lösung parat haben zu müssen. Diese Frage habe ich mir auch immer nach Lektüre Ihrer Bücher gestellt. Der jetzt von Ihnen geschriebene Text erscheint mir da anders, bescheidener, realistischer. Oder habe ich da was mißverstanden?
Nein. Der Text war genau so gemeint. Wir leben in einer Welt, die wir nicht absolut verbessern können. Aber wir können versuchen, sie relativ zu verbessern, ohne ihre Probleme mit Hilfe von"Patentlösungen" (siehe Geld ist dann statt einer Schuld eben eine"Ware") mit Stumpf und Stil auszurotten. Das ist ganz unmöglich.
Und damit ich mit dem Geld als"Ware" nicht missverstanden werde: Ein Kreditsystem, das auf Goldbasis (die Ware Gold als Sicherheit) beruht, wäre ein gewaltiger Fortschritt. Weshalb ich uneingeschränkt für die Wiedereinführung des Goldstandards plädiere. Wann und wie dies zu bewerkstelligen ist, bleibt dem Ablauf der vor uns liegenden Entwicklung (dem"Unwinding") des Kredit-auf-Kredit-Systems vorbehalten.
Dies vielleicht als ergänzende Bemerkungen eines in der Tat und gerade durch die vielen hochkarätigen Diskussionen in diesem Board hier erheblich bescheidener und demütiger gewordenen
d.
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dottore
16.06.2001, 13:53
@ dottore
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Re: @dottore - Gedanken zum Wochenende - falsch formatiert, hier besser? |
>>Hallo dottore,
>>zunächst mal: das ist die beste Zusammenfassung der Gedanken aller Ihrer Bücher, die ich mir denken kann - zugleich aber auch eine Weiterentwicklung.
>Lieber, verehrter Fontvieille, vielen Dank.
>>Ich habe mich bei Ihren Büchern gefragt, weshalb Sie immer wieder Lösungsversuche angeboten haben, angesichts von Problemen, die nicht lösbar sind.
>Grundsätzlich haben Sie natürlich Recht. Zwei Anmerkungen dennoch:
>1. Es ging mir in meinem Beitrag vor allem darum, zu zeigen, dass die"Verdinglichung" des Geldes nur unerfüllbare Heilslehren sind ("the real (!) thing money" wie Friedman es nennt; andere Vorschläge wie"Warengeld","Vollgeld" oder"Freigeld"). Wir leben in der Tat mit einem nicht lösbaren Problem, da Ã-konomie, wenn sie denn ein auf Zuwachs des realen Ouputs zielendes Wirtschaften sein soll, nur in einem"Kreditgeldsystem" (wie es heute auch bezeichnet wird), also immer nur auf Krediten auf Krediten auf Krediten (mit unterschiedlicher Fristigkeit) usw. basierend, möglich ist.
>Kredite erzwingen just jenen"unangenehmen Druck", der letztlich den"Kapitalismus" definiert.
>Dieser Druck macht den Kapitalimus allerdings zugleich so erfolgreich, weil Wirtschaften eben ein"Erfüllen" bzw."Sich-Beugen" unter diesem Druck darstellt. Ein"freiwilliges" Wirtschaften, in dem Sinne, dass jemand freudig und nicht "fremd bestimmt" zu Werke geht, gibt es in einer Kreditwirtschaft ("Debitismus") in der Regel nicht.
>2. Meine"Lösungsvorschläge" bezogen sich nur auf ein mögliches Konzept zur Minimierung dieses"Drucks". Abzuschaffen wäre er nur bei Beendigung jeglichen Kreditsystems. Eine Minimierung des kapitalistischen Drucks läuft letztlich auf eine Minimierung des Kreditierens und vor allem eine Mimimierung der mit der Kreditierung verbundenen Zinssatzes hinaus.
>Ersteres wäre zu erreichen, indem nur vorhandene Sicherheiten für Kredite akzeptiert werden und nicht wie heute, auch die Akzeptanz von künftigen Einkommen als Sicherheit (wie z.B. bei"Überziehungskrediten" oder"Personalkrediten", da die Person selbst nicht als"Sache" als Sicherheit dienen kann - wie es in früheren Phasen der Geschichte üblich war, Stichwort: Schuldknechtschaft).
>Letzteres, indem ein nicht leistender Schuldner (Staat) von vorneherein aus dem Kreditgewährungssystem ausgeschlossen würde - es sei denn er offeriert dingliche Sicherheiten (und nicht etwa die Aussicht auf"künftige Steuereinnahmen", über deren Eintreffen keinerlei Gewissheit herrschen kann, man denke nur an den Fall einer größeren Kontraktion).
>Beides wird derzeit appliziert, Stichworte: Basel II und Plafondierung der Staatsdefizite (Maastricht).
>Beides ist ein klarer Paradigmenwechsel, birgt aber große Risiken, da beides bereits vorhandene Kredite mit umfasst oder im Klartext: Die Behandlung alter Kredite in der Art wie sie - im Konfliktfall - bisher durchgezogen wurde, in der Regel eben durch Prolongation bzw. Hochbuchen, erschwert. Dies kann und wird (vor allem bei Basel II, bei Maastricht ist man"politisch" flexibler) massive Probleme schaffen, da die Gewährung neuer Kredite, die gewährt werden müssen nicht nur um die alten zu prolongieren, sondern auch um sie zu realiseren (das Problem, dass der Zins zunächst nur durch Nettoneuverschuldung erscheinen kann!), tendenziell begrenzt bzw. erschwert wird.
>Ein reines Kredit-auf-Kredit-System, wie wir es heute haben, lässt sich nur sehr schwer wieder auf einen Zustand zurück führen, der die Kredite wieder in einen mit der Produktion und der Marktrealisierung des Produzierten bedienbaren Rahmen bringt.
>Es ist leicht, einen Ballon (Finanzblase) aufzupumpen, aber nur schwer, ihn wieder zu deflationieren. Die die zur realwirtschaftlichen Bedienung der durch die Finanzblase repräsentierten Forderungen auf kurze Sicht ganz unmöglich ist, da die Forderungen (ex Staats- und Privatschulden) längst ein Vielfaches der jeweiligen jährliche Wirtschaftsleistungen erreicht haben, ist m.E. dies nur über Inkaufnahme einer massiven deflationären Depression möglich.
>Deflationär vor allem, da die durch die nicht mehr so ohne weiteres gegebenen Prolongationen (ergo Klartext: Kreditrestriktionen) alsbaldige Abarbeitung der Schulden durch Bereitstellung massiv zusätzlichen realen BIPs erzwingen, was letztlich zu Zwangs- oder Notverkäufen führt.
>Depression, weil der Ablauf dieses Prozesses, der die Zahl der Einzelkonkurse (Private, Unternehmen, sogar staatliche) stark erhöhen dürfte, was wiederum die Basis für die Vergabe von Krediten (auch wenn es nur Kredite wären, die definitiv nicht der Hochbuchung dienen, sondern der Erstellung zusätzlichen BIPs) gewaltig einschränken wird.
>Ich sehe also die gleiche deflationäre Depression kommen, die sich"später, irgendwann" auch mit absoluter Sicherheit ergeben hätte, wenn das bisherige System an seine Kreditvergabemöglichkeiten gestoßen wäre. Nur jetzt wird diese Grenze durch Gesetz (Basel II) und Völkerrecht (Maastricht) gesetzt.
>>Ich habe das auch mal gepostet, wenn Sie sich erinnern (mehr ins Kino gehen), Sie haben mit Ihrem Religionslehrer geantwortet, der das Paradies doch auch auf dieser Welt für möglich hielt. Deshalb habe ich letzten Sonntag nochmal nachgehakt.
>Besten Dank, darüber habe ich sehr intensiv nachgedacht.
>>Gestern Nacht habe ich wieder mal die letzten Seiten der"Krisenschaukel" gelesen mit Ihrem Vorschlag, durch Enteignung das Problem zu lösen.
>Es gab zwei Enteignungsvorschläge: Der eine bezog sich auf das Durchdenken der GG-Vorschrift"Eigentum verpflichtet" (nicht einer Besicherung von Kreditvorgängen dienendes Eigentum müsste - das GG zu Ende gedacht - enteignet werden; das war nicht mein Vorschlag, ich hatte es aber höchst missverständlich formuliert, sorry).
>Der andere bezog sich auf die Streichung der Staatsschulden und zwar konkret der Zinsen auf diese. Dieses hätte die Titelinhaber (die letztlich Gläubiger ihrer selbst sind) immerhin in die Lage versetzt, über die dann - pro rata tempore - abzurufenden Fälligkeiten nur in Bezug auf die ihnen versprochenen Zinszahlungen enteignet. Immerhin hätte dies den Vorteil gehabt a) eine Staatsentschuldung voranzubringen und b) den Staat - aufgrund des Vertrauensverlustes - ein für alle Mal aus dem Kapitalmarkt zu kegeln.
>>Was ich jetzt in Ihrem Text lese, ist genau das, was ich auf andere Weise zum Ausdruck bringen wollte: einen paradiesischen Zustand der Sicherheit, des Wohllebens, der Problemabwesenheit etc. kann es auf dieser Welt eben nicht geben, absolut niemals.
>Absolut niemals ja, und einverstanden. Aber es lassen sich wenigstens relative Verbesserungen vorstellen. Zum Beispiel wäre das Entfallen von Privatkonkursen (unzählige Haushalte weltweit sind hoffnungslos überschuldet) ein Vorteil. Und ebenso eine massive Senkung der Zinssätze die sich bei einem Verschwinden des Staates auf den Kapitalmärkten ergeben würde (das"crowding out" privater Kreditnehmer durch den"zinsrobusten" Staat entfiele ein für alle Mal).
>>Dazu braucht man auch nicht die Religion (die ich ins Felde geführt habe), dazu reicht ein realistischer Blick in die Welt - wie Sie es gerade so trefflich beschrieben haben.
>>Bei vielen großen gescheiterten Ideologien habe ich eine Zweiteilung festgestellt: Eine ziemlich gute Analyse und Beschreibung der Misstände dieser Welt oder einer bestimmten Zeit oder eines bestimmten Regimes. Dann der Lösungsvorschlag, wie alle Probleme zu lösen seien, (...)
>Exzellent beobachtet. Nur geht es mir nicht um die"Lösung" und schon gar nicht"aller" Probleme. Sondern nur darum, die unlösbaren Probleme in ihrer Auswirkungen auf die Menschen selbst möglichst zu mildern.
>>(...) durch Vergesellschaftung der Produktionsmittel, durch Privatisierung der Produktionsmittel, durch Gottesstaat, durch völlige Trennung von Religion und Staat, durch Verzicht auf Sex und Alkohol, durch hemmungslosen Konsum von Sex und Alkohol, durch Schärfung des intellektuellen Verstandes, durch Besiegen des intellektuellen Verstandes durch Meditation, etc etc etc....
>>Die Geschichte zeigt, daß bisher noch alle solche"Endlösungs"-Versuche bzw."charismatische Visionen" gescheitert sind.
>Absolut einverstanden.
>>Am besten lebt es sich in Gesellschaften, die dem faulen Kompromiss des Machbaren huldigen und ansonsten die Leute in Ruhe lassen.
>Der"faule Kompromiss" besteht in dem Kredit-auf-Kredit-System leider nicht in einem Kompromiss (was z.B. so etwas wie die Akzeptanz einer Vergleichsquote wäre), sondern in einer beschleunigten Fortführung des Kredit-auf-Kredit-Systems. Damit kehrt nur vorübergehende Ruhe ein, aber je länger diese Ruhe anhält (und Kredit bzw. der Versuch, ihn"unspürbar" zu machen, ist ein Zeitphänomen), desto brutaler bricht dann der finale Sturm los.
>>Was ich mich immer gefragt habe und noch heute frage ist, weshalb Menschen, die gewisse Wahrheiten durchschauen, immer meinen, sofort darauf eine Antwort bzw. Lösung parat haben zu müssen. Diese Frage habe ich mir auch immer nach Lektüre Ihrer Bücher gestellt. Der jetzt von Ihnen geschriebene Text erscheint mir da anders, bescheidener, realistischer. Oder habe ich da was mißverstanden?
>Nein. Der Text war genau so gemeint. Wir leben in einer Welt, die wir nicht absolut verbessern können. Aber wir können versuchen, sie relativ zu verbessern, ohne ihre Probleme mit Hilfe von"Patentlösungen" (siehe Geld ist dann statt einer Schuld eben eine"Ware") mit Stumpf und Stil auszurotten. Das ist ganz unmöglich.
>Und damit ich mit dem Geld als"Ware" nicht missverstanden werde: Ein Kreditsystem, das auf Goldbasis (die Ware Gold als Sicherheit) beruht, wäre ein gewaltiger Fortschritt. Weshalb ich uneingeschränkt für die Wiedereinführung des Goldstandards plädiere. Wann und wie dies zu bewerkstelligen ist, bleibt dem Ablauf der vor uns liegenden Entwicklung (dem"Unwinding") des Kredit-auf-Kredit-Systems vorbehalten.
>Dies vielleicht als ergänzende Bemerkungen eines in der Tat und gerade durch die vielen hochkarätigen Diskussionen in diesem Board hier erheblich bescheidener und demütiger gewordenen
>d.
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Fontvieille
16.06.2001, 15:56
@ dottore
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Re: @dottore - Gedanken zum Wochenende |
Hallo dottore,
über Ihre Antwort habe ich mich sehr gefreut, inhaltlich meine ich das. Einige Probleme, die ich mit Ihren Büchern hatte, bezogen auf Ihre Lösungsvorschläge, sind damit ausgeräumt. Insofern stellt Ihr Text von gestern wirklich eine Weiterentwicklung dar.
Es bleibt noch ein Problem, das ich hier ansprechen möchte. Es betrifft den Staat, den Sie als"Hochbucher" zu Recht brandmarken und dessen Entfernung vom Kreditsystem Sie als Verbesserung vorschlagen (ich verwende bewußt das Wort"Verbesserung" anstelle des Wortes"Lösung", in der Konsequenz Ihrer beiden postings von gestern und heute).
Eine der wesentlichen Aussagen Ihrer Bücher und des gestrigen Textes ist ja, daß wir den Begrenzungen unseres physichen DAseins weder im räumlichen noch im zeitlichen entfliehen können. Konkreter ausgedrückt, wir können nirgendwo auf der Welt dem Druck, die Natur durch Arbeit zu verändern, um zu überleben, ausweichen, und wir können der tickenden Uhr unseres biologischen Verfalls ebenso wenig ausweichen.
Nun führt schon die oberflächliche Beschäftigung mit der menschlichen Geschichte dazu, festzustellen, daß die Menschen zu allen Zeiten Versuche unternommen haben, diesem Druck und diesen Begrenzungen auszuweichen. Da die Arbeit zum Überleben unter allen Umständen getan werden muß, bleibt als Lösung nur, sie jemand anderem aufzuladen, der dann meine Arbeit sozusagen miterledigen muß. Das geht in der räumlichen Achse direkt, durch Sklaverei in allen ihren Formen, und in der zeitlichen Achse indirekt, durch das Aufschieben von Rechnungsbezahlung auf einen späteren Zeitpunkt nach meinem Tod und somit auch auf jemand anderes.
Meiner Meinung und Beobachtung nach besteht dieser Wunsch nach Befreiung von der drückenden Last der überlebensnotwendigen Arbeit in allen Menschen. Mal offensichtlicher, mal verborgener oder verlogener. Konsequenz daraus ist, daß alle Menschen es bewußt oder unbewußt wollen, daß ihre Rechnungen von anderen bezahlt werden (= ihre Arbeit durch andere geleistet wird), und damit auch immer wollen, daß das Gemeinwesen (der"Staat") Mechanismen anwendet, die das unmittelbare Bezahlen der Rechnung von ihnen fernhält bzw. in eine ferne Zukunft verschiebt. Damit wollen die Menschen das Hochbuchen und die Kreditpyramide. Sie haben es immer gewollt, wollen es auch jetzt und werden es weiterhin wollen, solange sie auf dieser materiellen Erde leben.
Deshalb sehe ich auch keinen Sinn darin, den"Staat" als den großen Übeltäter zu brandmarken und vom Kreditgeschehn fernzuhalten. Der brennende Wunsch aller Menschen nach augenblicklicher Erleichterung ihres Loses zu Lasten anderer (Nachfolgender) wird sich dann eben andere Wege suchen, um dieses Ziel zu erreichen, und wird diese Wege auch finden.
Eine weitere Frage habe ich: weshalb beschränken Sie den von Ihnen so genannten"debitistischen Druck", den man auch"Daseinsdruck" nennen könnte, auf das kapitalistische System? Nennen Sie mir doch mal irgendein System, das mir Brathähnchen, Rotwein und Computerspiele ohne Arbeitsleistung bringt - es gibt keines. Der Unterschied der Systeme liegt doch nur darin, wie viel man sich jeweils bezüglich der Widrigkeiten des Daseins vormacht, oder wie ehrlich man den Realitäten ins Auge schaut.
Gruß, F.
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André
16.06.2001, 18:41
@ dottore
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Re: @dottore - Gedanken... Es ist eine wahre Freude hier zu lesen! (owT) |
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Shakur
16.06.2001, 19:06
@ André
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Dem schließe ich mich 100%ig an. -owT- |
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Shakur
16.06.2001, 20:08
@ Fontvieille
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Re: @dottore - Gedanken zum Wochenende |
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Hallo
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>Eine der wesentlichen Aussagen Ihrer Bücher und des gestrigen Textes ist ja, daß wir den Begrenzungen unseres physichen DAseins weder im räumlichen noch im zeitlichen entfliehen können. Konkreter ausgedrückt, wir können nirgendwo auf der Welt dem Druck, die Natur durch Arbeit zu verändern, um zu überleben, ausweichen, und wir können der tickenden Uhr unseres biologischen Verfalls ebenso wenig ausweichen.
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** Ja. Aber nicht jeder verspürt den gleichen Druck.
Die Verbesserungsvorschläge des dottore führen zwangsläufig zu etwas mehr Gerechtigkeit in der Welt.
>Nun führt schon die oberflächliche Beschäftigung mit der menschlichen Geschichte dazu, festzustellen, daß die Menschen zu allen Zeiten Versuche unternommen haben, diesem Druck und diesen Begrenzungen auszuweichen. Da die Arbeit zum Überleben unter allen Umständen getan werden muß, bleibt als Lösung nur, sie jemand anderem aufzuladen, der dann meine Arbeit sozusagen miterledigen muß. Das geht in der räumlichen Achse direkt, durch Sklaverei in allen ihren Formen, und in der zeitlichen Achse indirekt, durch das Aufschieben von Rechnungsbezahlung auf einen späteren Zeitpunkt nach meinem Tod und somit auch auf jemand anderes.
*
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** Teilversklavt sind heute diejenigen, die die Arbeit für andere leisten müssen, z.B. die Dritte-Welt-Länder sind"Sklaven" der entwickelten Länder und deren Konzerne, dies sind sie über Zinszahlungen ebenso wie als Rohstofflieferanten. Die Souveränität dieser Länder zur Entscheidung über die Verwendung der Rohstoffe zugunsten des eigenen Volkes und zur Entwicklung haben sie größtenteils wegen Verbrechern an der Menschlichkeit verloren oder nie gehabt.
Die Geld-Elite läßt doch heute schon längst andere für sich arbeiten und verschiebt diese Last auch nicht in die Zukunft, sondern lebt auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung.
Oder würdest Du es als Leistung bezeichnen, daß man z.B. eine Milliarde geerbt hat und nur aufgrund dessen täglich über 100.000.- in den"Popo" geblasen bekommt. Dies muß von arbeitenden, produktiven Menschen erwirtschaftet werden.
Daher können alle Bemühungen, die zur Senkung des Zinses und der negativen Auswirkungen beitragen, nur begrüßt werden.
Der"kleine Mann" und dazu gehören die meisten hier im Forum, da wohl noch kaum einer ausschließlich von Zinsen sorgenfrei leben könnte, hat doch gar nichts von der von Dir skizzierten Verlagerung von Rechnungen/Schulden in die Zukunft, sondern muß für die"Verlagerung" heute schon schuften und ist durch Steuern gezwungen, diese Schuldenlast zinsmäßig zu bedienen und erstickt heute schon fast an dieser Last, die immer noch weiter ansteigt, daher die Erfindung immer neuer Steuerarten.
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>Meiner Meinung und Beobachtung nach besteht dieser Wunsch nach Befreiung von der drückenden Last der überlebensnotwendigen Arbeit in allen Menschen. Mal offensichtlicher, mal verborgener oder verlogener. Konsequenz daraus ist, daß alle Menschen es bewußt oder unbewußt wollen, daß ihre Rechnungen von anderen bezahlt werden (= ihre Arbeit durch andere geleistet wird), und damit auch immer wollen, daß das Gemeinwesen (der"Staat") Mechanismen anwendet, die das unmittelbare Bezahlen der Rechnung von ihnen fernhält bzw. in eine ferne Zukunft verschiebt.
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** Dies aber nur für eine kleine Klientel. Oder meinst Du, alle könnten vom Zins leben, ohne Arbeit? (rhetorische Frage). Die Verlogenheit, da gebe ich Dir völlig Recht, ist notwendige Voraussetzung zur Erhaltung dieses Systems.
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>Damit wollen die Menschen das Hochbuchen und die Kreditpyramide. Sie haben es immer gewollt, wollen es auch jetzt und werden es weiterhin wollen, solange sie auf dieser materiellen Erde leben.
** Nicht die Menschen, denn sie profitieren nicht davon, im Gegenteil. Nur eine kleine"Elite".
>Deshalb sehe ich auch keinen Sinn darin, den"Staat" als den großen Übeltäter zu brandmarken und vom Kreditgeschehn fernzuhalten. Der brennende Wunsch aller Menschen nach augenblicklicher Erleichterung ihres Loses zu Lasten anderer (Nachfolgender) wird sich dann eben andere Wege suchen, um dieses Ziel zu erreichen, und wird diese Wege auch finden.
** Die"Elite" hat in der Tat schon viele, zumeist kriminelle und menschenverachtende Wege beschritten und dies bist zum heutigen Tage intensiver denn je.
Grüße
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Fontvieille
16.06.2001, 20:37
@ Shakur
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Re: @dottore - Gedanken zum Wochenende |
Hallo Shakur,
bei genauerem Hinsehen widersprechen sich Deine Gedanken gar nicht mit den meinigen. Du fügst dem, was ich geschrieben habe, nur eine weitere Ebene hinzu, nämlich die ungleiche Verteilung von Soll und Haben auf der Erde. Das ist sogar die Konsequenz dessen, was ich schrieb: die Starken zwingen die Schwachen, die unangenehme Arbeit für sie zu verrichten (ich nannte das Sklaverei in all ihren Formen und damit meinte ich auch diejenigen konkreten Situationen, die Du ansprichst). Das heißt aber im Umkehrschluß nicht, daß die Schwachen, die eben keine Guthaben haben, sondern die harte Arbeit machen müssen, ihrerseits es nicht gerne anders hätten. Die Tatsache, daß einer nicht so kann, wie er gerne will, heißt ja nicht, daß er nicht will, sondern nur, daß er nicht kann. Wenn das zu abstrakt ist: wenn einer schuften muß und kein Erbe oder Vermögen oder tolle Position hat, dann hätte er aber all das gerne, wenn er nur könnte (wahrscheinlich träumt er davon).
Daß vom Hochbuchen und Zahlungsverschieben nur einige profitieren, ist völlig richtig, aber nur in letzter Konsequenz. Zwischendurch leben alle auf Kosten der Zukunft. Wenn unser Sozialsystem wirklich Beitragsgedeckt und nicht Schuldengedeckt wäre, müssten die Arbeitenden viel mehr ihres Geldes an Kranke, Rentner, Arbeitslose etc. abgeben, als es jetzt der Fall ist. Es gibt eine Deckungslücke, und die wird mit Schulden gefüllt in der Hoffnung, diese selber nicht bezahlen zu müssen - und das betrifft alle, jeden kleinen Arbeiter oder Angestellten.
zum Schluß möchte ich nochmal darauf hinweisen, daß mein Posting in erster Linie darauf abzielt, was die Menschen gerne hätten, und nicht, was sie in Wirklichkeit haben. Die Schuldenpyramide ist das Vorspiegeln der Erfüllung dieser Wünsche.
Gruß, F.
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Fürst Luschi
17.06.2001, 07:39
@ dottore
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Re: @dottore - Gedanken zum Wochenende: Kredit auf Kredit auf.. |
hi dottore
>Grundsätzlich haben Sie natürlich Recht. Zwei Anmerkungen dennoch:
>1. Es ging mir in meinem Beitrag vor allem darum, zu zeigen, dass >die"Verdinglichung" des Geldes nur unerfüllbare Heilslehren sind ("the >real (!)[i] thing money" wie Friedman es nennt; andere Vorschläge >wie"Warengeld","Vollgeld" oder"Freigeld"). Wir leben in der Tat mit einem >[i]nicht lösbaren Problem, da Ã-konomie, wenn sie denn ein auf Zuwachs des >realen Ouputs zielendes Wirtschaften sein soll, nur in >einem"Kreditgeldsystem" (wie es heute auch bezeichnet wird), also immer nur >auf Krediten auf Krediten auf Krediten (mit unterschiedlicher Fristigkeit) >usw. basierend, möglich ist.
>Kredite erzwingen just jenen"unangenehmen Druck", der letztlich >den"Kapitalismus" definiert. [/i][/i]
über dieses"Kredite auf Kredite auf Kredite" stolper ich jedesmal. Der Ausdruck taucht bei dir erst seit kurzem auf. Hier nochma zwei frühere Beispiele:
Aus dem Tauschen ist die Kreditwirtschaft entstanden und die haben wir bis heute. Aber um zu verstehen, was ein Kredit (und damit Geld) ist, können wir entweder weiterhin immer auf frühere Kredite rekurrieren (Kredit auf Kredit usw.; siehe mein gestriges Posting zur"Erstausstattung" mit DM-Geld - ebenfalls per Kredit) oder wir fangen mit einer Ware an. Da das Kredit-auf-Kredit-System heute zu schweitern droht, muss die Alternative geprüft werden (letztlich Goldwährung). Aber die können wir nur inszenieren, wenn wir die Kredit-, Besicherungs- und Geldentstehungsphänomene begreifen.
Der Witz bei dem System ist eben: Es geht sehr wohl, ein Geldsystem zu haben, das immer nur auf Krediten aufgebaut ist (und diese wiederum auf Krediten, usw. usw.) bis man zurück an die Erstaustattung mit Krediten kommt, eben die"Ausgleichsforderung".
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Dass sich nur eins aufs andre türmt, ist scheinbar nicht dein Punkt. Und wenn ich zurück bis zur Erstausstattung gehe, bin ich auch nicht am Fundament (könnt ich ja ohne merkbaren Effekt streichen). Wie baut ein Kredit auf einem Kredit auf der auf einem Kredit aufbaut? Anbauen oder Anlehnen und in die Breite wachsen würd ich ja noch verstehen, wo dann alle stehenbleiben, weil jeder jeden stützt. Aber wenn a auf b auf c auf d auf e aufbaut, dann müsste ja e wichtiger sein als a.
Kannste n konkretes Beispiel für"Kredit auf Kredit" geben?
Grüsse
Fürst Luschi
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dottore
18.06.2001, 17:55
@ Fürst Luschi
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Re: @dottore - Gedanken zum Wochenende: Kredit auf Kredit auf.. |
Hi Luschi,
es geht nicht um das Türmen, wie Du richtig siehst, sondern um die unterschiedlich ablaufenden Fällig- bzw. Fristigkeiten.
>Dass sich nur eins aufs andre türmt, ist scheinbar nicht dein Punkt. Und wenn ich zurück bis zur Erstausstattung gehe, bin ich auch nicht am Fundament (könnt ich ja ohne merkbaren Effekt streichen). Wie baut ein Kredit auf einem Kredit auf der auf einem Kredit aufbaut? Anbauen oder Anlehnen und in die Breite wachsen würd ich ja noch verstehen, wo dann alle stehenbleiben, weil jeder jeden stützt. Aber wenn a auf b auf c auf d auf e aufbaut, dann müsste ja e wichtiger sein als a.
>Kannste n konkretes Beispiel für"Kredit auf Kredit" geben?
Das tue ich gern. Die hast am kurzen Ende 3 % Zinsen (die sich ergeben, weil Kredit zu diesem Satz genommen und gegen wurden und sich Anschlußnahme und -vergabe von Krediten zunächst an diesem Satz ausrichtet), am langen Ende hast Du 6 % (ebenfalls sich durch Angebot und Nachfrage nach langen Titeln als"Rendite" und ergo als Zinssatz für zusätzliche Kredit zunächst ergebend).
Du nimmst Geld am kurzen Ende und investierst es im langen. Differenz 3 % zu Deinem Gunsten. Das berühmte"aus Kurz mach Lang" (das altbekannte Münnemann-Konzept). Das funktioniert wie eine Gelddruckmaschine, aber das Risiko ist ein Doppeltes:
Am Kurzen Ende steigen die Zinsen, möglicherweise auf 7 %. Dann liegst Du mit Deiner immer wieder neu stattfinden müssenden Refinanzierung der Lange-Ende-Position um 1 Prozent hinten.
Am langen Ende sinken die Zinsen unter die drei Prozent, die Du nach wie vor am Kurzen Ende bezahlen musst. Selber Effekt (den Du mit Deiner Aktion noch obendrein mit beförderst).
Üblich ist allerdings der erste: die langen Zinsen gehen über die Kurzen (spg."inverse Zinskurve"). Dann hagelt es natürlich Pleiten, weil Kredit auf Kredit getürmt wurde - jetzt nicht summenmäßig (das sowieso), sondern weil die Fristigkeiten nicht aufeinander stimmen.
Das ist mit Kredit auf Kredit gemeint. Das ganze muss man ja nicht machen (kein Kreditzwang), aber es machen bzw. machten immer wieder welche - und immer wieder hat's gekracht (Münnemann legte ebenfalls eine wunderschöne Pleite hin). Durch das Krachen gehen dann die Kredite als Schulden futsch und damit die gleich hohen Forderungen und dann fehlt Geld durch die Kreditketten hindurch bis immer weiter zurück wir am ersten Kredit angekommen sind.
Gruß
d.
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